TMNT - Schicksal? von Pamuya_ ================================================================================ Kapitel 20: Ziemlich dicke Luft ------------------------------- Aus Bernadettes Sicht: Einige Tage sind vergangen, seitdem ich das erste Mal so richtig bei Raphael zu Hause war. Es war einfach schön und ich konnte viel mit ihm und den anderen lachen. Ich muss zugeben, dass ich Leo, Donnie und Mikey richtig gern habe. Sie könnten beinahe meine Brüder sein, aber vielleicht empfinde ich das nur, weil ich selbst mit Brüdern aufgewachsen bin und mich daher ziemlich gut mit ihnen verstehe. Jeder von ihnen hat etwas Eigenes an sich, was ich bereits bei den ersten Treffen und Kennenlernen mit ihnen erleben durfte. So unterschiedlich sie auch vom Charakter her sind, konnte ich dennoch spüren, wie nah sie dennoch zueinanderstehen und wie viel sie alle vier gemeinsam haben. Zudem sind sie auch keineswegs zu schade, mal den Sarkasmus rauszulassen. Es lockert das Gespräch nicht nur auf, ich bin mit ihnen irgendwie auf einer Wellenlänge. Mikey ist allerdings irgendwie am schrägsten von ihnen. Auch wenn Raphael mich vor ihm „gewarnt“ hat, muss man dennoch bei diesem Mutanten aufpassen, dass man von seinen Albernheiten nicht „überrollt“ wird. Ich weiß zwar, dass er das einfach aus Spaß meint, aber auch er sollte mal kapieren, wo die Grenzen sind. Allein schon die Sache mit den Spitznamen sollte hoffentlich geklärt sein. Ich garantiere wirklich für nichts. Sonst sieht er tatsächlich die Radieschen von unten, das schwöre ich ihm. Ich hasse Spitznamen und bei meinem Namen gibt es nun mal keine Gutklingenden! Mir reicht es schon, wenn ich von meiner Tante und auch von meiner Mutter manchmal „Bernadettchen“ gerufen werde. Das klang vielleicht noch „süß“, als ich noch ein kleines Kind war, aber jetzt passt das absolut nicht zu mir. Was soll´s. Es gibt ja noch Schlimmeres im Leben, als das. Viel wichtiger war es mir einfach, dass ich die Jungs besser kennenlernen konnte. Ich sehe sie ja nicht allzu oft, weswegen ich einfach darauf bestand. Ich liebe es zwar, mit Raphael allein durch New York zu streifen, aber die Familie ist meiner Meinung nach etwas sehr Bedeutsames und genauso sehe ich das, wenn es um Freunde geht. Schließlich ist sowas für mich wie ein zweite Familie. Besonders seitdem Leo endlich begriffen hat, dass ich keine Bedrohung bin, ist es für mich einfach ein noch größeres Anliegen geworden, sie mehr in meinem Leben teilhaben zu lassen. Ich möchte ihnen vertrauen und auch sie sollen wissen, dass man mir ebenso vertrauen kann. Seitdem ist wieder einige Zeit vergangen. Zwischendurch war ich wieder mit Raphael alleine unterwegs, wobei ich ständig das Gefühl hatte, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Allmählich wird mir das unheimlich, aber wenn ich meinen Freund mit der roten Maske darauf anspreche, wechselt er entweder das Thema, versucht mich mit irgendetwas abzulenken, oder er hat wieder diesen beklemmenden Gesichtsausdruck. Egal was ich auch anstelle, er redet nicht mit mir darüber und schön langsam fühle ich mich wie der Depp vom Dienst. Dabei habe ich mich bereits schon selbst gefragt, warum ich nicht einfach einen Strich ziehe und mit ihm mal Tacheles rede. Sein momentanes Verhalten passt nun mal nicht zu ihm. Er ist in letzter Zeit so anders geworden und dennoch