My love bite on your neck von Fara_ThoRn ================================================================================ Love bite 06 - Küss mich endlich, verdammt nochmal! --------------------------------------------------- Immer noch kein Konzert weit und breit. *gg* Heute geht es erstmal in Kassel weiter. Und dann, nächste Woche, geht es zum Konzert. Leider habe ich mich mit dem sechsten Kapitel etwas verspätet. Ich wollte es eigentlich heute Morgen schon hochladen, aber eine Augenentzündung hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich muss mir so eine doofe Salbe ins Auge schmieren. Etwas, das ich zutiefst hasse. Bin den ganzen Tag nur am Fluchen, Jammern und imaginären Augenkratzen. Ich darf ja nicht dran herumrubbeln, auch wenn ich gern würde. *grummel* Jedenfalls, jetzt, wo sich die Schlieren der Salbe etwas verflüchtigt haben, und ich wieder was sehen kann, gibt es endlich das nächste Kapi für euch. Viel Spaß dabei! Love bite 06 - Küss mich endlich, verdammt nochmal! Langsam tun mir die Füße weh. Was für ein Marsch! Was für eine Hitze! Ich bin versucht Meilo zu fragen, wie lange es wohl noch dauert, aber das habe ich erst vor ein paar Minuten, deshalb verkneife ich es mir. Ich will ja vor ihm nicht wie ein quengelndes Kind rüberkommen, vor allem, weil wir eigentlich noch gar nicht lange unterwegs sind. Wahrscheinlich kommt mir der Weg auch nur so lange vor, weil es bergauf geht, und weil mir mein Shirt vor lauter Schweiß am Rücken klebt. Wir hält Meilo das bloß aus? Er hat ja noch den Rucksack auf, doch nicht nur das. Er führt uns so zielsicher und voller Enthusiasmus durch den Park, als hätte er in seinem Leben nie was anderes gemacht und als würde ihm die Hitze rein gar nichts ausmachen. Dank ihm, und der ihm verliehenen Weisheit von Maps, haben wir schon einiges zu sehen bekommen. Nach dem Gewächshaus ging es zur nächsten Station: das große Gebäude der staatlichen Museen. Hinein sind wir nicht gegangen, zu wenig Zeit, aber von draußen war das in U-Form gebaute Gebäude auch sehr beeindruckend. Im Schatten der hohen Säulen haben wir die erste Trinkpause eingelegt. Von dort aus ging es einen Weg entlang zur Halle des Sokrates. So beeindruckend war das Ding nun auch nicht, wenngleich es schon recht idyllisch aussah, so inmitten der Bäume. Danach posierten wir vor dem Apollotempel, der direkt hinter dem Schlossteich liegt. Der war schon eher mein Fall und ich hätte am liebsten noch mehr Zeit dort verbracht und Fotos geschossen, doch Meilo drängelte. Er wollte unbedingt weiter, damit wir den Beginn der Wasserspiele beobachten konnten. Also marschierten wir weiter. Strammer diesmal, und immer darauf bedacht, sich größtenteils im Schatten aufzuhalten. Das einzige Problem dabei, andere Besucher dachten genauso. Zwar ist das Gelände sehr weitläufig, aber wir begegneten ständig irgendwelchen Leuten. Familien, Rentner- und Reisegruppen und Wanderer aller Art waren praktisch überall unterwegs. Was mich daran genau gestört hat? Das hinderte mich daran, mich etwas mehr an Meilo anzunähern. Ich hätte gern mal einen Versuch gewagt, und vorsichtig nach seiner Hand gegriffen, aber bei dem Besucherstrom war ich mir unsicher, ob es ihm nicht vielleicht doch unangenehm wäre. Deshalb ließ ich es und ging stattdessen so dicht wie möglich neben ihm her. Irgendwann würde sich schon eine Möglichkeit dazu ergeben, dachte ich. Unser nächster Halt war am Grabmal des Vergil. Eine Art, wie beschreibt man das am besten? Wie ein oben abgerundetes Hexenhaus aus Steinen. Mich hat das Ding auch nicht sonderlich vom Hocker gerissen. Meilo fand das Teil jedoch wohl richtig beeindruckend, denn er umrundete es ein paar Mal, wobei ich wieder mit Fotos schießen beschäftigt war, ehe er fertig war mit bestaunen, und mich danach wieder weiter scheuchte. Ich war froh, dass wir größtenteils unter den Bäumen entlang gehen konnten, denn sonst hätte ich bei Meilos Tempo nicht mithalten können. "Bis wohin willst du denn eigentlich so eilig gehen?", fragte ich ihn nach einer Weile pustend, ehe ich mir einige gierige Schlucke aus der Wasserflasche gönnte. "Wenigstens bis zur Neptungrotte. Von dort können wir zusehen, wie das Wasser die Kaskaden herunterrauscht und dann auf dem Rückweg alle wichtigen Stationen ablaufen." Herunterrauschendes Wasser? Verlockend. "Und wo ist die Grotte?" "Unterhalb der großen Kaskaden", gab er zur Antwort und deutete zum Herkules, der ständig so verdammt nah schien, doch der Marsch wurde und wurde nicht kürzer. Jedenfalls kam es mir so vor. Ich stöhnte geschafft und fragte deshalb: "Meinst du, das ist noch sehr weit?" Ich kam mir so vor wie damals bei unserem Familienurlaub auf Sylt. Wir wollten am Strand spazieren gehen. Nur bis zu dem kleinen Restaurant, das man von dem kleinen Weg aus sehen konnte, auf dem wir standen, doch der Fußmarsch zog sich wie Kaugummi und dauerte mehr als eine Stunde. Meilo blieb stehen, was meine Füße, die lange Spaziergänge nicht mehr gewöhnt waren, höchst erfreute, und sah sich um. "Da vorn ist die Plutogrotte", stellte er fachmännisch fest. "Nochmal ungefähr den gleichen Weg, wie vom Apollotempel bis hier her." "Woher weißt du das alles?" Meilo brauchte noch nicht mal auf einen Plan oder sowas zu gucken, um zu wissen, vor welchem Bauwerk wir grade standen. "Hab mich vorher informiert", meinte er lapidar. "Ah ja", brummte ich. "Maps." Er nickte mich lächelnd an und trieb mich wieder zur Eile. Augenrollend folgte ich ihm. Das nannte ich mal ein anstrengendes Date! Versteht mich jetzt bitte nicht falsch. Das soll nicht bedeuten, dass mir der Ausflug nicht gefällt, aber etwas gemütlicher hatte ich mir das Ganze schon vorgestellt. Ich dackelte also neben ihm her, gab