Ein kleines Glück von nyma (Weihnachten bei den Malfoys (*2037)) ================================================================================ Kapitel 4: Teil IV. ------------------- Draco hatte sich endlich seines Jacketts entledigt und die Hemdsärmel aufgekrempelt, wie es so typisch für ihn war. Nun stützte er die Hände auf die marmorne Arbeitsplatte der großzügigen Küchenzeile und ließ müde den Kopf hängen. Astoria beobachtete ihn von der Küchentür aus. Dann stieß sie sich ab und ging hinüber. Sanft strich sie ihrem Mann über den Rücken und presste ihre Lippen auf sein Schulterblatt, das sich scharf unter dem feinen Stoff abzeichnete. Er wandte sich um und ließ sich mit einem Seufzen in ihre Arme ziehen, während sie hinter seinem Rücken nach seinem Drink griff und den teuren Cognac in den Ausguss goss. „Die Longbottoms werden bald da sein. Genieße liebe später zusammen mit Scorpius und Neville noch einen Aperitif, Liebling.“ Ein schmales Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, wie Astoria erkannte, als er ein wenig von ihr abrückte — ohne sie jedoch loszulassen. Es schien, als wollte er etwas zu ihr sagen, doch er blieb stumm, schüttelte nur den Kopf und senkte den Blick. „Es war ein ziemlicher Schock, nicht wahr?“, fragte sie leise und deutete, der soeben in der Küche erschienenen Hauselfe, dass diese sie allein lassen sollte. Draco zuckte mit den Schultern. „Ja. Ich meine …“ Er unterbrach sich und presste erneut Zeigefinger und Daumen gegen seine Nasenwurzel — eine Geste die er immer machte, wenn etwas ihn überforderte. „Scorpius hat noch immer deinen Zauberstab, kann das sein? Er hat wohl befürchtet, du könntest unseren alten Hauslehrer verhexen.“ Draco zog die Augenbraue hoch und seufzte. „Man sollte meinen, dass der Junge mit seinen 32 Jahren allmählich erwachsen wird.“ „Dem stimme ich zu, aber ich denke auch, dass der Junge seinen Vater einfach gut kennt.“ Dracos Augenbrauen schnellten in die Höhe. „Ich mache also auf dich den Eindruck, als würde ich gern alte, gebrechliche Kriegshelden mit Flüchen belegen?“ Astoria lachte auf. „Ich denke nicht, dass Severus Snape dir das hätte durchgehen lassen. Vermutlich hättest du deinen Zauber noch nicht einmal gedacht, und schon kopfüber in der Luft gebaumelt, die Eigenschaften von Drachenblut singend — rückwärts.“ Er fiel in ihr Lachen mit ein und nickte zustimmend. „Vermutlich hast du damit recht.“ Er stieß ein mäßig amüsiertes Schnauben aus. „Severus Snape … Bei Merlin, Tori, jetzt hat er es wieder geschafft mich völlig aus der Bahn zu werfen. All die Jahre …“ „Du hattest wirklich nicht den Hauch einer Ahnung?“ Sie runzelte die Stirn. Er schüttelte den Kopf. „Nein — allerdings … Ich habe in Vaters alter Korrespondenz vor einigen Jahren einen Schriftverkehr gefunden. Sehr privat, ohne Absender oder Unterschrift und immer recht wage gehalten. Ich bin jetzt beinahe überzeugt davon, dass dies die Briefe waren, die Professor Snape vorhin erwähnt hat.“ Astoria nickte. „Gut möglich. Doch, dass dein Vater — ich meine, obwohl er doch wusste …“ Draco unterbrach sie mit einer unwirschen Handbewegung. „Sieh ihn dir doch an! Seine Stimme gehorcht ihm kaum. Anscheinend klappt es auch mit der Nahrungsaufnahme nicht sonderlich gut, wenn er nicht einmal Tee zu sich nehmen will, in Gesellschaft. Und das ist sein Zustand nach vierzig Jahren. Ob die Schuld an der Versehrtheit des besten Freundes weniger Gewicht hat, als dessen Tod, das wage ich zu bezweifeln, Tori.“ „Aber es war nun einmal nicht seine Schuld, Draco. Hatte dein Vater denn eine Wahl?“ Draco schloss resigniert die Augen. „Ich …  ich ertrage dieses Thema nicht mehr. Ich will mir darüber nicht länger den Kopf zerbrechen.“ Astoria nickte und rief dann leise nach der Hauselfe. „Mach nur deine Arbeit, Nicki. Wir sollten uns allmählich für das Dinner umziehen, Draco.