Eine Keksdose voller Worte von nyma (Projekt 'Buchzitate') ================================================================================ Kapitel 4: Oneshot ~ Zwielicht ~ Draco Malfoy --------------------------------------------- 54. Zitat - „Scheiße!“ - „Äußerst scharfsinnige Bemerkung.“ (Fool on the hill von Matt Ruff)   Draco Malfoy saß auf dem Fußboden vor dem offenen Kamin in einem der Zimmer seines Elternhauses und starrte auf ein Stück altes Pergament. 'Antworte mir, Kleines. Komm schon! Ich muss wissen, ob es dir gut geht', flehte er stumm und hob mit zitternder Hand seinen Drink an die Lippen. Noch immer trug er die Kleidung, in der er auch gekämpft hatte. Er war dreckig und konnte sich selbst riechen, doch ihm fehlte der Antrieb etwas an seinem Zustand zu ändern. Vielleicht, wenn sich endlich ihre zarte Handschrift auf dem abgegriffenen Pergament zeigen würde. Sein Körper fühlte sich wund an und sein Geist unendlich erschöpft. Es war, als würde er nie wieder die Kraft aufbringen, auch nur seinen Zauberstab halten zu können. Zeitgefühl besaß er nicht mehr. Vermutlich war der Tag wieder in die Nacht übergegangen, doch die schweren Samtvorhänge nahmen ihm die Gewissheit. Ein Auror – Kingsley Shacklebolt – hatte Draco und seine Eltern ins Manor gebracht. Sie trugen magische Fesseln und standen unter Hausarrest. 'Kingsley ist in Ordnung', hatte Longbottom ihn beruhigt. Ausgerechnet Longbottom ... 'Wir werden sofort für Dich aussagen', hatte Anthony Goldstein gemeint. 'Es wird ein sauberer Prozess, Malfoy. Mach dir nicht ins Hemd! Nicht nach allem was wir im vergangenen Jahr für die DA gemacht haben.' Ja, Zabini hatte gut reden. Seine Familie war lediglich reinblütig. Sie waren nicht allesamt als Gefolgsleute des Unnennbaren gekennzeichnet worden. Mit einem verzweifelten Laut kratzte er sich harsch über die bereits gerötete Haut seines linken Unterarmes. Ließ dann von sich ab und leerte den Drink in einem Zug. Ein lautes, krachendes Geräusch ließ die alten Mauern des stattlichen Anwesens erzittern. Sofort war Draco auf den Beinen und hastete zur Tür. „Mutter?“, rief er, während er mit großen Schritten die Galerie entlang eilte. Erneut erklang ein Zahnschmerzen verursachendes Knirschen, als würde das Manor zum Einsturz gebracht. Draco zog seinen Zauberstab aus seiner Gesäßtasche und rannte über den marmornen Boden in Richtung der Räumlichkeiten, in denen Lord Voldemort und seine Todesser sich breit gemacht hatten. In der zweiflügeligen Tür blieb er stehen und riss die Augen auf. Wie ein Racheengel stand seine Mutter mitten im großen Saal, der für die Versammlungen genutzt worden war, und wütete wie eine Furie. Draco duckte sich, als ein Regen aus Gestein und Putz von der Wand prasselte. „Bei Salazar! Mutter, was tust du denn?“ Erschrocken wirbelte Narzissa herum, taumelte und wurde von Draco am Arm gegriffen. Sie war unnatürlich blass, ein Schweißfilm lag auf ihrem Gesicht. „Ich … ich beseitige den … den Unrat aus meinem Haus!“, fauchte sie atemlos. Es war beinahe mit Händen greifbar, wie aufgebracht sie war. „Mutter …“, begann Draco und ließ den Blick schweifen. Die schlangenförmigen Stuckelemente waren zerstört. Ein farbenfrohes Fresko schier von der Wand gesprengt. Generationen von Malfoys hatten an der Veredelung dieser Räumlichkeiten mitgewirkt und seine Mutter zerstörte all das in wenigen Augenblicken. „Wenn Vater das sieht, dann ...“ Narzissas Mundwinkel hoben sich zu einem verzerrten Lächeln, das beinahe erschreckend an seine Tante Bellatrix erinnerte. „Liebling, sei so gut und kümmere dich ein wenig um deinen Vater, während ich hier … aufräume.