Besuch aus Amerika von phean ================================================================================ Kapitel 11: Karaokekampf ------------------------ Samstag, 29. Juni „Muss ich wirklich mit?“, fragte Tai erneut und murmelte noch mehr in die Bettdecke seiner Schwester. „Ja, es wäre sonst seltsam und Mimi hat gesagt, dass es in Ordnung ist“, die Braunhaarige zupfte vor dem Spiegel ihre Haare zurecht. „Bitte stell dich nicht so an. Aber erwähnt nicht, was am vergangenen Wochenende passiert ist. Ihr würde das gar nicht gefallen.“ Sie klopfte sich leicht mit der Handfläche auf die Wange und lächelte ihrem Ebenbild zu. „Ich weiß nicht, ob ich das schaffe“, er drehte sich auf den Rücken und verschränkte seine Hände hinter dem Kopf. „Du musst“, zischte das Mädchen und stemmte sich eine Hand in die Seite. „Und mach keinen Schwachsinn!“ „Ist ja gut“, beleidigt drehte er sich von ihr weg. „Ich will nicht, dass sich unsere Gruppe spaltet, also bitte …“ „Ja, ich weiß, das will ich doch auch nicht“, Taichi seufzte und setzte sich auf, „ich will, dass wir alle Freunde bleiben.“ Er lächelte. Er war sich dessen bewusst. Der Braunhaarige wollte seine Freunde nicht verlieren, auch wenn das für ihn bedeutete seine Gefühle im Zaum zu halten. Nachdenklich beobachtete Hikari ihren Bruder. Sie wusste um die Gefühle ihres Bruders, aber am letzten Wochenende hatte sie auch bemerkt, dass Mimi Gefühle für eben diesen hatte. Das war genauso verzwickt, wie das zwischen Yolei und Wallace. Seufzend schlug sie sich mit der Handfläche gegen die Stirn. „Na los, komm“, Kari nahm sich ihre Tasche und das Päckchen. Sie hielt ihrem Bruder die Tür auf und wartete nur, bis er an ihr vorbei war. ❀ ❀ ❀ Seufzend folgte er ihr und dachte an den gestrigen Tag – Freitag. Aber schon die gesamte Woche war verhext gewesen. Am Montag hatte er Mimi versucht zu ignorieren, doch er hatte bemerkt, dass sie traurig war und dass sie sich von ihm und den Freunden von beiden fern blieb. Taichi schämte sich für sein Verhalten. Es fiel ihm schwer, nichts zu sagen. Hatte versucht sich abzulenken, sich wie immer zu geben. Zu lachen – gemeinsam mit seinen Freunden. Sein Bestes zu geben. Doch das sorgte dafür, dass er auch beim Training kein einziges Tor hatte schießen können, er hatte nicht einmal einen guten Pass hinbekommen. Der Trainer hatte ihn alle fünf Minuten raus gezogen und getadelt – bis er ihn schließlich nach Hause geschickt hatte. Der Braunhaarige hatte Mimi nicht aus dem Kopf bekommen. Ihm war erst nach dem Gespräch mit Kari bewusst gewesen, was er getan hatte und so konnte er an nichts anderes mehr denken. Aber er wollte das Mädchen auch nicht sehen. Er konnte ihr nicht in die Augen sehen, daher wollte er auch nicht mit zu dem Treffen. Aber er hatte gegen Kari keine Chance. Sie spielte unfair. ❀ ❀ ❀ Je näher sie Mimis Haus kamen, desto schummriger wurde es ihm im Bauch. Er hatte kein gutes Gefühl dabei. Aber jetzt wo sie vor der Haustür standen, war es noch schlimmer. Hikari hatte danach lange mit ihm geredet, sie hatte ihm alles erklärt und er musste sich unbedingt bei Mimi entschuldigen. Als sie klingelte wurde er mit jeder wartenden Sekunde nervöser. Dann öffnete das Mädchen die Tür. „Hey, alle warten schon“, Sora lächelte den Geschwistern entgegen. „Hallo Sora, entschuldige“, Hikari