mir Mühe, mit ihm Schritt zu halten, und fing dann trotz des schnellen Tempos an, den Fußmarsch zu genießen. Die Umgebung war einfach zu schön, um sich über klebende Kleidung und schmerzende Füße zu beklagen. Und Meilos Versprechen, dass wir uns auf dem Rückweg Zeit lassen konnten, hob meine Laune noch mehr an. Er wollte eben unbedingt die Wasserspiele sehen und wenn man schon mal hier war, musste man das wohl auch. An der Plutogrotte machten wir nur einen kurzen Halt. Meilo wollte auf dem Rückweg nochmal vorbei kommen, weil er sich noch die Teufelsbrücke anschauen wollte. Diese befand sich in unmittelbarer Nähe, doch Meilo wollte sie erst besichtigen, wenn das Wasser dort angekommen war. Trotzdem machte ich natürlich auch von ihr Fotos, ehe wir weiterliefen. Als wir, laut Meilos Aussage, der Neptungrotte immer näher kamen, atmete ich erleichtert auf. Ein komisches Surren und Pfeifen lag in der Luft. Auf meine Frage hin, was das sein könnte, erklärte Meilo mir, das käme aus den Hörnern von zwei Statuen, dessen Metallblättchen, die dort im Inneren verborgen sind, durch den Luftzug des Wassers zu vibrieren beginnen. "Die leiten das Wasserspiel ein. Wir sind rechtzeitig", freute Meilo sich. Wir machten es uns zwischen den ganzen Besucher bequem und stellten uns vor das große Becken. Es war echt die Hölle los! Überall Menschen. Kinder, die plärrend oder quietschend auf den Kaskaden herumkletterten. Das die das dürfen, wunderte ich mich. 'Wenn das Wasser da herunterplätschert, ist das sicher erfrischend', überlegte ich und wurde neidisch. Ich wollte auch im Wasser planschen! Die Sonne schien gnadenlos auf uns nieder und die Aussicht auf einen kühlenden Wasserfall wurde immer verlockender. "Darf man den ins Wasser?", wollte ich wissen und deutete auf die ganzen Leute, die auf den Kaskaden herumspazierten. "Sieht so aus." Meilo zuckte mit den Schultern. "Dann lass uns baden!", kicherte ich scherzeshalber. Meilo schmunzelte und setzte seinen Rucksack ab. "Trink lieber was. Abkühlung von innen sozusagen." Dankbar nahm ich ihm die Flasche ab. Die Andere war schon längst leer. Und dann ging das Warten los. "Wann fängt es denn an?", wollte ich von Meilo wissen, weil ich langsam ungeduldig wurde. "Es hat doch schon längst angefangen." "Wo denn?" Ich konnte kein herabstürzendes Wasser erkennen. Meilo stellte sich plötzlich hinter mich und lehnte sich gegen meinen Rücken. Perplex hielt ich den Atem an, als er meine rechte Hand ergriff und sie hochhob. "Siehst du da oben? Die Fontäne?" Mein Blick flog nach oben. Ich sah sie sofort, aber ich konnte bloß schwach nicken. "Es dauert nicht mehr lange, dann kommt das Wasser über den Fels geflossen." "Aha", flüsterte ich, auch wenn ich Meilos Erklärungen nicht ganz folgen konnte, weil sich durch seine unmittelbare Nähe die Härchen in meinem Nacken aufgestellt hatten und mein Herzschlag laut in meinen Ohren pulsierte. Trotz der Hitze bekam ich eine heftige Gänsehaut. Enttäuschung machte sich in mir breit, denn gerade, als ich mich wieder einigermaßen im Griff hatte, und den Versuch starten wollte, meine Finger mit seinen zu verschränken, ließ er mich wieder los. Abgesehen davon, dass mein Plan, mit ihm Händchen zu halten, wieder vereitelt wurde, hätte er mich ruhig noch länger so im Arm halten können, obwohl ich dann sehr wahrscheinlich nichts mehr von den Wasserspielen mitbekommen hätte. Etwas, das ich allerdings mit Freuden verschmerzt hätte. Das ist jetzt keine zwei Minuten her, und noch immer spüre ich den Druck seines Körpers an meinem Rücken, als würde er sich weiterhin an mich lehnen. Alles nur Hirngespinste, denn Meilo steht längst wieder neben mir und wartet, wie alle anderen Zuschauer, gespannt darauf, dass endlich das Wasser kommt. Ich nehme noch einen Schluck aus der Flasche und versuche meine Gefühlslage wieder runter zu kommen. Ich will ja nicht, dass das Kribbeln in meinem Unterleib noch stärker wird und Dinge auslöst, die sich schwerer als meine Gedanken verbergen lassen. Das gestaltet sich auf einmal leichter als gedacht, denn plötzlich schwappt oben am Anfang der Kaskaden das Wasser über und lenkt mich gekonnt ab. "Da kommt es!", jubelt Meilo und klopft mir auf die Schulter. Ich nutze die Gelegenheit und lehne mich trotz allem leicht zu ihm rüber. Gemeinsam beobachten wir das Schauspiel, das, zu meiner Überraschung, mehrere Minuten dauert. In meinem Kopf sah ich wahre Wassermassen auf uns zu rauschen. Schäumende Gischt und lautes Rauschen, aber in der Wirklichkeit ist das ganze Spektakel doch recht zahm, obwohl es doch beeindruckend ist, wenn man bedenkt, wie lange es diese Wasserspiele schon gibt, und wie alt die Anlage schon ist. Kinder springen aufgeregt herum, tollen im Wasser und schreien vergnügt, als das Wasser Stufe um Stufe nach unten schwappt. Ich schaue ihnen grinsend zu und beneide sie. Ich will auch ins kühle Nass! "Nic?" Meilo tippt mir auf den Arm. Ich drehe den Kopf zu ihm herum. "Hm?" "Foto." "Hab ich ganz viele gemacht", antworte ich und schwenke sein Handy in meiner Hand. Ich bin doch ständig am Knipsen. "So meinte ich das nicht", lacht er und dreht sich mit mir zusammen herum. Nun verstehe ich, was er von mir will. Ich halte das Handy vor unsere Gesichter, suche eine gute Perspektive, damit man auch den Herkules und einen Teil der Kaskaden hinter uns erkennt, und mache ein Foto nach dem Anderen. Es dauert nicht lange, und unsere kleine Fotosession artet in eine alberne Grimassen schneidende Aktion aus. Mal strecken wir unsere Zungen raus, mal duckt sich Meilo so tief, dass es so aussieht, als wäre er viel kleiner als ich, einmal mit Sonnenbrille, dann wieder ohne oder sie sitzt an einer ganz anderen Stelle, als üblich, was uns