TMNT - Schicksal? von Pamuya_ ================================================================================ Kapitel 38: Vielleicht eine neue Freundin ----------------------------------------- Aus Bernadettes Sicht: Seit diesem anstrengenden Tag und der dennoch schönen Nacht sind bereits wieder zwei Wochen vergangen. Tante Tina ist auf meinem Wunsch eingegangen, dass ich nie mehr wieder diese verhasste High-School betrete. Zwar hat sie noch einmal versucht, mit mir in Ruhe darüber zu reden, aber ich habe ihr einfach klargemacht, dass es keinen Sinn hat. Selbst wenn ich es wieder versucht hätte, so wären allein die jüngsten Ereignisse mir immer ein Dorn gewesen. Sei es durch die Mitschüler, von denen einige schuld an meinem Schlamassel sind, oder sei es wegen den Erinnerungen, von denen ich auch jetzt noch Albträume habe. Beinahe jede Nacht geistert mir eine Mischung aus verschiedenen Erinnerungen durch den Kopf, welche mich von einem Horrorszenario in die nächste schleppt. Jeder noch so kleine Streich bis hin zu jenem Moment, an dem ich nur mit einem Badetuch um dem Körper gewickelt im Flur stand, verfolgt mich bis heute noch. Aus diesem Grund habe ich auf Bitten meiner Familie Hilfe geholt. Es ist zwar ein anonymes Treffen zwischen Mobbingopfern, welches einmal in der Woche stattfindet, aber ich bekomme dort die Chance, meine Sorgen von meiner Seele zu reden. Auch wenn es mich zum Teil widerstrebt, dies zu tun. Schließlich rede ich mit Fremden, von denen einige zwar ähnliche Erlebnisse mit mir teilen, aber es ist einfach ein eigenes Gefühl, welches mich eher einengt, als befreit. Dennoch werde ich wohl noch öfters hingehen. Bis jetzt bin ich erst einmal dort gewesen und kann daher noch nicht sagen, ob mir diese „Sitzungen“ wirklich helfen. Dafür hat Tante Tina ihr Wort gehalten und sie hat mich sogar von der Schule genommen. Natürlich folgte eine unangenehme Zeit und das galt nicht nur für mich. Meine Mom und meine Tante setzten alles daran, dass der Rektor meiner alten High-School ordentlich sein Fett abbekam. Somit hatte er von meiner Familie nicht nur einen saftigen Beschwerdebrief erhalten, selbst der Schulinspektor bekam davon Wind und machte dem Mann noch mehr Stress. Zusätzlich hatte er dann noch die Anordnung bekommen, ein Projekt zur Prävention gegen Mobbing beziehungsweise gegen Cybermobbing zu starten und dies gilt für sämtliche Klassen. Ob das jedoch etwas bringt, wage ich zu bezweifeln. Denn solange Lucinda immer noch ein Machtwort über andere aussprechen kann, so wird die ganze Aktion sinnlos sein. Erst wenn keiner nach ihrer Pfeife tanzt, wird sich etwas ändern. Nur, was kümmert es mich? Das betrifft mich nun nicht mehr und ich bin ehrlich gesagt froh darüber. Sie alle können mir gestohlen bleiben. Jedoch ist es für mich nicht einfach, einen Neustart zu wagen. Die Schule, in der ich nun bin, macht zwar auf dem ersten Blick einen guten Eindruck, nur hat sich das wegen dem Cybermobbing irgendwie herumgesprochen. Vermutlich hat es einer der betroffenen Mobber jemand anderes weitererzählt und dieser wiederum ist nun ein unbekannter Schulkollege von mir, der es dann wieder weitergesagt hat. Ich habe keine Ahnung. Es könnte auch anders gekommen sein, indem irgendwer im Internet davon Wind bekommen hat. Was auf jeden Fall klar ist, ist, dass sich dieses Thema wie ein Lauffeuer weiterverbreitet hat. Irgendwie wäre das auch kein Wunder. Immerhin waren zick Leute mit der Sache verwickelt und ich möchte erst gar nicht wissen, wie viele die Polizei über das Internet