TMNT - Schicksal? von Pamuya_ ================================================================================ Kapitel 26: Raus mit der Sprache! --------------------------------- Aus Bernadettes Sicht: Die nächsten verbleibenden Stunden verbringe ich damit, über die bisherigen Geschehnisse nachzudenken. Es fällt mir schwer, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, was man mir vermutlich auch ansehen kann, würde irgendwer von meinen Mitmenschen Notiz nehmen. Die meisten meiner Mitschüler sind allerdings mit ihrem eigenen Kram beschäftigt und ich bin einfach nur in Gedanken versunken, während der Unterricht an mir vorbeigeht, als wäre ich gar nicht da. Was mache ich nur? Nicht, dass ich mich noch nicht schon daran „gewöhnt“ hätte, mit Mobbingattacken irgendwie fertig zu werden, aber schön langsam wird mir das Alles zu viel. Mit manchen Sachen komme ich klar, aber das von vorhin war einfach krass und das im negativen Sinne. Ich fühle mich so allein und schwach, als würde ich einsam durch einen dunklen Tunnel wandern, aus dem es kein Entrinnen gibt. Irgendwo in der Ferne ist ein kleines Licht, welches mir den Weg zu zeigen scheint, doch am Ende komme ich erst gar nicht an. Brauche ich Hilfe, so werde ich ignoriert oder sogar weggestoßen. Wer es von meinen Mitmenschen dabei macht, ist völlig egal. Sie treten sogar drauf, wenn es sein muss. Mann Bernadette, reiß dich um Himmels Willen zusammen! Du kennst doch dieses Gefühl! Es ist nicht neu und immer wieder hast du hinter dir gelassen! Nein, hinter mir gelassen habe ich es eigentlich nicht. Vielmehr habe ich verdrängt, ausgeblendet, oder wie man es sonst noch bezeichnen kann und es hat auch bis jetzt geklappt. Doch nun ist ein gewisser Punkt erreicht, der noch mehr trifft, als bloß die harte Schale, die ich mir aufgebaut habe. Lucinda muss das ja gerade zu genießen, wie ich mich jetzt mit meinen Gedanken plage. Ich spüre sogar förmlich, wie sie mich grinsend ansieht und vermutlich schon innerlich feiert. Auch wenn ich mich bemühe, meinen Blick nur zwischen meinen Professor und dem Buch zu schweifen, so entgeht es mir nicht, dass ich die ganze Zeit beobachtet werde. Als würden tausend Augen auf einmal mich niederstarren, so komme ich mir. Für Lucinda muss mein Leid wohl sowas wie eine Droge sein, mit dem sie einfach nicht aufhören kann. Sie liebt es einfach andere zu quälen und ich scheine dabei die Hauptrolle zu spielen. Ob ich will oder nicht, spielt keine Rolle, ich stecke einfach in diesem Scheiß fest und muss selbst zusehen, wie ich damit zurechtkomme. Hilfe bekomme ich ja keine. Ich warte nur darauf, dass der nächste Nachschlag kommt. Wenn nicht in Moment Unterricht wäre, würde dieses Biest wahrscheinlich einfach aufstehen, zu mir hingehen und mir alles schön unter die Nase reiben. Wobei, warum tut sie es nicht einfach? Dann hätte ich es zumindest hinter mich gebracht und unsere Schlaftablette Professor Johnson würde es ohnehin nicht wirklich mitbekommen. Der macht doch ohne Ausschweife seinen Vortrag und checkt nicht einmal, dass die gesamte Klasse mit ganz anderen Dingen beschäftigt ist. Selbst ich kann mich heute überhaupt nicht auf sein Gerede konzentrieren. Es ist, als würden seine Worte in Watte gepackt werden und bei jeder neuen Schicht würde seine Stimme immer weiter verstummen. Es klingelt plötzlich. Verwirrt