nur noch lauter zum Lachen bringt. Der krönende Abschluss bildet jedoch Meilos Zunge, die mir quer über die Wange leckt. "Ahh!" Lachend kneife ich die Augen zusammen. "Das Foto ist bestimmt nichts geworden", gluckse ich und gucke mir sofort das Ergebnis an. "Scheiße." "So schlimm?" "Wie man es nimmt", sage ich, halte Meilo das Handy hin und glotze selbst ganz gebannt auf das Display. "Das nenne ich mal einen Schnappschuss!", staunt Meilo. "Das könnte man als Werbeplakat für Eiscreme benutzen." Eiswerbung? Könnte wirklich hinkommen, wenn man es genauer betrachtet. Mein vergnügt-verzogenes Gesicht, Meilo, wie er beinahe genüsslich an mir herumleckt, und im Hintergrund die in der Sonne glänzenden Wassertropfen. Denn genau in diesem Moment muss eins der Kinder seine eigene Wasserfontäne produziert haben, die direkt hinter uns empor spritzt. Es ist perfekt! Bis auf eine Kleinigkeit. "Ich sehe kein Eis", wende ich ein. "Oder siehst du da eins." "Hmhm. Du bist das Eis. Meine leckere Eiskugel. So unglaublich Sweet." Bumm, bumm. Mein Herz taumelt. Wie kann er sowas nur sagen? Und vor allem jetzt? "Bin ich das?", frage ich mit rauer Stimme. Bevor er mir antwortet, nimmt er mir sein Handy ab, steckt es mir in die Hosentasche und stellt sich vor mich. Ich werde verdammt nervös, als seine Arme sich auf meine Schultern legen, direkt neben meinem Hals. Er sucht meinen Blick und ich werde noch unruhiger als sowieso schon. Will er mich jetzt küssen? "Aber sowas von", säuselt er plötzlich, als hätte er meine Gedanken gelesen. Meine Haut prickelt und ich fühle mich mit einem Schlag so leicht, als könnte ich jeden Moment abheben. "Ich könnte den ganzen Tag an dir lecken." Schamesröte schießt mir ins Gesicht. So etwas hat mir noch keiner gesagt! Langsam kommt er mir näher, mein Herz schlägt immer schneller und meine Knie immer weicher, doch dann: "Oh du Idiot!" Kichernd weiche ich ihm aus. Er hat mir doch tatsächlich über die Nase geleckt! Meilo bricht in schallendes Gelächter aus. Ich werde losgelassen und stehe wieder alleine da. Meine gute Laune verschwindet schlagartig und ich komme auf dem Boden der Realität an. Er hat mich nicht geküsst. "Wollen wir hoch gehen? Ich will endlich den Herkules sehen." Meilo steckt seine Wasserflasche neben in den Rucksack und schultert ihn sich wieder auf. "In Ordnung", sage ich und schlucke hart. "Auf zu Herkules." 'Wenn du mich schon nicht küsst, dann gehen wir uns eben einen riesigen, nackten grünen Mann anschauen.' So eine Enttäuschung. Niedergeschlagen folge ich ihm durch die Schar der Parkbesucher in Richtung Aufstieg. Wieso hat er mich nicht geküsst? Weil so viele Leute um uns herumstanden? Wohl kaum. Dann hätte er eben nicht so sehr mit mir herumgeflirtet während des improvisierten Fotoshootings, und über die Nase geleckt hätte er mir erst recht nicht. Dessen bin ich mir relativ sicher. Also was hat ihn denn sonst davon abgehalten, mir endlich seine wundervollen weichen Lippen aufzudrücken? Oder hätte ich die Initiative ergreifen sollen? Hat er vielleicht auf einen Wink von mir gewartet, weil er sich unsicher war, ob er mich hier küssen darf? Was war es denn jetzt nur? Wenn ich das wüsste! Alles Grübeln bringt nichts. Ich begnüge mich vorerst mit Meilos Rückansicht, und schaue ihm dabei zu, wie er vor mir neben den Kaskaden entlang nach oben steigt. Aber auch sein Knackpo, der sich immer wieder an- und entspannt, kann meine Enttäuschung über die verpatzte Chance nicht schmälern. Ich hätte reagieren sollen. Hätte ihm zeigen müssen, was ich will. Ganz klar. Das nächste Mal, das schwöre ich, gehe ich aufs Ganze! Kein nervöses Warten mehr. Ich werde ihm zuvorkommen, bevor er mir wieder die Nase ablecken kann! Nachdem ich mir das geschworen habe, geht es mir schon wieder besser. Dich kriege ich, mein Lieber! Das schwöre ich dir! Beschwingt schließe ich zu Meilo auf und erklimme mit ihm die Kaskaden. Das Wasser rauscht neben uns hinab und schafft es, die Luft etwas abzukühlen. Himmlisch! Pech nur, dass ich schon nach einigen Metern wieder anfange zu schwitzen wie Sau. "Scheiße", japse ich, bleibe stehen und stelle mich an die Seite, damit die anderen Irren, die ebenfalls hinauf wollen, an mir vorbeilaufen können. "Wie viele Stufen sind das denn?" Ein Blick nach oben lässt mich innerlich zusammenklappen. Meilo ist ebenfalls stehen geblieben und sieht mich amüsiert an. Lacht der mich etwa aus? "Weiß nicht. Ich hab nicht mitgezählt." "Witzig", schnaufe ich und mopse mir die Wasserflasche aus Meilos Rucksack. "Insgesamt sind es 885 Stufen." "Wie viel?!" Und da jagt der mich hoch?! "Hättest du mir das nicht mal vorher sagen können?" "Schon aus der Puste?" Boha! Er lacht! "Sorry. Kann ja nicht jeder so eine Sportskanone sein wie du", zicke ich ihn an, bereue es aber sofort wieder. "War nicht so gemeint", sage ich reumütig. "Ich bekomme nur schlechte Laune, wenn ich erschöpft bin." Oder nicht in Form und dadurch einen schlechten Eindruck bei meinem heißen Date mache. "Es sei dir verziehen. Pause?" "Nein." Ich schüttle entschlossen den Kopf. Diese Genugtuung gönne ich ihm, und vor allem meinem faulen Körper, nicht! "Gehen wir weiter und bezwingen diesen Berg." "Auf dass uns die Götter gnädig sind", frotzelt Meilo und hält mir seine Hand hin. "Ich ziehe dich." Sofort werde ich von neuer Energie erfasst. Wie könnte ich da widerstehen? Händchenhalten wäre somit so gut wie geschafft. Dann kann es bis zum Kuss ja nicht mehr weit sein. *** "Ist die Perspektive nicht arg … unvorteilhaft?" "Findest du?" "Schon irgendwie." Ich lege den Kopf schief. "Ich fände es nicht so toll, wenn mich jeder von unten betrachten könnte." "Hm … Sollen wir das mal testen?" "Wie?" Ich drehe mich zu Meilo rüber, der