noch erwischt hat. Sowas wird nicht totgeschwiegen und bis da wirklich Gras drüber wachsen wird, wird wohl noch eine Ewigkeit vergehen. Zumindest befürchte ich das. Besonders wenn die Leute über irgendetwas reden, oder sogar über jemandem lästern können, so sind sie mit damit beschäftigt und von ihren eigenen Problemen abgelenkt. Allein am ersten Schultag habe ich das hautnah zu spüren bekommen. Egal ob von Nahen oder aus der Ferne, ich musste dieses Getuschel und diese seltsamen Blicke ertragen. Ungewollt wurde ich wieder ins Rampenlicht gedrängt, was ich im Moment überhaupt nicht gebrauchen kann, geschweige will. Doch wenn ich mich stattdessen jemandem genähert hatte, wurden sie sofort still und lächelten so scheinheilig, als wenn nichts wäre. Also entweder bedeutet das, dass sie wegen mir nicht auch noch in die Mangel genommen werden wollen, oder sie sind auf meiner Seite und wollen mich einfach nicht darauf ansprechen, weil Mobbing einfach scheiße ist. Ich kann es ehrlich gesagt nicht wirklich herausfiltern. Dafür sind mir die Leute zu unbekannt und außerdem will ich auch nicht mehr daran denken. Es reicht schon, dass Lucindas Anwalt dafür sorgen möchte, dass dieses Miststück nur mit einem blauen Auge davonkommt. Wie sich herausgestellt hat, handelt es sich hierbei um ihren Vater, der noch die Frechheit besitzt auf Teilschuld zu plädieren. Er behauptet, dass seine Tochter nicht die Drahtzieherin sei, sondern einfach nur aus „Gruppenzwang“ mitgemacht hätte. Das heißt für sie, dass sie nur eine geringere Geldstrafe zahlen muss, würde sie mit diesem Schwachsinn durchkommen. Ich hoffe nur, dass mein Anwalt, den Tante Tina mir besorgt hat, dafür sorgt, dass dies nicht geschieht, denn so hätte sie trotz Probleme irgendwie doch gewonnen. Leider kann ich nichts tun, außer auf dem bevorstehenden Prozess zu warten und mich auf die neue Situation auf meiner neuen Schule zu konzentrieren. Dies ist aber alles andere als einfach. Nicht nur, dass ich dort der Neuling bin, ich habe dieses „Brandmal“ von meiner alten Schule, welches sich leider nicht so einfach abschütteln lässt, wie gedacht. Zusätzlich haben Tante Tina und meine Mom mir das Versprechen abgenommen, dass ich mich bemühen soll, neue Kontakte zu knüpfen. Ohne es zu wollen, habe ich mich belabern lassen. Deren Grund ist, dass mir das für den Neuanfang helfen soll. Ich soll dadurch nicht nur meine Vergangenheit besser verarbeiten, ich könnte so mein Sozialleben wieder auf Vordermann bringen. Wenn die wüssten, dass ich bereits Freunde habe, würden die nicht so reden. Sie wissen es nun mal nicht besser, aber ich glaube, wenn ich nur eine neue Freundin finde, die es auch wirklich ernst mit mir meint, so wäre das ausreichend. Vielleicht ist es ja wirklich keine so schlechte Idee. Wenn ich zumindest eine Schulkameradin finde, mit der ich mich halbwegs gut verstehe, wäre ich schon glücklich. Jedoch habe ich bisher noch keinen Erfolg gehabt, was sich vermutlich noch eine Weile hinziehen wird, aber ich mache mir keinen Stress. Schließlich habe ich Freunde. Zwar sind es geheime Freunde, aber ich bin nicht vollkommen allein und das mit der neuen Schule werde ich auch noch irgendwie hinkriegen. Denn langsam steigt meine Hoffnung wieder und nach der Schmach, die ich bisher erlebt habe, hätte ich das eigentlich nicht für möglich gehalten und doch trage ich einen kleinen Hoffnungsschimmer in mir. Weder meine Albträume, noch die momentane Situation an meiner jetzigen High-Scholl wird daran etwas ändern. Dafür sorgen bereits meine