“ „Dafür werden wir keine Zeit haben.“ Er nickte hinüber zur großen Wanduhr. Astoria seufzte leise auf. „Also gut, dann sollte ich wenigstens den Tisch für das Dinner richten.“ „Nein, Herrin, darum kümmert sich bereits Miss Alice. Allerdings stören Sie beide mich hier unten ganz gewaltig.“ Die kleine Elfe hatte die Hände in die Seiten gestemmt und musterte ihre Herrschaften grimmig. „Sie sollten etwas gegen Ihre innere Unruhe tun, Herr! Sonst werden Sie später wieder mein Essen verschmähen, weil es in Ihrem Bauch zwickt. Gehen Sie in die Bibliothek und spielen Sie am Flügel! Heute beginnen die Weihnachtsfeiertage — da ist es so üblich, dass der Hausherr die Anwesenden musikalisch einstimmt! Also los, Master! Raus aus meiner Küche!“ Lachend griff Astoria nach der Hand ihres Mannes und zog ihn mit sich. „Was denkt diese Hauselfe eigentlich, wer sie ist? Unverschämtes, kleines …“ „Ich höre Sie gut, Master, und ich habe die Hoheit über den Salzstreuer!“, ertönte die Fistelstimme der Elfe glucksend. „Man sollte ihr Kleidung geben, dem frechen Ding!“, fauchte Draco, woraufhin ein amüsiertes Kichern aus der Küche klang. „Es ist doch nicht normal, dass Hausangestellte so mit einem reden!“ Astoria lachte aus vollem Hals. „Sie gibt auf dich Acht. Das ist Nickis Art dir ihre Zuneigung zu zeigen.“ „Na wunderbar!“ „Aber ich würde dich wirklich gern mal wieder am Flügel sehen, Draco. Du hast lange nicht gespielt.“ Vor einem Spiegel hatte die blonde Hexe Halt gemacht und besah sich ihre Frisur. Hier und da richtete sie einige Strähnen mit ihren Fingern und spürte seinen Blick auf sich. „Du siehst bezaubernd aus, Astoria“, sagte er leise. „Hm …“, entgegnete sie unartikuliert und runzelte die Stirn. „Deine Mutter findet, dass meine Hüften zu breit sind.“ Draco gluckste leise, trat hinter seine Frau und legte seine Hände prüfend an deren Rundungen. „Nun ja, wir wissen doch beide, dass meine Mutter fernab jeder Realität lebt. Und, um es noch deutlicher zu formulieren, mir muss dein Hintern gefallen — nicht meiner Mutter.“ Er trat näher, schob ihr das lockige Haar aus dem Nacken und küsste sanft ihre weiche, warme Haut. „Köstlich …“, wisperte er, schloss die Augen und lehnte sich gegen sie. Als sie sich zu ihm umwenden wollte, stieß er einen tadelnden Laut aus und hinderte sie daran. „Schließ deine Augen, Geliebte.“ Mit einem erstaunten Laut folgte sie seiner Anweisung und ahnte bereits was nun kommen würde. Sie spürte die Kühle des Edelmetalls auf ihrer Haut und lachte leise auf. „Du erfüllst an diesem Heiligabend wieder einmal jedes Klischee, Draco.“ Mit geschlossenen Augen befühlte sie das Schmuckstück und öffnete sie nur zögernd. Ein zartes Durcheinander aus Platingeäst schmiegte sich an ihr Dekolleté. Strahlende Smaragde funkelten daraus hervor. „Gefällt sie dir?“, wollte er wissen und betrachtete seine Gattin liebevoll lächelnd. „Ein wundervolles Schmuckstück. Vielen Dank.“ Um die beiden alten Leute herum tobte ein scheußliches Regenwetter. Doch dank verschiedener Zauber blieben sie von Wind und Regen unberührt. Schweigend standen sie vor der strahlend weißen, marmornen Grabplatte. Es wurde Severus schwer ums Herz. Unzählige Erinnerungen und Momente stürmten auf ihn ein und ließen sein Innerstes erbeben. Die Malfoys waren seine Familie gewesen — über viele Jahre waren sie die einzigen Menschen gewesen, die sich mit einem verschrobenen Charakter wie ihm hatten abgeben wollen. „Glauben Sie daran, dass man nach dem Tod wieder mit den Menschen vereint ist, die man zu Lebzeiten geliebt hat?“, riss Narzissas leise Stimme ihn aus seinem inneren Gedankenstrudel. „Wissen Sie, meine Schwester zum Beispiel hat 1998 ihre gesamte Familie verloren. Tochter, Ehemann, Schwiegersohn. Sie ist vor einigen Jahren selbst verstorben und ich empfinde es als so ungemein tröstlich zu glauben, dass sie nun alle wieder zusammen sind.