links neben mir steht. "Ich soll mich nackt da hoch stellen?" "Quatsch!", lacht Meilo. "Da kann dich ja jeder sehen. Den Test würden wir nur unter uns machen." Meilos Augen durchbohren mich. Mir wird leicht schwindelig, was nicht an der Höhe liegt, in der wir uns gerade befinden. "Und wann?", frage ich ihn ungeduldig mit leiser Stimme. "Heute leider nicht", seufzt er. "Aber vielleicht nächste Woche." "Na das hoffe ich doch!" Okay, das war jetzt eventuell zu euphorisch, aber scheiß drauf! Lachend legt Meilo seinen Arm um mich und schaut wieder am Herkules empor, vor dem wir endlich stehen. "Die Kletterpartie hat sich doch gelohnt, oder?" "Hat sie", nicke ich, mustere einen weiteren Moment Meilos Profil und schaue dann zurück über meine Schulter. "Was für einen Aussicht." Man kann hinab bis zur Wilhelmshöher Allee schauen, die sich wie mit einem Lineal gezogen durch einen Teil von Kassel zieht. "Das war eine tolle Idee von dir, hier her zu kommen." "Logisch. Schönes Wetter, gute Höhenluft, ein nackter Muskelprotz. Was will Mann mehr?" "Ich wüsste da schon was", schmunzle ich und lehne mich dichter gegen Meilo. "Ah ja? Was denn?" "Ein schönes eiskaltes Wasser." Damit hat der Herr nun aber nicht gerechnet. Erst guckt er mich leicht perplex an, doch dann zeigt er wieder das alt bewährte Meilo-Lächeln, das ich so sehr an ihm liebe, und setzt sich den Rucksack ab. Ohne ein weiteres Wort reicht er mir eine Flasche. "Die ist aber nicht eiskalt", beschwere ich mich. "Sehe ich aus wie eine Kühltruhe?" "Eher nicht", gebe ich zu. Eigentlich wird mir bei seinem Anblick ziemlich heiß … "Wenn wir unten sind, gebe ich dir ein eiskaltes Wasser aus. Jetzt musst du dich vorerst mit dem begnügen, das ich habe." "Na gut. Dann runter mit dem Zeug." Wir grinsen und an, dann trinke ich und übergebe die Flasche wieder an Meilo, der auch noch einen Schluck nimmt, dann machen wir uns wieder auf den Rückweg. "Hast du genug Fotos gemacht?" "Schätze schon", antworte ich. "Deinen heißgeliebten Gott Herkules habe ich aus allen Blickwinkeln." "Halbgott." "Was?" "Herkules ist ein Halbgott. Seine Mutter war eine Sterbliche." "Oh Verzeihung", entrüste ich mich. "Wie konnte ich das denn bloß vergessen?" Kichernd stupse ich Meilo mit dem Arm an. "Hoffentlich ist er jetzt nicht sauer und schleudert seine Blitze auf mich." "Der mit dem Blitzen war Zeus", klugscheißert Meilo weiter. "Dich haben sie in der Schule oft verprügelt, oder?" "Das bringt es eben mit sich, wenn man so schlau ist", gibt sich Meilo arrogant. Ich schüttle lachend den Kopf. "Eigenlob stinkt." "Ja? Dann mach doch mal den Schnuppertest." "Lieber nicht", sage ich. 'Sonst falle ich noch hier und jetzt über dich her.' "Lieber nicht? Was soll denn das heißen?!" Meilo bleibt stehen. Das Pärchen hinter uns mault und drängelt sich an uns vorbei. Idioten! "Ich will an nichts riechen, das müffelt." Das klang jetzt irgendwie bescheuert, weshalb ich ihm frech zuzwinkere. "Müffelt? Ich müffle doch nicht!" "Na ich weiß nicht ..." "Boha! Komm her!" Meilo greift nach mir. "Wah!" "Riech!" "Meilo! Nicht!" Doch nicht hier! "Erst wenn du sagst, dass ich nicht müffle!", lacht er und hält mich in einer Art Schwitzkasten, wobei meine Nase gegen sein Schlüsselbein gedrückt wird. "Okay, okay", gebe ich japsend nach. "Ich nehms zurück!" Klar müffelt er nicht. Er riecht immer gut. Zum Anbeißen gut! "Geht doch", meint Meilo zufrieden. "War das so schwer?" Ja, aber aus ganz anderen Gründen. Am liebsten würde ich ihn gar nicht mehr loslassen, sondern ihn neben auf die Wiese schubsen und mich auf ihn werfen. Zurückhaltung, Nic. Sei standhaft! Aber auch nicht zu standhaft, was gewisse Bereiche des Körpers anbelangt ... Bevor das jedoch passieren kann, lässt Meilo mich wieder los, und wir nehmen den restlichen Abstieg in Angriff. Man könnte meinen, dass bergab leichter sei als bergauf, allerdings ist selbst bergab zu laufen keine angenehme Sache, wenn man eine längere Strecke zurücklegen muss. Das geht ganz schön in die Knie! Unten, zurück am Neptunbecken, knete mich mir die Kniescheiben durch, bis der unangenehme Druck verschwindet. "Wollen wir uns einen Moment lang auf die Wiese setzen?", fragt Meilo mich. "Oh ja!" Von mir aus auch zwei oder drei Momente lang. Abseits, im Schatten der Bäume, lassen wir uns im Gras nieder. Unwillkürlich muss ich an vorhin denken. Wie leicht es jetzt wäre, Meilo zu überwältigen, und unter mir zu begraben. "Ist das schön hier", seufzt Meilo, der mit mir gegen einen dicken Baumstamm lehnt. Er kramt in seinem Rucksack herum und zieht eine Styroporverpackung raus. "Obst?" Meilo öffnet den Deckel. Akkurat geschnittene Fruchtstücke kommen zum Vorschein. "Das hast du aber hübsch gemacht", schmunzle ich. "Das habe ich vom Hotel fertig machen lassen, bevor ich ausgecheckt habe", verteidigt er sich. "Gut mitgedacht." Lob muss sein. Ich hab ihn heute schon genug geärgert. "Das geht runter wie Öl", schnurrt Meilo und legt seinen Arm um mich. "Hier. Bedien dich." Ein Stück Wassermelone soll es sein. Zum wiederholten Male lehne mich dichter gegen Meilo, kuschle mich an ihn, und lasse den Blick in die Ferne Schweifen. Das Rauschen des Wassers, die vielen Leute ... Irgendwie scheint das plötzlich alles so unglaublich weit weg. Nur der warme Körper an meiner Seite fühlt sich real an. Das Kribbeln und Pochen kehrt zurück. Mein Herz schlägt schneller und meine Haut, die Meilos berührt, glüht regelrecht. Meilo stellt das Obst zwischen uns ins Gras. Diesmal nutze ich die Chance. Nein, ich küsse ihn nicht. Noch nicht, aber unsere Hände liegen extrem günstig, was heißt, ich schiebe meine in seine. Das hier ist richtiges Händchenhalten. Kein 'ich ziehe dich den Berg hinauf' Händchenhalten. Ich