Ein kleines Glück von nyma (Weihnachten bei den Malfoys (*2037)) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Missmutig sprach Astoria Malfoy einen weiteren Wärmezauber, während sie an dem kleinen Sekretär in ihrem Zimmer saß und die Liste auf dem Pergament, auf ihre Vollständigkeit überprüfte. Wie ein Trommelfeuer hämmerte der Regen gegen die Fensterscheiben. Im Luftzug, der unaufhörlich durch das Zimmer wehte, flackerten die Flammen der Kerzen. Die blonde Hexe presste die Kiefer fest aufeinander und verfluchte still das alte Gemäuer. Malfoy Manor hatte seine besten Jahre hinter sich. Und Astoria war heilfroh, dass Draco endlich eingewilligt hatte, von diesem Stück Familientradition abzulassen. Jetzt, wo der Zahn der Zeit auch an ihm nagte und der jugendliche Starrsinn allmählich der Vernunft wich, war er bereit, sein zweifelhaftes Erbe in den Wind zu schreiben. Astoria verließ ihren Platz und ging langsam hinüber zum Fenster, das den Blick freigab auf die Arbeiten an ihrem neuen Familiensitz. Doch auch wenn Draco nun endlich ein Einsehen hatte – vermutlich sollte Astoria den undichten Fenstern danken, die ihrem Gatten immer wieder schmerzhafte Verspannungen und Infekte beschert hatten –so hatte Scorpius sich nun der malfoy‘schen Sturheit angenommen und beschlossen das alte Gemäuer bewohnen zu wollen. Astoria hatte schon immer geglaubt, dass etwas von Lord Voldemorts Wesen die finsteren Hallen des Anwesens nie ganz verlassen hatte. Insbesondere den großen Saal, in dem die Todesser ihre Versammlungen abgehalten hatten, mied die blonde Frau. Auch die Kellergewölbe in denen Gefangene verwahrt und gefoltert worden waren, betrat Astoria niemals. Ihr neues Haus war modern und hell. Es vereinte Elemente der Natur und funktionelles Design. Sie hatte die Pläne dafür selbst entworfen und damit Dracos Interesse, ja, am Ende sogar dessen Leidenschaft, wecken können. Sie lächelte stumm und zog das feine Tuch etwas fester um ihre Schultern. Gerade als sie beschloss in den Salon zu gehen, um bei einer Tasse Tee den anstehenden Heilig Abend zu planen und sich mit der Hauselfe zu besprechen, ertönte die aufgeregte Stimme ihrer Schwiegermutter. „Hallo? Wo sind denn die Hauselfen? Dobby?“ Astoria seufzte schwer. Narzissa hatte einen schweren Tag heute. Die Demenz ihrer Schwiegermutter war weit fortgeschritten, doch sie vermutete, dass der Geist der Älteren sich an den Tagen, die besonders schmerzlich werden könnten noch einmal mehr verschließt. Eine Art Schutzmechanismus vielleicht. Schon als Lucius noch lebte, hatte es Tage gegeben, an denen Narzissa verwirrt schien und eigentümlich verschlossen. Doch nach dem Tod ihres Mannes hatte sich ihr Zustand noch einmal drastisch verschlechtert. Häufig lebte Narzissa in ihrer Welt, wirkte scheu und … Verloren. Als hätte sie ihren Platz auf der Welt einbüßen müssen und wüsste nicht mehr wohin mit sich. Rasch verließ Astoria ihre Räume und eilte über die Galerie. Narzissa stand auf der breiten Treppe und blickte sich suchend um. Als ihr Blick auf Astoria fiel, strahlte die alte Frau über das ganze runzelige Gesicht. Astoria erwiderte diesen seltenen Anblick erfreut und lächelte ihrer Schwiegermutter entgegen. „Mutter. Was gibt es denn? Ich habe dich rufen hören.