erwiderte das Lächeln. „Kommt rein“, das orangehaarige Mädchen machte die Tür ein Stück weiter auf und ließ die zwei hinein. Nachdem sie ihre Schuhe ausgezogen hatten, stellte Hikari noch ihre Tasche zu den anderen. Dann gingen sie mit ihrer Freundin in das Wohnzimmer des Hauses. Es war von außen schon groß, doch von innen sah es noch prachtvoller aus. Im Gang standen noch viele Kartons herum und noch nicht alles schien an seinem endgültigen Platz zu stehen. Der Spiegel stand noch am Boden und hing noch nicht an der Wand. Wie sie von Sora erfuhren, musste die Familie Tachikawa – bis auf den Gang – nur noch die Sachen aus den Schachteln einräumen. Doch im Wohnzimmer schien schon alles fertig. Es war mehr als doppelt so groß wie das Wohnzimmer der Yagamis. Eine große Eck-Couch stand im Raum. Die eine Seite war direkt an der Wand, die andere stand in den Raum. Dabei saßen Matt und Joe mit dem Rücken zum Eingang. Direkt gegenüber des Eingangs befand sich eine große Fensterfront, mit einem Ausgang in einen Garten. Auf dem Sofa saßen auch Takeru, Davis, Yolei und Willis. Auf einem großen, quadratischen Hocker – passend zur Couch – saß Mimi und vor ihr kniete Izzy. Er hatten Laptop auf dem niedrigen Couchtisch stehen und tippte darauf herum. Sie sah ihm über die Schulter und auch Cody sah mit hinein. Dieser und Ken knieten auf dem Boden. „Hallo“, meldete sich Kari zu Wort und winkte den Anwesenden. Sora lief sofort weiter und setzte sich wieder zwischen Matt und Joe. „Hikari“, riefen Davis und Yolei erfreut. Ersterer sprang auf und zeigte neben sich auf das Sofa, „hier ist noch ein Platz …“ Die Braunhaarige ignorierte ihn jedoch und widmete sich stattdessen Mimi. „Ich hab was mitgebracht“, sie hielt der Älteren das Päckchen entgegen. „Danke“, Mimi lächelte. Ihr Blick glitt zur Tür, in der Tai stand. Ein mulmiges Gefühl beschlich sie. Ihr Kopf schmerzte mit einem Mal und sie wollte nur noch weg von hier. Sie hatten den ehemaligen Anführer eingeladen, aber nun fand sie es eine schlechte Idee. „Gehen wir kurz in die Küche“, sie zeigte auf eine Tür neben dem Braunhaarigen. Diese führte in den Nebenraum. Die zwei Mädchen gingen in die Küche, Mimi legte das Päckchen auf die Theke und öffnete die Schachtel. „Super“, lächelte sie und nahm die Dose heraus. „Mimi“, Hikari legte den Kopf schief und betrachtete ihre Freundin. „Mir geht’s gut und du hast ja nichts getan“, lächelte die Ältere. „Ok, aber du sollst wissen, dass es mir wirklich …“ „Kari, es ist wirklich gut … Aber ich will nicht, dass die anderen …“, vorsichtig sah sie zur Tür ins Wohnzimmer. „Keine Sorge“, die Jüngere lächelte, „das wird niemand erfahren.“ „Gut, dann haben wir kein Problem!“ „Da seid ihr zwei ja endlich wieder“, jammerte Yolei und wollte schon zu einer Fragerunde ansetzen. Doch kaum hatten die zwei die Dosen auf den Tisch gestellt, war die Aufmerksamkeit einiger schon wieder verschwunden. Hikari setzte sich mit Mimi auf den Hocker. Tai hatte neben Matt Platz genommen. Vorsichtig blickte seine kleine Schwester zu ihm. Er schien immer noch missmutig und unwohl neben seinem besten Freund. Er hatte sich zögerlich auf die Kekse gestürzt. Izzy griff nach der Fernbedienung und schaltete am Fernseher etwas herum, dann erschien ein Bild. Er glich es mit seinem PC ab – auf diesem war der Bildschirm geteilt. „Ach so, jetzt hab ichs“, in Codys Kopf hatte es ‚Klick‘ gemacht, „du benutzt den Fernseher nur als Ausgabemedium.