Im Meer der Erinnerungen von YukimuraRuki ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Im Meer der Erinnerungen Prolog An jenem schicksalsträchtigen Tag tobte ein wildes Unwetter. Man konnte den unermüdlichen Wind klagen hören der rasend versuchte die Bäume in die Knie zu zwingen. Schwere, große Tropfen schlugen auf die Erde ein und fluteten die asphaltierten Wege. An solch einem unheilvollen Tag lag Takeru allein in seinem Zimmer, denn seine Mutter arbeitete zu dieser Zeit. Der Blonde war ganz plötzlich, aus unerklärlichen Gründen bereits zur Vorabendzeit eingenickt und schlief eben noch tief und fest. In dem Moment, als er sein volles Bewusstsein wiedererlangte, befand er sich inmitten eines pösenden Wolkenbruchs. Demselben, der bereits seit mehreren Stunden sein Unwesen trieb. Er sah hinaus auf eine sich immer weiter ausbreitende Fläche von Wasser. Kälte umhüllte seinen Körper, denn er hatte nicht mal einen Regenschirm bei sich. Stillschweigend sah er unentwegt auf das tosende Meer hinaus. „Warum bin ich hier?“ „Wer hat nach mir gerufen?“ „Takeru? … Takeru bist du das?“ Der Blonde wandte sich um, doch das Gesicht desjenigen der seinen Namen gerufen hatte, verschwamm vor seinen Augen. „Was machst du denn hier draußen, so ganz allein? Und ohne Regenschirm!?“ Takeru konnte nicht antworten. Ihm wurde allerdings bewusst, dass dieser Jemand nicht derjenige war, der nach ihm gerufen hatte. „Takeru?“, der Andere rief Takerus Namen noch einmal und er musste beinahe schreien, denn die tosende Regenwand verhinderte jede verbale Kommunikation. In diesem Moment verlor Takeru sein Bewusstsein. Als Takeru wieder erwachte, konnte er Yamatos wage vor sich erkennen. „Takeru“, rief er den Namen seines kleinen Bruders und wirkte etwas erlechtert, als er in das Gesicht seines Bruders blickte, „Du hättest dir beinahe eine Lungenentzündung eingefangen! Warum warst du bei so einem Sauwetter draußen und das auch noch ohne einen Schirm... am Strand!?“ Auch wenn die Worte des anderen Blonden leise waren, sie klangen trotz allem aufgewühlt. 'Ich war einer Lungenentzündung nahe? Weil ich mitten im Regenwetter meinen Schirm vergessen habe?', schoss es dem Jungen durch den Kopf. „Jetzt komm schon, Yamato, jetzt ist es doch gut, Takeru ist wieder bei Bewusstsein“, sagte nun ein anderer Junge. „Taiichi, wenn du nicht gewesen wärst, dann...“ „Ich war einfach verwirrt! Wer geht schon bei so einem Wolkenbruch ohne Regenschirm nach draußen? Als ich näher hinüberging, habe ich bemerkt, dass es Takeru war und als ich ihn ansprach ist er mir plötzlich zusammengebrochen worauf ich dich gleich benachrichtigt habe“, der Junge namens Taiichi erklärte den Sachverhalt ganz genau. 'Ach richtig... dieser Junge ist der Freund meines Bruders... Sein Name ist Taiichi-san. ...Und ich bin hier im Krankenhaus, oder?' „Vielen Dank, Taiichi-san“, bedankte sich Takeru mit einem kleinen Kopfnicken in die Richtung des Braunhaarigen. „Was ist denn mit dir los, Takeru!?“, lachte Taiichi, „Du tust ja so als wären wir Fremde. Ist dir irgendwas passiert?“ Trotz seines Lachens wirkte Taiichi viel mehr besorgt als er Yamatos Bruder ansah. Takeru hingegen blieb darauf Stumm. Jedoch dachte der Ältere sich, dass es vielleicht etwas gab, dass Takeru im Moment nicht gern aussprechen wollte so lange er hier war. „Also dann, ich verschwinde mal langsam wieder“, verabschiedete er sich und wandte sich mit einem lässigen Winken zu Tür. „Alles klar, danke schön, Taiichi. Tut mir leid für die Umstände.“ „Keine Ursache, mach dir da keine Gedanken. Takeru! Gute Besserung!“, entgegnete Taiichi und kehrte in sein eigenes Heim zurück. Nachdem Yamatos bester Freund das Zimmer verlassen hatte, wandte sich der ältere Bruder an den jüngeren: „Ich weiß, Taiichi hat dich das eben schon gefragt, aber du hast ihm ja nicht geantwortet, also lass mich dich noch einmal fragen... ist alles in Ordnung mit dir?“ Takeru schwieg erneut und fühlte, dass er die Frage auch nicht beantworten konnte, obwohl Yamato sie stellte. „Ist doch komisch, dass du einfach so da draußen rumstehst und nass wirst. Sehr verdächtig, findest du nicht?“, wollte Yamato wissen und wusste dabei, dass seine Reaktion etwas extrem war. 'Stimmt. Normalerweise tat man so etwas nicht. Aber wenn ich ihm sage, dass ich einfach so dort war, ohne zu wissen wie ich dorthin gekommen bin, dann würde er mir sicherlich nicht glauben. Ich hatte das Gefühl, dass jemand nach mir ruft. Ich kann mich nicht mehr erinnern... Selbst wenn ich es mit aller Macht versuche, ich weiß es nicht mehr... Aber warum?' „Großer Bruder...“, begann Takeru wobei er Yamato einen unsicheren Blick zuwarf. Dieser aber schüttelte den Kopf und setzte ein leichtes Lächeln auf: „Wie dem auch sei, im Moment sieht es so aus als solltest du dich gut ausruhen. Erst einmal bist du hier im Krankenhaus.“ Takeru stimmte mit einem stummen Nicken zu und schloss bei diesem Satz seine Augen. Am Abend des selben Tages war Frau Takaishi sofort ins Krankenhaus gefahren als sie Nachricht von Yamato gelesen hatte. Sie war außer sich vor Sorge und griff nach der Hand ihres Sohnes sobald sie sich neben ihn ans Bett gesetzt hatte: „Tut mir leid, dass ich erst jetzt wieder da bin, Takeru.“ „Mach dir doch keine Sorgen“, entgegnete der Blonde mit einem leichten Kopfschütteln. Zwar hatte er sich schon am Morgen nicht sehr wohlgefühlt, aber auf den Vorschlag hin, dass sie sich einen Tag für ihn freinahm hatte Takeru abgelehnt. Wie schon einige Male zuvor hatte er so getan als sei er besser aufgelegt als er sich eigentlich gefühlt hatte, so dass Frau Takaishi ihrer hektischen Arbeit nachgehen konnte ohne sich Sorgen zu machen. „Wenn wenigstens Patamon-chan bei dir gewesen wäre“, flüsterte sie ihm zu, doch Yamato, der das Gespräch noch immer mithören konnte schüttelte leicht den Kopf: „Aber Mutter, das ist doch unmöglich. Das Tor zu Digiwelt ist schon lange wieder verschlossen. Das heißt Patamon und unsere anderen Partner sind in ihre Welt zurückgekehrt.“ „Ich verstehe... Dabei ist es schon ganz schön lange her seit ihr euch das letzte Mal gesehen habt“, bemerkte Frau Takaishi mit sorgenerfüllter Stimme. Dabei bemerkte keiner von beiden, dass in Takerus Gesicht Unwissenheit und totale Verwirrung geschrieben stand. 'Die Digiwelt? Digimon? Das Tor zur Digiwelt? Wovon reden die beiden?' „Da fällt mir ein, ich muss mich bei Taiich-kun für die Hilfe bedanken. Er hat Takeru doch bis ins Krankenhaus gebracht oder? Das sieht ihm ziemlich ähnlich nicht war, früher hat er immerhin schon mal ein paar Mal auf dich aufgepasst als ihr auf eurer aller ersten Abenteuerreise wart. Stimmt doch...“, erkundigte sie sich rein rhetorisch bei ihren Söhnen. 'Auf unserer aller ersten Reise? Wovon redet Mama da?' „Genau. Wenn Takeru entlassen wird, dann sollten wir zusammen mit Taiichi und Hikari-chan essen gehen, findest du nicht?“, schlug Yamato enthusiastisch vor. „Das ist doch eine wunderbare Idee, was meinst du, Takeru?“, stimmte Frau Takaishi mit ein, „Du würdest dich doch sicher freuen, wenn Hikari-chan kommt?“ Takerus Mutter lächelte so als ob sie eine Antwort von ihm erwartete, doch alles was der Blonde hervorbrachte war eine simple Frage: „Hikari-chan?“ „Ja klar, Taiichis kleine Schweter, Hikari-chan. Du verstehst dich doch so gut mit ihr und wir hatten sie schon öfter zu Besuch...“ „Ganz genau, damals als du hergezogen bist, kamst du doch in ihre klasse und hast dich richtig darüber gefreut, oder irre ich mich?“, stimmte Yamato etwas verwirrt mit ein. Takeru allerdings verfiel in nachdenkliches Schweigen. Der Name Hikari war schon etwas ungewöhnlich. Die einzige Person, die er mit diesem Namen kannte war Yagami Hikari und diese ging tatsächlich in seine Klasse. „Hikari-chan... meint ihr damit etwa Yagami-san?“, wollte er wissen. In dem Moment, als er Hikari so unpersönlich betitelte, sahen sich Yamato und seine Mutter für einen Moment fragend an. „He-hey... Takeru was sagst du denn da? Du scherzt, oder?“ „Nein überhaupt nicht. Bis eben habt ihr Dinge gesagt, mit denen ich überhaupt nichts anfangen kann. Wer ist Patamon? Was bedeutet Digiwelt oder was sind Digimon?“, wollte Takeru äußerst verwirrt wissen. „Yamato, ruf sofort den Doktor“, bat Frau Takaishi besorgt. „Alles klar“, entgegnete er und verließ sofort das Krankenzimmer in welchem sich Takeru befand. Dieses Mal hatte sich der Chefarzt persönlich zu ihnen bemüht und nach einigen Untersuchungen und Fragen, welche er gezielt an den Patienten richtete, konnte er bereits eine Diagnose stellen: Takeru litt offenbar an einer selektiven Form von retrograder Amnesie. Fortsetzung folgt Kapitel 1: Im Dunkeln tappend ----------------------------- Im Meer der Erinnerungen Kapitel 1: Im Dunkeln tappend „Wir sind zur Zeit leider nicht zu erreichen. Bitte hinterlassen Sie uns eine Nachricht nach dem Fiepton“ Mit einem kräftigen Signal verriet der Anrufbeantworter, dass er zur Aufnahme bereit war. Nun hatte Hikari bereits seit Stunden versucht im Hause takaishi anzurufen, aber weder nach Takeru noch ein anderes Familienmitglied hob ab. 'Wo Takeru-kun wohl in dieser Sintflut hingegangen ist... Vielleicht ist er ja bei Yamato-san untergekommen und hat bei ihm übernachtet', dachte das braunhaarige Mädchen bei sich, welches nun unschlüssig mit dem Anrufbeantworter verbunden war und überlegte, ob sie ihm eine Nachricht auf das Band sprechen sollte. Da sie ohnehin gezögert hatte um bei ihnen anzurufen, entschied sie sich nicht zu sprechen. Ihre Aufmerksamkeit wurde von Taichi abgelenkt: „Was stehst du denn rum wie bestellt und nicht abgeholt, Hikari?“ Ihr älterer Bruder war gerade aus dem Badezimmer gekommen und versuchte sein wildes Haar mit einem Handtuch zu bändigen. Mit nichts weiter als einem Handtuch bekleidet warf er ihr einen fragenden Blick zu. „Hallo Brüderchen“, begrüßte Hikari den Brünetten. „Wen hast du denn angerufen?“, erkundigte er sich mit einem leichten Lächeln. „Ich habe bei Takeru-kun zu Hause angerufen. Ich hab' es zwar schon ein paar Mal versucht, aber er geht einfach nicht ran“, erklärte sie mit einer leicht besorgten Miene. „Also wenn du Takeru suchst...“, Taichi dachte für den Bruchteil einer Sekunde daran ihr zu erzählen was geschehen war, doch er besann sich eines Besseren. Es war vielleicht doch keine so gute Idee Hikari mitzuteilen was sich zugetragen hatte. Auf jeden Fall schien es für den Augenblick am besten zu sein. „Hm? Weißt du was über Takeru-kun, Brüderchen?“, hakte Hikari nach. „Ah, i-ich dachte nur, dass er vielleicht bei Yamato sein könnte“, entgegnete er leicht bedrängt durch die plötzliche Frage, auf die er eigentlich hätte vorbereitet sein müssen. Hikari war ein wenig beruhigt und meinte: „Du hast auch schon daran gedacht? Ich hoffe zumindest, dass er irgendwie halbwegs trocken nach Hause gekommen ist." Taichi beobachtete sie mit einem nervösen Grinsen wie sie das Telefon allein ließ und in ihr eigenes Zimmer ging. Am folgenden Tag besuchte Yamato seinen Bruder erneut im Krankenhaus. Es war wie ein Schock für Yamato und seine Eltern, dass Takeru sich nicht mehr an alles erinnern konnte. Am vorigen Abend hatte Yamato seinen Vater angerufen, als er sicher sein konnte, dass dessen Arbeit getan war und auf dem Weg nach Hause war. Da es allerdings sehr spät gewesen war, konnte Herr Ishida seinen jüngeren Sohn nicht sofort besuchen gehen. Yamato hatte es augenblicklich bevorzugt seiner Mutter eine emotionale Unterstützung zu sein, riet der Jugendliche seinem Vater dass es besser sei vorerst zu Hause zu bleiben. Nun saßen zunächst Yamato und Frau Takaishi mit dem behandelnden Arzt in einem Sprechzimmer, um ihnen mitzuteilen, dass er ihnen nicht mit Sicherheit sagen konnte wie man Takerus Erinnerungen wieder hervor rufen könnte, wann sie eventuell von allein wieder kämen oder aus welchem Grund sie verloren gegangen waren. Vielleicht konnten sie nach und nach einige Methoden ausprobieren, aber da es für ein tägliches Leben keinerlei Hindernisse gab, empfahl der Arzt, dass Takeru so bald es möglich war entlassen wurde. Gegen Mittag saß Yamato mit seinen Eltern im Hause Ishida um zu beraten wie sie weiter verfahren wollten. Wie getroffen sich Yamatos Vater von Takerus momentanen Zustand fühlte, konnte man an seiner leicht gebeugten Haltung und das ständige, hoffnungslose Seufzen beobachten. „Immerhin erinnert er sich an uns als Familie. Nur die Erinnerungen an die Digiwelt scheinen vollkommen ausgelöscht worden zu sein...“, bemerkte Yamato nachdenklich. Als auserwähltes Kind begann sein Kopf sofort nach einem logischen Grund für dieses Rätsel zu finden. Natürlich gab es mit Sicherheit ein Dutzend wahrscheinliche Gründe, die sowohl mit der Digiwelt zu tun hatten als auch ganz natürliche Ursachen haben könnten. „Tja, für das tägliche Leben gibt es vielleicht keine großen Hindernisse, aber ich kann ihn auf keinen Fall auf sich allein gestellt lassen und auf die Arbeit gehen“, meinte Frau Takaishi. „Natsuko...“, warf Herr Ishida ein, doch seine Frau ignorierte, dass er versuchen wollte etwas zu sagen und überfuhr ihn: „Wirklich, ich frage mich was los war. Auch wenn ich daran jetzt nichts mehr ändern kann, wenn ich das Haus nicht verlassen hätte... Ihm war schon den ganzen Tag nicht so gut gewesen, da sollte er eigentlich drinnen gewesen sein, also warum ist er zum Kaihin Park gegangen? In seiner körperlichen Verfassung geht man doch nicht im Regen nach draußen!“ „Takeru hat erwähnt, dass er plötzlich dort war und auf das Meer starrte“, erklärte Yamato, wobei er seiner Mutter ein leichtes Lächeln zuwarf, „Mach dir bitter nicht so viele Gedanken, Mutter. Ich hätte genauso gut bei Takeru bleiben können, aber ich habe auch viele andere Dinge für wichtiger gehalten.“ So versuchten zumindest Yamato und Frau Takaishi sich gegenseitig zu entlasten oder auch mit ihrer indirekten Schuld klarzukommen. Herr Ishida hingegen erhob sich vom Tisch und legte seine Hand tröstend auf die Schulter seiner Exfrau. „Komm schon, daran hat nun wirklich niemand Schuld. Ich finde wir sollten jetzt alle zusammen miteinander arbeiten und Takeru unterstützen“, meinte er und griff nach seiner Jacke, „Yamato, entschuldige ich muss noch Mal in den Sender und bei den Jungs was vorbeibringen, dann kann ich ihnen auch gleich sagen, dass ich mir für ein paar Tage frei nehme.“ Damit verschwand Herr Ishida aus der kleinen Wohnung, welche er sich mit Yamato teilte. „Mutter, musst du nicht auch noch ein paar Dinge erledigen?“, fragte er ein wenig besorgt, denn es wirkte so als sei sie ein wenig unruhig, denn sie fuhr sich mit der Hand des Öfteren durch das schulterlange, helle Haar. „Ich könnte, aber...“ „Geh nur, ich werde Takeru noch einmal besuchen gehen sobald die Besuchszeiten wieder anfängt“, sagte er und schenkte ihr dasselbe warmherzige Lächeln, welches auch Herr Ishida noch immer und stets für sie übrig hatte. Die Sonne stand bereits tief am Himmel, während Yamato in dem kahlen Krankenzimmer lag und in einem Buch las. Viel mehr konnte er während der Wartezeit auch nicht tun. Hin und wieder riskierte er einen Blick zu seinem Bruder, den er jedoch jedes Mal schlafend sah. Dieses Mal jedoch, trafen sich zwei Paar saphirblaue Augen und in diesem Moment schlich sich ein schwaches Lächeln auf Takerus Gesicht. „Takeru, wie fühlst du dich?“, erkundigte sich der Ältere. „Brüderchen!“, begrüßte er Yamato, doch dieser warf ihm einen leicht verwirrten Blick zu, denn mit 'Brüderchen' hatte Takeru bereits aufgehört als er in die letzte Klasse der Grundschule gekommen war. Seitdem hatte er Yamato stets mit 'Bruderherz' oder seinem Vornamen genannt. Als ob Takeru die Gedanken seines großen Bruders lesen, winkte der jüngere Blondschopf ab: „Ah entschuldige, ich schätze ich hab schon lange aufgehört dich zu nennen wie ein Kleinkind...“ Auch wenn er sich nicht mehr an die Digiwelt erinnern konnte, es sah so aus, als konnte er sich zumindest an dieses kleine Detail erinnern. Yamato schüttelte leicht den Kopf und zwinkerte ihm zu: „Lass nur, nenn mich ruhig wie du willst, immerhin werde ich auch immer der große Bruder bleiben.“ Der jüngere der beiden Brüder sah an Yamato vorbei nach draußen aus dem großen Fenster, das so viel von der Nachmittagssonne hinein ließ, dass das gesamte Zimmer in goldenen Farben erleuchtete. Der Himmel begann sich bereits in glühenden Farben zu baden obwohl es noch ein paar wenige Stunden dauerte, bis die Sonne sich unter dem Horizont versteckte. Hier und da zogen kleine, zottige Wölkchen am Firmament entlang, welche einen leichten Rosastich erhielten und dabei an Zuckerwatte erinnerten. „Heute dagegen war wunderschönes Wetter, hm?“, fragte Takeru wobei er sich mit dem Oberkörper aufsetzte. Mit den Augen folgte er den Bewegungen des tanzenden Vorhangs, mit dem eine leichte Brise spielte. Yamato nickte und drückte auf einen Knopf, der dafür sorgte, dass das Krankenbett die Höhe mit einem mechanischen Geräusch wechselte. „Wann kann ich denn entlassen werden?“, wollte Takeru wissen. „Was deine körperliche Verfassung betriffst, kommst du bestimmt bald raus. Auf jeden Fall meinte der Arzt, dass du wieder entlassen werden kannst sobald du dich wieder gänzlich erholt hast“, entgegnete Yamato sofort und brachte seinen Bruder dazu ein optimistisches Lächeln zu zeigen: „Ah, sehr gut! Das heißt also ich muss mich anstrengen und ganz fix wieder gesund werden. Ich kann ja nicht riskieren die ganzen Sommerferien über im Bett liegen zu müssen.“ „Da hast du Recht!“ Yamato betrachtete seinen Bruder mit ernster Miene. Es war merkwürdig, dass Takeru seit den letzten Abenteuern in der Digiwelt und nach dem Sieg über BelialVamdemon körperlich leichter angreifbar geworden war. Im Winter fing er sich leichter Erkältungen ein, vor allem im vorangegangenem Dezember hatte das Gehör des Jungen bei einer schweren Ohrenentzündung ziemlich gelitten. So manchen Herbstmonat hatte Takeru Wochenends im Bett verbracht. Dies war allerdings nur seiner Familie wirklich aufgefallen. „Sag mal...“, Takeru durchbrach schließlich die Stille, welche sich für eine ganze Weile zwischen sie gelegt hatte. „Was denn?“ „Du hast doch... niemandem gesagt, dass ich im Krankenhaus liege, oder?“, hakte der hellblonde nach. „Jemandem? Wenn denn?“, konterte Yamato geschickt mit einer Gegenfrage. „Na zum Beispiel meinen Klassenkameraden oder den Lehrern“, antwortete Takeru sofort ohne zu bemerken was Yamato ausprobierte. Kein Wort über die anderen Digiritter hatte sein Bruder verloren, so dass auch Yamato die Sache nicht vernünftig ansprechen konnte. Schließlich rang er sich zu einer Antwort durch: „Nein keine Sorge, natürlich nicht. Ich wollte nicht riskieren, dass sich jemand Sorgen um dich macht. Du hast es immerhin recht gut überstanden.“ „Tut mir leid, ich falle dir, Mama und Papa immer so sehr zur Last“, Takerus Miene verschleierte sich zu einem traurigen Gesicht. Es war dieselbe Traurigkeit, die sich schon früher in seinen Augen widergespiegelt hatte, wenn er draußen ganze Familie vereint auf dem Spielplatz hatte spielen sehen. Damals war er ziemlich neidisch auf Geschwister gewesen, die das Glück gehabt hatten miteinander aufzuwachsen und immer zusammen sein zu können. Nachdem sich das Ehepaar Ishida geschieden hatte, blieb Yamato bei seinem Vater, Takeru lebte bei seiner Mutter und man konnte nicht Mal mehr an ihren Nachnamen erkennen, dass sie miteinander verwandt waren. Yamato fand es bedenklich, dass mit den Abenteuern in der Digiwelt offenbar auch die neu erlangte Zuversichtlichkeit verlorengegangen war. Es klopfte unerwartet an der Zimmertür und Yamato nahm sich die Freiheit um an Takerus stelle den neuen Besucher hereinzubitten. Durch die Tür kam Taichi ins Krankenzimmer hinein. „Hey Takeru, wie geht’s dir denn?“, begrüßte er seinen alten Freund mit aufgelegter Stimmung. „Taichi, da bist du ja!“, erwiderte Yamato mit einem Lächeln. „Ja, ich habe mich schon gefragt, was nun eigentlich los ist, weißt du?“, erklärte der Brünette mit dem völlig zerzausten Haarschopf und näherte sich Takerus Bett, neben dem Yamato saß, „Hab ich's mir doch gedacht, du siehst schon viel besser aus als gestern. Das beruhigt mich etwas.“ „J-jah das tut er, das tut er“, übernahm Yamato die Antwor und versuchte mit allen Mitteln zu verbergen, dass sein Bruder jegliche Erinnerungen an sie verloren hatte. „Ach, was ich dir noch sagen wollte, Takeru. Hikari machte sich verdammt viele Sorgen um dich. Sie hat dich wohl ein paar mal angerufen, aber es ist natürlich niemand bei euch ran gegangen. Ich habe ihr gesagt, dass du bei Yamato bist aber... ich hielt es für besser ihr nicht zu verraten, dass du ins Krankenhaus eingeliefert wurdest. Meinst du, dass du sie zurückrufen könntest, wenn du wieder draußen bist?“ Auf Taichis Worte hin warf Takeru sowohl seinem Bruder als auch seinem Freund einen verwunderten Blick zu. Er wirkte geradezu verwirrt darüber, dass er sich bei Hikari melden sollte. „Was ist denn los?“ „Warum... soll ich denn Yagami-san kontaktieren? Ich meine... ich würde ja, aber ich kenne leider ihre Telefonnummer gar nicht.“, entgegnete Takeru nichtsahnend und sorgte dafür, dass Taichi es die Worte verschlug. Ein seltenes Phänomen, welches Taichi gern als Scherz abgetan hätte. „N-na hört mal Takeru, klar hast du unsere Telefonnummer und selbst wenn... Du kannst sie doch über das D-Terminal erreichen?“ „Ehm... Brüderchen? Was ist ein D-Terminal?“, wollte der Blonde wissen und traf seinen Bruder dieses Mal mitten ins Herz. Für ein paar Sekunden suchte er nach den richtigen Worten, doch etwas Besseres als die Wahrheit fiel ihm nicht ein: „Das ist eins der Utensilien der Digiritter.“ „Ah, soll das etwa heißen, dass Yagami-san auch eins der erwählten Kinder ist?“, kombinierte Takeru in einem sonst ziemlich verwirrten Kopf und wühlte damit Taiichi auf. „Heh jetzt... hört mal auf zu scherzen. Was fragst du denn da, Takeru?! Du tust ja gerade so als ob du Hikari gar nicht kennen würdest, oder was das D-Terminal ist...hast du dir irgendwo den Kopf gestoßen?“ „Tut mir Leid“, entgegnete Takeru, wobei er das Gefühl bekam, dass es da eine Menge Dinge gab die er eigentlich hätte wissen müssen und diese Machtlosigkeit ließ Tränen in seine Augen schießen. Yamato klopfte ihm auf die Schulter um ihn zu beruhigen, wobei er so wirkte wie in alten Kindertagen, als er seinen kleinen Bruder Takeru stets trösten musste: „Das macht doch nichts.“ Taichi bekam ebenfalls ein leicht schlechtes gewissen, weshalb er sich verlegen am Hinterkopf kratzte: „Ah, tut mir leid, Takeru. Ich wollte dich wirklich nicht traurig machen... Ich wollte nur, dass du weißt, dass Hikari sich Sorgen um dich macht... Und es hörte sich nur so an, als ob du behaupten willst du seist nicht mit ihr befreundet...“ Taichi wirkte ein wenig gestresst. Er wollte sich auf keinen Fall mit Yamato anlegen, denn er wusste dass der große Bruder seinen Beschützerinstinkt stets aufrecht hielt. „Ehrlich gesagt... erinnere ich mich an nicht mehr... nur dass...“ „Nur dass?“, hakten Taichi und Yamato wie aus einem Munde nach, dabei sahen sie beide auf den Jüngeren hinab, der eine Augen schloss. „Ich wurde...“ „Takeru?“ „Von irgendjemandem wurde ich gerufen...“, entgegnete der Blondschopf und auf seine Worte hin tauschten Yamato und Taichi nervöse Blicke aus. „Von jemandem, sagst du? Aber von wem denn?“, wollte Yamato wissen, doch im nächsten Moment, als Takeru versuchte sich angestrengt an den Abend zu erinnern, suchte ihn ein stechender Schmerz heim. Er keuchte auf und griff sich an die Brust: „I-irgendjemand... ha-hat nach mir... gerufen.“ Nachdem Takeru diese Worte hervor gepresst hatte, sah es für seinen Bruder so aus als ob er jeden Moment zusammenbräche. Er stützte seinen kleinen Bruder und legte ihn nieder: „Ganz ruhig, Takeru, ich hole sofort Hilfe!“ Das angestrengte Atmen des Jungen wurde immer schwerer, so dass selbst sein zierlicher Körper erbebte. Ohne weiter zu zögern drückte Yamato den Notfallknopf um professionelle Hilfe herbeizurufen. Nach nur wenigen Momenten kamen der behandelnde Arzt und eine Krankenschwester herein um unverzüglich die Behandlung des Jungen aufzunehmen. Es brauchte eine kleine Weile, bevor Takerus Zustand sich wieder normalisierte und sofort wieder einschlief. Taichi hatte die Szene entrüstet beobachtet und erinnerte sich kurz an den Abend, als er Takeru am Wasser aufgelesen hatte. Da gab es etwas, was nicht stimmte. Kurz nachdem sich die Lage wieder beruhigt hatte, kam Frau Takaishi ins Krankenhaus und sofort erzählten ihr die beiden Jungen was vor sich gegangen war. Dankbar nickte die Frau und beschloss an Takerus Seite zu bleiben, bis er wieder aufwachte. Währenddessen gingen Yamato und Taichi für eine Weile in die Cafeteria um sich ein wenig zu stärken. Beide Jungen mussten sich erst einmal von dem Schrecken erholen und kaufen sich jeweils einen Matchalatte. „Was hat das alles zu bedeuten, Yamato?“, wollte er schließlich wissen als sie sich gesetzt hatten. Seine Miene schien ratlos und nachdenklich. „Takeru leidet unter einer selektiven Form von retrograder Amnesie“, erklärte Yamato. „Er hat Amnesie?!“, brach es aus Taichi beinahe hysterisch heraus, so dass er die Aufmerksamkeit aller anderen Gäste im Lokal sofort auf sich gezogen hatte. „Ja, aber eben nur einen Teil“, antwortete der Goldblonde ein wenig nachdenklich. „Und 'nur ein Teil' soll heißen, dass...“, Taichi biss sich auf die Unterlippe, er konnte sich genau vorstellen was gemeint war. „Alles alltägliche und an die Familie und die Schule kann er sich noch gut erinnern. Dagegen sind alle Erinnerungen an die Digiwelt wie ausgelöscht“, meinte Yamato mit ernstem Unterton. Für Taichi ergab plötzlich alles viel mehr Sinn: „Deshalb hat er dich auch gefragt was ein D-Terminal ist, liege ich da richtig?“ Yamato antwortete zunächst nur mit einem Nicken: „Für ihn bist du einfach nur noch einer meiner Freunde, aber Hikari-chan eben nicht. Gestern haben wir ihm gesagt, dass wir alle zusammen Essen gehen könnten, als Dank weil du Takeru gerettet hast. Er hat uns angesehen als wollten wir ihn zum Urlaub in die Arktis schicken und kurz danach wollte er auch wissen wer Patamon ist. Spätestens da haben wir wirklich bemerkt, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugehen konnte.“ Taichi wusste nicht was er sagen sollte. Gedächtnisschwund, damit hatte er bisher noch nicht viel zutun gehabt und so wie Yamato die Sache schilderte, hörte es sich nicht nach einer gewöhnlichen Amnesie an. Er fragte sich vermutlich dasselbe, was Yamato bereits durch den Kopf gegangen war. Warum waren ausgerechnet die Erinnerungen an die Digiwelt verloren gegangen? Warum konnte er sich nicht mal mehr an seine Freunde wie Iori oder Hikari erinnern? Vor allem, wieso traf es überhaupt ihn und außerdem plagte Taichi die Frage, wer nach ihm gerufen hatte. „Sag mal Yamato... hast du 'ne Ahnung wen Takeru gemeint haben könnte?“, fragte Taichi schließlich. „Du meinst wer ihn gerufen hat? Ich habe keine Ahnung. Eins weiß ich aber, was auch immer diese Jemand mit ihm angestellt hat, ich werde ihm das auf keinen Fall verzeihen!“, entgegnete er und ballte seine Hand zur Faust. Er war wütend. Äußerst wütend auch wenn er es in seinem Inneren, zumindest für diesen Moment, gut verstecken konnte. Taichi hingegen hatte das Gefühl, dass er erahnen konnte wie Yamato sich fühlte. Wenn Hikari das Opfer gewesen wäre, dann wäre er sicher ebenso brutal in seinen Gedanken gewesen. „Taichi, könntest du Hikari-chan vielleicht irgendwas sagen, damit sie nicht...“ „Klar, mach dir keine Gedanken, ich werde ihr erst mal sagen, dass es Takeru nicht gut geht und sie es vorerst lieber bleiben lässt“, antwortete Taichi rasch, „Ich meine... irgendwie wäre es schwer Hikari zu sagen, dass Takeru sich an absolut gar nichts mehr erinnern kann, was sie zusammen erlebt haben.“ „Entschuldige“, kam es leise aus Yamatos Munde. „Ich würde ja gern sagen, mach dir nichts draus, aber … Na ja, ich mache mir eben auch Sorgen um Hikari und mag sie eigentlich nicht anlügen... aber wenn Takeru plötzlich in die Schule geht und Hikari nicht mehr kennt dann...“, meinte Taichi etwas besorgt. Wenn er darüber nachdachte, dann legte sich ein massiger Klumpen in Taichis Magen. Am liebsten hätte er sie vorgewarnt, aber auf der anderen Seite käme diese Nachricht mit Sicherheit wie ein Schock. Plötzlich stand Taichi wie von der Tarantel gestochen auf. Yamato warf ihm einen verwirrten Blick zu. „Taichi?“ „Ah, Yamato, ich muss noch mal weg! Mir ist was eingefallen! Ich melde mich, wenn ich mit Koushirou geredet habe!“, meinte er und sprintete davon ohne sich noch einmal zu Yamato umzudrehen. Der Blonde hingegen sah seinem besten Freund verwirrt nach. Was wollte Taichi denn bei Koushirou? Daisuke war schon den ganzen Tag der Langeweile verfallen. Der gewaltige Orkan, der am gestrigen Tage wütete, hatte den Fußballplatz in einem elendigen Zustand hinterlassen, so dass der Fußballclub in dem Daisuke spielte das Training absagen musste. Aus diesem Grunde hatte Daisuke plötzlich mehr Freizeit übrig, als er gewöhnt war. Nach dem letzten Kampf gegen BelialVamdemon waren ihre Partner vorerst wieder in die Digiwelt zurückgekehrt und langsam aber sicher blieb der zweiten Generation von Digirittern kaum mehr Zeit sich alle miteinander zu treffen. Miyako war in die Mittelschule gekommen und Ken ging ohnehin auf eine andere Schule. Iori war eine Klassenstufe unter ihm, so dass in der Mittagspause entscheiden musste ob er Miyako in der Mittelschule besuchte oder bei Daisuke, Hikari und Takeru blieb. Natürlich waren Hikari und Takeru noch immer in Daisukes Klasse, doch seitdem die Gefahren in der Digiwelt überwunden waren, hatte er kaum mehr einen Grund mit Takeru zu sprechen. Die alte Fehde ihn als Rivale anzusehen, hatte Daisuke noch nicht hinter sich lassen können, aber er hatte es mittlerweile aufgegeben sich um Hikaris Gunst zu bemühen. Was ihn mit den beiden im Augenblick am meisten verband war es, ein Digiritter zu sein. „Sag mal, hast du deine Hausaufgaben eigentlich schon gemacht?“, wollte Daisukes große Schwester Jun wissen und reizte ihren kleinen Bruder damit sehr. Wobei Daisuke nicht von sich behaupten konnte zuverlässig an seinen Hausaufgaben für die Sommerferien gearbeitet zu haben. Wenn der brünette Wuschelkopf ehrlich gewesen wäre, dann musste er zugeben, dass er sie sich noch nicht einmal angesehen hatte. Es war mittlerweile zu einer Art Tradition geworden, dass die gesamte Familie Motomiya sich am letzten Tage des Monats August zusammen fand um Daisuke das letzte bisschen Wissen einzutrichtern. Ken, der letzte, goldene Hoffnungsstrahl des Jungen war momentan mit seiner Familie auf einer Reise. Hikari, konnte er nicht bitten ihm die Hausaufgaben zu zeigen, denn damit würde er sich ein glattes Eigentor schießen – selbst wenn er sie als eine potentielle Partnerin bereits aufgegeben hatte – Daisuke befürchtete, dass sie anfangen würde ihn zu meiden. Es gab nur noch eines was Daisuke übrig blieb. Er tat es nicht gern. Es war lediglich ein mutwilliger Akt nur um dem Gewese seiner Familie zu entgehen. Deshalb schnappte der Erbe vom Wappen des Mutes und der Freundschaft, waghalsig sein D-Terminal um Takeru eine E-Mail zu schreiben: »Kann ich dich mal eben bei dir zu Haus vorbeikommen?« Daisuke sah zum Fenster hinaus während er wartete, dabei lag er auf dem Boden und lauschte der uninteressanten Fernsehsendung. Nach einiger Zeit, als immer noch keine Antwort von seinem Kameraden ankam, meckerte Daisuke mürrisch vor sich hin: „Oh Mann, dieser Takeru wird doch wohl nicht meine Mail ignorieren?“ Ob er wohl mit Hikari ein Date hatte? Wenn dem so war, musste er wohl einsehen, dass gute, alte Freunde zweitrangig waren. Verärgert setzte Daisuke sich auf und fasste kurzer Hand einen Entschluss. Er sammelte seine Hausaufgaben zusammen, welche er natürlich all die Zeit über nicht einmal angesehen hatte, verstaute sie in seinem Rucksack und rannte aus der Wohnung. Die Türklingel schellte und schellte. Egal wie oft er auch versuchte den Knopf zu drücken, die Familie, die in dieser Wohnung lebte, kam einfach nicht an die Tür. 'Anscheinend ist wirklich niemand zu Hause... Ob der wohl zu auf Reisen ist?', fragte er ich und machte auf dem Hacken kehrt um wieder zu verschwinden. Ungeduldig wartete Daisuke darauf, dass der Fahrstuhl endlich wieder in den achten Stock gelangte. Gerade als er sich hineinbegeben wollte, stieß er beinahe mit einer anderen Person zusammen, die gerade aus dem Fahrstuhl herausgehen wollte. „Daisuke-kun?“ Bevor sie mit ihren Köpfen zusammenstießen, zuckte der Junge mit den rotbraunen Haaren zusammen und nahm sehr überrascht aber auch ein wenig verlegen ein paar Schritte Abstand. „Ah, Hikari-chan!“, entgegnete er wobei er anhand der Reaktion des Mädchens erkennen konnte, dass sie ebenfalls sehr erstaunt war. Vor allem, dass sie sich jemals, ausgerechnet vor Takerus Haustür trafen war höchst unwahrscheinlich gewesen. „Daisuke-kun, hattest du eine Verabredung mit Takeru-kun?“, wollte sie wissen. „Ah jah... also nein eigentlich nicht. Er ist sowieso nicht zu Hause“, antwortete er. „Ist das so?...“, murmelte sie ein wenig enttäuscht. Nun wo Daisuke näher darüber nachdachte, kam es ihm sehr merkwürdig vor, dass die beiden nicht zusammen waren. „Was ist los, Hikari-chan?“, wollte Daisuke wissen, während er bemerkte, dass ihre Miene leicht traurig wirkte. „Weißt du, ich habe Takeru-kun bereits E-Mail geschickt, aber er antwortet nicht und ans Telefon geht auch niemand“, erklärte sie. „Ah! Da fällt mir ein, bevor ich hergekommen bin habe ich auch ein Email geschrieben, aber keine Antwort bekommen. Deshalb bin ich eigentlich bloß hergekommen...“, berichtete Daisuke. „Ach so... Also ich frage mich, was wohl passiert ist.“ „Ist es nicht wahrscheinlich, dass er bei seinem großen Bruder ist?“ „Ich habe zwar auch schon daran gedacht, aber irgendwas sagt mir, dass da noch etwas anderes ist...“, entgegnete Hikari in einem leicht nachdenklichen Ton und sah zum Himmel hinauf, den man vom Laubenaufgang her gut betrachten konnte. Hikari dachte kurz darüber nach und musste sich selbst daran erinnern, dass sie alle anderen Möglichkeiten gar nicht weitergesponnen hatte, denn Taichi war es schließlich, der sie zu beruhigen versuchte und ihr sagte, dass Takeru womöglich bei Yamato war. Sie hatte ihm zwar zugestimmt, aber es war eigentlich nicht das erste woran sie gedacht hatte. Wie recht Hikari mit ihrer bösen Vorahnung hatte, konnte sie in diesem Augenblick noch nicht wissen. Fortsetzung folgt Kapitel 2: Augen wie kalter Stahl --------------------------------- Im Meer der Erinnerungen Kapitel 2 Augen wie kalter Stahl Die Sonne brannte in scharlachroten Tönen und tauchte die künstlich konstruierte Insel außerhalb von Tokio in feurige, leuchtende Farben. Die Hitze flimmerte noch immer auf den Straßen, obwohl sich der Verkehr mittlerweile beruhigt hatte und die Zikaden veranstalteten sein ohrenbetäubendes Konzert. Es war ein gewöhnlicher Sommertag in der Großstadt und so mancher hätte meinen können, dass es keine merkwürdigen Ereignisse vor sich gingen. Doch der Schein trog. In dem Krankenhaus, in welchem Takeru eigenliefert war, wurde gerade das Abendessen ausgeteilt. Lediglich die schweren Vorhänge seines Zimmers versperrten den schwächer werdenden Sonnenstrahlen den Zutritt. Der blonde Junge, welcher noch immer das Bett hüten musste, öffnete langsam seine schweren Augenlider und konnte sofort seine besorgte Mutter neben sich am Bett sitzen sehen. „Mutter.“ „Oh, du bist ja aufgewacht. Wie geht es dir, mein Schatz?“ Der Junge versuchte ein zuversichtliches Lächeln zu zeigen. Er fühlte sich auch schon viel kräftiger als zuvor. „Ich bin okay“, beruhigte er seine Mutter, „Wo sind denn Taichi-san und mein Bruder?“ „Die sind führ heute nach Hause gegangen. Sie meinten es sei besser erst Morgen weiterzureden“, erklärte sie mit einem sanften Lächeln. „Das ist aber schade, ich wollte die beiden noch so viel über die Digiwelt fragen...“, meinte er enttäuscht, wobei er in ein bedrücktes Schweigen verfiel. Als er vor ein paar Stunden diesen merkwürdigen Anfall gehabt hatte, fing es plötzlich an. Er hatte eine merkwürdige innere Unruhe in sich aufkommen spüren und sie hielt auch jetzt noch an. Takeru wurde von Frau Takaishi aus den fernen Gedanken gerissen: „Du wirst entlassen sobald es dir körperlich wieder gut geht, Takeru, es gibt keinen Grund die Sache zu überstürtzen. Du solltest jetzt etwas essen, du musst doch wieder zu Kräften kommen.“ Mit einer flotten Bewegung richtete sie ihrem Sohn das Abendessen an indem sie ihm das kleine Gestell über das Bett legte und die Mahlzeit darauf stellte. Zur selben Zeit an einem anderen Teil Odaibas war die Familie Yagami gerade mit dem Abendessen fertig geworden. Hikari half ihrer Mutter zunächst mit dem Abwasch und wollte den Rest ihrer Hausaufgaben erledigen, bevor sie es sich mit einem Buch auf dem Bett gemütlich machen wollte. Zumindest war dies ihr ursprünglicher Plan gewesen, der nicht ganz aufging, denn Taichi kam nach einem kurzen Klopfen in Hikaris Zimmer. „Ah, Bruderherz! Ich hab schon gedacht du sagst heute gar nichts mehr“, ein beleidigter Unterton markierte deutlich, dass sie die Stimmung nicht besonders mochte, die am Essenstisch geherrscht hatte. „Tut mir leid, ich hab nur nachgedacht.“ „Du warst heute ziemlich lange weg. Bei Koushirou-san?“, Taichi nickte als Antwort und darauf hakte Hikari weiter nach, „Was wolltest du bei ihm?“ „Nichts spezielles. Viel mehr über die guten, alten Zeiten plaudern“, log der Braunhaarige mit dem zerzausten Haar, obwohl er sich ziemlich unwohl dabei fühlte. Dennoch konnte er Hikari weder von Takeru erzählen, noch von dem, was er mit Koushirou besprochen und untersucht hatte. Zumindest jetzt noch nicht. „Hikari... warum ich eigentlich hier bin, ...es ist wegen Takeru, weißt du“, er druckste wieder um eine klare Antwort zu vermeiden. Ihm stand das Lügen nicht besonders, aber in diesem Falle musste Taichi sich wirklich dazu zwingen. „Also, Takeru geht es im Moment nicht so gut, deshalb hat Yamato mich gebeten dir auszurichten, dass du vorerst nicht anrufen solltest. Oder E-Mails schreiben, weil Takeru momentan nicht antworten kann... Ach ja, und außerdem sind Besuche bei ihm auch noch nicht erlaubt.“ Wenn Taichi daran dachte was er mit Yamato in der Cafeteria besprochen hatte, wurde ihm beinahe schlecht. Wie hätten sie seinen Kameraden so knallhart ins Gesicht sagen können, dass Takeru unter Gedächtnisschwund litt? Da die anderen Erwählten Kinder ebenso wenig wussten wie Hikari was los war, konnte auch nichts weiter nach außen dringen. Im Moment schien es auch für Takeru das Beste zu sein sich möglichst wenig aufzuregen. Für ihn waren die Digiritter, oder das Faktum selbst auch ein Digiritter zu sein ein absolutes Rätsel. „Hat Takeru-kun sich etwa eine Sommergrippe eingefangen?“ „Nicht ganz... du weißt doch neulich, bei dem schweren Unwetter, richtig? Nachdem ihr im Eiscafé wart, ist Takeru in diesen heftigen Regen geraten und hat sich fast eine Lungenentzündung geholt... sagt zumindest der Doktor.“ „Hat der Doktor also gesagt, ja?“, harkte Hikari nach als sie die Erklärung ihres Bruders gehört hatte. Langsam kaute sie die Worte ihres im Kopf noch einmal durch, doch sie kam nicht auf ein passendes Ergebnis das passen konnte. „Ach, Bruderherz?“, fragte Hikari mit einem schelmischen Unterton in der Stimme, „Stimmt es, dass du heute bei Koushirou-san warst?“ „Woher weißt du denn, dass ich bei ihm war?“, wollte Taichi erstaunt wissen. Seine Schwester zuckte geheimnisvoll mit den Schultern und tänzelte verspielt um ihn herum. „Ich weiß auch nicht. Du sagst mir immerhin auch nicht mehr alles“, meinte sie gelassen und schob sich langsam aus dem Zimmer. Mehr oder weniger um Taichi herauszulozen. Dieser sah seiner kleinen Schwester nachdenklich hinterher, als sie ins Badezimmer verschwand. Verheimlichte sie ihm etwas irgendetwas? Nachdem Hikari früher an diesem Tag auf Daisuke getroffen war, nahmen die beiden Jugendlichen den Fahrstuhl wieder nach unten. In dem Moment, als sie den silbergrau verkleideten Raum verließen, erblickte Daisuke zufällig noch jemanden, den sie sehr gut kannten. Seine Miene klarte auf und er riss seine Hand zum Winken geradewegs in die Höhe: „Oooi, Miyako!“ Hikari wurde ebenfalls aufmerksam: „Miyako-san, hallo!“ Das Mädchen mit der etwas eigenartigen Haarfarbe, wandte sich neugierig um und sah über ihr leichtes Gepäck hinweg. Sie hatte ihren Eltern erneut im Laden ausgeholfen und war nun auf dem Weg nach Hause. Ihre Lippen formten sich zu seinem fidelen Lächeln. „Daisuke, Hikari-chan! Wie schön euch zu sehen“, begrüßte das ältere Mädchen die beiden, „Es kommt selten vor euch beide zusammen zu sehen.“ „Wir haben uns ganz zufällig getroffen“, entgegnete Hikari, während Daisuke sich bemühte seine aufkeimenden Gefühle zu unterdrücken, manchmal klappte es einfach nicht zu akzeptieren, „Ich wollte Takeru-kun besuchen und vor der Tür wartete schon Daisuke-kun.“ „Ach so!“, stieß Miyako erleichtert aus. „Sag mal, Miyako-san, hast du Takeru-kun zufällig in den letzten Tagen gesehen?“, erkundigte sich Hikari ein wenig hoffnungsvoll. „Lass mich nachdenken... Ich glaube nicht nach dem ersten August. Manchmal sehen wir uns eben, weil wir im selben Gebäude wohnen“, erklärte sie nachdenklich. Daisuke, den es eigentlich weniger interessierte wo Takeru sich aufhielt, brach mit einer neuen Idee hervor: „Hey wo wir schon mal alle zusammen sind, lass uns Iori Bescheid sagen! Es wäre auch schön wenn Ken dazu kommen könnte, aber der ist mit seiner Familie unterwegs.“ „Ohh jetzt wo du's sagst, Daisuke! Ich habe heute eine E-Mail von ihm bekommen! Er schrieb, dass er morgen wieder in Tokio ankommt und uns Souvenirs mitgebracht hat, also möchte er uns gern sobald es geht treffen.“ „Was!? Mir hat er ja gar keine geschrieben!“, rief Daisuke auf als er auf seinem D-Terminal nachsah um zu sehen. Seine Wangen mit Luft aufgebläht ließ ihn wieder wie einen kleinen Jungen erscheinen. Hikari ließ ein leises Kichern verlauten, während Miyako versuchte die Sache auf sich beruhen zu lassen. Sie wusste, dass die beiden beste Freunde waren, doch in letzter Zeit waren sich Ken und Miyako per E-Mailkontakt einfach näher gekommen. Murmelt und motzend schlug Daisuke auf die Tasten seines Gerätes ein und wenig später stieß Iori zu ihren. Seinem Blick war zu entnehmen dass er sich sowohl darüber freute also auch ein bisschen verwundert war. „Hallo alle zusammen“, begrüßte der vom Wachstumsschub beeinflusste Iori, „Ihr seid ja schon alle da!“ „Lange nicht gesehen, Iori-kun!“, bemerkte Hikari lächelnd. Nun ging ihr der jüngere schon bis zur Schulter. „Wo ist denn Takeru-san?“, wollte er wissen, als er bemerkte, dass dieser als einziger nicht da war. „Das wollte ich dich auch gerade fragen. Hast du ihn in letzter Zeit getroffen?“, wollte Daisuke wissen. Iori schüttelte zunächst schweigend den Kopf. Wenn er genau darüber nachdachte, dann fand er es eigenartig, dass sie sich alle eigentlich hin und wieder treffen könnten, da sie nur ein paar Stockwerke voneinander entfernt wohnten. Trotzdem sahen sie sich so gut wie nie. Da Iori aus seinen tiefen Gedanken wieder erwachte, bemerkte er dass Hikaris Gesichtsausdruck sich verdunkelte: „Weißt du... egal was ich unternehme, ich bekomme einfach keinen Kontakt mit ihm. Das macht mir schon ziemliche Sorgen.“ „Ist Takeru-san etwa etwas zugestoßen?“, erkundigte sich Iori nachdenklich und blickte besorgt in die Runde. Daisuke hingegen wurde es ein wenig zu ernst, so dass er versuchte Hikari und die anderen wieder aufzumuntern: „Ach kommt schon Leute, es geht hier um Takeru! Ich bin mir sicher, der kommt bald um die nächste Ecke gebogen als sei nichts geschehen. Spätestens wenn wir Ken treffen damit er uns die Geschenke überreichen kann.“ Doch Hikaris schlechtes Gefühl veränderte sich nicht zum Guten. Eben diese Stimmung hielt sich während ihres gesamten Treffens, welches sie schließlich in Miyakos Wohnung verlegten, in dem immer reges Leben war. Im Zimmer des ältesten Mädchens der Gruppe, machten sie sich es gemütlich, jeder auf seine Weise. „Oh Mann, das erinnert mich so sehr an alte Zeiten!“, rief Daisuke begeistert aus. „Irgendwie schon. Wir sollten uns wirklich wieder öfter sehen“, stimmte Miyako zu, „Vor allem weil die Digimon doch irgendwie... ja, sie sind doch irgendwie anerkannt, oder?“ Sie hatte es nie so richtig verstanden, warum sie ihre Partner hauptsächlich in der Digiwelt lassen mussten und sie nur ab zu besuchen konnten, wenn es die Zeit erlaubte. Während die Digiritter in ihre Gespräche vertieft waren, ertönte das Piepsen von Miyakos D-Terminal erneut. Eigentlich hatte sie erwartet, dass Ken ihr eine weitere E-Mail geschrieben hat, doch als sie nachsah von wem sie kam, weiteten sich ihre Augen vor Überraschung: „Koushirou-san?!“ „Du hast eine Nachricht von Koushirou-san bekommen?“, wollte Iori wissen. Neugierig öffnete Miyako die E-Mail. 'Miyako-kun, bitte überprüfe das Tor zur Digiwelt. Taichi-san ist gerade bei mir und wir müssen etwas untersuchen. Schreibe mir bitte sofort das Ergebnis, sobald du es ausprobiert hast. Koushirou.', las das Mädchen laut vor und bemerkte, dass Hikari sehr hellhörig wurde. Ihr Bruder hatte gar nicht erwähnt, dass er sich mit ihm treffen wollte. Und warum sollten sie untersuchen ob das Tor zur Digiwelt offen war oder nicht? Während Hikari hunderte von Fragen durch den Kopf sausten, fuhr Miyako ihren Computer hoch. „Hey Leute... wie wäre es? Gehen wir alle zusammen, wenn wir schon Mal hier sind?“, wollte sie wissen und erntete damit rege Jubelrufe bei ihren Freunden. Früh am Morgen, war die Luft bereits schwer vor Feuchtigkeit obwohl die Sonne von hauchdünnen Schleiern eingehüllt war. Die Verkehrsgeräusche dröhnten durch die Straßen, obwohl der Stau durch die zru Arbeit reisenden Menschen bereits abgeklungen war. Zu dieser relativ frühen Zeit, kehrte Yamato erneut im Krankenhaus ein um Takeru ein bestimmtes Kleinod zu bringen. Gestern, während Daisuke und die anderen Erwählten Kinder vor dem Wohnhaus miteinander redeten, hatten Frau Takaishi, Herr Ishida und Yamato beschlossen, dass es das beste war, wenn Herr Ishida ebenfalls einen Schlüssel zur Wohnung bekam. Auf diese Weise hatte Yamato auch diverse, kleine Utensilien mitgenommen. Sein Ziel war es einige der verschlossenen Erinnerungen in Takerus Kopf wieder hervor zu kitzeln. Aus diesem Grund hatte der Blonde das D-3 Digivice und das D-Terminal seines Bruders mitgenommen, welche noch achtlos auf dem unaufgeräumten Schreibtisch gelegen hatten. Außerdem hatte er auch ein paar Fotos dabei, welche er als kleine Unterstützung anwenden wollte. Letzten Abend hatte Taichi ihn aufgeregt angerufen und ihm ein paar interessante Dinge verraten, die er zusammen mit Koushirou raugefunden hatte. Auf den Vorschlag des Computergenies hin, wollte Yamato es wagen Takeru langsam wieder an die Nacht heranzuführen. Allerdings nur, wenn es ihn nicht zu sehr belastete. Ohne anzuklopfen betrat Yamato das Krankenzimmer und setzte sich an Takerus Bett und nach einem kurzen Hallo und Alltagsgesprächen, überreichte Yamato ihm endlich die wichtigsten Dinge eines Digiritters. „Das ist also mein Digivice?“, wollte Takeru zögernd wissen. Als er es in die Hand nahm hatte er nicht das Gefühl, dass er es jemals zuvor gehalten hatten. Es wog eigenartig schwer in seiner Hand, so als ob einiges an Technik darin versteckt war. „Ja genau, früher, als wir zusammen in der Digiwelt waren, sah deins so aus wie meins“, erklärte Yamato und zeigte ihm sein eigenes. Es war viel kleiner und einfach nur weiß, wie es augenblicklich noch den Anschein hatte. Takeru betrachtete die kleinen Geräte fasziniert. Sie sahen so futuristisch aus und doch so einfach als seien sie neuentwickelte Spielzeuge. „Wozu sind die?“, fragte Takeru schließlich, da er ihnen überhaupt keinen Sinn entnehmen konnte. „Damit lässt du deinen Digimonpartner digitieren“, antwortete Yamato sofort, „Außerdem könnt ihr, also Hikari-chan, du, Daisuke und die anderen der zweiten Generation das Tor zur Digiwelt öffnen.“ „Daisuke!?“, wiederholte Takeru den Namen seines Kameraden überrascht. Ihm kam es seltsam vor mit Daisuke etwas zu tun zu haben. „Ja genau, Motomiya Daisuke, er geht in deine Klasse“, erklärte der Ältere. „Ah... also Motomiya-kun, der im Fußballclub ist? Und Yagami-san ist doch auch in meiner Klasse, oder nicht? Wer sind die anderen Digiritter?“, wollte Takeru nun aufgeregt wissen. Langsam erklärte Yamato ihm wer seine Kameraden waren. Miyako und Iori lebten sogar im selben Gebäude wie er und Takeru meinte sich erinnern zu können, dass die beiden ihm die Schule gezeigt hatten, als er nach Odaiba gezogen war. „Und dann ist da noch Ichijouji Ken“, meinte Yamato und erntete einen überaus erstaunten Blick. „Was, Ichijouji Ken sagst du? Der Ichijiouji, der als Wunderkind gilt?“, hakte Takeru nach und erhielt ein Nicken. Nun, vorerst wollte Yamato ihm nicht erklären, dass es einmal den Digimon Kaiser gegeben hatte. Es schien schon ein wenig verwirrend für Takeru zu sein all diese Namen zu hören und von Ereignissen zu erfahren die in seinem Kopf nicht einmal stattgefunden zu werden. Schließlich nahm Takeru auch sein D-Terminal in die Hand und klappte es mit einem plastischen Klacken auf. Das Display verriet ihm, dass er noch so einige ungelesene E-Mails hatte. „Yagami Hikari“ war der Name, der öfter vorkam als alle anderen. „Weißt du, am Anfang waren wir acht, danach kamen vier weitere dazu. Hikari-chan und du wart zwei Mal Teil der Gruppe und wenn du dir das hier mal ansiehst. Das ist ein Foto vom ersten August als wir zusammen beim Karaoke waren. Wir treffen uns jedes Jahr am ersten August, weil an diesem Tag unsere erste Reise in die Digiwelt begann“, erklärte Yamato und zeigte auf jeden ihrer Freunde und teilte ihm die Namen mit, auch wenn Takeru schon wusste wer Daisuke und Hikari waren, „Kannst du dich nicht mehr erinnern? Wir sind Karaoke singen gegangen und als der Angestellte mit dem Essen kam, haben wir ihn darum gebeten ein Foto zu machen. Hikari-chan hat immer eine Digitalkamera bei sich, weißt du?