Psiana aus der Gegenwelt von True710 ================================================================================ Kapitel 4: Märchenstunde ------------------------ „Nathaniel? … Nathaniel?“ „Mmmmmh …?“ „Steh auf! Du kannst hier nicht so liegen bleiben.“ „Es ist doch noch viel zu früh.“ Ich drehte mich herum, um ungestört weiterschlafen zu können. Doch als ich auf dem Bauch lag und mein Kopf dazu drehte hatte ich plötzlich einen Mund voller Sand. „Bäh! Ich hatte niemals Sand in meinem Schlafplatz geschüttet! Außerdem dürfte es hier doch gar keinen …“ Als ich um mich sah merkte ich, dass ich am Strand des Ferienparadieses lag und mich nicht Psiana, sondern Anabel, die Kellnerin angesprochen hatte. Schon wieder so ein abgefahrener Traum? Das kann doch nicht sein. Hastig suchte ich nach Hinweisen, die meinen Aufenthalt in der Gegenwelt bewiesen. Der Platinum-Orb! Zumindest das abgebrochene Stück davon. In meinen Taschen fand ich nichts, also musste es im Rucksack sein. Pokécom, Kompass, eine Trinkflasche, der Pokéball von Kabutops, viel hatte ich nicht mitgenommen, ich hatte ja nicht mit einem Tagesausflug gerechnet. Doch ich fand, was ich suchte. Der Platinum-Orb war weg, was den Aufenthalt in der Gegenwelt bewies, das kleine Stück, welches abgebrochen war, lag ganz unten, aber ich sah auch etwas, das ich noch nie gesehen hatte. Es war ein komischer Pokéball. Er sah aus wie ein Premierball, nur dass die weißen Flächen schwarz sind während der rote Strich eher die Farbe von Psiana hatte. Was war letzte Nacht vorgefallen? Wie kam ich an den Strand? Was hatte es mit diesem Pokéball auf sich? Ich verstand die Welt nicht mehr, mal wieder. Anabel war zum Glück schon wieder im Haus, denn Zeugen für meine Ratlosigkeit konnte ich nicht gebrauchen, besonders da sie nicht wusste was ich getrieben hatte. Allerdings kam es mir auch komisch vor, dass gestern früh, als ich rausging, niemand da war. Ich machte mir schon wieder viel zu viele Gedanken. Jetzt musste ich irgendwie meinen Kopf frei kriegen. Nach einigen Minuten planloser Umherwanderung tauchte das auf, was mir fehlte. Diesmal nicht im negativen Sinne. Unter einer Palme nicht weit von mir entfernt sah ich Psiana eingekugelt und schlafend liegen. Die Erlösung für mich. Ich wusste zwar immer noch nicht wie ich hierher gekommen war, doch durch Psiana ergab alles irgendwie einen Sinn. Extra laut ließ ich mich neben Psiana fallen, das natürlich nicht anders konnte als aufzuwachen. Doch etwas war seltsam. Ich hätte jetzt einen telepathischen Satz erwartet, doch der kam nicht. Stattdessen kuschelte es sich nur etwas an mich und drückte seinen Kopf gegen meinen Bauch. Das durfte doch nicht wahr sein! War das jetzt das falsche Psiana? Ein ganz ‚gewöhnliches‘ Psiana? Ich legte nicht all zu viel Hoffnung in meine Fragen, doch anders wusste ich mir nicht zu helfen. „Bist du das Psiana von gestern? Mit dem ich in der Gegenwelt war? Kennst du zufällig ein Pokémon namens Giratina?“ Psiana nickte nur. Ich war erstaunt, froh aber erstaunt. Ich musste sofort nachhaken. „Wieso sprichst du nicht mit deiner telepathische Fähigkeit zu mir?