blicke ich zur Uhr. Sind tatsächlich wieder 50 Minuten vergangen? Ich dachte, ich müsste noch länger hier verharren. Für heute habe ich einfach kein Zeitgefühl mehr und würde es nach mir gehen, so hätte ich meine Sachen einfach gepackt und wäre jetzt schon nach Hause gegangen. Doch noch habe meinen Kunstunterricht vor mir, welche mich alles andere als motiviert. Innerlich bemühe ich mich, mich zusammenzureißen. Immer wieder rede ich mir ein, dass alles nicht so schlimm ist, wie es den Anschein hat. Hilfreich ist es trotz allem nicht. Ich bin einfach nur angepisst und ausgelaugt. Ich möchte einfach nur meine Ruhe haben und trotzdem zwinge ich mich selbst, meine Gefühle zur Seite zu schieben. Ich knicke noch völlig ein, wenn ich mich weiterhin so gehen lasse und darauf wartet nur der Teufel höchst persönlich. Also reiß dich endlich am Riemen! Das Leben ist nun mal kein Zuckerschlecken, also finde dich damit ab! Gedanklich fordere ich mich selbst immer weiter auf, endlich mal einen Strich zu ziehen. Ich atme sogar bewusst tief durch, um dies noch zu verstärken, bis ich schließlich von ein paar Mitschülerinnen belästigt werde, die belustigt scherzen: „Na, sind wir etwa eingeschlafen? … He, nur zur Info: Dabei macht man die Augen zu und starrt nicht wie dumme Kuh auf die Uhr.“ Wie Hühner gackern sie vor lauter Lachen, ziehen aber Gott sei Dank von dannen. Dabei schwenken sie ihre Hüften, als hätten sie links und rechts ein paar Glocken umgebunden, die geläutet werden müssen. Wer ist wohl hier ´ne „blöde Kuh“? Ich rolle nur genervt mit den Augen und seufze, bis ich mich schließlich von meinen Sessel erhebe und mich mit meinen Sachen auf dem Weg zum nächsten Unterricht mache. Mein Tag scheint für heute echt zum Vergessen zu sein. Denn als ich während des Kunstunterrichts verzweifelt versuche Musik zu hören, muss ich erst lange suchen, bis ich meinen MP3-Player endlich gefunden habe und dann funktionieren die Kopfhörer nicht mehr richtig. Auf der rechten Seite höre ich ständig ein Rauschen, als wenn die Drähte im inneren nicht mehr richtig miteinander verbunden wären. So vergeht es mir richtig den entspannenden Klängen zu lauschen und einseitig hören ist auch bescheuert. Leicht knurrend reiße ich mir die Stöpsel aus den Ohren und starre wutentbrannt auf mein Bild. Irgendwie habe ich das Gefühl, als wenn heute einfach nicht mein Tag wäre. Egal wohin ich auch gehe, meine Nerven werden jedes Mal überstrapaziert. Es mag vielleicht jetzt gerade eine Kleinigkeit gewesen sein, aber für heute habe ich einfach keine Geduld mehr. So arbeite ich widerwillig an meinem Bild weiter, obwohl mir eigentlich die Lust an Malen vollkommen vergangen ist. Erzählersicht: Genüsslich schaut Lucinda immer wieder nach hinten und beobachtet Bernadette, wie diese gerade mit den Nerven kämpft. Ein bösartiges Lächeln umschmeichelt ihre mit rosa Glitzerlipgloss geschminkten Lippen und sie genießt jeden Augenblick dabei. Am liebsten wäre sie jetzt aufgestanden und zu ihrer Feindin hingegangen. Nur damit sie Bernadette noch etwas mehr provozieren kann, bis diese endgültig überschnappt. So einige Sprüche hätte sie bereits auf Lager und für die Blondine wäre das sogar der Höhepunkt des heutigen Tages, doch sie hält sich zurück. „Rache ist etwas, was man nicht nur eiskalt serviert, sondern auch langsam und in stillen Schweigen auf der Zunge zergehen lässt.