“ Takeru versuchte mit aller Kraft sich daran zu erinnern. Tatsächlich war ihm so, als habe er sich bei einem Fest befunden. Die Atmosphäre war leicht gewesen. Sie hatten Spaß miteinander, sie waren fröhlich und hatten viel geredet und gelacht. In seinem Kopf war ein wirres Gesumme von Stimmen, welche den gesamten Raum erfüllten. Sein Herz fing an schnell zu schlagen bei der leisen Erinnerung an heitere Lieder und rhythmischer Musik. Dennoch konnte Takeru sich an keine Gesichter erinnern. Keine Namen und keine klaren Gesichter konnte er erkennen. Hinzu gesellte sich ein befremdliches Gefühl von Übelkeit und Schwindel. War er nicht für kurze Zeit weggetreten? „Ich... habe ich den anderen dort schon Kummer bereitet?“, wollte Takeru wissen. „Nein, mach dir keine Gedanken“, entgegnete Yamato, „Du warst eigentlich so aufgelegt wie immer. Wieso fragst du?“ „Ich hatte nur so das Gefühl, als sei etwas geschehen. Aber sag Mal, Brüderchen... War es nicht so, dass Motomiya-kun mich nicht leiden kann?“, Takeru suchte die ebenso blauen Augen seines Bruders. Dieser schüttelte sanft lächeln seinen Kopf: „Nein, keine Sorge. Man kann nicht behaupten, dass ihr die besten Freunde seid. Es wäre aber auch übertrieben zu sagen, dass ihr euch nicht leiden könnt. So ist das nun mal in einer großen Familie.“ „Eine Familie sagst du, hm?“, der Blonde öffnete ein paar von Hikaris Meldungen. Sie erschienen ihm sehr besorgt und zu Weilen sogar ziemlich traurig und verzweifelt. Irgendetwas in seinem Inneren schien sich dazu verpflichtet zu fühlen zuerst ihr eine Nachricht zu hinterlassen. „Ich schätze, ich sollte Yagami-san sofort-...“ „Es ist okay, Takeru. Ich habe schon mit Taichi geredet und ihn gebeten Hikari-chan zu sagen, dass es dir erst Mal zu schlecht geht um Besuch zu empfangen oder E-Mails auszutauschen. Also bitte, ruh dich aus und mach dir keine Gedanken darüber.“ „Aber...“ Er redete nicht weiter sondern sah auf die Kanji, die den Namen des jungen Mädchens darstellten. Da war etwas, das sein Herz ergriff. Ein schlechtes Gewissen. Selbst wenn Yamato es für besser hielt dem Mädchen erst einmal nicht zu schreiben, Takeru wusste, dass er es tun musste. Er musste es tun. Doch was konnte er jemandem schreiben, den er nur vom Sehen und vom Grüßen her kannte? Als Ken am späten Nachmittag nach Hause kehrte, griff er unmittelbar nach dem Telefon. Am anderen Ende war Daisuke und machte seinem inneren Ärger Luft: „Das ist unfair, Ken! Miyako hat von dir eine Mail bekommen und was ist mit mir? Deinem Jogresspartner?“ Ken lächelte ein wenig hilflos am anderen Ende, auch wenn Daisuke es nicht sehen konnte. Es war nicht so, dass Ken seinen besten Freund ignoriert hatte. Miyako schrieb ihm dann und wann gern Mal eine Nachricht. Wenn er richtig überlegte, hatte sie ihm schon immer gern mit ihm kommuniziert. Nur aus diesem Grund hatte er ihr als einzige erzählt, dass er bald wieder in Tokio war und alle zusammen sehr bald treffen wollte. „Hast du Miyako-san gestern getroffen?“ „Ja, zusammen mit Hikari-chan und Iori.“ „Was ist mit Takaishi-kun?“ „Wir wollten Takeru gestern besuchen aber da war keiner. Er scheint wie vom Erdboden verschluckt zu sein und Hikari-chan hat sich große Sorgen um ihn gemacht.“ „Ich verstehe... Ich frage mich, ob es ihm vielleicht schlecht geht...“, murmelte Ken ins Telefon und brachte Daisuke dazu einen Ausruf der Verwunderung auszustoßen. Ken konnte es zwar nicht sehen, doch er hatte das Gefühl, dass Daisuke sämtliche Gesichtszüge entgleißt waren. „Du weißt doch, Anfang August als wir beim Karaoke waren? Ich glaube es war zu dem Zeitpunkt, als du gesungen hast... Takaishi-kun hatte sich nach seinem Lied neben mich gesetzt und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es ihm ganz und gar nicht gut ging.“ Ken erinnerte sich an jenen Tag. Es war tatsächlich so gewesen, wie Ken seinem Freund bereits erzählt hatte. In dem Moment, als Takeru sich neben Ken gesetzt hatte, wirkte es so als verlöre sein Gesicht sofort an Farbe. „Takaishi-kun?“ Es kam keine Antwort. Takeru hatte immer nur auf den mit Knabberzeug und Essen beladenen Tisch gestarrt, so als gäbe es Ken nicht. So als gäbe es den Karaokeraum nicht und als wäre auch sonst nichts, außer ihm selbst anwesend. „Takaishi-kun.“ Ken hatte den Blonden leicht an den Schultern gepackt und ihn ein wenig gerüttelt. „Heh, Takaishi-kun, ist alles in Ordnung mit dir?“ Für einen Augenblick ließ Takeru den Kopf hängen. In Ken machte sich dagegen ein Gefühl der Angst breit. Ein kaltes, sehr bekanntes Gefühl, welches er seit langer Zeit nicht mehr in sich gespürt hatte. Vor allem nicht in Takerus Gegenwart. „Taka-...“ Blitzschnell hob Takeru seinen Kopf. Die Augen riss er auf. Ein paar stahlblaue, leuchtende Augen, die von einer mystischen Aura umgeben waren, starrten Ken an. Für einen Augenblick hielten sie den Blickkontakt aufrecht. Es waren kalte, stechende Augen, die sich durch Kens hindurchbohrten. Ken bemerkte es nicht, doch er weitete seine. Er fühlte Angst obwohl er eigentlich wissen musste, dass von Takeru keine Gefahr ausging. Trotzdem breitete sich langsam Panik aus, denn in seinen Ohren klang es, als ob eine Stimme von weit, weit weg versuchte mit dem Blauhaarigen zu kommunizieren. Ken unterbrach den Blickkontakt. Gleich darauf, ließ Takeru sich wieder hängen und wirkte beinahe wieder normal. Lediglich die Gesichtsfarbe des Jungen war aschfahl gewesen. „Takaishi-kun?“, fragte Ken verwirrt, doch Yamato hatte wohl selbst mitbekommen, das etwas nicht mit rechten Dingen zuging. „Ichijouji, sag doch bitte den anderen Bescheid, dass ich mit Takeru draußen bin.“ Yamato hatte seinem Bruder hochgeholfen und schob ihn vor sich her. Ken entgegnete mit einem kleinen Nicken: „Ja, ich richte es aus.“ Damit verschwanden die beiden Brüder aus dem Karaokeraum. Taiichi, der mittlerweile auch schon gesungen hatte, sah sich um und bemerkte, dass sein bester Freund nicht mehr anwesend war. Fragend blickte er in die Gesichter seiner Freunde: „Wo sind denn Yamato und Takeru abgeblieben?“ „Yamato-san lässt sich entschuldigen. Er ist mit Takaishi-kun draußen“, entgegnete Ken sofort. „Im Ernst jetzt?“, Taichis Lippen umspielten ein sarkastisches Grinsen, „Also beim Besuch auf der Toilette hört meine Bruderliebe auf.“ „Da hast du wohl recht, Taichi-senpai“, scherzte Daisuke mit. Währenddessen hatte sich Iori mit Koushirou und Jou unterhalten. Mimi, Sora, Miyako und Hikari beschlossen zusammen zu singen und somit ging die Feier ohne weitere Zwischenfälle weiter. Erst als Hikari ein Solo begann betraten die beiden Brüder das Zimmer und setzten sich. Ken hatte den Eindruck, dass Hikari für ein paar Sekunden erschrocken wirkte. „Hallo Ken? Bist du noch dran?“, Daisukes Stimme holte den Blauhaarigen wieder ind ie Realität zurück. Die Erinnerung an Takerus merkwürdigen Blick war keinesfalls eine Angenehme. Vielleicht hätte er es Daisuke sogar erzählen sollen, doch auf der anderen Seite, war das vielleicht keine so gute Idee. Er wollte nicht unnötig Panik verbreiten. Schließlich antwortete er seinem besten Freund: „Entschuldige Daisuke, ich bin noch dran.“ „Ist irgendwas passiert?“, wollte Daisuke noch einmal mit Nachdruck wissen und somit wusste Ken, dass der Brünette anfing sich um ihn zu sorgen. „Alles in Ordnung.“ „Also, wie wäre es wenn wir uns alle zusammen beim nächsten Feuerwerk treffen? Das Obonfestival steht doch vor der Tür“, schlug Daisuke heiter vor, jetzt da er sich wieder entspannen konnte. „Ein Feuerwerk?“ „Klar! Warst du noch nie beim Obonfestival?“, wollte Daisuke wissen und fuhr fort, „Vielleicht kommen die Senpai auch mit.“ „Warum nicht? Es hört sich auf jeden Fall nach einer ganzen Menge Spaß an. Glaubst du Takaishi-kun wird auch kommen?“, während Ken sprach, bemerkte er dass seine Wangen leicht rot und heiß wurden, denn es wirkte als ob er wirklich kaum Ahnung von den leichten Feierlichkeiten in diesem Teil Tokios hatte. Er war zwar hier aufgewachsen, doch während der Zeit als die Saat der Dunkelheit in ihm gekeimt hatte, stand ihm nie der Sinn unter Menschen zu gehen oder sich zu amüsieren. Es war Zeit für solche Heiterkeiten. „Ich denke schon, oder nicht?“ Nach dieser Bestätigung beruhigte Ken sich ein wenig und er fing an sich sehr auf das anstehende Ereignis zu freuen. Kurz nach einer kleinen Verabschiedung beendeten die beiden Jungs das Telefonat. Ein lautes, klingelndes Geräusch zog Hikari aus dem Schlaf. Die Sonne schien an diesem Morgen vom Himmel, als das Mädchen bemerkte, dass auf ihrem D-Terminal eine E-Mail eingegangen war. Voller Hoffnung klappte sie das kleine Gerät auf, doch ihre Miene verzog sich zu einem enttäuschten Ausdruck. Es war eine E-Mail von einem unbekannten Absender. Hikari weitete ihre Augen. Ein unbekannter Absender? Ein Unbekannter hatte ihr eine Nachricht auf dem D-Terminal hinterlassen? Wie war das möglich? Es sollten nur Leute, die mit der Digiwelt zutun haben in der Lage sein ihnen eine E-Mail auf diese Geräte zu schreiben. Etwas aufgeregt biss sie sich auf die Unterlippe und begann den Text zu lesen: „Odaiba Memorial Krankenhaus. Zimmer 469.“ Das war alles was dort geschrieben stand. Hikari klappte das Gerät zu und sprang aus dem Bett, zog sich so schnell wie möglich um un machte sich auf den Weg zur Mittelschule um ihren Bruder beim Fußballclub zu erwischen. „Bruderherz!“ Ihre Stimme klang streng als sie ihn aufhielt. „Oh, Hikari, du bist aber früh hier.“ „Takeru-kun ist doch bei Yamato-san, oder?“, ohne auf Taichis Frage zu antworten forderte sie Klarstellung. „Klar, das habe ich dir doch gestern schon gesagt“, antwortete er wieder mit einem leicht zögernden Unterton, „Ich muss weiter machen, Hikari, tut mir leid. Wir sehen uns später, ja?“ „Okay.“ Hikari zögerte ein paar Sekunden, doch entschloss sich schnell noch einen Blick auf ihr E-Mail Postfach zu wagen. Sie erschrak ein bisschen als die Nachricht vom unbekannten Absender wie ausgelöscht war, obwohl sie selbst gar nichts gemacht hatte. Grübelnd dachte sie darüber nach was sie wohl tun sollte. Schließlich beschloss Hikari, dass es nur eines gab was sie wirklich tun sollte und das war handeln. Das Mädchen machte sich auf den Weg ins rankenhaus. Sie erinnerte sich gut an die Zahlen. Der vierte Stock, der sechste Gang und das neunte Zimmer. Aufgeregt und außer Atem fand sie die Tür. Daneben war ein kleines Namensschild angebracht. „Takaishi Takeru... also doch...“, murmelte sie leise vor sich hin. Warum hatte es ihr niemand gesagt? Und was hatte diese merkwürdige Meldung zu bedeuten? Wieso hatte ihr Bruder sie belogen? „Wollte er etwa nicht, dass Takeru-kun und ich aufeinander treffen?“, dachte sie bei sich und sah sich um. Niemand befand sich in den Gängen, doch das lag wohl daran, dass die Besuchszeiten noch gar nicht angefangen hatten. Hikari klopfte an und ging in das Krankenzimmer hinein ohne auf eine Antwort zu warten. Fortsetzung folgt Kapitel 3: Konfrontation ------------------------ Im Meer der Erinnerungen Kapitel 3: Konfrontation Es war noch recht früh als Hikari sich zum Odaiba Memorial Krankenhaus begeben hatte und glücklicherweise war niemand bisher die Gänge entlang gegangen oder Notiz von ihr genommen. Vermutlich lag es am hektischen Alltag der morgendlichen Routinen, die zunächst durchgeführt wurden. In den unteren Stockwerken konnte man definitiv das metallische Klappern von Servierwagen vernehmen, Krankenschwestern die miteinander plauderten und neue Anweisungen von Ärzten entgegen nahmen. Nun stand Hikari in einem langen Korridor, welcher nach außen gewandt war. Auf diese Weise gelang die Sonne und genug Tageslicht herein. Von hier aus war sie in der Lage einen ziemlich großen Teil der kleinen Insel Odaiba zu überblicken. In der Ferne erstreckte sich die Bucht von Tokio und der hohe, rote Tokyo Tower ragte aus dem Wald aus reflektierenden Wolkenkratzern hervor. Hikari wandte sich wieder an die Tür mit der Zahl 469 und dem kleinen Namensschild, welches daneben angebracht war. ‚Takaishi Takeru‘ Den Namen gab es nicht häufig, und schon gar nicht in der Kombination mit dem Katakana Silbensystem. Es gab für das Mädchen keinen Zweifel daran, dass sie hier richtig war. Ihr Herz erzählte ihr, dass sich hinter dieser Tür ihr langjähriger Freund befand und sich von irgendeiner Krankheit erholen musste. Sie atmete tief durch, wobei sie sich etwas nervös eine ihrer langen, nussbraunen Haarsträhnen hinter die Ohren klemmte. Die Luft, welche sie durch ihren Mund und Nase zog, war ein Gemisch aus Desinfektionsmitteln und frischgebrauten Kaffee. Indem sie ihre Hand an die Türklinke legte, brachte sie einen flüstergleichen Ton heraus: „Verzeihung, ich komme jetzt rein.“ Mit leisen Schritten ging sie in das kahle Zimmer hinein, welches ebenfalls mit einem riesigen Fenster ausgestattet war. Mit jeder Bewegung näher an das langweilige, weiße Bett heran, bestätigte sich Hikaris Verdacht. Dort lag Takeru friedlich schlafend im Bett. Ebenso leise wie sie sich in das Zimmer hineinbewegt hatte, so leise setzte sie sich auch auf den Stuhl neben seinem Bett. Sein Gesicht wirkte ruhig auf das Mädchen, während sie ihn betrachtete. Takeru und Hikari hatten sich seit dem Projekt „Ersten August“ bei dem sie sich alle beim Karaoke versammelt hatten, nicht mehr gesehen. Wann hatte sie eigentlich bemerkt, dass sie Takeru eigentlich mehr mochte als alle anderen? Das musste wohl nach dem Kampf gegen BelialVamdemon gewesen sein. Bevor all diesen Ereignissen, hatten sie in verschiedenen Teilen Tokios gelebt und bis auf ein paar Mal im Jahr hatten sie keine Chance gehabt sich zu treffen. Jetzt, wo sie so nahe beieinander wohnten, gab es so viele Möglichkeiten sich oft zu sehen. Trotzdem kam es nicht so oft vor, wie Hikari es gern gehabt hätte und sie war stets diejenige, die Takeru anrief oder eine E-Mail schrieb. ‚Takeru-kun, wachst du bitte auf?‘, dachte das Mädchen bei sich und als ob eine höhere Macht sie erhörte, öffnete der Blonde langsam, aber schweigend seine Augen. In Takerus Blickfeld erschien das Antlitz eines Mädchens mit braunen, schulterlangen Haaren, welches sie an beiden Seiten mit schlichten Haarspangen festgesteckt hatte. „Takeru-kun“, ihre Stimme klang freundlich und klar wie das Singen einer Drossel in der Morgendämmerung. Mit vorsichtigen Bewegungen setzte sich der Junge auf und erwiderte den unentwegten Blick Hikaris. Vor Takeru saß zweifelsohne das Mädchen, welches er als seine Klassenkameradin Yagami Hikari erkannte, doch war sie eben nur eine Klassenkameradin. Ihm fiel nichts ein, das er zu ihr hätte sagen können und so breitete sich eine recht unangenehme Stille zwischen ihnen aus. ‚Ob Taichi-san ihr erzählt hat, dass ich hier bin? Oder mein Brüderchen?‘, fragte er sich. Schließlich ergriff die Brünette wieder das Wort, damit sich endlich etwas zwischen ihnen tat. „E-entschuldige, dass ich einfach so… reingekommen bin.“ „Das braucht es doch gar nicht. Mir tut es leid. Du hast dir sicher Sorgen um mich gemacht, weil ich dir keine E-Mail geschrieben habe.“ Es sah den beiden ähnlich sich gegenseitig die Angst zu nehmen und sich gegenseitig beieinander zu entschuldigen. Manche Dinge änderten sich auch nicht, obwohl sie sich im Prinzip gar nicht kannten. „Das ist gar nicht schlimm, Takeru-kun! Immerhin hat mein großer Bruder mir erzählt, dass du zurzeit krank bist. Wie geht es dir denn jetzt?“ Hikari warf ihm einen besorgten Blick zu, auch auf das zuversichtliche Lächeln ihres Freundes, welches ihr signalisieren sollte, dass mit ihm alles in Ordnung sei. „Das ist gut. Endlich sehen wir uns mal wieder, hm?“ Sie versuchte ebenfalls zu lächeln, obwohl sie das Gefühl hatte, dass Takeru ein wenig reserviert erschien. Er zögerte mit einer Antwort, so als ob er nach Worten suchte. „Darf ich fragen wieso du eigentlich hier bist? Ich meine… wie?“ „Ah, du glaubst bestimmt, dass mein Bruder mir davon erzählt hat oder?“ „Etwa nicht?“ Hikari schüttelte stumm den Kopf. „Nein, diesen Morgen wurde ich vom D-Terminal geweckt, weil ich eine E-Mail von einem unbekannten Absender bekommen habe. Dort stand nichts weiter als das Krankenhaus, das Stockwerk, der Gang und die Tür, also habe ich mich gleich auf den Weg hierher gemacht. Ich habe mir gedacht… vielleicht bist du ja hier.“ Sie war nervös, während sie sich weiter erklärte und dabei versuchte irgendetwas aus dem reglosen Gesicht des Anderen zu lesen. Allerdings saß der Blonde schweigend in seinem Bett und ließ Hikari die Geschichte bis zum Ende erzählen. „Hast du die E-Mail noch?“ „Als ich zu meinem Bruder lief um ihn zu fragen, ob er etwas wisse, habe ich noch einmal nachgesehen und da war sie verschwunden…“, erklärte Hikari ein wenig verunsichert. Sie musste zugeben, dass ihr Bericht wenig glaubwürdig klang. Takeru hingegen verschwand für einen Moment in seinen Gedanken, als er hörte was seine Klassenkameradin ihm soeben erzählt hatte. „Takeru-kun?“, in ihrer Stimme lag Sorge. Vielleicht ging es ihm gar nicht gut und es war besser einen Arzt hinzuzuziehen. „Ich frage mich… ob derjenige, der die E-Mail geschrieben hat derselbe ist, der nach mir gerufen hat…“, murmelte er leise wie zu sich selbst. „Derjenige, der dich gerufen hat? Was meinst du damit?“ „Als ich… als ich an jenem Gewittertag draußen war, stand ich am Meer und habe es angesehen. Einfach nur…angesehen, obwohl ich keinen Regenschirm hatte. Taichi-san kam zufällig vorbei und hat mich mit ins Krankenhaus genommen, soviel ich weiß. Er hat auch meinem großen Bruder kontaktiert.“ „Takeru-kun…“ „Ich… kann mich an nichts erinnern. Ich weiß nichts von der Digiwelt oder davon, dass ich einer der Erwählten Kinder bin. Ich kenne niemanden mehr von euch… Ich kenne dich nicht. Im Augenblick bist du einfach nur Yagami Hikari, eine einfache Klassenkameradin für mich.“ „Aber…“, das war alles, was Hikari darauf erwidern konnte. Die lapidar dahingesagten Worte des blonden Jungen, hallten in ihren Ohren wieder. Diese Aussage, hatte sich unmittelbar in Hikaris Inneres, bis in ihr Herz gebohrt. Es wurde vollkommen weiß und leer in ihrem Kopf. Es drang kein einziger Gedanke mehr in ihren Kopf. Nur noch Takerus Worte klangen immer und immer wieder, wie ein lautes Gewittertosen in ihren Ohren. Der Junge, mit dem sie zwei Mal Abenteuer in der Digiwelt erlebt hatte; Takaishi Takeru, mit dem sie durch dick und dünn gegangen war und sogar gegen Piedmons Dunkelheit ausgehalten hatte, derjenige, den sie lange Zeit als besten Freund betitelte und sich nun auch langsam hingezogen fühlte, wusste nicht mehr wer sie war. Für Takaishi Takeru war Yagami Hikari nicht mehr und nicht weniger als eine Klassenkameradin. Dabei hatte er ihr stets Mut und Hoffnung in der Digiwelt gemacht. Takeru hatte Hikari stets beschützt. In ihren Augen sammelten sich Tränen und für einen Moment wirkte es auf Takeru so, als müsse sie jeden Moment anfangen zu weinen. Bevor dies geschah, sprang sie auf und rannte so schnell es ging aus dem Krankenzimmer. „Warte!!“, Takeru war ebenfalls aus dem Bett gesprungen und im Begriff Hikari nachzulaufen. Da er sie eben noch gesehen hatte, wollte er nach ihr rufen, doch dies gelang Takeru nicht. Ein Hustenanfall herrschte in seiner brennenden Lunge. Ein Husten, der seine Atemwege reizte und beinahe lähmte. Takeru presste seine Hand auf die Brust wobei er sich vor Schmerz krümmte und gegen die Wand lehnte. „Takaishi-kun!“ Die Stimme einer jungen Krankenschwester klang von weit her, obwohl die Frau ganz in der Nähe stand. Sie war gerade dabei das Frühstück auf die Zimmer der Patienten zu bringen. Sie stützte den Jungen ein wenig in dem sie einen Arm um seine Hüfte legte und sachte wieder ins Zimmer zurück bugsierte. „Takaishi-kun, ich werde jetzt sofort den Arzt rufen. Also bleib ganz still hier sitzen. Nicht hinlegen, dass verschlechtert vermutlich deine Atmung.“ „Okay.“ Die Krankenschwester eilte davon um sich mit ein paar Kollegen auszutauschen, damit so schnell wie möglich ein Arzt zur Rate gezogen wurde. Hikari hatte sich in ihrem Schrecken nicht noch einmal umgedreht und bekam von all dem Aufruhr nichts mit. Sie war mit dem Fahrstuhl wieder ins Erdgeschoss gefahren. „Oi, Yagami!“ einer seiner Teamkameraden hielt den agilen Sportler kurz auf und zeigte auf eine kleine Anhöhe, „Sieh mal da drüben, ist das nicht deine kleine Schwester?“ Taichi folgte dem Blick seines Kameraden. Tatsächlich stand Hikari dort und sie wirkte nicht erfreut. Er zögerte nicht lange, sondern rannte gleich zu ihr herüber, so dass die anderen nicht vom Training abhielt. „Hikari!“ Taichi berührte fürsorglich ihre Schultern. Aus irgendwelchen Gründen sah sie nicht besonders glücklich aus und ihre Gesichtsfarbe war fahl und blass. Das Mädchen selbst hatte kaum realisiert, dass sie wieder zum Schulsportplatz gelaufen war. „Bruderherz…“ „Was ist passiert?“ Seine Stimme war wie immer sanft und wirkte sich tröstend auf das jüngere Mädchen aus. Ohne ihm eine Antwort zu geben, begann sie plötzlich bitterlich zu glucksen und zu schluchzen bis große, runde Tränen über ihre Wangen rollten. Taichi konnte sich momentan noch nicht erklären. Seinem Instinkt folgend, legte er seinen Arm um Hikari und nahm sie mit. Es musste definitiv etwas vorgefallen sein, denn ansonsten wäre Hikari nicht so verstört. Mit einer kleinen Kopfbewegung gab er seinem Team Bescheid, dass er seine Schwester nach Hause bringen wollte und ließ sie kurz mit in das Clubhaus kommen. „Ich ziehe mich nur schnell um, du wartest hier, ja?“ Taichi ermöglichte es der Braunhaarigen sich auf einen leeren Stuhl zu setzen. Sie machte einen furchtbar elendigen Eindruck so wie sie auf dem schlichten Holzstuhl saß und scheinbar auf den Boden ins Leere starrte. Er selbst verschwand in der Umkleidekabine um sich umzuziehen, doch Hikari brachte keinen Ton heraus. Erst als seinen Spint abschloss und sich wieder seiner kleinen Schwester zuwandte, öffnete sie endlich den Mund. „Bruderherz… Ich habe… heute habe ich Takeru-kun getroffen.“ Taichi warf Hikari einen erstaunten Blick zu, während er ihrer Erklärung vom Unbekannten Absender und was sich im Krankenhaus zugetragen hatte, lauschte. „Takeru-kun hat mich Yagami-san genannt als seien wir Fremde. Er meinte, dass er sich nicht an mich erinnern kann.“ „Ist das so…“ Taichi biss sich hart auf die Unterlippe. Genau diese Situation hatten Yamato und er eigentlich vermeiden wollen. Aber wenn ihnen nun auch schon ein Unbekannter dazwischen funkte, dann waren sie natürlich machtlos. Hinzu kam dass inzwischen viele recht merkwürdige Dinge geschehen, die Taichi stutzig machten. „Sag, hast du es gewusst?“ „Ja, habe ich“, antwortete Taichi sofort, schließlich gab es keinen Grund mehr ihr irgendetwas zu verheimlichen. „Immerhin habe ich Yamato angerufen als ich Takeru ins Krankenhaus gebracht habe. Ehrlich gesagt haben Yamato und ich zusammen beschlossen dir erst mal nichts zu sagen… oder viel mehr, wir wollten vorerst niemandem erzählen was los ist. Wir hatten wohl Recht.“ „Wahrscheinlich…“ „Bist du ihm sofort davongelaufen?“, wollte Taichi ein wenig bekümmert wissen. Er hatte Hikari noch nie so erlebt. „Ja…“ „Dann lass uns sofort zu Takeru zurück. Der hat bestimmt schon ein ganz schlechtes Gewissen, meinst du nicht?“ Das Mädchen nickte still. Vermutlich dachte Takeru noch genauso wie er es vor seiner Amnesie getan hatte und in diesem Fall machte er sich bestimmt schon Vorwürfe. Zustimmend nickte Hikari und gemeinsam verließen die Yagamis die Mittelschule um wieder ins Krankenhaus zu gehen. Yamato war zu einer Unterredung mit dem behandelnden Arzt ins Krankenhaus gekommen. Ursprünglich sollte ihr Gespräch weitere Maßnahmen für die Behandlung des Gedächtnisverlusts und eine geplante Entlassung behandeln. Doch als Yamato das Sprechzimmer betrat fand er neben dem Arzt auch eine besorgte Krankenschwester wieder, die ihm mit schuldbewusster Miene erklärte was geschehen war. Aus unerklärlichen Gründen hatte sich der Gesundheitszustand Takerus wieder verschlechtert, obwohl die schwere Erkältung wieder abgeklungen war. Für den Arzt war diese körperliche Konstitution mysteriös. Nach dem Gespräch hatte Yamato sich wieder in das Zimmer seines Bruders begeben und fand ihn dort schlafend vor. Er hatte sich gesetzt und versank tief in Gedanken. Warum wollte Takeru ohne das Personal herbeizuholen das Zimmer auf eigene Faust verlassen? Blitzartig traf ihn ein Gedanke. Takeru hatte es ihm schon zuvor gesagt. Mehrmals sogar! ‚Ich wurde gerufen.‘ ‚Irgendjemand hat nach mir gerufen.‘ War es etwa wieder dieser Unbekannte? Doch wer oder bessergesagt was sollte dieser Jemand darstellen? „Brüderchen…“, die Stimme Takerus drang plötzlich an Yamatos Ohr. Er war also wieder erwacht und wenn er einen Blick auf seine Uhr gewagt hätte, dann wäre ihm auch bewusst geworden dass es während seiner Grübelei ziemlich spät geworden war. „Takeru! Wie geht’s dir?“, wollte der Andere mit besorgter Miene wissen. „Entschuldige, dass du dich ständig wegen mir bekümmern musst.“ „Ach was. Was mich viel mehr interessiert… war jemand hier?“, wollte Yamato wissen, in der Hoffnung, dass es vielleicht der berüchtigte Fremde war. Takeru nickte als Antwort. „Yagami-san ist gekommen.“ Yamato riss seine Augen auf vor Überraschung. Das war nun wirklich nicht die Person, mit der er gerechnet hatte. „Meinst du mit Yagami-san etwa Hikari-chan?“ „Ja.“ „Woher wusste sie, dass du hier bist? Taichi sollte ihr eigentlich nichts erzählt haben…“, meinte Yamato und Takeru wurde klar, dass sie vor hatten es vor ihren Freunden geheim zu halten. Somit erklärte Takeru die Situation so, wie er es von Hikari erzählt bekommen hatte. Der mysteriöse, unauffindbare Absender der E-Mail, die kurz darauf wieder verschwunden war. „Und dann war Yagami-san davongelaufen“, beendete Takeru seinen Bericht, wobei er einigermaßen niedergeschlagen wirkte. „So war das also…“ „Am liebsten möchte ich mich bei Yagami-san entschuldigen. Ich war wirklich ungehobelt ihr gegenüber. Meinst du, sie würde mich noch Mal besuchen kommen?“ „Natürlich! Ich glaube nicht, dass sie dir irgendetwas nachträgt. Beim nächsten Mal solltest du sie aber mit Hikari-chan anreden. So wie du es bisher immer getan hast.“ „Hikari-chan…“, wiederholte Takeru den Namen des Mädchens in einem leisen Flüsterton. Es erschien ihm nichts bekanntes an diesem Namen zu sein, egal wie oft er ihn sich auf der Zunge zergehen ließ. Später, als der Nachmittag sich dem Abend hin zuneigte, vierließ Yamato das Krankenzimmer für eine Weile, denn Frau Takaishi war direkt von der Arbeit wieder zum Krankenhaus gekommen. Nun da er sich für eine Weile erlauben konnte anderen Dingen seine Aufmerksamkeit zu schenken, entschloss er sich dazu, seinen besten Freund zu kontaktieren. Er musste ihn unbedingt persönlich sprechen. Die Dinge, die sich zugetragen hatten waren einfach zu merkwürdig um auf einem Zufall zu beruhen. In der Empfangshalle des Krankenhauses angekommen, stieß er zufällig mit Taichi und Hikari zusammen. „Yamato!“ „Yamato-san!“ „Ah… das ist ja ein Zufall, zu euch beiden wollte ich gerade!“, bemerkte Yamato als er in die Gesichter seiner beiden Freunde sah. Nach der kurzen Begrüßung, lud Yamato die beiden in die Cafeteria ein, in welcher er zuvor schon einmal mit Taichi allein gesessen hatte. Hikari setzte sich neben ihren Bruder während Yamato mit bedeutungsvoller Miene ihnen gegenüber platznahm. Nachdem sie Getränke bestellt hatten, fragte Taichi: „Ist es auch wirklich okay, wenn du nicht bei Takeru bist?“ „Meine Mutter ist hier, da geht das in Ordnung.“ „Ach so. Ich habe von Hikari gehört was vorgefallen ist und deshalb sind wir wieder hier.“ Yamato ginste breit. „Komisch, Takeru hat mir erzählt was los ist und ich wollte gerade zu euch.“ So verhielt es sich allem Anschein nach öfter bei den Digirittern. Manchmal waren ihre Herzen doch soweit miteinander verbunden, dass sie erahnen konnten was als nächstes zutun war. „Tut mir wirklich leid, Yamato-san“, begann Hikari und machte im Sitzen eine kleine Bewegung mit dem Oberkörper. Sie wollte zwar nicht in das Gespräch der älteren reinreden, doch es quälte das Mädchen, dass sie einfach hergekommen war ohne vorher mit einem von ihnen vernünftig zu reden. „Mach dir bitte keine Sorgen, Hikari-chan. Wir sind in einer komplizierten Lage, also musst du dir keinerlei Vorwürfe machen. Niemand weiß im Moment so richtig, was zu tun ist.“ „Wäre es möglich Takeru-kun noch einmal zu treffen?“, wollte Hikari wissen und warf dem Älteren einen fragenden Blick zu. Dieser aber erwiderte ihn mit einer etwas unsicheren Miene: „Um ehrlich zu sein, ich glaube du solltest es für heute gutseinlassen.“ „Geht es ihm etwa wieder schlechter!?“, wollte Taichi sofort wissen, als er bemerkte wie niedergeschlagen Hikari wirkte und Yamato ihre Bitte so einfach abschlug. „Für heute sollte er einfach ein wenig ausruhen, haben die Ärzte gesagt“, entgegnete Yamato, „Wartet einfach morgen ab, dann geht’s ihm sicher viel besser.“ „Wegen mir ist er…“ „Takeru macht sich Sorgen um dich, Hikari-chan. Er hat im Nachhinein bemerkt, wie verletzend das alles auf dich gewirkt hat. Takeru sagte mir, dass er sich gern bei dir entschuldigen möchte.“ Als Yamato dies sagte, fühlte Hikari sich noch schrecklicher als zuvor, wenn sie daran dachte, dass sie einfach so davongelaufen war. Es war wirklich nicht korrekt gewesen das Zimmer überstürzt zu verlassen, immerhin wusste sie doch, dass es Takeru nicht gut ging. Für seine Amnesie konnte er auch nichts. Ein leichtes Seufzen trat aus ihrem Munde. Taichi war im Begriff sie zu fragen, ob etwas nicht in Ordnung sei, aber noch bevor er zu seiner Frage ansetzen konnte, kam eine junge Kellnerin um ihnen die bestellten Getränke zu bringen. Es war deutlich, dass die junge Frau in ihren frühen Zwanzigern war und sich ihr Geld höchstwahrscheinlich neben dem Studium dazuverdienen musste. Vermutlich waren die Semestergebühren ihrer Universität hoch genug um ihr ein eher anstrengendes Leben zu bereiten. Hikari und die beiden Jungen bedankten sich für die freundliche Bedienung und machten eine kleine angedeutete Verbeugung im Sitzen. Hikari hatte sich einen Kakao mit Matchapulver bestellt während ihr Bruder einen Kaffee Mocca und Yamato einen einfachen, schwarzen Kaffee bestellt hatte. Eine kurze Stille trat zwischen die Digiritter, in welcher sie alle ihre Getränke probierten und fanden, dass es plötzlich unheimlich durchwärmte und ein gutes Gefühl in ihnen verbreitete. Nachdem Taichi seine Tasse wieder hingestellt hatte, ergriff er das Wort: „Ach ja, was mir die ganze Zeit schon durch den Kopf geht ist dieser Unbekannte der Takeru gerufen hat. Ich frage mich ob der und Hikaris anonymer Nachrichtenschreiber ein und dieselbe Person sind.“ „Ich habe auch schon daran gedacht. Und natürlich ob es irgendwelche Verbindungen mit der Digiwelt gibt.“ „Ich glaube schon…“, wandte Hikari plötzlich ein und heimste sich die verwunderten Blicke der beiden älteren Jungen ein. „Was meinst du damit, Hikari?“, wollte Taichi wissen. Ahnte sie etwa etwas? Hatte sie eine merkwürdige Vorahnung oder etwa wusste sie schlussendlich doch, was er bei Koushirou gewollt hatte? Yamato hakte ebenfalls nach: „Hikari-chan, wenn du irgendetwas weißt, dann musst du es uns sagen.“ „Ich weiß auch nicht mehr als ihr, aber gestern während Taichi bei Koushirou-san war, da war ich mit Daisuke-kun und Iori-kun bei Miyako-san zu Hause. Koushirou-san hat Miyako-san darum gebeten nach dem Tor zur Digiwelt zu sehen, falls du dich daran erinnerst, Bruderherz.“ Die Erklärung des Mädchens hatte sowohl Taichi als auch Yamato überrascht. Dabei wollte Taichi gerade mit einer wichtigen Information hervorplatzen, die er zusammen mit Koushirou, aber dank Miyakos Hilfe herausgefunden hatte. Hieß das also, dass der rest der zweiten Generation auch wusste was los war? In dem Fall hatte seine kleine Schwester ihm gänzlich die Show gestohlen. Nun ja, in dieser Situation war es sowieso egal. Hikari erinnerte sich gut daran, dass sie sich alle schon gefreut hatten wieder in die Digiwelt zu gehen. Die Digiritter hatten ihre Partner lange nicht mehr zu sich geholt, denn immer noch reagierten die Menschen angespannt und missbilligend sobald eines der Wesen in der Nähe war. Natürlich war ein Digimon auch immer noch für einiges an Störungen im Straßenverkehr oder von digitalen Geräten verantwortlich waren. Um selbst in die Digiwelt zu reisen hatten sie auch kaum Zeit mehr gehabt, auch wenn sie es gern getan hätten. Auf diese Weise sahen die Digiritter ihre besten Freunde nur noch alle Jubeljahre. Daisuke war am aufgeregtesten und plapperte davon wie ultracool es doch werde wieder durch die Digiwelt zu streifen und vielleicht sogar ein Picknick mit Veemon, Hawkmon und den anderen machen zu können. „Schade das Ken-kun nicht hier ist“, meinte Miyako mit einem leichten Lächeln auf den Lippen und holte ihr Digivice aus der Schublade ihres Schreibtisches. Daisuke hatte seines stets mit sich in der Hosentasche, so dass er, wann immer sich auch die Gelegenheit ergeben hätte, aufbrechen konnte. So sah es wohl nicht bei Hikari und Iori aus, die sich wohl oder übel an ihre Freunde heften mussten, damit sie reisen konnten. „Tja“, kam es von Daisuke, welcher noch immer ein wenig mürrisch war, dass sein bester Freund sich nicht bei ihm, sondern bei Miyako zuerst gemeldet hatte, „Das kommt eben davon, wenn man Tagelang mit seiner Familie unterwegs ist und sich nicht bei seinen Freunden meldet. Da kann man schon mal eine Reise in die Digiwelt verpassen.“ „Ach Daisuke, jetzt sei doch nicht so gemein“, bat Miyako und nahm Hikaris Hand, während Daisuke seinen Arm etwas grob um Iori legte. Nachdem Miyako ihren Computer ordnungsgemäß hochgefahren hatte und den kleinen speziellen Browser aktivierte, erschallte ihre Stimme in alter Manier während sie das rot-weiße Digivice an den Computer hielt: „Tor zur Digiwelt öffne dich!! Auf geht’s Digiritter!“ Das Digivice reagierte mit einem kurzen, schwächlichen Aufglühen und einem kurzen Piepsen. Daraufhin reagierte auch das noch verschlossene Tor, welches man am Laptop mit roter Farbe kennzeichnet sah. Verdutzt versuchte sie es noch einmal: „Tor zur Digiwelt öffne dich!“ Die gleiche Reaktion des Tores war zu sehen. „Toooor zur Diiiigiwelt!!! Öffne dich!!“, nun klang Miyako schon etwas ungeduldiger und verärgerter. Daisuke schüttelte genervt den Kopf, krempelte seine Ärmel etwas weiter hoch und nahm die Sache nun selbst in die Hand: „Was machst du denn da, Miyako-san, lass mich mal ran!“ Großspurig wie üblich machte Daisuke sich übermütig daran und hielt sein eigenes Digivice an das vermeintliche Tor. Das Ergebnis blieb unverändert. Lediglich das fehlerhafte Geräusch, welches als Respons vom Browser kam, ließ die Jugendlichen mit einem Gefühl der Enttäuschung sitzen. Daisuke war so verärgert darüber, dass das Tor verschlossen war, dass er beinahe auf den Computer losging. Hikari hielt ihn auf. „Daisuke-kun, hör auf! Das ist wahrscheinlich der Grund warum Koushirou-san wollte, dass Miyako-san nachsieht was los ist.“ Zum Glück hatte das Mädchen noch immer diese beruhigende Wirkung auf den braunhaarigen Wuschelkopf. Ansonsten hätte Miyakos Laptop ganz sicher seinen letzten Tag erlebt. Iori versank in Gedanken. Er war wohl nicht der Einzige, der nun den Grund hinterfragte wieso das Tor verschlossen war und sich nicht mehr öffnen ließ und auch nicht mehr auf ihre Digivices reagierte. „Ob es jemanden gibt, der verhindern will, dass wir die Digiwelt betreten?“, fragte sich der Jüngste. „Aber wer soll das sein?“, wollte Miyako ebenso nachdenklich wissen. „Ich wollte aber zu Veemon!“, beschwerte sich Daisuke und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. Wie immer war er ein Kindskopf. „Ich hätte Tailmon auch gern wiedergesehen“, meinte Hikari leise, doch ihre Gedanken waren schon ganz woanders. War Takeru vielleicht gar nicht bei Yamato, sondern in der Digiwelt und kam nun nicht mehr in die reale Welt zurück? Taichi hatte ihr zwar gesagt, dass Takeru bei seinem Bruder war, dennoch verhielt ihr Bruder sich äußerst merkwürdig und reserviert. Sie musste wohl oder übel das Abendessen abwarten um mehr aus ihrem Bruder herauszubekommen. „Ich muss Koushirou-san wohl sagen, dass sich das Tor nicht mit unseren D-3 Digivices öffnen lässt…“, konkludierte Miyako schließlich mit ebenso enttäuschter Stimme. Sie vermissten ihre Digimonpartner eben doch alle. Sie handelte sich zustimmendes Nicken aller Anwesenden ein. Der Bericht seiner kleinen Schwester beruhigte weder Taichi noch Yamato. Doch dem älteren der Yagami Geschwister ging ein Licht auf woher Hikari gewusst hatte, dass er bei Koushirou gewesen war. Miyako hatte nicht erwähnt, dass sie mit beinahe der kompletten zweiten Generation zusammen gesessen hatte. Möglicherweise wäre das anders gewesen, wenn es den Digirittern gelänge dorthin zu gelangen. Es war denkbarer anzunehmen, dass sie von einem Fernseher aus Kontakt aufgenommen hätten um die beiden zu necken. „Keine Ahnung ob jemand aus der Digiwelt mit all dem Chaos zu tun hat.“ Taichi nahm einen weiteren Schluck seines schokoladigen Kaffees, während er seinen Blick zu zwischen Hikari und Yamato hin und her gleiten ließ. „Koushirou-san hat bisher auch keinen neuen Bericht mehr abgegeben, deshalb weiß ich nichts Neues. Soviel ich weiß, wollte Koushirou probieren mit Gennai Kontakt aufzunehmen. Zurzeit können wir wohl nichts tun, zumal der Feind, falls es einen geben sollte, sich nicht rührt.“ „Trotzdem können wir das alles nicht zu leicht nehmen. Außerdem ist es besser, wenn wir den anderen Digirittern erzählen, was mit Takeru los ist“, fügte Yamato etwas bedächtig hinzu, so als ob er nach einer anderen Alternative suchte. „Einverstanden, dann werde ich den anderen eine E-Mail schicken. Morgennachmittag sollten wir uns alle bei uns zu Hause treffen, Hikari. Zumal unsere Eltern nicht da sind und nicht sofort in Sorgen und Panik geraten wenn wir solche Dinge besprechen“, erklärte der Braunschopf mit dem überaus zerzausten Haar, während er schnell auf seinem Handy herumtippte um mit dem Wi-Fi des Krankenhauses eine Reihe von E-Mails zu verschicken. Nun, so ein D-Terminal wäre auch den Älteren zu Gute gekommen, aber damit mussten sie wahrscheinlich leben. „Aber Bruderherz, hast du morgen denn kein Fußballtraining?“, wollte Hikari ein wenig bekümmert wissen. Taichi schüttelte den Kopf. „Nur am Vormittag, also ist es in Ordnung.“ „Taichi“, begann Yamato, doch er brauchte gar nicht weiterzureden, sein Blick genügte damit Taichi ihn unterbrach: „Keine Sorge, du kannst bei Takeru bleiben. Ich übernehme alles Weitere.“ Yamato nickte lächelnd. Sie verstanden sich eben doch wortlos und zum Glück war er auch ein recht guter Anführer um zu wissen, wie man Konferenzen leitete. Außerdem konnte Taichi nachvollziehen, dass dieser seinen Bruder nun auf keinen Fall allein lassen wollte. „Ah, Yamato-san? Wäre es in Ordnung, wenn ich morgen mit dir zusammen bei Takeru-kun bliebe?“ „Hikari-chan?“, fragte der Blonde überrascht, doch nickte stumm nachdem er einen vielsagenden Blick mit Taichi ausgetauscht hatte. Es war natürlich kein Problem, vor allem weil die beiden jüngsten des ersten Abenteuers sich sicher gern aussprechen wollten, so dass sie ihre heutige Auseinandersetzung beilegen konnten. Somit war der Plan beschlossen. Während Yamato und Hikari zusammen auf Takeru Acht gaben um zu sehen, ob es nicht doch kleine Erinnerungsfetzen in seinem Unterbewusstsein gab, sollte Taichi dafür sorgen, dass alle anderen Digiritter über den Stand der Dinge unterrichtet waren und sich darauf vorbereiteten dass es vielleicht bald wieder Probleme in der Digiwelt zu lösen gab. Warum sonst sollte man ihnen den Zutritt in diese besondere Welt voller Wünsch, Träume und Hoffnung plötzlich doch verwehren? An diesem Abend trennten sich ihre Wege vor dem Krankenhaus. Yamato fuhr zurück zu seinem Vater in die Wohnung um ihm ein Abendessen zu kochen und die beiden Yagami Geschwister kehrten in ihr eigenes Heim, in dem ihre Eltern schon mit dem zubereiteten Essen warteten. Fortsetzung folgt Kapitel 4: Dunkle Botschaften ----------------------------- Im Meer der Erinnerungen Kapitel 4: Dunkle Botschaften Es gingen merkwürdige Dinge vor sich. Takeru hörte eine Stimme nach ihm riefen, Hikari bekam E-Mails von einem unbekannten Absender, die kurz darauf unauffindbar waren. Das Tor zur Digiwelt war verschlossen und wollte sich auch mit den D-3 Digivices der Digiritter nicht wieder öffnen lassen. Es häuften sich Fragen über Fragen bei Taichi und den anderen, so dass sie beschlossen, dass es keine andere Möglichkeit gab als sich gemeinsam zu beraten. Am Vortag hatten Yamato, Taichi und Hikari beschlossen, dass es an der Zeit war mit der gesamten Truppe zu sprechen. Die Uhr hatte bereits die Mittagsstunde überschritten, als Daisuke, Miyako und Iori auf Ken warteten. Der Dunkelhaarige war erleichtert zu sehen, dass seine Freunde bereits auf ihn warteten, denn ihm lag es immer noch nicht den Weg zu Hikari und Taichi zu finden. „Hey, Ken!“, begrüßte Daisuke ihn zuerst voller Freude, er hatte ihn seit dem Aufbruch seiner Reise nicht mehr gesehen. „Ken-kun, wie schön, dass du wieder da bist!“, kam es von Miyako mit einem erfrischenden Lächeln und schließlich verbeugte auch Iori sich ganz leicht: „Hallo, Ichijouji-san.“ „Hallo ihr drei“, erwiderte Ken ihren Gruß und erwiderte die kleine Verbeugung des Jüngsten in ihrer Mitte. Jetzt wo Ken wieder bei seinen Freunden stand, musste er mit Stolz feststellen, dass er mittlerweile alle hier anwesenden überragte. Iori holte ihn sachte aber sicher ein, obwohl Daisuke immer noch ein bisschen größer war als der leidenschaftliche Kendoukämpfer. „Ich habe Taichi-sans Nachricht erst ganz schön spät gesehen. Ich glaube, ich war noch nie bei ihnen und hatte schon Angst, dass ich es nicht finde“, erklärte Ken während sie sich in Bewegung setzten, „Wo ist eigentlich Takaishi-kun?“ Erst nach einige Minuten fiel Ken ein, dass es für Takeru eigentlich am günstigsten war zusammen mit Miyako und Iori aufzubrechen. Ihn nun nicht unter ihnen zu sehen, erfüllte Ken mit einem leichten Gefühl der Sorge. „Wir hatten uns auch überlegt, dass wir alle zusammen herkommen könnten, aber als wir bei ihm geklingelt haben ging niemand an die Tür“, erklärte Iori sofort, wobei seine Stimme sowohl nachdenklich als auch ein wenig bekümmert klang. Immerhin war er schon neulich nicht an die Tür gegangen, als Daisuke und Hikari ihn besuchen wollten. Daisukes Miene verdunkelte sich zu einer schmollenden Fratze und unverblümt wie er war, ließ er seinem Ärger freien Lauf: „Also dieser Takeru! Der hat doch wohl nicht vor uns heute auch wieder sitzen zu lassen!?“ „Also das klingt nun mehr als unwahrscheinlich, Motomiya Daisuke, findest du nicht!?“, tadelte Miyako den Anderen mit leicht erboster Stimme. Sie fand es viel wundersamer, dass Ken Zeit gefunden hatte sich mit ihnen zu treffen, immerhin war er noch beschäftigter auf seiner Privatschule als sie, die sie alle samt auf staatliche Schulen gingen. „Was glaubt ihr eigentlich worüber Taichi-san mit uns reden möchte?“, wollte Ken nun wissen. Sie hatten zwar alle die Rundmail bekommen, aber diese war eher mit spärlichen Informationen versehen worden. Fast so als wolle Taichi sichergehen, dass er nicht zu viele wichtige Dinge preisgab. Miyako sah nachdenklich in den leicht diesigen Himmel hinauf und dachte scharf nach, während Daisuke noch immer schmollte: „Tja, ich schätze dass es nichts ist, was man auf das Obonfestival verschieben kann. Wenn es etwas so banales wäre, würde er nicht so dringend klingen, glaube ich.“ „Könnte es nicht vielleicht sein, dass irgendetwas in der Digiwelt passiert ist?“, schlug Ken nachdenklich vor, „Ich meine mich daran erinnern zu können, dass Gennai-san oft aus heiterem Himmel E-Mails verschickt, wenn es eine Krise in der Digiwelt gibt. Jedenfalls hat Koushirou-san das immer gesagt.“ „Stimmt! Taichi-senpai hat sich auch immer über den alten Kerl aufgeregt und dann war er doch kein alter Opa mehr…“, dachte Daisuke laut nach während Ken ihm zustimmte, bevor Miyako die nächste Chance wahrnahm um ihn auszuschimpfen. „Wir sollten uns jetzt besser beeilen, wir sind schon spät dran“, meinte Iori und erhöhte das Gehtempo beträchtlich. „Du hast Recht“, stimmte auch Miyako zu und während die vier Digiritter über angenehmere Themen sprachen, gingen sie bis zum Hochhaus in dem die Yagamis lebten. Taichi öffnete seinen Freunden die Tür als er ankam und ließ sie in sein Zimmer, in welchem Koushirou bereits wartete. Überrascht ihn bereits dort mit seinem Computer sitzen zu sehen, begrüßten sie ihn mit weit geöffneten Augen. „Guten Tag, Kushirou-san!“, brachte Miyako als erste hervor. „Ah, da seid ihr ja alle.“ „Nanu, Taichi-senpai, wo ist denn Hikari-chan?“, wollte Daisuke sofort wissen, da er ihre Anwesenheit nirgends bemerken konnte. „Hikari hat noch was zu erledigen und ist ausgegangen“, entgegnete Taichi, der nicht sofort mit der Tür ins Haus fallen wollte, was Takerus Zustand anbelangte. Miyako warf den anderen einen fragenden Blick zu, denn ihre Erwartung war eigentlich, dass sie ihre Freundin immer mit Taichi antreffen würde, sobald es sich um solche Dinge drehte. „Was, Hikari-chan ist gar nicht hier?!“ Auch Ken und Iori fanden es gewöhnungsbedürftig, dass Taichis Schwester etwas anderes für wichtiger hielt. Selbst Daisuke, den nun mal so schnell kein Wässerchen trüben konnte, fand es mit einem Male sehr verdächtig. „Was ist denn mit den anderen? Zum Beispiel Takeru-san?“, erkundigte sich nun endlich Iori nach seinem Jogresspartner. „Takeru-kun ist derzeit wegen seiner angeschlagenen Gesundheit nicht in der Lage zu kommen. Sora und Jou sind auch verhindert, also habe ich schon gestern mit ihnen allein am über Skype geredet und Mimi ist zurzeit wieder in Amerika um ein paar Freunde zu besuchen. Yamato kommt später dazu, also werden wir noch ein bisschen warten müssen, bevor wir mit dem eigentlichen Thema anfangen.“ Während Taichi redete setzten sich die vier jüngeren Digiritter in eine freie Ecke. Ken war der erste, der sofort das Wort ergriff, nachdem sie es sich gemütlich gemacht hatten und von Taichi etwas zum Trinken bekamen: „Koushirou-san, ist etwa irgendetwas in der Digiwelt geschehen?“ „Nein. Oder besser gesagt, weiß ich es nicht so genau. Bisher wissen wir nur, dass das Tor zur Digiwelt verschlossen ist, aber Gennai-san hat uns bisher keine Neuigkeiten zukommen lassen. Ich gehe einfach davon aus, das alles in Ordnung ist so lange wir keine schlechten Nachrichten erhalten.“ Wie Taichi schon erwähnt hatte, gab es bereits eine Unterredung am Vorabend. Koushirou war auch bei dem Telefonat über Skype dabei gewesen und aus diesem Grunde konnte er erahnen wie sich die jüngeren schon bald fühlen mussten. Es war sehr deutlich gewesen, dass sowohl Sora als auch Jou völlig bestürzt darüber waren, was sich mit Takeru zugetragen hatte. Auch Koushirou war ernst geworden, konnte sich aber den Kommentar nicht verkneifen, dass es wenigstens in der Digiwelt möglich gewesen wäre Takerus Erinnerungen wiederherzustellen. Doch dieser Schreck stand seinen Freunden noch bevor. Trotz allem hatte sich Taichi an Yamatos Stelle ausdrücklich erbeten, so normal mit Takeru umzugehen wie es ging. Schließlich wusste er noch von der Welt um sich herum, auch wenn er die Personen nicht mehr kannte. Gerade als Koushirou noch etwas sagen wollte, klingelte es auch schon an der Tür. „Sieht so aus, als sei Yamato-san gerade angekommen.“ Taichi öffnete sofort die Tür und ließ seinen Freund hinein. „Sorry, ich bin ein wenig spät dran“, entschuldigte sich der blonde und trat ein. Er gesellte sich zu den anderen in Taichis Zimmer, worauf Daisuke ihm einen erstaunten Blick zuwarf. „Yamato-san!“ „Was ist denn mit dir los Daisuke, wusstest du etwa nicht, dass ich auch noch kommen will?“, wollte er wissen. „Ah na ja, ich dachte nur, dass du sicher bei Takeru bleiben möchtest, wenn er krank ist!“, erklärte Daisuke noch immer ein wenig verblüfft. Yamato ließ ein leises Lachen verlauten. Das sah Daisuke wirklich ähnlich. Auch wenn er so tat, als möge er Takeru überhaupt nicht, insgeheim war er doch ein wenig in Sorge um ihn. „Na ja, ich wäre auch gern so lange es geht bei Takeru, aber ich wollte gern selbst mit euch sprechen“, entgegnete Yamato und versetzte die Jüngeren damit in eine recht unbehagliche Stimmung. Wenn Yamato sich extra hierher bewegte um persönlich mit ihnen zu sprechen. „Yamato, jetzt steh da nicht so rum und setz dich endlich hin“, meinte Taichi worauf sein bester Freund nickte und neben Koushirou platznahm. „Heute haben wir echt vorgehabt gemeinsam hierher zu kommen und na ja, als wir bei seiner Wohnung waren hat niemand aufgemacht. Ist er etwa bei dir zu Hause, Yamato-san?“, begannen Ken und Iroi gleichzeitig, wie aus einem Munde zu plappern. Man hätte meinen können, dass sie Jogresspartner waren. „Hey, hey ihr beiden, haltet mal die Luft an, wenn ihr beiden durcheinander redet, dann versteht man ja nichts“, Yamato lachte aufgrund ihrer Fürsorge. Es war wirklich beruhigend zu wissen, dass Takeru so gute Freunde hatte. Taichi reichte seinen Freunden jeweils etwas zum Trinken und setzte sich ebenfalls wieder. „Ich denke wir können es ruhig angehen lassen. Wahrscheinlich kommt Hikari-chan auch etwas später zu uns“, meinte Koushirou schließlich und nippte an seinem Tee. Daisuke begann ein breites Grinsen zu zeigen. Taichi jedoch ließ sich nicht davon anstecken und verursachte mit seiner ernsten Miene eine ebenso bedrückte Stimmung im Zimmer. Während sich die Digiritter bei Taichi im Hause Yagami versammelt hatten, saß Hikari bei Takeru um darauf zu warten, dass er wieder aufwachte. Er schien viel zu schlafen, seit er in dieses Krankenhaus geliefert worden war. Der freie Stuhl neben dem Bett des Jungen war ebenso ungemütlich wie am Vortag und das Mädchen rutschte nervös auf ihm herum. Unbewusst kaute Hikari auf ihrer Unterlippe herum, während sie den Jungen vor sich beobachtete. Gestern Abend war sie mit Yamato und ihrem Bruder darüber einig geworden, dass sie bei Takeru blieb um es dem Älteren zu ermöglichen bei den Unterredungen dabei zu sein, ohne dass er sich ständig Sorgen machen musste. ‚Hikari-chan, bist du dir sicher, dass du das wirklich machen willst?