gab es dann wieder Situationen, in denen er sich wiederum so zeigte, wie ich ihn kenne. Ich verstehe das nicht und ich verstehe auch mein eigenes Verhalten nicht. Bei keinem anderen bin ich so vorsichtig, wie bei ihm. Ist es etwa, weil ich mich ihm so nahe fühle? Weil wir beide doch irgendwie mehr gemeinsam haben, als was man zunächst erahnen könnte? Wenn ich so darüber nachgrüble, merke ich wieder, dass da einfach mehr ist, als nur Geborgenheit und Freundschaft. Kann es vielleicht doch sogar sein, dass … nein, das unmöglich! An das brauche ich erst gar nicht zu denken! Ich meine, … nein, das geht einfach nicht. Ich mache mich dabei nur selbst lächerlich und wer weiß wie es wirklich ist. Da würde ich nur unnötig eine Lawine ins Rollen bringen und vielleicht sogar unsere Freundschaft aufs Spiel setzen. Gerade das will ich nicht und für nichts will ich das in Gefahr bringen. Vielmehr sollte ich mir Gedanken machen, was ich jetzt mit diesem Dickschädel anstelle. Es kann ja schließlich nicht ewig so weitergehen. Ich gebe ihm aber noch eine Chance. Auch wenn es mir förmlich unter den Fingernägeln brennt, seinem merkwürdigen Verhalten auf die Schliche zu kommen, möchte ich dennoch fair sein. Vielleicht übertreibe ich ja auch damit, aber irgendetwas in mir sagt mir ständig, dass ich einfach geduldig bleiben soll. Immerhin hatte er sich ja an jenen Abend, an dem ich bei ihm zuhause war, für seine Verhältnisse ja auch „normal“ verhalten. Wenn er heute allerdings wieder so merkwürdig drauf ist, nehme ich diesmal keine Rücksicht mehr darauf, sondern verlange endlich die Wahrheit. Ich habe wirklich viel Geduld und Verständnis, aber auch bei mir gibt es Grenzen. Ich sitze gerade in meinem Zimmer und mache meine Hausaufgaben. So richtig konzentrieren kann ich mich aber nicht, denn ich bin mit den Gedanken ganz woanders. Dabei habe ich die Schreiberei schon ständig vor mich hergeschoben und ich sollte mal langsam fertig werden. Sonst hängt mir das noch ewig nach. Dennoch fällt es mir schwer, einfache Sätze zu bilden und ich schwenke meinen Blick ständig zum Lehrbuch, in der die Aufgabenstellung steht. Wie mir die Schule manchmal auf dem Geist geht. Hausaufgaben gehören verboten! Am liebsten hätte ich den gesamten Pack in den Mistkübel befördert, aber ob ich will oder nicht, diese unnötige Arbeit muss erledigt werden. So setze ich die seufzend wieder fort. Plötzlich stürmt meine Tante ohne anzuklopfen in mein Zimmer und ich drehe mich erschrocken zu ihr, wobei mir auch noch der Kugelschreiber aus den Fingern flutscht. Muss sie mich denn so erschrecken?! Ich will sie schon genervt anmeckern, dass sie nicht so einfach reinplatzen kann, aber ich komme nicht so weit. Sie überrumpelt mich einfach freudestrahlend und jubelt: „Endlich! Endlich habe ich es geschafft!“ „Was?“, kann ich nur verwirrt aus meinem Mund bringen und sie berichtet mir voller Stolz: „Ich habe endlich den langersehnten Großauftrag bekommen! Du weißt schon, darauf habe ich die ganze Zeit hingearbeitet und jetzt habe ich endlich den dicken Fisch an Land gezogen!“ Wie ein kleines Kind zur Weihnachtszeit springt sie in meinem Zimmer auf und ab, zieht mich dann auch noch vom Sessel und drückt mich fest an sich. Es geht so schnell, dass mir sogar die Luft wegbleibt, bis sie mich endlich wieder loslässt und weiter vor Freude jubelt: „Oh Bernadettchen, du glaubst ja gar nicht, wie aufgeregt ich bin! … Ich werde für diesen großen Fang gemeinsam mit einem Kollegen auf Geschäftsreise gehen! … Das ist einfach unglaublich!