“ Narzissa klatschte lachend in die Hände. Der Gürtel ihres Hausmantels löste sich und gab den Blick frei auf ein feines, seidenes Nachthemd. Astoria seufzte, eilte die Treppe hinunter und verschloss den Mantel wieder. Das brachte Narzissa ein wenig aus dem Konzept. „Aber, warum bin ich denn nicht angezogen, Liebes?“, murmelte sie irritiert und suchte Astorias Blick. „Eigentlich hatten wir vorhin gemeinsam deine Tageskleidung gerichtet, Mutter, aber anscheinend hat es dir nicht zugesagt, wie?“ Die Jüngere lächelte aufmunternd und hakte sich bei Narzissa ein, um diese sanft in Richtung ihrer Räume zu dirigieren. „Aber nun erzähl mir endlich warum du so aufgeregt bist.“ „Liebes, stell dir vor! Ich erwarte Besuch. Er wird zum Vier-Uhr-Tee da sein.“ Narzissas Augen leuchteten und ihre Wangen hatten einen rosigen Glanz. „Wie wunderbar. Wer kommt dich denn besuchen? Tante Andromeda etwa?“ Die Freude verschwand aus Narzissas Blick und sie schaute beschämt zu Boden. „Nein … Nein, nicht Andromeda. Ich …“ Sie schüttelte den Kopf, dann gluckste sie. „Nun stell dir vor! Ich habe vergessen wie er heißt.“ Sie lachte atemlos und Astoria strich ihr liebevoll über den Arm. „Nun, er ist groß und wirkt ein wenig … verschroben. Und er ist ziemlich hässlich. Aber dafür kann er ja nichts, Liebes. Sag den Elfen, dass sie bitte Sahne und etwas Honig zum Tee reichen sollen. Keine Scones. Er mag die Clotted Cream nicht. Schon immer, Liebes. Kann man sich das vorstellen? Shortbread und trockenes Teegebäck. Und dieser hoffnungslose Elf … dieser Dobby, er soll nicht wieder vergessen den Sherry für Lucius passend zu temperieren. Es schlägt ihm doch so auf den Magen, wenn …“ Narzissa verstummte und stieß dann ein leises ‚Oh‘ aus. Astoria griff nach der Hand ihrer Schwiegermutter und strich ihr über den Handrücken. „Lucius wird nicht kommen, oder?“ Sie hielt inne und wandte den Kopf um Astoria ansehen zu können. „Mein Mann ist bereits verstorben, nicht? Lucius ist tot.“ Astoria nickte und schluckte schwer. Diese Augenblicke der Klarheit lasteten schwerer auf ihr, als die Orientierungslosigkeit ihrer Schwiegermutter. Der Atem der Älteren floss zitternd und Astoria spürte das Beben, das von der zierlichen Gestalt ausging. „Er war ein guter Mann, mein Kind. Mein Lucius … Er hat mir die Welt zu Füßen gelegt. Ich hab ich so geliebt.“ Sie hatten Narzissas Räume erreicht, doch die lebendige Freude war aus ihren Zügen gewichen. Hilflos und verirrt stand die alte Frau im Zimmer, der Blick leer und voller Trauer. Astoria schauderte und schloss für einen Augenblick die Augen. Sie hoffte inständig niemals in die Situation ihrer Schwiegermutter zu geraten. Ein Leben ohne Draco. Ohne Erinnerungen … Sie mochte es sich nicht ausmalen. Der Blick der blonden Hexe fiel auf ein Pergament, das auf einem kleinen Tischchen lag. Sie nahm es zur Hand und las die Zeilen. Tatsächlich. Es war kein Hirngespinst von Narzissa gewesen. Hier hatte sich tatsächlich ein Besucher angekündigt. Die Nachricht war anscheinend hastig und wenig sorgfältig niedergeschrieben worden. Das Schreiben trug nicht einmal eine Unterschrift. Astoria zuckte mit den Schultern. Nun gut. Sie blickte zur Uhr. In einer Stunde würde sich das Geheimnis lüften. „Mutter? Dein Gast wird in etwa einer Stunde hier eintreffen. Was würdest du denn gern anziehen?