(Tho)rough von Swanlady (Levi & Reader) ================================================================================ Kapitel 1: (Tho)rough --------------------- So hattest du dir den ersten Tag bei den Scouts nicht vorgestellt. Skeptisch beäugtest du den Besen, den man dir unwirsch in die Hand gedrückt hatte. Die anderen Soldaten, die in einer Reihe neben dir standen, schienen nicht minder verwirrt zu sein, denn sie tauschten unsichere Blicke aus. „Trödelt nicht und verrichtet eure Arbeit sorgfältig, dann bekommt ihr keine Probleme“, teilte euch ein Soldat mit, der zwar keinen höheren Rang, aber sichtbar mehr militärische Erfahrung besaß als ihr alle zusammen. Demütig wurden Köpfe gesenkt und auch deine Hände umschlagen den Besenstiel fester – allerdings nicht, weil du Angst vor dem Soldaten hattest, dessen Name dir partout nicht einfallen wollte, sondern weil du dich vor den Kopf gestoßen fühltest. Was zur Hölle hatte Putzen mit dem Dasein als Soldat zu tun?! Das flinke Schwingen des Besens würde dir gewiss nicht dabei helfen, Titanen zu töten! Frustriert suchtest du mit dem Blick nach Unterstützung, nach irgendjemandem, der deine Ansicht teilen würde, aber deine Kameraden akzeptierten ihr Schicksal wortlos. Als ihr alle mit einer Handgeste entlassen wurdet, wandten sich alle sofort ihren zugeteilten Aufgaben zu. Einige hatten Eimer mit kaltem Wasser erhalten, um die Fenster zu putzen. Andere Staubwedel, mit denen sie sich um die etlichen Spinnennetze kümmern sollten. Dir hatte man unzeremoniell einen Besen überreicht, mit dem du die kalten Korridore fegen solltest. Hatte irgendjemand aber mal daran gedacht, wie viele es davon in diesem tristen Unterschlupf gab? Dutzende! Zähneknirschend wandtest du dich ab und marschiertest los, um dir einen ruhigen Fleck zu suchen, an dem du so tun konntest, als würdest du deine Arbeit erledigen. Wer würde schon merken, wenn du den ein oder anderen Gang auslassen würdest? Schon morgen würde es überall wieder staubig und schmutzig sein. Das ließ sich nicht vermeiden, wenn so viele Menschen hier lebten – auch wenn die meisten nur kurzfristig hier blieben. Ein gewisses Pflichtbewusstsein besaßt du ja doch, weshalb du mit einem tagsüber recht belebten, nun aber komplett leeren Korridor anfingst. Mit grimmigem Blick und dem Gefühl, eine fürchterliche Strafe über dich ergehen lassen zu müssen, schobst du den Besen Zentimeter für Zentimeter über den Boden. Nur das leise Geräusch des Strohs, welches über den Stein kratzte, war zu hören. Hier und da konntest du es dir erlauben, ein paar Stellen auszulassen und so kamst du auch recht schnell an der ersten Gabelung an. Du atmetest tief durch und legtest eine zweiminütige Pause ein. Das Putzen gehörte nicht zu deinen liebsten Tätigkeiten – und selbst das war noch ziemlich untertrieben. Dass du es nicht ausstehen konntest, wäre eine treffendere Aussage gewesen. Du kanntest auch keinen Menschen, der einen wahren Putzfimmel hatte und hieltst es für wahrscheinlich, dass dies nur ein Mythos war – eben jenem Mythos solltest du aber in diesem Moment über den Weg laufen. Als du um die Ecke biegen wolltest, versperrte dir jemand den Weg. Einen Augenblick hattest du das Gefühl, als würde sich dein Herz nicht entscheiden können, ob es stehenbleiben oder sich einen neuen Platz in deiner Hose suchen wollte. Zu Tode erschrocken wichst du zurück und presstest deine Hand gegen deine Brust. Gerade, als deine Panik dabei war abzuebben, weiteten sich deine Augen, denn du erkanntest, mit wem du beinahe zusammengestoßen wärst: Dem stärksten Soldaten der Menschheit, wenn man den Gerüchten trauen