“ Unglaublich ist es in der Tat. Denn allein schon mit dieser Reaktion habe ich gar nicht gerechnet. Denn derweil stehe ich einfach wie eine Salzsäule an und starre sie einfach nur bekloppt an. Zwar wusste ich schon, dass meine Tante so fieberhaft auf etwas hingearbeitet hat, aber dass sie deswegen so ausflippt, ist für mich doch neu. Schließlich kenne ich sie vollkommen anders. Schließlich ist sie immer so „feminin“, aber dennoch freue ich mich für sie. Auch wenn ich erst mal mit diesem überraschten Jubel zurechtkommen muss. Damit es aber nicht heißt, ich würde mich nicht für sie freuen, frage ich sie schließlich, wann es denn bei ihr losgehen würde. Dabei versuche ich so fröhlich wie möglich zu klingen, auch wenn es mir nicht so gelingt, wie ich es gerade gerne hätte. Ich bin einfach noch zu perplex. Meine Tante achtet allerdings nicht weiter darauf, sondern erzählt mir strahlend: „Morgen geht es schon los! … Moment, habe ich denn auch alles zusammen, was ich brauche? Ich bin ja schließlich für eine Weile weg. Für eine Woche muss ich mindestens rechnen und ich muss mich beeilen. Schließlich muss ich mit allen, was ich brauche, im Büro erscheinen und dann muss ich auch noch mit James abklären, was wir auf gar keinen Fall vergessen dürfen. …“ Je mehr sie so redet, desto mehr merke ich, dass ihr Worte gar nicht mehr an mich gerichtet sind. Vielmehr spricht sie gerade mit sich selbst und ich grinse einfach schief. Es ist einfach so typisch für sie. Alles muss seine Richtigkeit haben. Dabei braucht sie sich doch gar nicht so aufgeregt sein, was ihre Reisekoffer angeht. Wenn mich nicht alles täuscht, hat Tante Tina für solche Fälle bereits alles vorbereitet, denn auf dieses Ereignis hat sie, wie gesagt, schon lange gewartet. Plötzlich hält sie inne und schaut mich gerade mit großen Augen an, als wenn ihr in diesem Moment etwas sehr Wichtiges aufgefallen wäre. „Aber das heißt ja, dass du derweilen vollkommen allein sein wirst. Deine Mutter musste ja schon so früh wieder los.“, sagt sie nun leicht bekümmert und nachdenklich zugleich. Die Freude in ihren Augen ist in binnen von Sekunden wie weggeblasen und stattdessen hat sich ihre Sorge um mich in ihr ausgebreitet. Ok, dass Mum wieder so abrupt wegmusste, gefiel mir auch nicht, aber das heißt noch lange nicht, dass ich ein kleines Kind bin und einen Babysitter brauche, oder will sie das jetzt irgendwie andeuten?! Ich spüre, wie sich die Wut über das „alltägliche“ Thema sich wieder einmal in mir ausbreitet und es fällt mir gerade schwer, nicht auszuflippen. Ich bin schließlich sechszehn Jahre alt und kann auf mich selber aufpassen! Eine Woche allein im Haus zu sein ist doch kein Weltuntergang, oder?! Zwanghaft versuche ich zu lächeln und sie zu beruhigen. Es bringt sich nun mal nichts, sich darüber aufzuregen. Denn diese Diskussion hatten wir beide schon zu oft und ein weiterer Streit ist einfach unnötig. Ich muss ihr stattdessen zeigen, dass ich auch anders sein kann: „Es ist wirklich kein Problem Tante Tina. Du kannst ruhig deinen Auftrag erledigen. Ich kriege das bis dahin schon hin.“ „Und du kommst wirklich zurecht?