Besuch aus Amerika von phean ================================================================================ Kapitel 64: Silvester --------------------- Dienstag, 31. Dezember Interessiert sah Hikari aus dem Fenster. Es war kalt und schneite mal wieder. Von der Party in der Digiwelt hatte so ziemlich jeder Digiritter auf der ganzen Welt einen Jetlag, denn es war für alle nicht wirklich die Zeit gewesen. Auch wenn sie je nach Land etwas anders schlafen gegangen waren. So hatten etwa die russischen Digiritter die Nacht durchgemacht. Aber Kari fühlte sich davon immer noch geschlaucht. „Mensch, du hörst mir ja gar nicht zu“, beschwerte sich Takeru auf ihrem Laptopbildschirm. Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. Seine Beine lagen schon sichtbar auf dem Tisch und auf diesen hatte er eine Sportzeitschrift ruhen. Kari schreckte auf und wandte ihm den Kopf zu, „was meinst du?“ Sie blinzelte mehrmals, sie hatte wirklich nicht zugehört. „Ich glaube, du bist immer noch müde“, lachte Takeru und erwischte sie damit auf frischer Tat. „Gar nicht“, schmollend plusterte sie ihre Wangen auf. „Doch, gestern bist du bei dem Film auch immer wieder eingeschlafen“, bestärkte sich Takeru in seiner Aussage. Sie antwortete erst gar nicht, verzog den Mund, damit er das Gähnen nicht bemerkte, dass sie gerade unterdrückte. Doch er lachte, „du willst gähnen“, rief er aus und lehnte sich zurück. Dabei aber zu weit und schon lag er hinterrücks auf dem Boden. Nun lachte Hikari los und musste sich zügeln, dass ihr nicht das Gleiche passieren würde. „Ja, lach nur über einen verletzten Mann am Boden“, mühselig rappelte er sich wieder auf. Dabei stellte er seinen Stuhl auf und nahm erneut Platz. „Ach, du selbst schon noch, du wirst uns alle überleben“, kicherte die Brünette. „Ach und was macht die dabei so sicher?“ „Naja … die Hoffnung stirbt zuletzt“, sie streckte ihm die Zunge raus und lachte wieder los. Der Ältere zog eine Augenbraue nach oben, „das heißt aber nicht, dass ich nicht irgendwann an etliche Schläuche angebunden bin und nur noch von Maschinen am Leben erhalten werde.“ „Wenn das passiert, dann bist du selber schuld“, grinste sie. „Du bist herzlos“, Takeru fasste sich an sein Herz und spielte schockiert. Hikari lächelte, „du weißt wie viel Herz ich habe, weil du mein Herz hast.“ Ein Moment starrten sie sich nur an und blinzelten. Bis der Blonde wieder auflachte, „du bist so kitschig.“ Schockiert sah sie zurück, „du beschwerst dich wenn ich lache, du beschwerst dich wenn ich etwas Süßes sage … was willst du denn?“ Einen Moment überlegte er, „Maoam?“ „Gibt’s nicht“, unterbrach sie ihn. „Hikari, kommst du helfen?“, rief ihre Mutter durch die Wohnung. Das Mädchen wandte den Kopf herum, „gleich“, gab sie zurück. „Was musst du denn helfen?“ „Mum will backen, damit wir den Abend überstehen, reiße ich mir nun die Küche unter den Nagel oder du bist ab morgen wieder allein und einen Schritt näher, dass du der letzte wirst“, sie zwinkerte und schnappte sich bereits die Maus, damit sie auflegen konnte. „Oh nein, das wollen wir alle nicht. Geh die Küche erobern und regiere mit Bedacht. Du wirst das schaffen und überleben“, bestimmte Takeru. „Ja, mein Herr“, sie verbeugte sich. „Gut und im nächsten Jahr, werde ich meine Dirne wieder an meiner Seite haben“, nickte er. „Was? Ich bin nur eine Dirne?“ Er hielt inne. „Dafür müssten wir aber erst einmal Se…“, wollte sie fast aussprechen, konnte sich aber noch stoppen. Für sie war das ein wichtiger Schritt und ihr war es peinlich darüber zu reden. Daher färbten sich auch ihre Wangen puterrot und verlegen senkte sie den Kopf. „Nein, du bist viel zu niedlich für eine Dirne“, lächelte Takeru amüsiert, „du bist meine süße Frau.“ Sich darüber bewusst, wartete er ihre Reaktion ab. Ihr Kopf schnellte in die Höhe und mit großen Augen musterte sie. „Ganz mit der Ruhe, ich kann warten. Du gehörst ja schon mir und dein Herz habe ich in meinem Tresor verschlossen.“ „Ach, du stellst es nicht in deinem Trophäenschrank aus“, fragte sie angriffslustig. „Nein, denn es ist nur für mich und niemand soll es mir wegstarren.“ „Bitte, könnt ihr mal damit aufhören und kannst du mal Mama helfen?