traue mich gar nicht zu ihm rüber zu sehen, aber ich spüre seinen Blick auf mir ruhen. Zweifel kommen in mir auf. Will er das nicht? Ist es ihm etwa doch unangenehm? Aber vorhin sah es doch so aus, als ob es ihm nichts ausmachen würde. Als sich seine Hand allerdings fester um meine schließt, und sein Daumen über meinen Handrücken streichelt, erfasst mich Erleichterung. Ich wage es nun doch ihn anzuschauen und hebe den Kopf. Er sieht mich direkt an. Ich lächle und halte seinem Blick stand. Küss mich endlich! Na los! Aber Meilo macht keine Anstalten, mir auch nur im Entferntesten näher zu kommen. Gut, dann muss ich das eben auch selbst in die Hand nehmen. Ich strecke mein Kinn etwas in die Höhe und drehe mich noch ein Stück zu ihm. Sein Lächeln wird breiter und er beißt sich auf die Unterlippe, und ehe ich mich versehe, kommt er mir entgegen. Na wer sagt es denn?! In mir brodeln sofort die Hormone über und ich habe das Gefühl, die Umgebungstemperatur steigt unmittelbar um das Doppelte an. Wir kommen uns immer näher, unsere Augen versinken in denen des Anderen. Gleich … Es fehlt nicht mehr viel … "Ehhhh! Mama!!!" Meilo und ich schrecken auseinander. Unsere Köpfe fliegen herum, starren vor uns auf die Wiese, wo ein kleines Mädchen der Länge nach im Gras liegt und laut nach seiner Mama plärrt. "Oh je", japst Meilo und steht auf. Ich stehe derweil noch total neben mir und versuche mein Hirn wieder in Schwung zu bringen. Wollten wir uns nicht gerade küssen? Mit aufkommender Enttäuschung schaue ich Meilo nach, der soeben an dem plärrenden Kind angekommen ist, und in die Hocke geht. Angepisst fixiere ich das Gör und stehe ebenfalls auf. Sicherheitshalber schnappe ich mir Meilos Rucksack, stecke zuvor die Packung mit dem Obst ein, und hänge ihn mir über die rechte Schulter, dann marschiere ich rüber zu den beiden. Wenn das so weiter geht, bekomme ich nie meinen Kuss! Sicher wachsen mir inzwischen schon graue Haare, so rasant, wie meine Gefühle Achterbahn fahren. Das ist doch nicht zu fassen! "Mama!!!", hickst das kleine Mädchen und liegt noch immer im Gras. Meilo versucht sie zum Aufstehen zu bewegen, doch immer, wenn er das Mädchen berührt, und ihr aufhelfen möchte, schreit sie nur noch lauter. "Wo ist denn deine Mama?", fragt er die Kleine, aber die gibt ihm keine Auskunft. An Meilos Seite, schaue ich mich um. Keine in Panik geratene Mutter, die ihr Töchterlein sucht, weit und breit. "Hast du dir weh getan?" Meilo redet weiter auf die Kleine ein. "Mama!!!" Keine Reaktion. "Sie will zu ihrer Mama", stelle ich sehr fachmännisch fest. "Wie heißt denn deine Mama?" Natürlich bekomme ich auch keine Antwort. "Und jetzt?" "Suchen wir ihre Mama", beantwortet Meilo meine Frage. "Und wie?" "Sie wird hier schon irgendwo sein." Was er nicht sagt. "Bleib du hier, ich frage mich mal durch." Was soll ich? "Meilo, warte mal! Ich …" Zu spät. Entschlossen stampft er davon. "Ich kann doch gar nicht mit Kindern", jammere ich und schaue ihm verdrossen nach. Nun stehe ich da: Meilos schweren Rucksack auf der Schulter, sauer, weil wir uns wegen dem heulenden Kind, dass vor mir im Rasen liegt und den Wasserspielen vor uns bald Konkurrenz macht, immer noch nicht geküsst haben. Ich bin auf der Stelle sofort total überfordert mit der Situation. Was tut man, wenn ein fremdes Kind heulend vor einem liegt und nach seiner Mama schreit? Seufzend stelle ich den Rucksack ab und gehe in die Knie. "Hör auf zu plärren. Deine Mama ist sicher bald da", brumme ich. Inzwischen winselt und hickst es nur noch. "Ey. Lebst du noch?" Aus Ermangelung an erzieherischen Talent piekse ich der Kleinen in die Seite. Daraufhin quietscht sie und rollt sich auf die Seite. Grinsend wiederhole ich das Spiel, mit dem selben Ergebnis. "Sag bloß, du bist kitzelig", lache ich. "Bin ich nicht", schmollt sie und zieht die Nase hoch. "Wenn du meinst", sage ich und setze mich im Schneidersitz neben sie. Knien tut meinen Kniescheiben nach der Belastung des Treppensteigens gar nicht gut. "Wie heißt du?" "Darf ich dir nicht sagen." "Sehr vernünftig", finde ich. "Ich bin Niclas." Ihre verheulten, großen Augen mustern mich skeptisch. "Kannst du aufstehen?" Sie schüttelt den Kopf. "Dann hast du dir doch weh getan." Keine Reaktion, was ich mal als ein Ja deute. Ich begutachte die Kleine. Ihre Knie sind rot, bluten allerdings nicht. Sicher hat sie auch Schrammen an den Händen. Solcherlei Verletzungen hatte ich auch ständig. Ich war ein sehr tollpatschiges Kind. "Das verheilt ganz schnell wieder", versuche ich die Kleine zu beruhigen. Erneut kullern dicke Tränen an ihren Wangen hinab. Wieder seufze ich, greife in den Rucksack und hole das Obst wieder raus. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie die Kleine mich immer neugieriger Mustert, während ich mich an den verschiedenen Obstsorten gütlich tue. "Was ist das?", fragt sie nach einer Weile. "Obst." "Was für Obst?" "Gesundes." Die Stirn der Kleinen legt sich in Falten. "Krieg ich auch was?" Nachdenklich schiebe ich mir eine kleine Erdbeere in den Mund. "Ich weiß nicht", sage ich schmatzend. "Du solltest von Fremden kein Obst annehmen." Bin ich nicht erzieherisch wertvoll? "Warum?" "Aus dem selben Grund, aus dem du mir nicht deinen Namen verrätst", sage ich. "Willst du mir was Böses?" "Nein." Ich schüttle den Kopf. Man kann förmlich sehen, wie es in ihrem kleinen Köpfchen zu arbeiten beginnt. "Wenn Meilo deine Mama gefunden hat, dann fragen wir sie, ob du was vom Obst essen darfst", schlage ich ihr vor, doch ich hätte ihre Mutter nicht erwähnen sollen, denn keine Sekunde später verzieht die Kleine das Gesicht und beginnt schon wieder nach ihrer Mama zu plärren. Super Niclas! Mit Kindern kannst du