‘, wollte Yamato in einem besorgten Unterton wissen. Das junge Mädchen nickte mit einem Anflug eines bekümmerten Lächelns: ‚Ja, mach dir bitte keine Sorgen, Yamato-san. Ich war nur sehr erschrocken und nun weiß ich, was auf mich zukommt. Ich möchte Takeru-kun helfen seine Erinnerungen zurück zu holen. Er ist doch unser Licht der Hoffnung!‘ Die beiden Älteren kicherten: ‚Nein, Hikari, du bist das Licht, Takeru ist die Hoffnung.‘ Ihre Wangen hatten sich leicht rot gefärbt. ‚Auf jeden Fall brauchst du dir keine Gedanken zu machen, Yamato-san. Ich übernehme hier, so dass du die anderen treffen kannst‘, meinte sie, worauf Yamato dankend lächerlte und Taichis kleiner Schwester durch das glatte, braune Haar. ‚Sehr gut, ich finde nicht, dass Taichi immer der Übermittler schlechter Nachrichten sein muss.‘ Zunächst waren Yamato und Hikari noch gemeinsam bei Takeru geblieben, bis sie sich sicher waren, dass er fest eingeschlafen war. Die Angst der beiden war nicht, dass es ihm körperlich zu schlecht ginge, denn immerhin war er in diesem Krankenhaus sicher genug. Die eigentliche Furcht war, dass Takeru von diesem Phantom wieder nach draußen gelockt wurde ohne auf sich aufmerksam zu machen. Seit Yamato das Krankenzimmer verlassen hatte, waren schon mindestens zwei Stunden vergangen. Doch nun rührte sich der Blonde wieder. Vorsichtig richtete Hikari das Wort an ihn: „Takeru-kun? Bist du wach?“ Der Junge schlug bei dem Klang der Mädchenstimme die Augen blitzartig auf und rappelte sich auf. „Guten Morgen, Takeru-kun“, begrüßte sie ihn, obwohl es schon Mittag war, „Entschuldige, ich wollte dich nicht erschrecken.“ Takeru bedachte das Mädchen neben sich mit einem neugierigen Blick. Sie lächelte freundlich und nahezu fröhlich. Trotzdem haftete irgendetwas an diesem Lächeln, das ihm nicht gefiel. Takeru konnte nicht genau sagen ob es Nervosität oder Traurigkeit war. „Ah…. Ehm… Also, was ich sagen wollte war eigentlich: es tut mir leid. Ich habe gestern gar nicht nachgedacht und dich so verletzt…“, sagte er mit gedämpfter Stimme, so als wollte er sichergehen sie nicht noch einmal auf die gleiche Weise zu verletzen. „Schon gut. Ich war nur so entsetzt darüber, dass du dich an überhaupt nichts mehr erinnern kannst. Darauf war ich gar nicht vorbereitet“, erklärte Hikari verständnisvoll und fuhr fort, „Danach habe ich von Yamato-san erfahren, dass du mir sofort nachgehen wolltest, aber du warst zu schwach. Es tut mir auch leid, dass ich dich nicht aussprechen ließ und einfach davongelaufen bin. Dadurch ging es dir nur noch schlechter.“ „Mach dir keine Gedanken mehr darüber. Alles wird wieder gute, da bin ich mir sicher!“, entgegnete Takeru und setzte ein sanftes Lächeln auf. Oh ja, es war ein Lächeln, welches Takerus Charakter entsprach. Helle, leuchtend blaue Augen und ein zuversichtliches Lächeln, das die Herzen aller erwärmte, die es sahen. Schließlich zeigte er unschuldig mit den Finger auf Hikaris Hals. „Was ist denn?“, fragte sie verwundert und folgte seinem Blick. „Kann es sein, dass das um deinen Hals, deine Digitalkamera ist?“, wollte er wissen. „Ah? Ja natürlich!“, entgegnete Hikari mit einem bekräftigendem Nicken. „Hast du zufällig auch Bilder in der Digiwelt gemacht? Von den Orten und vielleicht auch von den Digimon?“, forschte er weiter. „Ja, natürlich!“, antwortete sie sofort. „Könntest du sie mir zeigen? Vielleicht erinnere ich mich ja an irgendetwas“, schlug Takeru noch immer lächelnd vor. Hikari warf ihm einen überraschten Blick zu. Sie hatte zwar auch schon an so etwas gedacht, aber so lange sich Takerus körperlicher Zustand noch in der Schwebe befand, wollte sie ihn nicht bedrängen. Umso erfreulicher fand sie es, dass er von allein nach dieser Möglichkeit fragte. Sie rückte ihren Stuhl näher zu ihm hin, worauf hin sie auch die Höhe des Bettes per Knopfdruck einstellte, so dass es kein Problem war sich gemeinsam Fotos anzusehen. Gerade als Hikari den kleinen Knopf auf ihrer Kamera betätigte, ertönte der Nachrichtenton ihres D-Terminals. Dennoch wollte sie es ignorieren und einfach damit beginnen, Takerus Erinnerungen wachzurütteln. „Hikari…chan… bist du sicher, dass du nicht nachsehen willst, wer dir geschrieben hat?“, wollte Takeru wissen und zeigte auf ihr D-Terminal. Hikari nickte: „N-na ja, ich denke mir, dass das auch warten kann. Es ist wichtiger, dass du der Alte wirst.“ „Vielleicht ist es ja einer unserer Brüder und sie möchten vielleicht auch erfahren ob es etwas Neues gibt“, meinte Takeru, der es schon ziemlich nett fand, dass sie ihn in den Vordergrund schob. Schließlich nickte Hikari mit einem leichten ‚okay‘ und holte ihr D-Terminal hervor. Ihr Herz begann auf einmal zu schlagen. Fester. Schneller. Irgendetwas wollte verhindern, dass sie das Gerät aufklappte. Da war etwas, das wollte, dass sie jetzt nicht auf das Display sah und alles ignorierte was darauf zu sehen war. Eine dunkle Vorahnung ergriff ihr Herz. Dennoch, rang sie sich dazu durch das angsterfüllte Pochen ihres Herzens zu ignorieren und mit einer mutigen Bewegung öffnete sie das D-Terminal. Ihre Augen weiteten sich vor Schreck. Ein unbekannter Absender. Da war wieder eine E-Mail von einem unbekannten Absender zu ihr gelangt. Schnell räusperte sie sich und versuchte ihre Gesichtszüge unter Kontrolle zu halten. Sie wählte die vermeintliche E-Mail an und es öffnete sich ein wirrer Text: ‚Jungfrau des Lichtes, in die Tiefe sollst du gehen. Jungfrau des Lichtes, in die Dunkelheit sollst du führen, die gebrochenen Flügel der Hoffnung. Versinken sollst du, Jungfrau, in der Tiefe bei Undinen und Kreaturen aus Schatten. Die Hoffnung, bereits begraben, tief im Strudel der Unendlichkeit.. einsam dahinsiechend. Geh dahin, Jungfrau des Lichts, wo tausend Kiefer fletschen und nach deinem Fleische lechzen. Du kannst nicht entkommen. Ich sehe dich. Denn es gibt kein Licht, dass entkommt, in der Dunkelheit.‘ Panisch klappte Hikari das Gerät wieder zu und ließ es geräuschvoll in ihrer Tasche verschwinden. „Hikari-chan?“ „W-was denn?“ „Ist alles in Ordnung mit dir?“, wollte Takeru wissen, „Du bist plötzlich ganz blass geworden. Bist du dir sicher, dass alles in Ordnung ist?“ „Ja, macht dir keine Gedanken. Mir ist nur gerade eingefallen, dass ich noch einen Teil meiner Mathehausaufgaben machen muss, bevor die Schule wieder anfängt“, log sie und war sich sicher, dass nur damit durchkam, weil Takeru sie nicht mehr gut kannte. Was dachte sie da, er kannte sie überhaupt nicht mehr. Erneut räusperte sich das Mädchen, damit zufrieden, dass Takeru sich so leicht hinters Licht führen ließ und widmete sich wieder dem Zeigen von Fotos. Im Hause Yagami war reges Treiben zu vernehmen. Wenn man von draußen den Laubengang entlang ginge, konnte man lachende und scherzende Stimmende hören, obwohl sie eigentlich wegen ganz anderer Dinge dort waren. Viel ernsteren Dingen, die Aufklärung bedurften. Die Heiterkeit begann allerdings damit, dass Ken eine Schachtel voller regionaler Süßigkeiten aus seinem Rucksack holte und erklärte, dass dies die Kleinigkeiten waren, welcher als Souvenirs von seiner Familienreise mitgebracht hatte. „Ich wollte es euch eigentlich erst beim Obonfestival geben, aber wenn wir uns schon alle versammeln…“, berichtete Ken mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, „Ich schätze die Fröhlichkeit wird uns bald vergehen, also greift zu.“ „Okay, Ken!“, Daisuke tat so als würde er direkt zu einem Angriff ansetzen. „Das sieht sehr lecker aus, ich nehme auch was!“, kam es von Yamato und bediente sich ebenfalls. So nahmen sie sich alle von den Leckereien. Auch Koushirou, der mit seinem Computer beschäftigt war, tauchte aus seiner kleinen Welt hervor m ein bisschen Süßes zu naschen. Auf diese Weise hatte es Ken geschafft, die Atmosphäre ein wenig aufzulockern. Das Scherzen und muntere Geschnatter setzte ein und wurde fortgeführt, so dass auch Yamato ein wohliges Gefühl im Herzen verspürte. Dennoch gab es viele Dinge, die er seinen Freunden noch klarmachen musste. Besonders, dass Takeru sie nicht mehr als dieselben Personen erkennen konnte war ihm sehr wichtig zu berichten. Wie würden die anderen der zweiten Generation wohl reagieren? „Ah, Daisuke warte doch mal!“, ermahnte Miyako schließlich, die schwesternhaft ihre Hände in die Hüften gestemmt hatte. „Was denn?“, brachte der Junge undeutlich mit vollgestopftem Mund hervor. „Du isst den anderen ja alles weg!“, ermahnte nun auch Iori seinen Freund. Daisuke aber sah wenig beeindruckt aus: „Aber es ist doch noch so viel übrig…“ Damit war er auch schon durch sich die Proteste der anderen anzuhören und lechzte weiter nach dem begehrenswerten Süßkram. Ken, der neben seinem besten Freund saß, lächelte lediglich ein wenig verloren. Er konnte ihn ja verstehen, aber ganz in Ordnung konnte er es auch nicht finden. Taichi rettete ihn, da er es selbst auch nicht mehr mit ansehen konnte und zog Daisuke leicht am Kragen, wie ein junges Kätzchen: „Oi, Daisuke, jetzt lass aber mal nach.“ Noch immer kauend sah Daisuke den momentanen Herrn des Hauses an und fragte neugierig: „Sag mal, was ist jetzt eigentlich mit dem, was ihr uns erzählen wolltet? Wir haben hier Spaß und dabei mag es wenig Spaßiges geben, über das ihr mit uns sprechen wollt…“ „Ach richtig!“, erinnerte sich Taichi selbst am eigentlichen Grund ihrer Versammlung, „Yamato, möchtest du anfangen?“ Der blonde nickte und seine Miene wurde erneut ein wenig ernster: „Ihr habt zwar schon vermutet, dass es vielleicht mit der Digiwelt zu tun haben könnte, aber im Moment möchte ich euch erzählen, was mit Takeru los ist.“ Sobald Yamato den Namen seines jüngeren Bruders hatte, begannen die jüngeren Digiritter ihm ins Wort zu fallen. Zunächst einer nach dem anderen und dann alle durcheinander, so als gäbe es nicht mehr genug Zeit zum Reden. Schließlich wartete Yamato ein paar Sekunden ab und hoffte, dass sie bald stillschwiegen. Dann endlich, als sich das Stimmengewirr gelegt hatte, fragte Iori noch einmal besorgt: „Yamato-san, ist Takeru-san etwa krank?“ Sie alle bedachten den Älteren mit beunruhigten Blicken. Besonders Ken schien bestürzt zu sein, hatte er doch früher so viele Probleme damit gehabt, Takeru zu beweisen, dass er sich geändert hatte. Vielleicht war dies nun auch der Grund warum er sich so sehr nach ihm erkundigte. „Tja, Takeru geht es wirklich nicht so gut. Er ist immer noch im Krankenhaus.“ „Ach deshalb ist er schon lange nicht mehr bei uns im Laden gewesen!“, Miyako schlug mit einer Haus auf ihre offene Handfläche, als ob ihr gerade ein Licht aufgegangen war. Nun, dies erklärte einiges und die Lösung auf dieses mysteriöse Rätsel konnte sie nun auch akzeptieren. „Trotzdem gibt es keinen Grund sich zu viele Sorgen zu machen. Körperlich geht es ihm schon wieder ziemlich gut und ich denke, dass er shcon bald wieder entlassen werden kann. Nur…“ „Nur?“, wiederholte Ken mit einer etwas bösen Vorahnung. Yamato brauchte einige Sekunden um sich ein Herz zu fassen und erklärte ihnen schließlich, dass Takeru an einer selteneren Form der Amnesie litt. „Deshalb wird er euch alle nicht als die Menschen erkennen, die ihr eigentlich für ihn seid. Er erkennt euch als seine Klassenkameraden oder Freunde von uns, die wir zufällig kennen. Manche kennt er durch das Fernsehen, so wie Ken. Aber ihr wart für ihn nie ein Team, versteht ihr?“ Ein betretenes Schweigen war eingetreten. Alle befürchteten zwar bereits, dass irgendetwas nicht in Ordnung war, doch dies nun aus Yamatos Munde zu hören hinterließ einen bitteren Nachgeschmack. Iori war Takerus Jogresspartner und generell war er ein wichtiges Mitglied ihres Teams. Schlussendlich, als die Stille ihnen allen zu viel wurde, fragte Ken vorsichtig: „Yamato-san, wäre es in Ordnung wenn wir Takeru-kun besuchen gehen?“ „Ich möchte ihn auch besuchen!“, stimmte Iori mit ein und sowohl Miyako als auch Daisuke stimmten nickend und unterstützend zu. „In erster Linie spricht eigentlich nichts dagegen“, entgegnete Yamato mit einem erleichterten Lächeln, dass die Anderen seinen Bruder nicht meiden wollten, „Aber ihr müsst wissen, dass Takeru jetzt keinerlei Hemmungen mehr hat euch vor den Kopf zu stoßen. Es könnte sein, dass er unüberlegt drauflos redet und Dinge zu euch sagt, die euch sehr verletzen werden und die er später dann auch bereut. Jedenfalls ist Hikari-chan gestern vor lauter Schock davongelaufen.“ Daisuke erschrak auf diese Aussage hin so sehr, dass er sich die Hände vor den Mund hielt: „Takeru… hat einen solchen Gedächtnisschwund, dass er sich nicht mal mehr an Hikari-chan erinnert!?“ Es traf den braunhaarigen Wuschelkopf viel mehr, dass sein Teamkamerad sich nicht mehr an dessen beste Freundin erinnern konnte, als dass er sich nun gar nicht mehr an Daisuke erinnerte. Wie Hikari sich wohl gefühlt hatte, als sie herausfinden musste, dass sie dem Anderen nichts mehr bedeutete. „Hei Leute, das soll nicht bedeuten, dass Takeru sich an überhaupt nichts mehr erinnert. Eigentlich, wenn man es genau betrachtet weiß er hauptsächlich nichts mehr von der Digiwelt. Diese Erinnerungen sind wie ausgelöscht“, wandte Taichi nun ein und erhielt ein zustimmendes Nicken von Yamato. „Richtig. Dazu müsst ihr wissen, dass Takeru nach draußen in den Orkan gelaufen ist, weil er das Gefühl hatte, ihn habe jemand gerufen. Er weiß aber nicht mehr wer dies gewesen sein könnte. Außerdem hat Hikari-chan eine E-Mail auf ihr D-Terminal bekommen, die von einem unbekannten Absender abgeschickt worden ist. Das merkwürdige an der Sache ist nicht mal, dass der Absender anonym war. Viel mehr ist diese Nachricht nach wenigen Momenten verschwunden, wie sie selbst sagt. All das hat uns eigentlich zu dem Schluss kommen lassen, dass all das mit der Digiwelt zu tun haben könnte.“ „Was Yamato-kun uns damit sagen will…“, fuhr Koushirou bedacht fort, „dass wir es möglicherweise mit einem neuen Feind zu tun bekommen könnten. Hinzu kommt noch, dass wir momentan nicht in der Lage sind das Tor zur Digiwelt zu öffnen um nach dem Rechten zu sehen. Kontakt mit Tentomon oder einem unserer anderen Partner habe ich auch noch nicht aufbauen können.“ Ken wirkte nachdenklich. Er befand sich tief in seinen Gedanken, die ihn wieder zurück in seine Kindheit versetzten, kurz nachdem sein Bruder gestorben war. Zu jener Zeit, hatte man ihm auch eine anonyme E-Mail geschrieben und wie sich herausstellte war sie damals ebenfalls aus der Digiwelt versendet worden und wie sich wiederum viel später herausgefunden hatte, handelte es sich bei den unbekannten Absender um Oikawa Yukio. Schließlich brachte Ken sich dazu seinen Verdacht zu äußern: „Als ich klein war und Osamu Niisan gestorben war, wurde mir auch eine E-Mail mit einem unbekannten Absender bekommen und die war damals wirklich aus der Digiwelt gekommen. Ich bin mir sehr sicher da-…“ „Leute!“, rief plötzlich Koushirou dazwischen, „Eine E-Mail von Gennai!“ Voller inneren Aufruhrs bildeten die Digiritter einen Kreis um Koushirou und dessen kleinen, gelben Laptop der Marke Pineapple. Mit einem geräuschvollem Doppelklick auf die Nachricht, erschien eine Videonachricht, eines jungen Mannes mit braunem Haar und hellblauen Augen. Gennai schien wieder ein bisschen jünger geworden zu sein, als vor drei Jahren. „Hallo Digiritter, wir haben uns wirklich lange nicht mehr gesehen. Koushirou-san, vielen Dank für deine dringende E-Mail, sie hat mich auf die richtige Fährte gebracht, nehme ich an. Digiritter, hört mir jetzt gut zu, wie ihr schon herausgefunden habt lässt sich das Tor in die Digiwelt und das der realen Welt nicht mehr optimal miteinander verknüpfen. Aus diesem Grund wird es euch nicht leicht fallen zwischen den Welten hin und her zu reisen. Vielleicht ist da auch nicht von Notwendigkeit, aber es ich muss euch leider auch sagen, dass es den Anschein hat als seien hier größere Mächte dafür verantwortlich. Diese Mächte verhindern wohl auch, dass ich eine Liveverbindung mit euch aufnehmen kann. Es tut mir leid, euch mit so wenig Nachricht wieder verlassen muss. Sobald ich Neuigkeiten für euch habe, werde ich mich wieder bei euch melden, Digiritter. Bis dahin bleibt wachsam und passt auf euch auf.“ Damit verschwand die Aufnahme des jungen Gennai und hinterließ die Gemeinschaft in ein tiefes Schweigen gehüllt. So wie es aussah, hatten sie wohl keine Zeit mehr sich auszuruhen oder sich auf ein ganz normales Leben zu konzentrieren, welches Schule mit einbezog. Die sechs Anwesenden verweilten eine Weile in dieser merkwürdigen Paralyse aus Ungewissheit und Machtlosigkeit. Hikari und Takeru hingegen bemerkten gar nicht, wie schnell die Zeit vergangen war, während sie sich miteinander unterhielten und das Mädchen ihm viele Geschichten über die Digiwelt erzählte. Einige waren lustige Erinnerungen, andere waren viel mehr unheimlich und steckten voller Gefahren. Manchmal musste sie Takeru daran erinnern, dass alles gut gegangen sein musste, immerhin säße sie hier bei ihm. Nun endlich zeigte sie ihm ein Foto, welche sie an einem ersten August, zusammen mit den Digimon gemacht hatten. Sie zeigte mit dem Finger auf das Abbild des blonden Jungen: „Sieh mal, Patamon sitzt normalerweise immer auf deinem Hut weil es so leicht und klein ist.“ Takeru sah sich das kleine Tierchen genau an. Es hatte für seine Körpergröße gigantische Ohren, aber dafür waren seine Pfötchen alle sehr klein und es schaute durch riesige, blaue Augen die Takerus sehr ähnelten. Dann zeigte sie auf ein kleines Katzentier neben sich: „Das ist mein Digimonpartner, Tailmon. Es ist das einzige in unserer Runde das immer auf dem Championlevel ist.“ „Championlevel?“, wiederholte Takeru verwirrt, worauf Hikari lächelnd nickte. „Ja. Verzeihung du weißt das sicher noch nicht, aber mit Hilfe dieses Digivices hier, kannst du deinen Partner digitierien lassen. Das erzählte Yamato-san dir doch schon, nicht wahr? Digimon wachsen und werden stärker“, erklärte sie ihm ruhig und geduldig, denn er schien es nicht ganz zu verstehen. Wenigstens erinnerte Takeru sich noch, dass Yamato tatsächlich darüber gesprochen hatte. „Zu wen werden Patamon und Tailmon?“, erkundigte er sich schließlich, während er das Foto weiter betrachtete. „Patamon wird zu einem wunderschönen Engel namens Angemon. Tailmon wird zu Angewomon auf dem Ultralevel.“ „Angemon und… Angewomon?“ „Ja. Die beiden sind wunderschöne Engel und haben uns schon oft mit ihrem Licht aus der Klemme geholfen“, bestätigte Hikari mit einem leichten Lächeln. Da es trotz allem noch den Anschein hatte, dass Takeru was die Digimon anbelangte ziemlich überfordert war. Ob sie es nun wollte oder nicht, sie musste das Thema wieder auf etwas Weltliches lenken, damit es ihren Freund nicht zu sehr überforderte. Also begann sie mit ein paar anderen Erinnerung. Das nächste Foto handelte von einer Weihnachtsfeier. „Hier waren wir auf Ichijouji-kuns Weihnachtsfeier, siehst du? Seine Mutter war so freundlich das Foto zu machen. Wir sechs haben an dem Abend Ichijouji-kun zum ersten Mal lachen hören.“ „Tatsächlich?“, fragte Takeru noch immer ein wenig überfordert. Sein Kopf begann zu schmerzen, sobald er versuchte die Feier zu rekonstruieren. Es stach in seinem Kopf und irgendwie auch in seinen Augen, so dass sich seine Sicht verschlechterte. Vor allem konnte Takeru nicht ganz verstehen, wieso sie bei diesem berühmten Ichijouji Ken gewesen sein sollten. „Warum denn… ausgerechnet bei Ichijouji-kun? Was hat er denn in der Digiwelt gemacht? Und warum war es uns so wichtig, dass er lacht?“, wollte Takeru wissen. „Na weil… Ichijouji-kun unser Kamerad ist. Ein wirklich wichtiger Kamerad, den wir alle gern haben“, entgegnete Hikari ein wenig verblüfft. Sie konnte die Frage nicht verstehen, denn es musste doch klar sein, dass jeder im Team auch gleichzeitig ein Kamerad war. „Ein Kamerad?“ „Genau. Ein Kamerad wie Daisuke-kun, Miyako-san oder Iori-kun. Natürlich gehören du und ich auch dazu und mein Bruder und dein Bruder. Alle anderen eben auch… Sora-san und Mimi-san zum Beispiel. Zusammen sind wir Erwählten Kinder zu zwölft“, erklärte Hikari nun auch endlich ein bisschen überfordert. Sie war mit ihrem Latein am Ende, denn so wie es aussah schien Takeru sich an kein bisschen zu erinnern, auch wenn es so aussah als bemühte er sich. Hikari hatte noch nie erlebt, dass sie so ungeduldig war. Trotzdem starrte Takeru immer weiter und weiter auf die Fotos ein. „Ah-…“ Ein Laut der Verwunderung, so als ob ihm gerade etwas eingefallen war, kam aus seinem Munde. „Takeru-kun?“ Hikari beobachtete ihn wie er nach der Kamera griff , doch seine Hand verfehlte sie viel mehr und mit einer unglücklichen Bewegung fiel sie auf den Boden herunter. Hikari erschrak etwas. Takerus Atmung hörte sich merkwürdig flach und schmerzhaft an. „Hi-… Hikari-cha….ah…e-es tut mir…leid“, brachte er mühselig hervor, „I-irgendwie…ich…fühle mich nicht…“ „Takeru-kun ist alles in Ordnung? Du siehst ganz blass aus, leg dich gleich wieder etwas hin. Es tut mir leid, dass ich dich überfordert habe…“, brachte das Mädchen besorgt hervor und drückte den Blonden in die Kissen zurück. Takerus gesamter Körper fühlte sich angespannt und steif an, so als krampfte er. Immer noch atmete der Junge schwer und keuchte. „Ich rufe sofort einen Arzt!“, meinte sie und war im Begriff den Knopf zu betätigen. In dem Moment geschah es. Takeru packte Hikari hart an den Armen. Die Augen weit aufgerissen, so dass das Mädchen die blutunterlaufene Sklera erkennen konnte. Ein paar grellleuchtende, eisblaue Augen starrte sie an während sie so hart und fest gehalten wurde, dass sie sich überhaupt nicht mehr bewegen konnte. „Ta-..Takeru-kun?“, brachte das Mädchen unsicher und ängstlich hervor. Sie begann am ganzen Leib zu zittern, obwohl es doch Takeru war, der vor ihr lag. Oder etwa nicht? „Takeru-kun?“, fragte sie noch einmal und endlich erhob auch der Junge seine Stimme und diese klang merkwürdig verzerrt. Trotzdem lag in seinem Ton etwas Bekanntes: „Jungfrau des… Lichts. Nimm…dich in Acht… Du bist als nächste-…“ „Takeru-kun, du tust mir weh!“, sagte sie mit fester Stimme und blickte in die unwirklichen Augen ihres Freundes. Dieser schnappte unwillkürlich nach Luft und fiel schlussendlich in seine Kissen zurück. „Takeru-kun? Takeru-kun!“ „I-ich.. ich bin furchtbar müde…“, flüsterte er vollkommen erschöpft. Hikari gelang es ein leichtes, aber doch zweifelndes Lächeln hervorzubringen. „Ist schon gut, du solltest dich jetzt gut ausruhen. Ich werde hier bei dir sitzen bleiben bis Yamato-san zurück ist. Du bist nicht allein, hörst du?“, meinte sie und hob die Digitalkamera vom Boden auf, welche zuvor mit einem kleinen Poltern zu Boden gegangen war. „Da-danke, Hikari-chan.“ Sie setzte sich wieder auf den Stuhl neben Takerus Bett und rechnete damit, dass er bereits wieder eingeschlafen war. Das Mädchen fühlte noch immer ihr Herz rasen vor wilder Angst. Was auch immer mit Takeru los war, es war gefährlich. Trotzdem, jetzt wo sie sich wieder annäherten und Takeru sich sogar traute sie wieder mit Vertrautheit anzusprechen, wollte sie ihn nicht im Stich lassen. Nein, im Stich lassen gab es bei ihr auf keinen Fall. Und somit fasste Hikari an diesem Abend einen Entschluss: ‚Takeru-kun?Du hast mich schon immer beschützt. Bei unserem ersten Abenteuer hast du immer dafür gesorgt, dass ich nicht die Hoffnun aufgebe und hast mich gerettet. Auch beim zweiten Mal, als ich am Meer der Dunkelheit war, kamst du um mich da wieder wegzuholen. Ich habe zwar schon oft gesagt, dass ich esvon nun an allein schaffe aber… weißt du, damals als Aquilamon und Tailmon ihre Jogressdigitation vollzogen haben, habe ich bemerkt, dass ich nicht mehr beschützt werden wollte. Jedenfalls nicht nur. Ich wollte stark werden. So stark wie du! Ich glaube jetzt habe ich es verstanden… was wirklich wichtig ist. Ich möchte dich nicht verlieren. Ich möchte nicht von deiner Seite weichen… Ich will dich beschützen, Takeru-kun!‘ Das Mädchen bemerkte nun, dass ihre Kamera noch an war und durch den Absturz versehentlich ein Foto geschossen. Im Begriff das Foto sofort wieder zu löschen betrachtete sie das Foto. Hikaris Augen weiteten sich vor Schreck. Auf dem Foto, war Takeru verschwommen zu sehen, doch es war nicht ihr Freund allein. Um ihn herum lag ein paar weiter Flügel, doch an seiner Brust krallte sich ein merkwürdiger, schwarzer Arm fest, den sie schon einmal gesehen hatte. Er gehörte zu einem Gegner, den sie schon seit langem hinter sich gelassen hatten. Kapitel 5: Tosende Wellen ------------------------- Im Meer der Erinnerungen Kapitel 5: Tosende Wellen Auch am Abend war das Haus der Yagamis noch voller junger Menschen und schon bald waren Frau und Herr Yagami nach Hause gekommen und hatten die Besucher gegrüßt. Yamato erhob sich als Erster aus der Gruppe und wandte sich an Taichi: „Ich sollte langsam gehen. Ich glaube Hikari-chan kommt heute nicht von Takeru weg so lange ich nicht wieder da bin.“ „Immerhin hat sie dir versprochen auf Takeru aufzupassen“, meinte Taichi mit einem Lächeln. „Ich denke, ich sollte auch gehen“, stimmte Koushirou zu und darauf waren auch Miyako, Ken und Daisuke einverstanden, sich langsam aber sicher zu verabschieden. Daisuke sah kurz aus dem Fenster und wagte einen Blick in den Himmel hinauf. „Ist ganz schön bewölkt draußen“, bemerkte er und folgte den anderen in den Flur. „Hoffentlich wird das nicht wieder so ein Unwetter wie letztens…“, murmelte Miyako und warf Ken seine kleine Tasche zu, „Ken-kun, du kommst am besten mit zu mir, wenn das Wetter umschlägt dann stockt der Verkehr wieder.“ Daisuke ließ ein abfälliges Geräusch verlauten: „Was heißt hier, er geht mit zu dir, seit wann folgen Jungen in das Heim von einem Mädchen? So was gehört sich doch nicht. Wenn Ken bei irgendjemandem übernachtet, dann bei seiner Jogresspartner, ist das klar?“ Ken lächelte ein wenig verloren zwischen Miyako und Daisuke, die sich zusammen wie ein altes Ehepaar um ihn stritten. Mit einem musste er zugeben, dass Daisuke Recht hatte, es fühlte sich korrekter an bei den Motomiyas zu bleiben, obwohl Miyako die größere Wohnung hatte. Taichi und Yamato tauschten ebenfalls ein paar vielsagende Blicke miteinander aus und schließlich meinte der Blonde mit einem leichten Lachen: „Ihr solltet vielleicht zuerst Ichijouji fragen, bevor ihr einfach über seinen Kopf hinweg entscheidet.“ Nun, das war ein sehr gutes Argument mit dem alle drei gut leben konnten. „Tut mir leid Miyako-san, ich denke schon, dass Daisuke Recht hat. Wir sehen uns beim Obonfestival“, meinte Ken mit einem sanften Lächeln bevor er sich kurz vor der etwas Älteren verbeugte. „Na gut“, kam es ein wenig enttäuscht von Miyako. Immerhin gab das Fest ihr einen nötigen Lichtblick. Draußen vor dem Haus, als sie alle im Begriff waren ihre Wege zu trennen, wandte Ken sich noch einmal an Yamato: „Yamato-san… ehm…“ „Ichijouji, was ist denn?“ „Also, es ist doch wirklich okay, wenn wir Takaishi-kun besuchen, doer?“, wollte hakte Ken nach, woraufhin er ein Nicken als Antwort erhielt: „Danke, dass ihr euch alle so um ihn sorgt. Ich glaube nicht, dass irgendetwas dagegen spricht, jetzt wo ihr wisst, dass Takeru euch unter Umständen ganz schön verletzendes Zeug an den Kopf werfen könnte.“ „Ich glaube das halten wir schon aus“, entgegnete Ken mit einem leichten Lächeln. „Alles klar. Ich werde es ihm sagen und ihn darauf aufmerksam machen drei Mal zu überlegen was er sagt. Ich melde mich bei dir, wenn Takeru bereit ist euch zu treffen“, versicherte Yamato. Ken nickte daraufhin. Taichi, der seine Freunde mit nach draußen begleitet hatte, fügte hinzu: „Entschuldige, dass Hikari einfach so davongelaufen ist und jetzt auch noch den ganzen Abend bei Takeru verbracht hat.“ „Nein, nein ich denke, dass wenn Hikari-chan sagt, dass Takeru im Moment ein ungehobelter Klotz ist, dann hat das mit sicherheit seine Richtigkeit“, warf Yamato ein. „Hikari lügt schließlich nicht“, prahlte Taichi mit dem guten Benehmen seiner Schwester und brachte Yamato damit zum Lachen: „Na, Takeru ist über die Jahre ein ausgezeichneter Lügner geworden, was seine körperliche Konstitution anbelant.“ Taichi ging sofort völlig auf die Aussage seines besten Freundes ein und setzte das Scherzen fort: „Ah, ja da kann ich dir nur Recht geben. Man weiß nie ob er einfach nur rebellisch ist oder tatsächlich unaufrichtig…“ Die jüngeren Digiritter tauschten bisweilen verwunderte Blicke aus. Natürlich wussten sie alle, dass Taichi und Yamato die besten Freunde waren und ihre Gespräche manchmal ebenso vertraut ausfielen. Irgendwie hatten sie alle das Gefühl, dass dieses Gespräch allerdings Dimensionen annahm, welche Daisuke, Miyako, Iori und Ken am besten gar nicht mitbekamen. „Pah, `tschuldige dass mein kleiner Bruder so ungezogen ist. Trotzdem ist er mein geliebter, kleiner Bruder.“ Taichi kicherte: „Hört sich einer das große Brüderchen an.“ „Pff, für Hikari-chan bist du doch auch so ein großes Brüderchen.“ Alle der Anwesenden um sie herum wussten wie solche Gespräche zwischen den beiden Jungen ausfielen und damit verabschiedete Koushirou sich nun endlich: „Bevor ihr weiter euchre Geschwister lobpreist, gehe ich schon mal vor. Der Wind nimmt auch langsam zu, also sollten wir uns alle nach Hause begeben. Gute Nacht alle miteinander.“ Dem stimmten auch Daisuke und Ken sowie Miyako und Iori zu und trennten sich für den Augenblick. Yamato bedachte seinen besten Freund mit einem forschenden Blick: „Warum bist du eigentlich mit nach draußen gekommen?“ „Ich geh mit dir mit ins Krankenhaus. Ich finde nicht, dass Hikari allein nach Hause gehen sollte“, erklärte Taichi, während ein zorniger Windstoß an seinem wilden Haarschopf spielte. Ken und Daisuke folgten dem breiten Weg über die Straße gefolgt von Miyako und Iori. Bald schon mussten sich ihre Wege trennen, da Daisuke ein wenig weiter abseits und näher an ihrer Schule wohnte. Im Augenblick aber wünschte sich jeder von ihnen einen dichten Mantel, mit dem sie sich vor den orkanartigen Windböen schützen konnten. Alles wirkte so wie das schreckliche Unwetter vor ein paar Tagen. Ungewöhnlich waren Taifune für diese Jahreszeit zwar nicht, trotzdem hatten die Digiritter irgendwie ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Daisuke und Ken hörten hinter sich die Stimme ihres Freundes: „Ich bin ziemlich schockiert was passiert ist…“ „Ich auch. Takeru-kun kann sich immerhin an gar nichts mehr erinnern… Nicht richtig an uns und dass wir jeden Tag nach der Schule in die Digiwelt gereist sind. Ist doch merkwürdig, oder?“, fügte Miyako hinzu und sah nach vorn, denn Ken sah über seine Schulter hinweg und nickte. „Sehr merkwürdig, wenn du mich fragst“, stimmte der Dunkelhaarige zu, „Deshalb möchte ich Takaishi-kun selbst erleben. Ich möchte sehen in was für einen Zustand er sich befindet, nur will ich das nicht ohne Yamato-sans Einverständnis tun.“ Sowohl Miyako als auch Iori stimmten dem zu. Sie machten sich alle furchtbar viele Gedanken um Takeru, so dass sie es kaum abwarten konnten ihn zu sehen. Keiner von ihnen mochte sich vorstellen wie es wohl war, sich plötzlich nicht mehr an ihren Digimonpartner erinnern zu können. „Ich werde ihn nicht besuchen gehen.“ Die Anderen bedachten Daisuke mit einem verwirrten Blick. Nach ihrem Ermessen wäre Daisuke der erste gewesen, der auf Takerus Bettkannte saß um ihn aufzumuntern und so sehr zu triezen, dass seine Erinnerungen von allein wieder zurückkamen. Auch wenn Daisuke sich immer über Takeru beschwerte und so tat als gäbe es keinerlei Verbindung zwischen ihnen, so wussten sie dennoch, dass Daisuke sich um jeden seiner Freunde sorgte. „Daisuke?“, kam es leise aus Kens Munde. „Es ist mehr… dass ich glaube, dass ich selbst nicht ganz vorbereitet auf so ein Treffen bin. Mit dem Takeru, den wir bisher kannten, bin ich richtig oft aneinander geraten und hab mich mit ihm angelegt. Jetzt denkt mal nach, Yamato-san hat gesagt, dass Takeru im Moment nicht der Selbe ist und dass er uns leicht vor den Kopf stoßen könnte, aber habt ihr mal darüber nachgedacht, dass es auch andersrum sein könnte? Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich Takeru wahrscheinlich ziemlich verletzen würde, wenn ich auf ihn träfe.“ „Ich kann dich da schon verstehen, Daisuke-san, keine Sorge“, versicherte Iori mit einem leichten Lächeln. Sie hatten sich alle nicht getäuscht, Daisuke war ein sehr guter Freund. Schließlich besann sich Iori auf seine Vernunft und stimmte viel mehr Daisuke zu: „Es stimmt, ich möchte Takeru-san auf jeden Fall treffen, genau wie Ichijouji-san. Aber ich bin Takeru-sans Jogresspartner und wenn er sich daran nicht erinnert, könnte es sein, dass wir uns gegenseitig missverstehen. Vielleicht würde ich ihn sogar für die Gedächtnislücke verantwortlich machen. Wahrscheinlich ist es besser, wenn ich auch noch ein bisschen warte bevor ich ihn besuchen gehe…“ Somit spalteten sich die Meinungen der jungen Digiritter, dch niemand konnte die Argumente des jeweils anderen verneinen. Ken legte seine Hand auf Daisukes Schulter, während der Wind ihnen immer noch wie ein zu kräftig eingestellter Föhn in den Rücken drückte und voranschob. „Keine Angst, ich verstehe euch beide sehr gut. Ich muss ihn treffen um zu sehen ob er sich vielleicht wenigstens daran erinnert, dass ich einmal der Digimon Kaiser war. Takaishi-kun hasst die Macht der Dunkelheit so sehr, dass ich mir denken könnte, dass etwas von diesen Gefühlen noch übrig ist. Immerhin wollte er anfangs auch nicht glauben, dass ich nun anders bin. Wenn er sich daran erinnert, dass ich die Macht der Dunkelheit für meine Zwecke missbrauchen wollte, dann könnte es zwar passieren, dass er mich wieder meidet und mit anderen Augen sieht, aber es ist einen Versuch wert.“ „Aber Ken-kun!“, brachte Miyako mit sorgenvollem Blick hervor. Den weiteren Weg brachten die vier Digiritter überwiegend schweigend hinter sich. Am Ticketschalter beim Kaihinkouen sollten sich ihre Wege wieder trennen. Während Iori und Miyako, die im selben Haus lebten, sich von den anderen beiden Jungs verabschiedeten, kam es Ken so vor als hörte er eine Stimme. Ruckartig wandte Ken sich danach um, ohne dass seine Freunde es ganz mitbekamen. „Wir sehen uns hoffentlich spätestens auf dem Fest“, sagte Miyako und winkte den beiden Jungen zu, Ken bemerkte es kaum, er konzentrierte sich auf etwas anderes. Langsam verschwanden die zwei Gestalten und Daisuke bemerkte, dass Ken mit völlig anderen Dingen beschäftigt war. „Ken?“, weckte Daisuke seinen besten Freund aus seiner scheinbaren Verwirrtheit. „Was?“, der Dunkelhaarige warf ihm einen verwirrten Blick zu. Es schien etwas nicht zu stimmen, denn die Augen des Dunkelhaarigen waren weit aufgerissen und wirkten etwas in Panik geraten. „Daisuke… hörst du das?“, wollte Ken wissen und versuchte bei dem grölenden Wind genauer hinzuhören. Im Gesicht des Braunhaarigen war ein reines, großes Fragezeichen zu erkennen. „Was denn?“, wollte er neugierig wissen und versuchte zu erahnen wo Ken hinsah. Der Dunkelhaarige sah sich um. Da war definitiv eine Stimme und sie wurde anscheinend mit dem Wind getragen. Eine dunkle, grässliche Stimme, welche klang als lachte sie bitterböse. Er glaubte sie zu kennen. „Was ist denn nun?“ „Hörst du nicht diese Stimme?“, rief Ken ihm zur Antwort, denn mit jedem Moment, den sie hier draußen verweilten, nahm das Tosen zu. „Stimme? Ich hör ja dich kaum!“, rief Daisuke zurück, wobei er Ken genau beobachtete. Der größere hatte sich dem Park zugewandt, der sich am Strand entlang erstreckte und zu kleinen Bänken hinführte. Da das Laub der wehenden Bäume ihnen die Sicht auf den Strand versperrten, beschloss er spontan loszurennen. „Oi! Oi, Ken!!! Warte!!“, schrie Daisuke seinem Freund hinterher und sprintete ihm selbst hinterher. Während die beiden sich über die Straße begaben, begann es wie aus Eimern zu schütten und der Regen peitschte ihnen gnadenlos um die Ohren. „Ken!!“, der Wind verschluckte Daisukes Worte nahezu und er sah sich gezwungen dessen Hand zu ergreifen. „Wer bist du!?“, rief Ken auf das rasende Meer hinaus. „Wen meinst du?“ „Hörst du das denn nicht, Daisuke?!“, wollte Ken ein wenig verstört wissen. Daisuke konnte es ganz genau in den Augen seines Gegenübers erkennen. Da gab es ganz offensichtlich etwas, das ihn aufwühlte. Doch hören konnte er bis auf das Krachen des Regens nichts. „Nein, was denn?“ Ken war im Begriff zu antworten, doch noch bevor er Worte hervorbringen konnte, stach ihm etwas in die Brust. Eis. Es war eiskalt. „Ken!!“ Daisukes Stimme schrie neben seinem Ohr. „Ken was ist los, komm, steh wieder auf, los! Wir müssen hier weg!!“ Es schnitt in sein Herz, in sein Inneres. Es war so kalt wie Eis. Es riss an seiner Seele. ‚Ich kann nicht, Daisuke! Ich kann mich nicht bewegen. Ich kann mich nicht-… Lass mich los, ich will nicht mit dir gehen! Ich will nicht ins Meer! Ich werde nicht mit dir ins Meer gehen, lass mich los!‘ Das fiese Lachen wurde deutlicher und deutlicher bis es zu einem brüllenden Gelächter anschwoll. Es nahm sein Gehör ein, so dass er nicht einmal mehr Daisukes Stimme zwischen all dem Lachen und dem Wind herausfiltern konnte. Dann wurde es still. Kälte breitete sich kontinuierlich aus. Völlige Dunkelheit herrschte um ihn herum. Im Krankenhaus angekommen betraten Taichi und Yamato das Krankenzimmer, in welchem Hikari noch immer saß und darauf actete, dass Takeru sich nicht vom Fleck bewegte. Die beiden älteren Jungen setzten sich neben Hikari, die ein wenig unruhig wirkte. „Bruderherz, Yamato-san wie gut dass ihr es vor dem Regen geschafft habt!“, kam es erfreut von Hikari. Sie wirkte irgendwie erleichtert über ihre Anwesenheit. „Was, soll es denn noch regnen?“, wollte Yamato besorgt wissen. Immerhin wusste er,dass seine Freunde alle noch heil nach Hause kommen mussten. Hikari nickte zunächst Stumm bevor ihre Stimme ein wenig zittrig ein paar Worte hervorbrachte: „Oh ja… es wird so schlimm wie neulich.“ „Schläft Takeru?“ „Ja“, entgegnete Hikari sichtlich nervös. Das Wetter schien ihr aufs Gemüt zu schlagen. „Vielen Dank, Hikari-chan. Dank dir konnte ich selbst mit den anderen sprechen und-… Sag mal, ist irgendetwas nicht in Ordnung?“, wollte Yamato wissen, der abwechselnd zwischen dem Mädchen und Takerus schlafenden Gesicht hin und her blickte. „A-also es gibt etwas, das mir Sorgen bereitet“, entgegnete Hikari aufgewühlt wie zuvor, „Aber Takeru-kun darf nicht allein hier bleiben. Der Wind ist so gemein und kalt. Der Regen wird es nicht besser machen.“ „Das was dich beunruhigt, hat es mit Takeru zu tun?“, hakte Yamato nach. „Ja.“ „Also gut, dann warte ich hier und passe auf, dass dein kleiner Bruder keine Nachtwanderung macht“, meinte Taichi lässig und ließ sich auf dem Stuhl nieder, auf dem zuvor seine kleine Schwester gesessen hatte. „Nein, Bruderherz… Du musst das auch hören. Es ist wichtig“, ermahnte Hikari ihren Bruder mit trüben Blick. Da war etwas in ihren Augen, was Taichi sagte, dass es wirklich dringend war. „Aber du sagst doch, wir können Takeru-…“ „Ist schon gut, ich schätze Mutter dürfte bald hier sein“, erklärte Yamato und legte seinen Arm leicht um Hikaris Schulter, „Du wirkst müde, Hikari-chan, ist alles in Ordnung mit dir?“ Das Mädchen nickte: „Ja etwas, aber das ist nicht so schlimm.“ Sie konnte ihrem und Takerus Brruder noch nicht berichten, was sich genau zugetragen hatte. Sicher wären die beiden in Regem Aufruhr. Nach einer kurzen Stille, die eingetreten war, übernahm Taichi den tröstenden Griff um seine kleine Schwester und schob sie in Richtung Zimmertür: „Also gut, Hikari, wir gehen schon Mal in die Cafeteria im Erdgeschoss.“ Er zwinkerte Yamato kurz zu und winkte. Der ältere der beiden Brüder setzte sich auf demselben Stuhl nieder, auf dem Hikari bis vor kurzem noch gesessen hatte und betrachtete den Blonden vor sich. Der feste Schlaf, in dem Takeru lag wirkte keinesfalls erholsam. Die flache Brust hob und senkte sich rasch, wobei Takerus Atemzüge ein wenig gequält klangen. Kurz darauf klopfte es an der Tür, bevor sie von Frau Takaishi geöffnet wurde und sie hinein kam. „Yamato, es tut mir leid, dass ich erst jetzt komme.“ Sie war von der Arbeit gekommen, der sie allerdings nur mit einem schlechten Gewissen nachging. Takeru ließ sie erst mit schwerem Herzen allein, als sie wusste, dass entweder Yamato, oder ihr Exmann Hiroaki während der Besuchszeiten bei ihm waren. Außerhalb dieser – ihrer Meinung nach jedenfalls – viel zu kurzen Besuchszeit gab es genügend Personal im Krankenhaus, die sich um ihn kümmerten. Konnten doch weder sie noch jemand anderes erahnen, dass ganz andere Mächte am Werk waren als die Irdischen. Yamato wandte sich zu der hellhaarigen Frau um und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln: „Hei, Mutter! Sag mal, kann es sein dass du abgenommen hast?“ In seiner Stimme lag ein wenig Sorge und sein Blick verriet Natsuko so einiges. „Ich bin in Ordnung, mach dir darüber keine Gedanken. Es tut mir viel mehr leid, dass du nun jeden Tag ununterbrochen hier bei Takeru bleiben musst“, entgegnete sie, wohlwissend, dass sie einen Großteil der wertvollen Freizeit von ihm übernahm. Eigentlich wäre er doch lieber mit seiner Band in irgendeinem Keller gewesen, um neue Lieder einzustudieren. „Ich mache das doch gern. Außerdem kommt doch Vater auch so oft er Zeit hat. Heute war ich vorrübergehend nicht da, aber Hikari-chan hat so lange übernommen. Ich glaube nicht, dass du dir wegen irgendetwas Sorgen machen musst. Ehrlich.“ „Hikari-chan war hier? Ach deshalb sitzen Taichi-kun und Hikari-chan unten!“ „Ja, ich glaube das hat den beiden gutgetan.“ Frau Takaishi nickte mit einem sanften Lächeln: „Wohl wahr, Taichi-kun und HIkari-chan sind wirklich liebe Kinder.“ „Tja, ich glaube ja, dass wenn wir vor ein paar Jahren nicht alle zusammen in die Digiwelt befördert worden wären, dass wir nicht so gute Freunde gewesen wären“, entgegnete Yamato mit einem leichten Lachen in der Stimme. „Das glaube ich auch. Außerdem hat Takeru sich wirklich gut entwickelt seit der Digiwelt. Er war immer so schüchtern und hatte wenig Selbstvertrauen, so dass er oft so lange quengelte bis er zu Hause bleiben durfte. Nachdem ihr wieder da wart, fing er an regelmäßig zur Schule zu gehen und dann, nachdem wir nach Odaiba gezogen sind, war er wirklich nur nicht in der Schule wenn er wirklich krank war“, stimmte sie zu und setzte sich nun schließlich neben Yamato. Takeru hatte inzwischen einen kühlen Waschlappen auf der Stirn liegen. Yamato, der ihren fragenden Blick mitbekommen hatte, beantwortete ihr bereits die ungestellte Frage: „Ich habe vorhin bemerkt, dass er ganz schön heiß ist und habe gedacht es sei eine gute Idee.“ Frau Ishida fühlte ebenfalls die hochroten Wangen des Jungen, wobei ihr Blick ein wenig ernster wurde: „Tja, Takeru scheint wirklich recht hohes Fieber zu haben. Aber sag mal Yamato, warten Taichi-kun und Hikari-chan auf dich? Lass sie nicht zu lange dort, ich bin ja jetzt da und kümmere mich um ihn.“ „Tut mir leid Mutter. Ich löse dich später wieder ab, ja?“, sagte er und verschwand aus der Tür. Als Yamato in der Cafeteria ankam, musste er feststellen, dass er keinen seiner Freunde sehen konnte. Sofort fragte er sich, ob die beiden schon nach Hause gegangen waren. Nun, Hikari hatte wirklich etwas entkräftet ausgesehen, vielleicht mussten sie einfach das Krankenhaus verlassen. In dem Moment hörte er auch schon Hikaris Stimme von der Seite her: „Yamato-san, entschuldige, wir hätten die vielleicht auf’s D-Terminal schreiben sollen. Als wir hier ankamen war schon alles voll, also haben wir einen anderen Platz gesucht.“ „Habt ihr einen gefunden?“, wollte er wissen und folgte dem Mädchen mit in eine Ecke. Es sah aus wie eine kleine Besuchsecke, falls man seinen Besuch nicht unbedingt im Zimmer haben wollte da man es sich mit mehreren Leuten teilte, oder eben aus anderen Gründen. Diese kleinen Sitzecken, die nur mit einem Snack- und Getränkeautomaten versehen waren, schienen bei den Besuchern wenig populär zu sein. Wie Yamato erkannte, waren Taichi und Hikari schon dabei es sich gemütlich zu machen. Sie hatten aus dem Getränkeautomaten ein paar Dosen zu je zweihundert und zwanzig Yen gezogen und auch ein paar Tüten mit Leckereien, damit sie nicht völlig unterzuckerten. „Da bist du ja. In der Cafeteria sieht’s bestimmt noch genauso schlimm aus wie vorhin“, begrüßte Taichi die beiden. „Na ja, wenn wir es mal von der Seite betrachten, dass es wahrscheinlich sowieso am besten ist, ein wenig abseits vom Rest zu sitzen. Ich schätze wir würden sonst noch zu viel Aufsehen erwecken. Gut gemacht, Hikari-chan“, bemerkte Yamato und auf diese Worte hin, wirkte Hikari schon viel fröhlicher als zuvor. „Wie geht’s Takeru?“, wollte Taichi nun wissen. „Er hat ein wenig Fieber bekommen, wie es aussieht.“ „Ah, Verzeihung“, bat Hikari ein wenig schuldbewusst, „Sicher habe ich ihn überfordert.“ „Mach dir keine Sorgen, du kannst nichts dafür. Ich bin mir sicher, dass er sich sehr schnell wieder erholt“, meinte Yamato und wuschelte dem Mädchen leicht durchs Haar um ihr wieder Mut zu machen. „Nebenbei, Yamato, willst du eigentlich Daisuke und den anderen erlauben Takeru zu besuchen?“, erkundigte sich Taichi weiter. „Tja, das kommt wohl auch darauf an was Takeru will, aber ich schätze, dass es vielleicht besser für ihn werde sie alle persönlich zu sehen.“ „Stimmt, ich meine, Takeru möchte bestimmt auch selbst seine alten Erinnerungen wieder zurückbekommen“, nickte Taichi zustimmend. „Hikari-chan, könntest du uns erzählen, was während unserer Abwesenheit passiert ist?“, lenkte Yamato nun das eigentliche Gesprächsthema ein. Hikari erzählte die beiden Jungen was vor sich gegangen war, während sie beide Augen auf ihn hatte. Sie berichtete mit zuversichtlichen Worten davon, wie sie sich gegenseitig bei einander entschuldigten, doch ihr junges Gesicht wurde erneut todernst, als sie erzählte, was geschehen war, als Takeru ihre Digitalkamera in die Hände genommen hatte. Takeru war interessiert daran die Gesichter seiner alten Freunde und die Digimon zu sehen. Vor allem was die Digimon anging und wie Patamon zu Angemon digitierte, war von besonderer Bedeutung gewesen. Jedenfalls machte es den Eindruck danach. „Nachdem ich ihm gezeigt habe, dass wir alle zusammen bei Ichijouji-kun die Weihnachtsfeier hatten und als er die Kamera nahm… passierte etwas. Es war als… als konnte er es nicht ertragen und ließ sie fallen.“ „Was konnte er nicht ertragen?“, hakte Yamato nach. „Was soll das bedeuten, Hikari?“, wollte auch Taichi mit misstrauischer Miene wissen. „Ich weiß es auch nicht so genau. Es wirkte so als ob ihn etwas dazu gebracht hätte sie fallen zu lassen. Er… ich glaube Takeru-kun zitterte ein wenig und dann entschuldigte er sich, dass es ihm nicht gut ginge.“ „Oh Mann… tut mir leid, was da passiert ist. Funktioniert deine Kamera wenigstens noch?“, fragte Yamato ein wenig bekümmert, da er wusste wie wichtig Hikari das Fotografieren war. Sie lächelte leicht und nickte daraufhin: „Ja, keine Sorge. Das ist es auch gar nicht, was ich sagen will, ich bin Takeru-kun doch nicht böse wegen so was. Aber als ich die Kamera hochholte da… da habe ich bemerkt, dass sie beim Fallen den Auslöser aktiviert hat und bei dem Foto habe ich gesehen… dass da…“, sie holte tief Luft und zeigte ihnen das Foto, „Ich habe gesehen dass um Takeru-kun herum etwas ist, dass Aussieht wie ein Flügel und eine Klaue… von dem Digimon, das vom Digimon Kaiser geschaffen wurde… Ein Arm und ein Flügel von Kimeramon.“ Die Gesichtszüge Taichis und Yamatos entgleisten schon beim ersten Blick auf die vermeidliche Ablichtung. Dort war ein Flügel um Takeru gelegt. Ein Flügel von Angemon. Dazu, krallte sich eine lange, schwarze Klaue mit einer einzelnen, roten Kralle an Takerus Brust. Yamato und Taichi erschauderten. Devimons Arm. Yamato konnte plötzlich erahnen was der Grund für Takerus schlechten Zustand war. Es hatte nichts mit einer normalen Erkältung oder weltlichen Lungenentzündung zu tun. „Das heißt also…“, begann Yamato ein wenig atemlos. Taichi nickte, wobei er einen Arm beschützend um seine kleine Schwester legte: „Ja. Wir haben es wohl wieder…“ „Mit der Macht der Dunkel zu tun“, beendete Hikari schließlich den Gedanken. Draußen bogen sich die Bäume unter der Wut des Windes. Einige, mit dünnen Stämmen schienen sich fast bis zum Erdboden herunterzubeugen während pechschwarzer Regen auf sie herniederdonnerten. Es war kein gewöhnlicher Orkan, wie es für diese Zeit üblich war. Ganz im Gegenteil, es war blanker, kalter Hass der sich mit eisigem Wasser vermischte um eine todbringende Brühe zu erzeugen. Bei diesem erschlagenden Regen, dem reißenden Wind und der endloserscheinenden Dunkelheit, in der kein Regenschirm oder irgendeine wasserdichte Kleidung etwas nutzten, war kein Mensch mehr auf der Straße und jedes Tier versuchte sich in seiner Behausung zu verstecken. Inmitten dieser furchtbaren Einsamkeit, wunderte ein Junge doch noch umher. Sein Mobiltelefon lief auf Hochtouren, doch er hatte jetzt keine Zeit um daranzugehen. Regenwasser tropfte an seinem Haar hinunter und lief ihm über die Stirn in die Augen, während er auf seinem Rücken einen anderen Jungen trug, der momentan nicht in der Lage war eigenständig zu gehen. Daisuke hatte alles versucht, um Ken wieder aufzuwecken, aber alles schien irgendwie vergeblich zu sein. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass Puls und sämtliche Lebenszeichen in Ordnung waren, hatte er sich in seiner wilden Panik dazu entschlossen zu Fuß zu gehen. Nun im Nachhinein waren ihm hundert andere Dinge eingefallen, die logischer und wahrscheinlich auch effektiver gewesen wären. Anstatt hier durch ganz Odaiba zu stapfen, hätte er schnell Miyako anrufen können um sie zu bitten ihnen kurzen Aufenthalt zu gewähren. Ihre Familie hätte sicher darauf bestanden. Er hätte bei sich zu Hause angerufen und Bescheid gesagt, dass sie sich verspäten würden, da es so regnete. Nun aber gab es nichts anderes mehr als sich durch den Sturm zu schlagen um endlich nach Hause zu kommen. Wenigstens ans Telefon hätte er gehen können, aber dazu hätte er Ken erst Mal absetzen müssen und für Daisuke galt es stets zuerst immer an seinen besten Freund zu denken. Daisuke konnte die tadelnde Stimme seiner Mutter bereits hören. Was er sich wohl dabei dachte bei diesem Wetter draußen zu bleiben und das auch noch mit Ichijouji Ken, der doch weiß Gott schon genug in seinem Leben durchmachen musste. Eine Lungenentzündung oder gar schlimmeres Übel musste nun wirklich nicht noch hinzukommen. Fluchend, murmelt und das Wetter verdammend trug Daisuke, Ken auf dem Rücken mit sich und schaffte es letztendlich nach eineinhalb geschlagenen Stunden wieder nach Hause zu kommen. Wie erwartet empfing Frau Motomiya ihren Sohn mit einer Standpauke, während sie sich zunächst um Ken kümmerte. Auch wenn ihre Worte harsch und streng an ihren Sohn gerichtet waren, in erster Linie sprach die mütterliche Sorge zu ihm. Daisuke trocknete sich beinahe gewalttätig das Haar mit einem Handtuch und kratzte sich verlegen am Kopf. „Tut mir echt leid, Mama, aber irgendwie war ich so erschrocken, dass ich gar nicht mehr klar denken konnte.