“ Severus stieß ein unartikuliertes Geräusch aus. Seine Kehle war wie zugeschnürt — wie so häufig. Eine Weile schwiegen sie, dann schien Severus Stimme ihm wieder gehorchen zu wollen. „Ich habe den Eindruck, dass Sie sehr viel Glück mit ihrer Familie haben“, sagte er sehr leise, warf einen letzten Blick auf Lucius Ruhestätte und wandte sich dann ab — nicht ohne Narzissa seinen Arm anzubieten. „Ja, meine Schwiegertochter ist ein sehr liebes Mädchen. Sie ist immer da. Wissen Sie, ich bin so ungern allein in diesem Haus. Verstehen Sie mich nicht falsch — es ist der Stammsitz meiner Familie und ich fühle mich mit diesem Anwesen sehr verbunden, doch hin und wieder … Es ist wie eine Ahnung. Als wenn hinter diesen Mauern einmal viel Leid erfahren wurde.“ Sie holte tief Luft. „Doch das sind sicher nur Hirngespinste einer alten Frau. Ich wünschte nur, dass mein Sohn häufiger daheim wäre. Ich habe ihn schon so lange nicht mehr gesehen. Kennen Sie meinen Jungen? Draco?“ „Ja“, hauchte Severus heiser. „Aber heute ist Heiligabend. Denken Sie nicht, dass er im Haus sein wird? Er wird doch an einem solchen Tag seine Familie nicht allein lassen, oder?“ Narzissa zuckte mit den Schultern und lächelte hoffnungsvoll. „Vielleicht haben Sie recht.“ Sie horchte auf. „Jemand spielt Klavier. Vielleicht ist das mein Sohn.“ „Dann lassen Sie es uns herausfinden.“ Severus hatte Mühe mit den raschen Schritten der zierlichen Frau mitzuhalten. Wie von der Hauselfe verlang, waren Draco und Astoria in die Bibliothek gegangen, wo bereits zwei mit Wein befüllte Gläser für sie bereitstanden. Mit einem Lächeln setzte der blonde Zauberer sich an den Steinway und ließ seine Finger liebevoll über die Tasten gleiten. Astoria griff nach einem der Gläser, trank einen Schluck und schlenderte durch den behaglichen Raum, hinüber zu der weiten Fensterfront. Sie öffnete eine der gläsernen Flügeltüren weit und atmete tief die kühle Abendluft ein. Sanft erfüllte Dracos Klavierspiel das Zimmer. Astoria summte leise die Melodie von „Have yourself a merry little Christmas“ und schenkte ihrem Gatten ein strahlendes Lächeln. Es war wunderbar zu beobachten, wie der Stress von ihm abfiel und der angespannte Zug um seinen Mund herum weich wurde. Leise wurde die Tür geöffnet. Alice und Scorpius stahlen sich in das Zimmer. Astoria beobachtete freudig, wie ihr Sohn seine Partnerin in die Arme zog und sie langsam begannen zu Dracos Klavierspiel zu tanzen. Ihr Blick traf auf den von Draco, welcher sie gefangen hielt. Die stumme Zwiesprache der Eheleute wurde abrupt unterbrochen, als sich die Tür erneut öffnete und die Hauselfe weitere Gäste in den Raum führten. „Nicht aufhören zu spielen!“, rief Hannah Longbottom aus und wirbelte auf Draco zu, der lachend sein Spiel fortsetzte. Sie beugte sich zu ihm hinunter und küsste ihn auf die Wange. „Guten Abend und frohe Weihnachten.“ Die quirlige Frau hatte rote Wangen und sah sich munter um, dann zog sie Astoria in eine herzliche Umarmung. „Mein Angebot gilt nach wie vor, Draco!“, rief sie aus, während der Schalk aus ihren Augen blitzte. „Sollte es mit den Rennbesen mal nicht mehr laufen, dann darfst du gerne im Tropfenden Kessel für die musikalische Unterhaltung sorgen!“ Lachen erfüllte den Raum und ohne das Spiel zu beenden, wandte sich der Hausherr an seine Gattin, die gerade Neville begrüßte. „Die Aperitifs, Liebling. Nur damit ihre Gemüter schon ein wenig benebelt sind, wenn du unseren Gästen mitteilst, mit welchem Besucher meine Mutter sich gerade die Zeit vertreibt.“ „Daddy! Du wirst vollkommen durchdrehen!“, warf Alice mit einem aufgeregten Flackern im Blick ein. „Vielleicht auch nicht. Ich meine — er sieht ihn ja quasi jeden Tag bei der Arbeit, oder?“, hielt Scorpius dagegen. „Allerdings wird man die Gravur mit seinem Todestag verändern müssen. Merlin — wie Makaber!