Zeitenriss von Emerald_Phoenix ================================================================================ Kapitel 1: Zeitenriss --------------------- Es war furchtbar. Der Tag hatte in einer Katastrophe gemündet, bevor er überhaupt halb um war. Das Mädchen mit den blonden Haaren und auffälligen Zöpfen starrte ungläubig auf das Bild, das sich ihr bot. Nur ein paar Minuten zuvor war noch alles in Ordnung gewesen, aber jetzt war dort nichts mehr als eine dickflüssige, lauwarme Masse. Ihr Eis war innerhalb von Minuten geschmolzen. Die Bedienung des Eiscafés hatte sie noch gewarnt, dass bei der Hitze heute das Eis sofort anfangen würde zu schmelzen, wenn es erstmal aus der Truhe kam. Aber wer hätte denn ahnen können, dass es so schnell schmelzen würde. Die Klimaanlage des Cafés hätte ebenso gut aus sein können. Es war schon die ganze letzte Woche sehr warm gewesen, aber heute war es unerträglich heiß. Nach einem tiefen Seufzen legte Usagi den Löffel weg und trank kurzerhand das, was einmal ein Schoko-Minze-Becher gewesen war. Selbst die Schokosplitter waren schon dabei zu schmelzen. Das Mädchen bezahlte, nahm ihren hellblauen Wagasa mit Kirschblütenmuster und machte sich auf den Weg nach Hause. Mamoru hatte ihr den Schirm von seiner letzten Reise nach Kanazawa mitgebracht. Usagi seufzte. Die Sommerferien versprachen bisher brütende Hitze und Langeweile ohne Ende. Mamoru arbeitete in den nächsten Wochen neben seinem Studium im Krankenhaus. Bei der aktuellen Hitzewelle hatten sie dort viel zu tun. Amy hatte von der Universität eine Einladung zu einem Sommer-Kolloquium bekommen, das vier Wochen dauern würde. Makoto hatte sich für ein Karate-Trainingscamp für Kinder freiwillig gemeldet. Rei war zu einem befreundeten Priester nach Fukuoka gefahren, dem es gesundheitlich nicht so gut ging und der sie daher um Hilfe bei der Tempelarbeit gebeten hatte. Minako war mit der Volleyballmanschaft der Juuban High School in einem Trainingscamp, um sich auf die anstehende nationale Meisterschaft vorzubereiten. Chibiusa war zurück in der Zukunft und sie erwarteten nicht, dass sie so schnell zurückkehrte. Das junge Mädchen blieb stehen und sah in den wolkenlosen, strahlend blauen Himmel. Sie war sehr stolz auf Mamoru und ihre Freundinnen, aber sie fehlten ihr sehr. Ursprünglich hatte sie in den Ferien in einem Kindergarten jobben wollen, damit ihr die Zeit nicht zu lang wurde. Ein Wasserrohrbruch in der Einrichtung und die Hitzewelle hatten ihren Plan allerdings durchkreuzt. Sie seufzte erneut und rieb sich mit der freien Hand den Schweiß von der Stirn. Usagi sah sich um. Die Menschen hielten sich so gut es ging im Schatten auf. Ihr Blick blieb an einem jungen Mann haften, der etwa in Mamorus Alter sein mochte. Er machte einen verwirrten Eindruck auf sie und als er sich umdrehte traute sie ihren Augen nicht. „Entschuldige bitte, junges Fräulein. Könntest du mir sagen, wie ich von hier aus zum Asakusa-Schrein komme?“ Das Mädchen drehte sich um. Eine ältere Frau mit einem roten Wagasa, ihrem Aussehen und dem starken Akzent in ihrem Japanisch nach offensichtlich Ausländerin, war an sie herangetreten. „Ja, nehmen Sie die Ginza-Linie der Tokyo Metro bis zum Bahnhof Asakusa. Die U-Bahn fährt von der Station dort drüben aus.“ Usagi deutete in die Richtung der Station. „Vielen Dank.“ Die Frau machte sich auf den Weg zur U-Bahn-Station und Usagi sah sich nach dem Mann um, doch er war verschwunden. Vielleicht hatte sie sich das auch nur eingebildet. Bei der Hitze konnte einem der Verstand schon mal einen Streich spielen. Wahrscheinlich sah er ihm nur sehr ähnlich. Es konnte schließlich nicht sein, dass er hier war. Sie überlegte einen Moment. Die Schwimmbäder waren hoffnungslos überfüllt. Überhaupt jeder Ort, wo es nur etwas Kühlung versprach dürfte bereits vollkommen überfüllt sein. Das Café war auch voll gewesen. Usagi hatte die Wahl entweder nach Hause oder zu Mamorus Wohnung zu gehen. In Mamorus Wohnung gab es eine Klimaanlage und vielleicht würde er doch noch früher von seiner Schicht zurückkommen. Sie rief kurz zu Hause an, um ihrer Mutter Bescheid zu sagen, dass sie bei Mamoru übernachten würde und machte sich dann auf den Weg. Es war bereits spät, als Mamoru sie auf dem Handy anrief. „Wo bist du gerade?“ Er klang erschöpft. „Bei dir zuhause, hier ist es nicht ganz so brütend heiß wie draußen. Auch wenn ich bemängeln muss, dass deine Klimaanlage nicht besonders gut ist.“ Usagis gespielt empörter Ton ließ ihn auflachen. „Ich bitte um Vergebung, königliche Hoheit. Bei den Temperaturen macht wahrscheinlich die beste Klimaanlage schlapp. Sogar hier im Krankenhaus bringen sie kaum was.“ „Wie viel ist denn heute los bei euch? Kommen viele Patienten mit Kreislaufproblemen?“ Sorge lag in ihrer Stimme. Mamoru machte die Arbeit gerne, aber sie bekam mit, wie sehr es ihn manchmal mitnahm, wenn es im Krankenhaus nicht so gut lief und ein Patient verstarb. Er half zwar nur aus, hatte aber viel Patientenkontakt. „Es sind leider einige. Meistens ältere Menschen, die zu wenig gegessen oder getrunken haben. Aber auch ein kleines Mädchen haben sie vorhin eingeliefert. Sie hat schweres Asthma und das Wetter macht ihr ziemlich zu schaffen.“ „Das hört sich schlimm an. Hoffentlich geht es ihr bald besser…und den anderen natürlich auch.“ „Heute Abend soll es ja Gewitter und Regen geben, dass wird hoffentlich etwas Abkühlung bringen, auch wenn es dann ziemlich schwül werden dürfte.“ „Im Wetterbericht haben sie vorhin gesagt, dass es jetzt wieder kühler werden soll. Morgen sollen es nur 31 Grad werden und übermorgen 28 Grad. Am Wochenende soll es richtig schütten und dann soll das Hoch auch erstmal vorbei sein.“ Usagi hatte sich ans Fenster im Wohnzimmer gestellt und sah hinaus auf die Straßen. An manchen Stellen schienen die Straßen nass zu sein, so sehr täuschte die Hitze im Zusammenspiel mit dem Licht. Es waren nun mehr Leute zu sehen, weil die Sonne fast untergegangen war und nicht mehr so unbarmherzig vom Himmel schien. „Das ist gut. Ich werde heute allerdings im Krankenhaus bleiben, weil zwei der Pflegekräfte ausfallen. Es sind sonst nicht genug Leute für die Nachtschicht da.“ „Das ist schade. Überanstreng dich nicht bei der Hitze.“ „Ich pass schon auf. Vergiss nicht genug zu trinken, Usako.“ „Ja Papa, mach ich schon die ganze Zeit.“ Usagi verdrehte die Augen. „In Ordnung. Tut mir leid, dass es heute nicht mehr klappt. Wir holen das nach, versprochen. Bis später, Usako.“ „Bis später.