konnte. „V-Verzeihung“, brachtest du hervor, doch es zuckte kein Muskel in dem Gesicht, das dich nur ausdruckslos anstarrte. Levi erwiderte nichts auf deine Entschuldigung, aber du bemerktest, dass sein Blick zu deinem Besen wanderte. Woher kam das ungute Gefühl, das sich in deinem Bauch ausbreitete? Immer noch wortlos schob er sich an dir vorbei, trat in den Gang, den du eben gesäubert hattest und ging in die Knie. Er zog seinen Zeigefinger einen halben Meter über den Boden und inspizierte ihn anschließend konzentriert, ehe er sich wieder erhob. „Was für ein enttäuschendes Resultat deiner Arbeit“, erhob er zum ersten Mal seine Stimme und nun änderte sich auch sein Gesichtsausdruck. Als er es angewidert verzog, wurde dir bewusst, dass du den anderen bevorzugtest. „Hast du dir überhaupt Mühe gegeben?“ Du schlucktest hart und nicktest eilig. „Tze“, schnaufte Levi. „Dann ist es ja noch schlimmer.“ Seine Augen verengten sich minimal, ehe er dich urplötzlich am Kragen packte und gegen die raue Wand presste. Sein Unterarm schnitt dir grob einen Teil deiner Luftzufuhr ab, weshalb du röchelnd gegen seinen Griff ankämpftest. Ob er deine Versuche, dich zu befreien, überhaupt wahrnahm, wusstest du nicht, denn sein Griff wurde nicht lockerer. „Weißt du, wieso jedes Frischfleisch, das dem Aufklärungstrupp beitritt, zuerst einmal das Hauptquartier schrubben muss?“, erkundigte sich Levi, erwartete aber anscheinend keine Antwort, da du nicht einmal den Kopf schütteln konntest. „Damit Würmer wie du Disziplin lernen“, zischte er dir entgegen und ließ dich plötzlich los. Hustend wanderten deine Hände zu deinem schmerzenden Hals und rieben sachte die gereizte Haut. Du rutschtest an der Wand in deinem Rücken hinunter und sahst halb wütend, halb eingeschüchtert zu Levi auf. Du hattest große Lust, ihm eine deftige Ohrfeige zu verpassen, wusstest aber auch gleichzeitig, dass dies das Ende für dich bedeuten würde – schon morgen würdest du auf dem Weg nach Hause sein. Außerdem strahlte er eine Autorität aus, der man sich nur schwer widersetzen konnte. „Wie willst du die Welt von Titanen säubern, wenn du mit einem einfachen Korridor Probleme hast?“, fragte er dich abwertend. „Steh auf und beende deine Arbeit. Und zwar richtig.“ Das waren also die Probleme, die man sich einhandelte, wenn man das Putzen nicht ernst nahm. Beim nächsten Mal würdest du daran denken, so viel stand fest. Langsam rappeltest du dich auf und musstest erst einmal die Tränen wegblinzeln, die dir der kurzzeitige Sauerstoffverlust in die Augen getrieben hatte. Es war fast schon ironisch, dass du den Besen immer noch in der Hand hieltest und ihn nicht fallengelassen hattest. „Ich werde persönlich überprüfen, ob du dir mehr Mühe gegeben hast“, warnte Levi vor und du glaubtest ihm aufs Wort. „Jawohl“, sagtest du noch etwas heiser und räuspertest dich. „Wenn nicht…“ Er beendete seinen Satz nicht, stützte seine Hand aber drohend an der Wand neben deinem Kopf ab und vertraute anscheinend darauf, dass deine Fantasie dir schon verraten würde, was auf dich wartete, solltest du seinen Befehl nicht befolgen. Einige endlose Sekunden lang hattest du die Möglichkeit, den überaus genervten Ausdruck auf seinem Gesicht zu studieren, ehe Levi sich von der Wand abstieß und dich keines Blickes mehr würdigte. Gemächlichen Schrittes zog er weiter. Vermutlich würde er nun die Arbeit der anderen frischgebackenen Soldaten kontrollieren und ihnen genauso die Hölle heißmachen. Und du? Du warst nun wieder mit deinem Besen allein, dessen Gesellschaft dir auch plötzlich nicht mehr ganz so fürchterlich vorkam. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)