“ „Natürlich“, bestätigte Izzy, für ihn war das selbstverständlich, „wenn wir alle um den PC herum sitzen, wäre das auch total bescheuert.“ Cody schlug sich lachend mit der Faust gegen den Kopf. Darauf hätte er auch selbst kommen können. Der Jüngste der Gruppe lehnte sich wieder zurück und sah zu Ken. Eigentlich hatte er gar nicht kommen wollen, er konnte gar nicht singen und fand dann auch keinen Sinn darin, es zu tun. So musste es dem ehemaligen Digimonkaiser auch gehen. Er schien ebenso wie er nicht so begeistert. Skeptisch sah der Schwarzhaarige zum Sofa. Die Lilahaarige unterhielt sich verbissen mit Takeru, obwohl sie dabei von der anderen Seite ebenso angesprochen wurde. Der jüngere Anführer raufte sich dabei die Haare und aß vor Frust weiter. „So, wir können anfangen“, lachte Izzy. „Super“, jubelte Davis und erhob nun motiviert die Faust, „dann lasst uns einen Wettkampf machen.“ „Ein Wettkampf?“, Yolei zog die Augenbraue hoch. Sie konnte schon nicht so gut singen und Davis wollte sie sich gar nicht vorstellen, wenn er sang. Für sie war es auch etwas unfair, Matt sang in einer Band, von Mimi wusste sie auch, dass sie gut singen konnte und Kari hatte in diesem Schuljahr in die Chor-AG gewechselt. Also würde es sehr schnell klar sein, wer die Nase vorn haben würde. „Ach, wieso denn nicht? Wird sicher lustig“, lachte Sora. „Bist du dir etwa so siegessicher?“, Joes Auge begann zu zucken. „Können wir gerne machen, aber mehr als eine simulierte Punkteausgabe kann ich euch leider nicht liefern“, erklärte Izzy, „es benotet nach getroffenen Noten und den Einsätzen, wie die normalen Karaokeprogramme und Singspiele auch.“ „Dann lasst uns rundenweise singen und in jeder Runde wird die Punktezahl höher angesetzt“, beschloss Mimi. Sofort war sie auf den Beinen und holte Stift und Papier. Mit Hikaris Hilfe zeichnete sie eine Skala auf und auch Markierungen, neben denen sie Punkte schrieben. „Die erste Markierung heißt 2.000 Punkte, jeder der über der Marke ist, kommt weiter, alle darunter scheiden aus“, während die Ältere erklärte, hielt Kari das Blatt hoch. „Dann ist die nächste 4.000 Punkte?“, Yolei sah ihre Hoffnungen schwinden, dass sie eine dieser Punktzahlen je übertreffen würde. „Ach, nur Mut“, kicherte Daisuke und hoffte darauf, dass er seine Angebetete, mit seinem sirenengleichen Gesang, beeindrucken könnte. Er hoffte nur, dass ihm Wallace nicht in die Quere kam. „Gut“, stimmte Yolei dann doch zu, „und wer fängt an?“ Sie könnte schon singen, aber sie wollte nicht anfangen. Sie Kinder sahen sich untereinander an, da nahm Kari ein weiteres Blatt Papier. Sie riss es in etwa dreizehn gleich große Teile. Auf jedes schrieb sie eine Zahl. Mimi half ihr beim Zusammenfalten, kurzerhand nahm die Ältere eine kleine Schale und sie warfen alle Zettelchen hinein. Nach einem kurzen Mischen stellten sie es in die Mitte des Tisches. Jeder zog einen Zettel heraus und mit einem Blick zu den anderen falteten alle die Zettel auf. „Sagt mir die Nummern und ich ordne die Lieder an“, Izzy wartete auf die Ansagen. Er hatte über die Woche den anderen gesagt, dass sie ihm einige Lieder schreiben sollten, so hatte er noch die Lieder in das Programm aufgenommen. „Ich