“ Einen Moment war Usagi enttäuscht, dass Mamoru heute nicht mehr nach Hause kommen würde. Ein Blick auf die Uhr verrät ihr, dass es schon halb sieben war. Eine Dusche würde ihr jetzt bestimmt gut tun und danach irgendwas, wobei man sich möglichst wenig bewegen musste. Nach der Dusche sah sie sich noch einen Film an, bevor sie auf dem Sofa einschlief. Alles um sie herum war dunkel. Plötzlich hörte sie eine Stimme. „So hör mir doch zu! Bitte!“ Es war die Stimme eines Mannes. Sie kam ihr bekannt vor, weshalb Usagi vorsichtig der Stimme folgte, obwohl sie noch immer nichts sehen konnte. Der Boden schien aus Stein zu sein und sie konnte ihre Schritte wiederhallen hören. War sie in einer Halle? Die Art, wie ihre Schritte wiederhallten ließen sie einen großen Raum oder ähnliches vermuten. „Ich sage die Wahrheit! Er hat uns die ganze Zeit belogen!“ Sie musste dem Sprecher jetzt schon sehr nahe sein, sah aber noch immer nicht mal die Hand vor den Augen. Woher kannte sie diese Stimme nur? Usagi war sich sicher, sie schon einmal gehört zu haben und irgendetwas in ihr verkrampfte sich. Eine dunkle Vorahnung stieg in ihr auf. „Er benutzt uns nur, siehst du das denn nicht? Diamond, bitte! Wiseman wird uns noch alle in den Tod führen, wenn wir jetzt nicht aufhören!“ Saphir! Es war seine Stimme und plötzlich wurde Usagi bewusst, wen sie heute auf der Straße zu sehen geglaubt hatte. Der Mann, der so verwirrt ausgesehen hatte, er hatte genauso ausgesehen wie Saphir. Plötzlich wurde es hell und Usagi musste sich die Hand vor die Augen halten, um nicht vollends geblendet zu werden. Sie sah den schattenhaften Umriss eines Mannes vor sich, bevor das grelle Licht nachließ und sie sich in einem riesigen Saal wiederfand. Alles war aus großen Steinblöcken gebaut und sie konnte gerade noch die Decke erkennen, so hoch war der Raum. Außer ihr und Saphir war niemand im Saal. Der junge Mann drehte sich zu ihr um und sah ihr direkt in die Augen. „Ich gehöre nicht hierher!“ Saphirs Stimme klang gleichermaßen verzweifelt und befehlend. Noch bevor Usagi etwas erwidern konnte, brach der Boden unter ihren Füssen weg und sie fiel. Sie spürte, wie ihr Körper in die Tiefe gezogen wurde und ein spitzer Schrei entfuhr ihr, bevor ihr Fall mit einem schmerzhaften Ruck endete. Die Haut an ihrem Arm brannte und war schmerzhaft angespannt, wo jemand nach ihr gegriffen und zunächst keinen richtigen Halt gefunden hatte, bevor sich der Griff um ihr Handgelenk festigte. Unter sich sah sie jetzt ein unheimliches rotes Flimmern und etwas schien ihr den Atem zu stehlen. Ihre Brust schmerzte vor Anstrengung, noch irgendwie Luft zu bekommen. Schließlich sah sie nach oben. Saphir hatte ihren Arm fest gepackt. „Ich darf nicht hier sein! Wenn ich bleibe, werden alle sterben! Bitte!“ Bevor Usagi fragen konnte, was er meinte, ließ er plötzlich ihren Arm los und sie stürzte in die Tiefe. Etwas schien ihren Körper auseinanderreißen zu wollen und mit einem Schrei wachte sie auf. Es dauerte eine Weile, bis sie registrierte, wo sie war. Sie war in Mamorus Wohnung. Im Wohnzimmer war es hell. Der Mond schien in das Zimmer und sie konnte die Einrichtung gut erkennen. Der Fernseher hatte sich in den Stand-By-Modus versetzt. Eine kleine blau blinkende LED signalisierte den Ruhezustand. Sie musste noch während dem Film eingeschlafen sein. Sie rieb sich erst den Arm und dann die Schulter. Verwundert sah sie auf die Stelle, an der Saphir ihren Arm ergriffen hatte. Es schmerzte, als ob das alles wirklich passiert war. Usagi stand auf und ging zum Fenster. Der Vollmond spendete genug Licht, dass sie die gerötete Haut an ihrem Handgelenk erkennen konnte. Das war doch nur ein Traum gewesen! Hatte sie selbst so feste ihren Arm gegriffen? Ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihr breit. Sie ging zurück zum Sofa und nahm ihr Handy von dem kleinen Tisch, der danebenstand. Sie hatte das Gerät schon entsperrt und wollte gerade Mamorus Nummer anwählen, als sie innehielt. Es war nach zwei Uhr am Morgen. Sie war nicht sicher, ob er überhaupt wach war, nur weil er eine zusätzliche Schicht übernommen hatte. In solchen Fällen schlief er manchmal im Ruhezimmer für Mitarbeiter, wo er dann auch bei Bedarf geweckt wurde. Wenn er schlief, dann hatte er es auch dringend nötig. Usagi legte ihr Handy wieder weg und setzte sich auf das Sofa. Alles hatte so real gewirkt und ihre Schulter fühlte sich auch so an, als hätte sie jemand mitten im Fall plötzlich festgehalten. Von ihrem Arm ganz zu schweigen. Sie dachte an ihre Begegnung am Mittag zurück. Der Mann war Saphir gewesen. Sie war sich dessen jetzt ganz sicher. Aber er war tot! Wie war das möglich? Sie stand auf und ging ins Schlafzimmer. Obwohl es eigentlich viel zu warm sein musste, war ihr plötzlich ziemlich kalt und sie legte sich ins Bett unter die Decke. Es musste ein Traum sein. Wenn es kein Traum war, dann verhieß das ganze nichts Gutes. Lange wälzte sie sich im Bett von einer auf die andere Seite, bis sie schließlich wieder in einen unruhigen Schlaf fiel. *** „Also ich finde den Ton zu hoch.“ Haruka schmunzelte. Ohne sich irritieren zu lassen zeichnete sie noch ein paar Noten auf das Notenblatt, bevor sie sich nachdenklich mit dem Stift am Kopf kratze. „Ich finde er passt sehr gut. Vielleicht solltest du deine Noten einfach mal anpassen.“ Die blonde Frau grinste ihre Freundin herausfordernd an. „Meine Töne sind perfekt.“ Michiru lächelte, nahm Haruka den Stift ab und zeichnete oberhalb von Harukas Noten ein paar Notenlinien mit anderen Noten. „Probiere es doch mal so.“ „Jetzt gleich?“ Haruka klappte provokativ den Tastaturdeckel des Klaviers hoch und legte eine Hand auf die Tasten, als sie einen Schrei vernahmen. „Hotaru!“ Die beiden Frauen stürzten aus dem Zimmer, liefen zum Gästezimmer und Michiru schaltete das Licht ein. Hotaru saß Kerzengerade im Bett, schwer atmend und der Schweiß rann ihr Gesicht herab. Ihre Augen waren vor Schreck geweitet und sie klammerte sich an die dünne Decke, als wäre sie ihr einziger Halt. Haruka setzte sich auf die Bettkannte und berührte sie vorsichtig an der Schulter. „Hotaru?“ Es dauerte eine Weile, bis das Mädchen aus ihrer Schockstarre erwachte und sie ihren Blick auf Michiru richtete, die nun ebenfalls neben dem Bett stand. „Das Ende ist nah.“ „Das Ende? Was hast du gesehen?