My love bite on your neck von Fara_ThoRn ================================================================================ Love bite 21 - Beziehungen mit Pappaufsteller --------------------------------------------- Love bite 21 - Beziehungen mit Pappaufsteller "Hallo! Schönen guten Morgen!" "Morgen Clem. ... Hey Kilian." Ich grinse breit. Uh! Er hasst mich echt! Wenn Blicke töten könnten, würde jetzt an allen Weinregalen Niclas-Matsch kleben. "Klappe", knurrt Kilian schließlich und legt seinen Arm um Clemens, oder wie ich ihn inzwischen nenne, Clem. Das behagt Kilian noch weniger. "Ich hole dich zum Mittag ab. Ja Schatz?", säuselt Kilian Clem zu. Gerade so laut, dass ich es auch ja gut hören kann. "Wirklich? Musst du nicht an diesem Fall arbeiten?" "Die Mittagspause muss trotzdem sein. Keine Widerrede." Soll ich raten, weswegen die sein muss? "Bis nachher." "Okay." Jetzt ist wieder weggucken angesagt. Die beiden knutschen sich ab, das ist schon nicht mehr feierlich. "Na? Wie war's letzte Nacht?", frage ich Clem grinsend, nachdem Kilian endlich aus dem Laden verschwunden ist. "Unfassbar!", keucht er, wobei seine Augen wie eine 300 Watt Glühbirne leuchten. "Hab's doch gesagt. Das funktioniert." Ich muss wirklich bescheuert gewesen sein, Clem von Kilians geheimer Obsession zu erzählen, aber da das Ergebniss anscheinend so gut ausgefallen ist, bin ich jetzt doch ganz zufrieden mit meiner Entscheidung. Warum den beiden nicht helfen? Oder besser gesagt, wieso nicht Clem helfen. Kilian kann mich dagegen immer noch kreuzweise. "Und bei dir? Hat Meilo schon was verlauten lassen, wann ihr euch wieder treffen könnt?" Mittlerweile weiß Clem auch so einiges über Meilo und mich. Nicht viel, nur, dass wir uns durch seine Arbeit nicht oft sehen können. Was das für eine Arbeit ist, habe ich natürlich verschwiegen. "Nein. Er ist auch nicht in der Nähe, sodass ich ihn kurzfristig besuchen könnte." "Shit. Muss echt hart sein." "Härter als hart", seufze ich. "Vier Wochen. Es ist zum Wahnsinnig werden!" So lange waren wir noch nie an einem Stück voneinander getrennt. "Mach doch eine Woche frei und fahr zu ihm." "Damit ich den ganzen Tag über alleine im Hotelzimmer hocken kann?" "Besser als nichts. Und euch bleiben ja noch die Nächte." Irgendwie wahr ... Wenn da nur nicht Meilos Manager wäre. Er schleppt ihn von einem Termin zum Nächsten. Sie scheinen ständig neue zu machen, und manchmal ist er sogar da, wenn ich Meilo abends anrufe. Ich bekomme noch die Krise! "Er tut mir so leid", murmle ich gegen meine Handfläche. "Meilo erstickt noch an Arbeit." "Dann soll er vorzeitig kündigen." "Kann er nicht. Das Jahr ist noch vertraglich festgeschrieben. Und bis dahin nutzen sie ihn noch schön aus." Drecksschweine! "Was ist das bloß für eine Firma, in der er arbeitet? Haben die keine Gewerkschaft? Oder einen Betriebsrat?" Ich fange an zu schmunzeln. "Was?", fragt Clem und sieht mich stirnrunzelnd an. "Glaube nicht, dass die so etwas haben", entgegne ich. Gibt es eine Gewerkschaft für Sänger? Bestimmt, aber einen Betriebsrat? "Dann frag ihn mal. Vielleicht kann er sich an die wenden." "Ich werde es ihm mal vorschlagen." Werde ich womöglich wirklich. Ich lache gern zusammen mit Meilo. Dabei pustet er so lustig in den Hörer ... "Ohhh! Ich vermisse ihn!" Clem tätschelt mir den Rücken. "Lass uns mal an die Arbeit gehen, bevor KP noch herausfindet, dass wir nichts tun." "Okay." Dank mir nennen Klaus-Peter alle nur noch KP. Natürlich nur, wenn er nicht anwesend ist. Er mag die Abkürzung nicht. Zu zweit machen wir uns an die Bestandslisten, die KP vor dem Mittagessen noch auf dem Tisch haben möchte. Bis heute Abend muss er die nächste Weinlieferung bestellen, sonst stehen wir noch auf dem Trockenen. Weintechnisch gesehen. Clem übernimmt die Weißweine, ich die Roten. So geht es schneller. "Der, der als erster fertig ist, darf die Schaumweine zählen", frotzelt Clem. "Gut, dass du das sagst. Dann mache ich extra langsam." "Ey!" Ich fange an zu lachen und beginne die Kisten zu zählen und deren Inhalt zu notieren. Mit Clem verstehe ich mich mittlerweile wirklich gut. Er ist witzig und hat manchmal einen hübschen, giftigen Kommentar auf den Lippen, für den ich ihm immer wieder meine Bewunderung ausspreche. Clem ist in der kurzen Zeit, in der wir uns 'näher' gekommen sind, tatsächlich zu einer Art Freund geworden. "Dann klappt es endlich besser zwischen euch?", frage ich ihn, weil das Zählen der Kartons einfach zu langweilig ist. "Ja. Dank dir. Ohne dich hätte ich niemals den Mut gehabt, ihn wegen seiner Kontrollattacken anzusprechen." "Hat er schon was dazu gesagt, weshalb er das getan hat?" "Nicht so wirklich. Er meinte nur, er hätte Angst, dass er mir nicht genügen würde, nachdem ich so viele andere Kerle hatte." Clem lacht spitz auf. "Ist das zu fassen?" "Ist es", antworte ich. "Schon logisch, dass er sich darüber Gedanken macht, oder findest du nicht?" "Doch schon, aber er hat doch erlebt, wie fertig ich damals war. Ich will das nicht mehr. Ich bin glücklich mit Kilian, und genieße es richtig, jeden Morgen neben ihm aufzuwachen und zu wissen, wir gehören zusammen. Das verstehst du doch auch, oder?" "Frag mich das nächstes Jahr nochmal", sage ich mit leiser Stimme. "Oh. Es tut mir leid! Ich wollte nicht ..." "Schon gut. Aber im Prinzip verstehe ich es. Es gibt nichts schöneres, als morgens an der Seite seines Lieblings aufzuwachen." Und wenn er nicht da ist, ist es furchtbar. Clem, der hinter mir steht, seufzt. Etwas klappert. Schritte nähern sich, dann schieben sich zwei Arme von hinten um meinen Bauch. "Ich wünschte, ich könnte dir auch helfen", flüstert er mir zu. Sein spitzes Kinn drückt sich dabei in meine rechte Schultern. "Kauf Meilos Firma auf und gebe ihm bis zu Vertragsende frei." "Hätte ich das Geld, würde ich das machen!" Wir lachen gemeinsam. "Echt jetzt!" "Ich glaub dir ja." "Gut. Ich bin nämlich keiner, der leer daherredet." Das kann ich noch nicht beurteilen. "Lass dich nicht unterkriegen." Ich bekomme einen Bauchklappser, ehe Clem mich wieder loslässt und wir weiter unserer Arbeit nachgehen. "Sicher nicht", antworte ich