“ Was? Wie meinte es das, jetzt noch nicht? Wann denn dann? Ich verstand Psiana nicht ganz. Aber Psiana war ja nicht dumm, im Gegenteil, es war so ziemlich das schlauste Pokémon, das ich kannte, deshalb merkte es natürlich sofort meine Verwirrung und setzte nach. Holla! Was war denn hier los? Normalerweise hat der Trainer die Hosen an, nicht das Pokémon. Allerdings konnte ich Psiana auch in keinem Punkt widersprechen. Eigentlich konnte ich mich freuen, dass ich soeben mein sechstes Pokémon ‚gefangen‘ hatte und mein Team somit komplett wäre. Zu Psianas Rede wollte ich vorerst nichts sagen. Es benahm sich wie ein normales Psiana und kuschelte sich an meinem Körper, auch ein schönes Gefühl. So schön das ich total abdriftete und in einem Tagtraum versank, während ich mich an die Palme lehnte und meine Augen schloss. „Nathaniel? … Nathaniel?“ „ … ähh, was?! Wer ist da?“ „Schon das zweite Mal heute, Nathaniel. Ich dachte du wolltest langsam zu Mittag essen? Das Frühstück hast du ja schon sausen lassen“, Anabel hatte bereits einen säuerlichen Blick aufgelegt. „Oh, entschuldige. Ich komm sofort.“ „Och Gott ist das süß. Woher hast du denn das Psiana? Als du ankamst hattest du keine rosa Flauschekatze dabei.“ „Ähm …“ Anabel war hin und weg von Psiana, der unfreundliche Blick war sofort verschwunden. Aber was sollte ich ihr jetzt für eine Geschichte auftischen? Hier gab es keine wilden Psianas. Plötzlich am Strand gefunden? Das kann ich auch nicht bringen. „ … da hast du dich wohl versehen.“ „Erzähl mir doch nichts. Fünf Pokémon hattest du dabei, und jetzt plötzlich das hier. So ein süßes Wesen passt überhaupt nicht zu dir.“ Danke, Anabel. Sehr reizend, doch wirklich kränken tat es mich auch nicht. Mein Gehirn fokussierte sich auf den Teil ‚Ausrede‘, da konnte ich über sowas nicht nachdenken. „Lass uns lieber zurückgehen, ich hab einen riesen Hunger.“ Mit dieser Ablenkung hab ich sie drangekriegt, obwohl es mich auch wunderte wieso sie plötzlich locker ließ. Aber mir soll das egal sein. Ich würde etwas essen, dann meine Sachen packen und meinen Urlaub hier beenden. Es würde mich erst nochmal zu meiner Oma ziehen und dann endlich nach Sinnoh. Ich hatte meine Oma angerufen, dass ich vorbeischauen würde. Auch wenn sie schon zum alten Eisen gehörte, meine Großmutter hatte es immer noch drauf. Bereitete mir mein Lieblingsessen vor, gab mir ein paar weise Tipps für meine Reise und sorgte sich auch sonst einfach einwandfrei um mich. Das letzte Mal sah ich sie am Tag meines Triumpfes, und da zu diesem Zeitpunkt Psiana noch nicht dabei war, musste ich ihr es noch vorstellen. Als sie Psiana das erste Mal sah, reagierte sie euphorisch, war regelrecht aus dem Häuschen. Sie sagte, es wäre ein Pokémon, dass perfekt zu mir passen würde und dass sie froh sei, nun endlich mein sechstes Pokémon zu besitzen. Wieso sie sich so wegen diesem Kätzchen freute blieb mir ein Rätsel. Allerdings war ich froh, dass sie es mochte und grinste sie glücklich an. Am frühen Abend bestand meine Oma darauf, dass sie mir eine Geschichte über Sinnoh erzählen wollte. Sie erzählte mir von einem Königreich, das von einem riesigen König beherrscht wurde. Er sah äußerlich angsteinflößend aus, war aber gutmütig gesinnt. Der König hatte drei treue Untertanen, die er in seinem Königreich umher wandern ließ, um seinem Volk von seiner Gutmütigkeit wissen zu lassen. Die Gutmütigkeit wurde jedoch nur denen zuteil, die die Regeln des Königs befolgten. Und so kamen zwei Rabauken unabhängig voneinander auf die Idee, des Königs Gutmütigkeit zu testen. Der Eine raubte sämtliche Uhren, sodass keiner mehr wusste, welche Zeit nun war. Ein Anderer vertrieb ganze Scharen aus ihrer Heimat und beanspruchte den neu