echt gut umgehen! "Hey! Klappe jetzt!" Ich schnipse eine Weintraube in ihre Richtung. "Deine Mama ist bestimmt nicht weit." Durch die Weintraubenattacke ganz aus dem Konzept gebracht, hört ihr Geplärre tatsächlich wieder auf. Die kleine Traube ist auf dem Saum ihres Röckchens gelandet. Unsicher nimmt sie die Weintraube zwischen Daumen und Zeigefinger. "Ich würde die nicht essen", sage ich. "Warum?" "Weil deine Mama noch nicht da ist." Logisch, oder? Trotz zeigt sich auf dem kleinen Kindergesicht. Ein Happs, und weg ist die Traube. Ich werfe ihr gleich noch eine zu. Nach der dritten Traube, fängt die Kleine meine geworfenen Obststücke gekonnt auf. Als würde man eine Ente füttern. Eine trotzige Ente. "Lina! Da bist du ja!" "Mama!" Eine besorgt dreinblickende Frau kommt auf uns zugeilt. Im Schlepptau: Meilo. Ich packe schnell das Obst weg, bevor mich Linas Mutter erschlägt, weil ich ihr Töchterlein mit Lebensmitteln bewerfe, und stehe auf. Meilo gesellt sich zu mir, während die Kleine in den Armen ihrer Mutter wieder Rotz und Wasser heult. Mädchen sind doch alle gleich. Kein Wunder, dass ich schwul geworden bin. "Danke schön", japst Linas Mutter zu Meilo. "Sie ist einfach weggerannt." "Ich wollte zu dem Waschbär", schnieft die Kleine. "Aber der ist um die Kurve in den Wald rein, und dann bin ich gestolpert." Ein Waschbär war also schuld an Linas Sturz. Ich muss mir ein Grinsen verkneifen, weil das Bild in meinem Kopf einfach zu köstlich ist. Von einem Waschbären ausgetrickst. Hätte auch mir passieren können. Linas Mutter bedankt sich nochmals bei uns, dann trägt sie die Kleine von dannen. "Tschüss Lina", winke ich ihr nach. Und was macht sie? Streckt mir doch tatsächlich die Zunge raus! "Freches Gör!", knurre ich. "Hast dich wohl gut mit ihr verstanden, während ich weg war, hm?", kichert Meilo. "Du ahnst ja gar nicht wie gut." Abermals kichert er und nimmt schließlich den Rucksack an sich. "Wollen wir uns über das restliche Obst hermachen?" "Geht nicht." "Wieso?" "Davon ist nicht mehr viel übrig. Habs an die Kleine verfüttert." Selbst schuld. Er hätte mich eben schon viel früher küssen sollen. *** Natürlich ist Meilo nicht eingeschnappt wegen des Obstes. Er fand es sogar recht lustig, dieser Schuft. Schmunzelnd legte er seinen Arm um mich und meinte, das nächste Mal würde er mehr Essen einpacken, jetzt, da er weiß, dass ich so gern streunende Kinder damit füttere. Ein dummer Kommentar lag mir auf den Lippen, aber ich konnte ihn nicht laut aussprechen. Zu sehr war ich damit beschäftigt gewesen, mich darüber zu freuen, dass es ein nächstes Date geben wird. Und ich hoffe ja mal stark, dass er damit nicht nur unser Treffen nächste Woche gemeint hat, denn dafür braucht er sicher kein Obst für einzupacken. Nach diesem kleinen Zwischenfall beschlossen wir, uns auf den Rückweg zu machen. Es gab im Park noch viel mehr Wasserfälle und Fontänen zu sehen. Klar, dass wir uns das nicht entgehen lassen wollten. In der Nähe der Neptungrotte machten wir einen kurzen Halt an einer Gaststätte, tranken das von Meilo versprochene eiskalte Getränk, dessen stolzer Preis Meilo wieder bezahlen durfte, und gingen so gestärkt weiter. Kurzzeitig hatte ich Angst, dass wir uns verlaufen, denn Meilo nahm einen abzweigenden Weg nach dem Anderen. Als wir jedoch vor dem Fontänenreservoir standen, wusste ich wieder wo wir waren. Wir umrundeten es halb und machten uns auf den Weg zur Teufelsbrücke, die wir noch unbedingt sehen wollten. "Wahnsinn", staunte ich und betrachtete das Wasser, dass unter der Brücke wasserfallartig nach unten rauschte. Wie laut das war! Überall Farne und Moos. Wären die vielen Leute nicht gewesen, hätte man sich hin und wieder wie in einem Urwald fühlen können. Selbstverständlich mussten wir auch die Brücke betreten. Oben war im wahrsten Sinne der Teufel los. Ob daher der Name kam? Leute drängten sich an dem Geländer und ich war kurz versucht, wieder umzudrehen, und ich hätte das auch getan, hätte Meilo nicht meine Hand geschnappt und mich mit sich gezogen. Wir ergatterten uns sogar einen Platz am Geländer, was mir dann jedoch gar nicht geheuer war. Ich klammerte mich an Meilo und wagte kaum runter zu schauen. "Foto?" "Mach du", rief ich ihm zu und gab ihm sein Handy. Mit einer Hand ging das allerdings nicht, und er musste mich loslassen. Mir wurde schwindelig und das Geländer musste zum Festklammern herhalten. Ich schloss die Augen und zwang mich, nicht daran zu denken, wo ich gerade stand. Es half nicht wirklich, und ich war heil froh, als Meilo mich wieder an der Hand weiterzog, runter von der Brücke. Wir landeten wieder an der Plutogrotte und beobachteten das Spektakel an der Brücke von sicherer Entfernung aus. "Hast du Höhenangst?", wollte Meilo schließlich von mir wissen. "Nur, wenn ich auf Brücken stehe, die voll mit Menschen sind", antwortete ich. "Du hast gezittert." "Mir war kalt", log ich. "Ah ja", grinste Meilo, der mir nicht zu glauben schien. "Ist dir immer noch kalt?" "Nö." "Schade", seufzte er. "Dann rubble ich dich eben nicht warm." Ein frecher Augenaufschlag, und Meilo marschierte weiter. "Äh … Warte doch!" So ging es mehr oder weniger weiter. Meilo und ich verstanden uns blendend und er hatte immer einen Scherz auf den Lippen, oder gab mit seinem Wissen an. Wir kamen am Höllenteich vorbei, machten einen Schlenker zum Aquädukt, wo wir wieder vor einem Wasserfall standen, der von einer Art römisch anmutenden Ruine hinabstürzte, liefen an den Peneuskaskaden entlang, an dessen Ende wir wieder auf den Apollotempel stießen. In dem Becken davor, sprudelte die große Fontäne empor. "Lass uns auf die andere Seite gehen", schlug Meilo vor und zog mich abermals mit sich, bis wir auf der anderen Seite