Der Amethyst der Seine von RubyRose ================================================================================ Prolog: -------- Es war mitten in der Nacht und fast alle Bewohner von Paris schliefen. Alle, außer mir und einigen Halunken, hinter denen ich her war. In meinen schwarzen Kleidern schlich ich durch die Stadt wie ein Schatten. Lautlos wie eine Katze ging ich meinen Weg, ohne von irgendjemandem bemerkt zu werden. Heute war eine ruhige Nacht, dachte ich mir. Doch dann erklang, als ob ich es beschrien hätte, ein Hilferuf nicht weit von mir. So schnell mich meine Füße trugen presche ich vorwärts in die Richtung, aus der ich die Stimme gehört hatte. Nur eine Gasse weiter konnte ich beobachten, wie ein abgerissener Mann einen unbescholtenen Bürger mit einem Messer bedrohte. Ich rückte meine schwarze Maske zurecht, die mein Gesicht verbarg, und trat vor. „Halt“, rief ich mit fester Stimme, und beide Männer drehten sich zu mir um. „Was willst du, Bürschchen? Hier gibt es nichts zu sehen“, fuhr der eine mich an. Doch ich ließ mich von seiner Barschheit und seinem funkelnden Messer nicht beeindrucken. „Ich hoffe doch mal nicht, dass du gerade versuchst diesen armen Mann auszurauben“, mutmaßte ich, denn genau so sah das hier für mich aus. „Hau ab, Junge. Geh nach Hause zu deiner Mama.“ Er hielt mich für einen Jungen. Was für ein Irrtum. Ich war alles andere als ein Junge. Aber mit der Maske und den schwarzen Männerkleidern, in denen ich steckte, konnte ich ihm diesen Fehler nicht übel nehmen. Vor allem da man mein Gesicht wegen der Maske ja nicht sehen konnte. Und ich trug sie mit gutem Grund, denn niemand sollte erkennen, wer ich wirklich war. Ich zog meinen Degen und hielt ihm dem Räuber direkt unter die Nase. „Du lässt sofort von diesem Mann ab, Gauner, denn sonst bekommst du es mit mir zu tun!“ Meine Stimme und mein Geist waren fest und unerschütterlich. Ich hatte keine Angst vor dem Dieb. Ich hatte vor gar nichts Angst, und das sah er anscheinend auch in meinen amethystfarbenen Augen, die ihn unverwandt anblickten. Seine Hand, die vorher den Kragen des Überfallenen gepackt hatte, ließ diesen nun los. Stattdessen wandte sich der Gauner nun vollständig mir zu. Anscheinend hatte er erkannt, dass ich für ihn wohl doch eine größere Gefahr darstellte als er zunächst angenommen hatte. Er stürmte auf mich zu, mit dem Messer in seiner Hand. Doch ich wich geschickt aus, so dass sein Messerhieb ins Leere geriet. Ich erlaubte mir einen Spaß und schlug ihm mit der Breitseite meines Degens gegen den Rücken. Er ließ ein Schnauben ertönen, drehte sich um und stürzte noch einmal wutentbrannt auf ihn zu. Ich war flink. Flinker als die meisten anderen Menschen, und so war es für mich sehr einfach immer im richtigen Moment einem Schlag auszuweichen. Und dann griff ich an. Ich machte einen Ausfallschritt und stieß mit der Spitze meiner Klinge in Richtung Brust meines Gegners. Mehr als einen Kratzer bekam er nicht ab, denn ich war vorsichtig. Ich wollte ihn ja schließlich nicht töten, nur vertreiben. Mein Feind wurde immer wütender und sein Angriff immer unkoordinierter. Es war ein Leichtes ihn zu reizen und ihm mehrere kleine Wunden zuzufügen, so dass er bald aufgiab. Mit einem Fluch auf den Lippen stürzte er plötzlich davon. Ich konnte nur hoffen, dass er gelernt hatte niemanden mehr zu überfallen. Denn ich hielt des Nachts Wache und beschützte die Unschuldigen. Der andere Mann, er sah aus wie ein Kaufmann, stolperte auf mich zu. Offenbar wusste er immer noch nicht so recht wie ihm geschehen war. „Vielen Dank, mein junger Herr! Ihr habt mich gerettet! Gott sei Dank seid ihr rechtzeitig erschienen. Aber wer seid Ihr?“ Ich steckte meinen Degen zurück in seine Scheide und lächelte dem Mann freundlich zu. „Ich bin Améthyste“, antwortete ich. „Aber nun geht Eurer Wege, bevor Euch noch jemand überfällt und ich Euch wieder retten muss“, fügte ich noch mit einem freundlichen Zwinkern hinzu. Das ließ sich der Mann nicht zweimal sagen. Er verbeugte sich vor mir, dankte mir noch einmal und sah dann zu, dass er nach Hause kam. Auch für mich wurde es langsam an der Zeit nach hause zu gehen, ehe die Sonne wieder aufging. Auf dem Heimweg musste ich auf einer Brücke die Seine überqueren. Genau in der Mitte blieb ich stehen und verweile für einen Augenblick. Der Horizont verfärbte sich langsam schon wieder hell, und die ersten Lichtpunkte reflektierten sich auf den Wellen des Flusses. Ich war hier ganz allein. Ich war eine sechzehn Jahre alte Junge Frau mit pechschwarzen Haaren und amethystfarbenen Augen. Ich war schlank und gut in Form. Ich konnte es im Schwertkampf mit jedem Mann aufnehmen. Nachts durchstreifte ich die Straßen von Paris um Verbrechen zu verhindern. Nachts legte ich meine schwarzen Kleider und meine Maske an. Nachts war ich Améthyste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)