Mutantenfreunde und April, welche auch weiterhin zu mir stehen, auch wenn niemand von ihnen was weiß. Wenn ich mal nicht mit ihr unterwegs bin, so verbringe ich meine Freizeit mit den Jungs. Die vier hatten mich sogar mal auf einer Rutschpartie in der Kanalisation eingeladen, bei der sie mit Hilfe von großen Leitungsrohren durch die Gegend gesaust waren und sogar einige Kunststücke in der Luft gemacht hatten, sobald sie genug Schwung gehabt hatten. Raphael hielt mich während der Fahrt die ganze Zeit in seinen Armen und obwohl ich zunächst Angst hatte, hatte es mir sehr viel Spaß gemacht. Ich hoffe nur, dass dies Wasser und kein Abwasser war, aber dazu hatten meine Freunde nichts gesagt, was ich also so hinnehmen muss. Vielleicht es sogar besser so. Man muss ja nicht alles wissen. Am besten ist es, wenn ich nicht daran denke, sonst bereue ich es einfach nur. Es gibt jedoch etwas, was noch weit schöner ist, als mit der ganzen Truppe die Zeit zu vertreiben und das ist nun mal, wenn ich mit Raphael alleine bin. Manchmal gönnen seine Brüder uns ein bisschen Zeit für uns allein, was wir auch wohlwollend genießen. Ich werde aber trotzdem das Gefühl nicht los, dass hier unten immer noch eine gewisse Spannung herrscht und damit meine ich Leo und meinen Schattenkrieger. Das fällt mir aber nur auf, wenn mein Liebster längerer Zeit bei mir und nicht mit den anderen auf Patrouille war. Allein seine Körpersprache sagt schon viel aus und manchmal erzählt er mir sogar von dem einen oder anderen Streit, bei der er sich von seinem Bruder total genervt fühlt. Ich kann es zwar irgendwie nachvollziehen, aber die beiden sollten besser zusehen, dass sie irgendwie zu einer Lösung kommen. Auch wenn es leichter gesagt, als getan ist, bringt es sich nun mal nicht, ständig in die Haare zu kriegen und ich spreche schließlich aus Erfahrung. Doch jedes Mal, wenn ich sowohl Leo, als auch Raphael darauf anspreche, haben sie meistens eine Ausrede parat und belächeln die Situation. Selbst Mikey und Donnie äußern sich dazu nicht und da sag noch einer, dass ich stur bin, wenn es mal Probleme gibt. Vielleicht müssen sie das einfach unter sich ausmachen, ohne dass ich meine Meinung dazu beisteuere. Manchmal sind sie allerdings schon komisch, aber trotzdem muss man diese Familie lieben. Trotz ihrer Unterschiede und kleinen Zankereien halten sie zusammen und Meister Splinter achtet stets darauf, dass das auch so bleibt. Theoretisch könnte ich bereits schon einige Geschichten über sie schreiben. Allein das, was sie mir allesamt erzählt haben, wäre ein wundervoller Schreibstoff, wäre da nicht dieses eine Problem. Denn würde das nicht möglicherweise dazu führen, dass sie dadurch vielleicht irgendwann mal entdeckt werden könnten, so hätte ich das bereits getan. Dafür lasse ich einfach meine Erlebnisse mit ihnen in meinen Tagträumen durch den Kopf gehen, sozusagen ein „Kopfkino“ und das gibt es auch manchmal in der Schule. So wie es ich jetzt wieder der Fall ist. Im Moment sitze ich in der Cafeteria und bin wieder ein wenig in meinen Gedanken versunken, als ich plötzlich von der Seite angesprochen werde: „Hallo, dein Name ist doch Bernadette, richtig?