“ Michiru gefiel nicht, was Hotaru da sagte. Visionen der Kriegerin der Stille waren selten ein gutes Omen. „Zerrissen…der Strom wird zerrissen…Tote werden lebendig und Lebende werden ausradiert. Vergangenes wird zur Gegenwart und die Zukunft wird vergessen. Erinnerungen werden ausgelöscht und die Realität verdreht. Die Zeit zerfällt…der Raum zerbricht…der Zeitstrom verzerrt…“ Hotarus Blick war abwesend und eine Weile war es still im Raum, während die beiden Frauen versuchten, die Vision des Mädchens zu entschlüsseln. Eine sanfte Melodie riss Haruka aus ihren Gedanken und sie nahm ihr Handy aus der Tasche. „Haruka, kommt sofort zum Yoyogi Koen.“ Setsunas Stimme war ernst und die Anspannung deutlich herauszuhören. „Wir sind unterwegs.“ *** Im Park war es fast still. So früh am Morgen war noch kein Mensch hier unterwegs. Ein unheimliches leises Knistern und Knacken durchbrach die Stille und die Quelle der Geräusche waren nicht die Bäume, die an dieser Stelle den weitläufigen Rasen säumten. Eine Frau mit einem Stab in der Hand und in einem selbst für eine warme Sommernacht auffälligem Outfit beobachtete das Geschehen. Ein seltsames Lichtfragment blitzte immer wieder zwischen ein paar Bäumen auf und verschwand dann wieder. Sailor Pluto versuchte vergebens mit ihrem Schlüsselstab den Zustand des Fragments zu stabilisieren. Schritte näherten sich, doch sie drehte sich nicht um. Die Geschwindigkeit, mit der sie sich näherten verrieten ihre Urheber. Einen Moment später standen zwei Frauen und ein Mädchen neben ihr. „Was ist das?“ Für einen Moment hatte Sailor Uranus das Lichtfragment gesehen und irgendetwas schien darin sichtbar gewesen zu sein. Aber es war zu kurz gewesen, um wirklich etwas zu erkennen. „Ein Riss im Raum-Zeit-Kontinuum.“ Wieder blitzte das Fragment auf und einen Moment lang schien es sich zu stabilisieren, bevor es wieder verschwand. „Ein Riss? Kannst du ihn schließen?“ Sailor Neptun sah sich um. Außer ihnen schien niemand hier zu sein. Ein Riss im Raum-Zeit-Gefüge war nicht gut. Zumindest erklärte das einen Teil von Hotarus Vision. „Ich kann den Riss nicht einmal stabilisieren und solange ich das nicht schaffe, kann ich ihn nicht schließen.“ Sailor Saturn ging einige Schritte vorwärts und hielt ihre Gleve schließlich in die Nähe des Fragments, ohne es jedoch zu berühren. Ein Summen erklang das lauter wurde, je näher die Klinge der Waffe an das Fragment kam. „Du kannst ihn nicht schließen und auch nicht stabilisieren. Nicht hier und nicht ohne die Quelle.“ „Was siehst du, Saturn?“ Pluto sah sie besorgt an. Das Mädchen hatte ausgesprochen, was sie schon eine Weile befürchtet hatte. „Finsternis…da ist etwas…etwas mit rot darin, aber ich erkenne es nicht. Es ist die Ursache für die Risse.“ „Die Risse?“ Uranus sah sich um. Hier gab es nur diesen Riss und wenn Saturns Worte stimmten, gab es noch mehr. Saturn drehte sich um und sah sie ernst an. „Es gibt noch mehr und sie beginnen das Raum-Zeit-Gefüge zu zerreißen. Es hat schon begonnen. Tote kehren zurück und Zukünftiges verschwindet.“ Plutos Griff um ihren Stab verstärkte sich. „Wie meinst du das?“ Neptun sah zur Hüterin von Raum und Zeit. „Sie meint genau das, was sie sagt. Tote sind aufgrund dieser Risse zurückgekehrt. Ich kann nicht sagen wer oder welche Gestalt sie haben. Ich weiß nicht einmal, ob sie als Monster oder Menschen wiedergekehrt sind. Die Zukunft verändert sich bereits. Der Kristallpalast bekommt Risse, das kann ich sogar in dieser Zeitebene spüren.“ Neptun nahm ihren Spiegel zur Hand und sah hinein. Da war ein Schatten und dann war da noch ein zweiter. Für einen Moment blitzten etwa ein halbes Dutzend kleiner Lichter auf. „Was machen wir jetzt? Wir können den Riss doch nicht einfach da lassen. Der dürfte selbst bei Tageslicht nicht zu übersehen sein und wer weiß was passiert, wenn dem Ding jemand zu nahe kommt.“ Uranus sah Pluto fragend an. Niemand konnte die Auswirkungen eines derartigen Risses besser einschätzen als sie. „Ich kann nur versuchen, mit einem Ablenkungszauber jeden von hier fernzuhalten. Aber bei einem derartigen Riss gibt es keine Garantie, dass es funktioniert oder wie lange es dann hält.“ „Dann erledigen wir die Ursache besser schnell.“ „Die Quelle, nicht die Ursache.“ Saturn sah Uranus mit einem Blick an, der ihr einen Schauer den Rücken hinunterjagte. In ihrer Gestalt als Sailor Saturn war sie manchmal mehr als furchteinflößend. „Das ist doch das Gleiche.“ Die blonde Frau sah irritiert zu Pluto, die wiederum Saturn einen Moment lang musterte. „Ich glaube ich weiß, was sie meint. Es gibt eine Ursache für das, was gerade passiert, aber es ist nicht die Quelle der Risse.“ Uranus sah sie fragend an, denn sie verstand noch immer nicht, worauf die beiden hinaus wollten. „Meinst du etwa so wie die Wellen am Fuß eines Wasserfalls, die der Wasserfall verursacht aber dessen Quelle woanders, nämlich an der Quelle des Wasserlaufes liegt?“ Neptun sah von Pluto zu Uranus. „So in etwa, ja. Wenn Saturn etwas mit rot als Ursache in der Finsternis sieht, dann ist die Ursache dieser Risse vielleicht selbst neutral. Etwas, dass eigentlich genau so ist, wie es im Gefüge von Raum und Zeit sein sollte. Allerdings scheint es die Quelle der Risse negativ zu beeinflussen.“ Pluto rieb sich das Kinn. „Etwa so wie der Rohdiamant, der einfach in der Mine ist und nach seiner Entdeckung zu einem Blutbad führt, weil jeder ihn haben will?“ So langsam wurde die Sache für die blonde Frau klarer. Dadurch wurde sie aber nicht weniger beunruhigend. „Richtig. Was es auch ist, es zerreißt langsam aber stetig die Zeit selbst.“ Saturn stand nun neben Pluto. „Pluto, kümmere dich um den Riss. Neptun, Saturn und ich suchen die anderen. Vielleicht finden wir dadurch auch die Quelle.“ Die Hüterin von Raum und Zeit nickte und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Riss zu, während die anderen Kriegerinnen in verschiedene Richtungen aufbrachen und verschwanden. *** Als Usagi wieder erwachte, war es noch immer dunkel draußen. Nur das Licht des Mondes erhellte das Zimmer. Ein Blick auf die LED-Anzeige von Mamorus Wecker zeigte, dass es kurz nach drei Uhr war. Sie seufzte und setzte sich auf. Irgendetwas beunruhigte sie. Sie hatte zwar keinen weiteren Alptraum gehabt, aber irgendetwas hielt sie vom Schlafen ab. Nach einer Weile stand sie auf, zog wieder das Kleid an, das sie tagsüber getragen hatte und verließ die Wohnung. Vielleicht half ihr etwas frische Luft, sich wieder etwas zu beruhigen. Die Straßenlampen erleuchteten den Weg und sie lief ohne konkretes Ziel durch die Straßen. Nach einer Weile hörte sie aufgeregtes Kreischen. Sie bog in eine Seitenstraße ein, in der nur das Mondlicht den Weg beleuchtete, bevor sie auf eine der Verkaufsstraßen trat und sich umsah. Einige Meter weiter entdeckte sie eine Gruppe Mädchen. Schülerinnen der Junior High, auf der sie vorher gewesen war, stellte Usagi anhand ihrer Schuluniformen erstaunt fest. Was machten die um diese Zeit hier? Usagi ging auf die Gruppe zu und konnte nun auch ihr aufgeregtes Geplapper verstehen. „Unglaublich! Nächste Woche schon und es gibt noch Tickets!