24 Farben der Liebe von Evilsmile (Adventskalender 2015) ================================================================================ 13. Türchen: Familie -------------------- Ich sitze auf meinem Bett, mit der Pinguin-Decke, und Papa hilft mir, meinen roten Pullover anzuziehen, weil er gesagt hat, dass wir heute endlich auf den Weihnachtsmarkt gehen! Ich habe schon die Blumen-Strumpfhose an und die Jeans mit den Herzen auf den Taschen, und auch die neuen Stiefel mit der schönen Schmetterlingschnalle. Nur beim Pullover muss mir Papa dieses Mal helfen. Ich mag keine Anziehsachen, auf denen nichts drauf gedruckt ist, die sind langweilig und hässlich und ich zieh sie nicht gerne an. Außer wenn der Pullover rot ist, so wie dieser, dann mag ich ihn. Rot ist meine Lieblingsfarbe, und dieser hier ist mein Lieblingspullover, weil Oma ihn für mich gestrickt hat. „Der Kopf geht nicht durch“, murmelt er. „Bist du über Nacht gewachsen, oder was?!“ Ich kichere, weil seine Stimme so anders klingt, wenn mir der Rolli vom Pullover genau über den Ohren liegt. „Och, Merle, was ist denn schon wieder so lustig…“ Plötzlich wird es hell und ich sehe Papas Gesicht vor mir. „Und wieso hast du die Weinkorken einfach in die Ecke geschmissen? Wolltest du mit denen nicht was basteln?“ „Ja, schon, aber die stinken so eklig…“ Und da klingelt es an der Tür. „Das ist bestimmt der Simon“, sagt Papa. „Oh! Darf ich aufmachen, Papa?“ Papa erlaubt es mir und ich renne zu unserer Haustür. Es ist wirklich der Simon! Und er hat sogar die Marilyn mitgebracht! Sie steht neben ihm und wedelt mit dem Schwanz. Die Marilyn ist ein Golden Retriever, das ist eine Langhaar-Hunderasse, und sie sieht wirklich fast so aus wie aus Gold. „Hallo Merle! Na, bist du wieder gesund?“, fragt er mich. „Jaa!“, sage ich. „Wie schön. Dann können wir ja doch auf den Weihnachtsmarkt.“ Und dann kommt Papa, gibt dem Simon ein Bussi und umarmt ihn ganz lang. Marilyn leckt mir das Gesicht ab und ich muss lachen, weil das so kitzelt. Sie hat so ein weiches Fell, aber eine ganz kalte Nase. Sie ist fünf Jahre alt, genauso alt wie ich, aber der Simon hat mir erklärt, dass sie für einen Hund schon alt ist, weil Hunde schneller wachsen als Menschen. Und dass sie keinen Schnupfen hat, obwohl sie diese kalte Nase hat. Dann muss ich sie loslassen, weil ich meine Handschuhe anziehen soll. Und meine Mütze, die rote Jacke und den Schal muss ich auch anziehen, erst dann können wir weg. Sogar der Simon hat eine Mütze an, weil es so kalt ist. Kalt, aber geschneit hat es bis jetzt noch nicht. Dabei will ich so gern einen Schneemann bauen. Und Schlittenfahren, mit dem Simon. Heute habe ich aus bunter Werbung, die Papa mir gegeben hat, Sterne und Schneeflocken ausgeschnitten und mit Kleber aufgeklebt, und darunter habe ich den Simon und mich gemalt wie wir beide Schlitten fahren. Ich zeige ihm das Bild, ich auf dem Flurschrank gelegt habe. „Sehr schön“, lobt mich der Simon. „Tja, dann wollen wir mal hoffen, dass es bald schneit, hm? Wenn du es dir ganz fest wünschst…“ Ich mache große Augen. „Man muss es sich nur ganz doll wünschen, damit es schneit?“ „Simon meint, wenn man sich etwas ganz fest wünscht, dann findet man einen Weg, wie man es sich erfüllen kann“, sagt Papa und knotet seinen schwarzen Schal. * Wir gehen endlich zum Weihnachtsmarkt. Der ist sooo riesig! Und da sind so viele Leute! Papa geht neben dem Simon, der die Marilyn an der Leine hält. Und ich laufe neben der Marilyn her und passe auf, damit ihr niemand auf die Pfoten tritt. Manche Leute haben auch Hunde dabei, aber keiner ist so schön wie die Marilyn. Hinter mir höre ich Papa mit dem Simon reden und lachen. Ich mag den Simon und finde es schön, dass Papa den Simon liebhat. Wenn er da ist, dann lacht Papa viel öfter als sonst. Manchmal kocht er sogar was zum Abendessen, das viel besser schmeckt als das was Papa kocht. Danach spielen wir Halli-Galli oder Mensch ärgere dich nicht. Da kann er Papa immer überreden, mitzuspielen. Wenn ich dann ins Bett muss, sitzen sie noch lange auf dem Sofa, trinken Wein und unterhalten sich über Erwachsenensachen, die voll langweilig sind. Wenn ich mal groß bin, dann werde ich nie ekligen Wein trinken und über langweilige Sachen reden! Bloß kann der Simon immer nur am Wochenende. Weil er einen Beruf hat, aber ich weiß nicht genau wie der heißt. Er macht, dass Computer wieder funktionieren. Und Papa bringt Kindern und Erwachsenen Gitarre spielen bei. Er ist Gitarrenlehrer. „Papa, schau mal, eine Karussell-Pyramide! Papaaa-haa!“, rufe ich so lange, bis er endlich her guckt und zeige nach vorne, auf den sich drehenden spitzen Turm mit den drei Stockwerken. „Das ist kein Karussell, Merle. Wir sind ja schließlich nicht auf dem Jahrmarkt.“ „Aber die dreht sich!“ „Ja, das ist eine Weihnachts-Pyramide. Siehst du nicht die Drei Könige, die das Christkind besuchen? Man kann da leider nicht mitfahren“, erklärt mir der Simon. „Und wenn wir ganz lieb fragen?“ „Nicht mal dann, das ist nämlich viel zu gefährlich. Ich habe eine viel bessere Idee. Komm, gib mir deine Hand. Und dem Simon auch.“ Dafür muss ich zwischen sie in die Mitte gehen. Jetzt sind wir eine Familie genau wie neulich… Nachts bin ich zu Papa ins Bett gekrochen, weil ich wach war und allein in meinem Zimmer Angst gehabt habe. Papa sagte, ich soll leise sein, damit ich den Simon nicht wecke. Und hat mir dann ein Lied auf Englisch vorgesungen, damit ich einschlafe. Das schöne von Metallica, sein Lieblingslied. Da hab ich gar keine Angst mehr gehabt. Weil ich wusste, auf der einen Seite liegt Papa und der Simon auf der anderen, und ich in der Mitte, dann kann mir überhaupt nichts mehr passieren im Dunkeln. Papa und der Simon nehmen meine Hand, singen zusammen mit mir: „Engelchen, Engelchen, fliiieg!“ und dann machen sie, dass ich fliegen kann. Ganz hoch in die Luft! Von hier oben sieht man viel mehr vom Weihnachtsmarkt. Fliegen ist so klasse. Ich will nochmal, nochmal… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)