“ Als ich mich in diese Richtung drehe, sehe ich ein blondes Mädchen, mit blauen Augen und in einem sportlichen Outfit. Die Haare meiner Schulkameradin, die ihr vermutlich bis zur Schulter reichen, hat sie zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden und an ihrem Hals erkenne ich mehrere Ketten. Sie lächelt und scheint auf dem ersten Blick sehr freundlich zu sein, aber abgesehen davon, dass sie mich plötzlich aus meinen Tagträumen herausgerissen hat, bin ich gerade einfach nur verblüfft, dass ich von ihr angesprochen werden, während ich bis jetzt eher gemieden worden bin. Ohne eine Aufforderung meinerseits setzt sie sich einfach lächelnd neben mich und reicht mir ihre Hand zur Begrüßung: „Hi, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Ich bin Corinna, aber man kennt mich hier unter dem Namen Cori. Wir gehen ja nun in dieselbe Klasse und da dachte ich mir, es wird nach der Eingewöhnungszeit mal langsam Zeit, dass wir uns mal kennenlernen.“ Weiterhin überrascht über diese offene und auch schwungvolle Art, erwidere ich ihre Begrüßung und reiche ihr ebenfalls die Hand: „Hi, schön dich kennenzulernen Cori. Meinen Namen brauche ich ja nicht sagen, da du ihn ja schon kennst.“ Etwas unsicher sehe ich sie an, versuche aber freundlich zu sein. Doch schon plappert das Mädchen einfach weiter, als würden wir uns bereits schon lange kennen: „Sorry übrigens, dass ich das nicht schon eher gemacht habe. Immerhin bist du schon eine Weile hier, aber ich wollte erst einmal von außen ein Bild von dir machen, nachdem ich so einiges über dich gehört habe.“ Ich seufze. Irgendwie habe ich es ja gewusst. Umsonst haben sich ja meine Schulkollegen nicht so sonderbar und sehr distanziert verhalten. Das aber nun direkt aus dem Mund von jemandem zu hören, ist doch etwas anderes. Innerlich hoffte ich sogar, dieses Thema irgendwann mal abhaken zu können, aber scheinbar wird mich das noch ewig verfolgen. Um ehrlich zu sein, ist es ziemlich anstrengend, dass ich mir sowas immer wieder antun muss, aber dagegen kann ich scheinbar nichts ausrichten. Zumindest ist Cori soweit ehrlich zu mir, sodass sie gleich einmal auf dem Punkt kommt und mir die Tatsachen zeigt, anstatt mir was vorzugaukeln, oder mich noch dreist in irgendetwas hineinzuzerren. „Und was hast du von mir gehört? Sind es etwa eher „böse“ Gerüchte über mich, oder muss ich schon die Stadt verlassen?“, frage ich sie vorsichtig, wenn auch am Ende eher sarkastisch, was ich einfach nicht seinlassen kann, aber wie soll auch sonst darauf reagieren? Es reicht schon, dass ich mich jetzt schon wieder so angepisst fühle, obwohl ich zuvor mich noch in meinen Tagträumen retten konnte. Da Cori aber nun mal hier ist und mich auch noch die Neugier gepackt hat, will ich es auf der einen Seite wissen, worüber die Leute reden. Andererseits geht mir die Sache auch mächtig auf dem Zeiger. Denn was geht denen das an?! Sie haben nicht einmal das Recht, über mich zu urteilen, weil sie weder mich, noch die Hintergrundgeschichte kennen. Allein unter dem Begriff „Gerücht“ weiß man, dass das meiste, wenn nicht sogar alles, erstunken und erlogen ist. Will ich es denn nun wissen? Ja, auch wenn sich der Rest meines Inneres dagegen wehrt. Ich muss mich immerhin auf mögliche unangenehmen Situationen einstellen können. Wenn ich schon wieder kämpfen muss, dann will ich auch wissen, was Sache ist. Bevor es wieder schlimmer wird und ich die Kontrolle verliere, bevor es auch nur wirklich begonnen hat, möchte ich vorbereitet sein. Schließlich bin ich noch neu hier und ich kenne auch niemanden. Eigentlich hatte ich gehofft hier einen Neuanfang starten zu können, aber schon allein das Verhalten meiner Mitschüler mir gegenüber hat mich schon früh eines Besseren belehrt. Es wird auf gar keinen Fall leicht werden und Cori scheint meine Vermutung sogar zu bestätigen. Doch schon fuchtelt sie mit ihren Händen vor ihrem Körper und meint leicht aufgeregt: „Nein, nein, das hast du missverstanden! … Naja ok, ein paar reden wirklich nicht sehr nett über dich, aber das liegt an dem einen Video, was sie sich angesehen haben und welches dann nach kurzer Zeit gesperrt wurde.