“ Ein Lächeln erhellte Narzissas Gesichtszüge. „Wer kommt denn?“ Astoria schmunzelte Schulterzuckend und hielt das Pergament in die Höhe. „Der Brief ist nicht unterschrieben worden. Aber du hast gemeint, dass du den Absender kennen würdest.“ „Ist das so? Na, dann hoffen wir doch einfach, dass es sich dabei nicht wieder um diesen heuchlerischen Flubberwurm Pius Thickness handelt. Sollte er es doch noch wagen, sich selbst bei mir zum Tee einzuladen, dann werde ich dem Treffen leider nicht beiwohnen können. In dem Fall habe ich einen plötzlichen Migräneanfall.“ Die beiden Frauen lachten laut auf. Es war schon eigenartig, mit dem menschlichen Geist. Es gab Dinge, die vergas Narzissa nie. Ein vollkommen aus dem Ruder gelaufener Besuch von dem mittlerweile verstorbenen Thickness gehörte dazu. Andere Dinge hingegen … Astoria schüttelte den Kopf und schob die finsteren Gedanken fort. „Also. Was würdest du gern anziehen?“ Stilsicher wählte Narzissa ein elegantes, knielanges Kleid aus weichem, taubengrauem Kaschmir. Nur kurze Zeit später betrachtete sich die ältere Hexe nachdenklich im Spiegel. „Du liebe Güte, Kind. Wann bei Merlins Bart bin ich so faltig geworden? Nun ja, wenigstens habe ich meine Figur halten können.“ Narzissas kritischer Blick ruhte für einen Augenblick auf Astorias Hüften. Diese seufzte leise. „Soll ich dir die Haare hochstecken?“ Narzissa ließ ihre Fingerspitzen durch ihr weiches langes Haar gleiten. Das Silber einiger Strähnen schimmerte im Schein der magischen Beleuchtung. „Ja, Liebes, das wäre nett. Mir wollen diese Zauber nicht mehr recht gelingen.“   Nach einer Weile verließen die beiden Hexen die Räumlichkeiten Narzissas und gingen hinüber in den weihnachtlich geschmückten Salon. „Weihnachten, Liebes?“ Narzissa schaute sich um, als würde sie die festliche Dekoration heute zum ersten Mal sehen. Dabei hatte sie wie ein General die Arbeiten vor einigen Tagen überwacht. „Der Baum ist sehr schön. So hat es bei uns früher auch immer ausgesehen.“ „Setz dich schon einmal an den Kamin, Mutter. Ich werde nur rasch nachsehen, wie weit die Hauselfe mit den Vorbereitungen für den Tee und das Dinner heute Abend ist.“ Narzissa schaute erwartungsvoll auf. „Erwarten wir Gäste zum Abendessen?“ „Ja, Mutter. Hanna und Neville Longbottom. Erinnerst du dich? Sie sind die Eltern von Scorpius‘ Mädchen. Du weißt wer Alice ist, ja?“ Rasch griff Astoria nach einem Portrait, das ihren Sohn und dessen Verlobte zeigte, und reichte es der Älteren. „Ach. Ist das nicht die nette Miss, die hin und wieder hier ist, um mir Gesellschaft zu leisten?“ Astoria lachte still in sich hinein. „Ja, ihr unterhaltet euch sehr gern. Sie ist ein liebes Mädchen.“ „Reinblütig nehme ich an?“ Die Jüngere rollte mit den Augen. „Gewiss, Mutter. Nun ruhe dich noch ein wenig aus. Ich werde sehen, wie weit dieVorbereitungen sind.