des Beckens standen. Von dort aus hatten wir einen wundervollen Blick bis hinauf zum Herkules. Atemberaubend, sage ich euch. Die Szenerie schrie geradezu nach albernen Selfies. Gedacht, getan. Mein Ziel, den Speicher von Meilos Handy mit lauter Fotos voll zu bekommen, rückte in erreichbare Nähe. Nachdem die Fontäne sich ihrem Ende zuneigte, schlenderten wir weiter. "Was hältst du davon, wenn wir einen Bogen laufen, und dann erst Richtung Parkplatz?", fragte Meilo mich. "Gern. Gibt es da noch etwas zu sehen?" "Den Lac. Ein großer Teich, in den das Wasser fließt, dass oben am Herkules gestartet ist." "Dann auf zum Lac", verkündete ich, schnappte mir wie selbstverständlich Meilos Hand und lief mit ihm den Weg weiter entlang. Und da sind wir nun, und stehen vor eben jenen Teich. "Der sieht groß aus. Wollen wir den echt umrunden?" "Warum nicht? Oder willst du wieder nach Hause fahren?" Ganz sicher nicht! "Nein, ich habe Zeit." "Wunderbar", strahlt Meilo und setzt sich wieder in Bewegung. Allerdings nicht am See entlang, sondern wir laufen erneut einen schönen schattigen Weg entlang. Ausnahmsweise sind wir ganz allein. Jedenfalls sehe ich keinen anderen Parkbesucher weit und breit. Die Vögel zwitschern, ansonsten ist es ruhig. 'Die Gelegenheit', denke ich, und schaue mich um, bis ich ein Fleckchen Erde erblicke, der perfekt ist. "Warte mal Melio", stoppe ich und zeige zu der Stelle. "Ich will von dort noch ein paar Fotos machen." Notlüge, aber effektiv. "Noch mehr?" "Die Speicherkarte ist noch nicht voll", lache ich und verlasse mit ihm im Schlepptau den Weg. Wir kommen an einer kleinen Anhöhe an, von wo aus man einen tollen Blick zum Museumsgebäude und den See hat. Das Museum liegt höher, während der See in einer Senke vor uns liegt. Ich stelle mich auf eine Wurzel eines Baumes, um ein Stück höher zu stehen, und knipse ein paar Alibifotos. Meilo steht direkt neben mir. Leider gilt seine Aufmerksamkeit bloß der Umgebung. Eigentlich hatte ich mir erhofft, sobald wir allein und abseits sind, würde er die Initiative ergreifen, doch da habe ich anscheinend falsch gehofft. Ich senke die Hand, mit der ich das Handy halte, und mustere Meilo. Das bemerkt er natürlich und sieht mich fragend an. "Fertig?" Das hat er mich jetzt nicht wirklich gefragt! "Langsam aber sicher bin ich das", knurre ich. Meilos Stirnrunzeln bringt mich zum Seufzen. "Alles okay? Durst?" "Nein, ich habe keinen Durst!" Meine Geduld droht überzulaufen. Entweder er will nicht, oder er kapiert es wirklich nicht. "Hunger?" Okay. Das Fass ist soeben übergelaufen. "Scheiße Meilo!", zische ich. "Küss mich endlich, verdammt nochmal!" In der Sekunde, in der ich diesen Satz ausgesprochen habe, bereue ich ihn auch schon wieder. Shit, wie peinlich! Wie konnte mir denn das nun wieder herausrutschen? Ich schließe die Augen und suche nach einer Erklärung für meinen Ausbruch, doch plötzlich legen sich zwei Arme um meine Taille. Und gerade, als ich die Augen wieder öffne, um nachzuschauen, was Meilo da tut, keuche ich auch schon überrascht gegen seine Lippen. 'Na endlich!', schießt es mir durch die Gedanken und mit einem Mal sieht auch mein Verstand ein, dass jeder Widerstand, Meilo zu widerstehen, zwecklos ist. Mir fallen abermals die Augen zu. Mein Kopf füllt sich mit zuckersüßer Watte und jede Zelle meines Körpers scheint zu exportieren. Es fühlt sich beinahe so an, als sei dies hier unser erster Kuss, was er ja nicht ist, dennoch habe ich das selbe Flattern in der Brust, und das Rumoren in meinem Bauch, wie damals, als Meilo zu mir ins Bett geklettert kam, und mich das erste Mal geküsst hat. Es ist unbeschreiblich! Ich fühle mich, als würde ich in Meilos Armen zerfließen und gleichzeitig wie Herkules persönlich. Stark, unbezwingbar und voll des Drangs, mir auf der Stelle die Kleidung vom Leib zu reißen. Meilos am besten gleich mit, bevor wir beide uns ins Gras fallen lassen und das tun, was wir in meinen Träumen jede Nacht miteinander tun. Ich weiß natürlich, dass das hier nicht geht, aber die Vorstellung an sich ist schon mehr als gut. Ich höre, wie Meilo leise seufzt, und sich danach seine Lippen teilen. Seine Zunge muss erst gar nicht groß bitten, damit ich sie in meine Mundhöhle einlasse. Ebenfalls seufzend empfange ich sie, umkreise sie mit meiner Zunge und sauge an ihr, bis wir das Spielchen in Meilos Reich fortsetzen. "Oh Mann", keucht Meilo nach einer Weile, als wir dringend wieder Luft holen müssen. "Wieso haben wir den halben Tag lang hierauf gewartet?" "Das wüsste ich auch gern", japse ich. "Das nächste Mal küsse ich dich sofort." "Ich bitte drum." Und wehe, er wartet wieder so lange damit, mir die Luft aus den Lungen zu saugen. "Nic? Darf ich wieder ein kleines Andenken auf deiner Haut hinterlassen?" "Ein Andenken?", kichere ich. Just in diesem Moment macht es bei mir Klick. "Einen Knutschfleck?" "Vielleicht auch zwei", schmunzelt Meilo und zupft mit dem Zeigefinger den Kragen meines Shirts ein Stück nach unten. Er wartet gar nicht meine Antwort ab, sondern presst gleich seine Lippen unterhalb meines Schlüsselbeins auf die Haut. Selbstredend habe ich nichts gegen ein paar Knutschflecken. Jetzt nicht mehr ... "Schon fertig", schmunzelt Meilo, als er mir anscheinend seiner Meinung nach genug Flecken hinterlassen hat. "Schon?" "Hmhm", nickt er. "Aber denk dran. Ich zähle sie nächste Woche nach und vergewissere mich, dass da nicht noch mehr hinzugekommen sind." "Keine Sorge. Ich passe auf, dass meine anderen Lover mir keine Knutschflecken hinterlassen." Eigentlich war das als Scherz gemeint, doch Meilo sieht plötzlich gar nicht mehr so glücklich aus. "Das war ein Scherz!", lache ich deshalb. "Du bist der Einzige, der an meiner Haut herumsaugen