“ Letztendlich, als Ken sich wieder im Warmen befand und von Daisukes Mutter versorgt war, regte er sich langsam wieder. Es war zwar nicht die Stimme seiner eigenen Mutter, aber Ken musste doch feststellen, dass er sich merkwürdig beschützt fühlte. Nicht zu knapp durch Daisukes Anwesenheit. „Wie geht es dir, Ken-kun?“, erkundigte sich Frau Motomiya sofort. „Ah, entschuldigen Sie! Mir ist kalt, aber es geht“, entgegnete Ken ein wenig verwirrt über seinen momentanen Verbleib, doch als er sich umsah, konnte er es sich denken. Es musste bei den Motomiyas zu Hause sein. Eine Wohnung in einem eher älteren Hochhaus, der Wohngegend auf Odaiba. Nett in einem eher westlichen Stil eingerichtet, obwohl die kleine Wohnung ein japanisches Zimmer hatte und ein recht altes Bad, welches hin und wieder den Geist aufgab und die Familie dazu zwang des Öfteren das lokale Badehaus zu besuchen. Ken wurde aus seinen unwichtigen Gedanken gerissen, als Daisuke sich neben ihm mit einem erleichterten Plumpsen niederließ. „Oh Mann, Ken, ich dachte schon irgendwas Komisches geht vor sich, als du plötzlich weggetreten bist. Du hast mich gar nicht mehr gehört…“, sagte Daisuke ein wenig verstört und trotzdem bemüht so viel davon zu verbergen, wie es nur ging. Natürlich konnte Ken durch diesen intensiven Versuch der Verschleierung sehen und ließ ein etwas sorgeträchtiges Lächeln seine Lippen umspielen. Er konnte noch nicht frei mit Daisuke über das sprechen, was vorgegangen war. Jedenfalls nicht ohne, dass Frau und Herr Motomiya oder seine Schwester Jun unnötig zu beunruhigen. „Tut mir leid, ehrlich“, entschuldigte sich Ken, „ich wollte euch keine Sorgen bereiten. Ich bin wirklich in Ordnung. Nur etwas kalt und nur etwas müde.“ „Dann solltest du zuerst ein ausgiebiges Bad nehmen, Ken-kun“, schlug Frau Motomiya vor, „Ich werde das Abendessen vorbereiten. Daisuke, du suchst ihm am besten ein paar Handtücher raus und bereitest den Gästefuton vor, ja?“ „Klar, Mama“, stimmte Daisuke zu und so nahm der Abend ohne weitere, nennenswerte Ereignisse. Den Rest des Abends war Ken sehr still gewesen. Beinahe zu still für Daisukes Geschmack. Außerdem wirkte es so, als schmeckte es Ken heute überhaupt nicht bei ihnen, denn er brachte nur ein paar Bisschen seines Reis hinunter und kaute etwas geistesabwesend auf etwas Rindfleisch herum. Im Zimmer des rotbraunen Zottelkopfes, sprach Daisuke seinen besten Freund darauf an. „Bist du dir sicher, dass alles in Ordnung ist, Ken?“ „Ja, mach dir keine Sorgen, mir geht es gut“, entgegnete er, während er sich umzog um unter die massive Decke des Gästefutons zu schlüpfen, „Es ist nur…“ „Was denn?“, wollte Daisuke mit neugierigem Unterton wissen, wobei er jede von Kens Bewegungen genau uns Visier nahm. Der Dunkelhaarige konnte Daisuke gar nichts vor machen. Nun kannten sie sich schon so lange und auch noch beste Freunde, dass es keinen Zweck hatte sich zu verstellen oder zu versuchen etwas zu verheimlichen. Nachdem auch Daisuke sich unter die Decke seines Bettes gekuschelt hatte und nur noch der Sturm draußen zu hören war, entschloss Ken sich endlich zu reden. „Da draußen am Meer…“ „Du meinst beim Kaihinkouen?“ „Ja genau“, Ken nickte, auch wenn Daisuke es in der Dunkelheit des Zimmers nicht gut erkennen konnte, „Für einen Moment hatte ich das Gefühl, dass mich jemand ins Meer gerufen hat.“ „Was!?“, Daisuke setzte sich auf und warf seinem Freund einen schockierten Blick zu. Ken wagte es nicht zu Daisuke hinaufzusehen, denn er war ängstlich, dass er irgendwas in seinem Blick lesen konnte, dass ihm nicht gefiel. Es tat Ken leid, dass er seinen besten Freund auf diese Weise beunruhigen musste. „Na ja… ich glaube ich kenne die Stimme. Ich habe sie früher mit Sicherheit schon einmal gehört. Nur weiß ich nicht mehr… wo.“ „Aber Ken, warum hast du mir das nicht vorher schon gesagt? Als wir am Strand waren? Da hätte ich doch für dich nachsehen können!“, meinte Daisuke mit Nachdruck. Wenn es um Ken ging, dann gab es eigentlich nichts, was er nicht für ihn tun würde. Die Worte seines besten Freundes brachten Ken zum Schmunzeln. Daisuke war wie Miyako wenn es darum ging ihn zu verteidigen. Den einzigen Vorteil, den der Braunhaarige bei sich hatte war, dass er Kens Jogresspartner war. „Ken… glaubst du… war es wieder das Meer der Dunkelheit?“ „Ich weiß es nicht“, entgegnete Ken ehrlich, es schauderte ihm bei dem Gedanken an das Meer allein und auch wenn er edachte, was sie damals in Dagomons Meer eingeschlossen hatten, „Trotzdem, hatte es was mit dem Meer zu tun. Aber die Stimme die mich rief… Das war jemand, den ich früher schon einmal gehört habe… das war und zwar zu der Zeit, als ich noch der Digimon Kaiser war, da bin ich mir sehr sicher.“ „Als du noch der Digimon Kaiser warst, sagst du?“, hakte Daisuke nach und bedachte die schlanke Figur seines Freundes, die sich unter der Decke zusammengerollt hatte. Nun, Daisuke konnte nun wirklich nicht behalten, dass er sich mit Kens Kontakten auskannte. Jedenfalls nicht zu jener Zeit, als er noch von der Saat der Dunkelheit manipuliert war und versuchte die Digiwelt in seine Gewalt zu bringen. Es brachte ihn zum Nachdenken und nicht nur ihn. Daisuke sah wie sehr es seinen besten Freund zu beschäftigen schien. Es musste also irgendwas her, dass Ken wieder aufmunterte. „Keine Sorge, wenn es da was gibt, dass dich ärgern will, halte ich es für dich ab. Vielleicht hat das ja alles nur mit dem Unwetter zutun. Ich meine, hör dir den Krach da draußen doch mal an und wenn dich doch jemand angreifen will, dann muss er erst mal an mir und Veemon vorbei. Und Wormmon! Vergiss das nicht!“, Daisuke sagte dies mit einem breiten Grinsen. Wenn Veemon und Wormmon zusammen zu Imperialdramon wurden, dann gab es mit Sicherheit nichts, vor dem er sich fürchten musste. Ken lächelte sanft und zog die Decke höher, obwohl die Sommerhitze auch in Daisukes Zimmer gegenwärtig war. Vermutlich lag es daran, dass der eiskalte Regen draußen noch immer unaufhörlich weiter versuchte, das Gebäude auszukühlen. Warum gab es eigentlich so unendlich kalten Regen mitten im Hochsommer? Ken mochte nicht daran denken, er schloss lieber seine Augen um die Zeit vergehen zu spüren. Nach nur wenigen Momenten, war das leise, tiefe Atmen seines Freundes neben ihm zu hören, welches sich langsam zu einem kleinen Schnarchen entwickelte. Daisuke hatte es nie schwer einzuschlafen. Trotzdem ging Ken noch immer durch den Kopf wer ihn gerufen hatte. Was ging mit Takeru vor sich? War dieses Unwetter eigentlich normal? Tief in seinem Herzen wusste Ken, dass es sich auf keinen Fall um ein gewöhnliches Unwetter handelte. Und mit diesem angsterfüllenden Gedanken fiel auch er in einen unruhigen Schlaf. Fortsetzung folgt Kapitel 6: Der Eintritt in die Freiheit --------------------------------------- Das Rätsel um Takerus beunruhigenden Zustand war endlich gelöst, wenn auch nur zum Teil. Sowohl Yamato als auch die Yagami Geschwister fühlten sich nicht mehr komplett im Dunkeln tappend. Trotzdem schlug ihnen die Wahrheit wie ein Blitz in den Körper, als Hikari sich mit ihrem älteren Bruder und Yamato traf um ihnen von einigen Begebenheiten zu berichten. „Das bedeutet wohl, dass wir es wieder mit der Macht der Dunkelheit zu tun haben“, stellte Taichi atemlos fest. Hikari nickte, aber konnte sich noch nicht dazu bringen etwas zu sagen. Die Erinnerung an dieses fürchterliche Biest, das einst vom Digimon Kaiser geschaffen wurde, hatte unschöne Narben bei ihnen allen hinterlassen. Besonders Ken riss es bestimmt den Boden unter den Füßen weg, sobald er erfuhr, dass sie es mit demselben Monster zu tun hatten und es nicht für immer in den Weiten der Digiwelt verschlossen blieb. Die Macht der Dunkelheit machte Hikari Angst. Vielleicht machte sie insbesondere dem Mädchen große Angst, aber auch Ken war sehr empfänglich für diese dunkle Bedrohung. „Deshalb ist Takeru noch immer krank. Kimeramon hat seine Klauen im Spiel“, bemerke Yamato, dem plötzlich klar geworden war, was es mit der mysteriösen körperlichen Verfassung auf sich hatte. In ihm nagte jedoch eine andere Frage, hatte Kimeramon seinen Bruder etwa in der Gewalt und im Begriff dessen Körper vollkommen zu übernehmen? Um das herauszufinden musste er noch einmal mit Takeru sprechen aber auch langsam dafür sorgen, dass er auf seine Kameraden stieß und sie neu kennen lernte. Doch bevor das geschah wollte er noch ein paar Dinge prüfen, damit Yamato seine jüngeren Freunde nicht in eventuelle Schwierigkeiten brachte. Somit stattete er Takeru am selben Abend noch einen Besuch ab. Zum Teil tat er dies auch um seine Mutter zu entlasten. „Du kannst jetzt ruhig nach Hause gehen, Mutter. Ich teile mir die Nacht mit Vater und du musst doch morgen wieder zur Arbeit, also überlass uns die Wache“, meinte Yamato mit einem aufmunternden Lächeln, während er den Rücken seiner Mutter leicht tätschelte. Natürlich fiel es der jungen Frau äußerst schwer zuzugeben, dass Yamato und ihr Mann Recht hatten. Sie musste ausgeschlafen sein und konnte es sich genaugenommen nicht leisten der Arbeit fern zu bleiben, auch wenn sie es wollte und gern ihren gesamten Jahresurlaub genommen hätte. Schließlich nickte sie verabschiedete sich von ihrem älteren Sohn, der sie beinahe hinauswarf. Zunächst kehrte etwas Ruhe ein, denn Takeru schlief noch immer fest. Erst als er nach ungefähr einer Stunde nach Yamatos Eintreffen, regte sich der Jüngere wieder. „Brüderchen, bist du etwa immer noch hier?“, fragte er verwirrt, denn um diese Zeit hätte er entweder seine Mutter oder seinen Vater erwartet. „Ja, keine Sorge. Mama ist wieder nach Hause, weil sie sich mehr ausruhen muss. Du hattest eine ganz gute Zeit mit Hikari-chan, hab ich gehört“, stellte er fest und fühlte kurz die Stirn seines Bruders. Die Stirn war nun kühler als zuvor und damit wohl auch sein Fieber gesunken. Takeru nickte auf die Frage hin und brachte ein Lächeln hervor. „Es war schön mit Hikari-chan zu reden. Sie hat mir viel gezeigt und erklärt, auch wenn ich mich immer noch nicht erinnern kann“, erklärte Takeru. „Hikari-chan erzählte Taichi und mir auch, dass sie es toll fand dich zu besuchen. Aber auch, dass es da ein Foto gab, das du nicht ansehen konntest. Was ging dir durch den Kopf, als du es gesehen hast?“, hakte Yamato nun nach, da er bemerkte, dass sein Bruder momentan in einer recht guten Verfassung war. So auf ein Foto zu reagieren war schließlich nicht normal und das musste Takeru ebenfalls einsehen. „Na ja… da war so ein… beklemmendes Gefühl und plötzlich wurde mir übel. Ich weiß auch nicht woher das kam, aber… Als ich das Foto ansah überkam mich ein eiskalter Schauer, als stünde ich wieder in diesem eiskalten Regen und außerdem…“, Takeru hielt kurz inne um sich an das Gefühl zu erinnern. „Außerdem?“ „Ich hatte den Eindruck etwas zu hören… oder jemanden.“ Er zeigte auf das Ohr, auf welchem er seit längerem Probleme hatte vernünftig zu hören. Es geschah kurz nach dem Kampf gegen BelialVamdemon und gehörte nun schon zu seinem täglichen Leben. Das sein Ohr nicht richtig mitspielte. „Könnte es sein, dass das was du gehört hast, diese Person ist, die dich gerufen hat?“, fragte Yamato nachdenklich. Dabei ging ihm gleichzeitig auch durch den Kopf, dass die Person höchstwahrscheinlich gar nicht menschlich war. In den Ohren des Jüngeren begann es erneut zu donnern und ein Tinnitus kam hinzu. „Takeru?“ Yamato bemerkte das rasche, unregelmäßige Atmen seines Bruders und dass er seine Ohren verkrampft zuhielt und den Kopf schüttelte, als litt er an einer schlimmen Migräne. „Takeru, ist alles in Ordnung?!“ Vorsichtig berührte er den kleineren Jungen am Rücken, so dass dieser verschreckt in das Gesicht seines Bruders. Das Zittern und der verängstigte Ausdruck in seinen Augen vermittelte Yamato, dass wieder etwas sehr merkwürdiges vor sich gehen musste. „Tut mir leid, Takeru.“ „Brüderchen…“ „Komm, leg dich für heute Nacht zur Ruh. Es war ein anstrengender Tag“, meinte Yamato worauf er seinen Bruder mit sanfter Gewalt in die Kissen zurückdrängte und die leichte Decke über ihn zog. Takeru tat, wie es ihm sein Bruder geheißen hatte und schloss seine Augen. Yamato musste einsehen, dass es auch Momente gab in denen man einige Dinge unbedingt für eine Weile vergessen wollte, sowie es auch Zeiten gab in denen man sich unbedingt an etwas erinnern möcgte, sich aber nicht erinnern konnte. Außerdem gab es auch Dinge, an die man sich zwar erinnern wollte, aber große Angst davor hatte dies zu tun. Wenn Takeru ehrlich war, dann war letzteres genau das, was er augenblicklich fühlte. Am darauffolgenden Tag entschloss sich Yamato endlich dazu, Ken anzurufen um ihm zu sagen, dass es für alle, die Takeru sehen wollten, in Ordnung war ihn zu besuchen. Angesichts des Unwetters und vor allem der Zeit des gestrigen Tages, musste der Blonde zugeben, dass es besser war sämtliche Telefonate erst am folgenden Tag zu erledigen. Und so geschah es auch. Am Telefon hörte Yamato die Mutter des jüngeren Digiritters nach ihrem Sohn rufen: „Ken Schatz, da ist Ishida-kun am Telefon, ich glaube es ist der große Bruder von Takaishi-kun.“ Nach einer ziemlich kurzen Stille, in welcher vermutlich ein Wechsel der Hörer vorging, meldete sich die recht feminine Stimme des Dunkelhaarigen: „Ichijouji hier, bist du das, Yamato-san?“ „Tut mir leid dass ich dich erst jetzt anrufe. Ich wollte mich eigentlich gestern Abend melden, aber du weißt ja, wie es gestürmt hat und außerdem wart ihr sicher schon alle im Bett“, entschuldigte er sich, als er nach der Abendessenszeit noch anrief. „Mach dir bitte nichts daraus, ich war sowieso bei Daisuke“, erklärte Ken sofort, doch hielt er mit der Information seines Zusammenbruchs zurück, „Wie geht es Takaishi-kun?“ „Gestern hatte er noch leichtes Fieber, aber meiner Mutter zufolge hat es sich jetzt wieder gelegt. Daher wäre es angebracht wenn ihr ihn besuchen kommen könntet. Es gibt außerdem noch etwas… was wir mit dir besprechen müssten. Es ist aber nichts, dass ich gern am Telefon besprechen möchte. Es wäre wichtig, von daher sollten wir das vielleicht nach dem Besuch machen, meinst du das ginge?“ „Natürlich ist das okay. Meinst du es wäre auch in Ordnung wenn ich den anderen Bescheid sage? Vielleicht wollen sie gleich mitkommen“, erklärte Ken und erhielt eine mehr als positive Antwort von Yamato. „Gut, dann werden wir so schnell wie möglich bei Takaishi-kun vorbei schauen“, entgegnete Ken mit Freude in der Stimme, obwohl es in seinem Hinterkopf klopfte. Er konnte ahnen worauf dieses Gespräch mit Yamato allein hinauslief. Es musste damit zu tun haben, dass irgendeine übernatürliche Kraft an Takeru und auch an ihm zerrte. „Danke Ichijouji, dann bis bald“, verabschiedete sich Yamato. „Ah, ich muss mich bedanken. Vielen Dank, dass du dir die Mühe machst und uns informierst“, entgegnete Ken und legte auf. Seine Miene hätte eigentlich allen Grund dazu gehabt heiterer zu werden, aber die Tatsache, dass Ken während des Unwetters wieder dieses merkwürdige Gefühl gehabt hatte ins Meer gezogen zu werden. Das Meer, welches er von allen Übeln dieser Welt am meisten fürchtete: das Meer der Dunkelheit. Der Junge wandte sich um, damit er wieder in sein Zimmer gehen konnte, jedoch hatte seine Mutter schon bemerkt, dass etwas in der Luft lag. „Ken? Ist irgendetwas mit Takaishi-kun?“ „Ja, er ist im Moment im Krankenhaus, aber er kann sicher bald wieder entlassen werden.“ „So ist das also… Der arme Junge, es muss hart für ihn und seine Familie sein…“, sinnierte Frau Ichijouji über die Information. Ken lächelte bekümmert. Selbst wenn er es gewollt hätte, irgendwie hatte er das Gefühl, dass er seiner Mutter am besten noch nichts von all den rätselhaften Begebenheiten erzählte. Sie machte sich nur unnötig viele Sorgen, vor allem weil sie von ihren Kämpfen gegen BelialVamdemon gehört hatte und in ihren Augen geschrieben stand, wie entsetzlich unheimlich sie das alles fand. Zum Glück kannte sie Wormmon und die anderen Partnerdigimon der Erwählten Kinder, denn ansonsten wäre sie sicherlich vollkommen gegen die digitalen Wesen gewesen. Als nächstes tätigte Yamato einen Anruf bei den Yagamis. Zu seiner Überraschung nahm auch gleich der gewünschte Gesprächspartner ab. „Hallo, Yagami hier.“ Es war Taichis Stimme, die sich meldete. „Oh Taichi!“, begrüßte Yamato seinen Freund. „Yamato? Hey, wieso rufst du denn an?“, erkundigte sich der Braunhaarige. „Wo ist Hikari-chan gerade?“ „Sie ist in ihrem Zimmer“, antwortete die noch immer überraschte Stimme des Jungen. „Da gäbe es etwas, das ich mit dir besprechen möchte, wäre es möglich wenn wir uns zu zweit treffen?“, wollte Yamato ohne große Umschweife wissen. Nun klang Taichi noch verwirrte: „Na so was, ich hatte auch daran gedacht dich anzurufen. Es ist wegen des Fotos, oder?“ „Ja.“ „Morgen dürfte es gehen. Ich melde mich dann. Wie geht es Takeru?“, antwortete Taichi. „Es geht, wahrscheinlich sollte er sich heute noch ein wenig ausruhen, aber ansonsten geht es ihm besser.“ „Gut, dann gebe ich das an Hikari weiter“, entgegnete Yamatos besert Freund und wartete noch auf dessen Reaktion: „Alles klar, wir hören morgen voneinander.“ Somit legten die beiden Jungen nach diesem recht kurzen Gespräch wieder auf. „Bruderherz, hat Yamato dich angerufen?“, wollte Hikari wissen, die kurz nachdem Taichi nicht mehr redete, aus ihrem Zimmer gekommen. Taichi nickte leicht lächelnd und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Mach dir keine Sorgen, Takeru braucht zwar noch etwas Ruhe, aber er ist auf dem Weg der Besserung.“ Das Mädchen nickte: „Ganz bestimmt. Ichijouji-kun hat uns allen eine E-Mail geschickt, weißt du? Wir sollen ihm schreiben wann wir Zeit haben Takeru-kun im Krankenhaus zu besuchen.“ „Ach so ist das! Na das hört sich doch nach einem guten Plan an!“, meinte er und klopfte ihr zusätzlich sanft auf die Schulter. Hikari brachte sich allerdings nur zu einem bekümmerten Lächeln. Sie hatte ihrem Bruder von den ständig auftauchenden Meldungen nicht erzählen können und auch war es ihr mehr als unangenehm über das gestrige Foto nachzudenken oder weiter nachzuforschen. Ihr war lediglich bewusst, dass es nicht nur Kimeramon war, das Takeru bedrohte. Der Arm, der sich tief in seine Brust bohrte war der von Devimon. Wieviel wusste die zweite Generation der Digiritter eigentlich? Soweit Hikari wusste, hatte Yamato nur Iori von ihrem aller ersten Abenteuer berichtet. „Bruderherz?“ „Was denn?“ „Glaubst du, dass wir wieder ernsthafte Probleme in der Digiwelt lösen müssen?“, wollte sie mit traurigem Blick wissen, „Glaubst du Tailmon und die anderen sind in Gefahr?“ Taichi seufzte leicht aus. Er konnte natürlich nicht erahnen was noch auf sie zukam oder was es mit Kimeramon auf sich hatte. Dennoch wollte er seine Schwester nicht dem Trübsal überlassen. Taichi schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln: „Nur Mut, Hikari. Ich weiß zwar nicht mehr als du, aber wenn Agumon oder Tailmon in Gefahr wären, dann hätte sich Gennai sicher schon gemeldet.“ Erneut nickte das Mädchen verunsichert. Den Rest des Tages verbrachten die beiden zu Hause, denn der Tag war trübe und drohte mit neuen, heftigen Regenfällen. Takerus Freunde hatten den neuen Tag abgewartet, bevor sie sich gemeinsam auf den Weg ins Krankenhaus machten. Am späten Vormittag waren Hikari, Ken, Miyako und Iori versammelt im Zimmer des Kranken um ihn zu besuchen. Iori hatte auf Kens E-Mail hin noch einige Stunden darüber nachgedacht ob er nun wirklich mitgehen sollte, oder nicht, doch nach langem Sinnen und Abwiegen von Für und Wider bemerkte er doch, dass sein Herz ihn zu seinem Jogresspartner zog. Lediglich Daisuke blieb bei seiner Entscheidung seinen ehemaligen Rivalen nicht im Krankenhaus aufzusuchen. „Wir sind dann erst Mal eine Weile draußen“, entschuldigten sich Taichi und Yamato, um ihren eigenen Gesprächen nachzugehen. „Ich bin so froh, dass es dr wieder besser geht“, bemerkte Hikari, welche erleichtert ausatmete, als sie das Gesicht ihres Freundes sah und feststellte, dass seine Gesichtsfarbe schon gesünder wirkte. „Tut mir leid, dass sich alle so viele Sorgen um mich machen müssen. Ach und…“ „Meine Kamera ist in Ordnung, also vergiss das bitte ganz schnell. Wir sollten alle zusammen ein Foto machen. Am besten beim Abschlussfeuerwerk des Obonfestivals“, schlug Hikari heiter vor, obwohl ihr eigentlich nicht zum Fröhlich sein zumute war. „Ein Feuerwerk, sagst du?“ „Ja genau, nächstes Wochenende ist es endlich so weit“, erklärte Miyako enthusiastisch. „Oh, in dem Fall bin ich wohl dabei! Der Arzt sagte heute bei der Visite, dass es keinen Grund mehr gibt mich länger hierzubehalten. Ich werde morgen also entlassen!“, berichtete er mit einem strahlenden Lächeln. „Was, wirklich?“, fragte Ken nun mit Nachdruck, „Ist das wahr, Takaishi-kun?“ „Ja. Ach, da fällt mir ein, vielen Dank für die Süßigkeiten, Ichijouji-kun. Die waren sehr lecker.“ Durch das Fieber hatte Takeru lange mit seinem Appetit zu kämpfen gehabt, aber ab und zu eines der Süßigkeiten zu naschen half ihm dabei wieder zu Kräften zu kommen. „Schade das Daisuke nicht mitgekommen ist“, nörgelte Miyako ein wenig trotzig und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. Es war zwar nicht so, dass sie ihn nicht verstehen konnte, aber trotzdem wäre es hilfreich gewesen. „Da kann man leider nichts machen, Daisuke-san hat heute Fußballtraining mit dem Club“, erklärte Iori. „Ich denke, dass das nicht alles ist. Ich denke, dass Motomiya-kun mich nicht sonderlich leiden kann…“, meinte Takeru mit niedergeschlagenem Unterton. „Nein, keine Sorge, das stimmt so nicht“, widersprach Iori, „Ich habe genauso gezögert, dich zu sehen. Ich hatte etwas Angst weißt du? Was soll man mit dir im Moment besprechen? Aber dann habe ich mich gefragt, wie es wohl wäre wenn ich nicht ginge und habe herausgefunden, dass ich lieber herkommen möchte. Vielleicht erinnerst du dich gerade nicht alles, aber wir sind Jogresspartner, Takeru-san.“ „Jogresspartner?“, wiederholte Takeru wieder. Er hatte dieses Wort von Hikari schon einmal gehört, aber es schien etwas sehr Wichtiges zu sein, obwohl er sich noch keinen großen Reim darauf machen konnte. Miyako nickte und fuhr fort: „Genau, Daisuke und Ken-kun, Hikari-chan und ich und du und Iori seit jeweils eine Einheit.“ „Und… was macht man beim Jogress?“, wollte Takeru mit verunsicherter Miene wissen. „Eigentlich geht es darum dass unsere Partner eine Allianz eingehen und zu einem Digimon werden“, antwortete Hikari schnell, bevor jemand anderes ihr zuvor kam. Iori nickte zustimmend und fügte kurz darauf hinzu: „Wir hatten ein paar Startschwierigkeiten und deshalb habe ich mir auch Gedanken gemacht, ob es an mir liegt. Ich glaube du hast dir genauso Sorgen darum gemacht.“ „Wann ungefähr war das?“, hakte Takeru nach. „Ungefähr im Herbst letzten Jahres. Das muss ungefähr zu der Zeit gewesen sein, als Ken-kun ins Team gekommen ist, immerhin waren Daisuke und er die ersten, die eine Jogressdigitation vollzogen haben“, entgegnete Miyako sofort. „Genau, das wollte ich euch auch fragen! Wie kommt es, dass Ichijouji-kun nicht von Anfang an bei uns war?“ Für einen Moment kehrte Stille ein, bevor Ken sich kurz räusperte und sich dazu durchrang etwas zu sagen: „Daisuke hat mich freundlicherweise dazu geholt. Takaishi-kun, nicht ich bin das Wunderkind damals gewesen, sondern mein großer Bruder Osamu. Mich… hat etwas anderes zu einer Kopie meines Bruders gemacht.“ Ken wollte nicht in den Mund nehmen, dass er so einst eines Wahnsinns befallen war, welcher ihn zum Digimon Kaiser gemacht hatte. Eine düstere Erinnerung, die ihn auch heute noch manchmal bis in die Träume verfolgte. Auf der anderen Seite wollte Ken auch nicht riskieren, dass Takeru sich sofort an die falschen Dinge erinnerte und sich vielleicht wieder gegen ihn wandte. Durch die betrübten, blauen Augen stach es auch in die Brust des Blonden und er fühlte sich schuldig: „Es tut mir leid. Ich hätte nicht danach fragen sollen, oder?“ „Mach dir keine Gedanken, Takeru-kun“, kam es von Hikari, die durch ein bekräftigendes Nicken seitens Ken, woraufhin Takeru einen nachdenklichen Eindruck machte. „ch denke Hikari-chan hat Recht! Und denk nur mal daran, dass du erst Morgen wieder aus dem Krankenhaus rausdarfst! Also hetz dich bloß nicht, immerhin musst du uns jetzt alle erst wieder kennen lernen. Vielleicht sorgt auch das dafür, dass du dich letztendlich wieder erinnerst“, plapperte Miyako drauflos, „Und komm mich ja im Laden meiner Eltern besuchen, wenn du hier raus bist.“ „Deine Eltern haben einen Laden?“, fragte der Blonde überrascht, „Ist… das etwa der gleich in der Nähe?“ In dem wüsten Labyrinth seines Gedächtnisses gab es verschwommen einen kleinen Gemischtwarenhandel der so gut wie immer geöffnet hatte. Also gehörte er wohl zu Miyakos Familie und wenn die Familie den Laden nicht selbst bedienen konnte, mussten arme Studenten ran um sich ein paar Pfennige dazu zuverdienen. So war das nun Mal in diesem Land, aber Takeru war noch weit davon entfernt auf die Universität zu gehen und musste noch nichts neben der Schule dazuverdienen. „Ja genau, wir haben einen Kiosk und wenn du nicht kommst, Takeru-kun, dann verdienen wir nicht genug“, behauptete Miyako mit einem scherzenden Unterton und zwinkerte dem Jungen zu. „Aber Miyako-san, das bisschen was ich kaufen kann..“ „Nein, nein, du verstehst das falsch. Du gehörst eben zur Stammkundschaft und wir vermissen dich schon.“ Sowohl Miyako als auch Takeru begannen zu lachen und so waren auch die anderen nicht mehr dazu in der Lage sich zurückzuhalten. Miyako glückte also der Plan die angespannte Stimmung wieder umzuwerfen und milde Gelassenheit zu verbreiten. Ihre weiteren Gespräche waren voller Lachen und ausgelassenen Themen, die teilweise von den Digimon und ihren spontanen Aktionen wie Picknicks und Nudelsuppen essen; teilweise handelten sie allerdings auch über das ganz gewöhnliche Leben, das sie miteinander führten. Takeru empfand dieses Treffen zum Abschluss seines Krankenhausaufenthaltes sehr ermutigend, denn insgeheim war ihm schon sehr nervös wie es wohl war in eine Schule zu gehen, die man zwar kannte, aber die Leute völlig anders waren. Jetzt bekam er allerdings viele Dinge bestätigt, die ihm schon sein Bruder berichtet hatte. Er freute sich regelrecht auf ein neues Trimester an seiner Schule. Doch das, sollte erst nach dem Fest beginnen. Die Digiritter wussten gar nicht, wie viele Gedanken sich Daisuke tatsächlich darüber machte, wie er Takeru wohl beim nächsten Mal begegnen sollte. Er hörte schließlich auch schon davon, dass Takeru sie zwar alle noch kannte, ihre Rollen aber zweifelsohne verändert waren. Sicherlich war Daisuke nicht mehr als ein unbeliebter Mitschüler. Vielleicht erinnerte sich Takeru auch noch an ihre leichte Rivalität um Hikari, die inzwischen bereits der Vergangenheit angehörte. Unerwartet bekam der Braunhaarige gegen Abend eine E-Mail von Ken auf sein D-Terminal: „Hallo Daisuke! Gute Nachrichten, Takaishi-kun wird morgen entlassen und wird mit uns zum Fest kommen.“ Selbst wenn Daisuke stur war und so tat als bedeutete Takeru ihm überhaupt nichts, er schrieb aufgeregt und erleichtert zurück, dass sie ihn von ihm grüßen sollten. Während die zweite Generation der Digiritter sich ausgelassen um den Patienten kümmerte und mehr oder weniger Spaß miteinander hatten, waren Yamato und Taichi nach draußen gegangen und hatten es sich in der Gartenanlage des Krankenhauses gemütlich gemacht. Zum Glück war das Wetter wieder einigermaßen freundlich und warm geworden, so dass sie sich auf eine Bank setzen konnten um zu reden. Yamato seufzte erleichtert aus. Die Ruhe hier draußen war eine willkommene Abwechslung zu all dem Aufruhr der vergangenen Woche, obwohl sie ihm auf eine andere Weise trügerisch vorkam. Taichi streckte sich ebenfalls: „Ist doch toll, dass dein Bruder morgen entlassen wird, das hat schließlich auch lange genug gedauert. Mir wäre eine Woche Krankenhausaufenthalt schon genug.“ „Tja, wenn man es genau betrachtet, dann kann man sowieso nichts anderes mehr machen. Takerus Zustand ist vielleicht noch nicht komplett wieder hergerichtet, aber besonders wir wissen jetzt, dass das andere Gründe haben kann“, entgegnete Yamato, worauf Taichi ihm mit einem bedächtigen Nicken zustimmte, „Nebenbei bemerkt, tut mir leid für all die Unannehmlichkeiten, die wir dir und Hikari-chan bereitet haben.“ „Machst du Witze?! Wir sind doch Freunde, Yamato, das sind Dinge, über die du dir so gar keine Sorgen machen musst. Es ist doch ganz selbstverständlich, dass wir uns gegenseitig helfen.“ Eine kurze Stille trat zwischen ihnen ein. Sie hatten nun schon so viel miteinander erlebt und den jüngeren Digirittern mit Rat und Tat zur Seite gestanden, es gab keinen Grund damit jetzt aufzuhören. „Also wie macht ihr das eigentlich zu Hause? Deine Mutter muss doch arbeiten, oder nicht?“ „Ja, aber so lange noch Sommerferien sind kann sie es sich einrichten und bei ihm bleiben. In der Schule können immerhin noch Daisuke und Hikari-chan ein Auge auf ihn haben, vielleicht auch Iori. Ich helfe natürlich auch so viel ich kann und dazu gibt es immerhin auch unseren Vater, deshalb gibt es eigentlich keine Schwierigkeiten.“ „Na gut, dann helfe ich euch auch ein wenig“; meinte Taichi plötzlich und fing sich damit einen fragenden Blick seines besten Freundes ein, „Na ja, du hast doch sicher genug mit deiner Band um die Ohren?“ „Da hast du Recht. Na schön, wenn du Zeit hast, dann bitte ich dich darum.“ „Verlass dich ruhig auf mich!“, Taichi lachte kurz auf, klopfte sich selbst auf die Brust, aber verdunkelte seine Miene schlagartig wieder, denn ihr Treffen war mit düsteren Begebenheiten verknüpft, „Also… Koshirou hat mich gestern angerufen. Der alte Gennai hat sich endlich gemeldet und er hat einige Informationen… Wie es aussieht hat sich in der Digiwelt einiges verändert.“ „War es also das, worüber du mit mir reden wolltest? Es geht gar nicht ums das Foto?“, hakte Yamato nach. „Nicht direkt. Also doch, irgendwie schon“, entgegnete Taichi und fuhr fort, „Also, hör zu, Gennai meinte, dass das Land langsam verschwindet und die Digiwelt irgendwie… von einer wahnsinnigen Flut heimgesucht wird. Und jetzt dachte ich mir, wo hatte der Digimon Kaiser damals die Teile von Kimeramon her?“ „Aus dem-…!!!“ „Genau, aus dem Meer. Aus einem dunklen Strudel. Ken hat doch mal gesagt, dass ihm – selbst als er noch Digimon Kaiser war – furchtbar kalt und schlecht wurde, als er Devimons Arm aus dem Meer geholt hat, richtig?“ Yamato nickte stumm während er sich auf die Unterlippe biss. Taichi fuhr weiter fort: „Was ich mir nun gedacht habe ist… was ist, wenn Magnamon damals selbst mit Wormmons Hilfe nicht alles von Kimeramons Daten zerstören konnte? Die meisten Digimon, die es zu weit mit der Macht der Dunkelheit getrieben haben, werden nicht in der Stadt des Ewigen Anfangs wiedergeboren. Sie wurden allesamt verbannt.“ „Dazu müssen wir auch bedenken… Kimeramon hat die Daten desselben Devimon in sich, welches damals Takeru und Angemon angegriffen hat. Takeru ist total verstört gewesen und…“, meinte Yamato, doch unterbrach sich selbst. Das waren wirklich wichtige Neuigkeiten, die Koushirou ihnen überbracht hatte, allerdings hatte der Blonde auch im Gespür, dass es noch reichlich anderes gab worüber man besser nicht in der Öffentlichkeit sprach. „Genau“, bemerkte Taichi ernst, „Aber wenn du mich fragst sollten wir das Fest und das Feuerwerk abwarten. Wenn wir Takeru jetzt mit solchen Hiobsbotschaften empfangen, dann wirkt sich das vielleicht nur negativ auf ihn aus. Mit der Macht der Dunkelheit ist nicht zu spaßen, wie wir wissen.“ „Trotzdem sollten wir weiterhin mit Koushirou Vorarbeit leisten, meinst du nicht?“, wollte Yamato wissen und stand von seinem Platz auf, „Am besten wir gehen zu ihm und bitten ihn um ein wenig Diskretion gegenüber den Jüngeren. Es wird Zeit dass das alte Eisen wieder mit von der Partie ist.“ Diesem Plan stimmte Taichi zu und erhob sich ebenfalls. Sie konnten die Signale der Gefahr für die Digiwelt nicht mehr ignorieren. Alles deutete daraufhin, dass sie ihre Position als Digiritter wieder einnehmen mussten. Wie geplant wurde Takeru am folgenden Tag aus dem Krankenhaus entlassen und zog wieder in seiner gewohnten Umgebung ein. Es war dasselbe Hochhaus in dem er schon seit Jahren mit seiner Mutter lebte und ab und zu Besuch von seinem großen Bruder und seinem Vater bekam. Für eine Zeit sollte die Anwesenheit der beiden separatlebenden Familienmitglieder häufiger im Haushalt der Takaishis anzutreffen sein, so dass es in der Nachbarschaft sogar Gerede gab. Dies ignorierten alle Betroffenen allerdings gekonnt. Ihr tägliches Leben nahm weiter seinen gewohnten Lauf. Sofern Yamato zu Besuch war, bereitete er das Abendessen für die ganze Familie vor, denn Takeru war durch die Erziehung seiner Mutter viel eher verwöhnt davon selbst bekocht zu werden, als sich selbst an den Herd zu stellen. Im Gegenzug half Takeru beim Abwaschen und anderen kleinen Arbeiten. Alles erschien ganz gewöhnlich zu sein. Mit dem Unterschied natürlich, dass Takeru sich an nichts was mit den Digimon zu tun hatte erinnern konnte und auch nicht weiter davon sprach. Obwohl er sich nicht direkt an die Ereignisse mit BelialVamdemon erinnern konnte, die noch nicht allzu lange her waren, verspürte er oft merkwürdige Wellen der Angst. Bevor er sein Zimmer oder irgendeinen anderen Raum im Hause betrat, musste er zuvor das Licht einschalten. Dennoch erwähnte er nichts um weder die Eltern noch Yamato zu beunruhigen. Takerus Gesprächsthemen kreisten momentan sämtlich um das bevorstehende Obon Fest. Diese Art von traditionellen Festen gefiel dem Blonden besonders gut. Diese heiß ersehnte Festlichkeit rückte immer näher bis endlich der Sonntag da war. Gegen Abend kam schneller als erwartet, so dass der Junge kaum mehr Zeit hatte um sich vernünftig in seinen Yukata zu kleiden und brauchte dadurch sogar Hilfe von seinem Bruder. „Meine Güte, Takeru. Wieso bist du denn so nervös?“, wollte Yamato mit einem schiefen Grinsen wissen. „Ich bin doch gar nicht nervös!“, stritt Takeru ab. Natürlich nicht, ging es dem Älteren durch den Kopf, obwohl er es seinem Bruder ansah. Wahrscheinlich lag es daran, dass Hikari jeden Moment auftauchen könnte. Yamato rechnete allerdings damit, dass Taichi auch dabei war. Mit einem letzten Rucken brachte er den Gürtel in die richtige Position und im selben Moment klingelte es bereits an der Tür. „Das ist sicher Hikari-chan!“, meinte Takeru und ging zur Tür um ihr zu öffnen. Zur Überraschung der Brüder, war sie allerdings allein, doch gekleidet in einem hellen Yukata, dessen zarte, rosa Farbe sehr an herabgefallene Kirschblüten erinnerte. Gemustert war ihr Kleidungsstück allerding mit kleinen, weißen Schmetterlingen, die über ihren gesamten Yukata fröhlich und frei herumflogen. Takeru wusste zwar nicht wieso, aber er hatte das Gefühl, dass Schmetterlinge unheimlich gut zu Hikari passten. Sie wirkten ebenso frei wie ihre klare Stimme, aber waren sie doch robuster als sie zunächst den Eindruck machten. Ob das etwa in seinem Unterbewusstsein immer noch verankert war? Nach der kleinen Stille an der, schob sich Hinkari eine ihrer viel zu langgewordenen Haarsträhnen hinter das Ohr. Den Rest ihres hellbraunen Haares hatte sie zu mehreren Flechtzöpfen zusammengebunden und hochgesteckt. Mehrere üppig verzierte Haarspangen hielten ihre Frisur am Platz, so dass auch der stärkste Wind keine Bedrohung darstellen sollte. „Was ist?“, fragte sie schließlich. „Hallo Hikari-chan, komm doch rein.“ „Du bist ja gar nicht mit Taichi hier“, stellte Yamato fest, worauf das Mädchen nickte. „Bruderherz ist schon vorgegangen, ich glaube er trifft Koushirou-san irgendwo und wir treffen uns dann dort. Ich glaube Miyako-san und die anderen kommen um uns abzuholen, Takeru-kun.“ „Dann können wir alle gemeinsam zum Fest gehen!“, stellte Takeru fest und begann ein etwas schüchternes Lächeln zu zeigen. Hikari ließ ein kleines Lachen verlauten und nahm Takerus Hand. „Wir treffen Daisuke-kun und Ichijouji-kun erst auf dem Fest. Die beiden gehen zusammen hin“, erklärte sie schließlich in einem erfreuten Singsang. Es passte ihr ganz gut, dass noch niemand bei ihm war. „Dann lerne ich Motomiya-kun also doch noch kennen.“ „Eh?“, Hikari warf ihm einen verwirrten Blick zu, bevor sie natürlich sich daran erinnerte, dass Takeru Daisuke nicht mehr auf dieselbe Weise kannte, wie zuvor. Irgendwie war es wohl für den blonden so, dass er jeden von ihnen wieder kennenlernen musste. Hikari musste sich selbst ebenfalls ermahnen daran zu denken, denn offenbar hielt sie es bereits für völlig normal ihn wieder um sich zu haben. „Ach so, das meinst du. Entschuldige, Takeru-kun, du hast natürlich Recht. Ich glaube du wirst deinen Spaß mit ihm haben, Daisuke-kun ist immer noch sehr aufgeweckt“, erklärte sie, allerdings musste sie feststellen, dass Takerus Miene ein wenig Unsicherheit gegenüber des anderen Jungen zeigte, so dass sie die Hand des Jungen aufmunternd drückte, „Keine Sorge. Er hasst dich nicht, ihr wart nur nie die allerbesten Freunde. Eigentlich, das hätte ich dir vielleicht auch schon lange sagen sollen, ist Daisuke-kun ein Vertreter des Wappens der Freundschaft und des Mutes. Er hat die DigiArmoreier von den beiden Wappen geerbt. Daisukue-kun mag manchmal ziemlich viel schreckliches Zeug von sich geben, aber im Grunde liebt er alle seine Freunde.“ Yamato nickte bestätigend. Eigentlich hatte Takeru etwas darauf erwidern wollen, doch das schrille Läuten an der Tür zog die Aufmerksam Aller zu zwei weiteren Freunden. „Miyako-san, Iori-kun!“, begrüßte Hikari die beiden zuerst und dann tat es ihr der Blonde gleich. Auch Iori war in einen schlichten, dunkelblauen Yukata gekleidet, der dem von Takeru ähnelte. Miyako hingegen hatte ebenfalls einiges aus sich gemacht. Sie trug einen gelblichen Yukata, verzeirt mit einem Blüten- und Schleifenmuster. Ähnlich wie Hikari, hatte sie ihr Haar zusammengebunden und mit aufwändig gestalteten Haarschmuck, zwang sie ihre Frisur an Ort und Stelle zu sitzen. In der Tat kleidete das leichte Sommergelb, welches nicht zu schrill oder aufdringlich war, denn ihre ungewöhnliche Haarfarbe bildete eine wunderbare, farbliche Harmonie zur Kleidung. „Ich habe mir schon gedacht, dass du schon hier bist, Hikari-chan. Aber das ist wohl auch klar, wer soll sich sonst so rührend um Takeru-kun kümmern?“, plapperte die vitale Miyako heiter aus. Sowohl Takeru als auch Hikari wurden von einer leichten Röte heimgesucht. „Was ist denn mit euch los?“ „Vielleicht ist ihnen deine Direktheit ein wenig peinlich, Miyako-san“, schlug Iori wie immer rücksichtsvoll vor und brachte Miyako dazu, noch einmal über ihre Worte zu nachzudenken. „Ach du meine Güte, jetzt macht doch keine große Sache draus, ich finde es toll, dass ihr euch so gut um euch kümmert! Na kommt schon, wenn wir jetzt nicht zusehen, dass wir in die Stadt kommen, dann sind wir zu spät.“ „Stimmt. Wir sollten Daisuke-san auch keinen Grund geben sich den Rest des Tages darüber lustig zu machen, dass wir mal zu spät kommen“, stimmte Iori zu und winkte seine Freunde nach draußen. Damit waren sie alle einverstanden und machten sich auf den Weg zum Kaihinkouen, an dessen gesamtes Ufer Stände aufgestellt waren. Girlanden waren zwischen den Reihen des Festivals gezogen und rote Laternen mit schwarzen und goldenen Schriftzügen sollten die Atmosphäre prägen. An der beschlossenen Stelle wartete bereits Ken, doch stand dieser allein da, ohne seinen aufgeweckten besten Freund. Verwundert warfen sie dem Dunkelhaarigen Blicke zu, doch dieser winkte einfach sie zu sich als sei alles ganz so, wie es sein sollte. „Wo ist denn Daisuke?“, erkundigte sich Miyako, während sie ihre Hände in die Hüften stemmte und den Jüngeren mit strengen Blicken bedachte, „Er hat dich doch wohl nicht versetzt und bleibt jetzt daheim?“ „Ach was, Miyako-san, was denkst du denn“, entgegnete Ken. Er bemühte sich das temperamentvolle Mädchen zu beruhigen. „Wo ist er denn dann?“, erkundigte sich nun auch Hikari, welche immer noch die Hand des Blonden hielt, und seinem leicht nervösen Blick mit einem Kopfschütteln zu beruhigen versuchte. „Daisuke hat seine Geldbörse vergessen und muss sie noch holen. Obwohl er jetzt schon ziemlich lange weg ist“, bemerkte Ken, aber doch in diesem Moment hörten sie bereits eilige Schritte von Holzsandalen, die gegen den dunklen Asphalt klapperten. „Hey Leute! Tut mir leid, dass ich so spät dran bin!“, entschuldigte er sich, während er ihnen zuwinkte. Solch eine lapidare Entschuldigung sah Daisuke ähnlich und wie immer konnte niemand erahnen ob er überhaupt meinte was er sagte. „Also wirklich, Daisuke, du bist wie üblich viel zu spät!“, schimpfte Miyako, die mittlerweile sehr viel von Pünktlichkeit hielt, denn sie ärgerte sich stets grün sobald sich Aushilfen im Laden verspäteten um sie abzulösen. „Miyako-san hat Recht, du bist immer vom Verspätungsteufel gebissen…“, nörgelte auch Iori, so dass Ken dazwischen gehen musste: „Na, na, jetzt beruhigt euch.“ „Du verhätschelst Daisuke zu viel, Ken-kun!“, meinte Miyako ein wenig enttäuscht. „Richtig, wir sollten ihm ein paar Sanktionen auferlegen, für jedes Mal, das er zu spät kommt, sollte er uns ein paar Süßigkeiten kaufen“, meinte Iori. „Könnt ihr nicht ein bisschen nachsichtiger sein?!“, jammerte Daisuke und wandte sich schließlich an Takeru und Hikari: „Oi, Takeru du bist ja wieder auf den Beinen. Is‘ ja toll dass du so schnell schon wieder mit uns Spaß haben kannst!“ In Daisukes Gesicht war ein breites, ehrliches Grinsen zu sehen. Das positive in an ihm war, dass man stets erkennen konnte in welchem Gemütszustand sich Daisuke gerade befand. „J-ja…“, brachte Takeru etwas verunsichert hervor. Dabei bemerkt e er, dass Daisukes Blick auf seine Hand viel, die mit Hikaris verbunden war. Bisher hatte der Blonde nicht darüber nachgedacht, es hatte sich natürlich angefühlt mit dem Mädchen Hand in Hand zu gehen. Vielleicht hatten sie es früher schon getan. Die Wärme seiner Kameradin beruhigte ihn, obwohl das Wetter viel zu warm war um mit jemandem mit verschlungenen Händen herumzulaufen. Daisuke musste sich zwar beherrschen, doch er verkniff sich jeglichen Kommentar darauf. Stattdessen verbreiterte sich sein keckes Grinsen noch weiter und meinte: „Hikari-chan, du siehst richtig süß aus, in diesem Yukata!“ Etwas peinlich berührt färbten sich die Wangen des Mädchens leicht rosa und auch Daisuke hatte einen leichten Rotschimmer auf den Wangen. Seinen Schwarm vergaß man eben doch schwer, dabei war HIkari ihm allerdings überhaupt nicht zugetan. Um von ein wenig von der Situation abzulenken, klopfte Daisuke Takeru kumpelhaft auf den Rücken: „Stimmt doch, Takeru? Du findest doch auch dass es Hikari-chan ziemlich gut steht, oder?“ „Ah… jah, stimmt, Motomiya-kun“, entgegnete Takeru nachdem er den anderen mit einem eher überraschten Blick bedachte. „Was soll denn das für eine Ansprache sein, ich bin Daisuke!“, meinte er in einem etwas nörgelndem Ton, worauf er gleich Takeru ein wenig in die Seite knuffte, „Und ihr seid schon beim Händchenhalten, hm? Haben wir was verpasst?“ „Unsinn, Daisuke-kun, Takeru-kun ist doch gerade erst aus dem Krankenhaus entlassen, wenn er sich jetzt in der Menge verirrt, dann wäre das doch sicher eine Menge Stress für ihn“, meinte Hikari ein wenig empört, doch konnte sie genau sehen, dass Daisuke es im Grunde nicht böse gemeint hatte, „Außerdem hat Yamato-san uns darum gebeten gut auf Takeru-kun aufzupassen.“ Darauf nickte Daisuke verständnisvoll. Natürlich konnte er verstehen, dass sie sich um Takeru sorgten. Auf der anderen Seite war es ziemlich unwahrscheinlich, dass man einen blonden Jungen mit strahlendblauen Augen übersah. Wie dem ach war, Daisuke dachte nicht weiter nach, sondern schnappte sich die freie Hand des blassen Japaners. „Takeru.“ „Was denn?“ „Komm mit!“ Mit diesen Worten machte sich Daisuke auch schon davon und riss ihn von Hikari los um allein mit ihm in der Menge zu verschwinden. Einen bestimmten Gedanken hatte Daisuke bei dieser Aktion nicht, in ihm war lediglich das Gefühl aufgekommen, so schnell es ging mit Takeru allein zu sprechen. Die anderen Digiritter sahen den beiden Jungen verwirrt hinterher. Daisuke war mit dem Blonden so schnell verschwunden, dass sie gar nicht erst versuchten ihnen zu folgen. „Ich frage mich, was Daisuke-san vorhat“, meinte Iori etwas nachdenklich. „Was es auch ist, er stellt garantiert irgendwelche Dummheiten an“, fügte Miyako hinzu, wobei sie ihren Kopf schief legte und weiter in die Menschenmenge blickte. Ken jedoch schüttelte den Kopf und klopfte Miyako leicht auf die Schulter: „Nein, nein, Miyako-san. Ich glaube eher, dass Daisuke einwenig Zeit mit Takaishi-kun braucht. Glaub mir, er hat schon viel über ihn nachgedacht, das spüre ich. Vielleicht mag er es nicht zugeben, aber Daisuke sieht in Takaishi-kun einen wichtigen Freund, auch wenn er es gern abstreiten möchte.“ „Ken-kun, du bist einfach zu nachsichtig mit ihm“, meinte Miyako mit einem leichten Lächeln, doch sie gab nach. Kens Miene verdunkelte sich allerdings ein wenig und fügte mehr an Hikari gewandt hinzu: „Vielleicht ist Daisuke aber auch etwas anderem auf der Spur. Vielleicht habt ihr es nicht bemerkt, aber da war etwas Neues an Takaishi-kun… Vielleicht liegt es daran, dass er sich nicht mehr erinnern kann, aber ich schätze, dass Daisuke es bemerkt hat und nun gern herausfinden möchte was los ist…“ Hikari bedachte den Dunkelhaarigen mit einem überraschten Blick. Zwischen Daisuke und ihm hatte es schon immer ein sehr starkes und besonderes Band gegeben, welches keiner vollkommen verstand. Darüber hinaus war auch Ken sehr anfällig für die Macht der Dunkelheit und nun vielleicht in der Lage etwas zu sehen, was niemand der hier anderen Anwesenden wahrnehmen konnte. „Ichijouji-kun. Könnte ich bitte ein paar Worte unter vier Augen mit dir wechseln?“, wollte Hikari plötzlich wissen. Verdutzt standen die anderen neben den beiden und alles was Ken tun konnte war mit einem Nicken wortlos zu antworten. Fortsetzung folgt Kapitel 7: Das Obon Fest ------------------------ Daisuke schnappte sich Takerus Handgelenk und zog den erschrockenen Blonden hinter sich her um in der Menschenmenge zu verschwinden. Die Zurückgebliebenen wechselten ein paar vielsagende Blicke untereinander, denn so wie sie den Draufgänger kannten, endeten die beiden in irgendwelchen irdischen Schwierigkeiten. Hikari stand dieser Sache mit einem Kichern gegenüber, doch dann verzogen sich ihre Gesichtszüge wieder zu einer ernsten Miene. „Ichijouji-kun, wäre es dir Recht, wenn wir uns kurz allein unterhielten?“, wollte Hikari plötzlich wissen. Drei überraschte Augenpaare ruhten auf ihr. Es vergingen nur wenige Sekunden, bevor der dunkelhaarige Junge ihr antwortete: „Ja natürlich, Hikari-san.“ Dankend neigte sie den Kopf. Ihre Dankbarkeit bezog sich allerdings auch darauf, dass Ken keine weiteren Fragen stellte. Der Junge vermutete bereits, dass es schwer war den Grund auszusprechen, wenn die anderen dabei waren. Miyako und Iori überspielten ihre Neugierde etwas: „Na gut, Iori wir sollten das Fest ein wenig unsicher machen. Anscheinend haben die anderen vier genug mit sich selbst zu tun.“ Miyakos Tonfall signalisierte, dass sie es nicht böse meinte, sondern den anderen ihren Freiraum ließ. Bevor sich die beiden allerdings entfernten, wandte sich das Mädchen noch einmal an sie: „Miyako-san, Iori-kun, wir sollten uns in ungefähr einer Stunde wieder hier treffen. Beim Goldfischfang-Stand!“ Die beiden nickten und genossen das Fest vorerst auf ihre Weise. Ken war Hikari einen fragenden Blick zu, aber diese gab ihm ein klein kleines Zeichen mit der Hand. Sie brauchte ein ruhiges Plätzchen als mitten am Strand zwischen zwei Ständen aus denen verschiedene Musik trällerte und die arbeitenden Leute ihre Aktionen und Waren anpriesen. Ken folgte ihr mit einem stummen Nicken bis zu einer grasbewachsenen Anhöhe, welche gemütlich mit Bäumen bepflanzt und sorgfältig mit ausgesuchten, blühenden Büschen umsäumt war. Auch genügend Parkbänke befanden sich hinter den leichten Abgrenzungen, so dass man auf das ruhige Wasser hinaussehen konnte, während man doch nicht gefahrlaufen musste ins Meer zu fallen. Nachdem Hikari sich gesetzt hatte, tat Ken es ihr gleich. Seine Augen waren auf das in feurig glitzernden Farben funkelnde Nass gerichtet, während in über Tokio die Sommersonne langsam schlafen ging. „Was zwingt dich dazu mit mir allein zu sprechen, Hikari-san?“, erkundigte sich Ken nun, dem diese Frage nun minutenlang beschäftigte. Das Mädchen sah auf den Boden hinab. Das Gras machte ebenfalls den Anschein eines glühenden Teppichs. In vielen anderen Jahren, in denen das Wetter nicht verrücktspielte, wäre es vertrocknet gewesen. Während sie mit den Augen ein paar Insekten im Gras verfolgte, antwortete sie langsam und Ken meinte in ihrer Stimme ein wenig Furcht zu hören: „Ichijouji-kun… in letzter Zeit da… hast du da Träume vom Meer gehabt? Oder auch Visionen vom Meer? Vielleicht auch ein unbehagliches Gefühl?“ Die dunkelblauen Augen des Jungen wurden auf einmal ernst. Schon früher waren es Hikari und er selbst gewesen, die eine eher verhaltene Verbindung zum Meer hegten. Während er die Bucht von Tokio liebte und deren Anblick schätzte, brachte ihm ein anderes Meer den blanken Horror. „Meinst du das Meer der Dunkelheit?