“ „Wir müssen da unbedingt hin!“ „Das wird so cool!“ Usagi trat an das Schaufenster, vor dem die Mädchen standen und traute ihren Augen nicht. Das Licht der Straßenlampe ließ jeden Zweifel verfliegen, dass sie sich verlas. Es war eine Ankündigung für ein Zusatzkonzert der Three Lights! Ein Zusatzkonzert! Der Three Lights! Wie war das denn möglich? Waren die Star Lights zurück und hatten ohne ihr Wissen ein Konzert gegeben? Nein, das konnte nicht sein. Ihre Freundinnen hätten ihr davon erzählt und Seiya hätte sich definitiv gemeldet! Und da stand auch nichts von einem Comeback. „Entschuldigt, aber seit wann sind die Three Lights wieder zusammen?“ Usagi wandte sich den Mädchen zu, die sie nun ansahen, als hätte sie nicht mehr alle Tassen im Schrank. „Wieso wieder zusammen? Die haben sich doch nie getrennt!“ „Das ist ein Zusatzkonzert der Search for your love-Tour!“ „Wo hast du denn die letzten Monate gelebt? In einer Höhle?“ Ungläubig blickte Usagi erneut auf das Plakat und dann erkannte sie das Poster. Es war tatsächlich von besagter Tournee. Aber die war bereits Monate her! Und die Three Lights waren offiziell aufgelöst. Was ging hier vor? „Kommt, gehen wir. Die spinnt doch!“ Die Mädchen entfernten sich und Usagi sah ihnen ungläubig nach. Sie stand noch einen Moment perplex da, bevor sie aus den Augenwinkeln ein Aufblitzen bemerkte. Sie sah auf die andere Straßenseite und wartete. Da war es wieder! Es kam aus einer Gasse zwischen einem Einkaufszentrum und einem Restaurant. Als sie sich der Gasse näherte, in die kaum Mondlicht vordrang, hörte sie ein merkwürdiges Knistern und Knacken. Immer wieder flackerte kurz ein Licht auf und als sie näher herankam, glaubte sie etwas zu sehen. Ein merkwürdiger Lichtspalt erschien und verschwand kurz darauf wieder. Usagi versuchte, etwas mehr in dem Licht zu erkennen, in dem sich etwas zu bewegen schien. Dann sah sie etwas das aussah, wie eine Kugel. Sie streckte die Hand nach dem Licht aus, als sie plötzlich eine zischende hohe Stimme vernahm. „Fass es nicht an! Es ist nicht deins!“ Noch bevor Usagi sich umdrehen konnte, wurde sie gegen die Wand geworfen. „Au!“ Usagi richtete sich auf, rieb sich ihre schmerzende Seite und sah zu dem, was sie gegen die Wand geschleudert hatte. Es war so dunkel in der Gasse, dass sie nur einen Schatten zu erkennen glaubte. Als das merkwürdige Licht erneut aufblitzte sah sie, wie das Licht von dem Schatten reflektiert wurde wie von der Oberfläche eines Spiegels. Es schien wirklich ein Schatten zu sein. Irgendwie ein Körper wie ein Mensch, aber zugleich sah er aus wie ein Schatten. Nur dort wo Augen und Mund waren, gab es ein seltsames blaues Leuchten. „Nicht deins!“, schrie es erneut und öffnete seinen Mund aus dem plötzlich eine riesige Zunge hervorschnellte. „Moment!“ Usagi rollte sich zur Seite und die Zunge traf die Wand, wobei sie ein ordentliches Stück Mauerwerk herausschlug, bevor sie wieder im Mund ihres Besitzers verschwand. Das Mädchen starrte auf das Loch und dann wieder zu diesem Ding. Was war das? „Nicht deins! Nicht deins! Geh weg!“ Erneut schnellte die Zunge hervor und Usagi sprang zur Seite. Sie stand nun mit dem Rücken zum Ausgang der Gasse und dieses Wesen stand zwischen ihr und dem immer wieder aufblitzenden Licht. Was auch immer dieses Licht war oder zu bedeuten hatte, dieses Schattenwesen schien es zu beschützen und es schien sie für eine Gefahr zu halten. Usagi griff nach ihrer Brosche. Noch nie hatte es sich so falsch angefühlt, sich zu verwandeln. Dieses Wesen hatte sie zwar angegriffen, aber irgendetwas war seltsam daran. Noch einmal schnellte die Zunge der Kreatur hervor und Usagi sprang erneut zur Seite. Sie hatte wohl keine Wahl. „Macht des Mondlichts, mach auf!“ *** Uranus hatte sich auf der Suche nach weiteren Rissen mittlerweile in einen der Verkaufsbezirke begeben und sah nun vom Dach eines Bürogebäudes hinunter auf die Straßen. Sie war ihrem Instinkt und dem Wind gefolgt. Die Risse schienen nicht nur die Zeit selbst zu stören, sondern auch den Wind, obwohl gerade nicht mehr als eine schwache Brise von Zeit zu Zeit zu spüren war. Von hier aus konnte sie eine Spannung fühlen, als würde sie direkt hinter einem Mast stehen und Wind von vorne ihr Gesicht streifen, wobei der Teil ihres Gesichtes, der direkt hinter dem Mast war, kaum etwas davon abbekam. Irgendwo hier musste ein Riss sein. Sie wollte gerade auf das Dach eines niedriger liegenden Gebäudes springen, als sie ein warmes, vertrautes Licht bemerkte, das etwas weiter entfernt aus einer Gasse kam. „Scheisse, was macht sie hier um diese Zeit?“ Uranus sprang von Dach zu Dach und ließ sich dabei vom Wind tragen, bis sie die Gasse erreichte, aus der Sailor Moon gerade auftauchte und auf sie zulief. „Was zum Teufel machst…“ „Runter!“ Mit diesem einen Wort riss Sailor Moon die andere Kriegerin zu Boden, bevor die Zunge der Kreatur auch schon über ihre Köpfe hinwegfegte, sich in einen Briefkasten bohrte und dann wieder zurückschnellte. Kaum war die Zunge weg, stand Uranus auch schon wieder auf den Beinen und nahm ihren Gegner in Augenschein. Eine schattenhafte Figur, irgendwie menschlich, aber das war es auch schon, was man erkennen konnte. Dieses Ding schien ein dreidimensionaler, wandelnder Schatten zu sein. Das Wesen setzte scheinbar zu einem neuen Angriff an, als es plötzlich innehielt, aufschrie und in der Gasse verschwand. Uranus lief hinterher, dicht gefolgt von Sailor Moon. Sie sahen noch ein Licht aufblitzen, bevor das Wesen auch schon verschwunden war. Was blieb war das Knistern und Knacken, das der Zeitriss vor ihnen verursachte. Einen Moment lang passierte nichts, bis sich Sailor Moon dem Riss näherte. Sie streckte ihren Arm aus, um ihn zu berühren, aber Uranus riss ihren Arm schmerzhaft zurück. „Nicht anfassen!“ Wütend sah die Kriegerin sie an. „Ist ja gut, hab verstanden. Was ist das?“ Sailor Moon rieb sich ihren Arm. „Ein Riss in Raum und Zeit.“ Sailor Moon sah erst Uranus und dann den Riss an. Wieder war da dieses Ding, das wie eine Kugel aussah. „Für mich sieht das eher aus wie ein Fenster. Hast du die Kugel gesehen?