und versuche dabei optimistisch zu klingen. Das es in meinem Inneren gar nicht optimistisch aussieht, muss er nicht wissen. Ich habs schon erwähnt, und es stimmt: Seit meinem letzten Besuch bei Meilo ist schon ein ganzer Monat vergangen! Die Tage werden kürzer, und die Nächte kälter. Der Oktober hat begonnen, und die Blätter verfärben sich immer mehr. Früher mochte ich den Herbst nicht, aber dieses Jahr kann ich ihn gar nicht erwarten. Denn wenn er rum ist, ist bald Winter und das bedeutet, es dauert nicht mehr lange, und das Jahr ist vorbei. Noch 3 Monate! Eine erschreckende Zeitspanne. Ende Juli trafen Meilo und ich uns das erste Mal. Das sind jetzt gut zehn Wochen her. Also grob zweieinhalb Monate. Nochmal so lange, und endlich hat das Warten ein Ende. Das kommt mir noch so lange vor! Plötzlich halte ich es nicht mehr aus. Ich lege die Liste beiseite, ziehe mein Handy aus der Hosentasche und wähle Meilos Nummer. "Wir sollten es lieber so machen, dass der, der als letztes fertig ist, die Schaumweine durchgeht. Du schummelst!" Clem stemmt die Arme in die Hüfte. "Ist gut", antworte ich leicht abwesend, weil ich auf das Tuten an meinem Ohr achte. "Ich will nur schnell Meilos Stimme hören." "Oh. ... Okay. Lass dich nicht hetzen." Clem zwinkert mir zu und kümmert sich weiter um den Wein. /Ja?/ Endlich meldet sich mein Schatz! Aber seine Stimme hört sich verzehrt und kratzig an. "Meilo? Ich bins." /Nic! Hey!/ Ich verstehe ihn kaum. "Sitzt du im Auto?" /Was?/ "Ob du im Auto sitzt? Ich höre dich so schlecht!" Er mich anscheinend auch. /Ja! Ich bin unterwegs! Kann ich dich nachher zurückrufen?/ "Klar! Fahr vorsichtig!" Er lacht vergnügt, sagt mir, dass er aufpassen wird, und legt auf. "Mist!" "Heute ist nicht dein Tag, hm?" "Wenn es nur so wäre. Der ganze Monat war beschissen!" Clem sieht mich mitleidig an. Ich schnappe mir wieder meine Liste. Arbeit lenkt bekanntlich ab. Nur lenkt sie mich mit jedem Tag weniger ab. Ich kann nur noch an Meilo denken. Als wäre ich auf Entzug! Auf Meilo-Entzug. Und ich sehne mich so sehr nach dem nächsten Schuss, dass ich am liebsten eine der Weinflaschen nehmen, und sie gegen die nächste Wand schmeißen würde! Aber ich tue es natürlich nicht. Es ist aber auch schwer, wenn man ständig versucht sich zu sehen, aber immer wieder was dazwischen kommt. Langsam glaube ich echt, unsere Beziehung ist verflucht. Vor drei Wochen zum Beispiel. Meilo war für einen Tag in Köln. Keine Termine. Ein Tag zum Ausspannen. Ich also "Soll ich vorbeikommen?" "Gerne!" Meilo war nicht weniger begeistert als ich von meinem Vorschlag. Ich leitete alles in die Wege, sprich, ich sagte KP Bescheid, dass ich an diesem Tag nicht kommen kann, packte schon meine Tasche und checkte sogar mein Autochen, damit es auch ja fahrtüchtig sein würde. Aber dann, einen Tag vor meiner Abfahrt, rief mich Meilo an, dass es nicht klappt mit meinem Besuch. "Gerd hat noch ein paar Signierstunden organisiert", erklärte er mir. Ich meinte, es sei nicht schlimm, dass wir das eben auf einen anderen Tag verschieben. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch guter Dinge. Doch jeder Termin, den wir ins Auge fassten, platzte kurz davor. Selbst einfach im Hotelzimmer zu warten, so wie es Clem mir vorgeschlagen hat, war bis jetzt unmöglich, da Meilo nie länger als zwei Nächte an einem Ort bleibt. Er hetzt von einer Stadt in die Nächste. Und wenn er dann mal ausruhen kann, liegt er völlig zerschlagen im Hotelbett und schläft manchmal sogar während unserer raren Telefonate ein. Ich bekomme immer mehr Zorn gegen diese dämliche Plattenfirma und diesen Sklaventreiber von einem Manager. Am liebsten würde ich mir Meilo schnappen und entführen. ... Gar keine schlechte Idee ... *** Das mit der Entführung war freilich nur ein Scherz. Ein ziemlich verlockender Scherz, aber eben bloß ein Scherz. Außerdem: Ich habe gar keine Zeit, um eine Entführung zu planen. Ich habe auch so meine Termine, die ich einhalten muss, um endlich voran zu kommen. Jetzt zum Beispiel ist so ein Termin. "Nic? Viel Glück!" "Danke Clem. Und Danke, dass du mich für den Rest meine Schicht vertrittst." "Kein Ding. Schnapp dir das Zimmer!" "Ich versuche es", lache ich und trete aus den Laden. Ab zur Wohnungsbesichtigung! Ja, ihr habt richtig gelesen. Heute steht eine kleine Wohnungsbesichtigung an. Eine dreier WG sucht einen Mieter, der bis Ende Januar zur Untermiete eins der Zimmer belegt. Einer ihrer WG-Bewohner verreist für ein paar Monate. Und bis er wieder da ist, brauchen sie jemanden, der über diesen Zeitraum hinweg mit der Miete helfen kann. Das wäre einfach perfekt! Bis Ende Januar eine Bude, weg von meinen Eltern und vor allem, weg von Nicole, und Meilo und ich haben dann noch etwas Zeit, um zu überlegen, wie wir das in Zukunft regeln wollen. Also drückt mir die Daumen. Hoffentlich klappt das mit dem WG-Zimmer! Da die Adresse nicht weit vom Viertel entfernt ist, nehme ich die U-Bahn, steige nur zwei Stationen später wieder aus und suche das Gebäude. Dank der Beschreibung, die mir eine nett klingende Frau gegeben hat, finde ich es ziemlich schnell. Ich drücke auf die Klingel neben dem Namensschild und warte. Der Türsummer geht und ich trete ein. Im Flur hört man leise Stimmen und manchmal ein Lachen. Ich bin nicht der Einzige, der sich heute das Zimmer anschaut. Ich muss einen guten Eindruck machen. "Hallo! Bist du auch für die Besichtigung hier?" Eine junge Frau strahlt mich an. "Ja. Ich bin Niclas." "Ah ja! Wir hatten telefoniert." "Du warst das?" "Ja." Ich lächle breit. "Komm erst mal rein und schau dich um. Wenn du Fragen hast, komm einfach zu mir. Ich bin übrigens Ina." "Freut mich Ina." Dann werde ich mich mal umschauen. Die WG ist nicht allzu groß. Ein kleines Wohnzimmer, eine Küche, die gerade mal halb so groß ist, wie die bei uns zuhause und das Bad ist auch knapp bemessen. Nicht tragisch, aber es könnte auch besser sein. Doch für den Übergang wird es gehen. Insgesamt ist die Wohnung recht hell und sieht ansonsten ganz nach WG aus. Nicht, dass sie dreckig wäre, aber man merkt, dass hier viele Leute leben. Neben Wohnzimmer, Bad und Küche, gibt