Salomons Karten von _Delacroix_ ================================================================================ Salomons Karten --------------- „Hier“, begrüßte ihn sein Bruder, kaum das er das Tablett neben seines auf den Tisch gestellt hatte. Eine pinke Packung wurde mit zwei Fingern in sein Blickfeld geschoben. Das war alles was Koumei tat. Kouen schnaubte abfällig. Er liebte seinen Bruder, aber er würde vermutlich nie verstehen, wie er es schaffte, die Mittagspause Tag für Tag zu verschlafen. Es war laut in der Halle und die billigen Plastikstühle waren nicht sonderlich bequem. Keine gute Voraussetzung also um die Mittagspause zu verschlafen und doch war es genau das, was Koumei täglich aufs Neue tat. „Was ist das?“, fragte er ihn, halb in der Erwartung keine Antwort zu bekommen, doch wenn sein Bruder auf dem Weg ins Land der Träume war, dann hatte er sich scheinbar dabei verlaufen. „Hat mir Judar geschenkt.“ Er gähnte, nicht merkend dass seine Haarspitzen wieder einmal in der Suppe hingen. Kouen sagte es ihm nicht. Er wusste, es brachte nicht viel. Stattdessen griff er nach dem pinken Päckchen um den bunten Aufdruck zu lesen. „Salomons Karten?“, las er vor und runzelte die Stirn. Er wusste nicht was das sein sollte, aber der Farbe der Verpackung nach zu urteilen, war es wahrscheinlich irgendein Weiberkram. „Was soll ich damit?“ Koumei antwortete nicht, aber Kouen konnte es sich auch so denken. Sein Bruder war vermutlich einfach zu faul um sich selbst mit dem Geschenk seines Mitschülers auseinanderzusetzen. Billiges Plastik gab unter seinen Fingern nach und knisterte dabei wie es die Verpackungen der Autokarten getan hatten, die er als kleiner Junge so toll gefunden hatte. Schneller als gedacht, hielt er die Erste der Karten in der Hand. „Dantalion“, las er den Namen der Karte vor und reichte sie seinem Bruder, damit er sie sich ansehen konnte. Er selbst musterte bereits die zweite Karte „Leraje“, deren Bild ihm nicht sonderlich gefiel. Desinteressiert steckte er sie zurück in die Verpackung und wandte sich der dritten und letzten Karte zu. „Astaroth.“ In den Sammelkartenpackungen von früher waren mehr Karten gewesen und doch... Nachdenklich strich er über das orangerote Bild des Dämons. Es hatte irgendetwas besonderes an sich und er konnte einfach nicht sagen was. Vielleicht war es das Motiv, vielleicht war es die Farbtiefe, aber irgendwie gefiel ihm was er sah und scheinbar war er da nicht allein.   ❤❤❤   Die anderen Schulstunden waren wie im Flug vergangen und Kouen hätte nicht einen Satz von dem wiederholen können, was die Lehrer ihm erzählt hatten. Die Karte hatte ihn erfolgreich abgelenkt. Dabei wusste er nicht einmal wieso. Immerhin war er eindeutig zu alt um noch mit Sammelkarten zu spielen. Dennoch, selbst jetzt, auf dem Nachhauseweg, hätte er sie am liebsten aus seiner Jackentasche gezogen, um sie einfach nur anzusehen. Es war ein seltsames Gefühl, welches er seinem Bruder gegenüber nicht einmal zugegeben hätte, wenn es wirklich wichtig gewesen wäre. Er wollte einfach kein Spinner sein. Das überließ er lieber Koumei. „Ich habe es nachgelesen“, eröffnete dieser ihm gerade, „Dantalion ist scheinbar ein sehr mächtiger Dämon.“ Die Sammelkarte wurde vor seiner Nase geschwenkt und da es Koumei war, der es tat, war das ausnehmend ungewöhnlich. Es kam selten vor, dass er sich von etwas derart gefangen nehmen ließ. Um so merkwürdiger war es, dass es ausgerechnet eine dumme Sammelkarte geschafft hatte. Eine Sammelkarte, die er mittags noch ohne zu zögern verschenkt hätte. „Er wird fast immer mit einem Buch in der Ha-“ Koumei verstummte mitten im Satz und auch Kouen blieben die Worte im Halse stecken. Keine drei Zentimeter vor seiner Nase hatte die Karte plötzlich zu leuchten begonnen. Sein Bruder zog die Hand zurück, um sich die leuchtende Karte näher anzusehen. Doch kaum hatte er mit dem Finger über das leuchtende Ding gestrichen, geschah etwas noch viel seltsameres. Das Licht breitete sich aus, wurde gleißend hell und verschwand dann so plötzlich wie es gekommen war. Und Koumei? Koumei sah aus als wäre er während der letzten drei Sekunden in einem Kostümverleih gewesen. Kouen klappte den Mund auf. „S-Sind das Hörner?“, presste er hervor und sein Bruder fasste neugierig nach den spitzen Dingern auf seinem Kopf. „Ich weiß es nicht genau.“ „Deine Haare sind violett.“ Koumei nickte ungläubig. „Wie hast du das gemacht?“ Er zuckte mit den Schultern. Entweder er wusste es wirklich nicht oder sein Trick war ausnehmend gut. Vor allem das mit der leuchtenden – Wie von selbst wanderten seine Finger zu seiner Jackentasche. Konnte es sein, dass Astaroth das auch tat? Das die Karte auch leuchtete? Kouen wollte einen Blick auf sie werfen und sich selbst davon überzeugen, doch seine Hand war kaum in der Tasche verschwunden, da passierte es bereits. Ungeahnte Wärme schoss von seinen Fingerspitzen ausgehend durch seinen ganzen Körper. Die Welt schien für einen Moment still zu stehen und dann, dann starrte Koumei ihn an. „En, du bist halbnackt“, eröffnete er ihm und ein Blick an sich herab, gab Koumei recht. Wie war das möglich? Wo war sein Hemd geblieben? Und warum zum Henker war ihm nicht kalt? Was ging hier eigentlich vor? Und wieso hatte er dieses nagende Bedürfnis in die nächste Gasse zu rennen um sich mit einem Monster zu prügeln? ❤❤❤   „Astor Inqerad“, erklang es unter ihnen und ein Drache aus weißen Flammen stürzte sich auf das Monster. Dafür das es offensichtlich ihre erste Verwandlung war, schlugen sich die Beiden gut. Scheinbar wussten sie instinktiv wie sie gegen den Feind vorgehen mussten. Sinbad lehnte sich weiter über den Rand des Daches hinaus um einen besseren Blick auf die Kämpfer zu bekommen. „Was denkst du?“, erklang es neben ihm und für einen Moment war er versucht die Bauchmuskeln zu loben, die er erspäht zu haben glaubte. Aber er kannte Jafar und er wusste, er verstand bei so etwas keinen Spaß. „Sie schlagen sich gut“, antwortete er stattdessen und beobachtete zufrieden, wie das Monster sich in Millionen kleiner, schwarzer Schmetterlinge auflöste, die in alle Richtungen auseinander stoben. „Sie werden uns sicher sehr hilfreich sein.“ Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung wahr, die vermutlich ein Nicken darstellte. „Also, stellen wir uns ihnen vor?“ „Morgen, Jafar. Ich denke das werden wir ganz gemütlich morgen in der Schule tun.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)