“ „Kugel?“ Uranus sah genauer hin und als der Riss erneut aufflackerte, sah sie es auch. Da war tatsächlich etwas. Zeigte der Riss ihnen einen anderen Ort? Konnte es vielleicht sogar ein Portal sein? „Was machst du eigentlich hier?“ Sailor Moon sah sie verwundert an. „Das gleiche könnte ich dich fragen. Wieso zum Teufel bist du um diese Zeit alleine unterwegs?“ Sailor Moon wollte erst eine schnippische Antwort geben, besann sich dann eines besseren und sah noch einen Moment auf die Stelle, an der der Riss immer wieder aufflackerte. „Du hast gesagt, das ist ein Riss in Raum und Zeit. Kann da auch jemand durch? Ich meine, könnte jemand aus der Vergangenheit in unsere Zeit kommen?“ Es war, als wäre sie in vollem Lauf gegen eine Wand gerannt. Hatte Sailor Moon etwa auch eine Vision gehabt, die der von Saturn ähnlich war? „Wie kommst du darauf?“ Uranus sah die andere Kriegerin scharf an, die sich einen Moment unsicher umsah. „Als ich auf dem Weg zu Mamorus Wohnung war, da hab ich jemanden gesehen. Als ich später geschlafen habe, hatte ich diesen Traum, wo er auch war. Aber…er kann eigentlich nicht hier gewesen sein…“ „Wer?“ Das Herumdrucksen ging Uranus gerade ziemlich auf die Nerven. Wenn die Risse die Zeit selbst langsam aber sicher zerstörten, war jede Minute kostbar. „Saphir.“ „Saphir? Unmöglich, der ist to…“ Uranus stutze. Ihr kamen Saturns Worte wieder in den Sinn. „Tote werden lebendig…“ „Uranus, was bedeutet das?“ Sailor Moon sah sie besorgt an. Es war offensichtlich, dass die Kriegerin des Windes mehr über die Sache wusste und ihr gefiel die Andeutung nicht, dass Tote wieder lebendig wurden. So sehr sie Saphir und seinem Bruder eine zweite Chance auf ein normales Leben wünschte, die beiden waren tot. Der Silberkristall hatte die beiden damals nicht wieder zum Leben erweckt. Anders, als es damals bei Hotaru gewesen war nach ihrem Sieg über Pharao 90. „Du bist dir sicher, dass du ihn gesehen hast?“ Die Antwort war ein Nicken. Uranus sah auf den Riss. Er verhielt sich genau wie der im Park. Im Moment schien er auch nicht größer zu werden. Wenn Saphir tatsächlich zurück war und der Kristallpalast in der Zukunft Risse bekam, dann hatte sich vielleicht auch die Zukunft schon viel stärker verändert. Unvermittelt fragte sich Uranus, ob Saturn die Evolution auf der Erde überhaupt auf Null zurücksetzen konnte, sollte es zum Äußersten kommen. „Komm mit, du musst Pluto alles erzählen.“ *** „Bei mir war auch nichts Auffälliges beim Riss. Er hat sich genauso verhalten wie dieser hier.“ „Dann haben wir also mindestens vier Risse, die sich auf einem größeren Gebiet verteilen.“ Pluto sah Neptun besorgt an, die kurz nach Saturn zurückgekehrt war. „Fünf“, korrigierte Uranus, die nun auf die kleine Gruppe zukam. „Und bei uns gab es noch ein Schattenwesen.“ „Sailor Moon? Was machst du denn hier?“ Neptun sah die Mondprinzessin erstaunt an, die einen Schritt hinter ihrer Freundin herging. „Sieht aus, als wäre Saturn nicht die Einzige mit einer Vision.“ Uranus sah das Mädchen an ihrer Seite auffordernd an und Sailor Moon erzählte von ihrem Traum, dass sie Saphir tagsüber gesehen hatte und von dem Schattenwesen, das sie angegriffen hatte. „Er machte einen verwirrten Eindruck?“ Saturn sah von Sailor Moon, die zur Antwort nur nickte, zu Pluto. „Das wäre in der Tat ein schlechtes Zeichen. Wenn das wirklich alles so passiert ist, wurde Saphir nicht nur aus seiner Zeit gerissen, er ist sich dann möglicherweise auch bewusst, was mit ihm eigentlich hätte passieren müssen und das könnte wiederum negative Auswirkungen auf die Vergangenheit haben.“ „Weil er hier in unserer Zeit ist?“ Sailor Moon verstand nicht so recht, was jetzt das größere Problem an der Sache war. „Dadurch, dass er aus seinem Zeitstrom gerissen wurde, hat sich die Vergangenheit bereits geändert. Die Auswirkungen kennen wir aber noch nicht. Aber wenn er sich hier, in unserer Zeit, bewusst ist, dass er in der Vergangenheit hätte sterben müssen könnte er die falschen Schlüsse ziehen.“ Saturn hatte ihre Gleve nun mit beiden Händen gefasst und die Augen geschlossen. Vielleicht konnte sie als Kriegerin des Todes Saphir aufspüren. „Wie meinst du das? Er würde doch nicht etwa…glaubt ihr wirklich, dass er…“ Sailor Moon konnte den Satz nicht aussprechen. „Das er sich etwas antun könnte, um den Ablauf der Ereignisse wieder geradezurücken? Möglicherweise. Derartiges Wissen ist eine große Belastung. Das Problem ist, wenn er jetzt hier stirbt, hat das eventuell ganz andere Konsequenzen auf die Ereignisse in der Gegenwart und Zukunft, als sein Tod damals. Er hat seinen eigenen Zeitfluss verlassen und wer weiß, in welchem er jetzt steckt. Zeitrisse sind gefährlich, weil ihre Auswirkungen so unterschiedlich wie einschneidend sein können. Eine Vorhersage über ihre Auswirkungen ist selbst für mich kaum möglich. Wenn er in den Zeitstrom eines anderen Menschen geraten ist, könnte sein erneuter Tod auch diesen Menschen töten, selbst wenn er das gar nicht will.“ Erschrocken sah Sailor Moon zu Neptun. „Es ist wie bei einer Kugelbahn, bei der man an einer bestimmten Stelle den Verlauf der Route verändern kann, den die Kugel entlangrollt. Rollt die Kugel die normale Bahn, kommt sie am Ende in ein Auffangbecken. Verschiebt man jedoch das flexible Stück, rollt sie auf einer anderen Bahn weiter, auf der sie mit einer anderen Kugel kollidiert, die sonst über eben diese andere Bahn sonst auch in ein Auffangbecken rollen würde.“ Neptun war der Gedanke mindestens so unbehaglich wie den anderen. „Ich weiß wo er ist.“ Saturn hatte die Augen wieder geöffnet und sah Pluto an. „Saphir? Bist du dir sicher?“ „Ganz sicher. Der Schatten des Todes liegt noch immer auf ihm, aber da er in der falschen Zeit ist, kann sich sein Schicksal nicht erfüllen.“ „Wo ist er?“ „Im Hafen.“ „Gehen wir. Vielleicht bringt er uns weiter.“ *** Das Wasser schwappte in einem ruhigen Rhythmus gegen das Fundament des Hafens. Saphir blickte auf das Wasser hinaus. Er hatte keine Ahnung, wie und vor allem warum, er hier gelandet war, in dieser Zeit. Er wusste nicht einmal, warum er zum Hafen gegangen war. Plötzlich spürte er, dass er nicht mehr alleine war und er drehte sich um. „Sailor Moon. Es überrascht mich irgendwie nicht, dich zu sehen. Oder sollte ich Königin Serenity sagen?“ Das Mädchen kam mit einem besorgten Ausdruck auf ihrem Gesicht auf ihn zu. Als sie vor ihm stand bemerkte sie, dass der umgedrehte schwarze Halbmond auf seiner Stirn fehlte und die Kleidung, die er trug…es war die gleiche, die er kurz vor seinem Tod getragen hatte. „Es ist schön dich zu sehen, Saphir.