es vier Schlafzimmer, was mich an der minimalen Größe der anderen Räume beeindruckt. Eins ist wohl doppelt belegt, was heißt, falls ich hier einziehe, teile ich mir mit vier Personen dieses winzige Bad. Verlockend ist das nicht gerade. "Und das ist das Zimmer, das frei wird?", frage ich Ina, die praktischerweise neben mir steht. "Ja. Die Schränke und das Bett kannst du benutzen." "Okay." "Nur an die Wände soll nichts. Also keine Bilder mit Reißzwecken aufhängen, oder Nägel in die Wand hauen." "Ist klar." Hatte ich auch nicht vor. "Wie sieht es mit Internet aus?" Das ist die Hauptfrage. "Jeder von uns nutzt das W-Lan." Das bedeutet, ich besorge mir sicherheitshalber einen Internetstick. "In der Küche liegen Bögen zum Ausfüllen. Falls du Interesse hast, muss ich dich bitten, einen auszufüllen." "Ist gut. Werde ich machen." "Fein!" Es mag zwar klein sein, aber immer noch besser als zuhause. In besagter Küche kämpfe ich mich durch die anderen Bewerber und ergattere einen der Bögen. Hier tummeln sich wirklich eine Menge Interessenten herum. Ob ich Chancen habe? Wir werden sehen. Ich fülle erst einmal den Bogen aus und versuche dabei auszulassen, dass ich von zuhause flüchte, weil ich nicht will, dass meine Schwester herausfindet, dass ich mit ihren Lieblingspopstar eine Beziehung habe. Alles aufgefüllt, lege ich ihn auf den Stapel der anderen Bewerber. Der ist nicht gerade klein, stelle ich fest. Ich überlege, ob ich noch etwas bleiben soll, da spricht mich Ina wieder an. "Ich möchte dir noch schnell die anderen vorstellen", sagt sie und zieht mich mit sich. "Wir hätten gar nicht gedacht, dass sich so viele Leute auf das Zimmer melden. Eigentlich wollten wir alle persönlich sprechen, aber das ist fast unmöglich." "Das glaube ich dir. Wirklich viel los hier." Ist das ein gutes Zeichen, dass sie mich ihren Mitbewohnern vorstellen möchte? Viel Zeit zum Vorstellen hatte ich nicht, aber die anderen drei, alles Kerle, waren sehr nett. Sie haben mir ein paar Fragen gestellt, die ich anscheinend zu ihrer Zufriedenheit beantwortet habe. Alles in allem recht vielversprechend. Wenn das klappt, mache ich drei Kreuze. Wieder zurück im Viertel laufe ich zu meinem Auto. Clem hat schon Feierabend, also fahre ich gleich nach Hause, ohne nochmal in den Weinkeller zu gehen. Zudem bin ich richtig erschöpft. Arbeiten und Wohnungsbesichtigung sind momentan ein bisschen viel für meine angespannten Nerven. Ich will mich nur noch in meinem Zimmer verkriechen und Meilo anrufen. Dort jedoch angekommen, dann die böse Überraschung. Kaum aus meinem Auto gestiegen, werde ich beinahe umgepustet, so laut dröhnt mir Musik um die Ohren. Nicole! Ich schaue an der Fassade hinauf. Ihr Fenster steht offen. Kein Wunder, dass die halbe Nachbarschaft beschallt wird. Angepisst beeile ich mich, dass ich hinauf komme, bevor noch einer der Nachbarn die Polizei ruft. "NICOLE!" Sauer reiße ich ihre Zimmertür auf. "HAST DU SIE NOCH ALLE?!" "HAU AB!" Ich höre nicht auf sie, sondern schließe als aller erstes das Fenster. "EY!" Klein Nicole gefällt das gar nicht. "Die Musik hört man bis draußen!", schnauze ich sie an und drehe die Keith Kandyce Retortenmusik leise. "Spinnst du eigentlich? Willst du, dass die Polizei vor der Tür steht, und wir 'ne Anzeige wegen Ruhestörung bekommen?" "Mir doch egal", knurrt sie und will schon wieder lauter drehen. "Hör auf!" Ich ziehe kurzerhand am Stromkabel der Musikanlage. "HEY! DU MACHST ALLES KAPUTT!" "Da ist nichts von kaputt gegangen." Ich verdrehe die Augen. "Wenn die CD jetzt zerkratzt ist, dann kaufst du mir eine neue!" "Von was will die denn zerkratzen?" "Vom Laser!" Ich schüttle nur den Kopf. "Du hast echt null Ahnung von Technik." "Halts Maul! Und du verstehst nichts von Liebe!" Lachend verschränke ich die Arme vor der Brust. "Lern du erstmal, wie man sich einen Freund anlacht, dann reden wir weiter." "Brauche ich nicht. Ich will nur einen." Nicole fummelt wieder den Stecker in die Steckdose und tippt verbissen auf den Knöpfen ihrer Anlage herum. "Dreh den einen aber bitte nicht so laut. Nimm die Kopfhörer, wenn du dir das Gehör demolieren willst, aber zieh nicht die Nachbarn oder mich da mit rein." Ich laufe an ihr vorbei. Nur noch weg von hier und in mein Zimmer! Ich will Meilos Stimme hören. Ohne diese Katzenjammertöne, die seine Plattenfirma Musik schimpft. "Du? Niclas?", flüstert Nicole, als ich gerade Nicoles Zimmertür hinter mir schließen will. "Was denn?" "Ich habe mal eine Frage an dich." Hundewelpenaugen starren mich an. Oh oh. Was hat das nun wieder zu bedeuten? Ich seufze, bemitleide mich selbst um ein vielfaches, und betrete erneut das feindliche Gebiet meiner Schwester. "Was denn für eine?", frage ich retour. "Am siebten November ist Keith hier in der Nähe und gibt eine Autogrammstunde." "Hier? Bei uns in der Nähe?" Warum weiß ich davon nichts? "Na ja ... Die Fahrt würde ca. vier Stunden dauern. Ich habe schon im Internet geguckt und die Strecke ausgedruckt! Schau hier!" Sie stürmt zu ihrem Schreibtisch und klaubt sich ein Blatt Papier, das neben der Tastatur liegt. "Ich habe es ausgedruckt!" "Und was soll ich damit?", will ich wissen. 'Außer mir zu verbieten, mir allzu große Hoffnungen zu machen, wieder einmal länger bei Meilo bleiben zu können', denke ich bitter. "Ich dachte ... vielleicht ... kannst du mich da hinfahren?" Hundewelpenaugen hoch zehn. "Frag doch Papa", knurre ich. "Der?! Du kennst ihn doch! Der fährt mich nie! Nicht so weit." "Ach? Und ich schon, oder was?" "Warum nicht?" "Du nervst mich tagtäglich mit lauter Musik und beschimpfst mich. Soll ich es dir so danken?" "Ich bin auch lieb! Ich verspreche es!" "Das habe ich eben gesehen." Und vor allem gehört. "Tut mir leid", flüstert sie und macht einen total geknickten Eindruck. "Du bist einfach in mein Zimmer gestürmt. Ich hab mich erschrocken." Das soll ich glauben? Ich puste angestrengt und denke nach. Eine Autogrammstunde also. Das wäre die Gelegenheit, zu Meilo zu fahren, glasklar. Aber mit meiner Schwester zusammen? "Ich überlege es mir", brumme ich. "Aber damit wir uns verstehen: Du zickst mich weder dumm an, noch