“ Ken nannte es beim Namen und mit diesem folgte ein kühler Windhauch, den beide in dem Moment nicht als angenehm empfanden. Hikari zuckte mit den Achseln. „Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht ist es auch irgendein Meer. Ich wollte meinem Bruder schon davon erzählen, aber vorher wollte ich mit dir sprechen, Ichijouji-kun. Wenn jemand genauso viel Angst vor der Dunkelheit hat wie ich, oder es wenigstens versteht, dann bist du es.“ „Ich denke, dass ich mich sogar mehr vor der Dunkelheit fürchte als jeder hier“, meinte Ken mit einem etwas gequälten Lächeln, seine Augen lagen nun unentwegt auf dem Mädchen, „Sag ehrlich, ist da noch mehr?“ Er spürte eine leichte Unruhe in ihr und sie rückte nervös auf ihrem Platz herum. Hikari nickte und begann ihm davon zu erzählen, dass sie Nachrichten auf das D-Terminal bekommen hatte und außerdem auch die E-Mail mit dem Rätsel, welches sich beinahe so rhythmisch wie ein Gedicht gelesen hatte. Darüber hinaus erzählte sie ihm auch von dem Foto, welches Kimeramon – oder hauptsächlich Devimons Arm und Angemons Flügel – zeigte. Mit jedem Wort, dass sie sagte wurde es Ken mulmiger und schlimmer zu mute. Kimeramon war sein Werk gwesen, er selbst hatte es erschaffen und nicht mehr kontrollieren können. Auch heute noch plagten ihn Gewissensbisse sobald er an mancher nebligen Oktobernacht daran dachte. „Und du hast Taichi-san noch gar nicht davon erzählt? Warum nicht?“, wollte Ken wissen, dem bei ihrem Bericht Angst und Bange wurde, „Taichi-san wird so was wissen wollen.“ „Darum geht es aber nicht, Ichijouji-kun. Ich habe es versucht ihnen zu sagen was los ist, aber Takeru-kun ging es immer noch so schlecht und ich fühlte mich nicht wohl dabei. Weißt du, immer wenn solche Dinge passieren, fühle ich mich so hilflos und jeder möchte mich beschützen, weil ich das arme, kleine Mädchen von früher bin. Natürlich will mein Bruder mich beschützen, aber auf der anderen Seite möchte ich auch gern selbst-…“, erklärte sie sofort, „Nur… wenn ich daran denke, dass das alles hier wieder mit der Macht der Dunkelheit zu tun haben könnte, dann… macht es mir doch wieder so sehr Angst, dass ich mich am liebsten verstecken möchte. Trotzdem finde ich es besser zuerst mit dir zu sprechen, Ichijouji-kun. Wir waren schon einmal gemeinsam am Meer der Dunkelheit. Wir beide kennen nur zu gut…“ Ken nickte. Auch ihm bereiteten die Berichte des Mädchens große Furcht. Sie erwies ihm einen großen Vertrauensbeweis, welchen er sich sicher schon lange verdient hatte. Dennoch erforderte es eine Gegenleistung und Ken bereute es bereits, dass er nicht zuerst Daisuke davon erzählt hatte. „Hikari-san, du kannst dich doch sicher noch an den Abend erinnern, als wir bei euch daheim waren und du auf Takaishi-kun aufgepasst hat, oder?“, wollte Ken mit Nachdruck wissen. Hikari nickte: „Der Tag, an dem ich diese merkwürdige Nachricht bekam.“ „Nachdem wir euer Haus verlassen haben, bin ich noch mit zu Daisuke. Bei dem Sturm sind wir noch zu Fuß unterwegs und da habe ich…eine Stimme vom Meer gehört.“ „Eine Stimme vom Meer?“, wiederholte Hikari erschrocken und stand von der Bank auf. Ken tat es ihr gleich, aber griff er nach ihrem Handgelenk. „Ja, Hikari-san, dieses Meer hier hat mich gerufen. Es war auf jeden Fall eine Stimme, die mit dem Sturmwind getragen wurde. Daisuke musste mich den ganzen Weg bis zu sich nach Hause tragen, weil mir die Angst die Lebenslichter fast ausgeblasen hat. Weißt du, Hikari-san, ich weiß jetzt… wessen Stimme es war.“ Kens Stimme bebte und Hikari spürte seine Hand zittern. „Es war die Stimme von Kimeramon“, entgegnete er, wobei ihn die Augen seiner Freundin noch einmal mit Nachdruck fragten, „Ich bin mir sicher. Jetzt wo du es erwähnt hast, kann ich mich auch wieder an seine Stimme erinnern. Die ganze Zeit habe ich mich gefragt woher ich dieses fiese Lachen kannte.“ „Ich verstehe…“, brachte Hikari leise hervor. „Ich schätze, wir sollten mit den anderen reden. Es kann kein Zufall sein, dass man uns anspricht und du wurdest sogar schon bedroht“, meinte Ken und rieb ihr tröstend den Rücken, „Ist die Nachricht von damals auch verschwunden?“ „Nein, die ist dageblieben“, entgegnete sie, „Ichijouji-kun, findest du nicht auch, dass wir ein wenig Ruhe verdient haben? Besonders Takeru-kun hatte es in letzter Zeit nicht leicht.“ Ken entfuhr ein leichtes Lachen: „Für wahr! Aber ich schätze sobald die Feierlichkeiten vorbei sind, sollten wir wieder Ernst walten lassen. Wir dürfen nicht vergessen, dass das neue Trimester bald startet und dann werden wir wieder sehr wenig Zeit haben.“ „Stimmt…“, Hikari seufzte, früher war alles viel einfacher gewesen, doch dann nahm sie Kens Hand fest in ihre und zeigte ihm ein strahlendes Lächeln, „Ichijouji-kun, es tut gut mit dir zu reden. Jetzt habe ich sogar weniger Angst und glaube, dass ich Takeru-kun beschützen kann.“ „Du musstest einfach mit jemandem reden, glaube ich“, entgegnete Ken und erwiderte ihren Händedruck. Gemeinsam sahen sie auf das Wasser hinaus, das nun immer dunkler und mysteriöser wirkte. Sie brauchten sich nicht vor der Bucht zu fürchten und auch nicht vor dieser Welt. Wenn Leute die beiden Jugendlichen so gesehen hätten, dann wären sie sicher auf die Idee gekommen dass diese beiden ein Paar waren. Doch nichts dergleichen ging in den beiden vor. Sie verband ein anderes, jedoch ebenso starkes Band, das ihnen niemand nehmen konnte. „Wir sollten uns langsam ins Getümmel werfen und Miyako-san und Iori-kun suchen“, meinte Hikari schließlich. Ken nickte, immerhin hatten sie ihre Freunde ein wenig im Regen stehen lassen. „Dann lass uns gehen“, schlug Ken vor und wandte sich um. Als sie sich umdrehten, hatten sie ein kleines, azurblaues Paar Augen vor sich und blickten in ein heiter grinsendes Gesicht. „Nicht so schnell, ihr beiden“, sagte das kleine Mädchen mit dem langen, blonden Haar, richtete ihren kleinen Stab auf die beiden Jugendlichen, „Ihr wollt uns doch bestimmt mitnehmen, hab ich Recht?“ Ken und Hikari sahen die Kleine verdutzt an. Für ihre geringe Körpergröße hatte sie eine beachtliche Oberweite und stellte sie sie durch ihre freizügige, grasgrüne Kleidung perfekt zur Schau. „E-entschuldig mal, aber… was bist du?“, wollte Ken verblüfft wissen. Die Kleine flatterte aufgeregt mit ihren Libellenflügeln und schwirrte aufgebracht um Kens Kopf herum und machte ein Gesicht von tiefer Enttäuschung: „Ein Digiritter fragt mich allen Ernstes danach was ich bin!? Nun aber mal Butter bei die Fische, Ichijouji Ken, Yagami Hikari, ihr wisst ganz genau was ich bin.“ Die beiden tauschten erstaunte Blicke miteinander aus. In der Tat wussten sie, was dieses kleine Wesen, von kaum mehr als fünfzehn Zentimetern war. Offensichtlich ein Digimon und das auch noch von recht frecher Natur. Auch wenn sich beide nun fragten, wie ein fremdes Digimon hier in die reale Welt kam und ob dies nun bedeutete, dass sich das Tor wieder geöffnet hatte, beschäftigten sie andere Informationen mehr. Hikari zumindest versuchte ihr Erstaunen zu überspielen. „Also, du bist ein Digimon, aber wie ist dein Name?“, wollte das Mädchen nun wissen. „Darf ich mich euch hochachtungsvoll vorstellen?“, sprach das kecke kleine Feenwesen und schwirrte in sanften Schleifen durch die Lüfte, so dass beide Menschenkinder sie von allen Seiten betrachten konnten, „Mein Name ist Tinkermon, vom Level Rookie. Ihr könnt mich auch Tinker nennen.“ „Hallo Tinkermon, wie wir heißen weißt du anscheinend schon“, begrüßte Hikari das kleine Digimon. „Aber ich frage mich woher…“, fügte Ken hinzu, „Woher weißt du wer wir sind?“ Zur Sicherheit machte er ihr keine Vorschläge. Erwähnte er vielleicht Gennai oder jemand anderen, dann konnte sie darauf reagieren und sich eine passende Geschichte dazu überlegen. In ihrer Situation taten sie gut daran vorsichtig zu sein. „Miyako-chan und Iori-kun haben uns den Tipp gegeben, dass ihr vielleicht hier sein könntet“, entgegnete Tinkermon sofort. „Uns? Soll das etwa bedeuten, dass du einen Partner hast?“, fragte Ken nun neugieriger, aber trotzdem noch vorsichtig. Tinkermon sah zum dunkler werdenden Himmel hinauf, so als ob es die Frage noch einmal analzsieren müsste. „Hmm… jah, Partner das könnte man wohl so nennen.“ „Und wo ist dein Partner? Ist es ein Junge oder ein Mädchen? Wann ist dein Partner ein Digiritter geworden?“, begann nun Hikari mit einer regelrechten Fragenattacke. Tinkermon jedoch schmunzelte darüber und schwirrte vor der Nase der beiden Jugendlichen herum: „Kommt mit mir, denn ich vermute, mein Partner ist immer noch bei euren Freunden.“ „Dann nichts wie los zu den anderen“, schlug Ken vor. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg in die Hauptstraßen des Festivals. Daisuke, der sich Takeru am Handgelenk geschnappt hatte lief mit schnellen Schritten immer weiter und weiter geradeaus. Vom Zentrum des Festes hatten sie sich bereits entfernt. Die Sonne verzog sich hinter der Skyline von Tokio und der Abend grüßte sie mit einem Zikadenkonzert. Da Odaiba eine Insel außerhalb des Festlandes Tokio war, hatte man kaum eine Chance einen Bereich zu finden von dem man aus keinen Blick auf das Wasser erhaschen konnte, jedoch ging es Daisuke nicht darum. Er wollte mit Takeru allein sein um einige Dinge herauszufinden. Ob er selbst ihn als einen Freund sah oder ob jegliches Band der Freundschaft zwischen ihnen bereits gerissen war. Außerdem musste Daisuke herausfinden, wie viel Takeru eigentlich noch von ihnen wusste, welche Erinnerungen in ihm verbogen wurden oder ob er sich möglicherweise durch seine Hilfe an altgeschehenes erinnern konnte. Nach einer Weile kam es dem Blonden vor als versagte ihm die Lunge. „Wa-…warte doch mal. Mo-Motomiya-kun, ich hab… echt Schmerzen… zieh mich nicht so. Motomiya-kun!“, schnaufte Takeru vollkommen außer Atem. Daisuke hielt abrupt an, ihm viel erst jetzt wieder ein, dass Takeru Probleme mit den Lungen hatte und auch der Grund für seinen langen Krankenhausaufenthalt. Daisuke wandte sich zu ihm um. „Daisuke.“ „Wie?“, harkte Takeru nach. „Nenn mich Daisuke. Motomiya-kun hört sich so… das passt nicht zu uns, verstehst du?“, entgegnete er mit einem breiten Grinsen. „Daisuke-kun?“, versuchte Takeru vor sich hinzusagen um darauf rum zu kauen. Wenn er es oft genug sagte und sah wie ihm diese familiäre Anrede gefiel, könnte es auch durchaus sein, dass er sich an etwas erinnerte. Im Augenblick schien dem nicht so zu sein. „Du hast mich immer so angesprochen, also mach auch damit weiter“, antwortete Daisuke mit einem Nicken. „War das so?“, der Blonde versuchte scharf darüber nachzudenken. In seinem Kopf befanden sich keine sonderlich detaillierten Erinnerungen an Daisuke. Wenn sie miteinander sprachen, dann meistens nur kurz und es schien eher so als wollte Daisuke ihn meiden. Wie Takeru es auch drehte und wendete, er konnte sich an keine Freundschaft erinnern. Daisuke betrachtete die nachdenkliche Miene seines Kameraden. Die blauen Augen wirkten verloren und leicht überfordert. Schließlich nickte Daisuke zu sich selbst und fragte den Anderen: „Du kannst nicht mal mehr daran erinnern, wie wir uns angesprochen haben, richtig?“ Takeru nickte: „Ja.“ „Na schön, dann erkläre ich dir eben ein paar Dinge. Zunächst mal solltest du wissen, dass wir beide Rivalen waren!“, meinte Daisuke mit einem leicht belustigten Unterton, denn wenn er an die Zeit zurückdachte, musste er zugeben das manche seiner Reaktionen albern gewesen waren. Takeru hingegen legte seinen Kopf etwas schief: „Rivalen? Im Sport, meinst du? Aber ich bin doch beim Basketball und im Fussballclub?“ „Nein, nein, nicht so! Wir waren Rivalen in der Liebe. Deshalb muss ich ach immer noch zusehen dass ich nicht eifersüchtig werde, wenn du mit Hikari-chan Händchen hältst.“ „Oh, also bist du in Hikari-chan verliebt?“, wollte Takeru verunsichert wissen. „Ich war in Hikari-chan verliebt und du bist immer derjenige gewesen, der mir im Weg war. Aber ich denke nicht, dass so eine Schulschwärmerei ewig anhält. Aber!“, Daisuke sah seinen Klassenkameraden streng und sehr ernst an, „Auch wenn ich dir Hikari-chan kampflos überlasse, könntest du bitte darauf achten nicht vor meinen Augen mit ihr zu turteln!?“ Während seiner Ansprache bemerkte Daisuke, wie autoritär und erwachsen er sich plötzlich fühlte. In diesem Moment meinte er sich von dem gesamten Ballast der Grundschule und den weiteren Jahren befreit zu haben. Daisuke empfand Stolz dabei nun sagen zu können, dass er so weit gekommen war und sich von der Rivalität zu befreien vermochte. Takeru hingegen war so überrascht und verwirrt über diese wichtigen Informationen, dass er noch angestrengter nachdachte, in der Hoffnung sich an etwas von dem, was Daisuke nannte zu erinnern. Doch nichts davon kehrte zu ihm zurück. Allerdings machte Daisuke ihm einen ziemlich ulkigen Eindruck, denn so ernst wie er sprach schien er ziemlich erwachsen und durch seine sonst sehr lässige Erscheinung, passten diese beiden Eigenschaften nicht aufeinander. Plötzlich kam ihm diese Situation lustig vor, so dass Takeru nicht mehr an sich halten konnte und laut zu lachen begann. „Was ist denn jetzt los? Willst du dich über mich lustig machen?“, nörgelte Daisuke nun wieder ganz in gewohnter Manier, mit verschränkten Armen und Schmollschnute. „Ach Quatsch, Daisuke-kun. Ich… habe nur festgestellt, dass du ein ganz witziger Kerl bist.“ „Witzig?“, wiederholte Daisuke, wobei er ein wenig Unzufriedenheit spürte. Takeru hingegen weitete leicht die Augen vor Überraschung, denn er hatte das Gefühl, dass es eine ähnliche Situation schon einmal gegeben hat. War es womöglich nicht das erste Mal, dass er Daisuke als witzig bezeichnete? Daisuke bemerkte diese Parallele vom ersten Schultag, als Takeru in seine Klasse kam nicht. Stattdessen fuhr er mit etwas anderem fort: „Was ist denn daran so lustig? Weißt du, ich war es gewöhnt, dass Hikari-chan sich mit allen gleich gut verstand und wir uns alle schon recht lange kannten. Ich glaube von der ersten bis zur vierten Klasse waren wir ständig in derselben Klasse. Ihr großer Bruder war mein Senpai beim Fußball und deshalb hatte ich auch einen besonders guten Draht zu Hikari-chan… und dann kamst du daher! Einfach so von einem Tag auf den nächsten und ihr habt euch begrüßt und miteinander geredet als kanntet ihr euch schon seit Ewigkeiten. Mann, Takeru, ich sag dir, das hat ganz schön reingehauen. Danach habe ich erst verstanden, dass ihr euch aus eurem ersten Abenteuer in der Digiwelt kanntet.“ Die Miene des blonden Jungen trübte etwas ein, als er vom ersten Abenteuer in der Digiwelt hörte und schließlich zuckte er mit den Achseln. „Ich kann mich jetzt aber nicht mehr daran erinnern, Daisuke-kun.“ „Ach Takeru, jetzt mach nicht so ein Gesicht“, versuchte Daisuke ihn ein wenig aufzumuntern. Diese niedergeschlagenen Augen passten einfach nicht zu ihm. Im Gegensatz zu dem Takeru, den Daisuke kannte, wirkte dieser hier zerbrechlich und irgendwie… durchsichtig. Ja, durchsichtig war das richtige Wort. Der Blonde hätte sicherlich nicht widersprochen, denn genau so fühlte er sich auch. In Takeru regte sich allerdings etwas. Im ersten Moment hoffte er, dass ihm mehr von den Erinnerungen zurückkamen, vielleicht auch nur das Gefühl so etwas schon einmal erlebt zu haben. Doch auf die Hoffnung folgte ein klirrender Kopfschmerz. „Ah!“ Kurz nachdem Takeru hörbar, wobei er Daisukes Aufmerksamkeit auf sich zog. „Oi, Takeru, ist alles klar?“, fragte er aufgebracht und stützte ihn, da er sich vornüber beugte und sich den Kopf hielt. „Takeru?“ Der blonde krümmte sich vor Schmerz und wimmerte laut. Daisuke hingegen fühlte sich ein wenig überfordert, da er nichts anderes tun konnte als seinen Kameraden zu stützen und ihm leicht den Rücken zu streicheln. „He-hey… geht es wieder?“, wollte er wissen, als er bemerkte, dass Takeru nicht mehr so stark krampfte. Der Blonde wandte sah Daisuke ins Gesicht. Kalte, stahlblaue Augen leuchteten ihm entgegen. Daisuke schluckte. Irgendetwas stimmte an diesem Blick ganz und gar nicht. Dieses Leuchten in dem ohnehin schon ungewöhnlichen Blau trieb ihm einen unheimlichen Schauer über den Rücken. „Takeru?“ ‚Sie sind hier.‘ „Wen meinst du?“, wollte Daisuke verwirrt wissen. ‚Sie werden stören, wie damals. Eure kleine Welt wird brennen in den Feuersbrünsten aus dem Meer. Ihr werdet die Phasen nicht stützen können.‘ „Takeru!? Was redest du da?“, harkte Daisuke nach und legte seine Hände auf die Schultern des Blonden. Ein Lächeln umspielte die Lippen des Anderen. Es war kein Lächeln, für welches Taeru sich gewöhnlich auszeichnete. Es erschien Daisuke schief und hinterhältig. Es hatte beinahe Ähnlichkeit mit BelialVamdemon. „Takeru! Was ist los mit dir?!“ Der Nachdruck in Daisukes Stimme weckte Takeru aus seiner merkwürdigen Trance. Dieser bedachte seinen Klassenkameraden mit verwirrter Miene. In diesem Moment gab es einen Knall und über ihren Köpfen leuchtete eine Blume aus Feuer auf und ging kurz danach leuchtend auf das Meer hinunter. Das Feuerwerk hatte begonnen. „Daisuke-kun, sieh mal!“, rief Takeru von ganzem Herzen erfreut und zeigte mit dem Zeigefinger gen Himmel, „Das Feuerwerk!“ Daisuke folgte mit seinen Augen dem Finger und nickte mit einem leichten Lächeln. „Ich sehe schon.“ Dennoch konnte ließ Daisuke sich noch nicht so richtig ablenken. Zwar wirkte Takeru wieder wie immer, doch die Episode gerade eben war ziemlich beunruhigend. Was hatte Takeru gemeint? Warum hatten sich seine Augen so merkwürdig verändert? „Selbst wenn ich mich nicht an die Digiwelt erinnern kann, ich möchte dieses Feuerwerk hier nicht vergessen und vor allem, weil wir es uns zusammen ansehen! Weißt du, ich dachte schon immer, dass du mich echt nicht leiden kannst. Darum bin ich besonders froh, dass wir jetzt zusammen hier sind und miteinander sprechen.“ „Was denn, echt jetzt?“, fragte Daisuke erstaunt, denn er hätte nicht erwartet, dass Takerus Erinnerungen in eine vollkommen neue Richtung gingen. Nun, vielleicht lag eine kleine Abneigung in ihrem gegenseitigen Verhalten, wahrscheinlich ging diese Abneigung sowieso eher von Daisuke aus, doch wie dem auch war, hassen oder nicht leiden können ging tatsächlich zu weit. „Quatsch, so ist gar nicht. Eigentlich bist du doch ganz in Ordnung.“ „Huh?“, gab Takeru von sich, da Daisukes Stimme im Geräusch der Raketen unterging. „Ach nichts!“, entgegnete er und sorgte somit dafür, dass Takeru sich sicherer fühlte. „Wir sollten wieder zu den anderen zurück, meinst du nicht?“, schlug der Blonde vor, denn eigentlich war es ausgemacht, dass sie sich das Feuerwerk gemeinsam ansehen sollten und nun hatten sie es hier verbracht. „Ja, lass uns gehen“, stimmte Daisuke zu und gemeinsam spazierten sie durch die Menge und schauten hier und dort zu den Ständen hin, die ein paar bunte Souvenirs und kleine Malzeiten anboten. Schließlich schnappte er sich Takerus Handgelenk erneut und handelte sich damit eine fragende Miene ein. „Na ja, es wäre doch jammerschade, wenn du hier in der Menge verloren gehst. Dein Bruder hat uns darum gebeten gut auf dich aufzupassen, weißt du? Glaub mir, wenn dein Bruder erst mal sauer wird, weil es um dein Wohl geht… dann… dann geht er so ab, ich schwöre’s dir, den willst du nicht erleben! Yamato-san kann so extrem gruselig werden, wenn der erst mal seinen großen Bruder-Komplex rauslässt…“ „Daisuke-kun…“ „Hah? Was denn?“ „Sorry, dass ich so extrem abgehe und gruselig werde wenn ich meinen großen Bruder-Komplex erst mal rauslasse.“ Eine vollkommen andere Stimme wandte sich von oben herab an ihn. Sehr nervös und vor allem bibbernd wandte Daisuke sich um und erkannte Yamato hinter sich stehen. „Ya-…Yamato-san, hehe, hi. Du das war doch gar nicht so gemeint“, brachte Daisuke unter heftigem Gestammel hervor. Der Ältere hatte seine Fäuste bereits spielerisch geballt und die Fingerkapseln zum Knacken gebracht, nicht um Daisuke wirklich etwas anzutun oder sonst wie hart anzupacken. Er war lediglich auf eine kleine, freundschaftliche Kappelei aus. „Yamato-kun, wie wäre es, wenn du ihn dieses Mal laufen lässt?“, schlug Sora vor, die ebenfalls zur Gruppe gestoßen war. Sie trug wie die meisten Mädchen auf diesem Fest ebenfalls einen Yukata, der von edler Qualität war. Besonders ihr Obi war fein bestickt und mit einem Vogelmuster verziert. Takeru verneigte sich kaum merklich zur Begrüßung. „Wie gut, dass du wieder aus dem Krankenhaus raus bist, nicht wahr, Takeru-kun?“, meinte Sora, die seine leichte Beugung nach vorn mit einem Kopfnicken erwiderte. „Tut mir leid, dass ich mein Brüderchen so in Anspruch genommen habe.“ Sora lachte leise: „Aber Takeru-kun! Ich bezweifle, dass Yamato-kun jemals aufhören wird sich um dich Sorgen zu machen. Das ist schon in Ordnung für mich, hörst du?“ Neben Sora ging die verbale Schlacht zwischen Yamato und Daisuke allerdings noch ein wenig weiter. „Wenn du Takeru irgendwie ärgerst, mein Lieber, dann kriegst du es mit mir zu tun, hast du verstanden?“ „Ja, ja, ich hab’s doch nun verstanden“, nörgelte Daisuke, der natürlich den scherzhaften Unterton in Yamatos Stimme bemerkte. Die vier konnten alle nicht ganz an sich halten, sondern gerieten in ein heiteres Gelächter. „Daisuke-kun, Takeru-kun!“, hinter den Vieren tauchte nun der Rest der Gruppe auf und mit ihnen ein schwarzhaariger Junge, der sein Haar lang über die Schultern trug, dabei sah es allerdings so aus als hingen ihm einige blonde Strähnen unter dem schwarzen Haupthaar heraus. Sein langer Pony ließ die Sicht auf eines seiner goldenen Augen zu, Dem fremden Jungen folgte ein kleines feenhaftes Digimon, welches zuvor Bekanntschaft mit Hikari und Ken gemacht hatte. Verwirrt blickte Daisuke zu den anderen. „Öhm… wen habt ihr denn da mitgebracht?“, wollte er wissen. „Daisuke-kun, man zeigt nicht mit dem Finger auf andere Leute“, ermahnte Miyako ihren Freund mit den Händen in die Hüften gestemmt. Hikari versuchte Blickkontakt mit Daisuke aufzunehmen, doch irgendwie war dieser gerade nur mit dem Jungen und seinem Digimon beschäftigt. „Ach komm schon, Miyako, jetzt sei mal nicht so“, murrte der Brünette und harkte noch einmal nach, „Wer ist dieser Kerl?“ „Das ist kein Kerl, das ist Nagisa-san, das weißt du doch“, meinte Iori nachdrücklich. Nun schlug die Stunde wirklich dreizehn. Da schleppten seine langjährigen Freunde einen wildfremden Jungen mit sich und dann musste er ihn kennen ohne jemals mit ihm geredet zu haben? Daisuke verschränkte seine Arme vor der Brust: „Woher soll ich das wissen, ich kenne ihn schließlich noch nicht.“ „Was redest du denn da, Daisuke-kun?“, fragte Miyako ein wenig verärgert, „Das ist jetzt aber gar nicht lustig.“ „Hey… ich kenne den Jungen nicht, was soll ich denn da sagen?“ „Aber Daisuke-kun, das kann doch nicht dein Ernst sein. Ich dachte ich bin derjenige mit dem Gedächtnisverlust. Du willst uns doch nicht erzählen, dass du Nagisa Kuranosuke aus unserer Klasse nicht kennst“, lachte Takeru belustigt und klopfte dem Braunhaarige auf die Schulter. Verwirrt blickte Daisuke durch die Runde. Yamato und Sora verzogen misstrauisch ihre Gesichter aufgrund seines merkwürdigen Verhaltens und auch Iori und Miyako waren nicht in der Lage sein zweifelhaftes Verhalten gutzuheißen. Takeru warf ihn jedoch vollkommen aus der Bahn. Wieso kannte er diesen Nagisa Kuranosuke, obwohl dieser noch nie in seiner Klasse gewesen war. Gab es überhaupt einen Schüler mit solch einem ungewöhnlichen Namen und solch einem auffälligen Aussehen an seiner Schule? Das wäre ihm sicherlich schon Mal aufgefallen. Außerdem, wieso hatte er ein Digimon bei sich? Hieß es nicht, dass sie ihre Digimon vorerst wieder in ihre eigene Welt zurückbringen mussten, bis die Zeit für eine andere Ordnung reif war? Und war das Tor nicht eigentlich so verschlossen, dass niemand in der Lage war es zu öffnen? Daisukes Augen blieben schließlich auf Ken und Hikari haften. Zu seinem Glück, denn Ken gestikulierte ihm dezent etwas und Hikari schüttelte ihren Kopf mit Nachdruck um ihm etwas mitzuteilen. Daisuke war sich ziemlich sicher, dass die beiden diesen Nagisa genauso wenig kannten wie er. Dennoch war sie es, die das Thema wechselte. „Also, da wir jetzt vollständig sind, sollen wir uns einen besseren Platz suchen um das Feuerwerk anzusehen?“, schlug sie vor. „Takeru, ist alles klar?“, wollte Yamato wissen, der im Begriff war sich Sora zu widmen. „Ja keine Sorge. Ich bin ja bei den anderen, also sehe ich mir das Feuerwerk mit ihnen an.“ „Oh sehr gut. Dann komme ich später vorbei um dich abzuholen.“ Takeru nickte und sah seinem Bruder und Sora nach, die in der Menschenmenge verschwanden. Er fühlte sich noch immer ein wenig schuldig, dass er seinem Bruder so viel Zeit nahm, die er eigentlich für andere Menschen brauchte. Immerhin war er mit Sora zusammen und die Bandproben musste er auch schon ein paar Mal schwänzen. Damit blieb Takeru bei dem Rest seiner Freunde. In diesem Moment wandte sich Ken an die anderen: „Wir sollten etwas zu trinken kaufen gehen.“ „Oh, gute Idee! Was möchtet ihr?“, erkundigte sich Miyako, die sofort Feuer und Flamme war. Nach kurzem Überlegen meinte Iori: „Ich komme mit euch, so viele Getränke könnt ihr beiden gar nicht allein tragen. Hey Daisuke-san, Nagisa-san, kommt ihr am besten auch mit, das wird einfacher.“ „Haah? Warum muss ich unbedingt mitgehen?“, beschwerte sich der Brünette und zog dabei eine Schnute. Der bisher schweigsame Nagisa meldete sich zu Wort, wobei er Daisuke einen kleinen Klapps auf den Rücken gab: „Die anderen haben Recht, Daisuke, du solltest auch mit uns kommen.“ „Takaishi-kun, Hikari-san, ihr wartet am besten hier. Dann könnt ihr zumindest noch eine Weile am Strand bleiben und die Lichter beobachten“, meinte Ken mit einem vielsagenden Zwinkern in die Richtung der beiden und somit zogen die fünf Digiritter davon um ein paar Getränke zu kaufen. Es war Daisukes und Miyakos Plan, dass man Hikari und Takeru ein wenig Zweisamkeit gönnen musste. Immerhin hatte Daisuke Takeru gleich am frühen Abend entführt und somit gab es bisher noch keine Gelegenheit, dass sich die beiden vernünftig miteinander unterhalten konnten. Ein Krankenhauszimmer war nun wirklich nicht der passende Ort für eine vertraute Unterhaltung. Außerdem hatte Miyako mitbekommen, dass Hikari deshalb ein wenig betrübt wirkte, auch wenn Ken meinte, dass es auch ein paar andere Gründe haben könnte. Er hüllte sich allerdings in Schweigen wenn es darum ging, Hikaris Sorgen auszuplaudern. Damit fanden sich die beiden allein inmitten des farbenfrohen Treibens wieder. Erst nach einer Weile stellte Hikari fest, dass sie tatsächlich zu zweit Zeit miteinander verbrachten. Nach einigen Minuten nahm Hikari seine Hand und blickte ihm in die blauen Augen: „Die anderen kommen wohl so schnell nicht wieder.“ „Sieht ganz so aus.“ „Komm, wir gehen ein bisschen aus dem Getümmel, du magst doch die großen Menschenmassen nicht so gern, oder?“, fragte Hikari nach, denn Veränderungen könnten immerhin durch den Gedächtnisverlust eingetreten sein. „Ja schon. Sollten wir aber nicht lieber die anderen suchen oder auf sie warten?“ Hikari ließ ein leises Kichern verlauten. „Nein, nein. Die anderen finden uns schon, keine Sorge.“ Takeru nickte mit dem leichten Anflug eines Lächelns auf seinen Lippen. Irgendwie fühlte sich die Wärme von Hikaris Händen vertraut und warm an. Als ob er es schon des Öfteren gespürt hatte. Gemeinsam gingen sie an den Strand und näher an das ruhige Wasser hinunter. Von dort aus war die Sicht besser auf das Farbenspiel der Raketen, die am Himmel verglühten. Eine angenehme Stille breitete sich zwischen den beiden Jugendlichen aus während sie da standen, den sanften Wellen lauschten und den Lichtschein des Feuerwerks beobachteten. „Takeru-kun?“, flüsterte Hikari beinahe, denn sie war mitgerissen von dieser Nähe. „Was denn?“ „Takeru-kun… egal was passiert, ich werde dich beschützen“, kam es aus ihrem Munde, wie in einer Trance, obwohl ihr Blick vollkommen klar war, und die Augen ihres besten Freundes suchten. Takeru sah sie verwundert an. Beschützen? Hatte das nicht schon einmal jemand zu ihm gesagt? Zumindest hatte er das Gefühl, dass er sich daran erinnern konnte. Doch derjenige war kein Mädchen gewesen. Ich werde dich beschützen, Takeru! Die Stimme klang in seinen Ohren wieder und er war sich ziemlich sicher, dass es sich dabei nicht um seinen großen Bruder handelte. Nein. Es war jemand anderes. Jemand, der ihm mindestens genauso viel bedeutete, doch noch vertrauter als… Aber wer war es? „Takeru-kun?“, fragte Hikari verunsichert, „Ist alles in Ordnung?“ Ihr Blick steckte voller Sorge um ihn. Im Krankenhaus hatte sich sein Zustand ständig verändert und sie wollte mit aller Macht verhindern, dass er hier und jetzt in die Knie ging; oder schlimmeres passierte. „Ah, tut mir leid. Keine Sorge, mir geht es gut… ich hatte nur so ein… merkwürdiges Gefühl als ob wir schon mal hier waren oder du so etwas Nettes schon einmal gesagt hast.“ Die Wangen des Mädchens bekamen eine leichte rosa Färbung, bevor sie sich dazu brachte zu antworten: „Ah, hast du dich etwa an etwas erinnert?“ „Nein, leider nicht“, entgegnete Takeru mit etwas enttäuschter Miene und einem Kopfschütteln als Untermalung. „Mach dir nichts draus.“ Hikari drückte seine Hand sanft und fügte noch einmal mit Fester Stimme hinzu: „Egal was passiert, ich bleibe bei dir. So lange ich bei dir bin, kannst du dich darauf verlassen, dass ich da bin um dich zu beschützen. Ich bin immer bei dir, hast du gehört?“ Er lächelte, doch erwiderte nichts. Takeru und Hikari sahen Hand in Hand in den gestirnten Himmel hinauf, bis das Feuerwerk beendet war. Fortsetzung folgt. Kapitel 8: Ein Besuch in der Digiwelt ------------------------------------- Die frühe Septembersonne schien noch wie ein grelles Feuerrad an diesem Abend. Das Nachleuchten der untergehenden Sonne zeichnete sich in einem strahlenden Magenta an den zahlreichen Gebäuden ab, welche sich futuristisch in den Himmel erstreckten. Auf dem Dach des Schulgebäudes hatte sich eine einzelne Person verirrt, dessen schwarz- und blondes Haar rhythmisch mit dem Wind tanzte. Dieser Junge hätte in seiner Erscheinung nicht auffälliger sein können, denn die meisten Schüler in seinem Alter bemühten sich darum, nicht aus der Menge hervorzustechen. Dies galt nun allem Anschein nach nicht für Nagisa Kuranosuke, welcher nicht nur durch die sein Erscheinungsbild unter einer ganzen Menge Individuen wiederzuerkennen war, sondern auch durch seine kleine Begleitung, die ihm stets folgte. Tinkermon, das kleine feengleiche Digimon schwebte um seinen Kopf herum. „Kuranosuke“, drängte sie in einem leicht quengelnden Ton, „Wir müssen doch irgendwo unterkommen.“ Der Junge aber sah seinen Partner nicht an, sondern sah nur auf die fußballspielenden Schüler dieser Grundschule herab. Sein nachdenkliches Gesicht wirkte ernst. Als ob er den Kommentar des kleinen Digimon nicht mitbekommen hatte, stellte er Tinkermon eine ganz andere Frage. „Sag, habe ich denn jetzt eine Seele?“ Tinkermon blinzelte ihn kurz an. „Was redest du denn da, Kuranosuke-chan. Jeder Mensch und jedes Digimon hat doch eine Seele?“ Das kleine Digimon lächelte breit um ihn etwas aufzuheitern. „Du bist doch ein Digimon“, merkte er an, „Wenn ich mich richtig erinnere, dann bestehen alle Digimon aus einem Satz von Daten. Manche aus mehr und manche aus weniger Daten und ihr Aussehen und durch die Kodierung bestimmt. Durch den Typus erhalten Digimon ihre primären Charaktereigenschaften. Bei den Menschen heißt es doch, dass die Persönlichkeit durch die Seele zum Vorschein kommt. Heißt es dann nicht auch, dass es unter den Digimon nur drei Seelen existieren? Datei, Serum und Virus? Auch, wenn sie sich in dieser Welt materialisieren können und eine physische Gestalt erhalten, wie können sie dann eine Seele besitzen?“ „Wie bitte?“, Tinkermon blies ihre kleinen Wangen empört mit Luft auf, „Das ist der größte Quatsch, den ich je gehört habe. Hast du denn vergessen, dass ich auch ein Virustyp bin? Habe ich dich jemals gefressen?“ Kuranosuke lachte leise vor sich hin. Wahrscheinlich waren er und Tinkermon nur ein einziges Mal aneinander geraten und zwar in dem Moment, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren und er kaum glauben konnte, wie ein so kleines Digimon jemanden herumkommandieren wollte, der mindestens zehnmal größer war als sie. „Ich frage mich woran du gerade denkst“, murmelte sie noch immer ein wenig beleidigt, „Was nun aber wichtiger ist, Kuranosuke-chan. Wo sollen wir eigentlich wohnen? Wir können nicht einfach auf der Straße schlafen.“ „Wieso nicht?“ Der Junge bedachte die kleine Fee mit einer Miene aus der Verwirrung sprach. „Ach Mensch, Kuranosuke-chan, jetzt tu doch nicht so, als hättest du gar keine Ahnung. Du müsstest doch am besten wissen, dass die Leute sofort die Polizei benachrichtigen würden, wenn sie einen kleinen Jungen auf der Straße übernachten sehen…“, nörgelte Tinkermon während sie mit ihrem Stab hantierte. „Hm.“ „Was ist das für eine Antwort?“, beschwerte sich das Digimon, „Hör mal, Kuranosuke, wir können nicht mal in irgendein Hotel gehen, weil dich niemand begleitet, der aussieht wie deine Eltern und Geld haben wir auch keines.“ Kuranosuke seufzte leicht aus. Es stimmte, als Kind war man an viel mehr Gesetze und Regeln gebunden als ein Erwachsener. Er konnte sich nicht einmal frei bewegen, so wie er es gern wollte. „Oh Mann! In der Digiwelt hatten wir nie solche Probleme!“, fluchte er und trat mit dem Fuß nach dem Maschendrahtzaun, welcher verhindern sollte, dass Schüler entweder freiwillig vom Dach des Schulgebäudes sprangen oder aber versehentlich nicht den Halt verloren und hinunterfielen. Tinkermon hingegen kicherte belustigt. „Habe ich es dir nicht gesagt? In dieser Welt ist niemand frei, nicht mal die Kinder. Deshalb möchte auch jeder in die Digiwelt. Die Frage ist nur, was wir nun tun sollen…“ „Wir machen es so, wie du es vorgeschlagen hast bevor wir nach Tokio gekommen sind“, meinte Kuranosuke schließlich, „Das ist wohl die beste Lösung…“ „Hab ich es dir nicht von Anfang an gesagt?“ Freilich hatte Tinkermon ihm die Weissagung gemacht, dass sie sich gemeinsam nur fortbewegen konnten, wenn Kuranosuke mindestens achtzehn, wenn nicht sogar erst zwanzig Jahre alt war oder einen Erziehungsberechtigten mitbrachte. Nun da er sich dazu entschieden hatte in Tokio zu leben, musste er wohl auch mit diesem kleinen Nachteil leben müssen. So beschlossen Tinkermon und ihr Partner den vor langer Zeit geschmiedeten Plan in die Tat umzusetzen und das am besten umgehend, denn bald musste ihr irdisches Leben richtig beginnen. Ganz in der Nähe, jedoch in einem völlig anderen Wohnhaus auf Odaiba, saßen drei Schüler zusammen und unterhielten sich aufgeregt miteinander. Dennoch gaben sie sich große Mühe, damit die Erwachsenen dieses Hauses nicht viel von ihrer Heimlichtuerei mitbekamen. Das Feuerwerk war nun einen Tag her und die Schule sollte am Montag wieder beginnen. Aus diesem Grund hatte Ken sowohl Hikari als auch Daisuke zu sich nach Hause eingeladen, in der Hoffnung mit ihnen über die Merkwürdigkeiten der letzten Wochen zu reden. Seine Mutter freute sich ebenfalls altbekannte Gesichter wiederzusehen und reichte ihnen eisgekühlte Fruchtsäfte und ein paar selbstgemachte Onigiri zum Essen. Ken hatte die beiden unter dem Vorwand eingeladen, sich zusammen auf das neue Schultrimester vorzubereiten. Frau Ichijouji hinterfragte es nicht weiter, obwohl die drei auf verschiedene Schulen gingen. Alle drei hatten es sich in dem kleinen Zimmer des Dunkelhaarigen gemütlich gemacht, nachdem Ken ein paar Sitzkissen geholt hatte um damit eine angenehmere Atmosphäre zu erzeugen. Sein Zimmer war nach wie vor mit einem Holzboden ausgestattet und auch sonst eher karg ausgestattet. Hikari hatte ihre Knie dichter an den Körper gezogen und ließ ihr Kinn darauf ruhen, während sie geduldig Daisukes Beschwerde mitanhörte. „Ich verstehe dich wirklich nicht, Hikari-chan, du hättest uns schon längst von diesen Nachrichten und allem erzählen müssen. Wir sind doch immerhin Freunde und ein Team.“ „Ich weiß, aber ich wollte nicht, dass sich alle auch noch Sorgen um mich machen müssen. Außerdem haben wir jetzt auch andere Probleme am Hals, Daisuke-kun“, meinte sie in einem verteidigenden Ton. „Du hast ja Recht, vor allem bei diesem merkwürdigen Kerl, diesem Nagisa. Warte Mal… was ist, wenn dieser Nagisa dir diese Nachrichten geschrieben hat und sich jetzt in unser Team schleicht!?“, schimpfte Daisuke noch immer mit verschränkten Armen. Als wären Ken und Hikari gerade von einem Blitz getroffen, schnappten sie hörbar nach Luft. Erschrocken wechselten sie kurz ein paar Blicke miteinander. Es war Ken, der nach einer kurzen Stille das Wort ergriff: „Wäre das nicht viel zu umständlich? Wieso sollte man sich bei uns einschleichen, wenn man uns im Augenblick sogar ganz gut angreifen könnte, weil wir unsere Partner in der Digiwelt lassen müssen.“ „Auf der anderen Seite wäre es ein kluger Schachzug“, bemerkte Hikari nachdenklich, „Nun, wenn es um Vamdemon oder BelialVamdemon ging, so hat es stets versucht uns von innenheraus zu zerstören. Das erste Mal, indem es Tailmon versklavte und beim zweiten Mal hat es Oikawa-san dazu benutzt durch Ichijouji-kun Energie zu sammeln… Aber woher können wir so sicher sagen, dass Nagisa-kun nicht zu uns gehört?“ Daisuke verzog noch immer das Gesicht und brachte seine Unzufriedenheit zum Ausdruck: „Na mein schlechtes Bauchgefühl sagt mir, dass das einfach nicht stimmen kann.“ Ken beobachtete seinen besten Freund genau. Ein solcher Kommentar aus Motomiya Daisukes Munde hatte Gewicht. Selbst wenn er meistens nicht für die strategiereichsten Pläne bekannt war, mit einem lag er immer richtig und das war sein Baugefühl. Das Baugefühl, welches ihm vermittelt hatte, dass Ken eigentlich zum Team gehörte und selbst wenn Daisuke nicht immer dieselben Sympathien für alle übrig hatte, so sah er sie doch als Kameraden. „Du hast schon Recht damit, Hikari-san, aber wenn man zwei Mal mit derselben Strategie scheitert, möchte man vielleicht etwas Neues ausprobieren“, meinte Ken und wirkte ebenfalls gedankenversunken, „Wir sollten wachsam sein. Vor allem weil wir wissen, dass Nagisa-kun manche von uns nicht an der Nase herumführen kann, so wie es aussieht. Vielleicht sollten wir das Theater mitspielen.“ „Die Frage ist warum Nagisa-kun nicht an uns herankam. Doch nicht etwa, weil wir nicht bei den anderen waren?“, schlug Hikari vor. „Ach Quatsch, dann wäre Takeru auch nicht betroffen“, meinte Daisuke ein wenig gelangweilt, „Mich würde es interessieren, ob wir unseren Job als Digiritter zur Abwechslung vernünftig erledigen können und endlich wieder in die Digiwelt können. Wir wissen ja gar nicht mehr, wie’s dort aussieht, also wirklich. Wer sagt uns eigentlich, dass es Veemon, Wormmon oder auch Tailmon und Patamon eigentlich gut geht?“ Die beiden anderen nickten zustimmend. Sie alle machten sich seit geraumer Zeit Sorgen um ihre Partner und seitdem sie die Digiwelt nicht mehr nach eigenem Belieben betreten konnten, stieg die Sorge umso mehr. Außerdem sehnte sich wohl jeder von ihnen ins das Land der Freiheit und der Wünsche zurückzukehren. Sie mussten nur noch einen Weg finden wie. „Ich schlage vor, dass wir miteinander im Kontakt bleiben. Sobald uns irgendetwas Verdächtiges an Nagisa-kun oder Tinkermon auffällt, dann sollten wir es uns über das D-Terminal schreiben. Es bringt nicht mal was, Yamato-san oder Taichi-san zu fragen ob sie einen Rat wissen… sie denken schließlich auch, dass Nagisa-kun schon immer ein Teil des Teams war…“, fügte Ken düster hinzu. Hikari und Daisuke nickten zustimmend. Vor allem für Ken schien es wichtig zu sein, über diesen Neuzugang informiert zu sein. Immerhin gingen sie auf verschiedene Schulen und Ken konnte ihn schlecht im Auge behalten. „Stimmt auch…“, stöhnte Daisuke und boxte gegen die Luft. Es war frustrierend über nichts Bescheid zu wissen und dazu gezwungen zu sein mitanzusehen, wie sich ein potentieller Feind einschlich. Zumindest fühlte es sich im Augenblick so an. Plötzlich klopfte es an der Tür und Frau Ichijouji steckte ihren Kopf durch den Spalt, den sie öffnete. „Entschuldigt die Störung, aber es ist schon nach acht Uhr, Kinder. Müsst ihr euren Eltern nicht Bescheid sagen, dass ihr noch bei uns seid?“, fragte sie, „Und ich müsste noch wissen ob ihr zum Essen bleibt.“ Die beiden Gäste fuhren hoch. Die Zeit hatten die beiden total vergessen und bemerkten erst jetzt, dass Dunkelheit weiter zunahm. Daisuke stand sofort auf und schüttelte den Kopf: „Entschuldigen Sie die lange Störung. Ich muss schnell nach Hause, meine Familie hat mir versprochen, dass wir extra Curry Udon zum Abend essen.“ Hikari tat es dem Jungen gleich und verbeugte sich tiefer, als man es von ihr erwartet hätte: „Vielen Dank für die Einladung, ein anderes Mal sicher gern.“ Ken lächelte und erhob sich ebenfalls um seine Freunde zur Tür zu begleiten. „Also Ken, wir hören spätestens Morgen voneinander“, meinte Daisuke und winkte ihm zu. „Ich werde ihn daran erinnern, falls er es vergessen sollte“, Hikari kicherte leise, „Obwohl, wenn es um dich geht, dann vergisst er es garantiert nicht.“ „Trotzdem vielen Dank, Hikari-san. Kommt bitte gut nach Hause“, verabschiedete sich nun auch der Dunkelhaarige und sah den beiden noch nach, bis sie hinter der Fahrstuhltür verschwunden waren. Familie Motomiya war in der Tat nicht begeistert über Daisukes Zuspätkommen. Seine große Schwester Jun verpasste ihm eine sanfte Kopfnuss und stemmte ihre Hände in die Hüften. „Man ruft doch vorher an, wenn man sich verspätet, Dummkopf“, schimpfte sie. Daisuke verzog seine Gesichtszüge lediglich zu einer beleidigten Schnute. Warum musste seine Schwester auch immer das letzte Wort haben? Doch allein mit Juns Standpauke war es nicht abgetan, Frau Motomiya kam ebenfalls auf ihren Sohn zu und sah ihn mit verwerflichen Blicken zu: „Also wirklich, Daisuke, musst du denn so kurz nachdem dein Vetter zu uns gezogen ist so ein schlechtes Benehmen demonstrieren?“ „Vetter!?“, die Augen des Braunhaarigen waren weit offen vor Verwirrung. „Ja, Dummkopf“, schimpfte Jun erneut, „Sag bloß nicht, dass du das schon wieder vergessen hast…“ Alles was Daisuke darauf antworten konnte war ein Zucken mit den Schultern. Er konnte sich nicht mal daran erinnern eine so breite Verwandtschaft zu haben. Frau Motomiya seufzte tief und in diesem Moment trat der vermeintliche Vetter in den Flur hinaus. Sogleich fiel es Daisuke wie Schuppen von den Augen. Natürlich. „Na-… Nagisa! Was willst du denn hier!?“, entfuhr es ihm empört und mit hastigen Bewegungen zeigte er mit den Finger auf den anderen Jungen. Einen Moment lang wurde es still. Das haselnussfarbene Augenpaar traf das Goldene. Auf dem makellosen Jungengesicht befand sich lediglich ein schiefes, höhnisches Grinsen, so als ob er über etwas triumphieren müsse. Genau dieser Gesichtsausdruck gefiel Daisuke gar nicht. „Was ist denn das für eine Begrüße, Daisuke. Los, wasch dir die Hände, wir essen gleich“, ermahnte Frau Motomiya und entlockte damit ein leichtes Seufzen aus Daisukes Munde. Dennoch ließ er seinen misstrauischen Blick nicht von Kuranosuke ab. Dieser jedoch flüsterte seinem Mitbewohner leise zu: „Ich hoffe wir werden uns gut verstehen, Motomiya-kun. Wir sind schließlich beide Digiritter.“ Der Brünette erwiderte auf diese Aussage ein ärgerliches Knurren, worauf er seiner Familie zum Tisch folgte. Als ob all dies nicht bereits genug Ärger für einen Tag gewesen wäre, musste Daisuke auch noch erfahren, dass er von nun an sein gemütliches und vor allem sehr unaufgeräumtes Zimmer mit seinem neuen Verwandten teilen musste. Auf diese Hiobsbotschaft hin konnte Daisuke nicht anders, als sowohl Hikari als auch Ken umgehend eine E-Mail zu schreiben. Von nun an wurde es mit Sicherheit schwieriger sich frei am Telefon zu unterhalten und es blieb ihnen wohl nur noch geheime Treffen, wenn sie ungestört sein wollten. „Dieser Nagisa schmeckt mir schon jetzt nicht mehr…“, knurrte Daisuke vor sich hin, während er seinen letzten Hausaufgaben noch den finalen Schliff gab um sie am folgenden Tag in der Schule abzugeben, „Fehlt mir nur noch, dass er in meine Klasse kommt, ich glaube dann drehe ich durch…“ Doch mit solchen Gedanken wollte er sich viel lieber erst am darauffolgenden Tage beschäftigen. Einstweilen hatte er genug von all diesen merkwürdigen Geschehnissen. So begann das neue Trimester an der Odaiba Grundschule, an der die Digiritter und der vermeintliche Neuzugang Nagisa Kuranosuke ihren gewöhnlichen Schulalltag wieder aufnahmen. Mit frischer Energie und guter Laune ging auch Takeru jeden Tag zur Schule, denn für ihn hatte sich eigentlich nichts verändert, denn die Erinnerungen an die Digiwelt, war alles was er verloren hatte. Die Gesichter seiner Lehrer und Klassenkameraden waren ihm bekannt. Er kannte sie alle noch ganz genau, bis auf die Digiritter, an die er sich nur grob erinnern konnte. Sogar mit Kuranosuke verstand Takeru sich gut. Der Neuzugang der Digiritter, welcher stets von seinem Partner begleitet wurde, gehörte eher zu den stillen, zurückgezogenen Typen, weshalb er sich wohl besonders gut mit Iori und Takeru verstand. Daisuke hingegen zeigte seine Abneigung gegen diesen Fremden ungeniert und ehrlich. Nachdem auch noch klar wurde, dass Kuranosuke während dieses Semesters auch noch in seine Klasse kam, war sein Alptraum perfekt gewesen. Auch Hikari misstraute dem Fremden, doch vermochte sie es viel besser zu verstecken als Daisuke. Trotzdem saß sie freiwillig neben Kuranosuke, denn dadurch erweckte sie weniger den Eindruck ihn zu durchschauen und konnte auch etwas über ihn lernen. Nach nur wenigen Schulstunden meinte sie erkennen zu können, dass Kuranosuke sich weder Kanji merken konnte, noch sonderlich gut darin war die Lieder auswendig zu lernen. Seine starken Seiten waren der Sportunterricht, denn er erwies sich als äußerst geschickt in jeder Sportart und in Mathematik überragte er jeden in dieser Klasse. Hikari fragte sich insgeheim ob er Mathe besser beherrschte als Ken. So hatte sich nach wenigen Wochen immerhin eine Art Alltag eingependelt. Takeru kam sogar auf die Idee seine Freunde nach dem Unterricht im ADV-Raum zu treffen, in dem sie sich schon immer vor einem Aufbruch in die Digiwelt trafen. Es bedeutete zwar nicht, dass Takeru sich direkt an diese andere Welt erinnerte, aber er folgte einer alten Gewohnheit. Die anderen taten es ihm manchmal gleich, in der Hoffnung, dass sich das Tor zur Digiwelt mittlerweile geöffnet hatte. Nichts dergleichen geschah. Das Tor lieb nach wie vor verschlossen und ließ niemanden passieren. Um Takeru auch garantiert nicht irgendwo allein zu lassen, vor allem aus Angst plötzlich wieder der übernatürlichen Macht eines Digimon zu verfallen, begleiteten Daisuke, Hikari und Iori den Jungen wann immer sie konnten und selbst Miyako, die nun eigentlich eine Mittelschülerin war, ließ sich manchmal in den Pausen blicken. An diesem Tag jedoch kümmerte sich Daisuke allein um Takeru und machte sich mit ihm auf den Weg in den Computerraum. Den ganzen Tag war er schon genervt von Kuranosuke gewesen, der sich hoffentlich bereits auf dem Nachhauseweg befand. Der blonde Junge wandte sich fragend an Daisuke: „Hast du denn heute gar kein Fußballtraining, Daisuke-kun?“ „Nah, heute nicht, es ist Montag. Wir haben montags und freitags kein Training. Aber das kannst du nicht so genau wissen, nehme ich an. Egal also Hikari-chan hat heute Putzdienst und ich glaube Iori hat auch keine Zeit“, berichtete Daisuke, „Sie werden also später dazukommen.“ „Ach so ist! Tut mir leid, dass du jetzt meinen Wachhund spielen musst“, entschuldigte sich Takeru, doch sah Daisuke alles abwinken: „Lass gut sein, Takeru. Du brauchst dich für nichts entschuldigen, ich meine, warum denn ausgerechnet jetzt?“ Der Blonde nickte. Ihm tat es leid, dass er die wenige Freizeit seiner Freunde auch noch beanspruchte. „Ansonsten hätte vielleicht auch Nagisa-kun mit-…“ „Quatsch, warum sollte er denn? Ist doch schon genug, dass ich mein Zimmer mit ihm teilen muss…“, schnauzte Daisuke seinen Freund ein wenig gereizt an. Seine rauen Worte flogen Takeru um die Ohren, aber er beruhigte sich gleich wieder und wandte sich einem der Computer zu. „Hm. Sieht so aus als sei das Tor zur Digiwelt immer noch verschlossen…“ Takeru starrte ebenfalls auf das rote Anzeigebild des Computers und beobachtete wie Daisuke sein D-3 Digivice zückte und seine Stimme ein weiteres Mal erhob: „Tor zur Digiwelt, öffne dich!“ Das kleine Gerät reagierte nur kurz auf die feierlichen Worte des Brünetten, aber am Computer veränderte sich absolut gar nichts. Normalerweise entriegelte sich das Tor sofort auf diesen Ruf hin. Enttäuscht seufzte Daisuke aus. Es war zum verrückt werden, dass sie ihre Freunde nicht besuchen konnten. Er wandte sich anschließend an Takeru: „Versuch du’s mal.“ „Wie? Ist es okay, wenn ich es versuche?“, wollte er verwirrt wissen. Daisuke klopfte ihm ermutigend auf den Rücken. „Na los schon! Glaub bloß nicht, dass das ein Ritual mit hoher Rangordnung ist, oder so was.“ Auf Daisukes belustigtes Lachen hin holte Takeru sein Digivice aus der Hosentasche und streckte seine Hand aus. Es machte den Eindruck als habe es etwas Gewöhnliches, Routiniertes an sich. Obwohl Takeru sich nicht daran erinnern konnte so etwas jemals getan zu haben. Wie Daisuke es zuvor getan hatte, rief er dem Computer dieselben Worte entgegen: „Tor zur Digiwelt, öffne dich!“ Das kleine Gerät tat es dem von Daisuke gleich und reagierte mit leisen, kurz aufeinanderfolgenden Piepsignalen. Aus blieb allerdings das gewünschte Resultat und so hinterließ der Computer zwei ziemlich enttäuschte Jungen. Dann aber ertönte seitens der Maschine ein weiteres Piepen und Daisuke konnte erkennen, dass sich das Tor von OFF auf ON umstellte. Die Augen weit aufgerissen vor Überraschung starrte er auf den Bildschirm hinunter. Es war kaum zu glauben. „D-das Tor ist offen!“ „Daisuke-kun, was tun wir jetzt?