“ „Video? Es gibt noch ein Video von mir?!“, frage ich sie nun leicht panisch, während meine Augen weit aufgerissen sind. Das kann nicht sein?! Ich dachte, dass sämtliche Fotos und Videos über mich gesperrt und vom Netzt gestrichen wurden! Gibt es nun doch noch eines, was „überlebt“ hat?! Während ich das beinahe hysterisch von mir gegeben habe, hätte ich das Mädchen beinahe gepackt und kräftig bei den Schultern geschüttelt. Ich habe sogar bereits meine Hände leicht angehoben, mich aber selbst noch aufhalten können. Denn in mir drin brennt die Hoffnung, dass das gerade ein schlechter Scherz ist. Cori ist wegen meiner plötzlichen Aufregung derweil etwas zurückgewichen. Allerdings scheint sie meine Angst und meine Sorge bezüglich darauf zu sehen und erklärt mir: „Nein, das Video gibt es nicht mehr. Das habe ich doch gesagt, es ist gesperrt worden. … Aber sag, stimmt es, dass du über dreißig Schüler hast auffliegen lassen, nachdem diese Videos und Fotos ins Netz gestellt wurden?“ „Also erstens habe ich niemandem auffliegen lassen und zweitens habe ich mich nach dieser Demütigung an eine Freundin gewandt, die mir half die Fotos und Videos zu sperren. Da war es ja klar, dass alle, die es geteilt und weitergesendet haben, erwischt wurden. Wer also so dumm ist und sich auf Mobbing einlässt, der hat nichts Anderes verdient. Sorry, wenn ich das jetzt so sage, aber sowas ist wirklich menschenunwürdig.“, erwidere ich gleich darauf und das mit einem leicht gereizten Ton. Auch wenn mir vorhin ein Stein vom Herzen gefallen ist, dass dieses beschissene Video nicht mehr existiert, ärgert es mich einfach, dass ich wieder einmal damit konfrontiert werde. Werde ich dem etwa nie entkommen können und wie kommen diese Idioten überhaupt darauf, dass ich gleich wieder die Böse bin?! Die haben ja alle überhaupt keine Ahnung, was ich all die Zeit durchmachen musste! Die kennen nur dieses beschissene Video und selbst damit brauchen die sich kein Urteil über mich zu fällen! Sie wissen rein gar nichts und das Schlimmste daran ist, dass sie das auch noch in ihrem stillen Kämmerlein tun! Ich finde es einfach nur feige, dass sie nicht den Mut aufbringen, mich direkt darauf anzusprechen! Stattdessen tuscheln sie lieber in Gruppen über mich und gehen dabei den einfachsten Weg. Bloß nicht anecken, aber schön quatschen. – Arch, wie ich das hasse! Ich möchte gar nicht wissen, was für Gerüchte noch im Umlauf sind, die mich betreffen! Dabei habe ich bei dem Ganzen nichts falsch gemacht! Immerhin bin ich das Opfer gewesen und ich musste mich ja auch irgendwie wehren. Eigentlich hätte ich mich wohl eher von der ganzen Welt verkrochen, hätten mir da meine Freunde nicht wieder daraus geholt. Am liebsten hätte ich dies sogar aus mir herausposaunt, damit es alle hören können, wenn da nicht dieses Problem wäre. Ich muss bei meiner „Aussage“ bleiben. Jede noch so kleine „Veränderung“ daran bringt nur unnötig einen weiteren Stein ins Rollen. Deswegen seufze ich nur und lasse mich dabei wieder zurück in meinem Sessel fallen. Dass nun dieses dämliche „Gerede“ weitergeht, geht mir wirklich gegen den Strich. Besonders nervt es mich, dass bis auf Cori anscheinend keiner den Mut hat, mich das direkt zu fragen. Stattdessen halten sie sich bedeckt und tuscheln über mich, als wenn sie mich kennen würden und das Recht dazu hätten. Dies ist aber nicht so und ich hoffe, dass die Blondine neben mir das auch den anderen verklickert. Schließlich will ich sofort die Tatsachen festlegen, bevor noch mehr Unsinn über mich erzählt wird. Dabei könnte ich es eh nicht ändern oder gar verhindern, aber so habe ich zumindest die Chance, die Sache aus meiner Sicht zu schildern. „Hey sorry, ich wollte dich nicht aufregen oder so, aber ich wollte das halt aus deinem Mund hören. … Auch wenn mich das eigentlich nichts angeht.