terrorisierst du die Umwelt mit lauter Musik." "Versprochen!" Na ob ich mich darauf verlassen kann? "Da wäre noch was", verkündet sie mir. "Was?" Das hier artet ja langsam in Arbeit aus! "Kannst du mich heute Abend noch schnell ins Kaufhaus fahren?" "Warum?" "Heute ist die neue Live DVD von Keith rausgekommen." Das war heute? "Ich würde sie mir gern kaufen, aber wenn ich mit dem Bus fahre, bekommt das Mama mit. Und wenn sie Papa davon erzählt, wird er wieder sauer." Das alte Spiel. Papa will nicht, dass wir Geld für solchen unnötigen Scheiß ausgeben. Machen tun wir es trotzdem, aber da Nicole noch keine achtzehn ist, muss sie es, so wie ich damals, heimlich unter die Leute bringen. "Muss das heute sein, oder geht das auch morgen?", frage ich genervt. "Heute wäre besser. Nicht, dass sie ausverkauft ist." Wozu gibt's Internet? Und in einem halben Jahr ist die DVD bestimmt auch nur ein Drittel so teuer wie heute. "Biiiiiitte Nic!" Hundewelpenaugen gepaart mit Katzenbabystuppsnäschen. "Oh Mann! Na schön, ich fahre dich! Aber kein Gekreische oder Gequietsche in meiner Anwesenheit. Verstanden?" "Verstanden!", jubelt mein Schwesterlein und springt auf und ab. "Ich hole schnell mein Geld und ziehe mich um, ja?" "In Ordnung. Ich warte im Wohnzimmer." Warum habe ich nur zugesagt? Im Wohnzimmer haue ich mich auf die Couch und rufe zu aller erst Meilo an. Das hat Vorrang. /Sweety!/ Er ist allein! Seine Begrüßung verrät es mir. "Hallo Schatz. Wie geht's?" /Ganz gut. Gerd ist nicht da./ Ach komm! /Hast du Zeit./ "Jetzt?" Meilo lacht. /Natürlich jetzt. Sonst hätte ich nicht gefragt./ Meine Haut fängt an zu Kribbeln. "Leider nicht", jammre ich. "Ich darf meine Schwester ins Kaufhaus kutschieren, weil sie Keith neuste DVD erstehen möchte." /Oh. ... Ich kann euch eine schicken. Mit Autogramm?/ "Mach mal. Dann kippt sie aus den Latschen." /Du hast es ihr immer noch .../ "Nicht erzählt", beende ich seinen Satz. "Nein. Ich bringe es nicht raus." Ich war wirklich schon mehrmals dabei, ihr zu sagen, dass Meilo Keith ist, aber jedes Mal versagt mir meine Stimme. So war es auch, als ich sie mit der Verkündung dieser Live-DVD foppen wollte. Morgens sagte ich ihr, dass ich da was von einer DVD verlauten hören habe. Sie ist schier durchgedreht. Fragte, ob das wahr sei, und woher ich das wusste. Der Satz: Von Meilo, denn er ist Keith Kandyce, lagt mir schon auf der Zunge, aber er kam mir nicht über die Lippen. Ich zuckte daher bloß mit den Schultern und Nicole raste in ihr Zimmer, um das zu überprüfen. Ihr Geschrei war noch kilometerweit zu hören, als sich meine Behauptung natürlich als wahr herausstellte. /Okay. Wenn das so ist, dann machen wir das zusammen. Und keine Diskussion. Wenn ich das nächste Mal bei dir bin, dann werden wir sehen, was passiert, wenn ich vor ihr stehe./ "Mal sehen." Wahrscheinlich wäre es auf diese Weise tatsächlich am besten. Einfach abwarten, was passiert ... "Ach ja! Bevor ich es vergesse!" Ich schiele in den Flur. Noch nichts von Nicole zu sehen. "Nicole hat mir eben etwas von einer Autogrammstunde am siebten November erzählt." /Ja, kann sein. Was ist damit?/ Da fragt er noch? "Sie will da unbedingt hin." /Dann fahr sie hin/, kichert Meilo. /Dann kann ich dir auch ein Autogramm verpassen./ Scherzbold! "Ich würde lieber alleine kommen. Wir haben uns schon so lange nicht gesehen", seufze ich. "Mit meiner Schwester im Gepäck würde ich es nicht aushalten, dich nach so langer Zeit wiederzusehen, und dann nicht bei dir sein zu können." /Meinst du etwa, es wird noch bis Anfang November dauern, bis wir uns wiedersehen?/, fragt Meilo mich verwundert. "Wer weiß?" Die Möglichkeit besteht. /Glaube mir Sweetheart, so lange halte ich es nicht mehr aus. Wir werden uns davor wiedersehen. Komme was wolle./ Mein Herz schlägt schneller. "Und wann?" Jetzt ist es an Meilo zu seufzen. /Sobald sich was ergibt, sage ich dir Bescheid./ Damit es dann wieder so endet, wie die letzten Male?, will ich ihn fragen, lasse es aber. Er konnte auch nichts für unsere geplatzten Dates. /Vertrau mir. Ich finde eine Möglichkeit./ "Das tue ich doch. Aber ich vertraue deinem Manager nicht. Dem fällt in letzter Zeit immer was ein, um uns zu sabotieren. Sicher, dass er nichts von uns weiß?" /Sehr sicher. Er ahnt nichts, und er wird auch nichts von uns mitbekommen. Das waren alles ganz dumme Zufälle./ Ich gebe ein resigniertes Hm von mir. /Kopf hoch. Und weißt du was? Wenn es hart auf hart kommt, mache ich einfach wieder krank./ Das bringt mich zum grinsen. "Stellst du mich dann wieder als Pfleger ein?" /Wen denn sonst?/, säuselt er. /Keiner kann das so gut wie du./ "Ich gebe mir auch alle Mühe, Ihren hohen Pflegeansprüchen zu genügen." /Habe ich gemerkt .../ Meilo gibt einen Seufzer von sich, der schon beinahe die Bezeichnung Stöhnen verdient. Ich höre seiner Stimme an, dass er erregt ist. "Meilo? Falls du willst, kann ich dir ..." "Niclas? Bin fertig!" Shit! "Gleich!", rufe ich meiner Schwester zu. "Es tut mir leid. Ich muss los. Die Herrin hat gerufen." Meilo schmunzelt leise. Sehnsucht wallt in mir auf. "Ich rufe dich wieder an, sobald ich zuhause bin. Und dann machen wir weiter." /Mach das. Ich warte auf dich./ Und ich erst! Auf dem Weg zum Kaufhaus kann Nicole einfach nicht ruhig sitzen bleiben. Sie zappelt wie eine Geisteskranke herum, knetet sich die Finger und rutscht mit dem Hintern hin und her. "Beruhige dich doch", sage ich zu ihr. "Kann nicht!" "Du musst, sonst schmeiße ich dich aus dem Auto." "Ich bin aufgeregt. Hoffentlich sind noch DVDs da!" "Bestimmt. Wenn nicht, bestellst du dir eine im Internet." "Die sind aber nicht limitiert!" "Da gibt es bestimmt auch limitierte DVDs. Und wenn nicht, haue ich Meilo an." "Was?" Ach du Scheiße! Habe ich das eben wirklich gesasgt? "Äh .. der kann die hundert pro besorgen", stottere ich. "Und woher?" "Na ja ... Er sitzt sozusagen an der Quelle." Meine Handflächen werden feucht. Sag es schon! Jetzt! Los! "Hat der einen Shop?" "Äh … Ja! ... Ja, er hat einen Shop!", krächze ich und lächle verkniffen. "Das hast du mir noch gar nicht gesagt!" Wieder schaffe ich nur ein Schulterzucken. "Meinst du, er