gewonnenen Raum für sich. Der König erfuhr von den Missetaten der Beiden und lud sie, so gutmütig wie er war, zu sich in den Palast ein. Er wollte Gnade walten lassen, wenn sie ihre Taten rückgängig machten. Doch die Beiden wollten es darauf ankommen lassen und verneinten. Da schlug des Königs Stimmung plötzlich um und er wurde furchtbar wütend. Ein Kampf zwischen den Dreien entbrannte. Sie kämpften unerbittlich, denn keiner wollte nachgeben. Als die beiden Rabauken es beinahe geschafft hatten, den König in die Knie zu zwingen, trat eine vierte Gestalt in den Raum. Es war eine Vertraute des Königs mit einem schwarzen tierlichen Begleiter. Sie war von solch einer Schönheit, dass die beiden Bösewichte ihren Kampf schnell vergaßen und sie zu bezirzen versuchten. Sie schnappte sich den Ersten und lockte ihn zum Fluss. Als er ihr imponieren wollte und sich zu weit ins Wasser wagte, wurde er hinfort gespült und ertrank. Also ging sie zum Zweiten. Dieser war so besessen von ihr, das er seine Gier nicht verbergen konnte. Er fasste sie an und bedrängte sie. Da kamen des Königs Untertanen und ließen ihn durch die stählerne Guillotine hinrichten. Da es nun keine schlecht gesinnten Menschen mehr im Königreich gab, wurde jedem die Gutmütigkeit des Herrschers zuteil. Ich fragte sie, wofür sie mir diese Geschichte erzählte. Sie sagte nur, dass ich daran denken sollte, wenn ich in eine ähnliche Situation gerate. Ich verstand sie nicht ganz. Sie lächelte einfach nur. Genauer nachfragen hatte wohl auch keinen Zweck, also beließ ich es dabei und ging noch einmal nach draußen. Nachdem die nächste Fähre erst morgen Richtung Sinnoh aufbrach, musste ich noch eine Nacht am Kap Kante verbringen. Wobei ich natürlich gerne hier war. Am Abend ging ich meinem Ritual nach und saß mindestens eine Stunde auf meinem Felsvorsprung, der nach Westen zeigte und blickte in den Sonnenuntergang. Psiana durfte auch zusehen, es verweilte auf meinen Beinen. Allerhand Gedanken spuckten mir im Kopf herum. Wie würde es in Sinnoh laufen, welche Leute treffe ich dort, wie wird es meinen Pokémon ergehen, schaff ich es überhaupt mich in Sinnoh durchzusetzen? Mein Team war stark, keine Frage, doch reichte das bisschen Kampferfahrung von Sevii aus? Letzten Endes kam ich zu einem Schluss zu dem ich bisher immer gekommen war: Ich würde alles einfach auf mich zukommen lassen. Und dann war da noch diese Geschichte meiner Oma, die mir noch im Kopf herumschwirrte. Sollte ich mir sie wirklich merken, oder hatte sie sich irgendwie nicht sowieso schon in meinem Kopf eingebrannt? Eine Frage, die ich wohl erst auf meiner Reise beantworten konnte. Mit diesem letzten Gedanken ging ich ins Haus zurück. Wieder stand ich vor meiner Großmutter, wieder musste ich mich verabschieden. Diesmal jedoch für längere Zeit. Ein Déjà-vu, und was für eines. Es kam mir so vor, als würden wir genau dieselben Sätze sagen. Da war wieder diese Umarmung. Nachdem wir uns voneinander lösten drückte sie mir noch etwas in die Hand. Wieder lief eine Träne ihre Wange hinunter, und wieder lief ich nach unten und winkte ihr dabei zu. Mir war der Abschied zwar genauso schwer wie damals gefallen, jedoch kämpfte ich diesmal nicht mit den Tränen. Meine feste Entschlossenheit ließ keine Gefühle durch. Wieder zeigte ich mein Ticket, nur diesmal hieß das Ziel anders, diesmal ging es endlich nach Sinnoh. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)