darf." "Wirklich?" "Wirklich", bestätige ich, wobei mir erst nach und nach klar wird, was das bedeutet. Aber noch bevor ich darüber nachdenken kann, ob es jetzt gut oder schlecht war, was ich von mir gegeben habe, reibt sich Meilo auch schon wieder an mir und wischt alle Überlegungen beiseite. Das Einzige, dass noch durch meinen Verstand geistert, ist: Was solls? Es ist doch die Wahrheit! "Wenn das so ist", wispert Meilo "sollen wir jetzt wieder weiter oben weiter machen?" "Unbedingt!", pflichte ich ihm bei und bin umgehend wieder damit beschäftigt, an Meilos Lippen zu knabbern. Eins ist klar. So schnell lasse ich ihn nicht mehr gehen. Weder jetzt beim Knutschen, noch aus meinem Leben. Und dass er das auch möchte, das muss er mir noch nicht mal sagen. Dazu langt es zu spüren, wie er mich begehrlich gegen den Baumstamm hinter mir drückt. *** Grillen zirpen. Die Sonne ist schon untergegangen. Nur der etwas hellere Himmel am Horizont lässt erahnen, dass die Sonne vor kurzem noch geschienen hat. "Es kühlt ab", murmelt Meilo, der neben mir auf der Parkbank sitzt. Er hat seinen Arm um mich gelegt und ich habe meinen Kopf auf seine Schulter gebettet. "Ja", antworte ich mit einem unschönen Grummeln im Bauch. Ich weiß, was bald kommen wird. Wir werden uns voneinander verabschieden müssen. "Noch bis die Sonne untergegangen ist. Dann wird es Zeit für mich", hat Meilo vorhin gesagt, als wir am Parkplatz angekommen sind. Wir sind daraufhin noch ein Stück gelaufen, bis wir die Bank entdeckten, und es uns auf ihr gemütlich gemacht haben. Und nun ist es also soweit. Die Sonne ist untergegangen, Meilo muss los und wir müssen aufbrechen. Ich schließe die Augen und schmiege mich noch dichter an Meilo. Meine Brust schnürt sich zu, wenn ich daran denke. Ich will mich noch nicht von ihm verabschieden! Das inzwischen auch endlich mein Verstand eingesehen hat, dass jeder Einwand zwecklos ist, und dass ich diesen Mann liebe, macht es mir nur noch schwerer, Meilo wieder gehen zu lassen. Noch schwerer, als damals, nach unserer ersten Nacht auf Edies Hof. Meilo tupft mir einen Kuss auf den Kopf und dann kommt, was kommen muss: Er steht auf. "Jetzt schon?", frage ich ihn, obwohl ich die Antwort bereits kenne. "Leider ja." Und trotzdem tut mir die Antwort weh. Dennoch setze ich ein künstliches Lächeln auf und nicke. "Wir sehen uns ja nächste Woche wieder." "Eben", lächelt Meilo zurück und umarmt mich. "Und bis es soweit ist, schicke ich dir die Bilder von heute." "Dafür wird dein ganzes Datenvolumen draufgehen", kichere ich. "Mein Hotel hat gratis W-Lan." "Hätte ich das gewusst, hätte ich noch mehr Bilder gemacht." "Noch mehr? Du warst doch die ganze Zeit über nur am knipsen." "Nicht die ganze Zeit über", grinse ich und schaue ihn vielsagend an. "Es gab auch Momente, in denen mir die Fotos vollkommen schnuppe waren." "Ach ja? Welche den?" "Weißt du das nicht mehr?" "Nicht so genau." "Dann frische ich dein Gedächtnis besser mal auf ...", säusle ich ihm zu und hebe meinen Kopf leicht an. Himmel, kann der küssen! Der Weg zurück zum Parkplatz ist für meinen Geschmack viel zu kurz und wir sind schneller an Meilos Auto angekommen, als mir lieb ist. Wenigstens bleibt uns noch die Fahrt zurück zu meinem Wagen, aber auch die dauert nicht lange. Meilo hat neben mir geparkt, denn der Parkplatz der Gaststädte ist so gut wie leer. Als ich aussteige, und Meilo ebenfalls nochmal aussteigt, lande ich sofort wieder an seiner Brust. "Mach's gut. Und fahr vorsichtig", flüstert er mir ins Haar. "Du auch." Meine Umarmung wird fester, während ich den Tag nochmal Review passieren lasse. Und dabei fällt mir ein, dass ich mich noch gar nicht bei ihm dafür bedankt habe. "Danke für den tollen Tag. Er war wirklich schön." "So schön, dass wir das irgendwann wiederholen sollten?" Höre ich da etwa leichte Unsicherheit aus Meilos Stimme heraus? "Logisch sollten wir das!", sage ich voller Inbrunst. "Am liebsten gleich morgen wieder, aber das geht leider schlecht." "Na ja. Das ginge schon." "Wirklich?" Ich bin auf einmal ganz aufgeregt. "Das Problem ist nur, du wärst dann die meiste Zeit über allein, weil ich arbeiten bin." "Oh." Nach einem kurzen Hoffnungsschimmer die Enttäuschung. Natürlich muss er arbeiten. Dazu fährt er ja nach Frankfurt. "Ich hätte eh nicht mit gekonnt", versuche ich uns beide zu trösten. "So lange Fahrten kann ich mir bei meinen finanziellen Verhältnissen im Moment nicht leisten." Traurig blicken wir uns in die Augen. "Wir sehen uns ja in einer Woche wieder. Halb so schlimm." Habe ich das vorhin nicht schon mal gesagt? "Genau. Und denk an die Fotos." "Genau", lache ich und werde erneut an Meilos Körper gezogen. Fest pressen wir uns aneinander. Meilos Hände liegen auf meinem Rücken und streicheln mich dort sanft. Ich könnte ewig so stehen bleiben. "Okay Sweety! Es hilft nichts, ich muss." Nein! Ich mag ihn nicht loslassen! Jetzt noch nicht! Ich klammere mich noch fester an ihn, als ob das was bringen würde, und höre Meilo leise lachen. Eine seiner Hände rutscht plötzlich tiefer und verpasst meinem Po einen Klaps. "Ups", gluckst er frech. Nun löse ich mich doch ein Stück von ihm und schaue geradewegs in sein noch immer grinsendes Gesicht. "Nix ups! Da gehst du mir endlich an die Wäsche, und dann müssen wir uns voneinander verabschieden", schimpfe ich halbherzig. "Schäm dich!" Meilo lacht auf und verpasst mir noch einen Knuff. Mehr! "Warte nur bis nächste Woche. Dann bist du fällig." "Versprochen?" "Hoch und heilig." "Wehe, wenn nicht", zische ich, raube ihm noch einen stürmischen Kuss und setze mich danach schnell in mein Auto, bevor ich ihn gar nicht mehr loslassen kann. ****** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)