“, mischte sich Taichi ein, dem das etwas gegen den Strich ging. Als er noch nichts davon wusste, war noch alles gut gewesen, doch jetzt nervte es ihn. Zuvor wusste er nichts, da hatte er sich nicht aufregen können, doch etwas vertrauen hätte er sich von seiner Schwester schon gewünscht. Aber vielleicht war er auch kein gutes Vorbild für sie gewesen. „Und kannst du mal anklopfen?“, rief Kari streng zurück und funkelte ihn böse an. „Hab ich, aber wegen eurem Süßholzgeraspel hast du es vielleicht nicht gehört“, er streckte ihr die Zunge raus. „Also bitte, als wäre der übermäßige Speichelaustausch mit Mimi auf der Couch besser“, zischte sie. Schon den ganzen Mittag saßen sie dort, aber auch nur, weil Mimi nicht in einem geschlossenen Raum mit Tai sein wollte. Sie wollte nicht, dass mehr passierte. Taichi hatte ihr weh getan, jetzt musste er warten, bis sie wieder dazu bereit war. Küssen ging laut ihr allerdings. „Hallo Kari“, hörte sie die Stimme ihrer Freundin aus dem Wohnzimmer. Hikari zuckte zusammen, „h-hallo Mimi“, rief sie stotternd zurück. Peinlich berührt kauerte sich das Mädchen leicht auf dem Stuhl zusammen. „Das ist mein Stichwort zu gehen“, die Trägerin des Wappens der Reinheit trat zu Taichi und küsste ihn auf die Wange, „entschuldige Kari, ich sag ihm, dass er sich zurückhalten soll“, sie zwinkerte ihr zu. „Entschuldige.“ „Ach, alles gut“, lächelte sie, „hallo Takeru“, sie trat in das Zimmer, „hast du dich gut erholt?“ „Ja und du wirkst auch schon wieder vollkommen munter“, lächelte er. „Ja, also dann, ich wünsche euch ein schönes Silvesterfest, wir sehen uns im nächsten Jahr und wir“, sie sah zu Kari, „sehen uns am Wochenende“, kichernd umarmte sie Kari, „ich freu mich schon.“ „Ja, es wird sicher schön“, bestätigte sie. Dann verließ die Brünette das Zimmer wieder und kurz darauf war auch die Haustür zu hören. Seufzend atmete Hikari aus. „Da hast du dir ja ganz schön was erlaubt“, lachte Takeru, „hast du nicht gewusst, dass sie da ist?“ „Ich dachte, sie wäre schon weg“, brummte das Mädchen. „Nein, das war sie noch nicht“, meldete sich ihr Bruder erneut zu Wort. „Tut mir leid.“ „Ach, wir wissen doch alle wie du das gemeint hast, Küken“, lächelnd wuschelte er ihr durch die Haare, „du hast volles Recht dazu, ich habe dir zu viel zugemutet“, kurzerhand schlang er seine Arme um sie. „War das eine Entschuldigung und ein danke in einem?“, fragte sie sicherheitshalber nach. „Ja.“ „Wann hat er sich das letzte Mal entschuldigt?“ „Ich weiß nicht mehr.“ „Hast es dir verdient“, grinste Takeru. „Ja, und du hast meine Schwester nicht verdient. Sie ist viel zu toll“, Taichi streckte die Zunge in Richtung Kamera heraus, „aber du bist der, der sie noch am ehesten verdient“, räumte er ein. „Du rechnest mich viel zu hoch an, das ist nicht wahr, dass ich so toll wäre.“ „Doch du bist toll. Das Licht in unseren Herzen oder vor allem in meinem“, säuselte Takeru. Erschrocken sahen die Geschwister auf den Bildschirm. „Hilfe, ist das kitschig“, Taichi richtete sich auf und schüttelte ungläubig den Kopf. „Wie habt ihr das all die Monate zurückhalten können?“ „Konnten wir halt“, Kari zuckte mit den Schultern. „Dann habt ihr aber eine Meisterleistung in Schauspielerei abgelegt.“ „Manch einer hat es halt drauf“, grinste Takeru. Dann hielt Taichi inne, „aber ihr habt noch nicht miteinander geschlafen, oder?“ Seine kleine Schwester sah entsetzt zu ihm und auch TK verschluckte sich an seiner Limo. „Tai“, kreischte Kari viel zu grell. „Gut“, grinste der Ältere, „ich hoffe, das bleibt auch so“, drohend hob er einen Finger und musterte sie abwechselnd, „kein Sex vor der Ehe, klar?“ „Ich nehme dich als Vorbild, du machst das auch nicht so“, antwortete Hikari eiskalt. Taichis Augen weiteten sich, „wie bitte?“, fragte er fast tonlos nach. Sein Herz machte einen Aussetzer und er konnte nicht den Blick von ihr wenden. Das war ein schlechter Scherz von ihr. „Wirklich jetzt?“, war es Takeru, der die Geschwister aus ihrer Trance zog. Sofort funkelte Taichi ihn böse an, „du bist ein toter Mann, wenn du sie anrührst“, drohte er. Der Jüngere zuckte zurück und Hikari begann zu lachen. „Dann musst du erst an mir vorbei“, sprach sie herausfordernd. Grinsend trat Tai näher, „ach das haben wir gleich“, er begann sie zu kitzeln, dabei hob er sie hoch, als sie nach ihm griff. Er warf sie auf ihr Bett und kam dem Laptop sehr nahe. „Sei artig oder ich kann nicht an mich halten“, dann klappte er den Laptop zu und wusste, dass er so auflegte. „Hey“, rief Hikari. „Nein, du gehst jetzt Mama helfen, sonst endet das in einer Katastrophe und im Krankenhaus.