hab die Nummer eins“, ganz zaghaft meldete sich Joe und ließ dabei den Kopf hängen – das war nicht gerade das, was er unbedingt wollte. Er hatte eigentlich den Tag mit lernen verbringen wollen, er musste sich auf die Aufnahmeprüfung für die Uni vorbereiten. Nach ihm meldete sich gleich Daisuke voller Tatendrang, sowie Willis. Nach ihnen war Mimi dran, dann Cody und Matt. Izzy ordnete sich danach ein und listete gleich danach Sora, Tai und Yolei. Die letzten waren Hikari, Takeru und Ken. Mit zitternden Knie stellte sich der Älteste der Gruppe vor den Fernseher. Er klammerte sich an das Mikrofon und wartete auf den Start des Liedes. Er kannte sich mit Musik nicht besonders aus und hatte sich einen Sänger ausgesucht, den er aus den Nachrichten kannte. Als die Melodie eines Liedes von Justin Bieber erklang, zog sich in Yamato alles zusammen. Auch die Mädchen stockten und gemeinsam stöhnten sie auf. Dadurch verunsichert verpasste der Sänger seinen Einsatz und versuchte mitzukommen. Am Ende vom Lied erschien eine Punktzahl von 3.621. Mimi notierte die Zahl. Während sich der Blauhaarige wieder hinsetzte, stürmte Davis nach vorn. „Jetzt hört ihr richtige Musik“, rief er aus und sah dabei zu Hikari. Takeru seufzte leise. Er wollte seinem Freund nicht zu nahe treten, aber er konnte sich vorstellen, dass er viel zu große Töne spukte. Schon als die Musik einsetzte, war den Mädchen klar, was kommen würde. Die Melodie von ‚Can you feel the love tonight‘ setzte ein. Ungeduldig wartete Davis darauf den Text singen zu können. Als er dann ansetzte, setzt er zu früh ein. „There's a calm surrender. To the rush of day. When the heat of a rolling wind. Can be turned away. An enchanted moment. And it sees me through. It's enough for this restless warrior. Just to be with you. And can you feel the love tonight…“ Nach den ersten beiden Zeilen schlug sich sowohl Mimi, als auch Yolei die Hand vor den Mund. Beide mussten sich ein Prusten unterdrücken. „Ich muss kurz was holen“, meinte Mimi schnell. Sie zog Hikari mit sich und Yolei folgte ihr gleich, ebenso Sora. Entsetzt starrte Davis der Braunhaarigen hinterher, doch er wollte beweisen, dass er es schaffte und sang mutig weiter. Auch wenn aus der Küche ein unterdrücktes Lachen ertönte, was Tai leise vernahm. ❀ ❀ ❀ „Mimi, du bist dann dran“, erklärte Sora. Nachdem auch sie ausgeschieden war, hatte sie die Aufgabe übernommen, die Punkte zu notieren. In der ersten Runde waren Davis, Tai und Cody aus dem Wettkampf ausgeschieden. Davis hatte sich zwar ins Zeug gelegt, aber sein Talent lag beim Fußball. Tai hingegen hatte einfach keine Kraft dafür und hatte nur widerwillig mitgemacht. Nachdem er ausgeschieden war, hatte er sich auf das Sofa niedergelassen. Cody wusste dabei einfach nicht was er machen sollte. Er sah keinen Sinn hinter dem Singen und hatte mit einem alten Volkslied keinen Erfolg. In der zweiten Runde waren dann auch Joe, Willis, Ken und Yolei ausgeschieden. Als Joe erneut ein Lied des Kanadiers wiedergeben wollte, begannen die Mädchen zu jammern. Es war einfach nicht mitanzuhören. Das Original war schon schlimm anzuhören. So kam Joe Punktemäßig nicht weit. Willis schied aus, weil er einfach zu viele Töne nicht traf. Aber ihn störte es nicht weiter, da in der selben Rund auch Yolei aufgeben musste. So hatte er sich