“, murmelt Lucinda gehässig vor sich hin, während sie der Betroffenen mit einer boshaften Schadenfreude beobachtet. Sie konzentriert sich nicht einmal auf ihre Arbeit, die sie eigentlich tun sollte, aber das kümmert sie keines Weges. Sie hat sich noch nie wirklich Sorgen darübergemacht und gerade bei der Kunstlehrerin ist es für sie ein Leichtes, um sich aus möglichen Problemen zu winden. Doch die Blondine weiß, dass es hierbei niemals vorkommen wird, egal, was sie auch anstellen würde. Heute hat sie allerdings keine Lust auf die Kunst. Zumindest nicht jene, welche den Unterricht betreffen. Vielmehr lobt sie sich im Stillen selbst über ihr Talent, andere für ihre Zwecke zu missbrauchen. Allein der Gedanke an ihrem letzten Befehl erheitert sie. Somit nutzt sie die Zeit viel lieber mit ihren Gedanken, anstatt sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Als sie aber zwischendurch auf ihre Uhr blickt, steht sie auf und geht fünfzehn Minuten vor Unterrichtsschluss zu ihrer Lehrerin. Mit einer gespielten zuckersüßen Art kann sie die Frau umwickeln und bittet sie sie etwas früher gehen zu lassen: „Mrs. Foster, wären Sie so gütig und würden mich etwas früher gehen lassen. Ich scheine mich einfach nicht mehr konzentrieren zu können und glaube, dass mir frische Luft ganz guttun würde. Währen Sie damit einverstanden, wenn ich meine Arbeit zuhause beenden würde?“ So manch eine Lehrperson hätte in diesem Fall wohl eher „Nein“ gesagt. Doch Mrs. Foster kann ihr diese Bitte nicht abschlagen. Obwohl es, von außen betrachtet, absurd klingt, ist die Frau von Lucinda begeistert und glaubt ihr jedes einzelne Wort. So ist es auch dieses Mal, als die Lehrerin ihrer Lieblingsschülerin antwortet: „Geh ruhig, meine Liebe und frische deine Quelle deiner Kreativität und Inspiration auf. Deine Arbeit kannst du ruhig beim nächsten Mal fertig stellen.“ „Vielen Dank, Mrs. Foster.“, bedankt sich die Blondine mit einem falschen Lächeln, schnappt sich anschließend ihre Sachen und wirft Bernadette noch einen höhnischen Blick zu, ehe sie anschließend mit stolzierenden Schritten das Klassenzimmer verlässt. Draußen am Gang hallen ihre Stöckelschuhe. Jeder einzelne Schritt ist so laut, sodass man sie bis ans andere Ende des Schulgebäudes hören könnte. Immerhin ist sonst niemand in der Nähe und das lässt die Atmosphäre leicht gruselig erscheinen. Lucinda steuert ihren Weg zielgerecht auf die nächste Mädchentoilette zu. Die Tür reißt sie mit einem Schwung auf und stolziert sofort zum Spiegel, wo sie ihr Makeup-Täschchen herauskramt und zu schminken beginnt. Ihr Aussehen ist ihr nun mal sehr wichtig und dazu stets sie auch. Nie würde sie ungeschminkt das Haus verlassen. So viel ist für sie sicher. Gerade ist sie dabei, etwas Wimperntusche nachzutragen, als das Mädchen schon Besuch erhält. Die Tür geht langsam auf und Benny und Cary schauen in den Raum hinein. Sie betreten diesen aber nicht, sondern warten einfach an der Türschwelle. Mit Hilfe des Spiegels kann Lucinda ihre Besucher ansehen, ohne dabei mit dem Schminken aufzuhören. Grinsend betrachtet sie zu den beiden, die wie die Soldaten stumm an ihrer jetzigen Position verweilen und scheinbar stumm auf die nächsten Befehle warten. Keiner der beiden rührt sich auch nur einen Millimeter, bis von der Anführerin die nächste Reaktion kommt. Das Mädchen mit den langen blonden Haaren muss schmunzeln: „Endlich mal jemand, der halbwegs pünktlich ist. Es ist so schwer gutes Personal zu bekommen. … Naja, zumindest kann ich mich auf euch verlassen. Gute Arbeit übrigens.