“ „Mutter, geht es dir gut?“ Sie lachte schrill. „Es ging mir in den gesamten letzten Jahren nicht mehr so gut, wie in diesem Augenblick, mein Schatz. Sei ein guter Junge und tue was ich dir sage. Ich …“ Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen. „Ich brauche nur einen Moment für mich, Draco. Bitte – lass mich das hier zu Ende bringen. Du solltest ein Bad nehmen. Wirklich. Und … Bist du verletzt? Müssen irgendwelche Verletzungen behandelt werden?“ „Mutter, das hatten wir doch schon ...“, grollte er leise. Sie musterte ihn, wirkte dabei allerdings kurz angebunden, ganz so, als würde er sie stören. „Du hast Schmerzen, Liebling. Auch wenn du seit Stunden nur sagst, dass es dir gut geht.“ „Du behauptest dasselbe von dir, Mutter. Und das, obwohl du unser Zuhause gerade in Schutt und Asche legst.“ Er zog die Augenbrauen hoch und imitierte damit ihren tadelnden Blick beinahe perfekt. „Ich hoffe du weißt, was du tust?“ Sie nickte mit einem schmalen Lächeln und strich ihm mit zitternden Fingern über das zerzauste Haar. „Ich bin so froh, dass du hier bist, Draco. So unendlich froh.“ Er runzelte die Stirn, als er die Tränen in ihren Augen entdeckte. „Alles o.k.?“ „Meine Schwester hat ihre Tochter verloren - und ihren Schwiegersohn. Ich …“ Narzissa stockte und blinzelte heftig. „Geh jetzt! Geh zu deinem Vater. Ich denke, er braucht dich jetzt mehr als ich.“ Draco schwirrte der Kopf. Doch er verstand seine Mutter. Sie musste etwas tun, um diese Rastlosigkeit zu vertreiben. Er wandte sich ab und stieg langsam die Treppen hinauf. Kein Licht drang von draußen herein. Also war die erste Nacht nach der Schlacht angebrochen. Die erste Nacht vom Rest seines Lebens. Durch einen Zauber entflammten die Kerzen in den Wandhalterungen, wenn er sich näherte und erleuchteten seinen Weg. Ein goldener Lichtschimmer drang unter der Tür des Herrenzimmers hervor und er hört die Schritte seines Vaters, der auf dem hölzernen Dielenboden auf und ab zu gehen schien. Draco öffnete die Tür ohne anzuklopfen, unsicher was ihn erwarten würde. Der Dunst hochprozentigen Alkohols schlug ihm entgegen und ein Blick auf Lucius machte deutlich, dass sein Vater reichlich über den Durst getrunken hatte. Er seufzte leise. Der blonde Zauberer hatte die Ellenbogen auf die Rückenlehne seines Schreibtischstuhles gestützt und verbarg das Gesicht in den Händen. Seine Schultern zuckten bebend und er schluchzte hörbar. „Er ist tot … Bei Salazar er ist tot.“ „Vater!“, zischte Draco vorwurfsvoll und funkelte seinen alten Herrn grimmig an. „Um Merlinswillen – reiß dich zusammen.“ Tränen quollen aus den rauchgrauen Augen des Älteren und er wandte den Blick ab, nicht fähig seine Emotionen zu kontrollieren. Draco presste die Kiefer aufeinander und betrachtete das Schauspiel Minutenlang schweigend und voller Abscheu. „Er hat dich gedemütigt und erniedrigt - an jedem einzelnen Tag des vergangenen Jahres. Und jetzt stehst du hier und beweinst seinen Tod? Bei Salazar, wie erbärmlich bist du eigentlich, Lucius Malfoy!“ Mit unsicheren Schritten wankte sein Vater zurück an seinen Schreibtisch und griff mit zitternden Händen nach einem Pergament, das darauf lag und hielt es seinem Sohn hin. Draco nahm es an sich und überflog die Zeilen.   Sehr geehrter Mr. Lucius Malfoy, Sie baten um die Auskunft nach dem Verbleib von Schulleiter Severus Snape. Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass ebendieser nur tot aus den Überresten der heulenden Hütte geborgen werden konnte. Hochachtungsvoll K. Shacklebolt   Ein leises 'Oh' kam über Dracos Lippen und er ließ das Pergament sinken. „Entschuldige, Vater. Ich hatte geglaubt, du würdest dem Dunkle Lord nachtrauern.“ Lucius hob den Blick und sah seinem Sohn fest in die Augen. Dann kam er, mit erstaunlich sicherem Gang um den wuchtigen Schreibtisch herum. Er legte Draco eine Hand auf die Schulter und sah ihn eindringlich an. „Wie könnte ich, nach alledem. Er hat mich mit dem Imperiusfluch belegt und mich gezwungen deine Mutter und dich mit dem Cruciatusfluch zu foltern. Bei Salazar – wie könnte ich diesem abscheulichen Monster nur eine Träne nachweinen.“ „Aber er hat es nicht geschafft“, wisperte Draco leise. „Du bist stark, Vater. Er hat dich nicht gebrochen. Du hast dich gegen den Fluch gewehrt und ...“ Lucius runzelte die Stirn, schüttelte verneinend den Kopf. „Aber ihr ...“ „Was hätten wir anderes tun sollen, als uns schreiend am Boden zu winden? Dein Cruciatusfluch war kaum mehr als ein Kratzen im Hals. Hat Mutter es dir nie gesagt?“ Lucius wandte sich halb ab, beließ jedoch seine Hand auf der Schulter seines Sohnes, als müsste er sich stützen. „Sie hat … Wir haben kaum miteinander gesprochen, Draco. Deine Mutter und ich. Sie … Ich war … Nach Askaban habe ich es nicht mehr geschafft meinen Geist zu schützen. Der … Der Dunkle Lord konnte in meine Gedanken eindringen, beinahe ohne meine Gegenwehr. Und … wir hielten es für das Beste, wenn ...“ Diese Erkenntnis traf Draco tief in seinem Innersten. Er legte seine Hand auf die seines Vaters, welche nach wie vor auf seiner Schulter ruhte und strich ihm zaghaft über den Handrücken. „Ich hatte keine Ahnung. Vater, es tut mir …“ Lucius schüttelte energisch den Kopf. „Nicht. Dir muss gar nichts lei tun, mein Junge. Du hast … hast auf der richtigen Seite gekämpft. Ich bin so stolz auf dich. Dieser Shacklebolt hat ein weiteres Schreiben an mich geschickt. Deine magischen Fesseln werden im Laufe des kommenden Tages gelöst und der Hausarrest aufgehoben. Du hast anscheinend bessere Freunde, als ich es je hatte.“ Nun löste er sich doch von seinem Sohn und ging hinüber zu dem kleinen Servierwagen, und griff zu der Kristallkaraffe des Cognacs. „Ein gewisser Neville Longbottom – er scheint der Anführer einer Widerstandsgruppe gewesen zu sein – hat noch am Nachmittag eine Aussage zu deinen Gunsten gemacht. Andere sind dem Beispiel gefolgt.“ Lucius reichte seinem Sohn ebenfalls ein Glas, reichlich gefüllt mit hartem Alkohol. „ Setzen wir uns, Draco? Ich würde gern etwas über deine Aktivitäten der vergangenen Wochen erfahren.“ Der jüngere Malfoy nickte und nahm seinem Vater das Glas aus der Hand. Bevor er Platz nahm, trank er einen tiefen Schluck. Langsam ließ er sich in den Sessel sinken und presste sich unwillkürlich die Hand auf die Rippen. Er hatte sie sich im Kampf gebrochen. Blaise hatte bereits einen seiner Heilzauber gewirkt, doch auch der Dunkelhäutige war nach der Schlacht entkräftet gewesen, sodass die Heilung von Dracos Knochen nicht vollendet werden konnte. Aber körperlicher Schmerz bedeutete Leben – Draco hieß sie als solches Willkommen. „Du bist also doch verletzt“, murmelte Lucius und Sorge trat in seinen müden Blick. „Nicht der Rede wert, Vater.“ „Dann berichte mir von den Heldentaten, die du vollbracht hast.