“, wollte Takeru ebenso beeindruckt von seinem Freund wissen. Eine Weile standen die beiden mit offenstehendem Mund da, einfach um genau zu begreifen, was sich gerade getan hatte. Sie konnten tatsächlich in die Digiwelt reisen. „Wir gehen natürlich sofort in die Digiwelt. Takeru, willst du nicht auch Patamon wiedersehen?“ „Aber wir sollten den anderen Bescheid sagen, sie wollen sicher-…“ „Wenn wir in der Digiwelt sind, können wir ihnen immer noch eine Nachricht schreiben. Wer weiß wie lange das Tor noch geöffnet bleibt“, erwiderte Daisuke hektisch und schnappte sich Takerus Handgelenk, „Los Digiritter, wir rücken aus!“ Mit diesen Worten und dem Kontakt der beiden D3-Digivices, öffnete sich das Tor und die beiden Kinder wurden regelrecht in die Maschine hineingesogen. Niemand hätte geahnt das eben noch zwei Sechstklässler in diesem Raum gestanden hatten. Eine Tatsache hatten Takeru und Daisuke allerdings nicht bemerkt. Sie waren beobachtet worden. Von zwei Personen, um genau zu sein, Kuranosuke und Tinkermon. Der Junge ließ ein schnalzendes Geräusch mit seiner Zunge verlauten und knurrte ein wenig. Das kleine Digimon bedachte die Szene mit einer bekümmerten Miene. „Was machen wir jetzt, Kuranosuke-chan?“ „Hinterher, was sonst“, entgegnete er, „Wer hätte denn ahnen können, dass Kimeramon dieselben Fähigkeiten hat?“ Tinkermon wirkte jedoch strikt dagegen und wirbelte mit ihrem kleinen, roten Stab: „Auf gar keinen Fall, Kuranosuke, du weißt wie lange es gedauert hat die Phasen wieder aufeinander zu bekommen. Die beiden sind weg, das ist schade und traurig, aber leider nicht zu ändern.“ „Tinkermon, Motomiya-kun und Takeru-kun könnten sonst wo landen, vor allem im Wasser!“, fuhr der Langhaarige die Fee an. Das Digimon zuckte die Achseln: „Gut, gut, zwei Digiritter von wie vielen? Wir werden das auch ohne die-…“ „Werden wir nicht, Tinkermon, das weißt du! Jetzt öffne das Tor zur Digiwelt, oder du kannst was erleben. Dann bin ich nicht mehr so freundlich.“ Das Digimon seufzte schwer und nickte gleich darauf. „Wie du willst. Ich wollte nur dein bestes. Ich kann dir aber für nichts garantieren. Am besten wäre es immer noch, wenn du den beiden nicht folgst sondern den Rest alarmierst. Hattest du nicht mal erwähnt, dass Yagami Taichis WarGreymon und Ishida Yamatos MetallGarurumon zu Omegamon digitieren? Genau solche Kraft brauchen wir hier, einen der Royal Knights und nicht-…“ „Hast du nicht gehört was ich gesagt habe? Die anderen können wir später noch mobilisieren, also los!“ Tinkermon nickte und öffnete das Tor zur Digiwelt ohne irgendwelche Probleme. Aus dem Bildschirm eines zufällig platzierten Fernsehers kam ein langer Lichtstrahl und kurz darauf digitalisierten sich zwei menschliche Gestalten, in einem dichten, dschungelartigen Wald. Palmen standen neben exotischen Riesenblüten und Lianen hingen von den knorrigen Bäumen herab. Der Himmel über ihnen war von regenschwangeren Wolken verschleiert, die jeden Moment zu bersten drohten. Den Jungen war das Wetter in diesem Moment allerdings egal. „Das hier… ist also die Digiwelt…“, murmelte Takeru gleichermaßen beeindruckt wie auch verwirrt, als er seinen Blick über die nähere Umgebung schweifen ließ. „Jepp.“ „Ah… was mir gerade auffällt, Daisuke-kun, du hast dich ja umgezogen!“, bemerkte Takeru noch verwirrter als er ohnehin schon war, denn es erschien sehr unwahrscheinlich, dass sein Freund sich im Cyberspace oder wo auch immer sie sich hier befanden, einfach mal umzog. Vor allem weil die Reise in die Digiwelt wohl weniger als eine Minute dauerte. Daisuke hingegen nickte mit einem breiten Grinsen im Gesicht: „Ja, die Kleidung von mir, Iori und Miyako verändert sich in der Digiwelt. Ist doch irgendwie total cool, oder nicht? Nur du und Hikari-chan habt euch nicht verändert.“ „Was ist mit Ichijouji-kun?“, wollte Takeru wissen. „Ah… Ken, der…“, Daisuke dachte kurz an die Zeit zurück, als sie ihm noch als Digimon Kaiser begegnet waren. Er konnte doch jetzt nicht schon mit den einschneidenden Begebenheiten ihrer Zeit beginnen. Wer wusste schon wie Takeru darauf reagierte. Schließlich fuhr Takeru nachdenklich fort: „Wenn ich an Ichijouji-kun denke… dann ist er doch auf dieser Privatgrundschule oder? Das heißt sie müssten dort eine Schuluniform haben, stimmt’s?“ „Ja! Ja genau, eigentlich verändert sich sein Outfit auch nicht weiter“, entgegnete Daisuke sofort. „Wo ist eigentlich dein Digimonpartner?“ „Ah! Ja genau, das sollten wir schnell herausfinden!“, meinte Daisuke und begann nach seinem Freund zu rufen, „Veemon!! Hey, Veemon!! Veemon, wo bist du?!“ Normalerweise waren sie schon immer in der Nähe ihrer Partnerdigimon gelandet, wenn es nötig war und sie nicht genau wussten, wo sie hingehen mussten. Bisher hatte die Digiwelt ihnen den Gefallen immer getan. Wenn Daisuke es sich recht überlegte, dann konnte es vielleicht damit zu tun haben, dass die Digiwelt fest mit den Wünschen der Kinder verbunden war. Wahrscheinlich machte dies den Unterschied aus, so dass sie nie sehr weit voneinander entfernt waren. Tatsächlich begann das Gras zu rascheln und aus einem Dickicht trat ein kleines, blaues Digimon hervor, welches Ähnlichkeit mit einem Drachen hatte aber keine Flügel besaß. „Daisuke!“, rief es erfreut aus. „Veemon!! Mann, ist das lange her, ich hab dich vermisst!“ Daisuke reichte seinem Freund die Hand und zog es dann in seine Arme. „Ging’s dir auch gut, die ganze Zeit über?“ „Na klar! Aber ich habe dich furchtbar vermisst, Dasiuke! Du sag mal, wie kommt es eigentlich, dass du allein mit Takeru unterwegs bist. Das ist irgendwie ungewöhnlich“, bemerkte Veemon ein wenig nachdenklich, als es den blonden Jungen musterte. Selbst Veemon wusste noch, dass die beiden nicht immer sehr gut miteinander auskamen und eine merkbare Rivalität zwischen ihnen herrschte, obwohl sie gar nicht hätte sein müssen. „Tja, so was kommt wohl vor. Aber sag mal, hast du Patamon irgendwo gesehen?“, erkundigte sich der Brünette, während Takeru daneben stand und gar nicht wusste, was er sagen sollte. Veemon nickte vor Freude ganz aufgeregt. „Patamon? Klar, ich werde nach ihm rufen!“ Gleich nachdem es diese Worte gesagt hatte, rannte es auch schon los um das andere Digimon aufzusuchen. Anscheinend befanden sie sich ganz in der Nähe. Daisuke wandte sich wieder an Takeru nachdem sein Digimonpartner wieder in den dichten Dschungelsträuchern verschwunden war und konnte genau in dessen Miene lesen, dass der Blonde furchtbar verwirrt war. „Es gibt viele verschiedene Digimon, weißt du? Das hast du mir damals erzählt, als ich zum ersten Mal in die Digiwelt gekommen bin. Hikari-chan und du habt mir damals erklärt, dass es sowohl viele niedliche und friedliebende Digimon, aber auch große und gruselige Digimon gibt“, meinte Daisuke und brachte Takeru damit erneut zur großen Verwunderung, „Und danach kam auch schon gleich eine Horde ekelhafter Digimon aus einem Getränkeautomaten.“ „Echt?“ Takeru konnte sich überhaupt nicht mehr an so ein Erlebnis erinnern. Merkwürdig, wenn man bedachte, dass gerade solche Erlebnisse eigentlich einschneidend und erinnerungswürdig sein müssten. Auch wenn Takeru es versuchte, einen solchen Tag gab es in seinem Gedächtnis einfach nicht mehr. In diesem Moment raschelte es erneut gewaltig im Gebüsch und Veemon sprang wieder daraus hervor, dieses Mal mit einem weiteren, kleinen Begleiter. „Takeruuu!“, rief das kleine Digimon unschuldig den beiden Jungen entgegen. Es war wirklich sehr klein und glich einem Meerschweinchen mit großen Feldermausflügeln als Ohren. Die Freude darauf seinen alten Freund wiederzusehen stand dem Digimon ins Gesicht geschrieben. Obwohl auch Takeru lächelte, empfand er nicht dieselbe Wiedersehensfreude wie sein Partner. Dennoch empfing er Patamon mit weit geöffneten Armen, als ob sie es früher schon getan hätten. Vielleicht war doch irgendwo tief in ihm dieses kleine Begrüßungsritual verankert, so dass er ihm mit einem sanften Lächeln sagte: „Komm schon zu mir, Patamon.“ Schließlich gelangte es endlich in die Arme seines Partners, doch sogleich bemerkte das Digimon, dass etwas mit Takeru nicht stimmte. Sie kannten sich eben zu gut, um eine solch verhaltene Reaktion nicht zu bemerken. „Takeru?“, kam es von dem kleinen Wesen. „Was denn?“ „Du bist doch mein Takeru, oder?“, wollte Patamon verunsichert wissen. Takeru sah es ein wenig bekümmert an: „…Patamon, ich…“ „Versteh mich bitte nicht falsch, ich habe nur das Gefühl, dass du nicht der Takeru bist, den ich kenne“, entgegnete das Digimon. Bevor der Blonde selbst etwas sagen konnte, fiel Daisuke ihm ins Wort und erklärte sogleich: „Mach dir keine Sorgen, Patamon. Das ist schon Takeru, aber er hat sein Gedächtnis verloren.“ „Er hat Gedächtnisverlust!?“, brach es schockiert aus Patamon heraus, „Soll das heißen, dass Takeru krank ist? Du wirst doch wieder gesund oder?“ Der blonde sah auf seinen Freund hinab, dabei wirkte er selbst leicht verunsichert aus. Daisuke jedoch nickte ihnen aufmunternd zu. „Ich glaube Daisuke-kun hat ganz Recht. Es wird vielleicht seine Zeit brauchen, aber ich bin mir sicher, ich kann mich dann wieder an alles erinnern!“, meinte er, wobei er jedoch nach wie vor etwas bedrückt wirkte. Die beiden Menschen und ihre Digimonpartner suchten sich gleich ein kleines Plätzchen um etwas Pause zu machen. Sie setzten sich unter einen Baum, der ihnen bei klarem Wetter sicher Schatten gespendet hätte, doch in dieser grauen Trübseligkeit war selbst ihr Wiedersehen überschatten. Während Patamon versuchte Takeru ein wenig über die Digiwelt zu erzählen, so dass er sich ein Bild darüber machen konnte, war Daisuke damit beschäftigt Hikari und den anderen eine E-Mail zu schreiben. „Hm. Das ist echt komisch“, murmelte er seinem D-Terminal entgegen. „Was ist denn los, Daisuke-kun?“, wollte Takeru verwundert wissen. „Ich habe Hikari-chan und den anderen gerade eine E-Mail geschickt, aber die ist zu mir zurückgekommen, sieh doch!“, beschwerte Daisuke sich und hielt seinem Freund das D-Terminal entgegen. Takeru nickte zur bestätigung, dass er die Fehlermeldung sehen konnte. „Dann versuche ich es vorsichtshalber mal.“ Auch Takeru hatte keinen Erfolg bei der Sendung. Daisuke seufzte aus: „Na ja, Iori und Miyako hatten sowieso keine Zeit und ändern können wir im Augenblick auch nichts. Was jetzt wichtiger ist, hast du eigentlich irgendetwas spüren können? Vielleicht eine Erinnerung oder so was.“ Takeru, welcher immer noch Patamon auf seinem Arm sitzen hatte sah sich genau um. Es war eine vollkommen fremde Welt und doch meinte sie schon einmal gesehen zu haben. Vielleicht in einem Bilderbuch für Kinder. Trotzdem konnte er sich nicht sicher sein ob sein Kopf ihm einfach nur einen Streich spielte. „Das hier ist die File Insel“, erklärte Veemon schließlich. „Die File Insel?“, wiederholte Daisuke erstaunt, „Ist das nicht die Insel auf der Taichi-senpai und die anderen zuerst gelandet sind?“ „Ja genau. Hier habe ich Takeru zum ersten Mal getroffen. Damals war ich aber noch Tokomon.“ „Tokomon!?“ „Ja genau. Bevor ich zu Patamon digitiert bin, war ich auf dem Ausbildungslevel“, erklärte Patamon geduldig. Es hatte auch für die Digiritter eine Weile gebraucht bevor sie die Entwicklungen der Digimon richtig verstanden hatten. Daisuke dachte kurz nach. Wenn sie schon mal in der Digiwelt waren, an dem Ort den Takeru zu allererst betreten hatte, dann musste es doch auch möglich sein ein paar seiner Erinnerungen wieder wachzurufen. „Ich hab `ne Idee! Lasst uns doch einfach mal zur Stadt des Ewigen Anfangs gehen“, schlug Daisuke vor. „Zur Stadt des Ewigen Anfangs?“, wiederholte Takeru verwirrt über den äußerst ungewöhnlichen Namen. „Na, habt ihr dort nicht auch ein Abenteuer erlebt, du und Takeru? Vielleicht erinnert er sich an etwas, wenn wir dorthin gehen“, meinte Daisuke und Patamon entfernte sich aus den Armen seines Partners und lächelte. „Kommt mir nach“, forderte es und flog mit seinen kleinen Flügeln voraus. Die beiden Digiritter und ihre Partner hatten nicht bemerkt, dass sie beobachtet wurden. Wie schon zuvor ruhten die Augen Kuranosukes und Tinkermons auf ihren Kameraden. Tinkermon schlug sich die Handfläche an die Stirn und schüttelte seufzend den Kopf. „Diese Digimon sind so damit beschäftigt die Erinnerung dieses Lausbuben zurückzukriegen, dass sie gar nicht daran denken über das wirklich Wichtige zu sprechen“, sagte sie enttäuscht, „Und jetzt bringen sie ihn auch noch zur Stadt des Ewigen Anfangs. Wie blöd muss man sein?“ „Die Kinder sind eben noch Kinder, Tinkermon. Man überlegt nicht lange, schon gar nicht, wenn man seinen Freunden helfen will. Es wäre mir im Grunde auch hundertmal lieber gewesen, wenn wir Yagami und Ishida kontaktiert hätten, aber dann hätten wir Motomiya und Takeru alleine gehen lassen müssen… Du siehst ja, sie sind alle ungestüm. Sie merken nicht einmal, wenn die Macht der Dunkelheit ihr Herz ergreift“, erwiderte Kuranosuke mit einem leisen Knurren. „Hey, aber dieser Daisuke hat sich ganz schön gemausert. Die Macht der Dunkelheit war schon weit gekommen. Er hätte sich fast nicht mehr erinnert, dass er mal mit Takeru befreundet war…“, meinte Tinkermon mit einem belustigten Kichern, „Nun ja. Wir haben uns zu viel Zeit gelassen um das Tor zur Digiwelt zu öffnen. Jetzt müssen wir damit leben, dass alles ein bisschen schneller vorangeht, als wir eigentlich geplant haben.“ „Sei es wie es sei, wir müssen diese Verlierer im Auge behalten“, murmelte Kuranosuke und machte sich mit Tinkermon auf leichten Sohlen hinter den anderen her. Sie folgten den Jugendlichen durch den teilweise dichten Dschungel und bereits in der Lage die vier zu hören. Es schien ihnen Spaß zu machen in der Stadt des Ewigen Anfangs zu spielen. So wie es wohl jedem Digimon, welches auf natürliche Weise in die Digiwelt gelangte, eine riesen Freude bereitete, wenn man frei und unbeschwert spielen konnte. Einen Moment später jedoch brach ein lautes Getöse aus. Tinkermon tauschte sofort ein paar vielsagende Blicke mit Kuranosuke aus und beeilte sich. „Sie kämpfen schon!“, meinte das Digimon. Der Junge biss sich hart auf die Unterlippe. Das hatte ihnen gerade noch gefehlt, aber was gingen diese Dummköpfe allein in die Digiwelt? Ohne ihre Freunde zu benachrichtigen oder einen Plan zu schmieden. Wussten sie denn nicht, dass die Digiwelt noch gefährlicher war, als sie zu den Zeiten der ersten Digiritter überhaupt schon geworden war? Aus der Ferne hörten sie Veemon und Patamon, welche vergeblich versuchten, auf das Championlevel zu digitieren. Kuranosuke und Tinkermon kamen zum Stehen um einen Eindruck des ganzen Ausmaßes der Gesamtsituation zu bekommen. Eine Gruppe Phantomon hatte sich auf die Digiritter gestürzt und machte auch keinen Halt vor den friedlich schlummernden DigiEiern und der winzigen Schützlinge. Sie hatten sich an Takeru festgeklammert, der sich wild und in panikversetzt gegen sie wehrte. So gut es eben ging. Dabei riefen sowohl Veemon als auch Patamon um die Kraft zu digitieren. „Törichte Kinder, normale Digitationen bringen hier nichts. Die wurden von ihm verhindert. Wie damals“, zischte Tinkermon und bildete mit ihren kleinen Händen eine Energiekugel. „Tinkermon, du wirst es nicht benutzen, wenn es nicht sein muss!“, ermahnte Kuranosuke unter zusammengebissenen Zähnen. Das kleine Digimon zwinkerte ihm zu. „Keine Sorge, Kuranosuke-chan, die Trumphkarte spiele ich vielleicht bei einem Dämonenlord höchstpersönlich aus. Ich bin doch nicht umsonst so stark wie zwei Championleveldigimon!“ Der Langhaarige Junge rollte ein wenig mit den Augen und beobachtete wie Tinkermon ihren Angriff nun endlich ausführte. „Alptraum-Pandemie!“, rief es und der Energiestrahl traf mitten in die Gruppe Phantomon. Daisuke, Veemon und Patamon fühlten sich wie paralysiert, da sie mit Hilfe nicht gerechnet hatten. Ihre Augen waren weit vor Überraschung als sie Tinkermon sahen, die sich eifrig ins Gefecht stürzte. „Tinkermon!?“, kam es von Daisuke. „Tut mir leid, dass wir so spät sind. Niemand konnte wissen, dass er so verrückt seid und einfach ins Netz der Spinne geht“, rief die kleine Fee ihnen zu. Die Phantomon verhielten sich eigenartig. Alles was diese Digimon zu interessieren schien, war Takeru, denn bis auf die Abwehr der Attacken des kleinen Digimon, taten sie nichts um sich zu verteidigen. „Veemon, Patamon ihr müsst weiter versuchen zu digitieren!“, drängte Daisuke. „Nicht auf’s Championlevel. Die Sperre wurde wiederhergestellt, falls du verstehst. Du musst wohl eine andere Form der Digitation wählen müssen.“ „Andere…!?“, Daisuke legte seine Hand an das D-Terminal, in welchem er seine DigiArmoreier gespeichert hatte, „DigiArmorei des Mutes erstrahle!“ Ein gleißender Lichtstrahl ging vom D-Terminal aus und wurde an das D-3 Digivice des Jungen weitergeleitet. Schließlich erfasste eine Lichtsäule das kleine, blaue Drachendigimon und goldene Funken wurden versprüht. „Veemon, Armordigitation zuuu Flamedramon!“, hallte in der Umgebung wider, wobei des Echo bis zum Berg der Unendlichkeit schallte. Ein kriegerhaftes Digimon stand nun in der Runde, nun viel größer gewachsen, als das kleine Veemon, machte sich kampfbereit. Ein Blick auf die Phantomon verriet ihm, dass Takeru mittlerweile sein Bewusstsein verloren hatte und die Ultraleveldigimon einen Plan verfolgten, denn sie nickten sich sachte zu. „Du musst gut auf Takeru aufpassen, Flamedramon, sonst tust du ihm noch weh!“, meinte Daisuke aufgebracht. „Keine Sorge, ich werde ihm kein Haa-…“ Ein heftiger Regen setzte ein. Ein Wolkenbruch, den man schon lange nicht mehr in der Digiwelt erlebt hatte. Eines der Phantomon, vermutlich dessen Anführer, denn es war etwas größer gewachsen als die andere, versprühte im selben Moment ein leicht lilafarbenes Gas in der Gegend, welches sich dampfend um Tinkermon, Flamedramon, Patamon und Takeru legte. Wenige Sekunden später fielen sie ohne Bewusstsein zu Boden. Flamedramon digitierte zu Chibimon zurück und Tinkermon nahm die Gestalt eines kleinen Yokomon an. Kuranosuke, der sich ganz in der Nähe befand bekam einen Hustenanfall durch das wenige Gas, welches auch er einatmen musste, so dass er ebenso machtlos gegen das Verschwinden der Phantomon war als auch die anderen. Takeru war mit den dunklen Digimon, in den Untiefen der digitalen Welt, verschwunden. Fortsetzung folgt. Kapitel 9: Entführt ------------------- Die Septemberhitze stand auf dem Fenster zum Klassenzimmer, welches Hikari am Nachmittag geöffnet hatte um ein wenig frische Luft herein zu lassen während sie sich mit zwei Klassenkameraden den Putzdienst teilte. Selbst wenn man alle Fenster im Klassenraum weit aufriss, brachte es kaum etwas da die sommerliche Luftfeuchtigkeit auch an diesem Tag über die Achtzigprozentgrenze hinauskletterte. Das Mädchen sah in die lustlosen Gesichter ihrer beiden Mithelfer und konnte nicht anders als bitter lächeln. Selbst hier untätig rumzustehen ließ den Schweiß in kleinen Rinnsalen ihre Wirbelsäule entlangfließen. „Ich übernehme den Boden mit Takeda-kun wenn du das Tafelwischen übernimmst, Hinako-san“, meinte Hikari während sie sich die Stirn mit einem Stofftaschentuch abtupfte. Das zierliche Mädchen warf der anderen einen verträumten Blick zu, so als habe sie soeben den leuchten Hoffnungsstrahl am Horizont entdeckt: „Ist das wirklich in Ordnung für dich?“ „Ja, keine Sorge. Deshalb sind wir auch zu dritt“, Hikari nickte mit einem seichten Lächeln. Der Junge nickte zustimmend und gemeinsam machten sie sich ans Werk. Während Hikari den trüben Staub zusammenkehrte, versuchte sie das ständig bimmelnde D-Terminal zu ignorieren. Wahrscheinlich war Daisuke doch zu ungeduldig und im Begriff zum Fußballspielen zu gehen und sendete ihr aus diesem Grund zahlreiche Nachrichten. Schließlich riss Hikari innerlich der Geduldsfaden und sie nahm das kleine Gerät mit einem ‚tut mir leid‘ zur Hand um nachzuschauen wer etwas von ihr wollte. Nachdem sie das D-Terminal aufgeklappt hatte und in den Posteingang sah, stockte ihr der Atem. Sie hatte eine Nachricht von einem ihr unbekannten Absender. Anders jedoch als zuvor, standen dort nicht die Schriftzeichen des Wortes ‚unbekannt‘ dort, sondern der Name ‚schwarzer Aschekrieger‘ war als Sender der E-Mail aufgelistet. Dem Namen nach zu urteilen, musste es sich um einen sehr merkwürdigen Nicknamen handeln, den sich die betreffende Person selbst ausgesucht hatte. Daisuke sah es nun wirklich nicht ähnlich, ging es der Brünetten durch den Kopf. „Das kann doch…?!“, murmelte Hikari und voller Neugierde, mit einem schweren Klumpen im Magen, klickte sie auf den Betreff, der ihr mitteilte, dass sich vermeintlicher Aschekrieger wohl in der Digiwelt befand, denn er dieser lautete ‚Entführung in der Digiwelt‘. Jungfrau des Lichtes, es hat sich eine tragische Geschichte hat sich ereignet. Motomiya Daisuke, Takaishi Takeru in der Digiwelt. Takaishi Takeru – von Phantomon entführt. Motomiya Daisuke, Veemon, Patamon – verwundet. Macht euch bitte umgehend auf den Weg in die Digiwelt. Es eilt! Hochachtungsvoll, Aschekrieger. Das Herz schlug Hikari bis zum Hals. Sie konnte ihr Blut in den Ohren rauschen hören und spürte, wie ihr plötzlich furchtbar kalt zumute wurde. „Hikari-san?“, Hinako sprach sie mit Sorge in der Stimme an. Hikaris Gesichtsfarbe glich der weißen Tafelkreide welche in einem kleinen Behälter auf dem Lehrerpult lag. Außerdem zitterte sie leicht, aber hoffte, dass keinem ihrer Klassenkameraden auffiel. „Mir geht es gut, es ist nur sehr warm heute“, meinte sie, „Macht euch keine Gedanken, wir sind ja gleich fertig.“ Sie tunkte den Feudel wieder in den Eimern und wischte den Boden weiter. Allerdings gingen ihr hundert Dinge durch den Kopf. Wieso waren Daisuke und Takeru in der Digiwelt gewesen? Und vor allem seit wann war das Tor wieder geöffnet? Wieso hatten Phantomon Takeru entführt? Ihr Herz bebte und Hikari bekam beinahe Angst davor selbst in eine tiefe Ohnmacht zu fallen. Auf jeden Fall fühlte sie sich so. Furcht. Furchtbare Angst stieg in ihrer Kehle auf und Hikari hätte sie gern hinausgeschrien. Dann fiel ihr ein, dass auch Daisuke in der Digiwelt war und ein nagendes Schuldgefühl gesellte sich zur eiskalten Furcht hinzu. Daisuke war verwundet. Sie hatte vor ein paar Sekunden nicht einen einzigen Gedanken an ihn verschwendet. Dabei war doch gerade er einer der wenigen, der sich nicht von Nagisa und Tinkermon täuschen ließ. Außerdem war Daisuke einer ihrer Freunde, er war ein Digiritter und hatte sie aus zahlreichen Schwierigkeiten herausgeholt und er war der letzte, an den sie dachte. Am liebsten hätte sie geschrien. Am liebsten würde sie den Putzlappen in die nächste Ecke werfen und davonlaufen. In den EDV-Raum hinein und dann ohne zu zögern das Tor zur Digiwelt öffnen und Daisuke zu Hilfe kommen. Hikari stockte der Atem bei dem Gedanken. In der Nachricht hieß es, dass Daisuke verwundet war. Sollte das bedeuten, dass er physisch verletzt war? Sie musste Ken Bescheid sagen. „Yagami-san“, drang die Stimme ihres Klassenkameraden in ihr Ohr, doch sie bemerkte es nicht sehr, „Yagami-san! Da ist jemand für dich!“ Schließlich glitt ihre Aufmerksamkeit doch wieder zu ihrem Klassenkameraden hinüber. „Da ist jemand für dich, einer aus der vierten Klasse“, meinte er und zeigte auf die Tür. Hikari blickte zur Tür und erkannte niemand anderen als Iori. „Hikari-san, ich bin fertig mit dem Tafeldienst bei uns. Bist du auch bald fertig, dann können wir zusammen los“, meinte Iori mit fragender Miene. Auch er konnte sehen, dass irgendetwas nicht mit seiner Kameradin stimmte. Die Braunhaarige wischte noch kurz über eine unberührte Stelle im Klassenraum und spülte dann den Lappen aus. „Jetzt bin ich fertig, Iori-kun. Lass uns schnell zu den anderen gehen“, meinte sie und wandte sich zu ihren Klassenkameraden um, „Wäre es für euch in Ordnung, wenn ich schon gehe?“ „Nein, nein, immerhin hast du viel mehr gemacht als ich“, meinte Hinako und winkte Hikari zu. Diese nickte mit einem Lächeln und verschwand mit Iori. Obwohl es nicht erlaubt war innerhalb des Schulgebäudes zu rennen, ignorierte Hikari diese Regel eiskalt. Iori, der noch eher treu zu gegebenen Richtlinien stand wandte sich an das Mädchen: „Hikari-san, was ist denn los? Hat Daisuke-san sich beschwert, dass wir zu spät sind?“ „Nein, die warten nicht mehr auf uns“, meinte sie außer Atem. „Was meinst du damit?“, erkundigte sich Iori verwirrt, doch als sie in den leeren EDV-Raum hineinsahen, erübrigte sich die Frage. Hikari neben ihm schnaufte und zog ihr Digivice aus ihrer Schultasche. Iori beobachtete sie schweigend. Bisher hatte sich das Tor zur Digiwelt bei niemandem geöffnet. „Hikari-san, tut mir Leid, dass ich so frage, aber glaubst du wirklich, dass sich das Tor öffnen wird? Wir haben es bis jetzt, jeden Tag versucht und-…“, meinte er doch Hikari fiel ihm ins Wort: „Weil sie bereits dort sind, Iori-kun. Daisuke-kun und Takeru-kun sind allein in die Digiwelt gegangen.“ „Was?“ Obwohl sie wusste, dass der Jüngere eine Antwort von ihm verlangte, verlor sie keine weitere Zeit und hielt ihr D-3 Digivice an den Computer. „Tor zur Digiwelt öffne dich!“ Das Tor gab ihr keine Antwort. Wie üblich reagierte nur das kleine Digivice und kein Tor entriegelte sich. „Habe ich es dir nicht gesagt? Also, weißt du eigentlich wo Takeru-san und Daisuke-san sind?“ Hikari nickte. Sie hatte sich keine Zeit genommen um Iori einzuweihen, doch das musste sie schnellsten nachholen. Sofort zog sie ihr D-Terminal zur Rate und tippte wild drauflos. Ken. Sie musste Ken eine E-Mail schreiben, damit er wusste, dass sein bester Freund in Gefahr war. In dem Moment als sie die Nachricht abschicken wollte, klingelte ihr Mobiltelefon. Ken rief sie an – es musste wohl Gedankenübertragung sein. „Ichijouji-kun?!“, begrüßte sie ihn sofort, „Ich muss dir etwas erzählen!“ „Ich weiß es schon. Ich wollte dich gerade fragen, was und wie viel du weißt! Ich nehme an, ihr seid noch in eurer Schule, oder?“, fragt er sofort. „Ja sind wir, bitte beeile dich. Ich erkläre derweil Iori-kun und Miyako-san alles!“, antwortete sie und legte hektisch auf. Iori bedachte die Szene mit größter Verwirrung. Dennoch erahnte er was es mit dieser Eile auf sich hatte. Vermutlich musste Miyako in dem Laden ihrer Eltern aushelfen, aber darauf konnte sie keine Rücksicht nehmen. Die E-Mail, welche sie zuvor Ken schicken wollte, leitete sie an Miyako um, welche keine zwei Minuten später antwortete, dass sie schnell zu ihnen käme. Obwohl der jüngste der Digiritter ebenfalls wie auf heißen Kohlen saß blieb er geduldig. Vor allem da er bemerkte, dass Hikari sich nervös auf den Daumen biss und ihr solch ein Verhalten überhaupt nicht stand, begann er sich große Sorgen zu machen. Schließlich tippte Hikari noch eine E-Mail und verfluchte sich beinahe, weil sie nicht eher daran gedacht hatte. Sie schrieb dem Aschekrieger eine Antwort, nur eine ganz kurze, rasche Antwort: „Wir beeilen uns.“ „Oh Gott, Yamato!“, stöhnte Taichi genervt, „Warum brauchst du denn so lange um dir ein T-Shirt zu besorgen, du brauchst ja länger als Sora in einer Moi-même-Moitié-Boutique.“ Yamato kam aus der Umkleidekabine mit einem ärmellosen Kleidungsstück, welches ein leichtes Punkflair hatte. Sein Gesichtsausdruck sprach Bände und es schien als habe er sich wenigstens entschieden: „Das ist alles für die Fans, mein Lieber, alles für die Fans. Aber darum musst du dich als Fußballer nicht kümmern.“ „Verdammter Angeber. Jetzt komm schon, Koushirou hat uns eigentlich Beine gemacht. Er klang ziemlich ernst“, meinte Taichi wobei er Yamato gleich von der Kasse wegzog, als er mit dem Zahlen fertig war. Freundschaftlich, aber mit Nachdruck drängte Taichi seinen besten Freund zum Weitergehen zu bewegen, auch wenn Yamato ihm einen skeptischen Blick zuwarf. Er war zwar neugierig auf die Neuigkeiten, die Koushirou für sie hatte, aber manchmal musste er einfach seine Zeit praktischer ausnutzen. Vor allem weil er seinen Bruder in sicheren Händen wusste. Gehorsam folgte der blonde Musiker seinem Freund aus der Tür des Kleidungsgeschäfts in der Takeshita-doori des Stadtteils Harajuku in Tokio. Taichi sah sich ein wenig um, hier und da waren außergewöhnlich gekleidete Mädchen und Jungen unterwegs. In Rüschenkleidern, welche denen von Porzellanpuppen glichen und wenn Tai ehrlich war, kannte er sich mit Moderichtungen sehr viel weniger aus als Yamato. Er vermutete den Einfluss seiner Freundin Sora in dieser Hinsicht. Der Brünette überprüfte die Uhrzeit. Sie mussten sich beeilen um Koushirou zum verabredeten Zeitpunkt zu erreichen. „Wir sollten mit der Yamanote-Linie fahren“, meinte Taichi, „Oozuka ist noch ein paar Stationen entfernt.“ „Warum ist er eigentlich in Oozuka?“ Nach Yamatos Wissens nach wohnte Koushirou noch immer auf Odaiba und ging auch dort zur Schule. „Er sagte er habe dort mit einer Firma zu tun. Ein Freund bittet ihm um IT-Hilfe, oder so“, erklärte Taichi und zog ein Ticket für die Bahn. Yamato tat es ihm gleich worauf die beiden beinahe laufen mussten, um den Zug noch zu erreichen, bevor er seine Türen schloss. Die nächste Bahn käme bereits in drei Minuten, aber Taichi wollte wenigstens wenn es um die Digimon ging einmal pünktlich sein. Montag am frühen Nachmittag, war die Yamanote-Linie wenigstens nicht überfüllt, denn in der Nähe gab es nicht so viele Schulen. Die folgenden Distrikte Tokios hatten zwar mehr Schulen, aber die meisten waren damit beschäftigt das neue Trimester mit Elan und neuer Energie zu beginnen, so dass die meisten Schüler zu ihrem Nachmittagsunterricht gingen oder den Clubaktivitiäten genossen. Für Taichi war eine freie Yamato-Linie eine willkommene Abwechslung. „Kaum zu glauben, oder? Koushirou ist ein Jahr jünger als wir, aber versteht von Computern so viel wie einer, der’s auf der Uni studiert hat“, meinte Yamato nach einer Weile. „Vielleicht hat er ja ein Programm entwickelt, dass wir in die Digiwelt gehen können. Dann wird alles einfacher“, fügte Taichi grinsend hinzu. Der Junge neben ihm nickte und er sah auf einmal düster drein. Sie konnten sich nicht in die Digiwelt und wieder zurück wie sie selbst wollten. Den Grund kannte er zwar nicht, aber es musste bedeuten, dass sie vermutlich wieder für längere Zeit in die andere Welt gehen mussten. Ein Seufzen drang aus seinem Munde. Für weltliche Dinge wie Bandproben und Treffen mit Freunden, Schulfeste oder einen geordneten Tagesablauf blieb anscheinend erneut keine Zeit. Sie alle waren dazu verdammt für immer Digiritter zu sein und ihre Leben in zwei verschiedene Welten aufzuteilen. Taichi klopfte Yamato auf die Schulter und brachte ihn dazu Blickkontakt aufzunehmen. „Keine Sorge, Yamato, egal was auf uns zukommt, wir schaffen das“, meinte er aufmunternd. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht auf und er entgegnete mit einem Nicken. „Ja. Gemeinsam schaffen wir es ganz sicher“, stimmte er zu. Unglaublich wie gut sich die beiden verstanden, auch wenn sie für einen Augenblick nicht miteinander sprachen. Am Ende wusste Taichi allerdings, dass Yamatos größte Sorge seinem kleinen Bruder galt. Ebenso wie auch Hikari für ihn das aller Wichtigste war und sie unter allen Umständen beschützen wollte. Oozuka war ein relativ freiliegendes Gelände, in dem zwar hohe Gebäude und Wolkenkratzer gewöhnlich waren, doch man konnte den Himmel gut erkennen. Außerdem waren die Straßen breit und man konnte sich gut zu Fuß fortbewegen. Taichi versuchte das richtige Gebäude mit den Augen zu finden. Koushirou hatte ihm erzählt, dass es sich gleich in der Nähe des Bahnhofs befand. Nach wenigen Momenten fiel ihm das schlichte, graue Gebäude auf, welches mit einer Leuchtreklame ausgestattet, einsam am Ende einer Kreuzung stand. Gemeinsam gingen sie relativ gemächlich dorthin, betätigten die Klingel und öffneten die Tür als die Verriegelung mit einem elektronischen Surren entsperrt wurde. Ein ziemlich ernster Koushirou stand in der Eingangstür zu einem häuslich eingerichteten Büro und hieß seine Freunde willkommen. Taichi und Yamato reagierten zunächst ein wenig verwirrt. Normalerweise war ihr jüngerer Freund nicht ganz so düster gestimmt. Um die Situation ein wenig aufzulockern, sah Taichi sich genau in diesem Büro um. Es sah im Grunde aus wie ein ganz gewöhnliches Zimmer. Das Zimmer eines Jugendlichen, mit einem Schreibtisch an welchem ein Bürostuhl stand, ein Sofa mit einem kleinen Tisch, ein Fernseher, Stereoanlage und eben auch ein gewaltiger Computer, welcher vermutlich auch über die neuesten Standards verfügte. „Wow, Koushirou was hast du dir denn geleistet…“, brach es schließlich auch aus Yamato heraus, der sich genau umblickte. Wer auch immer dieses Zimmer für ihn eingerichtet hatte, die Person hatte Geschmack was Einrichtungen anging. Die Möbel waren alle von höchster Qualität und aus den feinsten Materialien angefertigt. „Das Büro gehört einem Bekannten von mir, er stellt es mir zur Verfügung, weil ich ihm bei der Arbeit assistiere. Ich bin oft hier und arbeite an den Computern, die sind eben doch viel leistungsfähiger als mein kleiner Laptop. Bitte setzt euch doch“, erklärte Koushirou wobei er mit der Hand auf die Sofaecke verwies. Die beiden Jungen nickten und nahmen Platz. Ihr Freund servierte ihnen allen eine Limonade zur Erfrischung und setzte sich dann selbst mit legte seinen Laptop auf den Tisch. Den brauchte er sicher noch um ihnen irgendetwas zu zeigen. Dennoch schien Koushirou angespannt und rutschte ein wenig unruhig auf seinem Platz herum. „Was ist denn los?“, wollte Yamato schließlich wissen, dessen Miene inzwischen ebenfalls sehr ernst geworden war. „Ja. Weshalb ich euch beide hergerufen habe ist, dass ich endlich mit Gennai-san sprechen konnte und er hat mir einiges an Informationen zukommen lassen“, erklärte Koushirou und öffnete seinen Laptop auf dem ein paar Fotographien zusehen waren. Sie zeigten der Farbe des Himmels nach zu urteilen, die Digiwelt. Verwirrt sahen die beiden Jugendlichen die Abbildungen auf dem Laptop an, die ein weites, dunkelblaues Meer und einen dunklen Strudel zeigten. Bevor einer seiner Gäste das Wort ergreifen konnten, fügte Koushirou hinzu: „Gennai-san berichtet, dass die Macht der Dunkelheit dabei ist stärker zu werden als jemals zuvor. Es scheint als habe man versucht alles Land auf der Digiwelt auszulöschen und mit Wasser zu überziehen. Das einzige Land, das man in der Digiwelt noch finden kann ist der Ort an dem wir zuerst gelandet sind.“ Mit jedem Wort, dass Koushirou ihnen sagte, verschlug es den Jungs mehr und mehr die Sprache. Yamato schwieg während auf seinem Gesicht eine düstere Miene zu verzeichnen war während Taichis Gesichtszüge vollkommen entgleisten. „Was hat das zu bedeuten!?“ „Gennai-san vermutet, dass wir so lange nichts bemerkt haben, weil die Macht der Dunkelheit dieses Mal ganz anders vorgeht als die bisherigen Male. Bisher ging es immer vom Land aus und nicht von der See. Der Strudel, den ihr hier seht ist übrigens derselbe, aus dem der Digimon Kaiser damals den letzten Teil für Kimeramon geholt hat“, erklärte Koushirou, „Außerdem wurden die Phasen der Digiwelt wieder durcheinander gebracht, weshalb wir bisher das Tor nicht wieder so öffnen konnten, wie es die jüngeren Digiritter gewöhnt sind.“ „Die Phasen wurden verschoben? Soll das heißen, dass die Zeit wieder durcheinandergeraten ist?“, erkundigte sich Taichi. „Ganz genau. Ich konnte noch nicht genau erschließen in wie weit sich die Zeit in der Digiwelt von unserer unterscheidet, aber wir müssen davon ausgehen, dass wir demnächst etwas unternehmen wollen, wenn wir die Digiwelt – und nicht zuletzt auch unsere – irgendwie retten wollen.“ „Verstehe, deshalb erreicht Gennai-san uns nicht“, räsonierte Yamato schließlich, „Der Alte hat’s versucht, aber als er bemerkt hat dass er uns nicht erreichen kann schrieb er E-Mails…“ „Ganz genau. Ich habe auch ein paar Videobotschaften mit ihm ausgetauscht. Gennai-san versucht derzeit einen Weg in die Digiwelt zu finden. Es heißt, dass man das Tor auch über andere Wege, als über ein Portal öffnen kann, aber das haben wir erst einmal gemacht“, erklärte der Analytiker. Taichi nahm einen Schluck seines Getränks. Plötzlich fühlte sich sein Mund ziemlich trocken an. Die Situation verschlechterte sich also ungemein schnell. Yamato ergriff das Wort: „Sag mal, was glaubst du… hat Takerus Gedächtnisverlust auch mit der Digiwelt zu tun? Er hat immer vom Meer gesprochen. Jemand habe ihn gerufen, jemand im Meer!“ „Im Meer sagst du? Aber… Hikari hat früher auch oft von einem Meer gesprochen…“, fügte Taichi hinzu. Koushirou blickte seine Freunde überrascht an. Er wusste bei weitem nicht absolut alles was sich während des zweiten Abenteuers abgespielt hatte, aber er konnte sich noch ganz genau daran erinnern, dass Ken ihm auch von einem Meer erzählt hatte und dass sie einen Dämonenlord vor einem Jahr in einem Meer eingeschlossen hatten. „Langsam ergibt alles Sinn“, murmelte er nachdenklich wie zu sich selbst, „Vermutlich… hat es wirklich einen größeren Zusammenhang mit Takeru-kuns Zustand. Er kann sich nur an die Digiwelt nicht erinnern, richtig? Ichijouji-kun hat mir letztes Jahr erzählt, dass er der Grund war, warum die zweite Generation D-3 Digivices besitzt. Er war bei einem dunklen Meer, ein schwarzes Meer, glaube ich.“ „Genau, außerdem wurde Ken damals von Oikawa und ein paar anderen Entführt und von diesem merkwürdigen Digimon angegriffen. Das mussten sie alle zusammen in das Meer der Dunkelheit einschließen…“, stimmte Taichi zu. Koushirou griff nach einem Blatt Papier und einem Mehrfarbenkugelschreiber. Schnell kritzelte er vier Striche auf das Papier und verwischte ein wenig Farbe über drei der Striche. Yamato und Taichi beobachteten ihn mit Fragezeichen im Gesicht. Der Jüngere bemerkte dies und räusperte sich leicht: „Also, ich vermute zwar, dass ihr es noch vom letzten Jahr wisst, aber da ich es mir selbst noch mal veranschaulichen muss… Also, der erste Strich symbolisiert unsere Welt, der zweite die Digiwelt. Der schwarze Strich hier ist das Meer der Dunkelheit und der letzte steht für die Welt, die Daisuke-kun und die anderen betreten haben, als sie gegen BelialVamdemon kämpften. Soweit ist alles klar, richtig?“ Ein bestätigendes Nicken erfolgte. „Schön. Dann hört mal zu, ich vermute, dass sich zwischen unseren Welten bestimmt noch einige mehr verstecken. Zum Beispiel spirituelle Welten, die mit unserer physischen Natur zusammenhängen und vielleicht gibt es sogar eine Welt der Dunkelheit. Der Punkt ist, dass wir davon ausgehen müssen, dass sich durch die Phasenverschiebung das Meer der Dunkelheit und die Digiwelt miteinander verbunden haben. Wenn ich Ichijouji-kuns Erzählungen glauben darf, dann befand er sich an einem Meer das absolut weit war. Vielleicht befand er sich am Ende dieser Welt, denn er befand sich an einem Strand. Dort befand sich allem Anschein nach nichts weiter als ein Leuchtturm. Später bekamen wir die Information, dass dort ein Dagomon lebt. Also auch ein Digimon und wir schlossen dort ein sehr starkes Digimon ein. Da die Digimon und deren Welt generell von Wünschen und einem starken Willen beeinflusst werden kann, vermute ich, dass es leichter fällt die Digiwelt und das Meer der Dunkelheit zu beeinflussen. Um an unsere Welt heranzukomen, muss die Macht der Dunkelheit mehr Kraft aufwenden und vermutlich auf andere Weise vorgehen. Und wie macht man das am besten?“ Yamatos Augen weiteten sich vor Schock: „Wir!“ „Richtig. Man manipuliert am besten uns, denn wir Digiritter sind am stärksten mit beiden Welten verbunden“, erklärte Koushirou, so als habe er diese Erkenntnis schon vor vielen Jahren errungen. Dies entsprach jedoch dem kompletten Gegenteil, er hatte diesen Schluss soeben selbst gezogen, während er laut dachte. Die Schlussfolgerungen des Computergenies lagen für die anderen beiden ebenfalls sehr nahe. „Yamato, das Foto, welches Hikari geschossen hat. Auf dem Foto war doch Kimeramon zu sehen…“, kam es nachdenklich von Taichi worauf Yamato nickte und hinzufügte: „Kimeramon besitzt ein Teil desselben Devimon, gegen das Takeru und Patamon gekämpft haben. Das Devimon war ein Diener der Macht der Dunkelheit und das bedeutet, dass es vielleicht Rache nehmen möchte. An Takeru und an allen anderen…“ „Das befürchte ich auch. Außerdem erscheint es mir Riskant für Ichijouji-kun. Kimeramon… Kimeramon hat ein schlimmes Trauma bei ihm hinterlassen und wenn ich daran denke, dass dieses Monster vielleicht Kontakt mit-…“, Koushirou unterbrach sich selbst und genau in diesem Moment ertönten ihre Mobiltelefone. Eine E-Mail hatte sie erreicht und aus ihrem düsteren Gespräch gerissen. Als ob die drei Digiritter es abgesprochen hätten, griff jeder nach seinem Telefon um die Nachricht zu lesen. „Hikari-chan!“, kam es wie aus einem Munde. Die drei sahen sich an. Wenn Hikari ihnen allen eine Nachricht schrieb, dann konnte dies nur eines bedeuten: Ärger. Taichi las den Inhalt der E-Mail laut vor, welche sie offenbar an sämtliche Gruppenmitglieder geschickt hatte. Sie fasste sich recht kurz, doch die wichtigsten Fakten waren darin aufgeführt. Takeru war entführt worden und Daisuke irgendwo verletzt in den Weiten der digitalen Welt. „Wer von euch Zeit hat, kommt bitte schnell zum Kaihinkouen. Wir wurden ermahnt uns nach fünf Uhr nicht mehr im Grundschulgebäude oder auf dem Schulgelände zu befinden. Wir müssen so schnell es geht aufbrechen um Takeru-kun und Daisuke-kun zu helfen. Beeilt euch!“, las Koushirou den Text zu Ende und sprang mit seinen Freunden auf, jedoch nicht ohne seinen Laptop mitzunehmen. Auf Odaiba im Kaihin Park kam ihnen seine tragbare Maschine sicher noch zu Gute. Gemeinsam machten sich die drei Digiritter auf den Weg nach Odaiba. Hikari, Iori, Miyako und Ken saßen bereits versammelt im Schatten eines Baumes. Obwohl die Sonne sich dem westlichen Horizont zuwandte und in leuchtenden Rottönen strahlte, blieben die Temperaturen konstant und sorgten dafür, dass sie zumindest nicht vor Kälte froren. Ken biss sich hart auf die Unterlippe vor Sorgen. Daisuke, sein bester Freund, war allein in der Digiwelt. Er schlug hart mit der Faust auf die Grasfläche. Seine Gedanken gingen die schlimmsten Wege und kamen zu keinem guten Schluss, ganz egal wie ser er sich auch bemühte positiv zu denken. Miyako legte ihm vorsichtig eine Hand auf die Schulter: „Ist schon gut, Ken-kun. Mach dir keine Sorgen, Daisuke geht es bestimmt besser als wir denken. Wir holen ihn zurück, ja? Genau wie Takeru-kun.“ „Genau, Miyako-san hat Recht“, fügte Iori hinzu, „Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben.“ Ken jedoch wusste etwas, dass die beiden anderen noch nicht wussten, das aber schon bald ausgesprochen werden musste. Kimeramon hatte ganz gewiss auch etwas mit der Sache zu tun und dieses Wesen hatte er selbst erschaffen. Er hatte diesem Digimon einen Arm von Devimon gegeben. Ein Digimon, das der Macht der Dunkelheit diente und nun verfolgte dieses Ungeheuer einen ihrer Kameraden. Wenn es sich doch nur an ihm selbst gerächt hätte… „Aber die Hoffnung wurde uns doch entführt“, murmelte Ken leise vor sich hin, wobei er sich einen erschrockenen Blick von Hikari einfing. Ihr Freund war dabei die Hoffnung zu verlieren. Nicht nur das, er machte sich genauso düstere Gedanken wie sie und dabei waren es doch gerade sie beide, die wussten, dass Kuranosuke nicht zu ihrem ursprünglichen Team gehörte und ihn eigentlich überführen und zur Redestellen wollten. Dieser sonst so freundliche und zuversichtlich gewordene Ken schien wieder in ein tiefes Loch zu fallen. Vielleicht lag es daran, dass es Daisuke nicht gut ging und er genau spürte wie schlimm es wirklich war. Immerhin hatten die beiden Jungen eine ebenso starke Verbindung zueinander wie sie selbst und Takeru. Bevor Hikari etwas zu sagen vermochte, trafen auch schon Yamato, Taichi und Koushirou ein. „Da seid ihr ja endlich!“, begrüßte Hikari die Älteren mit und fiel ihrem Bruder um den Hals. „Wissen die anderen bereit Bescheid?“, wollte Taichi wissen, der seine Schwester mit einer kleinen Umarmung und leichtem Tätscheln auf den Kopf tröstete. Sie nickte schweigend. „Aber es konnten so viele andere nicht so kurzfristig erscheinen“, erklärte Miyako, „Es sieht aus als seien alle Digiritter mit dem richtigen Leben beschäftigt.“ „Kein Problem, dann berichte ich ihnen später in einer Rundmail alles, über das wir reden. Nur weil wir uns nun mit unserer Welt beschäftigen müssen, bedeutet das nicht, dass wir uns nicht helfen können“, meinte Koushirou, „Also, ich schlage vor, dass wir einen kurz noch einmal über alles reden was wir wissen. Nur um sicherzugehen, dass alle auf demselben Stand sind.“ Dem stimmten die Digiritter gern zu. Es erschien so als wären Ken, Hikari, Yamato, sowie Hikaris Bruder diejenigen, die am besten Informiert über die meisten Tatsachen waren. Wie wenig Iori und Miyako eigentlich wussten, fiel ihnen nach diesem Gespräch auf. Koushirou führte die wichtigsten Details in einem Protokoll auf, welches er später in eine detaillierte E-Mail an die restlichen Digiritter umschreiben wollte. Außerdem versuchte er nebenbei Kontakt zu Gennai herzustellen. „Ich habe auch schon versucht diesen mysteriösen Aschekrieger zu erreichen. Ich denke, er kümmert sich gerade um Daisuke-kun“, meinte Hikari deren Stimme sorgenerfüllt klang. Während Taichi und Yamato sich bemühten das Mädchen zu beruhigen, ertönte Koushirous Stimme vollauf begeistert: „Ich habe es geschafft!! Ich habe es geschafft Gennai-san zu erreichen, das ist das erste Mal seit über einem Jahr!“ „Wie!?“, brach es einstimmig aus den Anderen heraus. Koshirou erhob sich von seinem Platz und ließ das merkwürdige Konstrukt aus seinem Digivice und dem Computer, welche er miteinander verbunden hatte, selbstständig arbeiten. „Wie hast du das gemacht?“, fragte Miyako voller Neugierde, doch die Antwort blieb Koushirou ihr noch ziemlich lange schuldig, denn durch eine gleißende Lichtsäule vergaß jeder von ihnen was er eigentlich sagen wollte und starrte auf das Geschehen. Zum ersten Mal seit einem Jahr baute sich die männliche Gestalt von Gennai auf und wieder hatte er sich bemerkenswert verändert. Verhüllt in Tarnmänteln, aus denen lediglich die Augen und ein teil seines Haarschopfes herauslugten, sprach er als Hologramm zu ihnen: „Es ist sehr lange her, Digiritter, ich wünschte, dass wir einen erfreulicheren Anlass hätten um ein Wiedersehen zu feiern.“ Bittere Gesichter, die schief lächelten, so als wüssten sie nicht genau ob es ihnen überhaupt erlaubt war so etwas zu zeigen. Koushirou war der erste, der sich wieder an ihn wandte: „Gennai-san, können Sie uns sagen, wie wir in die Digiwelt kommen? Uns wird doch sicher nichts anderes übrig bleiben als nun in die Digiwelt zu reisen, oder nicht?“ „Immer langsam mit den jungen Pferden“, entgegnete Gennai und schlug nun endlich die Kapuze nach hinten, um sein Gesicht zu zeigen. Die Digiritter erschraken. Ihr alter Freund und Berater sah ziemlich mitgenommen aus. Unter seinen Augen waren tiefe, dunkle Ränder zu sehen, unter dem linken Auge hatte er sich eine Narbe zugezogen und die rechte Gesichtshälfte war von einer Maske verdeckt. „G-Gennai-san…“, entfuhr es den Digirittern tonlos. Der müde Eindruck, den Gennai machte, spiegelte sich keineswegs in seiner Stimme wieder, dennoch klang er ernst: „Macht euch keine Sorgen um mich, Digiritter. Ihr habt ganz Recht, ihr werdet wieder in die Digiwelt reisen müssen um die Balance zwischen den Welten wieder herzustellen. Ich bin mir sicher, dass Koushirou-kun euch bereits erzählt hat, was vor sich geht.“ Durch die Runde ging ein synchronisiertes Nicken. „Sehr schön. Ich bin mir mittlerweile im Klaren darüber, dass Dagomons gewaltiges Meer in die Digiwelt importiert wurde.“ „Importiert?“, wiederholte Ken schockiert, „Soll das heißen, dass…?“ „Ja. Jemand hat die Daten vom Merr der Dunkelheit, also Dagomons Meer kopiert und es auf die Digiwelt ausgebreitet. Deshalb ist auch kaum mehr Land übrig geblieben. Um genau zu sein befindet sich nur noch die File Insel über dem Wasserspiegel, denn dort befindet sich die Stadt des Ewigen Anfangs. Es sieht so aus als ob die Macht der Dunkelheit sich noch nicht traut, sie zu zerstören“, berichtete Gennai. „Na so ein Glück!“, meinte Hikari einen Hauch erleichtert. „Ja, Hikari-san, ein so heiliger Ort will mit Bedacht erobert werden und es ist wichtig, dass ihr euch schnell auf den Weg macht um die dunklen Mächte zu bekämpfen:“ „Wie kommen wir in die Digiwelt, wenn uns kein Tor gehorcht?“, wollte Ken wissen, der dabei beinahe auf seine Beine kam. „Das ist ein Problem, da habt ihr Recht. Aber ich vermute, es bleibt uns nichts anderes übrig, als denselben Weg zu gehen, den Nagisa-kun gewählt hat“, entgegnete Gennai, der nicht einmal vernünftig aussprechen konnte, ohne dass ein Raunen durch die Runde der erstaunten Digiritter gehen konnte: „Nagisa-kun!?“ „Ist Nagisa-san etwa in der Digiwelt? Jetzt?“, wollte Iori erstaunt wissen. Gennau nickte: „Oh ja, er und Tinkermon sind Takeru-kun und Daisuke-kun in die Digiwelt gefolgt. Es scheint so als habe das Tor zur Digiwelt nur auf Takeru-kun gehört und Daisuke-kun war mit ihm gegangen. Nagisa-kun und Tinkermon verfügen allerdings über eine digitalisierte Form des Rätsels, das man in Vamdemons Schloss. Dasselbe Rätsel mit dem Oikawa das falsche Tor geöffnet hatte. Erinnert ihr euch?“ „Soll das heißen, dass wir es immer noch benutzen können um uns zwischen den Welten zu bewegen?“, hakte Taichi nach. „Oh ja. Verschiedene Kombinationen öffnen verschiedene Tore. Ich bin mir sogar sicher, dass es das Tor zum Meer der Dunkelheit öffnen kann, wenn man nur die richtige Anordnung der Karten weiß. Ich vermute, dass es auf diese Weise gelang, dass Meer der Dunkelheit zu kopieren“, erklärte Gennai während sein Hologramm auf Koushirous Computer zeigte, „Ich habe mir erlaubt eine Kopie von diesem Rätsel anzulegen und es dir per E-Mail zukommen zu lassen, Koushirou-kun.“ „Was? Das ist ja super, vielen Dank, Gennai-san.“ „Koushirou hat es zwar schon vorher erwähnt aber, wenn es richtig ist, dass die Zeit in der Digiwelt wieder anders verläuft, als hier in der realen Welt… wie wirkt sich das aus?