“, entschuldigt sich Cori bei mir und sieht leicht beschämt zu Boden. Ich seufze. Sie scheint es ja wirklich nicht böse zu meinen, weswegen ich dann leicht den Kopf schüttle und mit einer fröhlicheren Miene erwidere: „Ist ok. Ehrlich gesagt, geht mir die Sache noch sehr nahe. Es ist ja noch nicht vom Tisch. Mir steht noch einiges bevor und ich kann es nun mal nicht leiden, wenn man über mich redet, obwohl man von nichts eine Ahnung hat. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie scheiße das ist. Allein diese Blicke machen mich rasend.“ Sie nickt verstehend und meint: „Wahrscheinlich kann ich es nicht genauso nachempfinden wie du, aber ich vielleicht kann ich es erahnen. … Ok, ähm sorry nochmal. Was hältst du davon, wenn wir das Thema wechseln?“ „Warum nicht.“, antworte ich ihr und lächle leicht. Wenn es jemand ernst mit mir meint, dann bin ich offen für Neues und diese Cori scheint auf dem ersten Blick ganz in Ordnung zu sein. Erstens sagt sie gleich, was sie von mir will und zweitens wirkt sie auf mich weder überheblich noch falsch. Also warum sollte ich keinen Versuch wagen? Immerhin will ich ja neue Bekanntschaften machen, selbst, wenn es sich dabei nur um eine Person handelt. In Laufe unseres Gesprächs habe ich immer mehr den Eindruck, dass mir dieses Mädchen nichts vormacht. Egal ob es ihr Lachen ist, oder wie sie mit mir gerade redet, es wirkt nicht gekünstelt. Es hätte ja sein können, dass sie von irgendwem geschickt worden wäre, welcher irgendetwas mit Lucinda zu tun hat. Das mag vielleicht paranoid klingen, aber ich bin einfach schon vorsichtig geworden und so lange ich das nicht äußere, kann es mir auch egal sein, was andere davon halten. Viel wichtiger ist es mir, was für ein Mensch Cori ist und je mehr ich mich mit ihr unterhalte, desto stärker wird mein erster Eindruck. Vielleicht habe ich ja doch Glück und meine Menschenkenntnis ist nicht endgültig im Klo runtergespült worden. Denn die Blondine macht keine Anstalten, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Sie zeigt mir sogar später noch die Teile von der Schule, die ich während meiner eigenen Erkundungstour noch nicht entdeckt habe. Dazu zählen zum Beispiel die Räume, die für Nachmittagskurse gedacht sind. Unter anderem werden den Schülern neben dem klassischen Football und Cheerleading auch noch Kunst, Fotographie, die Schülerzeitung und das Theater angeboten. Cori erzählt mir, dass erst vor ein paar Monaten ein Musical aufgeführt wurde, bei der es anscheinend ziemlich drunter und drüber ging. So wie sie mir das kichernd geschildert hat, kann ich mir das gut vorstellen. Allein wie sie das erzählt, wirkt wie eine Geschichte aus einem Buch, die man sofort verschlingen möchte. Jede Einzelheit kann ich mir ziemlich genau vorstellen. Nebenbei erfahre ich auch noch, dass sie mit ihrer Freundin Mia in der Literatur-AG ist. Bei diesem Wort werde ich sofort hellhörig und das merkt auch die Blondine: „Ach, sag bloß, dich interessiert Literatur? Dabei hält das doch jeder für spießig und langweilig.