“ Es war keine Spur von Abfälligkeit oder Hochmut in der Stimme seines Vaters. Eine leise Resignation vielleicht, doch die sollte man ihm nach alldem Erlebten wohl zugestehen. „Es war Blaise. Du kennst ihn. Der Sohn von Electra Zabini. Er war der Erste von uns, der sich irgendwann geweigert hat den Befehlen der Carrows zu folgen. Sie hatten kaum die Möglichkeit dagegen anzugehen – der Dunkle Lord hatte verboten reines Blut zu vergießen. Doch sie fanden andere Wege ihn zu tadeln. Einen Stolperfluch später stürzte er die Treppe der Eulerei hinunter und wurde schließlich von einem Mitglied der DA – Dumbledores Armee ...“ Lucius unterbrach ihn amüsiert glucksend. „Dumbledores Armee? In der Tat?“ Draco ließ seine Hand in die Hosentasche gleiten und holte eine Galleone raus. „Ich bin mittlerweile ebenfalls Mitglied der DA, Vater. Hätte ich im vergangenen halben Jahr nicht von denen das Kämpfen gelernt, dann hätte ich die Schlacht wohl nicht überlebt.“ Lucius Augen weiteten sich und er griff nach dem Geldstück. „Und was hat es hiermit auf sich?“ „Sieh dir die Seriennummer an? Sie verändert sich um Informationen zu verbreiten und wird ein Treffen nötig, dann erhitzt sie sich.“ „Ein wunderbares Stück Magie. War es deine Idee, ein solches Kommunikationsmittel zu nutzen?“ Draco lachte laut auf. „Ich? Nein, Vater. Ich habe damit nichts zu tun. Ich habe die DA und damit auch den Orden des Phönix mit Informationen über Voldemort versorgt. Sofern ich irgendetwas erfahren hatte. Ich wurde lediglich geduldet – in den ersten Wochen nicht einmal das. Mir wurden die Augen verbunden, bevor ich zu den Kontaktleuten gebracht wurde. Erst sehr viel später nahm man mich wirklich auf. Und das auch nur, weil mir einige Leute einen echten Vertrauensvorschuss gewährten.“ „Die da wären?“, hakte Lucius interessiert nach. „Ginny Weasley, Anthony Goldstein und Luna Lovegood.“ „Xenophilius Tochter? Ja, die Lovegoods. Auch so klassische Gutmenschen.“ Die Arroganz trat wieder in Lucius Blick und Draco seufzte. Die Überheblichkeit stand seinem Vater derzeit nicht gut zu Gesicht. „Luna ist mutiger als irgendjemand sonst, Vater. Sie hat über Monate in den Kerkern hier im Manor gesessen. Allerdings hat Mutter sie wohl sehr gut behandelt und Acht gegeben, dass ihr nichts geschieht. Sie ist aus dem Hogwartsexpress entführt worden und das, wo sie nur Tage zuvor die Missgunst ihrer Freunde auf sich genommen hat, um mir den Weg in den Widerstand zu ebnen.“ Eine Weile schwiegen Vater und Sohn und stierten in die tanzenden Flammen im Kamin. „Severus hat irgendwann zu mir gesagt, dass du endlich den rechten Weg gefunden hättest. Ich habe bis vor wenigen Momenten nicht gewusst, was er damit gemeint hat.“ „Er hat es gewußt?“ „Ich glaube nicht, dass es vieles gab, von dem er nichts wußte. Ich vermute, dass seine Rolle in diesem vermaledeiten Lebensspiel von viel größeren Ausmaß war, als irgendjemand auch nur ahnte.“ Draco schluckte schwer. „Wie … wie ist er gestorben? Durch wessen Hand?“ Lucius zuckte mit den Schultern und presste sich die Faust gegen die Lippen. „Ich habe keinerlei Informationen darüber erhalten. Doch … Ich war es … Ich habe ihn in die heulende Hütte geschickt – auf Befehl vom Dunklen Lord.“ Er verbarg sein Gesicht in der bebenden Hand. Draco streckte die Hand aus und legte sie seinem Vater auf die Schulter. Stummes Schluchzen ließ die Schultern des Älteren beben. „Es war übrigens Astoria Greengrass, die mich dazu ermutigt hat ein Verräter zu werden“, durchbrach Draco die Stille. „Sie sagte, dass sie sich schlicht weigern würde, einen kriecherischen Todesser zu heiraten und dass sie eine Familienfehde vom Zaun brechen würde, wenn ich nicht beweise, dass ich ein Mann mit Prinzipien sei.