Petunias Erleben von Liliputh (Die Beziehung zu Harry und ihre Entscheidungen) ================================================================================ Kapitel 7: Schmerzhafte Liebe ----------------------------- Tock. Tock Tock. Der Regen beschlug die Fensterscheiben so stark, dass Petunia das Wesen zunächst nicht erkannte, das gegen die Scheibe klopfte. Entgeistert tauchte ihr Mann hinter der Zeitung auf, lief ziegelrot an und japste: „Schon wieder so ein verfluchtestes Vieh!“ Erschrocken sprang Petunia von ihrem Stuhl auf, strich mit feuchten Händen ihren Rock glatt, öffnete das Fenster und ließ das dunkelbraune Tier auf das Fensterbrett hüpfen. Ein Brief war an seinem Bein befestigt. Hinter ihr erhob sich Vernon und eilte zur Besteckschublade. „Jetzt reicht es! Wenn diese widerwärtigen Kreaturen nicht begreifen, dass sie in einem anständigen Haushalt nichts – aber auch GAR NICHTS verloren haben, werden jetzt Tatsachen geschaffen.“ Mit heimtückisch glitzernden Augen riss er die unterste Schublade auf, wobei ein Schraubenzieher heraus fiel, packte den Fleischklopfer und stapfte durch die Küche auf sie zu. „Nicht!“ Unwillkürlich stellte Petunia sich mit dem Rücken zu der Eule und hob die Arme. Vernon ließ den Fleischklopfer sinken und sah seine Frau fragend an. „Sie bringt ja nur einen Brief!“ Beruhigt ließ sie die Arme sinken und drehte sich zu dem Tier. Sie schluckte. Es war nicht nur die Abscheu vor diesem Tier, die sie zögern ließ. Mehr noch beschäftigte sie die Frage, welche Botschaft ihr Leben aufs Neue erschüttern würde. Ob dem Kind etwas zugestoßen ist? Nervös fuhr sie mit der Zunge über ihre trockenen Lippen, doch sie verwarf den Gedanken: Sollte Harry etwas Ernsteres fehlen, würden die Zauberer gewiss persönlich das Gespräch mit ihr suchen. So war es ja auch bei Lily gewesen… „Was schreiben Sie?“, raunzte Vernon und Petunia schreckte so stark zusammen, dass die Eule kurz das Gleichgewicht verlor. Angeekelt löste sie den Brief vom Bein des Tieres, das misstrauisch jede Regung ihres Gatten verfolgte. Petunia wusste, dass dieses Vieh alles verstand, was Vernon von sich gab. „Eine Abmahnung“, entgegnete sie überrascht, während sich ihr Magen angesichts der vertrauten engen, schrägen Handschrift zornig verkrampfte. Sie räusperte sich. „Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass Ihr Neffe Harry bei weiteren Verstößen gegen das …“ Petunia schluckte erneut und spie die nächsten Worte aus. „… Internationale Geheimhaltungsabkommen der Schule verwiesen wird.“ Nun stülpte sich ihr Magen vollständig um. Internationales Geheimhaltungsabkommen! Wie sehr sie diese beiden Worte hasste!!! Ebenso wie die Frau, die ihr Lily mit diesen Worten zum ersten Mal genommen hatte. Vernon schnaubte. „Wäre er nur hochkant rausgeflogen“, blaffte er, wobei Speicheltropfen auf der Anrichte landeten. „Dann hätte es sich ein für allemal ausgezaubert!“ Petunia schüttelte den Kopf. „Was bedeutet hätte, dass wir ihn die nächsten sechs Jahre unentwegt hier hätten“, gab sie zu bedenken und spürte eine heftige Woge der Abneigung. Die Eule stieß einen Schrei aus, tippelte vom Abtropfbrett auf den Fenstersims, breitete ihre Schwingen aus und flog davon. Vernon knurrte etwas Unverständliches und drehte den Fleischklopfer unschlüssig in seiner fleischigen Hand. Schließlich legte er ihn auf den Tisch, küsste sie und ging zur Arbeit. Lange nachdem der Wagen das Grundstück verlassen