kann mir auch so einen von diesen Pappaufstellern besorgen?" Jetzt ist meine Schwester nicht mehr zu stoppen. "Oder Poster?" "Keine Ahnung", antworte ich wahrheitsgemäß. "Aber wenn der doch einen Shop hat, hat der doch bestimmt auch welche!" Nicole greift nach meinem Oberarm und drückt ihn. "Bitte Niclas! Bitte frag ihn! Ich wollte schon immer so einen Aufsteller." Da drängt sich mir doch unweigerlich die Frage auf, wozu sie einen Pappaufsteller braucht? "Keith Kandyce in Lebensgröße! Das wäre der Wahnsinn!" Ich will es doch nicht wissen! "Ich frage ihn nachher, ja? Jetzt kaufst du erst einmal deine DVD." "Okay!" Freudestrahlend hockt mein Schwesterlein auf dem Beifahrersitz. Was habe ich mir da schon wieder eingebrockt? Ich fasse es nicht, dass ich schon wieder gekniffen habe! Mist! Mist, Mist, Mist! In der Stadt angekommen, suche ich im Parkhaus nach einem freien Parkplatz. Nachdem ich einen gefunden habe, steigen wir aus und laufen auf den Aufzug zu. Nicole rennt zwar eher, aber das nützt ihr auch nichts, denn ich laufe gemütlich hinter ihr her, sodass sie auf mich warten muss. "Komm schon! Beeil dich doch!" "Ein alter Mann ist kein D-Zug", wettere ich und tue ganz erschöpft, als ich bei ihr ankomme. Schnaufend betrete ich den Aufzug. "Tu nicht so", grummelt Nicole. "Wenn wir oben sind, laufe ich schon mal vor ja?" "Ist gut. Wohin gehst du?" "In den Elektronikmarkt im zweiten Stock." "Ich laufe immer dem Geschrei nach. Dann finde ich dich schon", grinse ich sie an. "Tse!" Nicole zieht die Nase kraus. Dem Parkhaus entflohen, brauchen wir nur über die Straße, schon stehen wir vor eben jenem Kaufhaus, in dem Meilo und ich schon waren. Es kommt mir vor, als wäre es eine ganz andere Zeitrechnung gewesen. So viel ist inzwischen passiert ... Wie erwähnt, rast Nicole los. Ich latsche ihr nach und bin froh, dass sie schon mal die CD-Abteilung stürmt, ohne dass ich dabei sein muss. Im Elektronikmarkt allerdings, ist die Hölle ausgebrochen. Ich brauche tatsächlich nur dem Geschrei zu folgen. Er kommt aus der Musikabteilung. Dort hat sich ein ganzer Pulk an Jugendlichen zusammengetan. Meine Schwester sehe ich nicht. Ich bleibe in einem sicheren Abstand stehen und verfolge das Spektakel. "Verrückt", murmelt jemand, der plötzlich neben mir steht. Einer der Verkäufer. "Und wie." "Was finden die nur an den?" "Frage ich mich auch." Meilo ohne Schminke und Glitzerlook ist doch viel beeindruckender. "Das geht schon den ganzen Tag so", klärt mich der Verkäufer auf. "Ich habe schon Kopfschmerzen." "Ich habe eine von denen Zuhause. Fragen Sie mich nicht, wie oft ich schon Kopfschmerzen deswegen hatte." "Mein Beileid." Der Verkäufer grinst mich an. "Danke. ... Habt ihr eigentlich noch die limitierte Auflage von der DVD? Meine Schwester ist total heiß drauf." "Wir haben nur die Limitierte." "Wirklich? Und warum regen sich dann alle so auf?" "Keinen Schimmer. Die sind alle wahnsinnig." Armen! Es geht echt ab da vorn. Zwar sind die Gören recht friedlich, aber total durch den Wind. "Ich wage mich mal näher. Mal schauen, ob meine Schwester endlich gefunden hat, was sie sucht." "Viel Glück", wünscht mir der Verkäufer. "Das kann ich gut gebrauchen." Was Meilo wohl dazu sagen würde, wenn mich seine Fans aus lauter DVD-Geilheit in der Luft zerreißen? Ich könnte ihnen aber auch laut zurufen, dass ich mit ihrem Idol schlafe. Das wäre doch mal ein Spaß! "Nicole?" Ich stelle mich auf Zehenspitzen. "Nicole!" "Hier." Ich zucke zusammen und drehe mich um. "Fuck! Willst du, dass ich einen Herzinfarkt bekomme?" "Nein. Erst musst mich mich noch nach hause fahren." Sie grinst mich schief an. "Vielen Dank. Wie umsichtig von dir." "Nicht?" "Hast du was du suchst?" "Ja, aber da gibt es noch mehr. Kannst du mir Geld leihen?" Auch das noch! Als hätte ich es nicht geahnt! "Wie viel?" "Achtzig Euro." "Was?!" "Da gibt es noch eine Live CD. Eine mit einem extra Booklet und dann eine mit einer Unplugged CD. Beide kosten zweiunddreißig Euro. Und fünfzehn Euro kostet das Heft, das diesen Monat herausgekommen ist. Das haben die auch hier." "So viel habe ich nicht dabei", antworte ich atemlos. "Und deine Karte? Die hast du doch sicher dabei." "Die ist nur für Notfälle!" "Das ist einer!" Ist es das? "Bitte Niclas! Biiiiiite!" Hundewelpenaugen hoch zwanzig. "Du bekommst es ja wieder!" "Wann?" "Diesen Monat habe ich noch kein Taschengeld bekommen. Das gebe ich dir dann sofort. Und den Rest dann nächsten Monat." Ich hasse mich dafür aber "Gut. Dann hol dir deine CDs und das Heft." "AHHH! Du bist der Beste!" Auf einmal? Die Liebe meiner Schwester ist ja billig zu haben. Nicole taucht wieder im Keith-Fan-Pulk ab und kramt nach ihren heißbegehrten CDs. Ich beobachte weiter das Geschehen. Diesmal allerdings das ganze Merchzeug, dass die hier von Keith verkaufen. Der große Pappaufsteller ist unter dem ganzen Kram der größte Blickfang. Meilo, beinahe lebensgroß, steht breitbeinig da, in Glitzer und Leder gehüllt, und singt lasziv in ein Micro hinein, während er seine Fans mit lüsternen Blick anstarrt. Ich werde hart. Ernsthaft! "Shit!" Ich schaue schnell weg. Daran sind nur Meilos grüne Augen Schuld! Die, und der Umstand, dass ich ihn so lange nicht mehr gesehen habe. Nur deswegen hat dieser dämliche Pappaufsteller es mir angetan! Ich ertappe mich dabei, dass ich immer wieder zu ihm herüberschiele. Heiße Bilder fluten meinen Kopf. Bilder, wie ich und mein Schatz uns zusammen in den Hotelbetten vergnügt haben. Wie wir in den vielen verschiedenen Badezimmern herumgealbert haben, der Ausflug in die Bremer Innenstadt, wie meine Haut immer zu prickeln beginnt und es heiß in meinem Unterleib zieht, wenn Meilo mir erregt meinen Namen entgegenhaucht ... "Niclas?" "Was?!" Wieder erschreckt mich meine Schwester. "Kannst du mich auch vor Keith fotografieren?" "Was? Ist er hier?" Wo?! "Nein!", lacht Nicole. "Vor dem Aufsteller." Ach so ... Was 'ne Pleite! Obwohl ... Es ist ganz gut, dass Meilo nicht hier ist. Sonst müsste ich jetzt sehr wahrscheinlich diese berühmte Filmszene aus Bodyguard nachstellen, und das will keiner. "Machst du es?", wiederholt Nicole und holt