“ Astoria hastete durch das großzügige Foyer des Anwesens und eilte die Stufen hinunter in Richtung der Küche. Dort blieb sie abrupt in der Tür stehen, während sich ein breites Lächeln auf ihr Gesicht legte. An dem schmucklosen Küchentisch saßen lachend und Kekse essend Scorpius und Alice und hielten die Hauselfe von ihrer Arbeit ab. „Mein Liebling“, sagte Astoria leise und breitete die Arme aus, um ihren Jungen herzen zu können. Der hochgewachsene Blondschopf sprang auf und umarmte seine Mutter bereitwillig. „Hey, Mum.“ „Lass nur deine Großmutter nicht wissen, dass ihr die Hauselfe begrüßt, bevor ihr sie aufgesucht habt.“ Alice ließ sich ebenfalls in die Arme ziehen. Ausgelassenes Lachen erfüllte den Raum. „Wie schön, dass ihr schon da seid. Das passt mir sehr gut. Großmutter erwartet Besuch von einem geheimnisvollen Unbekannten.“ Sie zuckte die Schultern und ließ ihren Blick über das Tablett schweifen, das die kleine Hauselfe bereits gerichtet hatte. „Seit so gut, Nicki, und lege noch ein wenig mürbes Teegebäck dazu. Ich bin nicht sicher, wie weit ich Myladys Erinnerungen trauen kann, doch sollte sie tatsächlich bei klarem Verstand gewesen sein, so könnte es sein, dass ihr Gast die Clotted Cream verschmäht.“ „Sehr wohl. Nicki, wird alles zur Zufriedenheit ihrer Herrin richten.“ „Und noch etwas, Nicki. Nur für den Fall, dass wir gezwungen sind Myladys Gast zum Dinner einzuladen … Sorge bitte dafür, dass es für eine weitere Person ausreicht, ja?“ Nachdenklich trommelte Astoria mit ihren Fingern auf der blanken Arbeitsplatte. Mit einem Auflachen nahm sie den geblümten Kaffeebecher wahr, der wie aus dem Nichts vor ihrer Hand erschien. „Danke, Nicki. Einen Kaffee habe ich wahrlich nötig.“ „Und was ist mit uns?“, ertönte Scorpius Stimme von der hölzernen Sitzbank vor dem Ofen wieder. Die Elfe schnipste mit den Fingern und vor den beiden Jüngeren schwebten ebenfalls geblümte, dickbauchige Kaffeebecher. Astorias Blick fiel auf einen unförmigen Haufen, der in einer Ecke der Küche lag. Stirnrunzelnd ging sie hinüber und betrachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen. „Was ist das?“ Scorpius hustete. „Ich … also … meine Wäsche.“ Astoria warf ihm einen gespielt erstaunten Blick zu. „Deine Wäsche?“ Sie blickte erneut zu dem ansehnlichen Haufen hinüber. „Des gesamten vergangenen Jahres?“ „Nicki wird es im Handumdrehen in Ordnung bringen, Mylady. Es ist Nicki eine große Freude etwas für den jungen Master tun zu können“, eilte die kleine Hauselfe beflissen zur Hilfe. In diesem Moment schellte die Türglocke. „Oh, sehr pünktlich, der geheimnisvolle Besucher. Scorpius, bitte, sei so gut und öffne die Tür.“ Der Blonde rollte mit den Augen. „Ich bin kein Hauself.“ Astoria stöhnte leise auf. „Ganz der Vater, möchte man meinen. Scorpius! Solange unsere Hauselfe mit deiner Wäsche beschäftigt ist, wirst du sie unterstützen.“ Der jüngere Zauberer schnaubte empört. „Ich wüsste wirklich zu gern, ob du jemals deine Wäsche selbst gewaschen und gebügelt hast, Mutter!“ Doch er verschwand aus der Küche und eilte die Stufen hinauf. Astoria lachte leise. „Es ist wahrlich schon eine Weile her, aber doch … ich bin mir sicher es auch schon einmal selbst gemacht zu haben.“ Alice lachte amüsiert, stellte ihre Tasse in die Spüle und folgte ihrem Liebsten in das obere Stockwerk. Gespannt, wer der überraschende Besucher wohl sein mochte…                   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)