hatte, stand Petunia noch da und starrte aus dem Fenster. Was alles hätte passieren können! Das Bild eines türkisen, zertrümmerten Ford Anglia erschien vor Petunias innerem Auge. Eine rauchende Ruine mit dem leblosen Kind hinter der Windschutzscheibe, das die Augen ihrer Schwester besaß. Nein! Petunia drückte sich beide Hände gegen den Kopf und schüttelte ihn so fest sie konnte. Dieses Kind bedeutete ihr nichts. Es war ihr gleich, was mit ihm geschah!! Petunia zerknüllte den Brief und pfefferte ihn ins Altpapier, doch noch immer verfolgten sie die Handschrift Dumbledores und die Bilder, die er in ihr ausgelöst hatte. Am ganzen Körper zitternd ließ sie sich in einen Sessel sinken. Die Bilder kamen näher, wurden größer, intensiver, atemraubender. Als hätte ein Winkel ihres Gehirns entschieden, sie absichtlich zu quälen. Als wären keine zwanzig Jahre verstrichen, fühlte Petunia einen Druck an der linken Hand, als umklammere ihre Mutter im Gewühl der Straßen Londons eben diese. Ihre Mutter, die so fest klammerte, dass die Hand taub wurde. Der leer stehende Laden mit Schaufensterpuppen, ein wildes Durcheinander von Menschen mit den haarsträubendsten Erkrankungen und Symptomen. Heiler, die mit sorgenvollen Mienen die nicht enden wollenden Gänge des St Mungo Hospitals auf und ab hasteten. Lily, in einem weißen Bett. Lily, mit geschlossenen Augen, deren dickes, wunderschönes dunkelrotes Haar in wirren Strähnen auf dem Kopfkissen ausgebreitet war. Hatte Lily im Tod ebenso ausgesehen? So verloren und so schön? Doch eines sonnigen Tages öffneten sich die Lider dieser grünen Augen wie eine Rose nach einem schlimmen Sturm. Sie suchten den Blick Petunias und lächelten, wie es nur Lilys Augen vermochten. Das Entsetzen, die Panik, die Wut. Dudley, der durch den Riesen Opfer der Magie geworden war. So wie ihre Schwester. Wenn dieses Zaubererpack mich nach Hogwarts gelassen hätte, wäre Lily nicht gestorben. Ich hätte sie gerettet. Diese arroganten, überheblichen, aufgeblasenen Magier mit ihren verdammten Zaubertricks konnten sie nicht retten. Sie haben sie umgebracht. Etwas in Petunia schien zu bersten, sie sprang auf und stürmte in die Abstellkammer. Bebend griff sie nach Schwamm und Scheuermittel. Der Zorn verlieh ihr ungeahnte Kräfte und es gelang ihr, den hartnäckigen Fleck im Badezimmer zu entfernen, der ihr seit Wochen ein Dorn im Auge war. Langsam verblassten auch die Bilder von Dudley, der wimmernd und desorientiert nach der Operation im Bett lag. Zwar ohne Schwanz, doch in miserablem Gesamtzustand. Petunia kippte viel zu viel der scharfen Flüssigkeit ins Putzwasser. Mit der unerträglichen Energie reinigte sie die komplette untere Etage, bis ihre Hände aufgrund der Chemikalien feuerrot und rissig wurden. Tief holte sie Luft. Ihr wurde fast schlecht von dem Zitronengeruch. Die Energie wurde aus ihr gesogen und es gelang ihr nicht einmal mehr, die Fenster zu öffnen. Die Beine kamen der inneren Aufforderung nicht nach, gehorchten nicht mehr. Ausgelaugt ließ sie sich auf dem Sofa nieder. Volle drei Stunden waren seit dem Ankunft des Briefes vergangen. Petunia zog die Beine an den Körper und legte die Stirn auf die Knie. Ihre Wut auf diese Welt, die ihr alles nahm was sie liebte – die alles zerstörte woran sie hing, war Trauer gewichen. -- Anhören könnt ihr euch das Kapitel hier: https://www.youtube.com/watch?v=AGkTueEoEpU Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)