“ Ein schmales Schmunzeln umspielte Lucius Lippen. „Die Familie Greengrass ist sehr traditionsbewusst. Die Annullierung eines magischen Vertrages von dem Rang, wie es eure Vermählung betrifft, geht mit einem Zaubererduell auf Leben und Tod einher.“ „Ich kenne die alten Gesetze, Vater.“ Draco seufzte und spürte wie allmählich die Erschöpfung in seinen Gliedern empor kroch. „Also bist du Widerstandskämpfer geworden, um deinen Hals zu retten?“ Draco schnaubte, ob der Kurzsichtigkeit seines Vaters. Sein Horizont hatte sich mit den Jahren beängstigend beschränkt. Wut kletterte in seinem Innersten empor. Er sprang auf die Beine und fuhr sich hart um Beherrschung kämpfend durch die Haare. „Scheiße!“ - „Äußerst scharfsinnige Bemerkung*, mein Sohn“, bemerkte Lucius trocken. Draco atmete tief durch und nahm erneut Platz. „Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben das Richtige getan, Vater. Und zwar nicht aus Berechnung, sondern weil ich … weil ich … Ich habe mich in Astoria verliebt und will für sie eine bessere Zukunft. Sie soll niemals das erleben, was Mutter in den vergangenen Jahren durchleiden musste. Verzeih meine ehrlichen Worte, Vater.“ Er sah, wie sich Lucius Gesichtszüge verhärteten und rechnete damit, dass dieser zornig wurde. Doch er hatte sich getäuscht. „Ich habe viele Fehler gemacht. Doch nicht etwa, weil ich deine Mutter nicht liebe. Meine Absichten waren ...“ Er unterbrach sich mit einem leisen Aufstöhnen und ließ den Satz unvollendet. „Hoffentlich bleiben mir noch ein paar Jahre, um sie gebührend entschädigen zu können. Deine Mutter ist das Beste in meinem Leben und du bist das Einzige, was mir wirklich gelungen ist. Auch wenn mein Anteil an deiner Entwicklung vermutlich auch nur minimal war.“ Ein schmales Lächeln wand sich um Dracos Lippen. „Du hast mich zum Opportunismus erzogen – es gibt schlimmere Angewohnheiten. Man muss nur erkennen, wann man den falschen Weg eingeschlagen hat. Und ich habe irgendwann erkannt, dass mein Weg nicht der deine sein muss, Vater. Dennoch gebühren dir mein Respekt und meine Achtung.“ Der Jüngere beugte sich vor und legte seinem Vater eine Hand auf den Arm. Lucius hatte den Blick abgewandt und stierte mit emotionsloser Miene in die Flammen. Nach einer Weile sagte er leise: „Lass mich jetzt eine Weile allein, Draco.“ Der Jüngere nickte und erhob sich aus dem Sessel. Die Wärme des Kaminfeuers hatte ihn eingelullt und vermutlich wäre er in Kürze eingeschlafen, wenn sein Vater ihn nicht hinaus gebeten hätte. Kurz bevor Draco die Tür erreicht hatte, hielten Lucius Worte ihn noch einmal auf. „Ich danke dir für deine aufrichtigen Worte, mein Junge.“ „Ich werde immer ehrlich zu dir sein, Vater. Ich gebe dir mein Wort.“   Draco verließ das Herrenzimmer seines Vaters und ging mit schleppendem Gang in Richtung des Zimmers, in dem er bereits zuvor einen Teil seiner Sachen hinterlassen hatte. Seine eigenen Räume befanden sich in einem anderen Flügel des Anwesens, doch der Weg dorthin schien ihm zu weit. Das Adrenalin war aus seinen Blutbahnen gewichen, der Alkoholpegel angestiegen, und offenbarten ihm seine Abgeschlagenheit. Er stützte sich an der Wand, bis er die richtige Tür erreicht hatte und stieß diese auf. Auf dem Boden vor dem Kamin lag sein Teil des Fernkommunikationspergaments und schon von weitem konnte er Astorias feine Handschrift darauf erkennen. Mit einem ungenierten Aufstöhnen ließ er sich zu Boden sinken und griff nach dem Schriftstück. Als er ihre beruhigenden, liebevollen Zeilen las, wurde ihm endlich leichter ums Herz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)