“, schmunzelt das Mädchen mit den langen blonden Haaren. Cary und Benny nicken nur und warten weiterhin. Als wenn man ihnen den Mund zugekleistert hätte, schweigen sie, bis Lucinda die beiden darauf anspricht, was genau diese heute beobachtet haben. Ohne eine Sekunde zu warten berichten die zwei, was Lucinda nur dazu verleitet höhnisch und schadenfroh zu lachen. „Selbst der Direktor hat sie eiskalt stehen lassen. Bernadette hat nicht einmal die Chance gehabt, auch nur eine Vermutung aufzustellen, wer es vielleicht gewesen sein könnte. Wie ein begossener Pudel stand sie vor ihrem Spind.“, fügt Benny hinzu, was seine „Königin“ nur umso mehr freut: „Ausgezeichnet! Ich bin einmal gespannt, wie lange das unsere Möchtegernfranzösin noch mit sich machen lässt, bis sie uns endgültig umkippt. Ich sehne mich schon nach dem Tag, an dem sie vor mir auf dem Boden kriecht und um Gnade winselt. … Ach, wie herrlich doch dieser Gedanke ist und das Beste ist, dass es ihre ehemaligen Freude sind, die ihr das antun. Wenn sie das wüsste, würde sie einfach nur im Boden versinken. Ich freue mich schon auf diesem Moment, an sie es endlich erfährt.“ Wieder muss sie kichern, doch dies wandelt sich schnell in ein lautes Lachen um, was von zwei weiteren Stimmen begleitet wird und wie ein Echo in diesem Raum verhallt. Aus Raphaels Sicht: Sehnsüchtig habe ich wieder auf die Abenddämmerung gewartet. Den ganzen Tag über war ich schon etwas ungeduldig, weswegen ich mir von meiner Familie wieder einmal etwas anhören musste. Leo ermahnte mich sogar, dass ich meinen Kopf nicht zu sehr in den Wolken stecken sollte. Als Team haben wir schließlich die Aufgabe New York zu beschützen und das weiß ich auch. Ich habe es nicht vergessen und niemals würde ich dies außen vorlassen. Allein schon dieses Gefühl, diesen Pappnasen mal ordentlich die Suppe zu versalzen, ist einfach nur prickelnd und erweckt in mir den Kampfgeist. Jede noch so kleine Prügelei ist für mich einfach etwas Amüsantes. Vielleicht sollte ich Bernadette mal bei so etwas mitnehmen. Schließlich hat sie mich noch nie bei einer Liveaktion gesehen und es wäre für sie mal etwas Anderes. Gerade weil sie in letzter Zeit hauptsächlich in ihrem Zimmer war. Wie es ihr wohl geht? Die letzten Nächte habe hauptsächliche bei meinen Einsätzen verbringen müssen. Diese Typen waren in diesem Fall nicht leicht zu erwischen, weswegen wir mehr Zeit als sonst dafür brauchten. Selbst Donnie hat zugeben müssen, dass das eine oder andere Genie unter dieser Truppe dabei sein musste. Jede noch so winzige Kleinigkeit haben sie bis ins letzte Detail vorbereitet. Als wäre diesmal jemand dabei, welcher alles überwachen und demnach gut organisiert hätte. Mich ärgert es immer noch, dass wir nur ein paar schlappe Hampelmänner erwischen konnten, aber die werden schon wiederkommen, davon bin ich felsenfest überzeugt. Bei sowas müsste mir Bernadette wirklich mal zusehen. Am liebsten hätte ich sie letzte Nacht schon dabeigehabt. Diese Aktion hätte sie in ihrem ganzen Leben nicht mehr vergessen können. Allein schon die Verfolgungsjagd war