grinsend neben sie gesetzt und versuchte wieder auf sie einzureden. Als sie flehend zu TK sah, tauschte er mit ihr den Platz. Damit gab der Blonde sich nicht zufrieden und wollte schon wieder neben das Mädchen. Ken hatte keine Lust mehr und fand – wie auch schon Cody zuvor – keinen Sinn dahinter. Aber er hatte sehr viel Spaß mit den anderen. Denn wie er mitbekam, ging es nicht darum singen zu können. So lachte er mit Cody, Izzy und Kari. Aber auch die anderen hatten natürlich ihren Spaß. Bei der dritten Marke – den 6.000 Punkte – schieden Takeru, Sora und Izzy aus. Auch Takeru hatte sich bei seiner Auswahl an den Charts orientiert, allerdings war seine Auswahl – im Gegensatz zu der von Joe – rockiger. Er hatte Lieder von Green Day und Imagine Dragon versucht zu singen. Sora wollte mit amerikanischen Popsongs aus den 90ern begeistern. Sie hatte auch gut durchgehalten, aber gegen ihren Freund kam sie nun einmal nicht an. So hatte auch Izzy aufgegeben. Er hatte sich einmal im Rappen versuchen wollen. Bis auf einen Lachanfall von Yolei, Davis und TK kam allerdings nichts dabei heraus, auch Joe stimmte mit ein – wenn auch nur leise und verhalten. Da war Mimi aufgesprungen und hatte versucht dem armen Tropf zu helfen. Als es immer noch nicht so recht wollte, zog Mimi Hikari auf die Beine und zu dritt versuchten sie dann ihr Glück. Verwundert beobachtete Tai das Spektakel und konnte seinen Blick nicht mehr davon ablassen. Er wusste von seiner Schwester, was am letzten Sonntag noch passiert war. Aber ob sie ihm wirklich alles gesagt hatte, wusste er nicht. Aber jetzt, als er sah, wie die Ältere seine kleine Schwester hochzog, da wurde ihm bewusst, dass sie zumindest ihr nicht böse war. Und ihm war auch klar, dass er das Problem war. Egal was in dieser Gruppe passieren würde. Er würde zwischen allem stehen. Der Braunhaarige hatte sich in die Falsche verliebt. Taichi hatte die Falsche genommen, um Trost zu finden. ❀ ❀ ❀ „Bereit?“, wollte Izzy wissen und wartete auf ein Nicken der Braunhaarigen. Aufmerksam hörte Tai hin. Er hatte auch schon in den Liedern zuvor gehört, dass sie gegen ihn gingen. Für die anderen hörten sie sich normal an, doch er hatte zur Abwechslung einmal auf den Liedtext gehört und verstand den Wink. Ebenso Hikari, sie verzog den Mund und blickte zu ihm. Da begann die Melodie und fast augenblicklich fing auch Mimi an zu singen: „When I get chills at night. I feel it deep inside without you. Know how to satisfy. Keeping that tempo right without you. Pictures in my mind on replay. I'm gonna touch the pain away. I know how to scream my own name. Scream my name. I love me. Gonna love myself. No, I don't need anybody else …“ Kari seufzte kaum hörbar. Sie ließ während des Liedes ihren großen Bruder nicht aus den Augen. Der saß vollkommen lustlos neben Matt, welcher Sora auf dem Schoß hatte und mit ihr turtelte. Sie neckten sich gegenseitig und küssten. Normal waren sie in der Gruppe zurückhaltender, doch heute anscheinend nicht. Ihr Blick wurde mitfühlender. Er hatte diesen Fehler gemacht, aber es war nicht besser neben der Person zu sitzen, die man selbst liebte und dann mit ansehen zu müssen, wie diese sich einem anderen hingab. Als Mimi ihr Lied beendete, erhob sich die Braunhaarige. Die Ältere übergab das Mikrofon und setzte sich wieder auf den