mich aus sehr unschönen Gedankenspielen, wie ich mich durch kreischende Fans quäle, Meilo schützend in meinen Armen verborgen, während ich gekratzt, gebissen, getreten und geschlagen werde. "Ja, ich mach das Foto. Stell dich davor." Nicole quietscht und rast auf Papp-Keith zu. Wir müssen ein paar Minütchen warten, bis wir Fotos schießen können. Nicole ist nicht die Einzige, die sich vor meinem Liebling ablichten lassen möchte. Die Posen, die einige von ihnen wählen, bringen meinen Dickdarm dazu, sich zu verknoten. Kotz-würg! Das da ist mein Freund, vor dem ihr euch herum räkelt! Mal ein bisschen Respekt! Als Nicole an der Reihe ist, bin ich froh, dass sie weniger provokante Posen wählt. Bei ihr ist doch noch nicht Hopfen und Malz verloren. "Zeig her!", japst sie, nachdem wir fertig mit dem Fotoshooting sind. "Warte. Ich muss die Bilder erst suchen." Und in einen anderen Ordner verschieben, damit du die Bilder von Meilo nicht zu Gesicht bekommst. "Hier." Meine Schwester bestaunt ganz aufgeregt die Fotos mit dem lasziven Pappkamaraden. "AHH sind die geil! Du musst mir die nachher sofort auf den PC machen! Ja?" "Mach ich." "Hier! Hältst du das mal alles? Ich will gucken, ob es noch was von Keith gibt!" "Noch mehr Kram? Nicole! So viel Kohle habe ich nicht auf meinem Konto!" "Nur gucken." Obwohl ich schwul bin, weiß ich, was Frauen mit dem Spruch 'nur gucken' eigentlich meinen. Sie ersetzen das Nur durch ein Erst, setzten hinter dem Gucken ein Komma und dahinter schieben sie 'dann kaufen!' Mit fünf Ausrufezeichen !!!!! Hätte ich bloß Mamas Marmeladenglas geplündert. Da sind zwar nur Centstücke drinnen, aber das hätte wenigstens an der Kasse ordentlich gefetzt! Da Nicole wieder in den Massen kreischender Fans untergetaucht ist, lehne ich mich gegen ein einsames Schallplattenregal (das waren noch Zeiten!) und warte geduldig. Schon bald wird mir das zu langweilig, deshalb zücke ich wieder mein Handy und daddle ein bisschen. Ein kleines Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht, und ehe ich mich versehe, bin ich dabei den ganzen wahnsinnigen Zauber vor meiner Nase zu filmen. Unauffällig natürlich, und auch nur für ein, zwei Minuten. Das schicke ich postwendend an Meilo, mit dem Kommentar, er sei Schuld, dass ich in der Keith Kandyce Hölle gelandet bin. Stimmt ja auch. Seine Antwort kommt nach wenigen Augenblicken in Form eines Anrufes. "Hilfe!" Meilo pustet in den Hörer. /Soll ich vorbeikommen?/ "Bloß nicht! Die zerfleischen dich!" /Bestimmt nicht. Meine Fans sind lieb./ "Sag das mal den armen Verkäufern", erwidere ich. "Und meinem Trommelfell!" /So schlimm?/ "Nein. Noch schlimmer. ... Wegen deinem Pappabbild bin ich in Depressionen verfallen", flüstere ich. "Ich wäre so gern bei dir." /Ach Schatz. Das geht mir doch genau so./ Ich ziehe einen Schmollmund, den allerdings nur Papp-Keith sehen kann. Apropos! "Sag mal, kannst du für Nicole so einen Pappaufsteller organisieren? Sie hätte gerne einen." /Kein Problem. Welchen denn?/ "Da gibt es mehrere von?" /Ich glaube acht Stück/, überlegt mein Schatz. "Du meine Güte! Bekomme ich auch einen?" Ich grinse breit. "Den lege ich mir dann ins Bett." /Nix da! In dein Bett kommt nur einer: Ich./ "Muss ich dich daran erinnern, dass du schon lange nicht mehr in meinem Bett warst?" /Musst du nicht. Daran denke ich jeden Tag. Jeden langen Tag .../ "Dito" wispere ich. Es wird still. Auf beiden Seiten der Leitung. Ich hasse diese beknackte Situation! Ich bin im Moment sogar so kurz davor, diesem dämlichen Pappkameraden Keith eine zu verpassen. Keine gute Idee, bei all den Fans, also lass ich es. /Ich kümmere mich um den Aufsteller/, sagt Meilo plötzlich. "Schön. Da wird sich Nicole freuen." /Was tut man nicht alles für seine Verwandtschaft/, lacht Meilo. "Verwandtschaft?", harke ich nach. /Sie ist meine Schwägerin, wenn mich nicht alles täuscht./ "Gott, ich liebe dich!" /Dito. Aber sag doch einfach Meilo zu mir. Ruf mich nachher an, ja?/ Fassungslos starre ich auf das Handy in meiner Hand. "Er hat einfach aufgelegt!" "Wer?" Nicole steht vor mir. Die Arme schon wieder gefüllt bis oben hin. "Meilo." "Hast du ihn gefragt?!" "Er besorgt dir einen." "Wirklich wahr?" "Jepp." "Echt?!" "Jaha." "AHHHHH ICH BEKOMME EINEN PAPPAUFSTELLER VON KEITH!!!" "Kreisch doch nicht so!" Mann! "Komm, wir gehen bezahlen." Ich schnappe mir Nicole und schleife sie durch den Elektromarkt. Nix wie weg hier! Durch ihr Geschrei stehen wir jetzt natürlich im allgemeinen Interesse des Fanpulks. Wie in einem Horrorstreifen. Gruselig! *** "Hundertvierunddreißig Euro! Stell dir das mal vor! Hundervierunddreißig!" "Und du zahlst das einfach?" Clem macht große Augen. "Ich habe es vorgestreckt. Nicole muss mir das Geld wiedergeben, doch bis sie das zusammen hat, dauert es noch, fürchte ich." "Brauchst du Geld?" "Was? Nein! Es geht mir nur ums Prinzip. Es ist nicht zu fassen, mit was die alles Geld rausschlagen!" Und alles auf Kosten meinen Schatzes. "Solange es Leute gibt, die für so etwas Geld ausgeben, machen die weiter. Genau wie Billiglebensmittel oder Billigkleidung." "Darauf einen Champagner!", näsle ich und hebe die Flasche in die Höhe, die ich gerade ins Regal sortiere. Clem lacht. "Idiot." "Sir Idiot bitte. Ich halte einen Champagner in der Hand." "Gut. Sir Idiot. Können wir jetzt weitermachen?" Ich nicke und greife zwei weitere Flaschen aus der Kiste, die Clem mir abnimmt. "Kilian hat mir gestern eine Szene gemacht", sagt Clem leise. "Wieso?" "Wegen dir." Bestürzt halte ich inne und schaue Clem sprachlos an. "Er will nicht, dass wir zusammenarbeiten und hat mich gefragt, ob ich meine Schichten nicht so legen könnte, dass wir uns nicht mehr sehen." "Das ist nicht sein Ernst?" "Ich fürchte schon", wispert Clem. "Wir hatten einen riesigen Krach deswegen." "Er glaubt doch nicht etwa, dass ich was von dir will?" "Weiß nicht." Er zuckt mit den Schultern. "Warum macht er dann so einen Terz?" "Mir ist rausgerutscht, dass wir Freunde geworden sind." Jetzt bin ich total sprachlos. Clem findet, wir seien Freunde? "Sind wir das?", frage ich ihn unüberlegt. "Ja ... Oder empfindest du das anders?" "Na