Adrenalin pur. Ich hätte es am liebsten schon getan und hätte sie zwischendurch sogar abgeholt, wenn unser Vater mich nicht dazu aufgefordert hätte, dies nicht zu tun. Schließlich darf ich keine Unschuldigen unnötig in Gefahr bringen. Dabei hätte ich doch dafür gesorgt, dass mein Mädchen aus sicherem Abstand das ganze Geschehen beobachten könnte. Mehr wäre ja nicht drin gewesen und außerdem würde ich es niemals zulassen, dass ihr etwas passiert. Ich weiß ja, dass es nicht ungefährlich ist und die meisten dieser Idioten Waffen bei sich tragen. Ich bin daher nicht bescheuert, aber was spricht schon dagegen, wenn sie etwas mehr von meinem Alltag teilhat? Wer mir jetzt mit der Ausrede „Du bringst sie damit ja nur in Gefahr“ in die Quere kommt, der kann schon mal mit meiner Donnerfaust rechnen! In diesem Punkt haben sich meine Brüder aber zum Glück eher rausgehalten. Vielmehr haben die drei gefragt, wann Bernadette mal wieder bei uns zuhause vorbeischauen würde. Die sollen ruhig warten, denn da habe ich auch noch ein Wörtchen mitzureden. Ich komme gerade bei ihr an und will schon an der Fensterscheibe klopfen, als ich merke, dass das Fenster bereits einen Spalt offensteht. Anscheinend bin ich nicht der Einzige, der die Dunkelheit schon so sehnsüchtig erwartet hat. Ein schmunzelndes Lächeln breitet sich in meinem Gesicht aus und erweckt die Freude, meine feste Freundin wieder in die Arme zu schließen, umso mehr. So drücke ich die Scheibe weiter weg, damit ich in das Zimmer einsteigen kann. Doch kaum bin ich drinnen angelangt, habe ich den Eindruck, dass irgendetwas nicht stimmt. Hier herrscht eine beklemmende Stille. Ist hier etwa jemand gestorben? Bernadette liegt kerzengerade in ihrem Bett und sieht gedankenverloren zur Decke hinauf. Ihre Arme hat sie hinter ihren Kopf verschränkt, während ihr Blick so bedrückt wirkt, als wäre heute etwas Schreckliches passiert. Meine Freude auf das Wiedersehen ist nun in den Hintergrund gedrückt. Stattdessen breitet sich in mir die Sorge aus, während ich immer noch beim Fensterbrett stehe. Bemerkt hat sich mich anscheinend noch nicht, denn sie bewegt sich keinen Millimeter und macht auch so keine Andeutungen, dass sie von meiner Anwesenheit Bescheid wüsste. Sie starrt einfach weiterhin stumm die Decke an. Um Bernadettes Aufmerksamkeit zu bekommen, klopfe ich schließlich gegen die Scheibe. Als wäre ich noch draußen und würde darauf warten, dass sie mich hereinlassen würde. Vielleicht bringt das ja was und tatsächlich, ich kann sie damit aus ihren Gedanken herausbringen. Kurz überrascht blinzelt sie, ehe sie ihr Gesicht zu mir wendet. Sie lächelt leicht, als sie mich sieht, aber dieses Lächeln wirkt so matt, sodass mein erster Gedanke, dass etwas nicht stimmt, nur bestärkt wird. Schließlich erhebt Bernadette sich von ihrem Bett und kommt gleich auf mich zu. „Hallo Raphael.