Die Vorahnung von Lupus-in-Fabula ================================================================================ Kapitel 1: ----------- King gähnte. Müde blickte der Hund zu der Verandatür. Ein paar Vögel zwitscherten und flogen ihre morgendlichen Runden. Gemütlichen trottete der Hund zum Zaun und hob das Bein. Eine Katze huschte schnell vorbei, wollte keinen Ärger mit King riskieren. Diese Befürchtung war unnötig. Der gutmütige Hund würde keiner Fliege was zur Leide tun. Der Milchmann lächelte und fing, wie jedes Mal, mit King zu reden an. Die Zeitung wurde schon von einem fleissigen Schuljungen geliefert. Auf der Titelseite war ein Schnappschuss des Bürgermeisters von Onett zusehen, der heimlich aus einem zwielichtigen Nachtclub schlich. Tracy rieb sich ihre Augen. Ihre momentane Lieblingspuppe lag auf dem Boden, daneben ihr Teddybär. „Oh, Polly und Herr Plüsch! Was macht ihr hier? Willst du Polly trösten? Du bist lieb, Herr Plüsch.“ Vorsichtig hob das Mädchen die Spielzeuge auf und platzierte Puppe und Teddy mütterlich auf ihrem Bett. Leise zog sich Tracy an. Sie war schon ein grosses Mädchen und brauchte bei vielen Dingen keine Hilfe mehr. Während das Mädchen ins Badezimmer trappelte, schlief ihr Bruder noch tief und fest. Ihre Mutter war unten in der Küche und bereitete das Frühstück vor. Es war ein ruhiger Samstagmorgen. Ness lachte und kniete sich hin, um King zu streicheln. „Na, mein Junge? Willst du mit?“, fragte er und blickte seinen Hund an. Eine Weile schwieg das Kind. Seine Mutter lachte und blickte zu ihrem Sohn, der sich mit dem alten Familienhund beschäftigte. Tracy goss sich Milch nach. Sie würde gerne bei dem Ausflug dabei sein, doch ihre Mutter wollte es nicht. Schmollend sah das Mädchen zu ihrem Bruder, der nun sein Frühstück in sich hineinschaufelte. „Schwesterchen, soll ich dir was mitbringen? Vielleicht finde ich was Schönes!“, fragte der Junge mit dem Mund voller Cornflakes. Seine kleine Schwester schüttelte den Kopf und stand auf. „Ich spiele lieber mit Polly. Ohne dich!“ Verwundert blickte Ness Tracy nach, die murmelnd die Treppe hinauf stampfte. Jetzt war auch Ness nicht mehr gutgelaunt. Während die Mutter den Rucksack des Jungen packte, ass dieser still sein Frühstück. King trottete die Treppe zu Tracys Schlafzimmer hoch. „Seid vorsichtig. Die Polizei hat das Gebiet um den Giant Step abgesperrt. Und halte dich von den Sharks fern!“ „Ja, ich bin vorsichtig. Hast du auch ein Käsebrot für Jim eingepackt?“ „Natürlich. Holst du Porky ab?“ Das Kind nickte, während er seufzte. Ob Porky mitkommen würde? Er war drei Tage nicht zur Schule gekommen, sein jüngerer Bruder sagte, er hatte eine Erkältung. Und würde Tracy noch länger sauer auf ihn sein? Doch als die ersten seiner Freunde den Hügel hinauf kamen und fröhlich winkten, verflogen die dunkeln Gedanken von Ness. Vorsichtig hob Ness seinen Kopf. Da war es wieder. Dieses merkwürdige Gefühl. Ob es was mit dem Giant Step zutun hatte? Seine Freunde waren schon nach Hause gegangen. Ganz alleine sass der Junge da. Der Wind bliess ihm über das Gesicht, die untergehende Sonne blendete Ness. Doch das Kind wendete den Blick nicht vom Himmel. Warum fühlte es sich so an, als wäre er allein? Ganz allein und doch verbunden mit der Welt? Gefühle durchfluteten den Jungen. Die Sehnsucht nach vollkommener Harmonie und Glück für die Welt. Dieses Lachen. Das unschuldige Lachen von Kindern. Pures Glück durchströmte ihn. Er spürte eine Umarmung. „Du bist nicht allein. Spüre es. Wir sind du. Du bist wie.“ Wer sprach da? Eine Hand streichelte seine Wange. „Ness. Suche uns. Suche uns.“ Warum sollte er das tun? Das Gefühl wurde stärker, durchflutete seinen Körper. „Du bist der Auserwählte. Sei stark. Vertraue deinen Freunden.“ Verwirrt schoss Ness hoch. Was war das? Ein Traum? Vorsichtig erhob das Kind sich, wischte sich das Gras von seiner Hose. Nachdenklich setzte er sich seine geliebte Mütze auf und lief Richtung Stadt.   „Wie war dein Ausflug?“ Müde rieb sich Ness die Augen. Er sah zu seiner Mutter, welche ihm seine Jacke abnahm. Tracy zupft ihrem Bruder vorsichtig am Saum seines Pullovers. „Wir hatten Spass. Schau, das habe ich dir mitgebracht.“ Tracy freute sich über das mitgebrachte Schneckenhaus. Die Mutter schickte ihre Kinder zum Händewaschen. Während des Abendessens hielt das Mädchen ihr Geschenk immer wieder ins Licht. Sie fragte Ness neugierig über seinen Ausflug aus. Die Mutter blickte zu ihrem Sohn. Ob ihn was beschäftigte? Ness war so still und nahm nur wenige Bissen von dem Nudelauflauf zu sich. „Ich gehe ins Bett. Gute Nacht.“ Besorgt blickte seine Mutter ich an, fühlte die Stirn ihres Sohnes. Ness lächelte und sprach: „Mir geht es gut. Ich bin nur müde. Mach dir keine Sorgen, ja?“ „Ist Ness krank?“, fragte Tracy ängstlich. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie am Morgen gemein zu ihrem Bruder war. „Nein, Liebling. Er ist nur müde.“ Tracy runzelte die Stirn. Das Schneckenhaus wurde von King beschnuppert. Der Hund schwänzelte und legte sich unter den Tisch. Tracy und die Mutter sorgten sich um Ness. Nicht nur das er ziemlich spät nach Hause kam, er erzählte kaum was und ass fast nichts. So kannten sie Ness nicht. Die Wälder strahlten in einem hellen rosa. Die Luft roch nach Schokolade. Ness schmunzelte. Zielstrebig lief er zu einem alten Mann und fragte: „Ich spüre es deutlich. Bald ist es so weit.“ Der Mann mit dem langen weissen Bart nickte und sprach mit rauer Stimme: „Deine Zeit kommt. Warte noch auf es.“ Der Himmel verdunkelte sich. Ein kleiner Junge rannte auf die Beiden zu. „Aber wenn er nicht bereit ist? Wenn er versagt?“ „Der Auserwählte wird nicht versagen.“ Ness ging in die Knie und flüsterte dem Kind zu: „Ich werde siegen.“ King jaulte und rannte zum Bett von Ness. „Was ist denn los?“, murmelte das Kind und kraulte den Familienhund hinter den Ohren. Winselt leckte der Hund die Hand des Kindes. „Alter Junge. Das sind keine Einbrecher. Nur das Rauschen des Windes.“ Lachend klopfte das Kind auf die blaugestreifte Decke. Dankbar nahm King die Einladung an. Langsam döste das Kind wieder ein und träumte nun einen neuen Traum. Der Alte verblasste und verschwand im Nebel des Schlafes. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)