ja. Wir sind schon irgendwie wie Freunde, denke ich." Ich zucke mit den Schultern. "Ich kann dich auf jeden Fall besser leiden als noch am Anfang." Clem grinst schief. "Das meine ich ernst! Aber Freundschaft hört sich komisch an. Weil du, na ja ..." "Mit deinem Ex zusammen bin", sagt Clem und lehnt sich gegen das Regal. "Ja. Eben darum." "Ich mag dich Niclas. Nicht nur als Arbeitskollege. Auch als Freund." Woha. Ich bin echt ein bisschen gerührt. "Sagen wir lieber Kumpels. Nicht, dass da noch Gerüchte aufkommen", schlage ich vor. "Klar, Kumpel", lacht Clem. "Das mit Kilian regle ich." Ich bin selbst erstaunt über meine Worte. "Was regelst du mit mir?" Kilian! Wie ist der denn unbemerkt hier rein gekommen?! "Schatz! Hey!" Clem saust ihm sofort entgegen. "Hast du ihm etwa erzählt, was gestern Abend war?", fragt Kilian Clem. Dieser nickt. Ich kann richtig sehen, wie Kilian die Zornesröte ins Gesicht steigt. Okay. Der Klügere gibt nach, heißt es doch immer. Ich halte mich zwar nicht für den Klügsten hier, aber ich bin auf jeden Fall nicht dumm wie Weißbrot. Ich stelle die Champagnerflasche ins Regal, wische mir die Hände trocken und gehe auf Kilian zu. Freundlich strecke ich sie nach ihm aus. "Lass uns einen Schlussstrich ziehen", sage ich zu meinem Ex und meine es auch so, doch Kilian sieht mich an, als hätte ich mir eben mit der ausgestreckten Hand den Hintern abgewischt, ohne vorher nach dem Toilettenpapier gegriffen zu haben. "Komm schon Kilian. Wir sind getrennt und haben beide eine neue, glückliche Beziehung. Ich will nicht mehr böse auf dich sein." Kilian ringt noch immer mit sich, während Clem uns abwechselnd anschaut. "Gut", seufze ich und schaue mich um. Kein Kunde im Laden. Dann kann ich frei heraus reden. "Kilian? Mir ist vor einigen Wochen erst klar geworden, dass das mit uns niemals hingehauen hätte. Obwohl wir es lange Zeit miteinander ausgehalten haben", scherze ich, doch da Kilian nicht lacht, lasse ich es lieber mit den Scherzen. Ist wohl noch zu früh dafür. "Jetzt, wo ich mit Meilo zusammen bin, weiß ich, was bei uns gefehlt hat." "Und das wäre?", fragt er mich mit grollender Stimme. "Was hat dir bei mir gefehlt?" "Weißt du das nicht selbst?" "Doch, aber ich will es aus deinem Mund hören. Sag es mir Niclas. Vielleicht, aber nur vielleicht kann ich dann darüber hinwegsehen, dass mein Partner mit meinem Ex zusammenarbeitet." Eben wird mir bewusst, dass er gar nicht sauer auf Clem ist, sondern auf mich. Immer noch. Und weil ich nun weiß, was mit unserer Beziehung nicht gestimmt hat, bin ich nicht mal mehr wütend darauf, dass er mir die Schuld an allem gibt. Obwohl wir beide Schuld an allem tragen. "Die Leidenschaft hat gefehlt", antworte ich Kilian. "Nach unserem ersten Treffen, unserem Blinde Date, da musste ich nicht mal mehr an dich denken. Ich weiß nicht, ob es dir auch so ergangen ist, aber als mir Meilo über den Weg lief, da war er alles, an das ich noch denken konnte. So ist es immer noch." Zu meiner Erleichterung löst sich Kilians Anspannung etwas. Er nickt schließlich und sieht Clem an. "Genau das meine ich!", lache ich. "So, wie ihr euch anseht, ist die Leidenschaft zwischen euch fast greifbar!" "Sei ruhig Niclas. Ich habs verstanden." Kilian zieht Clem an sich und hält mir seine Hand hin. Ich ergreife sie. Ein komisches Gefühl. Und erst recht kein Schönes, aber das ist mir lieber, als ständig mit Kilian zu streiten. "Wir werden wahrscheinlich nie Freunde, aber du hast recht. Lass uns nicht mehr wütend aufeinander sein." "Ist gut. Nie mehr." Kilian lächelt schmal und lässt mich wieder los. "Ich bin dann mal vorn. Den Gehweg fegen." Gönnen wir den beiden ein wenig Zweisamkeit. Diesmal ist Kilian nicht sauer aus dem Weinkeller gestürmt. Er hat mich sogar angelächelt. Zwar nur ganz kurz, aber immerhin. Es fühlt sich gut an, diesen Schlussstrich gezogen zu haben, auch wenn sich Kilians Anwesenheit immer noch komisch anfühlt. Aber wenigstens hat mir dieser Waffenstillstand eine kleine Last vom Herzen genommen. Ich habe ja gar nicht geahnt, wie schwer dieses Thema noch immer auf mir gelastet hat. "Wieder versöhnt?", frage ich Clem, der aus dem Kellergewölbe kommt. Er hat bei einer kleinen privaten Verköstigung geholfen, während ich den Laden gehütet habe. "Und wie! Ich danke dir. Das hat Kilian noch arg auf der Seele gelegen." "Mir auch", antworte ich. "Es war mir zwar nicht vorher aufgefallen, aber da war dieser Druck, der jetzt zum Glück weg ist." "Dann haben wir ja was zu feiern!", lacht Clem. "Wollen wir uns eine gute Flasche gönnen und anstoßen?" "Eigentlich gern, aber ich muss noch fahren." "Och. Schade." "Ein anderes Mal, ja? Und vielleicht ist es nicht so gut, wenn wir gleich nach der Versöhnung zusammen einen heben." "Überredet. Ich will mein Glück nicht herausfordern." "Hilfst du mir, die Körbe vor dem Laden reinzuräumen? Es ist gleich Ladenschluss." "Klar." Wenn Clem mit anpackt, geht es schneller. Wir räumen einen schweren Korb nach dem anderen hinein. Die Teile sind an sich schon schwer, weil sie ziemlich groß und unhandlich sind, auch ohne Füllung. Aber die Eisenteile, auf denen sie liegen, sind noch unhandlicher. Zu zweit geht das wesentlich einfacher. "Einer noch, dann sind wir fertig", juble ich. "In Ordnung ... Oh. Hallo." Noch ein Kunde? Ich drehe den Kopf, um den Kunden zu begrüßen. "Guten Abe... Meilo?" Mir fallen sämtliche Gesichtszüge auseinander. Da steht Meilo! "Meilo! Wie schön!" Aufgeregt laufe ich schnellen Schrittes auf meinen Schatz zu und umarme ihn fest. Aber irgendwie fällt Meilos Reaktion nicht so aus, wie sie eigentlich immer ausfällt. "Meilo?" Ich löse mich leicht von ihm. Grimmig starrt er Richtung Laden. Ich folge seinem Blick, und da fällt bei mir der Groschen. Er weiß, wer Clem ist! "Was macht der hier?", knurrt mein Freund. "Wir arbeiten zusammen", versuche ich ganz beiläufig zu erklären. Weil Meilo nichts erwidert und Clem weiterhin böse anstarrt, ergreife ich seine Hand und ziehe ihn mit mir. Ich laufe mit ihm um die Ecke, wo ich mein Auto immer parke. "Erklärst du es mir?", fragt er mich. "Ich wollte gerade mit der Erklärung loslegen." "Ich