großen Hocker. Neugierig blickte sie über die Schulter des Rothaarigen und suchte den Titel des Liedes, welches Hikari singen wollte. Ihre Stirn runzelnd lehnte sie sich zurück. Das Lied hatte sie schon einmal gehört, aber den Text verstand sie nicht. Sie wusste nur, dass es auf Deutsch war. Keiner von ihnen konnte Deutsch außer der kleinen Schwester ihres Anführers. Zwar würde sie die Sprache offiziell erst auf der Oberschule belegen, aber sie lernte schon vorher, da das jüngste Mädchen der Gruppe wusste, wie schwer die Sprache war. Sie hatte auch Probleme damit, aber sie kämpfte sich dort hindurch. Kari konnte sich ein Lächeln nicht mehr verkneifen. Das Lied war derzeit ihr Lieblingslied und lief rauf und runter in ihrem Zimmer. Als sie sich einmal in Ruhe durchgelesen hatte um was es geht, wurde es immer wichtiger. Eine Gitarre und eine Trommel erklangen und nur wenige Takte später erschien der Text auf dem Bildschirm. „Manchmal fühl ich mich hier falsch, wie ein Segelschiff im All. Aber bist du mit mir an Bord, bin ich gerne durchgeknallt. Selbst der Stau auf der A2, ist mit dir blitzschnell vorbei. Und die Plörre von der Tanke, schmeckt wie Kaffee auf Hawaii – yeah. Auch wenn ich schweig', du weißt Bescheid. Ich brauch gar nichts sagen, ein Blick reicht. Und wird uns der Alltag hier zu grau, pack' ich dich ein, wir sind dann mal raus! Hallo Lieblingsmensch! Ein Riesenkompliment, dafür dass du mich so gut kennst. Bei dir kann ich ich sein, verträumt und verrückt sein – na na na na na na - Danke Lieblingsmensch! …“ Doch, wie auch schon die Runden zuvor, konnte sich Kari nicht zurück halten, sobald sie sang, musste sie sich dazu auch bewegen. Da war sie allerdings nicht allein, denn Mimi und Yolei waren bei ihr. Allerdings kam dieses Mal auch Sora dazu. Also konnte sie sich von Matt losreißen. Zu viert standen sie vor dem Fernseher, Hikari in der Mitte und die anderen um sie herum. Yamato lächelte seiner Freundin entgegen, die ihn immer wieder mit Blicken fixierte. Tai wünschte sich, sie würde ihn mit diesen Blicken festhalten. Doch das würde wohl nicht passieren, also wandte er den Blick ab und schloss schließlich seine Augen, um der Stimme seiner Schwester zu lauschen. Davis beobachtete fasziniert das Mädchen seiner Träume und vergaß alles um sich herum, selbst den Blonden Poltergeist neben sich. Der auch das Mädchen beobachtete, welches er gern um sich wirbelnd sehen würde. Mimi und Yolei hatten Tanzhaltung eingenommen. Sie waren zuvor zwar nicht wie Kari in einer AG gewesen, doch die Grundschritte hatte die Braunhaarige den Mädchen gezeigt. So drehten sie sich – Mimi führte und Yolei ließ sich durch den Raum drehen. Alle lachten. Kens Brust schmerzte in diesem Moment. Wie sehr wünschte er sich an Mimis Stelle. Er hasste sich dafür, dass er solch ein Feigling war. Sich einfach nicht traute, dem Mädchen, für das er doch mehr als Freundschaft fühlte – glaubte zu fühlen –, alles zu gestehen. Dann wäre er sich gewiss, was sie darüber dachte. Doch da fiel ihm wieder der Blonde ein. Mit einem finsteren Blick sah er zum Sofa und beobachtete Willis, wie er im Takt der Musik mitwippte. Dann sah er weiter und beobachtete Takeru. Etwas in seinen Augen hatte sich verändert. Sie strahlten mehr als sonst. Das Blau von Takerus Augen schien intensiver zu sein. Ken