“ „Machst du Witze? Ich lese für mein Leben gern und habe schon so manches verschlungen.“, entgegne ich ihr schon begeistert darauf, woraufhin Cori mich angrinst, als hätte sie im Lotto gewonnen. Ihre Augen funkeln vor Freude, als hätte sie gerade den Hauptpreis abgeräumt. „Dann musst du unbedingt bei uns mitmachen! Du kannst mit uns über literarische Texte diskutieren, Neues aus der Literatur kennenlernen und dich selbst beim Schreiben verbessern. Selbst Kalligraphie kannst du bei uns ausprobieren. Alles, was mit Schreiben und Texten jeglicher Art zu tun hat, kann man bei uns machen.“, versucht sie mich nun dafür zu begeistern. Interesse hätte ich ja bereits, aber ich habe noch nie daran gedacht, selbst etwas zu schreiben. Zwar habe ich schon mal kurze Geschichten und auch schon Gedichte verfasst, aber ich war noch nie in einer Literatur-AG. Vielmehr habe ich das einfach für mich getan, weil das nun mal neben Lesen und Musikhören mein Hobby ist. Auch wenn ich schon eine Weile kaum daran gedacht habe. Ich hatte aber dafür weder die Inspiration, noch die Zeit oder einen klaren Kopf. Weswegen ich mich vielmehr in bereits verfasste Texte stürzte und ein Buch nach dem anderen verschlang. Besonders wenn es ums Lesen geht, kann ich mich voll und ganz in eine andere Welt vertiefen. Ich fühle mich dabei so glücklich und vor Raphael war dies immer noch die beste Möglichkeit für mich, um abschalten zu können. Allerdings weiß ich nicht, ob es so klug ist, da einfach mitzumachen. Erstens bin ich hier noch der Neuling, zweitens kenne ich vieles in dieser Schule nicht und drittens habe ich noch andere Dinge um die Ohren. Schließlich muss ich neben der Schule auch noch zu diesem Treffen gehen. Er findet zwar nur einmal in der Woche statt, aber neben dem und dem Lernen will ich nun mal auch genug Zeit für Raphael und auch für mich allein. Ob ich das dann alles wirklich unter einem Hut bringen? Momentan wage ich es, daran zu zweifeln. „Ich weiß nicht …“, fange ich schon an vor mich her zu murmeln, während ich die Sache nochmal durch den Kopf gehen lasse, aber Cori besteht darauf: „Ach komm schon Bernadette. Was soll schon Großartiges passieren? Wir werden dich schon nicht fressen. Außerdem ist das die Chance für dich, neue Leute kennen zu lernen und vielleicht begreift der Rest dann auch noch, dass du gar keine so üble Person bist. Besonders wenn sie sehen, wie sehr du dich auf deine Weise in unsere Gesellschaft integrierst. Was meinst du? Willst du es nicht zumindest versuchen? Du kannst ja dann immer noch aussteigen, wenn es dir nicht zusagt.“ Am Ende klingt es schon fast bettelnd und ich sehe die Blondine etwas skeptisch an. Doch ihre blauen Augen wirken schon fast wie bei einem Hundeblick, weswegen ich seufzend nachgebe und zustimme. Es ist einfach zu verlockend und außerdem könnte ich dadurch vielleicht wirklich neue Freunde finden. Irgendeinen Schritt muss ich auch machen, sonst wird sich in meinem Leben nichts ändern und es wäre auch etwas, was mich interessieren könnte. Allein das Lesen an sich hat Etwas an sich, was nicht jeder schätzt und wenn ich demnach in einer Gruppe lande, die zumindest in diesem Bereich Gemeinsamkeiten mit mir teilt, so hätte ich vielleicht etwas, worauf ich mich freuen kann. Natürlich strahlt Cori vor Freude darüber und zerrt mich gleich zum Sekretariat, wo ich ein Formular ausfüllen muss. Das heißt, dass ich beim nächsten Treffen schon mitmachen kann. Zumindest hat mir das meine Klassenkameradin begeistert verkündet, woraufhin ich