“ Das Mädchen lächelte traurig, während sich die anderen Kriegerinnen im Hintergrund hielten. „Wenn ich nicht schon vorher gemerkt hätte, dass dies eine andere Zeit ist, dann hätte ich es spätestens jetzt gewusst. Flügel hattest du vorher nicht.“ Der junge Mann lächelte. Er wusste nicht, was er eigentlich erwartet hatte. „Weißt du, wie du hierhergekommen bist?“ „Nein. Ich erinnere mich, dass ich meinen Bruder von Wisemans Verrat überzeugen wollte. Das ist das Letzte, woran ich mich erinnere. Dann war ich auf dieser Straße und irgendwas hat mich hier zum Hafen geführt. Und das ich nicht hier sein sollte, an diesem Ort in dieser Zeit.“ Uranus sah ihn misstrauisch an, aber sie sah keinen Hinweis auf eine Lüge. Saphir schien irgendwie ruhelos zu sein, als wäre er noch immer nicht am Ziel. War es sein Wissen über sein eigenes Schicksal? Und was konnte ihn ausgerechnet zum Hafen geführt haben? Spürte er vielleicht einen Riss in der Nähe, den sie selbst nicht wahrnahmen? „Sag so etwas nicht, Saphir! Du und dein Bruder…Wiseman hat euch für seine Zwecke missbraucht. Ihr habt beide eine zweite Chance verdient.“ Der Mann lächelte. „An eines kann ich mich doch noch erinnern. Du hast versucht, mich zu beschützen. Nach allem, was ich getan habe. Und du hast den Schwestern ein neues Leben ermöglicht.“ Tränen traten in Sailor Moons Augen und sie nahm Saphirs Hand in ihre. „Es tut mir leid, dass ich dich und deinen Bruder nicht beschützen konnte.“ „Du hast etwas viel wichtigeres getan. Du hast mir die Augen geöffnet…und meinem Bruder scheinbar auch, obwohl ich das gar nicht wissen sollte. Woher weiß ich diese Dinge, wenn ich nicht einmal weiß, warum ich hier bin?“ „Etwas zerreißt das Raum-Zeit-Kontinuum. Das ist der Grund, warum du nicht mehr in deinem Zeitstrom bist.“ Pluto war nun an die beiden herangetreten und sah sich um. Hier im Hafen konnte sie eine Anomalie spüren. Es war scheinbar kein Riss wie im Park, aber etwas war hier anders. „Zerreißen? Ist das sicher? Das würde das Ende jeglicher Existenz bedeuten!“ Während seiner Experimente mit den Droiden des schwarzen Mondes hatte er auch einige Forschungen über die Zeit durchgeführt. Er hatte immer im Hinterkopf behalten, dass sie mit der Manipulation der Zeit sehr vorsichtig sein mussten, aber Wiseman hatte ihm wohl auch deswegen misstraut. „Ja und uns läuft die Zeit davon. Es gibt bereits mehrere Risse und die Auswirkungen auf die Zukunft werden immer größer. Irgendetwas hat sich bereits aufgelöst und hat auch jeden Hinweis ausgelöscht, was dort in der Zukunft einmal war.“ Schockiert sah Sailor Moon die Wächterin an. Wenn etwas aus seinem Platz in der Zeit verschwand und nicht einmal Pluto wusste, was oder wer es war…war dann nicht jede Hoffnung vergebens, diesen Teil wieder zurückzubringen? „Saphir, hast du irgendetwas bemerkt oder gesehen? Einen Riss vielleicht, das Aufblitzen von Licht an einem Ort oder eine schattenhafte Gestalt?“ Neptun war nun ebenfalls vorgetreten und sah ihn eindringlich an. „Nein und mit Verlaub, Schattengestalten gibt es viele. Da müsst ihr schon genauer sein.“ „Eine Gestalt wie ein Schatten, der einen Körper bekommen hat und der Licht wie ein Spiegel reflektiert“, ergänzte Sailor Moon. „Wie ein Spiegel? Das sind Schattenspiegel einer Seele, die nicht zur Ruhe gekommen und dem Wahn verfallen sind.“ „Was genau sind das für Wesen?“ Uranus hatte ihr Schwert beschworen. Der Wind wurde stärker, als ob etwas dabei war zu geschehen. „Wenn ein Lebewesen sein Leben einer Aufgabe so sehr widmet, dass es sich zur Erfüllung selbst tötet, entsteht ein Schattenspiegel der Seele dieses Wesens. Diese Schattenspiegel sind direkt mit der Aufgabe verbunden und sie tun blind alles, wovon sie annehmen, dass es der Erfüllung der Aufgabe dient.“ „Was genau könnte das sein?“ Pluto sah sich um. Die Anomalie wurde stärker. „Das ist schwer zu sagen. Es kann praktisch alles sein, was man als seine Lebensaufgabe betrachten kann.“ „Könnte es auch etwas mit einem Gegenstand zu tun haben? Mit einer Kugel zum Beispiel?“ Uranus sah erst zu Sailor Moon und dann zu Saphir. „Eine Kugel? Wie kommst du ausgerechnet auf eine Kugel?“ Da war etwas, tief in seinen Erinnerungen verborgen versuchte es an die Oberfläche zu kommen. Neptun spürte den Spiegel in ihrer Hand reagieren. Da war wieder der Schatten, aber diesmal gab es nur ein einzelnes Aufblitzen, direkt in dem Schatten. Schlagartig spürte sie das Wasser im Hafenbecken unruhig werden. Sie sah zu Uranus, die ihren Blick erwiderte. Sie spürte es auch. Dann hörten sie es. Ein Knistern und Knacken, bevor ein langer, spitzer Schrei ertönte. „Nicht anfassen! Nicht Anfassen!“ Der Schattenspiegel war direkt neben Sailor Moon aufgetaucht und schlug sie noch im selben Moment zu Boden. Saphir, der ihre Hand bis zu diesem Moment nicht losgelassen hatte, verlor das Gleichgewicht und stürzte ebenfalls. Bevor er sich wieder aufrichten konnte, blickte er in das seltsame Gesicht des Wesens. „Nicht kaputt? Nicht kaputt!“ Saphir erstarrte. Er erinnerte sich. Er erinnerte sich an die Kugel! Aber was hatte das alles mit diesem Wesen zu tun? Seine Erinnerungen ließen ihn erneut im Stich. Es hatte etwas mit ihm zu tun. War er der Grund, warum die Zukunft…warum alles am Rand der Zerstörung stand? „Dürfen nicht anfassen! Dürfen nicht anfassen!“ Das Wesen wandte seine Aufmerksamkeit plötzlich den Kriegerinnen zu und Pluto konnte Sailor Moon gerade noch zur Seite ziehen, bevor die Zunge ein Loch in den Betonboden schlug. „Space Sword Blaster!“ „Deep Submerge!“ Fast zeitgleich griffen Uranus und Neptun den Schattenspiegel an. Das Wesen stieß ein furchterregendes Heulen aus und bevor die Angriffe der beiden Kriegerinnen ihr Ziel erreichten, schien eine Reflektion der Angriffe über den Körper des Schattenspiegels aufzutauchen, bevor die beiden Angriffe unvermittelt zurückgeworfen wurden. Im letzten Moment konnten Uranus und Neptun ihren eigenen Angriffen ausweichen. Während die Klingen des Space Sword Blaster das Tor einer Lagerhalle in Stücke rissen, traf Neptuns Angriff einen der Lastkräne am Hafenrand und ließ ihn ins Wasser stürzen. Das Wesen schaute zwischen den Kriegerinnen und Saphir hin und her. „Nicht anfassen! Nicht kaputt machen!