“, wollte Yamato nun wissen. Für einen Augenblick hatten die Digiritter tatsächlich vergessen, dass es dieses Problem überhaupt gab, doch nun da sie sich daran erinnerten wollten sie alle wissen, wie es sich mit der Zeitverschiebung verhielt. Gennai dachte kurz nach, so als ob er nachrechnen müsse, um herauszufinden wie viel Zeit wohl in der Digiwelt vergangen war, seit er Kontakt mit den Kindern aufgenommen hatte. Schließlich antwortete er: „Nun, ein Tag in eurer Welt, meine Lieben ist eine Woche in der Digiwelt.“ „Wie bitte!?“, ertönte es im Chor. „Aber Gennai-san!“, kam es nun eindringlich von Hikari, „Die E-Mail vom Aschekrieger! Die kam vor mehr als fünf Stunden!“ „Das…“, Ken überlegte kurz, „In der Digiwelt sind mehr als dreißig Stunden vergangen! Wir müssen Daisuke helfen!“ „Ich weiß, Ken-kun. Dennoch ist uns nicht geholfen, wenn ihr es überstürzt. Ihr solltet alles gut überdenken, euch ein paar Sachen zusammenpacken und überlegen wer in die Digiwelt reist und wer hier zurückbleibt um eventuelle Schwierigkeiten in dieser Welt zu vermeiden“, erklärte Gennai, „Digiritter, ich sage es euch nicht gern, aber ich nehme an, dass die Macht der Dunkelheit so stark geworden ist, dass wir davon ausgehen müssen, dass diese Welt nicht verschont bleibt. Deshalb bitte ich euch, erst morgen aufzubrechen. Frühestens am Morgen.“ „Ich werde Daisuke zu hilfekommen!“, meinte Ken sofort und Hikari pflichtete ihm bei: „Es gibt nichts was mich hier hält. Ich werde Takeru-kun und Daisuke-kun helfen!“ „Digiritter, ich kann euch verstehen. Aber ihr solltet dennoch gut überlegen und euer weiteres Vorgehen planen. Auch euren Eltern zu liebe“, Gennai war von seiner eigenen so überzeugt, dass er sie den Kindern wohl immer wieder ans Herz legen würde. Miyako nickte schließlich und stimmte dem Berater zu: „Hört mal Leute, es wäre vielleicht wirklich besser sich gut zu überlegen wie der nächste Schritt aussehen wird.“ „Genau“, stimmte auch Taichi zu, „Aber morgen früh werden wir von hier abreisen.“ „Von hier aus? Nicht von der Schule?“, wollte Iori wissen. „Nein. Wir werden so früh noch nicht ins Schulgebäude gelassen und außerdem sind wir hier näher am Meer“, meinte er mit einem abenteuerlustigen Lächeln. Für ihn bedeutete die bevorstehende Rückkehr allerdings keinen spaßigen Wochenendausflug. Taichi fühlte sich eher durch die Macht der Dunkelheit provoziert. „Nun gut. Dann schlage ich vor, dass wir uns alle hier morgen früh um sieben Uhr treffen. Das dürfte jeder hinkriegen und dann werden wir losgehen. Ich schicke die E-Mail an die anderen und jetzt ab nach Hause mit uns. Gennai-san, hab vielen Dank, dass Sie die vielen Hindernisse auf sich genommen haben. Wir werden uns dann alle morgen wieder sehen. Nicht wahr?“ Koushirou heimste sich zustimmendes Nicken ein. Sie waren mehr oder weniger einig mit ihm und so trennten sie sich einstweilen voneinander. Yamato hatte die schwere Aufgabe seinen Eltern zu erklären was vorgefallen war. Aus diesem Grund folgte er Miyako und Iori, denn diese wohnten nach wie vor im selben Wohnblock wie Takeru. Ken erhob sich vom Rasen und wandte sich an Hikari: „Ich werde dir später noch eine E-Mail schreiben, Hikari-san. Wir sehen uns morgen.“ Der Dunkelhaarige wandte sich um und rannte den gesamten Weg zu sich nach Hause. Hikari und Taichi verabschiedeten sich ebenfalls von ihren Freunden und machten sich auf den Weg. Das leise Knistern von Feuer und frische Wassertropfen die in eine verwahrloste Blechschüssel hineintrafen, weckten den Jungen eher unsanft. Er verstand nicht ganz, warum er überhaupt geschlafen hatte und wieso sein Kopf sich auf einmal so schwer und dumpf anfühlte. Die Sicht völlig verschwommen, konnte er erst Mal nur schemenhaft erkennen, dass sich Leute um ihn herum befanden. Takeru musste bei ihm sein, denn er war mit ihm in die Digiwelt gereist. Neben ihm musste auch Veemon sein, doch da war sich Daisuke nicht so sicher. Er konnte schließlich eine Stimme hören, welche definitiv nicht die von Takeru war. „Er rührt sich! Tinkermon, bring mir noch ein wenig von der Pflanze. Wenn er sich bewegt, bekommt er sicher Schmerzen“, wies die recht dunkle Jungenstimme das kleine Digimon an. „Aye!“, damit verschwand das kleine Digimon, so glaubte Daisuke jedenfalls. Konnte er neben dem Knistern des Feuers auch noch das Rauschen eines Wolkenbruchs hören? Was war nur los? Veemons Stimme erklang neben seinem Ohr: „Beweg dich nicht so viel, Daisuke, du bist schwächer als du glaubst.“ „W-was?“, eine raue, trockene verließ seinen Mund. Daisukes Mund war staubtrocken und in seinem Rachen fühlte es sich an als habe er eine mächtige Entzündung, so heiß fühlte es sich in seinem Hals und Mund an. Dann gesellte sich auch noch ein brennender Schmerz in seiner Schulter hinzu. „Beweg dich nicht, Motomiya-kun“, sagte die Stimme des Jungen neben ihm, gehörte diese Stimme nicht zu diesem merkwürdigen Jungen der sich für einen Digiritter ausgab? „Ihr wurdet von Phantomon angegriffen. Das sind vermutlich die niederen Diener des Deemon, aber es bringt jetzt nichts dir davon zu erzählen, du brauchst noch eine Weile um dich zu erholen. Wichtig ist, dass du deine Schulter nicht zu viel bewegst, du bist auf einen abgeschnittenen Bambusstamm gefallen als dich das Gift der Phantomon benebelt hat“, erklärte Kuranosuke schnell während er einen feuchten Lappen auf Daisukes Stirn legte, „Immerhin ist dein Fieber bereits runtergegangen. Du bist echt hart im Nehmen.“ „Kuranosuke-chan, hier ich hab sie gefunden!“, trällerte die Fee fröhlich, als sie wieder hereinkam. „Danke“, hörte Daisuke den Anderen antworten. Ihm schwirrten viele Fragen im Kopf herum. Das, was Kuranosuke ihm gerade berichtet hatte, verwirrte Daisuke. Es ergab in seinem Kopf alles gar keinen Sinn, oder er konnte es einfach nicht verstehen, weil sein Schädel sich anfühlte als sei er aus Blei. „Daisuke, leg dich wieder hin und schlaf ein bisschen“, meldete sich Veemon wieder, „Du bist noch schwach, also tu mir den Gefallen und sei einmal vernünftig.“ „Veemon?“, fragte Daisuke lediglich und nickte dann, er spürte selbst, dass es für das Beste war, wenn er sich ausruhte. „Dein Digimonpartner hat Recht, du bist noch nicht ganz über den Berg“, sagte Kuranosuke, „Du hast nicht umsonst fast zwei Tage lang geschlafen. Ich habe Yagami Hikari-san eine E-Mail geschickt, das heißt also die anderen Digiritter dürften bereits informiert sein, obwohl die Zeit dort langsamer verläuft als hier. Also Motomiya, schlaf jetzt.“ Immer noch konnte Daisuke sich keinen Reim auf die Worte des Anderen machen. Wenigstens war sein Digimonpartner bei ihm und er selbst war in Sicherheit. Aber was war nun mit Takeru? War er denn gar nicht mehr bei ihnen? Die Konzentration und sein Fokus schwand wieder und er merkte wie er wieder in unruhigen, dunklen Schlaf verfiel. Die Sonne ging begleitet von sanften grün und intensiven, pinken Tönen hinter dem Horizont auf um ihren Thron auch an diesem Tag zu besteigen. Hikari seufze erleichtert aus, endlich hatte sie einen Grund aus dem Bett ihres Bruders zu kriechen. In der vergangenen Nacht hatten sie so viel miteinander hin und her diskutiert, dass keiner von beiden viel Schlaf bekam. So wollte Hikari sich letzten Endes auch nicht mehr aus Taichis Zimmer bewegen. Auch galt es ihr als eine Sicherheit, denn auf diese Weise konnte er sich nicht unbemerkt davon schleichen und sie zurücklassen. Auch Taichi öffnete beim ersten Sonnenstrahl wieder seine Augen. „Guten Morgen, Bruderherz“, begrüßte sie ihn. Taichi setzte sich auf und streckte sich genüsslich. Sein Blick fiel auf die beiden prallgefüllten Rucksäcke, welche sie während ihrer langen Diskussionen gepackt hatten. Selbst ihre Eltern hatte Taichi nicht davon überzeugen können, Hikari zu zwingen daheim zu bleiben. Letztendlich hatte sie sich auf den beiden Abenteuern gut bewährt und auch Angewomon sollte ihnen von großem Nutzen sein. „Es ist wohl Zeit für ein letztes, ausgiebiges Frühstück vor unserer Abreise, nicht wahr?“, schlug Taichi vor als er in seine Hausschuhe schlüpfte und darauf wartete, dass auch Hikari aus dem Bett kroch. Sie nickte lediglich zur Antwort. Die ganze Nacht hatte sie sich ausgerechnet, wie viele Stunden in der Digiwelt verstrichen, während sie tatenlos und vor allem sinnlos im Bett rumlagen und sowieso nicht schlafen konnten. Für Frühstück fehlte ihr auch jeder Sinn, denn eigentlich schlug ihr Takerus Entführung und dass Daisuke wohl irgendwo verletzt herumlag und vielleicht sogar auf seinen Tod wartete, unheimlich auf den Magen. Am Tisch bedachte Taichi seine Schwester mit einem forschenden Blick bevor er meinte: „Du solltest es dir wirklich noch einmal überlegen, Hikari.“ „Nein. Ich werde Takeru-kun helfen. Du verstehst das vielleicht nicht, aber ich habe mir geschworen, dass ich nicht so weitermachen kann wie bisher. Immer ist es die Macht der Dunkelheit die an Takeru-kun oder mich heran will um dann die Digiwelt ins Chaos zu stürzen. Ich habe es satt mich nur beschützen zu lassen, Bruderherz, ich möchte jetzt endlich auch selbst zurückschlagen wenn die Macht der Dunkelheit versucht mein Herz zu ergreifen. Ich lasse das nicht mehr zu, Taichi!“, entgegnete Hikari für ihre Verhältnisse in einem forschen Tonfall, der ihren Bruder beinahe Angst machte. In ihren Bernsteinaugen loderte eine Flamme der Entschlossenheit und wenn er es nicht selbst besser gewusst hätte, konnte man annehmen, dass Hikari in diesem Moment die Trägerin des Wappens des Mutes war. Sie fuhr weiter fort: „Egal wie sehr sich die Macht der Dunkelheit auch bemüht, ich werde stärker sein. Sie meint vielleicht, dass sie es geschafft hat uns die Hoffnung zu nehmen, aber genau da irrt sie sich. Das Licht wird heller strahlen, selbst wenn die Hoffnung schwindet. Also Bruderherz, wenn du mich beschützen möchtest dann unterstütze mich auch. Du kannst mich nämlich nur beschützen wenn du mit mir zusammenarbeitest, nicht wenn du gegen mich arbeitest, hast du das jetzt verstanden?!“ Taichi nickte stumm. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, denn er konnte ihre Gefühle gut nachvollziehen. Außerdem machte ihn diese Wandlung bei seiner Schwester unsagbar stolz auf sie. „Dann komm, wenn wir nicht genug essen, dann bereuen wir es ganz bestimmt“, meinte Taichi und füllte seine Schüssel mit noch etwas Reis und reichte ebenfalls noch etwas Misosuppe. Hikari lächelte und bewegte sich ebenfalls dazu noch ein wenig zu essen, auch wenn es ihr an diesem Morgen eigentlich nicht schmecken wollte. Fortsetzung folgt Kapitel 10: Eine Welt aus Wasser -------------------------------- Das kontinuierliche Rauschen eines sich ewig hinziehenden Wolkenbruchs, lockte den angeschlagenen Digiritter aus dem Schlaf. Als die Sicht aufklarte und sich wieder scharfe Bilder vor ihm auftaten, erkannte er Veemon am Eingang einer Grotte sitzen, welches in den tristen Himmel starrte. Verglichen mit seinem schemenhaften Erwachen vor gut zwei Tagen, war auch sein Kopf und sein Bewusstsein erfrischend klar. Mit einer langsamen Bewegung versuchte Daisuke sich aufzusetzen, aber im selben Moment suchte ihn wieder das brennende Stechen in seiner Schulter heim und er ließ sich mit einem Keuchen zu Boden fallen. „Daisuke! Du bist aufgewacht!!“, rief Veemon, welches durch das kurze Schnaufen aufmerksam wurde und lief gleich auf seinen Partner zu, „Wie fühlst du dich?“ „Hey Veemon, na ja, ich glaube ich lebe noch“, entgegnete Daisuke mit einem unverwüstlichen Lachen. „Was für ein Glück wir haben, dass Tinkermon und Nagisa-kun in der Nähe waren“, meinte Veemon, „Sie haben uns gerettet.“ „Wie?“, Daisuke sah sich in der Grotte um, aber bis auf ein wenig sterbende Glut, konnte er niemanden erkennen, „Wo ist eigentlich Takeru?“ „Den haben die Phantomon mitgenommen“, nun endlich konnte er Nagisas Stimme hören. Wenige Sekunden darauf erschien der langhaarige Junge mit den mysteriösen, goldenen Augen in der Höhle. Daisuke stockte der Atem. Einerseits weil Nagisa dem Anschein nach sogar an einen Regenschirm dachte, sobald er in die Digiwelt reiste, zum anderen weil es sich so anhörte, als sei Takeru nicht mehr bei ihnen. Nagisa setzte sich auf die Knie neben Daisuke und blickte ihn eindringlich an: „Zieh dein T-Shirt aus, ich muss deinen Verband wechseln.“ „Was?!“, fiepte Daisukes Stimme ein wenig überrascht und wenn er es sich recht überlegte, wollte er auch nicht, dass Nagisa ihn ansah oder anfasste. „Stell dich nicht so an. Ich hab dich nicht gesundgepflegt damit ich dich jetzt umbringe“, meinte er und sah sich um, „Tinkermon, bring mir doch mal den Rucksack.“ Das kleine Digimon seufzte: „Von Bitte und Danke hast du auch noch nie etwas gehört…“ Daisuke stand die Verwirrung ins Gesicht geschrieben. Tinkermon schwebte ihnen entgegen, einen für ihre Körpergröße gigantisch aussehenden Rucksack mit beiden Händen haltend und ließ ihn mit einem Plumpsen zu Boden gehen. Das Gepäckstück fiel gewichtig auf den kalten Untergrund auf dem sie saßen. „Ist das nicht viel zu schwer, Tinkermon?“, wollte Daisuke besorgt wissen, der der kleinen Fee trotz ihrer Stärke im Kampf nicht zu viel körperliche Anstrengung zumuten wollte. Die klaren blauen Augen fingen vor Begeisterung an zu glitzern. „Nein, nein, das ist schon in Ordnung, ich habe kraft in den Armen. Unser Nagisa hat sich so daran gewöhnt, dass er sich nicht mehr bedankt…“, seufzte sie als Antwort. Der dunkelhaarige Junge ignorierte den plötzlichen Zusammenschluss der beiden und widmete sich dem Inhalt des Rucksacks. Er begutachtete die verschiedenen Utensilien, welcher er aus dem Krankenzimmer der Schule stibitzt hatte. Die Schulkrankenschwester war wohl auf allesmögliche eingestellt was Unfälle betraf und so gehörten Antiseptika, Mullbinden sowie Nadel und Faden auch zu den Dingen in seinem Rucksack. Als nächstes ging durch die Höhle ein schmerzhaftes Aufschreien. Kuranosuke zog ein schiefes Grinsen als er das Pflaster ohne Vorwarnung unsanft von Daisukes Schulter löste. „Oh Mann, Nagisa, kannst du nicht vorsichtiger sein?!“ Die Augen des Jungen begutachteten die Wunde. Immerhin schien alles gut anzuheilen, die Fäden der Naht schienen auch gut von der Haut angenommen zu werden und Eiter oder Entzündungsanzeichen ließen sich nicht erkennen. Daisuke war ein zäher Bursche. „Nö“, entgegnete Kuranosuke knapp, ertränkte einen Wattebausch in einer antiseptischen, bräunlichen Flüssigkeit und ging damit noch einmal über die Naht. Daisuke zuckte zusammen, denn die Schulter fühlte sich noch ziemlich empfindlich gegenüber Berührungen an. Kuranosuke ging nicht besonders sanft mit seinem Zimmergenossen um, aber Daisuke war hart im Nehmen. Veemon saß neben ihnen wobei es ihm schwer fiel Kuranosuke nicht darum zu bitten sich ein wenig vorzusehen. Dabei sollte ein intelligenter Junge wie er die Anzeichen des Schmerzes an den zusammengebissenen Zähnen wohl erkennen. Schließlich, nach einer kleinen Stille in der nur das Rauschen des Regens und ein bisschen Wimmern seitens des Jungen zu hören waren, rang Daisuke sich doch dazu durch den anderen etwas zu fragen: „Du, Nagisa… Bist du uns in der Schule gefolgt?“ Kuranosuke zögerte einen Moment bevor er bedächtig nickte und entgegnete: „Ja, das habe ich. Ich wusste ja, dass das Band der mutigen Freundschaft leichtsinnig ist, aber ein bisschen mehr Umsicht hätte ich schon gerechnet.“ Daisuke verzog seine Züge zu einem leichten Schmollen. Natürlich hatte sein Gegenüber irgendwie Recht. Er hätte es sich dreimal vorher überlegen müssen Takeru mit in die Digiwelt zu nehmen. Vor allem weil alles darauf deutete, dass man es auf den Blonden abgesehen hatte und das Tor zur Digiwelt ansonsten verschlossen war. Im Nachhinein erschien es Daisuke viel klüger in der realen Welt zu bleiben um auf die anderen zu warten damit man sich beraten konnte. Dennoch waren sie in der Digiwelt durch ihre Digimon nie einer tatsächlichen Gefahr ausgesetzt und so lange sie ihre Partner hatten, würden sie auch nie in ernsthafte Schwierigkeiten geraten – jedenfalls ist es bis zu diesem Tage so gewesen. Doch anscheinend veränderte sich die Digiwelt mit ihnen. „Wieso Band der mutigen Freundschaft?“, erkundigte sich Daisuke. Kuranosuke zuckte seine Achseln. „So was sagt man doch nicht einfach, oder?“, hakte der Andere weiter nach. „So ist halt dein Name“, entgegnete Kuranosuke wieder untermalt von einem Zucken mit den Schultern. „Mein Name? Ach red‘ keinen Quatsch, ich heiße Motomiya Daisuke!“, entfuhr es ihm ein wenig verwirrt. Tinkermon und Veemon kicherten neben ihm. „Was ist denn?“ Da Tinkermon sich vor Lachen in der Luft kringelte und sich den Bauch hielt, gab sie Veemon ein Zeichen es ihm zu erklären. „Aber Daisuke, so heißt ihr in unserer Welt. Hier hat jeder einen Namen der zu ihm passt und etwas über seine Person aussagt. Aber wir Digimon benutzen sie nur unter uns, weil die Menschen eben andere Namen in ihrem Alltag gebrauchen“, erklärte Veemon noch immer ein bisschen belustigt, doch sah dann zu Kuranosuke hinüber, „Aber warum weißt du davon? Hat Tinkermon dir deinen Namen verraten?“ Kuranosuke schüttelte den Kopf: „Nein, den kannte ich schon von Anfang an. Als ich zum ersten Mal in der Digiwelt erwachte, wusste ich ihn. Ich bin der Aschekrieger und in der Menschenwelt nennt man mich Nagisa Kuranosuke, denn ich bin mit dem Meer verbunden.“ „Das versteh‘ ich nicht so richtig, aber du kannst mich doch schon noch Daisuke nennen oder?“, wollte er wissen, „Aber… sag mal Nagisa, was haben die Phantomon mit Takeru vor?“ Wieder zuckte Kuranosuke mit seinen Schultern. Dies überstieg selbstverständlich auch seinem Wissen, denn alles was sich ihm aus den Plänen der Macht der Dunkelheit erschloss war die totale Vernichtung der Digiwelt, so wie die Kinder sie kannten. Ein durchdringender Blick lag auf seiner Haut. Daisuke vertraute ihm nicht, er hatte es nie getan. Eine Rettung trug nicht dazu bei ihn wenigsten ein bisschen positiver zu stimmen. Vermutlich war das auch gut so. „Alles was ich weiß ist, dass die Kreatur im Meer das Kind der Hoffnung will“, antwortete Kuranosuke kurz angebunden. „Kinder der Hoffnung… du meinst Takeru – hab ich Recht?“, fragte Daisuke neugierig. Der andere Junge nickte schweigend. Natürlich musste Takeru das Kind der Hoffnung sein, denn dies war sein Wappen und er zeichnete sich durch dieses charakterlich aus. „Aber wieso nimmt man uns ausgerechnet die Hoffnung?!“, murmelte Daisuke nachdenklich vor sich hin. „Ist doch nicht dein Ernst, oder?“, wollte Tinkermon wissen, „Das ist doch so… wenn man die Hoffnung auslöscht, dann breitet sich die Verzweiflung auch bei den Digirittern aus. Verzweiflung führt zur Aufgabe, Motomiya Daisuke. Nimmt man euch die Hoffnung, dann schwindet die Jungfrau des Lichtes dahin und mit ihr auch die Freundlichkeit und Liebe nicht zuletzt auch die Freundschaft und alle ehrbaren Eigenschaften der Menschen.“ „Ihr wisst es nicht, aber die Macht der Dunkelheit hat inzwischen ihre Klauen nach euch allen ausgestreckt“, meinte Kuranosuke leise, „Du sahst Takeru nicht mehr als Freund, richtig?“ Daisuke Augen weiteten sich vor Überraschung. Kuranosuke hatte Recht, vor ein paar Wochen – oder waren es nur Tage? – hatte er Takeru lediglich als lästig empfunden und war froh ihm nicht mehr jeden Tag begegnen zu müssen. Er hatte sich gedacht, dass man nicht mit jedem befreundet sein musste, dabei hatten sie stets Seite an Seite gekämpft und vor allem im Kampf gegen BelialVamdemon vor einem Jahr, hatte sich Takeru besonders empfänglich für eine Freundschaft mit Daisuke gezeigt. Wieso und vor allem wann zerbröselte dieses Band des Zusammenhalts eigentlich? „Ah, ich merke, dass du dich erinnerst. Also, bevor du mir hier noch ein Ohr abkaust…“, Kuranosuke kramte weiter in seinem Rucksack herum und warf Daisuke schließlich einen kleinen Ball aus Reis zu, um dessen Mitte ein Streifen Nori-Seetang gewickelt war, „Da, iss. Die sind aus Inoue Miyakos Laden. Wir haben ein paar.“ „Nagisa, können wir Kontakt zu den anderen aufnehmen? Ich habe versucht ihnen eine E-Mail aufs D-Terminal zu schicken aber sie kam nicht an. Heißt das, dass wir jetzt allein gegen die Macht der Dunkelheit kämpfen müssen?“, fragte Daisuke, doch erhielt ein Kopfschütteln. „Die Digiritter sind auf dem Weg hierher zur Fileinsel. Ich habe der Jungfrau des Lichtes eine E-Mail geschrieben, ein Notsignal, wenn du so willst“, erklärte Kuranosuke, „Ich steh nicht drauf mich zu wiederholen, also werden wir warten bis die Digiritter hier sind und dann beschließen wir gemeinsam, wie wir vorgehen. Du hast ja schon bemerkt, dass die Championdigitation nicht mehr funktioniert. Das kommt durch das Meer der Dunkelheit, dass man gleich zweifach in die Digiwelt hineinkopiert hat.“ „Gleich zwei Mal? Man ist das verrückt…“, meinte Daisuke von den vielen Informationen erschlagen und lehnte sich mit dem Rücken an die Wandt, „Das uns so etwas mal passieren würde… Was ist eigentlich aus Patamon geworden? Es war doch bei uns als wir angegriffen wurden…“ „Das sucht nach den anderen Partnerdigimon. Sie befinden sich auch hier auf der Fileinsel weil es das letzte noch zu erreichende Land in der Digiwelt ist“, bemerkte Kuranosuke und verfiel in erneutes Schweigen. Draußen schlugen die gnadenlosen Regentropfen hart auf den Boden ein, so als versuchten sie den Grund mit ihrer Geschwindigkeit und Härte in die Knie zu zwingen. Die beiden Jungen sahen in den Vorhang der strippenähnlichen Regenwand hinaus. Der Himmel hing voller Geigen, die lediglich ein langes, monotones Requiem von sich gaben und die Erde mit Kälte und Trostlosigkeit erfüllte. Die Pflanzen auf dieser Insel waren am Ertrinken. Wolken hingen an diesem Morgen über Tokio. Begleitet von einem lauen Wind versprach das Wetter noch mehr Regen, obwohl es in letzter Zeit doch genug Niederschlag gegeben hatte. Irgendwo löste diese bedrückende Wolkenstimmung das Bedürfnis, den Vortag wieder herbei zu sehnen, denn der war mit Sonnenlicht erfüllt gewesen. Trotz der anhaltenden Wärme, wofür der Sommer sich auszeichnete, krochen die Luftfeuchtigkeit und die laue Temperatur des barschen Windes den Digirittern unter die Haut bis auf die Knochen. Sie hatten sich alle miteinander versammelt. Die Digiritter aus der ersten Generation standen um die jüngeren der zweiten herum. Sogar Mimi und ihren Freunden Michael und Wallace sind extra aus den Vereinigten Staaten gekommen um den Reisenden viel Glück für ihr neues Abenteuer zu wünschen. Wie bereits in der Rundmail, welche Koushirou allen Beteiligten geschrieben hatte, war jeder darüber informiert, dass einige von ihnen in der realen Welt verweilen mussten um abzuwarten ob die Macht der Dunkelheit versuchte sie auch hier zu erreichen. Nur Takeru, Kuranosuke und Daisuke fehlten in ihrer Mitte um die Versammlung zu komplettieren. Koushirou bereitete seinen Computer vor um eine Verbindung mit Gennai aufzubauen und wandte sich dann an die anderen: „Also los. Alle die in die Digiwelt reisen sollten jetzt vor den Computer gehen und alle anderen halten sich fern. Wenn ihr erst Mal dort seid, wird es schwierig wieder in diese Welt zurückzureisen so lange die Phasen durcheinandergeraten sind.“ Die jüngeren Digiritter nickten. Allen voran ging Miyako, die als älteste der zweiten Generation Verantwortung übernehmen wollte, entschlossen umklammerte ihre schlanke Hand das kleine Gerät, mit welchem sie das Tor zur Digiwelt bald öffneten. Auch Taichi und Yamato traten vor und in ihren Augen lag nicht nur Entschlossenheit, sondern auch Zuversicht ein weiteres Abenteuer bestehen zu können. „Taichi-senpai?“, fragte Miyako ein wenig überrascht. „Ja, Taichi und ich werden mit euch gehen“, erklärte Yamato. Der Junge mit dem wild zerzausten Haaren nickte als Zustimmung: „Wir dachten, dass es vielleicht ganz gut wäre wenn wir euch begleiten. Immerhin waren wir schon für eine längere Zeit in der Digiwelt während ihr immer die Möglichkeit hattet zwischen den Welten zu reisen.“ „Außerdem haben eure Eltern uns darum gebeten“, meinte Yamato mit einem leichten Grinsen. Ein etwas nervöses Lachen ging durch die die Gruppe der Digiritter. Der Vorabend hatte ihnen einige unangenehme Gespräche eingebracht, doch letztendlich stand keiner der Eltern ihnen im Weg. Die Erlaubnis diesem Unterfangen beizuwohnen gaben sie ihren Kindern keineswegs, weil sie nicht um ihre Sicherheit fürchteten, sondern weil sie wussten, dass sich die Situation um einiges verschlechtern konnte. Vor einigen Jahren überfiel Vamdemon die Stadt und nahm viele Gefangene. Nicht einmal die Polizei sah sich zu jenem Zeitpunkt in der Lage, die Bevölkerung zu beschützen oder aus der großen Messehalle Big Sight herauszuholen. Außerdem lebte in den Erwachsenen immer noch die Überzeugung, dass ausgerechnet ihre Kinder über Kräfte verfügten. Diese Kräfte mussten sie vereinen um diese fremde Welt zu retten und nicht zuletzt auch ihre eigene vor dem absoluten Chaos zu bewahren. „Also, seid ihr bereit?“, wollte Miyako mit einem entschlossenen Lächeln wissen. In ihr lebte die Unruhe und Angst vor neuen, harten Kämpfen weiter. Ihre Freunde wollte sie allerdings nicht allein in ein gefährliches Abenteuer ziehen lassen. Vor allem dann nicht, wenn auch Ken dabei war, der augenblicklich nur seinen besten Freund Daisuke in Gedanken hatte. Die jüngeren Digiritter nickten zustimmend. Auch Taichi und Yamato gaben an, dass sie bereit waren in die Digiwelt zu reisen. Traditionshalber übernahm Miyako das Aufbruchsritual, doch bevor sie ihre Stimme erheben konnte, meldete sich Sora noch zu Wort: „Yamato-kun!“ Ohne zu zögern ging sie zu ihm, trotz Koushirous Warnungen. Er wartete seine Freundin mit einem leichten Lächeln: „Was denn? Habe ich dir nicht schon gesagt, dass ich mich nicht davon abhalten lasse?“ Das hellbraunhaarige Mädchen stemmte ihre Hände in die Hüften und entgegnete streng: „Ishida Yamato-kun, willst du mich für dumm verkaufen!? Als ob ich dich von der Digiwelt fern hielte… Sei froh dass ich dich und Taichi dorthin gehen lasse. Nein, ich wollte dich noch mal warnen, wenn du dich jemals leichtsinnig verhältst, mein Lieber, dann bekommst du es mit mir zu tun!“ Sie griff nach Yamatos Hand und legte etwas Kleines hinein. Als der hellhaarige Junge sie öffnete, sah er einen kleinen Stoffbeutel, den man mit einer langen Kordel zuschnüren konnte. Er war nicht größer als das er ihn in seiner Hand einschließen konnte, und auf die Vorder- und Rückseite waren ihre beiden Wappen ineinander verschlungen aufgestickt. Dieser kleine Stoffbeutel glich einem Glücksbringer, den man in Shintoschreinen kaufen konnte. Sora hatte ihn selbst gemacht. „Du kannst dich auf mich verlassen, Sora. Wir sind sicher bald wieder da“, Yamato zwinkerte ihr zu und wies ihr, wieder zu den anderen zu gehen. Sora nickte, für sie und die anderen Digiritter vergingen vermutlich nur ein paar Tage bevor sie ihre Freunde wiedersahen, doch für die Reisenden selbst dauerte es mit Sicherheit Wochen oder sogar Monate. „Passt auf euch auf“, baten die Zurückbleibenden sorgevoll. Taichi und Yamato nickten, die jüngere Generation tat es ihnen gleich. Auf dem Computerbildschirm war ganz groß das Tor zur Digiwelt abgebildet. Miyako hielt nun ihr D-3 Digivice an den Monitor und sprach die berühmten Worte des Ausrückens: „Tor zur Digiwelt, öffne dich! Auf geht’s Digiritter, wie haben eine Mission zu erfüllen!“ Ihre Stimme schallte laut und deutlich durch den Kaihinkouen, der noch überhaupt nicht besucht war. Das Tor empfing sie mit einem gleißenden, weißen Lichtstrahl, welcher die ganze Gruppe umschloss und in sich hineinsog. Nach nur wenigen Sekunden erschien der Platz so, als wären diese fünf Personen nie mit der restlichen Gruppe anwesend gewesen. Koushirou, wartete einen kurzen Moment um sich zu vergewissern, dass sich das Tor wieder verschloss. Die aufgeregte Stimme Gennais drang an sein Ohr: „Koushirou-kun! Koushirou-kun, wo sind die Digiritter?“ Der rotbraunhaarige Junge setzte sich vor seinen Laptop und blickte fragend in die kleine Kamera. „Was meinen Sie damit, Gennai-san?“ Der junge Mann räusperte sich etwas. Ihm schien etwas deutlich unangenehm zu sein, denn ein leichter Rotschimmer lag auf seinem Gesicht. Er räusperte sich ein weiteres Mal und rückte dann mit der Sprache heraus: „Ich habe nicht die Gelegenheit gehabt euch mitzuteilen, dass ihr einen bestimmten Ausgang wählen müsst um auf die Fileinsel zu kommen. Denn wenn ihr einfach auf eigene Faust los reist, dann könnte es passieren, dass ihr im Wasser landet. Also, wer von euch möchte in die Digi-… wartet Mal Kinder, ihr seid ja gar nicht vollzählig. Wo sind Hikari-san oder Ken-kun?“ Koushirou kratzte sich nervös an der Wange. Die umstehenden Digiritter sahen sich erschrocken an. Gennai seufze aus. Die Gesichter der Jugendlichen sprachen Bände. „Ich verstehe… sie sind schon aufgebrochen.“ „Ja, so sieht es aus. Wir wollten eben keine Zeit verlieren. Gennai-san, ist es denn möglich nachträglich Kontakt mit Taichi-san und den anderen aufzunehmen?“, wollte Koushirou wissen. „Das bringt nichts, wenn sie ziellos im Wasser herumschwimmen. Ich werde eine Lösung finden, verlasst euch drauf. Ich schreibe dir umgehend eine E-Mail, wenn ich die anderen getroffen habe“, antwortete Gennai und nach einer kurzen Verabschiedung schaltete er sich weg. Koushirou klappte seinen Laptop zu und wandte sich an die anderen: „Und wer von euch möchte mit mir nach Oozuka kommen damit wir auf dem Laufenden bleiben?“ Ein einstimmiges „ich“ wr zu hören und die gesamte Truppe machte sich auf den Weg zum nächsten Bahnhof. Für einen Moment fühlte es sich an wie in lägst vergangenen Tagen. Sie mussten sich alle bereithalten und wachsam sein; und darauf hoffen, dass ihre Freunde wohlbehalten wieder zurückkehrten. Unterwegs zum Bahnhof begann sich das Wetter zu verschlechtern. Dicke Regentropfen prasselten blitzschnell auf die Erde nieder und verwandelten die Straßen in Windeseile in reißende Bäche. Der stürmische, graue Himmel tat sich auf. Die Wolken rissen einfach an einer Stelle auf und ließen eine gewaltige Lichtsäule frei. Mit diesem weißen Licht trafen die Digiritter in ihrer altbekannten und doch so unbekannten Traumwelt ein. Sie wurden durch die Luft geschleudert, als habe man sie in ein Katapult gesetzt und es ausgelöst. Durch den harten Fahrtwind, vermischt mit hagelgleichen Regen konnten sie weder sehen noch sprechen. Stattdessen versuchten die Jungen und Mädchen ihre Arme als Schutz zu verwenden um zu erkennen wo sie überhaupt landeten. Die Luft erfüllt von den entgleisten Schreien der gepeinigten Digiritter, versuchten sie sich alle irgendwie zu orientieren. Noch nie landete jemand so turbulent in dieser Welt. Die Oberfläche kam auf sie zu. Schneller und immer schneller. Bedrohlich wirkte diese dunkle Oberfläche, die sich unaufhörlich und unkontrolliert hin- und her bewegte. Hikari kniff die ohnehin schweren Augenlider zu, als sie realisierte wie nahe sie dem Wasser bereits war. Prompt schlug das braunhaarige Mädchen als erste mit einem gellenden Kreischen auf die tosende Wasseroberfläche auf. Allein bei dem Aufprall blieb es nicht. Hikari trieb es dem Meeresgrund entgegen. Immer weiter und weiter, doch mit jedem Meter verringerte sich ihr Tempo. Bei ihrem ersten Kontakt mit dem Meer, hörte sie dumpfe Laute über sich, so als ob man gewichtige Kartoffelsäcke mit gewaltiger Wucht ins Wasser warf. Sie wusste sofort, dass es sich um Miyako, Iori, Ken, Yamato und ihren Bruder handelte, denn über ihrem Kopf wurde es still. Hikari wusste es nicht, aber den anderen erging es ebenso wie ihr. Die Luft wurde ihr langsam knapp. Ihr waren kaum Zeit geblieben nach Luft zu schnappen. Sie war sich immer noch nicht sicher, ob sie unversehrt war, aber sie musste zugeben, dass es ihr doch lieber war nicht zu ertrinken. Sie strampelte und kämpfte darum ihre Richtung zu wechseln und dann nach oben zu schwimmen. Dorthin, wo es heller war. Hier unter Wasser, zwang sie sich die Augen aufzumachen und spürte das Salz in ihren Augen. Oh ja, es war salzig als wäre dies hier ein echtes Meer aus Hydrogen und nicht aus virtuellen Daten. Das Mädchen sah sich nur flüchtig um, ob auch ihre Freunde langsam wieder zur Oberfläche schwammen und tatsächlich. Augenscheinlich wirkte niemand verletzt oder bewusstlos. Bei so einem harten Aufprall glich dies einem wahren Wunder. Viel Zeit blieb ihr nicht mehr nachzudenken und endlich gelangte ihr Kopf wieder über Wasser. Sobald sie die Oberfläche erreichte, überkam sie ein Hustenreiz wobei sie gleichzeitig versuchte Luft zu bekommen. „Hi-… Hi-..kari!“, die Stimme ihres Bruders klang etwas gequält in ihrem Ohr. Er musste sich etwas weiter hinter ihr. Als sie sich umsah bemerkte sie auch Ken und Miyako auftauchen, Yamato und Iori waren noch nicht in Sichtweite. „Bruderherz!“, rief sie ihm zu, „Wo sind wir hier?“ „Ich schätze wir sind irgendwo im Meer! Ich kann kein Land erkennen!“, antwortete Taichi der gegen den Wind und starken Wellen zu ihr schwamm. Hikari versuchte den eiskalten Regen auf ihrem Haupt zu ignorieren. Wann immer sie Romane las, die zufällig davon handelten, dass jemand schiffbrüchig im Wasser bei Regen schwamm, hatte sie sich vorgestellt, dass man so etwas überhaupt nicht mehr bemerkte. Doch ihre Augen brannten und ohnehin fiel es ihr schwer sie offen zu halten. „Ichijouji-kun!! Miyako-san!!“, rief Hikari und bemühte sich möglichst schnell fortzubewegen. Die Kraft der Wellen arbeitete gegen sie und einige der Wellen schlugen ihr hart mit Wind und Regentropfen ins Gesicht. „Habt ihr Yamato-san gesehen!?“, wollte sie wissen. „Nein! Ich sehe Iori-kun auch nicht!“, entgegnete Ken. Miyako zögerte nicht länger und tauchte wieder ab um nachzusehen ob sie etwas erkennen konnte. „Miyako-san!“ Sie ignorierte die Rufe und tatsächlich konnte sie die beiden anderen Jungen sehen. Yamato sah so aus als stützte er Iori. Er versuchte ihr ein paar Zeichen zu geben, die sie nicht ganz interpretieren konnte. Letztendlich tauchten sie zu dritt wieder auf. Iori hustete und spuckte eine ganze Menge Wasser aus. Dann schrie und wimmerte der Jüngste nur noch. „Iori!! Iori, sieh mich an!“, bat Yamato den Anderen, der sich an ihn klammerte und keuchte. Er versuchte gar nicht seinen Blick nach oben zu richten. Alles was er konnte war ein paar Worte hervorwürgen: „M-mein Arm… i-ich kann ihn nicht…“ Yamato bemühte sich über Wasser zu bleiben und gleichzeitig den jüngeren zu stützen. Ein Blick auf die Arme des Jungen verrieten Yamato was das Problem war. Ioris rechter Arm hing schlaff und leblos an dessen Seite herunter, so als gehörte er gar nicht zu seinem jungen Kameraden. „Dein Arm ist ausgekugelt Iori-kun“, bemerkte der Blonde sofort und wandte sich an die anderen, „Leute, Iori-kun kann nicht allein schwimmen, wir müssen zusehen dass wir an Land kommen oder ihn sonst irgendwie stützen. Ansonsten können wir seinen Arm nicht richten.“ „Yamato-san kannst du so was überhaupt?“, keuchte der stille Braunhaarige ein wenig bekümmert. „Theoretisch“, antwortete Yamato kurz angebunden und versuchte Iori dicht an sich zu halten, so dass die Wellen ihn nicht mehr mitrissen. Freilich war Yamato bisher nie in die Verlegenheit gekommen jemandem den Arm wieder einzurenken. Sein Wissen beschränkte sich auf schlechte B-Actionfilme und sein eigenes Probieren an Soras Ausstellungspuppen für Modedesigns. Nun, seine Patienten entsprachen vielleicht nicht ganz einem echten Menschen, aber in diesem Fall blieb ihnen nichts anderes übrig als es zu versuchen. Im freien Meer gab es allerdings keinerlei Chancen für sie den Arm des Jungen wieder dorthin zu bringen, wo er hingehörte. Sie brauchten Wiederstand, also festen Boden unter den Füßen. Kens Stimme rief ihnen entgegen: „Ich kann überhaupt kein Land sehen!“ „Nein, ich schätze es gibt hier in der Nähe kein Land“, entgegnete Hikari besorgt und leicht in Panik verfallend. „Oh nein! Wo sind wir nur gelandet!?“, klagte nun auch Miyako, die ohnehin Probleme damit hatte ihre Ruhe zu bewahren, „Was passiert wenn sich Kilometer um Kilometer zwischen uns und einem Stückchen Land befinden? Dann werden wir sicher auf offener See sterben! Und wo sind überhaupt unsere Digimonpartner!?“ Taichi dachte kurz angestrengt nach. Es gab keine Alternative. Koushirou hatte ihnen erklärt, dass sich das Tor zur Digiwelt nur schwer öffnen ließ. Also konnten sie nicht umkehren und überhaupt – welches Tor sollten sie hier mitten im Meer benutzen? Von Gennai hatten sie außerdem erfahren, dass es kaum noch Land in der Digiwelt gab. Er seufzte schwer aus. Sie mussten der Wahrheit wohl oder übel ins Auge sehen, es gab keinen Ausweg mehr und gezwungen dazu so lange zu schwimmen, bis sie auf Land stießen. „Was dachte sich dieser alte Zausel von Gennai-san eigentlich?“, jammerte Miyako. „Vielleicht.. hat er es gar nicht…gewusst“, keuchte Ken außer Atem. „Der Alte Gennai ist da um uns zu helfen, nicht um uns umzubringen“, fügte Taichi hinzu, „Er wird nicht gewusst haben wo wir landen… verdammt was…. Was machen wir jetzt? Bei diesem Wellengang können wir nicht lange weiterschwimmen.“ „Ich bin jetzt schon ganz müde“, stimmte Hikari zu, „Ich bekomme auch noch Kopfschmerzen. Wahrscheinlich vom Aufprall.“ Eine betroffene Stille breitete sich aus. Immer wieder wurden sie mit den Wellen mitgerissen und in eine Richtung getrieben, von der sie überhaupt nicht wussten, ob sie zu irgendeinem Land gegenschwammen. Hikari klopfte das Herz nervös bis zum Hals. Sie kamen mit den besten Absichten in die Digiwelt, doch so wie es aussah gelang es ihnen überhaupt nicht auch nur irgendeine Mission zu erfüllen. Weder Daisuke noch Takeru befanden sich in greifbarer Nähe. Was sollten sie tun? Wie konnten sie ihren Freunden helfen? Die Gesichter aller Anwesenden verrieten Hikari, dass ihre Zuversicht zu sinken begann. Das Wasser fühlte sich eiskalt an, die Wellen und die Strömung so stark. Sie selbst fühlte sich ebenfalls entkräftet und am liebsten hätte sie sich auf und davon gemacht. Was konnte sie tun? Takeru retten. Dieser Gedanke schoss ihr von neuem in den Sinn. Deshalb waren sie in der Digiwelt. Sie wollten Takeru retten. Er war ihre Hoffnung. Richtig, Takeru war ihre Hoffnung und selbst wenn man ihnen die Hoffnung raubte, so bewahrten sie doch alle einen winzigen Teil von ihr in ihren Herzen. Hikari sah in den strömenden Regen hinauf, der unaufhörlich weiterprasselte. „Wir sind hier um Takeru-kun zu retten!“, rief sie in den Himmel hinauf. In dem Moment, als sie diesen Satz geäußert hatte, begann ihr D-3 Digivice an zu leichten und auf ihrer Stirn erleuchtete das Wappen des Lichtes in einem hellen, strahlenden Rosa. „Wir sind hergekommen, damit wir diese Welt retten können! Um unseren Freunden zu helfen und auch unserer eigenen Welt zu helfen, wenn es sein müssen!“, rief sie und ergriff die kleine Maschine, mit dessen Hilfe die Digimon normalerweise Digitierten, „Keiner von uns darf die Hoffnung verlieren, Leute! Habt ihr denn vergessen, dass wir die Digiritter sind!?“ Ken und Miyako tauschten vielsagende Blicke aus. Hikari behielt natürlich Recht mit ihrer Aussage. Ken nickte der Braunhaarigen zu: „Dies ist die Welt, die uns gezeigt hat wie viel Freundschaft wert ist und was passieren kann, wenn man wirklich für seine Ziele einsteht. Nicht nur Takaishi-san werden wir retten. Wir helfen auch Daisuke!“ Damit holte er sein Digivice hervor und auch sein Wappen leuchtete kräftig auf seiner Stirn. In ihm war der Wille entflammt dafür zu kämpfen endlich irgendwo anzukommen. Miyako tat es ihm gleich. Ken, der schon so viel durchmachen musste konnte doch unmöglich zuversichtlicher sein als sie selbst? Als das älteste Mädchen ihr Digivice in gen Himmel hielt, leuchteten auch ihre Wappen auf, das Wappen der Liebe dicht bei ihrem Herzen sowie das Wappen der Aufrichtigkeit, welches sich auf ihrer Stirn wiederfand. Iori nickte ebenfalls und zückte sein Digivice: „Ich lasse es nicht zu, dass jemand die Macht der Dunkelheit für sich ausnutzt!“ Mit diesen Worten riss er seinen gesunden Arm in die Höhe, während Yamato ihn festhielt. Das Wappen des Wissens an seinem Herzen und das Wappen der Zuverlässigkeit an seiner Stirn, gesellte sich ein heller Lichtstrahl zu den bereits vereinten Lichtern. Taichi und Yamato nickten einander zu. Für sie gab es kaum Worte, die ausdrücken konnten wie wild entschlossen sie waren der Dunkelheit zu zeigen wozu ein Digiritter in der Lage war. Gleichzeitig, als hätten sie sich abgesprochen, riefen sie gemeinsam: „Wir kommen, Takeru! Daisuke!!“ Ihre Wappen leuchteten ebenfalls auf und aus ihren Digivices flogen die hellen Lichter zu den anderen und komplettierten den Ball aus reiner Energie. Der Ball wirbelte glitzernde funkensprühend in der Luft. Das Farbenspiel aus Rottönen und einem strahlenden Blau faszinierte die Jugendlichen. Der Ball streckte sich und stürzte ins Meer hinab, direkt vor die Füße. Das Licht strahlte so grell, dass sich die Digiritter die Arme vor die Augen hielten um sie ein wenig abzuschirmen. Das Meer wirbelte vor ihnen, als entwickelte sich jeden Moment ein Strudel und von irgendwoher ertönte eine helle, piepsende Stimme, die Yamato und Taichi sehr gut kannten. „Tut uns Leid für die Verspätung, Taichi-kun! Yamato-kun!“, sagte die Stimme, doch der Träger war noch nirgends zu erkennen. Unter ihnen begann das Wasser zu brodeln und langsam erhob sich etwas, dass ihnen festen Boden unter den Füßen bot. Ein leicht verängstigtes, aber auch verwirrtes Raunen ging durch die Runde der Digiritter. Wenige Sekunden später saßen sie alle auf dem Trocknen, wobei Iori viel mehr lag und keuchte. „Pixiemon!“, rief Taichi erfreut aus, „Wamon! Wir haben uns lange nicht mehr gesehen!“ Das kleine, pelzige Digimon von rosa Farbe und weißen Flügeln lachte. Hinter ihren Rücken schrie Iori kurz auf. Yamato war über ihm gebeugt und mit Hilfe von Ken renkte dieser ihm den Arm wieder ein. Das Digimon unter ihnen begrüßte sie ebenfalls: „Es ist lange her, Digiritter aber es ist schön zu sehen, dass ihr mehr oder weniger unbeschadet seid.“ „Ja, bei uns ist nicht viel kaputtgegangen, außer vielleicht die gute Laune“, entgegnete Yamato. „Obwohl ihr ja nun uns als Wegweiser habt!“, warf das freche Pixiemon ein, „Das sollte euch genug Grund zur Freude sein, findet ihr nicht?“ „Vielen Dank Pixiemon!“, bedankte sich nun auch Hikari, die selbst nie Bekanntschaft mit Pixiemon gemacht hatte, aber Wamon war ihr in der Tat ein Begriff. Sie wusste allerdings, dass Wamon sich einst für sie geopfert hatte, als es den vier Meistern der Dunkelheit an den Kragen ging. „Bist du etwa wiedergeboren worden, Wamon?“, wollte Taichi aufgeregt wissen. Es tat gut die alten Verbündeten zu treffen. „Genau das. Eines Tages lebte ich wieder in diesem Meer und dann veränderte sich das Meer plötzlich. Das Wasser hat an Sauerstoffgehalt verloren, so dass viele Lebewesen starben. Es bekam einen bitteren, schlammigen Geschmack und schließlich traf ich auf Gennai und Pixiemon“, entgegnete Wamon. „Was denn, Gennai? Heißt dass das Gennai euch geschickt hat um uns zu helfen?“, fragte Yamato ebenso erleichtert. Pixiemon wirbelte mit seinem Stab ein wenig umher und verkündete stolz: „Wir haben den Auftrag gehabt euch zu suchen, liebe Digiritter. Gennai hat uns leider nicht sagen können wo genau ihr ward und so… wir sind euren Lichtern gefolgt!“ „Unseren Lichtern?“, kam es von Ken erstaunt, „Die von unseren Digivices?“ „Ganz genau. Als wir das Wappen des Lichtes spürten, dachten wir uns schon dass ihr nach Hilfe ruft. Wer kann denn erwarten, dass ihr mit Schlauchbooten hierher kommt? Keiner, oder?“, wollte Pixiemon wissen und lachte herzlich. Hikari lächelte erfreut und heiter. Sie ließ sich erleichtert auf Wamon fallen und starrte auf den regnerischen Himmel hinauf. Der Regen nieselte zum Glück nur noch auf ihr entspanntes Gesicht hinunter. Hikari holte tief Luft um die Seeluft einzuatmen. Sie war unheimlich erleichtert und es ging ihr nur ein Gedanke durch den Kopf: „Vielen Dank, Takeru-kun.“ „Wenn ihr von Gennai geschickt wurdet, bedeutet das denn auch, dass er Daisuke gefunden hat?“, wollte Ken wissen. „Auf jeden Fall, haben wir ihn ausfindig gemacht. Genau wie diesen Aschekrieger, Nagisa Kuranosuke!“, meinte Pixiemon und in dessen Stimme lag ein merkwürdiger Unterton, den die Digiritter nicht ganz interpretieren konnten. Für Ken hörte es sich ein wenig so an, als lag ein wenig Misstrauen oder Missfallen in dier quietschenden Stimme des Digimon. „Aschekrieger!?“, wiederholte Hikari plötzlich überrascht, in ihren Augen lag pure Verwunderung, „Soll das heißen Nagisa Kuranosuke ist der Aschekrieger?“ „Ganz recht. So lautet sein digitaler Name“, antwortete das große Wamon. „Wieso fragst du das, Hikari-chan?“, wollte Pixiemon wissen. „Weil mir jemand namens Aschekrieger das SOS gesendet hat“, antwortete sie sofort, „Pixiemon, warum ist Nagisa-kun bei Daisuke-kun?“ „Er hat Motomiya Daisuke-kun gepflegt. Mehr weiß ich nicht und mehr sollte uns im Augenblick nicht kümmern. Es ist noch ein weiter Weg und ihr müsst euch ausruhen. Ich schätze, dass wir bei Tagesanbruch auf der Fileinsel sein werden. Dem letzten übriggebliebenen Land, das es in der Digiwelt noch gibt!“, erklärte Pixiemon und gab Wamon damit das Zeichen noch schneller zu schwimmen. Der Ritt auf dem gigantischen Waldigimon verlief ohne weitere Zwischenfälle. Der gnadenlose Regen fand seine Ruhe, so dass die Digiritter im Laufe der Reise wieder trocknen konnten. Iori schlief bereits nach wenigen Minuten der Reise ein und wollte auch nicht vor der Ankunft aufwachen. Auch die anderen fühlten sich recht ausgelaugt und ließen sich rücklings auf den Wal nieder. Sie sogen die Meerluft durch die Nase. Es schien so salzig und frisch auf sie zu wirken, wie die Bucht bei Odaiba. Der Wind beruhigte sich und blies ihnen nun sanftere Briesen entgegen, während sie sich auf ihre Freunde freuten. Nach vielen Stunden hörten sie über ihren Köpfen das kleine Feendigimon geräuschvoll mit den Flügeln schlagen und die aufgeregten Worte: „Land in Sicht! Auf die Beine Digiritter, wir werden bereits erwartet!“ Sofort erhoben sich die Jugendlichen. Einer nach dem anderen setzte sich auf, wobei Iori noch ganz schlaftrunken wirkte. In der Ferne tat sich tatsächlich ein Strand auf. Ein Strand an dem einige Telefonzellen aufgestellt waren. Vor vielen Jahren hatten sie auf ihrer ersten Reise versucht sie zu verwenden. Ihr jetziger Zustand ließ allerdings vermuten, dass nicht einmal ein sinnloses Telefonat mehr möglich war, denn die Scheiben lagen zerbrochen am Strand, das Gerüst verbeult und manche lagen umgekippt zur Seite weggekippt auf dem Boden. Inmitten des Strandes taten sich ein paar Gestalten auf. Gennai in Begleitung von Nagisa Kuranosuke, Daisuke und einer ganzen Horde Digimon. All ihre Digimonpartner winkten ihnen zu und auch Daisuke schien überglücklich, obwohl auch er noch einen ziemlich angeschlagenen Eindruck machte. Die Wiedersehensfreude war groß. Taichi und Agumon, Yamato und Gabumon rannten einander beinahe um und kuschelten sich fest aneinander. Tailmon umarmte Hikari herzlich und sprach sogleich ein paar aufmunternde Worte. Es hatte sich herumgesprochen was sich mit Takeru zugetragen hatte. Ken und Wormmon tuschelten ein wenig miteinander, gaben Daisuke und Veemon ein kleines Zeichen und gingen zu Gennai hinüber um aufgeregt mit ihm zu flüstern. Dagegen kümmerten sich Miyako, Hawkmon und Armadillomon fürsorglich um den immer noch unter leichten Schmerzen leidenden Iori. Der Strand wurde von Freude überflutet. Die Partner der nicht anwesenden Digiritter erschienen erleichtert, dass nun endlich Hilfe kam. Darauf bauend, dass sich bald etwas täte, warteten sie ab bis die Wiedersehensfreude der anderen vorübergezogen war. Diese Freude durchbrachen aber Pixiemon und Gennai umgehend. Das kleine Feendigimon schwang seinen Stab und richtete ihn auf Kuranosuke: „Und nun zu dir, Aschekrieger. Wer oder was bist du und wieso weißt du von all den Geheimnissen der Digiwelt?!“ Tinkermon stellte sich dem Ultraleveldigimon mutig entgegen: „Lass Kuranosuke-chan in Ruhe, sonst kriegst du Fellmonster es mit mir zu tun!“ „Tinkermon, du gehst am besten aus dem Weg! Oder willst du dich schneller in der Stadt des Ewigen Anfangs wiederfinden als du Netzwerk sagen kannst? Ihr erzählt uns jetzt besser was ihr wisst! Wie kommt ihr mit Daisuke-kun und Takeru-kun in die Digiwelt!?“, ermahnte Pixiemon wütend. „Wir brauchten das Tor zur Digiwelt gar nicht selbst öffnen!“, keifte Tinkermon das andere Digimon an, „Das konnte Kimeramon schon ganz alleine!“ „Kimeramon!?“, raunte es durch die Gruppe von Digimon. Nun war es Gennai, der das Wort ergriff m die Situation etwas in den Griff zu bekommen. Einen Kampf zwischen Tinkermon und Pixiemon brauchte es nicht. „Nagisa-kun, es wäre schön, wenn du mir dein Digivice zeigen könntest. Hast du eines das so aussieht wie Taichi-kuns oder so eines wie Ken-kuns?“ Kuranosuke blickte in die Augen des scheinbar jungen Mannes: „Ich bin nicht im Besitz eines Digivices. Ich brauche keines und Tinkermon braucht es auch nicht um zu digitieren.“ „Das dachte ich mir“, entgegnete Gennai nachdenklich und musterte den Jungen von oben bis unten, „Du hast soeit nichts menschliches an dir, Junge. Du kannst das Tor zur Digiwelt öffnen, das heißt du kannst die Phasen der Digiwelt manipulieren. In dir fließt weder Blut noch schlägt in deiner Brust ein Herz und ganz egal wie sehr du dich darum bemühst, du wirst niemals in den Besitz eines Wappens kommen. Nagisa Kuranosuke, du bist auf keinen Fall ein Digiritter und ich rate dir uns zu erzählen, was es mit deiner Existenz auf sich hat. In dieser Runde gibt es mehr als nur ein Digimon, welches auf das Megalevel digitieren kann.