erkannte, dass er das singende Mädchen anstarrte. Unwillkürlich musste er lächeln. Die Zwei würden sicher ihr Glück finden, da war sich der Schwarzhaarige sicher, doch ob er je sein Glück finden oder jemals Glück haben würde, wusste er nicht. Doch bevor er noch weiter darüber nachdenken konnte, war das Lied auch schon wieder vorbei. Die Mädchen kicherten, doch als sie aufsahen, erschall ein einstimmiges ‚Schade‘. Kari lächelte trotzdem. Sie hatte es nicht über die 8.000 Punkte geschafft. „Tja“, erklärte die Braunhaarige und wartete auf Matt. Er nahm ihr das Mikro aus der Hand und wartete bis es losging. Sora hatte ihm verboten seine eigenen Lieder zu singen. Daher musste er etwas überlegen, bis er etwas Passendes fand. Sora zuliebe hatte er in den ersten beiden Runden Lieder von An Cafe gesungen. Er wusste, dass das ihre Lieblingsband war. Er hoffte zwar, dass auch seine Band zu ihren Lieblingsbands zählte – er traute sich nur nicht sie zu fragen. Jetzt sang er eins seiner Lieblingslieder – Saisshu Ressha. Das wurde von Mucc gespielt, von der Band war er bereits viele Jahre lang ein Fan – irgendwann hatte er schließlich Takeru damit angesteckt und der hörte sie nun auch sehr oft. Mimi und die anderen hörten ihm an, dass er es oft sang. Sora schmunzelte. Sie hatten recht, er sang es sehr oft und hatte sich auch über ein paar Wochen hinweg die Noten angeeignet – allein durch zuhören. Es war ein Fall von 4 Minuten, dann zuckte Mimi mit den Schultern. Sie lächelte ihren Kontrahenten an, grinsend reichte er ihr seine Hand. „Sänger bleibt Sänger“, murmelte sie und verschwand kurz in der Küche. Nur Augenblicke später kam sie mit einem Teller in der Hand zurück. Das hatte sie noch den Mädchen gezeigt, als sie sich Stunden zuvor vor Davis gerettet hatten. Matts Augen vergrößerten sich, als er ein Prachtexemplar von einem Cupcake sah. Es war ein Schokoladenteig, darauf thronte eine hellgelbe Creme als kleine Krone und als Haube. Diese Haube hatte eine leicht eingedrehte Spitze, welche auch nach einer leichten Erschütterung nicht weiter einknickte. Auf der Creme waren kleine silberne Perlen verteilt und machten das Törtchen noch prunkvoller. „Die sind essbar“, versicherte ihm Mimi, „und es ist dein Preis“, sie lachte, „gut, dass du gewonnen hast, ich hab davon schließlich schon einen gegessen“, sie zwinkerte. „Danke“, murmelte Matt und konnte seinen Blick immer noch nicht von dem kleinen Meisterwerk lassen. Es schien, als wäre er nicht echt. So schnupperte er nur zaghaft daran und begutachtete es noch eine Weile. „Gibt’s davon noch mehr?“, Davis‘ Augen strahlten dem Muffin entgegen. „Entschuldige“, Mimi verneinte vorsichtig, „das war …“ „… der Letzte …“, der Braunhaarige sackte wieder in sich zusammen und grummelte vor sich hin. Yolei grinste breit, „wenn du auch einen bekommen würdest, dann wäre es für Matt ja kein besonderer Preis mehr.“ „Aber es ist trotzdem unfair“, murmelte der jüngere Anführer bedrückt. Die anderen brachen in schallendes Gelächter aus. „Tut mir Leid, Davis, hätte ich nicht schon hinein gebissen …“, Yamato machte eine Pause und dann tat er den ersten Biss. Alle – außer Tai – hielten die Luft an und mussten dann erneut lachen. „Das ist GEMEIN“, rief Davis erneut aus, „gemein, sag ich euch!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)