“, fragt meine Tante allerdings nach und ich hätte sie so gerne angebrüllt. Denn wofür verdammt noch mal hält sie mich?! Tiefeinatmend bemühe ich mich ihr das zu bestätigen und füge noch hinzu: „Mit Sicherheit und sehe es mal so: Ich kann dir so zeigen, dass du mir ruhig mehr vertrauen kannst. Ich bin alt genug, um einige Zeit allein zu sein. Also mach dir keine Sorgen.“ Jedes gesagte Wort kommt mir gerade so sinnlos vor, weil es eigentlich bereits eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Noch dazu merke ich wieder, dass Tante Tina die Sache überhaupt nicht gefällt. Allerdings erwidert sie nichts dazu. Sie soll doch endlich einmal ihre Scheuklappen ablegen und ihren Dickkopf abschalten! Ist denn das so schwer?! Schwer seufzend stimmt sie meinem Vorschlag doch zu und kramt anschließend in der Tasche ihres Hosenanzuges herum, ehe sie mir meinen Schlüsselbund zurückgibt, den sie normalerweise nach jedem Eintreffen von der Schule einkassiert. Ich wage es nicht, irgendein Kommentar abzugeben, auch wenn es mir bereits sehr auf meiner Zunge brennt. Als müsste ich aufpassen, dass sie ihren Entschluss im nächsten Moment doch noch widerrufen könnte und ich dann wie ein begossener Pudel dastehe. Meine Tante muss jetzt endlich begreifen, dass ich schon lange auf mich selbst aufpassen kann. Selbst wenn das heißt, dass ich ihr ein für alle Mal den Beweis dafür liefere. Es muss endlich aufhören! Zaghaft lächelt sie und ich schaue sie mit entschlossenen Augen an. Mit einem Nicken, der unseren „Pakt“ „besiegelt“, verlässt sie schließlich mein Zimmer und ich kann endlich aufatmen. Was man nicht alles für seine Freiheit tun muss, aber es ist geschafft, hoffentlich. Die Nacht bricht herein und als ich aus dem Fenster sehe, merke ich, wie einige Wolken aufziehen. Da braut sich wohl was zusammen. Zum Glück bin ich später bei Raphael zu Hause. So kann es mir egal sein, ob es regnet oder nicht und solange wir noch im Trockenen sind, wenn er mich abholen kommt, wird es auch halb so schlimm werden. Gerade als ich an ihn denke, muss ich lächeln. Es kommt ganz einfach von allein und als wenn ich ihn bereits schon herbestellt hätte, erscheint er plötzlich wie aus heiterem Himmel vor meinem Fenster. Kurz zucke ich etwas zusammen, da er mich wieder einmal überrascht hat. Allerdings ist dies keine Seltenheit, weswegen ich mich schon etwas daran gewöhnt habe und mich schnell wieder beruhigen kann. Es ist einfach typisch Raphael. „Schon Angst gehabt, das Taxi zu verpassen?“, ist das Erste was er mich als Begrüßung fragt, während er mich dabei etwas schelmisch angrinst und ich kichere kurz: „Tja, wenn man danach immer Ausschau halten muss.“ Und da haben wir wieder unseren Sarkasmus, den ich auf gar keinen Fall missen möchte. Ohne ihn wäre es ja langweilig. Meine Tante ist bereits früh zu Bett gegangen. Es ist schon erstaunlich, was eine positive Stimmung so alles bei ihr bewirken kann. Denn wie ein kleines Kind, welches bereits ungeduldig auf den Weihnachtsmorgen, bzw. auf die Geschenke wartet, hat sie sich schon ziemlich früh zu Bett begeben. Für mich ist es nur ein Vorteil. Denn so weiß ich, dass sie schläft und ich nun seelenruhig abhauen kann, ohne dass sie irgendetwas davon bemerkt. Vermutlich ist Tante Tina bereits tief im Schlummerland angelangt und ich brauche mir keine großen Sorgen zu machen, dass irgendetwas schiefgehen könnte. So