“ In Taichis, Yamatos, Miyakos und Ioris Gesichtern stand die pure Verwirrung. Laut ihrer Erinnerung erlebte Kuranosuke bereits das erste Abenteuer, zusammen mit Takeru und Hikari. Kuranosuke hielt den misstrauischen Blicken der anderen Digimon und den zweifelnden Blicken der Digiritter stand. Er wandte seine Augen nicht von Gennai ab, obwohl er hart schluckte. Ihm blieb nichts anderen übrig, als ihnen seine Geschichte zu erzählen. Unter ihm war ein Belag aus kaltem Stein. Es war dreckig, kalt und es roch nach verdorbenem Fisch, wo er lag. Seine Augen konnte er nur einen spaltweit öffnen, denn zu mehr hatte er einfach nicht mehr die Kraft. Er lag einfach da, in diesem Raum, welcher eigentlich eine Halle war. Aber woher sollte er das wissen? Er verlor hier jegliches Gefühl für alle Dinge die er kannte, wieviel Zeit wohl verstrich oder in welcher Umgebung er sich eigentlich befand. Jedes Mal, wenn ihm der Kopf ein wenig klarer wurde, vermochte er es nicht auch nur einen Finger zu bewegen. Er lag ausgestreckt auf den Boden. Auf dem Bauch liegend, so wie es sich anfühlte und seine Nasenspitze zeigte zur rechten Seite – dort, wo es immer einen gelblichen Lichtstreifen am Boden gab. Ob das wohl eine Tür war? Eigentlich, hatte Takeru keine Lust darüber nachzudenken. Es kostete viel zu viel Konzentration um sich darüber Gedanken zu machen wie lange er sich schon hier befand oder an welchem Ort er sich befand. Eigentlich konnte es ihm ganz gleich sein, so lange er hin und wieder ein Nickerchen machen durfte. „Kind der Hoffnung!“, hallte es in seinem Kopf, „Kind der Hoffnung, hörst du mich?“ Schon wieder diese Stimme. Diese sanfte Stimme, die so warm wie ein Glockenspiel klang. Wie ein ganzer Chor aus Engelsgesang. Aber antworten konnte er dieser Stimme nicht. Takeru wusste nicht mal was er als Antwort denken könnte. „Kind der Hoffnung, hör mir genau zu. Du musst weg von diesem Ort, oder dein Geist wird mit dem Virus in dir verschwinden. Du bist kein Digimon, deshalb wirst du nicht in der Stadt des Ewigen Anfangs zurückgeschickt. Wenn du stirbst, dann wird deine Seele im endlosen Datennetz gefangen sein. Kind der Hoffnung, wenn dir etwas an der Jungfrau des Lichtes liegt, dann musst du durchhalten. Willst du leben, oder willst du sterben?“ Takeru erkannte den Sinn der Wörter nicht. Leben? Sterben? Was bedeutete das eigentlich? Gerade, als Takeru zumindest versuchte sich zu bewegen, ertönte ein lautes, metallisches Quietschen. Er hörte Schritte näher kommen. Also war da jemand, aber dieser Jemand war auf keinen Fall der Träger dieses Engelschors. Ganz im Gegenteil, diese Stimme klang emotionslos und gehässig. „Takaishi Takeru, das Kind der Hoffnung. Was für eine Freude dich in meinen bescheidenen vier Wänden zu haben. Jedenfalls würde ich dich willkommen heißen, wenn du es überhaupt noch kapieren würdest. In dir ist wohl nicht mehr viel Leben, hm?“, sagte die Stimme und ein futuristischer, silberner Schuh tippte ihn ein wenig unsanft an der Schulter. Takeru kannte diese Stimme, er hatte sie schon oft gehört… vor einem Jahr. Ein Lachen hallte durch die Halle. „Bald, Takaishi Takeru wird all deine Lebensenergie auf meinen treuen Partner übergangen sein. Dann kann Kimeramon wieder auferstehen“, mit diesen Worten zog die Person ab, lauthals und schallend lachen. Die Tür flog mit einem dumpfen Knall wieder ins Schloss zurück, wobei Takerus Sicht so verschwamm, dass er nicht einmal mehr sagen konnte, ob das Licht im Spalt der Tür noch brannte oder nicht. Die engelsgleiche Stimme flüsterte in Takerus Ohr: „Kind der Hoffnung, willst du leben? Willst du leben, Takeru?!“ Gewiss. Takeru wollte leben. Er wollte aus diesem Verließ heraus, aber er konnte sich nicht bewegen. Er konnte auch nicht nachdenken. Die Sicht verblasste ihm und es wurde schwarz. Dunkelheit umhüllte den Jungen. Es herrschte Stille. Kein Laut war vernehmbar. Fortsetzung folgt. Kapitel 11: Nagisa Kuranosuke ----------------------------- Ihr habt Recht. Ich bin kein Mensch. Ich war auch nie ein Mensch und das Schlimmste ist, ich werde nie ein Mensch sein, denn ich bestehe aus Datenschrott. Ich dachte ich bekäme mein Bewusstsein nie wieder zurück. Doch dann, begann ich wieder zu existieren. Wiedergeboren wurde ich jedoch nie. Es war weder hell noch dunkel. Kälte oder Wärme kannte dieser Ort nicht, wenn denn ein Platz überhaupt existierte. Himmelsrichtungen oder irgendeine Form von Raum der jeglichen Anhaltspunkt von einem Dasein aufwies, gab es nicht. Sein Bewusstsein dachte einfach, dass es da war, also existierte es. Einen Gedanken zu erfassen fiel ihm schwer, denn er meinte sich nur an Vergangenes, das in weiter Ferne lag erinnern zu können. Ein Kampf herrschte in seinem Gedächtnis, aber er fragte sich allerdings ob er wirklich stadtgefunden; oder ob es sich dabei nur um die Ausgeburt seiner Phantasie handelte. Eine Erinnerung an einen Traum könnte es sein. Oder gab es weder Erinnerung noch Traum in diesen Gefilden? Dann wiederum stand immer noch die Frage im Raum ob so etwas wie Zeit oder Ort einen Sinn ergab. Es gab Fragen in seinem Kopf. In seinem Herzen, wenn er denn eines hatte. Warum konnte er noch denken, wenn er doch gar nicht existierte. Immerhin kam ihm die Idee dass er einmal ein Aussehen besessen hatte und irgendeinen Ursprung musste dieser Gedanke haben. Vielleicht musste er sich anstrengen um sich einen Reim auf alles zu machen. Nichts bekam man in der Welt geschenkt, dies kam ihm ebenfalls bekannt vor. Solange er solche Gedanken hatte, die ihm sagten, dass man sich etwas erarbeitet oder für etwas kämpfte, musste auch das irgendwo bereits erlebt worden sein. Vielleicht erzählte man es ihm auch vor langer Zeit. Obwohl er kein Zeitgefühl hatte. Wie lange er schon hier dachte und darüber sinnierte ob er nun existierte oder nicht oder woher seine Vorstellungen kamen; all das blieb ihm verschlossen. Außerdem... warum wählte er dieses Pronomen? Er. Zufällig kam es ihm in den Sinn. Wenn er länger darüber nachdachte, dann meinte er sich an Gestalten erinnern zu können, die sich selbst als männlich bezeichneten. Oder zumindest solche Wörter in den Mund nahmen. In Wahrheit entsprach er nicht der Norm. Das was die Menschheit als Norm ausgewählt hatte, jedenfalls. Vielleicht passte ein weibliches Pronomen viel besser zu ihm – vielleicht aber auch nicht. Feste Gedanken über seine Gestalt hatte er gar nicht. Womöglich aber doch. Seine Form, Größe, Zusammensetzung und Gestalt unterschied sich gravierend von allen anderen, die er glaubte gesehen zu haben. Verwirrend, das alles. Diese Gedanken trieben ihn fast in den Wahnsinn, aber hier wo er war konnte er nur denken. Langsam verstand er, dass er sich selbst darüber klar werden musste wer er war. Was er war. Oder viel mehr, weil er über kein sicheres Wissen verfügte, musste er sich erst einmal denken wie er sein wollte. Diese Erkenntnis erbrachte ihm ein Bild. Das erste Bild, welches er in diesem Etwas erkennen konnte. Da waren Ziffern. Nullen und Einsen. Sie waren fortwährend aneinander gereiht. Manchmal veränderte sich eine Null zu einer Eins, manchmal auf umgekehrt oder vor und zurück. Es gab nichts weiter als diese Ziffern in einem Etwas ohne Licht und Schatten. Es musste Licht und Dunkelheit kennen, denn er wusste diese Worte. Warum sollte er Begriffe kennen, die er sich nicht vorstellen konnte? Ansonsten hätte er sie bestimmt nie gelernt! Also stellte er es sich vor. Die Zahlen ergaben ihm plötzlich einen unerklärlichen Sinn und wirkten ihm vertraut. So entschied er sich das Etwas zu erhellen und da es für sein Verständnis einfacher war, die Räumlichkeiten abzugrenzen, entschied er sich dazu einen Schrein zu erschaffen. Aus seinen eigenen Gedanken. Einen roten Schrein dessen Tor man irgendwo auf der Welt dazu benutzte die irdische Welt und die göttliche Welt voneinander zu trennen. Eine Welt die aus Geistern bestand. Schließlich sah er an sich hinunter. In der Tat, er musste wohl ein er sein. Zumindest hatten die Gestalten, die solche Körper immer diese Pronomen benutzt. Im ersten Moment kam es ihm einfach natürlich vor einen ähnlichen Körper zu wählen. Seine Haare waren lang für einen er. Sie fielen ihm bis über die Schultern und hatten zweierlei Farben. Oben ganz schwarz und je länger sie zur Haarspitze gelangten, erschienen sie immer blonder und blonder. So etwas kam ihm äußerst seltsam vor, denn er meinte sich nicht daran erinnern zu können. Also musste es wohl wirklich nur zu ihm gehören. Nun verstand er auch, dass die Hülle, die er sich soeben aus den Ziffern Null und Eins gemacht hatte ansah, als sähe er sich nun selbst im Spiegel. Die Augen goldgelb, wie seine eigenen. „Bin ich das?“, fragte er sich laut. Nur seine Worte klangen wieder, im Schrein herrschte ansonsten vollkommene Stille. Es musste so Still sein, denn sonst wäre er nicht in der Lage seine eigenen Worte zu hören. Hieß es nicht sogar, dass nur an ruhigen Orten die Wahrheit der Sprache zum Ausdruck kam? Ebenso wie es nur möglich war das Licht zu sehen, wenn Finsternis sie umgab. Die Erkenntnis des eigenen Seins erschloss sich ihm, als er sich im Licht stehen sah. Ihm wurde seine Gestalt bewusst, als sie seinen Geist ansog wie Motten vom Licht. „Das bin ich. Aber wo bin ich?“, fragte er sich, „Wer bin ich?“ Fragen in seinem Kopf, die ihm niemand beantworten wollte. Oder konnte, denn er schien der einzige zu sein, der existierte. Das Licht schwand vor seinen Augen. Schwärze herrschte dort wo er sich befand und sie verschlang seine Form wieder und riss sie mit sich. Es handelte sich um eine seltsame Macht, die ihn mitzog. Eine Macht die ihm übergeordnet, der er sich nicht widersetzen konnte. Ein Rauschen drang in sein Ohr. Die Stimme des Windes hieß ihn im Leben willkommen. Begleitet von dem Gesang der Wellen, spielte der Wind mit seinen zweifarbigen Haaren. Er hatte das Gefühl, dass der Wind belustigt Kicherte, als er seine Wangen streichelte und endlich erkannte er, dass die Stimme offensichtlich zu einer sie gehörte. Falls nicht eine sie, dann immerhin jemand der dieser Kategorie mehr entsprach als er. Sein Körper fühlte sich kalt an und hinzu kam eine grausame Nässe. Er mochte das Gefühl nicht nass zu sein, soviel wurde ihm in diesem Moment klar. „Törichtes Kind“, hauchte der weibliche Wind ihm zu. Langsam öffnete er die Augen. Unter sich sah er feuchten Sand liegen, der immer wieder von Wellen weggespült und wieder angetrieben wurde. In seinen Gedanken ging es in einer Runde. Wer hatte da nur gesprochen? War er denn nicht allein auf dieser Welt? Eine einsame Seele? „Du hast dir nicht unbedingt die beste Hülle geschaffen“, triezte der Wind weiter. Der Junge, so klassifizierte er sich zumindest, fühlte sich schwach, schwer und unbeweglich. Vielleicht musste er diesen Körper bewegen um in Gang zu kommen. Angestrengt kam er auf alle Viere, aber fühlte sofort, wie ihm eine feine Hand, den Kopf vornüber in den Sand stupste. Ein Knurren erfüllte den Strand und der Wind lachte heiter, während der Junge sich den Sand von den blassen Wangen rieb. „Hey! Was soll das!“, brach es nun endlich aus ihm heraus. Zu seiner Überraschung hörte sich die eigene Stimme fremd an. Eine helle Jungenstimme tanzte aus seiner Kehle hervor. Verdutztheit stand ihm ins Gesicht geschrieben, denn die gelben Augen wurden rund und klein. „Hab ich es dir nicht gesagt, Kleiner? Deine Wahl ist ziemlich einfältig. So ein schwaches Wesen wie einen Menschen zu wählen“, meinte das andere, große Wesen, welches mit dem Wind herbeikam. Gleich darauf leuchtete es auf und schrumpfte, doch der Junge sah dies nicht mit eigenen Augen, lediglich die Anwesenheit der Frau fühlte sich irgendwie anders an. Er konnte es fühlen, dieser jemand hieß wohl Stimme des Windes. Aber jetzt da es sich veränderte, verlor es diesen Titel und wurde zu etwas anderem. Traumgeber, das war es wohl. Sie kicherte heiter. „Mach nicht so ein Gesicht. Ich kann nichts für deine dumme Wahl“, sprach das kleine Wesen, das aussah wie ein winziges, jugendliches Mädchen mit Flügeln auf dem Rücken, „Gestatten, ich bin Tinkermon. Hast du jetzt eigentlich einen Namen?“ „A-…Aschekrieger“, entgegnete der Junge, so als wäre ihm der Name soeben wie Schuppen von den Augen gefallen. Die Fee lachte auf: „Nein, nicht deinen digitalen Titel. Ich meine, einen den du gebrauchen kannst.“ Der Junge dachte nach. Woher sollte er denn wissen wie er hieß. Er konnte schlecht erraten wie man ihn nannte. Immerhin war dieses Tinkermon die erste lebende Seele – falls sie denn lebte – die er kennenlernte. Er sah sich um. Hier war ein Strand und an diesem Strand schummerte es bereits bläulich. Vielleicht erwartete er, dass ein Name vom Himmel fiel. Schließlich zuckte er mit den Schultern: „Nagisa.“ Das Feenmädchen prustete und musste sich beherrschen nicht lauthals loszulachen. „Der ist dir wohl grad eingefallen, huh? Na ja, gut. Dann wollen wir mal nachdenken, wenn du keinen Namen hast, dann gebe ich dir einen…“, meinte sie und dachte angestrengt nach. Nun bemerkte Tinkermon, dass es nicht ganz so einfach war, einem Menschen einen Namen zu geben. Sie betrachtete ihn genau. Er sah nur aus wie ein gewöhnlicher Mensch, aber in ihm schlummerte ein Krieger. Weil er nicht als Mensch geboren wurde, verfügte er auch über keine Geschlechtsorgane. Seine Identität erschien dennoch der eines Jungen zu entsprechen. „Wenn ich es recht bedenke, Nagisa funktioniert als Familienname“, gab Tinkermon schließlich zu, „Kuranosuke sollst du heißen. Bei den Menschen gab es einen großen Krieger, den man Ooishi Kuranosuke nannte. Diesen sollst du fortan tragen.“ „Ich? Ein großer Krieger unter den Menschen?“, fragte Kuranosuke neugierig und seine Augen schärften sich zusehends. „Du ein Krieger? Auf jeden Fall. Ein Mensch dagegen? Vollkommen ausgeschlossen“, antwortete das Digimon, „Deshalb habe ich doch gesagt, das ist die schlechteste Wahl die du treffen konntest. Warum bist du nicht einfach zum Digimon geworden. Ich meine, zu einem richtigen?“ „Digimon?“, wiederholte Kuranosuke verwirrt. „Ja, ein Digimon. Kannst du dich etwa nicht mehr daran erinnern?“, wollte die andere wissen. Kuranosuke konnte nicht anders als mit dem Kopf zu schütteln. Das blonde Mädchen zuckte mit den Schultern. Die Erinnerungen kämen schon noch früh genug zu ihm zurück. Immerhin befanden sie sich hier, im Gedächtnis der Welt. Kuranosuke hingegen ging ein Licht auf. Wenn er schon einmal existierte, dann wunderte es ihn nicht mehr, dass ihm all diese Ideen innewohnten. „War ich ein Digimon?“ „Na ja“, Tinkermon verzog das Gesicht, „So was ähnliches.“ „Haben Digimon eine Seele?“ „Natürlich… blöde Frage…“, entgegnete Tinkermon, „Aber bei dir, kann man das vielleicht nur erwarten.“ „Wieso?“ „Na weil… weil du halt anders bist als alle anderen Digimon. Aber ich denke schon, dass du eine Seele besitzt“, antwortete sie, „Da du jetzt hier bist in diesem menschlich aussehenden Körper, nehme ich an, dass die Versiegelung des Tors zur realen Welt dahin ist…“ „Die Versiegelung?“, wiederholte Kuranosuke endgültig verwirrt. Dieses Wesen, dieses Digimon namens Tinkermon kannte ihn wahrscheinlich sehr gut. Kuranosuke vermutete auch, dass Tinkermon über ein großes Wissen über diese Welt verfügte. Auf einmal fand er dieses wenige zentimetergroße Wesen sehr interessant und wurde neugierig. „Ich mache dir einen Vorschlag, Nagisa Kuranosuke. Ich helfe dir in diesem Körper klarzukommen und du hilfst mir dabei herauszufinden, wer dieser Welt wieder schaden möchte. Und… sobald wir das Werkzeug in die Hände bekommen haben, das dir dazu verhilft wieder zum wahren Aschekrieger zu werden, hätte ich auch gern, dass du für mich kämpfst. Oder… mit mir kämpfst, wenn du so willst.“, erklärte die Fee. „Kämpfen? Mit dir? Aber… kann ich das denn?“, wollte Kuranosuke überrascht wissen. „Können? Mein Lieber, weißt du denn gar nichts? Das liegt in deiner Natur. Aber damit du das in diesem Körper auch bewerkstelligen kannst, müssen wir etwas suchen“, erklärte sie, „Eine Rüstung oder so etwas. Eine Rüstung wie meine, ich kann nämlich digitieren, weißt du?“ „Digitieren?“ „Ach ich bemerke schon…“, Tinkermon schüttelte den Kopf, es wartete viel mehr Arbeit auf es als erwartet, „Bevor wir uns auf die Suche nach einer geeigneten Rüstung machen, sollte ich dich wohl mit in meinen Unterschlupf nehmen. Du musst noch viel lernen wie mir scheint. Du musst dich aber nicht sorgen, deine Erinnerungen befinden sich alle irgendwo hier. Im Meer der Erinnerungen.“ Obwohl Kuranosuke sich noch wackelig auf seinen Beinen hielt und seine Bewegungen etwas tapsig und tollpatschig ausfielen, folgte er dem kleinen, glitzernden Wesen. Der Ort an dem sie sich befanden, nannte man also das Meer der Erinnerungen. Kuranosuke fragte sich, ob ihm deshalb so vieles vertraut vorkam und sein Kopf voller Ideen steckte, obwohl er diese Gedanken gar nicht kennen konnte. Kuranosuke achtete kaum auf seine Umgebung. Zweifelsohne befanden sie sich am Meer, sie waren an einem Strand und über ihnen erschien der Himmel anders als Kuranosuke glaubte ihn aus einer anderen Zeit zu kennen. Irgendwie defus, wie eine dunkelblaue Masse die sich unruhig hin und her bewegte. Hier und da drang Licht durch diese wirre Oberfläche hinein aber klare Sonnenstrahlen gab es hier nicht. Tinkermon wurde zu seinem Licht, das ihm den Weg wies. Dieser Weg führte sie in eine dunkle Grotte. Unbehagen kannte Kuranosuke in diesem Augenblick nicht, selbst in dieser Gestalt bekam er das Gefühl größer zu sein als sein momentaner Körper. Ein merkwürdiger Instinkt breitete sich in seinem Kopf aus, der ihm den Rücken stärkte – er wurde wachsamer, konzentrierte sich auf kleine Geräusche und eben diese Intuition. Diese war ihm wohl aus einem anderen Leben mit in dieses gefolgt und sorgte dafür, ihn innerlich darauf vorzubereiten gegen jedes Hindernis zu kämpfen, welches sich ihm womöglich in den Weg stellte. Kuranosuke blieb abrupt stehen, auch das kleine Digimon stoppte und warf dem Jungen einen fragenden Blick zu: „Was ist?“ „Warum glaube ich, dass ich kämpfen muss? Wogegen muss ich kämpfen?“, wollte er wissen. „Na weil das Kämpfen in deiner Natur liegt. Ich schätze, dass du gegen Digimon kämpfen musst, sobald sie bemerken, dass du dazu in der Lage bist“, entgegnete Tinkermon, „Nun lass dich nicht zweimal bitten und komm.“ Kuranosuke nickte stumm. Dieser Ort machte ihm einen wundersamen Eindruck, jedoch konnte er ihn nicht genießen, denn Tinkermon hatte es eilig. Die feuchten Steinwände glichen Onyxgestein und es war kaum ein Geräusch vernehmbar. Lediglich das rhythmische Klingeln einiger einzelner Wassertropfen, welche von irgendwo herabfielen und in kleine Pfützen hinabregneten. Kuranosuke sah die Quelle der kargen Geräuschkulisse nicht, denn nur Tainkermons goldener Schein leuchtete ihm den Weg. Durch dieses Leuchten erkannte Kuranosuke bald, dass die Grotte in einen engeren Gang führte und nun ein Tunnel wurde. Das Bedürfnis nach dem Ziel zu fragen hatte der Mensch schon, allerdings wusste er nicht ob es dem Digimon gefiele wenn er es täte. So vergingen viele Minuten des Schweigens, denn der Junge war viel zu überwältigt von allem, was ihm in seinem kurzen Leben widerfahren war. Wie viele Schritte er gelaufen war, konnte er nicht einmal mehr schätzen, seine Füße taten noch nicht weh, aber es musste dennoch eine gewaltige Entfernung gewesen sein. „Tinkermon“, sprach er schließlich aus um die Aufmerksamkeit des kleinen Wesens auf sich zu ziehen, „Wo gehen wir eigentlich hin?“ „Das weiß ich nicht. Irgendwo hin“, erklärte sie. „Irgendwo?“, wiederholte der Junge leicht entsetzt, worauf das Digimon kurz nickte und gleich darauf sagte: „Irgendein Ort an dem wir Antworten auf unsere Fragen finden.“ „Und es gibt einen solchen Ort?“, wollte Kuranosuke wissen. Tinkermon zuckte mit den Schultern. Bis sie eine geeignete Reaktion fand verstrichen weitere Minuten: „Ich hoffe für uns, dass wir einen solchen Ort im Meer der Erinnerungen finden. Wir sind zwar noch nicht tief im Gedächtnis der Digiwelt gelangt, aber das Ende dieses Tunnels sollte bestimmt bald in Sichtweite gelangen.“ „Und dann?“ „Dann finden wir vielleicht deine Erinnerungen.“ Kuranosuke verzog es die Gesichtszüge. Welche Erinnerungen meinte diese Fee eigentlich? In seinem Leben war bisher nicht viel geschehen, so dass es wohl nicht viel gäbe an das er sich zu erinnern vermochte. Es sei denn Tinkermon war der Meinung, dass er die vergangenen Erlebnisse eines anderen Lebens wiedererlangen könnte. In diesem Fall wäre das eine andere Geschichte. „Außerdem…“, fuhr Tinkermon schließlich fort, „Hoffe ich einige Antworten zu bekommen. Irgendetwas geht in dieser Welt vor sich und ich muss wissen was es ist.“ „Du sprichst gern in Rätseln, oder?“, stellte Kuranosuke einigermaßen gelangweilt fest. Das kleine Digimon wandte sich um wobei seine Miene verriet, dass es verwirrt war. Kuranosuke ließ ein abfälliges Geräusch verlauten: „Ich kapier nicht wieso wir unbedingt gegen etwas kämpfen müssen, im Moment gibt es doch keinen Ärger, oder?“ „Im Moment vielleicht nicht, aber schon bald werden wir anderen Zeiten entgegen sehen. Weißt du, ich wäre nicht hier, gäbe es nicht irgendein Problem in der Digiwelt. Du, mein lieber Kuranosuke existiertest ebenfalls nicht mehr als Quasi-Digimon wenn hier alles in Ordnung wäre. Also hör jetzt auf törichte Fragen zu stellen und komm mit. Ich weiß was ich suche, aber habe eben keine Ahnung wo.“ Mit diesen Worten flog das feenähnliche Digimon weiter und baute sich damit einen Vorsprung auf. Kuranosuke blieb so klug wie zuvor, doch folgte er dem kleinen Licht wie gehabt in die immer enger werdenden Gänge. Ein Mensch verfügte nicht über dieselben Energiereserven wie ein Digimon. Zu diesem Schluss musste der Junge bald kommen, denn nach stundenlangem Marschieren durch eine erdrückende Dunkelheit spürte er wie seine Füße lahmer und seine Beine bleiern wurden. Auch solch eine lichtlose Gegend wirkte nicht optimal für einen Menschen und so tat ihm das Licht des kleinen Tinkermon beinahe in den Augen weh. Kuranosuke wollte sich keine Blößen geben, denn sein Begleiter hatte ihn schon von Anfang an wegen seiner vermeintlichen Wahl ein Mensch zu sein kritisiert. Dennoch kam die Grenze seiner Kräfte immer deutlicher in seinen Kopf hervor und somit blieb er stehen und setzte sich auf den kühlen, feuchten Feldboden. „Was denn, Kuranosuke-chan, bist du schon entkräftet?“, fragte Tinkermon mit einem Grinsen, „Ich habe dir doch gleich ge-…“ „Dass meine Wahl richtig bescheuert war, ich weiß. Sagtest du bereits… mehrfach.“ „Töricht, das sagte ich“, berichtigte Tinkermon immer noch keck lächelnd und setzte sich auf dem Kopf des Jungen nieder, „Weißt du, ich denke Menschenkörper sind nicht die aller kräftigsten. Komm, kannst du noch ein bisschen weiter? Da vorne ist Licht. Ich schätye es sind noch fünfhundert Meter vielleicht.“ „Was werden wir dort finden?“, wollte Kuranosuke wissen um etwas Zeit zu schinden. „Ich bin mir nicht sicher was genau es sein wird. Erinnerungen mit Sicherheit, aber ich weiß nicht ob es die deinen oder die Erinnerungen der Digiwelt sein werden.“ Kuranosuke ließ einen nachdenklichen Laut hören bevor er erneut das Wort ergriff: „Wie kann eigentlich eine Welt Erinnerungen haben? Können denn nicht nur lebendige Wesen sich an etwas erinnern?“ Tinkermon bedachte Kuranosuke mit einem etwas verärgerten Blick: „Natürlich hat auch diese Welt ein Gedächtnis. Jeder Kampf eines jeden Digimon. Von der Geburtsstunde des Lucemon und den Erhabenen bis hin zu den sieben großen Dämonenlords ist alles im Gesamtnetzwerk gespeichert. Ich weiß wer du wirklich bist, Nagisa Kuranosuke und ich bin schockiert was der innige Wunsch nach einer Seele aus dir gemacht hat. Du weißt nämlich nicht mehr wer du bist und so etwas ist gefährlich.“ „Aber ich weiß wer ich bin!“, protestierte Kuranosuke sofort. „Wer bist du?“ „Mein Name ist Aschekrieger“, entgegnete er und brachte Tinkermon dadurch zum Lachen: „Gewiss. Ein Aschekrieger bist du. Nur liegen in deinem digitalen Titel auch ein Sinn und eine Aufgabe. Was bringt dir also dein Titel, wenn du deine Bestimmung nicht kennst? Wenn du wüsstest wer du bist und was du erlebt hast, so begreifest du auch dass diese Welt ebenso wie alle anderen Welten dieses Universums über ein Gedächtnis verfügen.“ „Wenn du so klug bist, Tinkermon, warum erzählst nicht du mir was mit mir geschehen ist?“, wollte er trotzig wissen. „Du musst es selbst sehen und dich daran erinnern. Erzählte ich es dir, dann ist es nur eine Geschichte. Eine tragische Heldengeschichte, die zwar nett anzuhören ist und einen kleinen Jungen wie dich sicher so einige Nächte wachhielte – aber eben nicht mehr. Für dich wären es nur leere Worte“, erklärte Tinkermon und forderte ihn mit einer erneuten Kopfbewegung auf mit ihr zu gehen, „Ist wirklich nicht mehr weit und dann können wir uns beide ausruhen. Ich bin auch nicht mehr die Jüngste und außerdem viel kleiner als du. Also komm schon, umso schneller können wir uns ausruhen.“ Kuranosuke rollte leicht mit den Augen. Er konnte schlecht wissen, dass Tinkermon schon mehrere Zentausendjahre hinter sich gebracht hatte – jedenfalls in der digitalen Welt. So erhob er sich und folgte dem kleinen Licht ohne weiteres Murren oder Beschwerden. Tatsächlich dauerte es kaum mehr als ein paar Minuten bevor der Weg die beiden Reisenden in eine weitere Einbuchtung, ähnlich einer Grotte führte. Das Licht war ungewöhnlich bläulich an diesem Ort in dessen Mitte eine Art Altar stand. Kuranosuke sah sich fasziniert um. Ein solches Azurblau erblickten seine Augen zum allerersten Mal. Das helle Blau ging vom Kristall des Altars aus, eine Tatsache die den Jungen insgeheim zum Schwärmen brachte. Tinkermon flog auf den Altar zu, setzte sich nieder und sah nach unten so als hätte er ein Loch. Kuranosuke blieb im Höhleneingang stehen um zu beobachten was sein Begleiter womöglich herausfand. Tinkermons kleines Antlitz klarte auf und es klatschte in die Hände: „Sehr gut! Meine Intuition täuscht mich eben doch nicht.“ „Was hast du gefunden?“, wollte er wissen. „Na wovon rede ich denn schon seit langem ganze Buchserien? Erinnerungen natürlich!“, entgegnete das Digimon heiter und tanzte auf dem Altar herum. Kuranosuke rollte mit den Augen während er sich in Bewegung setzte. Natürlich konnte er sich bereits denken um was es sich handelte, doch was für Erinnerungen wäre für ihn in diesem Moment relevant gewesen. „Es sind deine. Du kannst sie dir ansehen wenn du möchtest“, fuhr Tinkermon fort. Es trat ein wenig zur Seite als der Junge an den Altar getreten war und nun fiel es auch ihm auf, dass in diesem glitzernden, blauleuchtenden Gebilde ein Becken voll klarem Wasser platziert war. Der erstaunte Blick des Jungen traf Tinkermons aufgeweckte Augen. „Du fängst schon an wie ein Mensch zu denken. Kuranosuke, das hier ist die Digiwelt. Hier verläuft nichts nach einer Logik, die dem Menschen als wirklich logisch erscheint. Sieh hinab in den Altar und du wirst sehen. Du wirst sicher Dinge sehen, die dir nicht gefallen werden denn in deinem kurzen Leben sind nicht unbedingt die Begebenheiten besonders glücklich gewesen. Also… sieh zu, wir haben nicht bis ans Ende dieser Welt Zeit“, erklärte das Digimon und ließ den Jungen nun in Ruhe sehen was der Altar ihm zeigen wollte. In Kuranosukes Magengegend breitete sich ein mulmiges Gefühl aus. Eine innere Stimme, welche womöglich von Tinkermon selbst heraufbeschworen worden war, sagte ihm dass er sich beeilen sollte und der Wahrheit ins Auge blicken musste. Auf der anderen Seite klang diese innere Stimme bedrohlich und Kuranosuke erkannte auch den Grund für diesen Eindruck. Es musste dieses Etwas sein, dass in ihm rebellieren und kämpfen wollte. Jedoch nun da er ein Mensch war, musste er doch schließlich versuchen es im Zaum zu halten. Bevor Tinkermon ihn allerdings erneut drängen konnte, wandte er seinen Blick in das Becken hinunter dessen Oberfläche ebenso defus hin- und her wankte wie der Himmel, den er am Strand erblickt hatte. Als seine Augen das kristallklare Wasser erblickten, trübte es sich binnen eines Bruchteils einer Sekunde ein. Die milchige Farbe erschien wie ein Traum, der dem Jungen sogleich einen weiteren Traum zeigte. Kuranosuke traute seinen Augen kaum. Als auch der weiße Nebel sich lichtete, gab dieser die Sicht auf eine Welt frei, die ihm sehr bekannt vorkam und die er doch noch nie betreten hatte. Es sei denn, dieses Meer der Erinnerungen gehörte zu jener Welt. Die Lage schien ernst zu sein, denn dort standen Wesen, die ihm ähnlich sahen. Die Gestalt ihrer Körper und auch die Höhe waren ihm ähnlich und so musste Kuranosuke einsehen, dass er wohl tatsächlich schon einmal von ihnen gehört haben musste, denn sonst existierte die Idee von ihnen nicht in seinem Gedächtnis. Es gab also doch Leute wie ihn, Menschen, so wie Tinkermon Kreaturen nannte und um sie herum befanden sich Wesen wie Tinkermon in den buntesten Farben und erdenklichsten Erscheinungsformen. Es waren genau sechs von diesen Menschen dort und Kuranosuke bekam das Gefühl sie alle irgendwoher zu kennen. Ein Kind der Hoffnung gab es und eine Jägerin des Lichtes. Das Band der mutigen Freundschaft hatte sich mit dem der freundlichen Dunkelheit verbunden und bei ihnen stand auch die aufrichtige Saat der Liebe. Der Kleinste unter den Menschen war der verlässliche Kelch der Weisheit. Kuranosuke konnte ihre Worte nicht genau verstehen, aber ihre Gesichter verrieten ihm, dass sie sich in einem Kampf befanden. In einem Kampf mit zwei Menschen, die keine wirklichen waren. Zwei Menschen die sich nur als solche Wesen tarnten und sich auch in dieser wundersamen Digiwelt mit einem Truck fortbewegten. Außerdem befand sich noch jemand auf dem Plan… Der Aschekrieger. Kuranosuke traute seinen Augen kaum. Er befand sich auch bei ihnen. Bei den Digirittern und auch bei denen, die der Ursprung seiner Existenz waren. Diese beiden Wesen, die weder so waren wie Tinkermon noch so waren wie die Digiritter hatten auch ihn gemacht. Den Aschekrieger in der Gestalt eines gewaltigen, schwarzen Digimon. Sie nannten ihn BlackWarGreymon, denn anders als alle anderen Digimon bestand er nicht aus den reinen Daten dieser Welt, sondern aus einhundert schwarzen Türmen. BlackWarGreymon war wütend, sehr wütend sogar und eben dieselbe Wut flammte auch in Kuranosukes eigenem Herzen wieder auf. Sie hatten sich bekämpft. Die Digiritter und er waren Feinde. Ebenso wie die Quelle seines Lebens seinen Feinden gleichkamen, denn anders als diese falschen Digimon es wollten, glaubte BlackWarGreymon – er – nicht daran, dass es seine Bestimmung war ihren Befehlen zu folgen. Kuranosuke erinnerte sich. Er suchte nach einem Grund für sein Dasein. Eine Bestimmung, die sein Herz erfüllte und die große Frage ob auch ein Wesen wie er, jemand der weder Digimon noch Mensch war über eine Seele verfügte. Die Bestimmung des Aschekriegers… Er zerstörte die heiligen Steine des Qinglongmon um diese Welt zu vernichten. Das sollte er tun und das würde er wohl bis an sein Lebensende weiter verfolgen, nur warum war Kuranosuke dann ein Mensch geworden, wenn er die Digiwelt vernichten sollte. Was für einen Sinn hatte es ihm die wehrloseste Hülle aller Zeiten zu geben? „Mein Lebenssinn ist es, diese Welt zu vernichten Tinkermon“, murmelte Kuranosuke schließlich, der aus Enttäuschung das Interesse daran verlor weiter in diesen Traum hineinzusehen. Tinkermon, welches noch immer an seiner Seite stand, ließ sich nun auf seinem Kopf nieder und beugte sich nach vorn um in Kuranosukes Gesicht zu sehen: „Bist du dir sicher? Ich bezweifle, dass die Digiwelt dich wieder aufleben lässt damit sie sich selbst in Gefahr bringt.“ „Was ist, wenn diese Leute mich wiederbelebt haben, dann doch wahrscheinlich um diese Welt zu vernichten, oder?“, stritt Kuranosuke ab und ließ sich auf den Boden nieder. Welch langweiliges Schicksal ihn da ereilt hatte. Zerstörung sollte er verbreiten, nichts weiter. „Glaube ich nicht.“ „Ach ja? Wieso bist du dir so sicher?“, harkte Kuranosuke nach. „Ganz einfach, wenn die Macht der Dunkelheit auf deine Hilfe angewiesen wäre, dann hätte ich dich wohl kaum gefunden. Ich stehe nicht mit der Macht der Dunkelheit in Verbindung und das bedeutet, dass dein Schicksal nicht sein sollte diese Welt zu vernichten. Glaub mir, Kuranosuke-chan, ich bin hier um dich auf den richtigen Weg zu bringen. Also sei jetzt ein braver Junge und schau wieder in deine Erinnerungen hinein. Immerhin haben wir nicht ewig Zeit.“ Die Worte des Digimon überzeugte Kuranosuke nur bedingt. Vielleicht lagen seine Zweifel an seiner momentanen Gestalt. Wenn er sich richtig erinnerte, dann waren Menschen voller zweideutiger Gefühle, die sich ständig miteinander stritten. Der Junge spürte es genau, einerseits wollte er Tinkermon glauben und vertrauen. Auf der anderen Seite hatte sich bereits das Misstrauen in die eigene Form und die eigenen Absichten tief in sein Herz eingenistet. Kuranosuke war kein Mensch und er war auch nie ein Digimon gewesen. War er überhaupt in der Lage jemanden zu vertrauen? Kuranosuke stieß einen tiefen Seufzer aus. Was hatte er schon zu verlieren? Damit fasste er sich en Herz und blickte erneut hinunter in das Becken, welches mit seinen eigenen Erinnerungen angereichert war. Als nächstes erkannte er ein Digimon, dass zu einer anderen Version seines Selbst zu werden vermochte. Agumon war vielleicht so etwas wie ein Freund gewesen auch wenn sie miteinander gekämpft hatten. BlackWarGreymon hatte es für seine Bestimmung gehalten zu kämpfen und die heiligen Steine zu zerstören. Die Zerstörung dieser Steine fiel selbstverständlich in den Plan seiner Erschaffer und dennoch machte dieses kleine Agumon ihm klar, dass es nicht der einzige Sinn seines Daseins war. Kuranosuke sah in den folgenden Minuten vieles das schön war und vieles das voll Grausamkeit erschien. Doch letztendlich musste Kuranosuke erkennen, dass Tinkermon Recht behalten hatte. Er sah sich selbst, wie er den Wesen half, die er selbst bekämpft und als Feinde eingestuft hatte. Kuranosuke sah in die Gesichter jedes einzelnen Digiritter und dessen Partners. Sie wollten für den Erhalt dieser Welt kämpfen und tatsächlich fühlte er tief in seiner Seele, dass es richtig war ihnen zu helfen und sie zu unterstützen. Er opferte sich. Er verband sein eigenes Leben, seine Lebensenergie mit dem Tor zur Digiwelt. BlackWarGreymons schwarze Rüstung und die Gestalt in der er erschienen war, verging in die unzählbaren Pixel seiner Existenz. Auch wenn er sich selbst nicht mehr zu sehen vermochte. Kuranosuke spürte doch ein vertrautes Empfinden. Ein Gefühl mit den vielen Kriegern dieser Welt in Verbindung zu stehen. Der Junge, damals noch ein Digimon und nun ein Siegel. Er vereinte sich mit den Großen und auch mit den Digirittern und deren Partnerdigimon. Kuranosuke erkannte nun, dass Tinkermon Recht behalten hatte. Er sollte diese Welt icht vernichten. Nein, er war an den Strand gespült worden, weil er wissen wollte wieso er nicht mehr zu diesem System gehörte. Warum er ausgerechnet die Erinnerung an einen Menschenkörper bei sich behalten hatte, wusste er selbst nicht, doch diese Idee verhalf ihm zu einer neuen Chance. Atemlos wandte sich der langhaarige Junge vom Becken ab und betrachtete seine Hände. Zweifelsohne mit diesen Händen sollte er sich nützlich machen, aber wie? Wieso gehörte er nicht mehr zu diesem Ganzen? Er war doch all die Jahre so glücklich gewesen endlich von Nutzen zu sein. „Das ist genau das, was ich hinausfinden möchte, Nagisa Kuranosuke“, erklärte Tinkermon, so als habe sie seine exakten Gedanken lesen können. „Wer hat mich aus meiner Aufgabe herausgerissen, Tinkermon? Und wieso bin ich nicht gleich als BlackWarGreymon wiedergeboren worden?“, freagte Kuranosuke verwirrt, „Wie soll ich denn mit dir kämpfen wenn ich ein Mensch bin?“ Tinkermon kicherte: „Deine Erscheinung hast du dir selbst ausgesucht. Was das andere angeht, so glaube ich dass du nicht als ein Digimon wiedergeboren werden konntest, weil du nie über ein anderes Level verfügt hast als das Megalevel. Als welches Digimon hättest du wiedergeboren werden sollen frage ich mich?“, antwortete Tinkermon. Kuranosuke zuckte mit den Schultern als Antwort. Selbstverständlich kannte er keine Antwort auf diese Frage. Es machte auch keinen Sinn nach einer Antwort zu suchen. Welche Frage allerdings einer Aufklärung bedurfte wusste Kuranosuke ganz genau. „Tinkermon, wir müssen herausfinden warum das Siegel geschmolzen ist, richtig? Gibt es einen Weg es herauszufinden?“, wollte der Junge aufgeregt wissen, „Und vor allem, wie kann ich dich unterstützen, jetzt da ich kein Digimon mehr bin!?“ Tinkermon bedachte ihn mit einem eindringlichen Blick. Nagisa Kuranosukes goldgelbe Augen leuchteten vor Entschlossenheit. In ihm brannte zweifelsohne ein heißes Feuer, welches seine Seele ergriff. Er mochte wie ein Mensch aussehen und sich nur noch menschlichen Kräften bedienen, aber letztendlich brannte die Seele eines Digimon in ihm. Die kleine Fee brachte ihm ein überlegenes Lächeln entgegen: „Fürwahr gibt es einen Weg dich wieder kämpfen zu lassen, Nagisa Kuranosuke, die Frage ist in wie weit wir Zeit haben diese Methode auch bewerkstelligen zu können. Unsere Priorität ist nun eine andere, lass uns zuerst herausfinden was mit dem Tor zur Digiwelt passiert ist.“ Kuranosuke nickte. Vermutlich behielt Tinkermon Recht und sie mussten zunächst herausfinden warum sie sich hier in einer fleischlichen Hülle befanden. Dem Jungen machte es kaum etwas aus nicht zu wissen in welcher Position Tinkermon eigentlich stand, insgeheim spürte er, dass es einen tieferen Sinn haben musste, dass er auf dieses Digimon getroffen war. „Du kannst wieder laufen, nicht wahr?“, wollte es wissen, „Wir können uns viele lange Pausen nicht leisten.“ Die beiden Wanderer im Meer der Erinnerung traten aus der kleinen Grotte wieder hervor und wandten sich eines anderen Weges zu. Die Dunkelheit in diesen Gängen ließ keinesfalls nach und trotzdem bekam Kuranosuke immer mehr das Gefühl sich besser in diesen Gefilden zurechtzufinden und besser sehen zu können. Vielleicht bildete er sich auch nur ein dass sein Sehen sich verbesserte, denn die Erkenntnis in Wahrheit so etwas wie ein Digimon zu sein gab ihm unglaublich viel Mut. Die geschlungenen Windungen des Gedächtnisses folgend gab vergaß Kuranosuke auch schnell die Schwächen seines Körpers. Natürlich wurde er nach Stunden wieder müde, doch er wollte nicht eher ruhen bis er hausgefunden hatte, was vor sich ging. Diesem Verlangen folgte auch Tinkermon und während sie unendliche Felstunnel entlang gingen, breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus: „Die Digiwelt besteht nicht nur allein aus Daten. Sie besteht auch aus den Träumen und Wünschen der Menschen und der Bewohner der Digiwelt.“ Die Augen des Anderen weiteten sich und schrumpften vor Überraschung, doch gleich darauf leuchteten sie vor Freude auf und er nickte zuversichtlich. Es war nichts zu sehen bis auf die dunkle Wand die sie immer wieder niederrissen. Sie sprachen nicht viel und vor ihnen tat sich auch kein neuer Raum auf. Wie viel Zeit genau verstrich spielte für niemanden eine Rolle, doch nach einer gefühlten Ewigkeit geschah endlich etwas. Ein ohrenbetäubender Knall verbunden mit einer gewaltigen Erschütterung die einem schweren Erdbeben gleich kam. „Kuranosuke-chan, ist alles in Ordnung!?“, Tinkermon sah sich um und warf den Jungen sofort zur Seiten. In dem Moment als sie sich umgesehen hatte, erblickte sie zwei gewaltige Lichtkugeln auf sie beide zufliegen. Die Hitze war bereits von weitem zu spüren und die Luft flimmerte in der Ferne. „Wow verdammter Mist…!“, murmelte das kleine Digimon, denn sie sah ein, dass sie unter keinen Umständen diese Wucht aushalten konnte, egal wie sehr sie sich bemühte, „Dann gibt es nur eines zu tun. Spirit Evolution!“ Kuranosuke sah auf, aber er konnte nicht erkennen was es mit Tinkermons Worten auf sich hatte. Sehen konnte er ebenso wenig, aber eines war ihm binnen kurzer Zeit bewusst. Ein Digimon hatte niemals nur eine Form der Erscheinung. So verhielt es sich auch mit Tinkermon, welches die beiden Energiepakete mit einer Leichtigkeit abgewandt hatte. „Tinkermon?“ „Nein, ich bin auf das Ultralevel zu Shuutsumon digitiert“, sprach das geflügelte Monster, „Ich kann meine finale Stufe momentan nicht erreichen, aber wir haben wohl Glück gehabt. Der Angriff kam von einem Digimon, das wohl auf dem gleichen Level ist wie ich… oder zumindest genauso stark ist.“, entgegnete das Wesen, wobei es sich bereit hielt dem fremden Wesen gegenüber zu treten. Tatsächlich kam es in Sichtweite. Ein schreckliches Monster welches die Form eines Skeletts hatte. „SkullSatamon!?“, murmelte Shuutsumon, doch erhielt es keine Antwort. Es wirkte so als könne dieses Digimon sie weder sehen noch richtig reden. Shuutsumon gab Kuranosuke ein Zeichen ihm leise und unauffällig zu folgen. Das Digimon, welches Kuranosukes Begleiter als SkullSatamon identifizierte, zog an ihnen vorbei und verschwand gleich darauf wieder in einer versteckten Grotte. Ohne dass Kuranosuke danach fragte was sie nun tun sollten, wies ihm das Digimon zum Folgen auf: „Merkwürdig. Seine Attacke war physisch aber uns hat es nicht gesehen. Ich schätze dahinten finden wir noch mehr Erinnerungen, aber ich kann nicht dafür garantieren, dass wir nicht noch kämpfen müssen. Oder… zumindest ich. Für dich wäre es besser im Falle eines Kampfes dich zurückzuhalten.“ „Was du nicht sagst…“, murmelte Kuranosuke leise als Antwort, worauf er dem Ultraleveldigimon folgte. Als es um die Ecke bog, um in die nächste Kammer zu gelangen, mussten beide feststellen, dass SkullSatamon verschwunden war. Kuranosuke schüttelte sich merklich da es ihm kalt über den Rücken gelaufen war. „Solche Dinge geschehen normalerweise nur in Gruselgeschichten, stimmt’s?“, bemerkte das riesige Digimon nun und zwinkerte dem Jungen zu. Dieser ließ ein abfälliges Geräusch hören: „Ich kenne keine Gruselgeschichten. Ich lebe schließlich erst seit ein paar Stunden, schon vergessen?“ Shuutsumon schmunezlte: „Natürlich. Der große Aschekrieger kennt keine Furcht.“ Die beiden bewegten sich auf den Altar zu, der eine exakte Kopie des Heiligtums in der anderen Kammer war. Lediglich das Wasser in diesem Becken verwehrte die Sicht auf den Grund. Es hatte eine sandige Farbe und ließ vermuten, dass die Erinnerung vielleicht sehr alt oder ziemlich schmutzig war. Shuutsumon, welche nun doppelt so großgewachsen war wie Kuranosuke, beugte sich über das Becken. Der Junge tat es dem Digimon gleich, wobei beide das Gefühl bekamen in den Altar hineingesogen zu werden. Sie spürten eine Wand aus Hitze auf sich zukommen. Keine Sommerhitze, die man im Freien genießen konnte, aber auch keine Feuersbrüste konnte man mit diesen erbarmungslosen Temperaturen vergleichen. Sie kroch dem Digimon und dem Jungen gleichermaßen unter die Haut bis ins Herz hinein und dort erkannten sie was es wirklich war: Hass. Der Hass eines Digimon loderte wie eine Flamme in der Digiwelt und dennoch befand es sich nicht in dieser Welt. Es war woanders und wo auch immer es sich befand, es rebellierte gegen die Barrieren und Grenzen die es momentan im Zaum hielten. Kuranosuke versuchte zwischen dem Brüllen des Infernos Worte zu verstehen, doch dies gelang ihm nicht. Ein Blick zu Shuutsumon verriet ihm, dass auch das Digimon große Probleme damit hatte zu verstehen was los war. Die beiden Wanderer konnten sich kaum noch frei bewegen, so als ob der Sog des Altars ihnen auch die Möglichkeit nehmen wollte vor den grausamen Ereignissen zu fliehen. Mit jeder Minute nahmen der Hass und die Raserei desjenigen weiter zu, der an diesem Ort verbannt war. Dunkle Worte drangen an die Ohren der beiden Spione. Worte, die niemals hörbar ausgesprochen waren und doch im Herzen verstanden werden konnten. Kuranosuke schauderte es noch mehr als zuvor. Zweifellos handelte es sich bei dem Gefangenen um ein Digimon und dieses gehörte nicht zu denen mit denen man sich ungestraft anlegte. „Shuutsumon… kann es sein dass…“, fragte Kuranosuke atemlos. Er kannte den Ort nicht, an dem man das Digimon verschlossen hielt. Es wohnte nur eine Ahnung in ihm. Das menschliche Vogeldigimon nickte zunächst schweigend um die stummen Worte besser analysieren zu können. Das Geschrei des hasserfüllten Digimon, brachte nun auch Shuutsumon dazu nervös zu lachen: „So sieht es aus, Kuranosuke-chan, aber mit Wut allein kann man sich nicht von den Ketten des schwarzen Turmes befreien. Ansonsten wäre Dagomon schon längst geflohen.“ „Dagomon!?“, die tobende Stimme brüllte die Spione direkt an, „Dagomon habe ich gefressen und nun! Nun! Bin ich stärker, viel stärker!“ Shuutsumon und Kuranosuke tauschten vielsagende Blicke miteinander aus. Es war kaum zu glauben, dass sie direkt mit einer Erinnerung kommunizieren konnten. „Wer bist du?“, fragte das Digimon. „Ich bin einer der großen Sieben. Zwar noch eingeschlossen in Dagomons Meer, dem Meer der Dunkelheit, aber ich bin nicht allein. Vergessen haben sie, dass es in diesen Welten nicht nur um physische Gesetze geht.“ „Demon!“, brachte das gefiederte Digimon hervor, „Einer der großen Dämonenlords hat sich wegsperren lassen? Ich frage mich von wem es sich so hat demütigen lassen.“ Shuutsumon wusste, dass es provozierte. Es handelte sich um eine Erinnerung, also war es Demon im Augenblick nicht möglich anzugreifen. Schon gar nicht, sollte es sich noch immer in Dagomons Meer befinden. „Nimm den Mund nicht zu voll, ich bin nicht allein. Mein Hass brennt bis zur Firewall und wieder zurück“, krächzte Demons gehässige Stimme, „Die Fegefeuer der Firewall flammten auf und brennen nun unaufhörlich weiter. Sie haben jemanden geweckt, der es mir ermöglicht zurückzukehren um die Welt mit Schatten und Dunkelheit zu überziehen. Selbst ihr könnt den Lauf des Schicksals nicht verändern.“ Mit den Worten Demons traten Bilder in die Köpfe der beiden Beobachter. Sie sahen die Firewall hinter dessen Grenzen es längst vergangene Kreaturen gab, die sich nicht befreien konnten. Doch sprühten die Gluten über und lenkten die Sicht auf ein weiteres Meer hinunter. Kuranosuke starrte auf den Fleck an dem der Feuerball herniederging und mit wütendem Zischen versiegte. „Was ist das? Dieses beklemmende Gefühl…“, murmelte Kuranosuke, dessen Körper von Angst und Schrecken erfüllt war. „Das ist der Netzozean. Kein besonders einladender Ort, wenn du mich fragst und wenn Demon sich dorthin wendet, dann verspricht das mit Sicherheit keine Sommerferien“, entgegnete Shuutsumon wachsam, aber es machte keinen verängstigten Eindruck. Trotzdem klang die Stimme des Digimon ernst. Aus dem Ozean heraus dröhnte eine träge Stimme, so als habe man sie aus einem langen Winterschlaf geweckt. „Ganz schön in der Klemme steckst du“, in der Stimme lag ein spöttischer Unterton, „Amüsant wie sehr du dich dort hinten abstrampelst und die Grenze nicht durchbrechen kannst.“ Die Antwort blieb aus, der brennende Hass gewann an Deutlichkeit. Erneut lachte die träge Stimme, worauf das Wasser des Netzozeans zu brodeln begann: „Gemeinsam reißen wir die Grenzen ein, Demon, wenn du mir nur aus meinem Gefängnis hilfst. Nimm das Meer mit und nimm den Turm mit, denn nur mit deren Hilfe werden die Digiwelt und die reale Welt schon bald zu einer einzigen Welt der Dunkelheit verschmelzen.“ Das Brodeln wurde stärker und die Wellen fingen an zu schäumen da der Netzozean zu kochen begann. Die Energie sammelte und konzentrierte sich zusehends, worauf Shuutsumon einen der Flügel um Kuranosuke legte und ihn an sich drückte. „In Deckung!“, rief sie, denn die Hitze wirkte so bedrohlich als sei sie physischer Natur. Tatsächlich verhielt es sich bei dieser Erinnerung ebenso wie bei dem Energieballen des SkullSatamon. Um ein Haar verfehlte der brodelnde Energiestrahl das Digimon und den Menschen, worauf es mit der Geschwindigkeit des Schalls schnurstracks in den Himmel schnellte und ein Loch in den Horizont ätzte. Kuranosuke hielt sich die Arme vor den Kopf um sich vor dem kochenden Wasser zu schützen. „Kuranosuke, schau! Sieh es dir gut an, die Mächte denen wir uns stellen müssen“, sprach Shuutsumon leise und rüttelte ihn auf. Der Junge öffnete seine Augen eher ängstlich, beinahe verunsichert, denn er spürte wie Kraft aus seinem Herzen entwich. Er hielt sich an dem Digimon fest und starte auf das Loch, welches immer größer wurde und die Sicht auf ein schwarzes Meer freigab. „Ich nehme an, dass du es gespürt hast. Dies war der Augenblick an dem die Versiegelung der Digiwelt geschmolzen ist und du als Restdaten gesammelt wurdest“, rief Shuutsumon gegen die Druckwelle an, die sie erfasste und wegzuschleudern drohte. „Shuutsumon, was heißt das jetzt? Was sollen wir tun?“, wollte Kuranosuke aufgebracht wissen. „Wir müssen in die reale Welt, Kuranosuke-chan. Wir müssen in die reale Welt, auch wenn du noch nicht kämpfen kannst. Wir müssen einen Weg finden um den Digirittern beizustehen“, erklärte Shuutsumon, „Wir werden kaum auffallen und so erscheinen als seist du wie die anderen ein Digiritter und ich als Tinkermon dein Digimonpartner.“ „Aber ich kann nicht kämpfen… so als Mensch…“, bemerkte Kuranosuke während er von seinem Begleiter zurückgezogen wurde. Ein bekümmertes Lächeln zeichnete sich auf dem Gesicht des Digimons ab: „Wir haben keine Wahl. Die Zeit ist im Augenblick unser größter Feind. Immerhin wissen wir, dass sie es auf die Digiritter abgesehen haben.“ „Nachdem wir in die Grotte zurückgelangten wanderten die Erinnerungen freier im Meer der Erinnerung umher. Auf der Suche nach meiner Rüstung trafen wir auf die Bestie namens Kimeramon und jemanden, der so ähnlich war wie ich. Sie jagten uns und wir mussten fliehen. In einer weiteren Grotte fanden wir ein Tor zur Digiwelt, das durch eine Art Puzzle geöffnet werden kann. Kimeramon konnte es durch seinen Meister nutzen und verschwinden, gleich darauf nahm ich es in mir auf um die Macht zu erlangen selbst mit den Phasen zu spielen. Das Problem war letztendlich, dass Kimeramon bereits in die reale Welt geflohen war“, berichtete Kuranosuke während ihm die entsetzten und gleichermaßen faszinierten Blicke der umstehenden Digiritter entgegenstarrten, „Tinkermon besitzt außerdem die Fähigkeit die Erinnerungen anderer Menschen zu verändern, nur gelang uns das bei Motomiya Daisuke, Yagami Hikari und Ichijouji Ken nicht.“ Taichi war der erste, der sich wieder fasste und dazu in der Lage war etwas zu sagen: „Heißt das etwa… Nagisa Kuranosuke, d-du bist… BlackWarGreymon!? Das BlackWarGreymon von damals?“ Kuranosuke nickte stumm. Eine Verwirrung ging durch die Gruppe, doch eines war ihnen allen klar geworden: sie hatten es mit einem übermächtigen Feind zu tun. Nein, es war nicht ein Feind, es stellten sich ihnen mehrere entgegen. Fortsetzung folgt Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)