“ Sailor Moon löste ihren Blick von der Stelle, an der sich einmal ein Lastkran befunden hatte und sah dieses Wesen an. Es sah aus, wie ein verwundetes Tier, das man in die Enge getrieben hatte. Es schien Saphir gar nicht als Bedrohung wahrzunehmen. Im Gegenteil, es schien ihn beschützen zu wollen. Aber was hatte die Kugel damit zu tun, die sie dem Lichtfragment gesehen hatte? Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung wahr. Saturn hatte ihre Gleve erhoben und kam langsam auf den Schattenspiegel zu. „Saturn, nein! Sie wird deinen Angriff nur auf dich selbst zurückwerfen!“ Die Kriegerin blieb stehen, ließ das Wesen aber nicht aus den Augen. „Nicht anfassen! Nicht kaputt machen!“ Langsam richtete sich Sailor Moon wieder auf und zog damit die Aufmerksamkeit des Wesens auf sich. „Nicht anfassen! Nicht anfassen!“ Der Schattenspiegel stellte sich nun zwischen Saphir und Sailor Moon, wodurch sich ihr Verdacht bestätigte. Sie hob langsam die Hände um zu zeigen, dass sie nicht vorhatte anzugreifen. „Sei vorsichtig, Sailor Moon.“ Pluto spürte einen Zeitriss in der Nähe, aber irgendwie schien dieses seltsame Wesen ihre Fähigkeit zu beeinträchtigen, den Riss genauer zu lokalisieren. „Ist schon gut, ich will dir nichts tun. Und Saphir auch nicht. Ich möchte nur wissen, was du hier machst.“ „Muss beschützen! Muss beschützen!“ „Saphir? Musst du ihn beschützen?“ „Ihn? Nicht ihn, Es! Es, das ihm gehört!“ Saphir erstarrte, als sich das Puzzle seiner Erinnerungen zusammensetzte. Wie hatte er es vergessen können? „Heliotrope?“ Der Schattenspiegel hielt inne und drehte sich schließlich zu Saphir um. Es schien, als würde sich das Wesen versuchen, an etwas zu erinnern. „Du bist es wirklich…aber…wieso?“ Der Mann starrte sie an. Wie hatte es so weit kommen können? „Muss beschützen! Muss beschützen!“ „Nein. Nein! Hör auf! Es reicht! Siehst du nicht, was hier passiert?“ „Saphir, was auch immer gerade in deinem Kopf vorgeht, du reizt dieses Ding nur.“ Uranus spürte einen Sturm aufziehen. War das ein Resultat aus den Rissen im Raum-Zeit-Gefüge oder war es dieses Wesen, das ihn auslöste? Der Schattenspiegel begann, nervös auf der Stelle zu tanzen und sich immer wieder nach den Kriegerinnen umzusehen. „Heliotrope, hör auf! Du brauchst sie nicht mehr zu beschützen! Das musstest du nie! Es reicht!“ Saphir trat einen Schritt auf das Wesen zu und traf damit genau die falsche Entscheidung. Mit einem Mal fauchte der Schattenspiegel und setzte zum Sprung an. „Nicht kaputt machen! Du nicht es kaputt machen!“ Was auch immer Plutos Fähigkeiten zuvor blockiert hatte, brach nun zusammen und sie sah, wo der Zeitriss war oder vielmehr wer es war. „Unmöglich, das kann nicht sein!“ „Pluto?“ Saturn warf einen Seitenblick auf die Hüterin, die schockiert die Szene vor sich betrachtete. „Sailor Moon, geh von Saphir weg! Er selbst ist der Zeitriss!“ Ungläubig starrten die Kriegerinnen Pluto an. Genau diesen Moment nutzte der Schattenspiegel, um Saphir anzugreifen. Sailor Moon hatte ihren Blick gerade rechtzeitig wieder von Pluto gelöst, um den Angriff wahrzunehmen und instinktiv zu reagieren. Die übrigen Kriegerinnen mussten entsetzt mit ansehen, wie sich Sailor Moon zwischen Saphir und den Schattenspiegel warf, von der Wucht des Sprungs gegen Saphir gestoßen wurde und wie sich explosionsartig ein blendendes Licht ausbreitete. Als das Licht wieder verschwunden war und sie wieder sehen konnten sahen sie nichts. Sailor Moon, Saphir und der Schattenspiegel waren verschwunden. „Pluto…hast du die Zeit angehalten?“ Die Hüterin blinzelte und sah Uranus verständnislos an. „Natürlich nicht, wie kommst du darauf?“ „Spürst du es nicht?“ Neptun sah zum Wasser. Es bewegte sich noch, aber irgendwie schien alles um sie herum zum Zerreißen gespannt zu sein. „Was ist das?“ „Es ist der Scheidepunkt der Zeit. Entweder zerreißt es jetzt die Zeit selbst oder nicht. Es ist das Ende oder die Chance auf einen Neubeginn.“ Saturn hielt ihre Gleve fest umklammert. *** Für einen Moment war sie von der Helligkeit geblendet, bis sich ihre Augen daran gewöhnt hatten. Saphir stand vor ihr und schien unverletzt zu sein. „Geht es dir gut?“ Er blinzelte und sah die sie irritiert an. Für einen Moment, als Heliotrope auf ihn losgegangen war, hatte er geglaubt etwas würde ihn innerlich zerreißen. „Ich denke schon.“ „Wo sind wir hier?“ Sie standen auf einem großen Platz. Alles schien trostlos zu sein. Einige Meter von ihnen entfernt saß ein Kind auf dem Boden und hatte ihnen den Rücken zugewandt. „Zu Hause. Auf meinem Heimatplaneten.“ Sailor Moon starrte ihn an. Saphir lächelte, als er weitersprach. „Vielleicht ist es auch meine Erinnerung, in der wir uns befinden. Das bin ich.“ Sie sah auf den Jungen, der mit irgendwas zu spielen schien. Plötzlich erschien eine Frau aus dem Nichts. „Was machst du denn da, mein kleiner Prinz?“ Die Frau, eindeutig als solche zu erkennen, war aber kaum mehr als ein Schatten. „Helitrope schau! Eine Risia-Kugel!“ Aufgeregt hielt der Junge eine Kugel in die Höhe und Sailor Moon stockte der Atem. Es war die Kugel, die sie im Zeitriss gesehen hatte! Sie war schwarz und hatte rote Flecken und Streifen auf der Oberfläche. Hatte sie die vorher schon bemerkt? Sie konnte sich nicht erinnern, aber irgendwie wusste sie, dass sie genau diese Kugel gesehen hatte. „Tatsächlich, eine Kugel der Erinnerung des Universums. Schau, sie zeigt die Geburt des Serapto-Sternennebels.“ „Ob ich sie behalten kann?“ „Natürlich, du hast sie schließlich gefunden. Sie ist sehr wertvoll, du musst gut auf sie aufpassen.“ Der Junge zögerte einen Moment. „Hilfst du mir dabei? Ich verliere sie sonst bestimmt.“ Der kleine Junge sah sie besorgt an. „Ich passe auf sie auf. Und auf dich, damit euch beiden nichts passiert.“ Die Szene vor ihnen schien zu flackern. „Deshalb also…“ Trauer schwang in Saphirs Worten mit. Sailor Moon brauchte einen Moment, um seine Worte zu verstehen. „Ist es das? Die Lebensaufgabe dieser Frau?“ „Ich fürchte ja. Ich war ein Kind und Risia-Kugeln sind äußerst selten. Sie sind Erinnerungen des Universums an die eigene Entstehung. Sie sind wie…wie eine Videoaufzeichnung vom Anbeginn der Zeit. Nur kurze aber wertvolle Augenblicke. Ich hatte Angst, die Kugel zu verlieren. Niemals hätte ich gedacht, dass Heliotrope so weit gehen würde. So hatte ich es doch gar nicht gemeint!“ Sailor Moon sah zu der schattenhaften Frau. Wie unbarmherzig das Schicksal sein konnte. Saphir hatte seinen Bruder beschützen wollen und dafür mit dem Leben bezahlt. Und in seiner kindlichen Unschuld hatte er eigentlich nur um etwas Hilfe gebeten, aber diese Frau auf diese Weise dazu bewegt, ihr Leben zu Opfern um diese Kugel zu schützen. „Sag es ihr.