höre." Ich atme tief ein und schaue Meilo in die Augen. Eigentlich wäre mir jetzt nach etwas ganz anderem zumute, aber er sieht nicht wirklich so aus, als wäre er bereit dazu. "Clem ist mein Arbeitskollege." "Wie lange schon?" "Seit ich hier arbeite", flüstere ich wahrheitsgemäß. "Und du hast es mir nicht gesagt, weil ...?" Haben Clem und Kilian nicht ein ähnliches Gespräch geführt? "Weil ich dich bei deine ganzen Stress nicht beunruhigen wollte." "Und wann hättest du mir davon dann erzählt?" "Wenn wir uns wiedersehen. Also jetzt." Meilo leckt sich über die Lippen, denkt eine Weile lang nach und seufzt schließlich. "Macht er dir Probleme?" Jetzt wirkt er eher besorgt. Das ist es, was ich an ihm so liebe! Er ist einfach wunderbar! Meilo ist so anders als Kilian. Zum Glück! "Nein, macht er nicht. Anfangs habe ich ihn ignoriert, aber inzwischen kommen wir gut miteinander aus." "Habe ich gesehen", meint er mit einem leicht dunklen Unterton. "Was ist mit deinem Ex?" "Wir haben so etwas wie einen Waffenstillstand miteinander ausgehandelt, aber wir werden uns weiterhin aus dem Weg gehen." Meilo schluckt, bläst Luft durch den Mund und wischt sich über die Stirn. "Das ist mir jetzt zu viel Durcheinander", flüstert er. "Ich mache auch nur einen kurzen Halt und muss gleich wieder weiter." "Wie bald?" "Ich müsste schon unterwegs sein." Plötzlich wirkt er leicht verloren. "Du fährst nirgendwo hin! Nicht so!" Ich krame meine Autoschlüssel aus der Hosentasche. "Was wird das?" "Ich erkläre dir jetzt alles von Anfang an! Dann wirst du sehen, dass alles in Ordnung ist." Und das tue ich auch, setzte mich mit Meilo in mein Autochen und berichte alles ganz von vorn. Dabei lasse ich nichts aus, auch wenn ich mich versuche kurz zu fassen. Ich berichte von Clems Unfall, davon, dass wir uns danach immer besser verstanden haben, und auch von meiner Aussprache mit Kilian heute. Er hört mir zu und am Schluss meiner Erzählung, schenkt er mir endlich wieder sein Meilolächeln. Kommunikation ist alles! Das beste Negativbeispiel waren Kilian und ich. Doch so wird es mir mit Meilo nicht gehen. Das schwöre ich! "Es war wirklich gut, dass du mir das alles nicht am Telefon erzählt hast", sagt er abschließend. "Sonst hätten wir gar keine Zeit für uns gehabt." "Habe ich doch gesagt", grinse ich. "Dann bist du nicht sauer?" "Nein." Uff! Glück gehabt! Der Sitz unter Meilo quietscht, als er sich zu mir beugt und mich küsst. Seine Hand schiebt sich in meinen Nacken und massiert mich dort sanft. Ob uns einer sehen würde, wenn wir hier ... "Ich muss jetzt wirklich wieder los", wispert Meilo und löst sich von mir. "Schade." "Besser als nichts", lächelt er. Wie wahr. "Wie hast du eigentlich vom Weinkeller erfahren?", frage ich ihn. "Ich war bei dir, und deine Mutter hat mir diese Adresse gegeben." "Oh." Heißt das etwa ...?! "Keine Angst, deine Schwester war bei ihren Freundinnen." Uff! Noch mal Glück gehabt. "Außerdem wollten wir es ihr doch zusammen sagen." "Stimmt", nicke ich. "Ich habe vielleicht eine Wohnung in Aussicht." Wenn wir schon fast beim Thema sind. "Wo denn?" "Hier in der Stadt. Ein WG Zimmer, das bis Ende Januar leer steht. Das wäre perfekt für mich." "Wenn du meinst." Meilo zuckt mit den Schultern. "Wie, wenn du meinst?" "Ich dachte nur, es ist doch eher unpraktisch, den ganzen Umzugsstress gleich doppelt durchmachen zu müssen." "Zweimal?" "Na wenn wir zusammenziehen?" Meilo sieht mich neugierig und auch etwas scheu an. Darüber haben wir immer noch nicht gesprochen. Dafür habe ich schon im Stillen ziemlich lange darüber nachgedacht. Inzwischen hätte ich wirklich nichts mehr dagegen, gleich mit Meilo zusammenzuziehen. Jedoch: "Es ist nur so, ich will endlich meine Ruhe vor meinen Eltern und meiner Schwester. Das ist Stress pur!" Man denke nur an gestern. "Da ist der Umzugsstress gar nichts gegen." Und ich werde auch nicht alles mit in die WG nehmen können. Dazu ist das Zimmer viel zu klein. Meilo lacht. "Okay. Wenn das so ist, verstehe ich deine eiligen Umzugswünsche natürlich." "Zu gütig." "Aber was ist mit einer Wohnung nur für uns?" "Was soll damit sein?", ärgere ich ihn und spiele den Ahnungslosen. "Kannst du dir das inzwischen vorstellen?" "Mit dir kann ich mir so einiges vorstellen." Oh ja … "Nic!" Meilo stupst mich in die Seite und ich fange an zu lachen. Das ktizelt! "Sag schon." "Ja", kichere ich und bringe mich vor Meilos Pieksefinger in Sicherheit. "Ja, ich kann mir eine gemeinsame Wohnung sehr gut mit dir vorstellen." "Ja?" "Ja!" Ich werde überschwänglich an Meilos Brust gezogen. "Über die Einzelheiten reden wir aber nochmal, ja?" "Klar", schnurrt mein Meilolein, und lässt mich wieder los, nachdem wir uns viel zu kurz geküsst haben. "Ach! Bevor ich es vergesse. Schau mal." Er hebt mir seine rechte Hand entgegen. Die Innenseite seines Handgelenkes ziert ein Tattoo. "Habe ich mir vorgestern stechen lassen", verkündet mein Schatz stolz. "Das ist ja schön!" Es ist schwarz mit einem roten Hintergrund. Ein Schriftzug, wie ich erkenne. "Love bite?" "Was sonst?", lacht er. "Und dahinter ist ein N für Niclas versteckt. Siehst du es?" Jetzt wo er es sagt ... "Damit ich dich immer bei mir habe", raunt er mir zu und küsst meine Schläfe. "Das ist ja süß." "Nur süß? Ich dachte da eher an romantisch." Schmunzelnd lehne ich mich gegen Meilos Oberkörper. "Ja, okay. Es ist verflucht romantisch." "Sage ich doch." "Und was tust du, wenn das einer während deinen Auftritten sieht?" Daran erkennt ihn doch jeder. "Ich decke es ab. Genau wie mein Rücketattoo. Im Moment trägt Keith Kandyce total gerne Handschuhe. Voll im Trend!" Wir fangen an zu lachen. "Voll im Trend also? Da bin ich ja beruhigt." Wir schmusen noch ein klitzekleines Weilchen miteinander, dann muss Meilo leider wieder los. "Schön, dass du vorbeigekommen bist. Dein Besuch war nur viel zu kurz", schmolle ich und begleite ihn zu seinem Wagen. "Ich weiß. Aber wir sehen uns bald wieder", verspricht er mir. "Das hoffe ich." Sonst muss ich mir doch so einen Pappaufsteller besorgen, und ihn mit mir ins Bett nehmen. ****** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)