“ Astoria schlug sich eine Hand vor den Mund, während Hannah und Neville fragend in die Runde schauten. Dracos Beitrag zu der Situation fand sich in einer schmissigen Version des Jingle Bell Rocks am Flügel wieder, während Astoria Drinks verteilte. „Nun spannt uns doch nicht länger auf die Folter!“, forderte Hannah und schaute ihre Tochter eindringlich an. „Wer gilt als der mutigste Slytherin überhaupt?“, rief Draco aus und ließ sein Finger zu der Melodie der Carol Bells über die Tasten fliegen. „Severus Snape natürlich …“, murrte Neville und verzog das Gesicht. Alice klatschte in die Hände und sah ihren Vater erwartungsvoll an. „Draco — bei Merlin — jetzt hör doch mal auf mit dem hektischen Geklimper!“ Astorias Wangen hatten rote Flecken bekommen. Draco nahm seine Finger von den Tasten und griff nach der Hand seiner Frau. „Den ganzen verrückten Nachmittag lang warst du die Ruhe selbst und jetzt wirst du nervös, Liebes?“ Er musterte sie mit einem Schmunzeln. „Den ganzen Nachmittag über habe ich ja auch befürchtet, dich in deine Bestandteile zusammenfügen zu müssen — jetzt scheinst du deine Ausgeglichenheit wieder gefunden zu haben. Da darf ich mich doch ein wenig meiner Aufregung hingeben, oder?“ „Stop!“ Hannah hatte stirnrunzelnd eine Hand gehoben. „Ihr wollt uns nicht wirklich weismachen, dass Severus Snape am Leben ist und gerade mit Narzissa bei Tee und Gebäck im Salon sitzt, oder?“ „Nein!“ Draco schüttelte ernst den Kopf. „Im Moment besuchen die beiden gerade das Grab meines Vaters.“ Neville schnappte nach Luft und ließ sich auf den Klavierhocker sinken. „Ich hab in meinem siebten Schuljahr Thestral-Pisse in seine Shampoo-Flasche gezaubert. Der bringt mich um!“ Für einen Augenblick herrschte verdutztes Schweigen, dann brachen alle, außer Neville, in tosendes Gelächter aus. Draco legte ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter. „Das stehen wir gemeinsam durch. Es muss doch einen Vorteil haben, wenn man über Jahre unangefochtener Lieblingsschüler war. Und außerdem sitzt du jetzt an seinem Schreibtisch. Ich meine …“ Neville wurde, wenn möglich noch eine Spur bleicher. „Ich habe sein Schulleiter-Porträt mit einem Vorhang versehen und es dauerhaft mit einem Schweigezauber belegt.“ Draco prustete ungehalten. „Oh man, Longbottom!“ In dem schwang die Tür zur Bibliothek erneut auf und Narzissa eilte in den Raum, dicht gefolgt von einem atemlosen Severus Snape. „Mein Liebling! Sehen Sie, Severus, ich habe Ihnen doch gesagt, dass so nur mein Sohn den Flügel zum Klingen bringt“, rief Narzissa aus und eilte auf Draco zu, der sich zwang nicht vor der ungewohnten Geste zurückzuweichen. „Mutter?“ „Wie wunderbar. Dass du nach all der Zeit wieder daheim bist, mein lieber Junge.“ Narzissa herzte ihn liebevoll und bedachte ihn mit einem zärtlich mütterlichen Blick. „Wie ich mich freue dich zu sehen, Draco. Bleib nicht wieder so lange fort. Wir vermissen dich entsetzlich, wenn du nicht hier bist.“ Ein Lächeln schlich sich in seine Miene und er nutzte diesen Moment und zog seine Mutter erneut an sich. „Und ich vermisse dich!“, wisperte er mit rauer Stimme und küsste sie auf die Wange. „Frohe Weihnachten.“ Sie lösten die Umarmung, doch Draco legte einen Arm um ihre zierlichen Schultern. „Hach, die Longbottoms!“, rief Narzissa freudig aus. „Severus, darf ich Ihnen die Eltern unserer lieben Alice vorstellen? Neville und Hannah Longbottom.“ Severus nickte und musterte seine ehemaligen Schüler. „Wir kennen uns bereits, Mrs. Malfoy.“ Draco unterdrückte ein Auflachen, als er sah, wie Nevilles Finger bebten, als dieser dem Älteren die Hand entgegenstreckte. „P-Pro-Professor Snape.“ Severus zog die Augenbrauen hoch und feixte sichtlich. „Wie schön Sie mal wiederzusehen … Schulleiter Longbottom! Frohe Weihnachten.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)