nur stumm nicken kann. Also ich habe schon lange nicht mehr so eine aufgeweckte Person wie sie gesehen, abgesehen von einem gewissen Turtle mit einer orangen Maske. Sie kommt mir beinahe so vor wie Mikey, wenn er von etwas Bestimmten begeistert ist. Das kann ja noch heiter werden, aber ich lasse es einfach auf mich zukommen. Denn ich habe ja wirklich nichts zu verlieren und wenn es mir tatsächlich nicht zusagt, dann steige ich einfach aus. Natürlich erzähle ich dies meinen Freunden, als ich noch in derselben Nacht wieder bei ihnen unten in der Kanalisation bin. Donnie ist dabei der Erste, der mir dazu gratuliert und meint, jetzt würde sich endlich mein Leben zum Guten wenden. „Wie ist diese Cori eigentlich?“, werde ich schon von Mikey gefragt, aber so gut kenne ich sie noch nicht, was ich ihm auch sage: „Ich kenne sie doch erst seit heute, aber sie scheint wirklich nett zu sein. Was ich auf jeden Fall weiß, ist, dass sie ein Wildfang ist. In ihr steckt ganz schön viel Energie.“ Mehr weiß ich nun mal nicht dafür kann ich den Jungs etwas anderes erzählen und zwar, dass ich mich in der Literatur-AG eingeschrieben habe. Als sie aber davon hören, ernte ich von den vieren nur ein belustigtes Gelächter, welches schnell an Lautstärke gewinnt. „Ernsthaft? Bei sowas Langweiligem machst du mit?“, fragt Mikey, während er sich lachend den Bauch hält. Selbst Raphael kann sich ein dämliches Grinsen nicht verkneifen, weswegen ich sie einen nach dem anderen zornig ansehe und sogar leicht beleidigt schnaube. Am liebsten hätte ich sie gefragt, was deren Problem wäre, doch schon spüre ich Leos Hand auf meiner linken Schulter. Immer noch schmunzelnd meint er: „Sei nicht böse auf uns. Auch ich lese ab und zu gerne, aber ich würde niemals im Traum daran denken, solch einer Gruppe beizutreten.“ Immer noch wütend reiße ich mich los und schnauze ihn an: „Liegt vielleicht daran, dass euch euer Ninja-Kram mehr interessiert und ihr auch deswegen euch so ins Zeug legt! Nur weil mir die Literatur am Herzen liegt, braucht ihr noch lange nicht darüber zu lachen.“ Armeverschränkend wende ich mich von den Brüdern ab und setze mich erst einmal auf die Couch, wo ich schmollend in die Leere starre. Auch wenn ich mir jetzt wie ein kleines Kind vorkomme, welches wegen jeder Kleinigkeit schmollt, so kann ich nicht anders. Es ist nun mal etwas, wofür ich mich nun mal interessiere, aber das verstehen sie ja nicht. Lange sitze ich aber nicht dort, denn schon gesellt sich Raphael zu mir, der mich sogleich zu sich zieht. „Ach, lass mich.“, murre ich, doch das hält ihn nicht davon ab, mich weiter an sich zu drücken und mich wieder aufzumuntern: „Komm schon, sei nicht sauer. Sowas ist nun mal nicht … unsere Welt. Mit Büchern und dem ganzen Kram haben wir es halt nicht so. Besonders ich meide das eher.“ Bei diesen Worten wende ich meinen Blick zu ihm und habe dabei eine Augenbraue leicht angehoben. „Würde dir aber nicht schaden, wenn du mal deine Nase in ein Buch stecken würdest.“, kommt es gleich mit einem sarkastischen Unterton von mir und mein Liebster grinst nur, was ich ihm gerade nicht verübeln kann. Schließlich zeige ich ihm durch meine Mimik, dass meine Wut auf ihn und seinen Brüdern schon wieder verraucht ist. Auch wenn ich mich kurz zuvor trotzig benommen habe, ist dieses Thema wirklich nicht wert, um sich deswegen darüber zu streiten. Da gibt es Schlimmeres. Außerdem ist das ja meine Sache und solange es mir gefällt, werde ich mich auch damit beschäftigen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)