“ Gnädigerweise ließ er es noch zu, dass sie sich ihr Handy mitnehmen durfte, dann scheuchte er sie hinaus. ❀ ❀ ❀ Summend knetete Kae den Teig und sah immer wieder zu der Theke der kleinen Küche auf. Sie war etwas besorgt um ihren Jungen. Er hatte sich die letzten Tage in seinem Zimmer verkrochen. War nur zum nötigsten herausgekommen und hatte nur an seinem PC gearbeitet. Sie machte sich Sorgen um ihn. Sie wusste, dass mit Mimi Schluss sei, dass sie wieder nur Freunde waren, doch sie wusste aus ihrer eigenen Jugend, wie das war. Wenn man sich trennte um Freunde zu sein. Das ging meist nicht gut. Es war für sie nie gut ausgegangen. Auch mit ihr hatte man es versucht. Doch es war gescheitert. Man verliert sich aus den Augen oder irgendwann kommt doch etwas Wut auf. Und derjenige, dem es geschehen ist, bereitet es nur Schmerzen. Und sie wollte nicht, dass er litt. Doch das waren seine Freunde und Mimi seine beste Freundin. „Was ist los?“, riss Koushiro seine Mutter aus den Gedanken. Er war verwirrt. Sie hatte ihn praktisch aus seinem Zimmer gerissen, er hatte einen Kompromiss geschlossen und war mit dem Laptop umgezogen. Er wollte arbeiten. Seit ein paar Wochen – wenn man es näher betrachtete seit mit Mimi Schluss war – hatte er sich eine Domain geholt und programmierte an dieser herum. Er erstellte sich gerade ein Theme und wollte auf dieser Seite dann herumexperimentieren. Er war kein Schreiberass, doch er wollte über ein paar kleine Themen schreiben. IT leicht gemacht – oder so. Das hatte er sich vorgestellt. Aber ob das klappen würde. Eigentlich würde er Mimi oder Taichi fragen, ob sie es verstehen, doch das konnte er jetzt nicht. Das war ihm unangenehm. Doch wenn sie es verstehen würden, würde es wohl jeder verstehen. Vermutlich wird letztlich nur Miyako darüberschauen. Wenn sie den Text für ‚ok‘ empfinden wird, dann wird er es hochladen. Bis es aber so weit war, würde wohl noch ein halbes Jahr vergehen. Vielleicht macht er es auch für alle so, dass sie mit ansehen konnten, wie sich die Webseite verbessert. Nebenbei machte er immer wieder Screenshots. Auch Programme wollte er dann dort erklären. Wie jeder sich ein einfach Spiel basteln konnte. Aber da war er noch vollkommen offen. „Nichts“, lächelte Kae und arbeitete an dem Teig weiter. „Was schaust du dann immer so?“, fragte er nach. „Ach nur so, ich möchte nur nicht, dass du dich einschließt.“ Besorgt betrachtete sie ihn. „Mama … ich …“ „Nein, Izzy, ich kenne dich. Du bist nicht mein leiblicher Sohn, aber du bist mein Sohn. Ich kenne dich. Ich hab dich großgezogen. Du bist mein Kind. Ich liebe dich so sehr und ich will nur das beste für dich…“ „Mum … Mum, jetzt warte mal …“, er hob beschwichtigend die Hände, „… mir geht’s gut“, lächelte er. Ihr Lächeln verschwand leicht, „nein, dir geht es nicht gut“, sie wusch sich die Hände ab, „bitte Izzy“, sie trat um die Theke herum, „dir geht es nicht gut, rede mit mir, wenn dich etwas bedrückt.“ Sie streckte die Arme nach ihm aus, „ich weiß, wie schwer es ist, ich will nur sicher gehen, dass du zu mir kommst. Dass du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst.“ Zunächst zögerte der Rothaarige, dann erhob er sich von dem Hocker und trat auf sie zu. „Ich weiß“, gab er erleichtert von sich und umarmte sie, „helfen würde es, wenn du die Melonpan machst“, lachte er dann. „Oh, du bist unmöglich“, lachte auch sie und kniff ihn in die Seite. Auch wenn er nicht ihr leiblicher Sohn war, liebte er sie dafür. Er liebte sie einfach. Aber er brauchte gerade nichts. Es ging im gut – zumindest solange er sich das einredete. Er würde das schon schaffen, da war er sich sicher. Mimi hatte ihre Freunde nun nötiger als er. Er konnte einfach arbeiten. Er konnte programmieren, ihm reichte der Computer, es war ihm genug. Wenn es ihn wohl auf Dauer auch nicht glücklich machen würde. Doch das Jahr würde nun so beginnen und das hieß nur, dass es besser werden könnte. Und wer wusste schon, was das neue Jahr noch für sie bereithielt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)