“ „Was?“ Saphir blickte Sailor Moon überrascht an. „Sag es ihr. Jetzt. Verstehst du nicht? Du kannst sie von ihrem Schicksal erlösen!“ „Das ist unmöglich! Das war vor so langer Zeit und“, weiter kam er nicht, denn Sailor Moon unterbrach ihn. „Versteh doch, du bist selbst zu einem Zeitriss geworden. Ich verstehe nicht wieso, vielleicht weiß noch nicht mal Pluto, wie es dazu kommen konnte, aber all diese Zeitrisse und Zeitverzerrungen haben dich hierher gebracht. Zu dem Zeitpunkt, wo alles anfing. An den Anfang der Anomalie, die die Zeit selbst zu zerreißen droht! Wir sind an dem Punkt in der Zeit, in dem wir die Quelle der Zeitrisse daran hindern können überhaupt erst zu entstehen.“ Saphir sah sie an und dann sah er zu Heliotrope. Für einen Moment flackerte im Gesicht der Schattenfrau das Gesicht auf, das ihm damals so vertraut gewesen war. „Heliotrope.“ Die Schattenfrau sah auf und erhob sich. „Tu es nicht. Die Kugel ist es nicht wert.“ „Aber sie ist wertvoll. Sie bedeutet Euch so viel.“ Sie sprach nicht mehr mit dem Kind, sondern mit dem Mann. Sie passte ihre Sprache an. Es wirkte auf Sailor Moon gleichermaßen seltsam und natürlich. „Sie bedeutet mir nicht so viel wie du. Ich habe nie gewollt, dass du dein Leben für diese Kugel gibst. Ich wusste doch nicht das…das du…“ Der Schatten verblasste und nun stand dort eine Frau. Hochgewachsen, hellbraunes Haar und ein freundliches Gesicht mit einer Rüstung, wie sie eine Leibwache tragen würde. „Es tut mir Leid mein Prinz, dass ich Euch so enttäuscht habe.“ Sie senkte ihren Kopf und sah zu Boden. „Du hast mich nicht enttäuscht. Du hast das größte Opfer von allen gebracht, nur um meinen kindlichen Wunsch zu erfüllen. Ich danke dir, dass ich dir offenbar so wichtig war. Aber bitte, lass es gut sein. Du verdienst deine Ruhe.“ Einen Moment lang musterte ihn die Frau, bevor sie Sailor Moon ansah und lächelte. „Ich danke Euch für Eure Worte, mein Prinz. Vielmehr danke ich aber Eurem Opfer, der Zeit selbst zu trotzen, um mir Eure Worte in die Vergangenheit zu überbringen. Das Wissen um die Konsequenzen muss belastend sein. Ich werde tun, was Ihr wünscht. Die Kugel wird schon bald verloren gehen, aber die Zeit wird weiterlaufen. Und wer weiß, mit der Macht des Kosmos auf Eurer Seite, gibt es vielleicht auch für Euch einen Neuanfang, wie Ihr ihn mir jetzt schenkt.“ Noch einmal lächelte die Kriegerin, bevor sie zusammen mit Saphirs kindlichem Ich verschwand. Bevor sich Sailor Moon und Saphir über ihre seltsamen Worte wundern konnten, wurden sie von einem gleißenden Licht geblendet. *** Erschrocken schreckte Usagi hoch. Es war dunkel, aber irgendwoher kam Licht. Sie brauchte einen Moment bis sie realisierte, wo sie war. Das Sofa, der Fernseher…sie war in Mamorus Wohnung. Hatte sie das alles geträumt? Ein Summen lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den Tisch neben der Couch. Einen Moment sah Usagi nur auf den Namen des Anrufers, bevor sie den Anruf annahm. „Willkommen zu Hause, Prinzessin. Tu uns bitte einen Gefallen und warne uns vor, wenn du die Zeit das nächste Mal derart umkrempeln willst. Pluto könnte eine Abkürzung kennen.“ Usagi schmunzelte. Es war also doch kein Traum gewesen. Vielmehr noch, die anderen erinnerten sich ebenfalls. „Kannte sie diesmal aber auch nicht, oder?“ Sie hörte Haruka lachen. „Nein, das waren so viele Verzerrungen, das konnte wohl nur der Silberkristall entwirren.“ Der Silberkristall. Usagi griff nach ihrer Brosche. Wann würde sie wohl die Grenzen des Silberkristalls erreichen? Aber wie war das noch? Waren seine Kräfte nicht grenzenlos, solange sie nur daran glaubte? „Ich werde es mir merken. Und falls ich es vergesse, ich weiß ja, dass ihr dann da sein werdet, wenn ich euch brauche.“ „Wie immer also.“ Haruka beendete das Gespräch und sah Michiru und Hotaru an. *** Usagi gähnte herzhaft und erschrak, als ihr jemand die Hand auf den Mund schlug. „Mensch Usagi, halt dir doch wenigstens die Hand vor den Mund. Das ist unhöflich.“ „Pah, du hast ja auch eine relativ ruhige Zeit gehabt. Ich nicht.“ Usagi sah Rei beleidigt an und streckte ihr die Zunge raus. „Oh Mann, keine zwei Tage sind wir wieder zusammen, da zankt ihr euch schon wieder.“ Makoto seufzte und schüttelte den Kopf. Usagi hatte ihnen erzählt, was vorgefallen war. Erstaunlicherweise hatten ihre Freundinnen keinerlei Erinnerungen an irgendwelche besonderen Vorkommnisse. Setsuna meinte, es könnte tatsächlich ein stark ortsgebundenes Ereignis gewesen sein. So stark jedenfalls, dass es Tokyo als erstes zerrissen hätte, aber dank der Änderungen in der Vergangenheit auch als erstes wiederhergestellt wurde. „Du hättest anrufen können!“ Minako war noch immer etwas beleidigt, dass sie so ein Ereignis gar nicht mitbekommen hatten. „Ich finde es ja sehr interessant, dass das Ganze sogar Setsunas Kräfte als Hüterin der Zeit überstiegen hat.“ Amy hatte stundenlang mit ihr darüber diskutiert, aber sie hatten wohl oder übel einsehen müssen, dass sie dieses Rätsel wohl nie wissenschaftlich würden erklären können. Die Sache mit dem Three Lights Plakat, dass nach den Ereignissen verschwunden war, ließ sich einfacher erklären. Scheinbar hatte sich ein Teil aus der Vergangenheit in die Gegenwart verschoben. Und die Schülerinnen waren wohl selbst ein Teil der Vergangenheit gewesen, die es in diese Zeit verschlagen hatte. Usagi lauschte ihren Freundinnen und ließ ihren Blick durch die Einkaufspassage streifen. Es war viel los heute. Es war zwar warm, aber angenehm. Der Tag war schön. Plötzlich hörte sie andere bekannte Stimmen. „Die Farbe ist furchtbar! Das kann doch nicht dein Ernst sein!“ „Stell dich nicht so an, die ist toll!“ „Ist sie nicht! Kommt schon Jungs, sagt doch auch mal was!“ Usagi entdeckte eine Gruppe von vier Frauen und zwei Männern. Sie blieb stehen und lächelte, als ihr wirklich bewusst wurde, was Heliotrope gemeint hatte. Einer der Männer entdeckte sie, lächelte und neigte den Kopf, eine Hand auf seinem Herzen. Nach einem Moment der Überraschung folgten die Blicke der anderen und sie folgten seinem Beispiel. Usagi korrigierte sich. Der Tag war wundervoll. Dieses Mal hatte auch die Familie des anderen Mondes eine Chance auf ein normales Leben erhalten. Irgendwie war sie sich sicher, schon bald auch die anderen Mitglieder dieser Familie wiederzusehen. Für den Moment genügte es ihr, Diamond und Saphir mit den Schwestern zu sehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)