“, ist das Erste, was sie zu mir sagt, während ich sie in die Arme schließe und wir uns dann zur Begrüßung einen sanften Kuss auf die Lippen drücken. Es ist irgendetwas, das spüre ich förmlich. Allein an ihrer Stimme ist es gut herauszuhören. Sie wirkt müde und auch angespannt. Was kann es aber sein? Ihrer Tante kann ich diesmal nicht den schwarzen Peter zuschieben. Diese ist ja nicht einmal zu Hause und kommt erst in Laufe der Woche. Es muss daher etwas mit der Schule zu tun haben. Wer weiß, was diese Lucinda, oder wie auch immer die heißt, schon wieder mit meinem Mädchen angestellt hat. Es muss aber etwas Größeres sein. Denn so wie Bernadette auf mich wirkt, muss sie heute einen schweren und langen Tag gehabt haben. Liebevoll streiche ich ihr sanft über die linke Wange und sie sieht zu mir hinauf. Innerlich fordere ich sie schon auf, mit mir zu reden. Mit diesen Gedanken schaue ich ihr in die Augen, aber schon vergräbt sie ihr Gesicht in meine Brust. Komm schon Bernadette! Wie soll ich dir helfen, wenn ich doch keine Ahnung habe, worum es eigentlich geht? Eine Weile verharren wir so und so sehr ich auch hoffe, dass meine Freundin von sich aus mit der Sprache rausrückt, ich warte vergebens. „Hey, alles in Ordnung? Du bist so still.“, frage ich sie schließlich und spüre, dass sich meine Ungeduld wieder bemerkbar macht. Für sowas habe ich nun mal nicht so viel Geduld. Ich bin zwar nicht das beste Beispiel dafür, was das Reden über Gefühle angeht, aber sie ist doch anders, was das betrifft. Also hoffe ich doch, dass sie doch schneller mit der Sprache herausrückt, damit ich endlich mal mehr weiß. Allein schon, wenn ich sie so sehe, regt mich das innerlich auf. Mein Mädchen ist keine von der Sorte, die eher Trübsal bläst, oder sich gar wie ein kleines Mäuschen in eine Ecke verkriecht. Vielmehr versucht sie standhaft zu bleiben, aber das kann ich gerade nicht an ihr sehen. Bernadette ist momentan viel mehr das Gegenteil davon, was ich sonst so von ihr kenne und das gefällt mir überhaupt nicht. Schließlich löst sie sich wieder von mir, lächelt sogleich und antwortet endlich auf meine Frage: „Jaja, es ist nichts. Ich … war nur in Gedanken.“ Anders, als vorhin gedacht, versucht sie ihre „Gedanken“ für sich zu behalten. Was sie da aber gesagt hat, ist gelogen. Selbst wenn ich sie nicht vorhin so seltsam in ihrem Bett gesehen hätte, so hätte ich auch so geahnt, dass sie mir nun etwas vorgaukeln will. Auf dieses „Spiel“ gehe ich aber nicht ein! „Bist du dir da sicher? Du wirkst mir nicht so, ob wirklich alles in Ordnung wäre.“, hake ich nach, aber Bernadette erwidert nur: „Ja klar bin ich mir sicher. Ich … ich hatte einfach nur einen langen Tag und bin nur am Grübeln. Das ist alles.“ „Und würdest du mich dann auch an deinen Gedanken teilhaben lassen, oder bin ich da überflüssig?“, setzte ich mit meiner Fragerei fort, aber Bernadette meint nur mit einem vorgetäuschten Kichern: „Ach, es ist nicht so wichtig. Lassen wir das einfach, ok?“ Wenn es also nicht so wichtig wäre, würde sie ja nicht ständig an Grübeln sein und so ein Gesicht ziehen. Also da stimmt doch etwas nicht! Warum sagt sie mir das nicht einfach und verheimlicht mir, was sie so sehr bekümmert? Besonders sie müsste mit den Infos als Erste herausrücken. Immerhin war sie diejenige, die mich belehrt hatte, offen über schwierige Themen zu reden. Gerade wenn es sich dabei um etwas Vertrauliches handelt und sie weiß doch, dass ich ihr zuhöre, also warum sträubt sie sich sehr dagegen? Als wenn sie gerade meine Gedanken gelesen hätte, verschränkt sie die Arme und weicht meinen Blicken aus. Ich aber lege nun beide Hände auf ihre Schultern und drehe sie so zu mir, sodass sie mich ansehen muss. „Hey, mir kannst du nichts vormachen, dafür kenne ich dich schon zu gut. … Also, was war heute wieder los?“, fordere ich sie nun ein weiteres Mal auf und Bernadette murmelt ein „Also gut.“, ehe sie mir dann seufzend ihrer Story schildert. Wenigstens ist sie nicht so störrisch wie ich, was das Verschweigen angeht. Bei mir hätte das vermutlich wieder einmal etwas länger gedauert. Denn wenn ich mal was nicht will, dann kann ich unerbittlich sein. Meine Freundin erzählt mir nun, dass ihr Spind aufgebrochen und völlig verwüstet wurde. Dabei scheint es kein Schwein zu interessieren, den Täter zu überführen und zur Rechenschaft zu ziehen. Selbst der Direktor hat sie eiskalt stehen lassen und ihr höchstens einen neuen Spind versprochen. Nur was bringt sich das?! Das heißt ja noch lange nicht, dass der-, oder diejenigen damit aufhören! Irgendwann wird wieder etwas passieren, wenn nicht herausgefunden wird, wer wirklich dahintersteckt. Bernadette in diesem Punkt Lucinda im Visier, aber sie vermutet auch, dass es jemand dies auf für diese Schnepfe ausgeführt hätte und dafür würden viele in Frage kommen. Jetzt verstehe ich, warum mein Mädchen bei meiner Ankunft in Bett gelegen und trübselig auf die Decke gestarrt hat. Bernadette hat sich vermutlich selbst gefragt, was sie jetzt machen soll. Um ehrlich zu sein, wundert es mich nicht, dass sie die ihre Schule als Irrenhaus bezeichnet. Die haben sie doch nicht mehr alle! Jedoch scheint das nicht einmal das Einzige gewesen zu sein, was meine Freundin bedrückt. Denn sie wendet sich schließlich von mir ab und geht schließlich zu ihrem Bett. Dort kniet sie sich auf dem Boden und wühlt so lange zwischen den Pfosten herum, bis sie eine kleine Kiste hervorgeholt hat und sogleich öffnet. Zwei Zettel in unterschiedlichen Farben kommen zum Vorschein. Sie sind aber beide stark zerknittert und als ich sie mir näher betrachtet, schaue Bernadette verwirrt an. Was soll dieses Krickelkrakel?! Diesen Buchstabensalat kann doch weder ein Mensch, noch ein Turtle lesen und was hat es damit auf sich?! Egal wie ich es drehe und wende, es ergibt keinen Sinn und was hat das jetzt mit ihrer Schule zu tun? Irgendwie ahne ich Schlimmes, auch wenn ich nicht die leiseste Ahnung habe, was es damit auf sich hat. „Bernadette, was ist das?“, frage ich sie und halte ihr diese Zettel hin, aber sie zögert kurz, bis sie das Wort „Drohbriefe“ murmelt. „Was?! Was zum Henker geht da vor und wer in drei Teufelsnamen schickt dir Drohbriefe?!“, keife ich nun. Mein Gebrüll gilt aber nicht ihr. Es viel mehr das Entsetzen, was aus mir herausschreit und alle Alarmglocken in mir zum Läuten bringt. Wie versteinert und aufgebracht starre ich Bernadette an, während ich meine Hände zu Fäuste balle und das Papier zugleich etwas zerdrücke. Sie hingegen, nimmt mir diese stumm wieder ab und erklärt mir anschließend, was auf den beiden Papierfetzen steht. Dabei lässt sie die Schultern sinken, als wenn sie sich dafür schämen müsste. Ich spüre förmlich, wie der Zorn sich in mir breitmacht und meinen gesamten Körper anspannen lässt. Was soll dieser Scheiß?! Was hat Bernadette getan, dass man ihr so etwas antut? Ich kapier sowieso nicht, warum sie überhaupt gemobbt wird! Mein Mädchen ist doch die liebste Person der Welt und hat niemandem etwas getan, also warum gehen alle auf sie los, als wenn sie ein Schwerverbrecher wäre?! Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich gleich morgen Früh direkt in dieses Gebäude marschieren und jeden Einzelnen eine Backpfeife verpassen, der auch nur daran denkt meinem Engel irgendetwas anzutun! Die Erste, die gleich ganz oben auf meiner Liste steht, ist dieses Miststück namens Lucinda. Auch wenn sie ein Mädchen ist und ich normalerweise keine Girls schlage, abgesehen von dieser Karai, werde dieser Wahnsinnigen einen Schrecken einjagen, sodass ihr Hören und Sehen vergeht! Nie wieder soll sie es wagen, oder auch nur daran denken, irgendjemanden zu schikanieren! Darauf kann sie Gift nehmen! Ich bin schon in Begriff, wie ein Tornado zu wüten. Manche meiner Gedanken habe ich sogar bereits aus mir herausgebrüllt und ich hätte noch lange so weitergemacht und mich über diese Schweinerei aufgeregt, hätte ich nicht zwischendurch wieder einen Blick auf Bernadette riskiert. Sie hat in der Zwischenzeit die Zettel wieder zurück in die Box geschmissen und nun steht sie beschämt mit verschränkten Armen da und schweigt. Mein Gott, wie elend sie sich gerade fühlen muss! Das geht doch echt auf keine Kuhhaut, was sie alles ertragen muss, aber warum hat sie mir nicht zumindest von der ersten Drohung erzählt! Wann war das überhaupt und warum habe ich nicht schon etwas geahnt? Dass es ihr in der Schule nicht gerade rosig geht, weiß ich ja. „Gibt es noch etwas, von dem ich nichts weiß?“, will ich noch von ihr wissen. Ich spreche dabei möglichst ruhig, aber sie schüttelt bei meiner Frage einfach nur den Kopf. Ich seufze und drücke sie nun an mich, um ihr ein bisschen Halt zu geben. Etwas Anderes kann ich momentan nicht tun. Zärtlich habe ich meine Arme um sie geschlungen. Jedoch beschäftigt mich noch etwas: „Warum hast du mir nicht schon eher was gesagt? Ich weiß doch, dass es dir in der Schule nicht besonders gut geht.“ Bernadette versucht gerade ihre Tränen zurückzuhalten und antwortet mir daher leicht schluchzend: „Weil es mir bis jetzt noch nie so schlimm ergangen ist und ich immer mit allem irgendwie fertig geworden bin.“ Mehr sagt sie nicht und es gibt auch nichts weiter zu sagen. Sie drückt sich einfach an mich und versucht ihren Frust irgendwie zu abzuwürgen. Sie will einfach nicht weinen und ich bin der Letzte, der ihr vorschreibt, was sie machen müsste und was nicht. Eine Weile ist es zwischen uns beiden ziemlich ruhig. Nachdenklich versuche ich die Sache zu verstehen und irgendwie eine Lösung dafür zu finden. Es fällt mir aber ziemlich schwer, denn das Alles ist doch wirklich idiotisch und leiden muss sie. Dafür, dass sie es eh schon schwer hat, tritt man auch noch mit Füßen auf sie ein. Ich verstehe es einfach nicht und ich würde alles für sie machen, nur damit es ihr zumindest ein bisschen besser geht. Als ich schließlich wieder zu ihr hinuntersehe, merke ich gerade, wie eine kleine Träne still an ihrer rechten Wange hinuntergleitet. Ganz hat sie dieses beschissene Gefühl wohl nicht aufhalten können. Sanft hebe ich ihr Kinn an, wische den kleinen salzigen Wassertropfen weg und versuche meine Freundin wieder aufzumuntern: „Keine Sorge, die Schnepfe kriegt schon ihr Fett ab. Das versichere ich dir.“ Meine Stimme klingt dabei so entschlossen, sodass ich ein kleines Lächeln in ihrem traurigen Gesicht erspähen kann. Zumindest das ist ihr momentan möglich. Wenn ich nur wüsste, wie ich ihr helfen könnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)