lasse ich mich einfach in Raphaels Armen fallen und genieße es, dass er mit mir wieder über die Dächer springt, nachdem wir mein Zuhause kurz darauf hinter uns gelassen haben. Gemütlich habe ich mein Gesicht an seine linke Brust geschmiegt, wodurch ich seinen Herzschlag deutlich spüren kann. Ich bin einfach gerne bei ihm. Doch seltsamerweise klingt sein Puls so anders. Ich weiß auch nicht, es macht mich einfach stutzig. Als wenn er gerade wegen irgendetwas beunruhigt wäre, aber als ich zu ihm hinaufschaue, ist nichts davon zu merken. Er lächelt sogar, oder ist das einfach nur gut geschauspielert? Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein und das seltsame Pochen hat einfach mit dem Adrenalinstoß während der ganzen Springerei zu tun. Andererseits ist er schon eine Weile schon so komisch und ich meine nicht die humorvolle Art. Er ist kaum in meiner Nähe und schon bereitet sich in mir die Sorgen wegen ihm aus. Es ist beinahe schon so, als warte das Schicksal nur darauf, dass ich endlich mal darauf reagiere, anstatt nur abzuwarten. Ich bin wohl schon paranoid geworden und male schon wieder den Teufel an die Wand. Denn eigentlich ist noch gar nichts Großartiges passiert, bei dem ich wirklich stutzig werden sollte und dennoch kann ich gerade dieses Gefühl nicht so einfach abschütteln. Es scheint an mir zu kleben wie Honig. Ob ich doch etwas zu ihm sagen sollte? Nur das würde sich nichts bringen. Allein schon die Tatsache, dass er das sofort abstreiten würde, hätte das null Sinn und der Abend wäre schon gelaufen, bevor er noch richtig angefangen hat. Nein, ich lasse es lieber. Mit dieser Aufforderung an mich selbst lasse ich mich wieder in meiner vorigen Position fallen und warte darauf, dass wir endlich unser Ziel erreichen. Noch eine Weile denke ich darüber nach, bis ich schließlich davon abgelenkt werde, dass Raphael mich kurz absetzt, ehe er den nächsten Gullideckel öffnet und mit mir gemeinsam nach unten verschwindet. Ich kann mich aber nicht wirklich an den Geruch hier unten gewöhnen. Meine Nase ist förmlich beleidigt von dem Regenbogen an Gerüchen und vermutlich wird er es noch sein, wenn ich wieder zuhause bin. Die Kanalisation ist nun mal nicht gerade das Hygienischste und an manchen Stellen scheint es besonders bestialisch zu stinken. Daher bin erleichtert, als wir endlich ankommen. Denn bei den Jungs zu Hause ist es nicht so schlimm. Wenn es bei ihnen riecht, dann eher nach Pizza, Metall, oder nach etwas ganz Anderem, was ich allerdings nicht ganz genau definieren kann. Fakt ist, dass es sich bei ihnen noch besser aushalten lässt, als im Rest der Kanalisation und das ist auch gut so. Sonst kann ich vermutlich gar nichts mehr riechen. Als ich gerade mit Raphael eintreffe, höre ich von Weitem knackende Geräusche, die wie das Poppen von Popcorn klingen und ich habe Recht. Donnie kommt nach wenigen Sekunden mit einer vollen Schüssel aus der Küche, wobei Mikey ihn direkt verfolgt und ihm schließlich das Ding aus der Hand reißt. Wie ein hungriges Raubtier, welches sich über seiner Beute hermacht, greift er in den Haufen Popcorn und stopft es sich sogleich in den Mund. Der Überrumpelte allerdings protestiert sofort: „Jetzt warte mal du Vielfraß! Wenn du gleich alles verschlingst, kannst du deinen Arsch gleich in Richtung Küche begeben und Neues machen!“ Mikey allerdings zuckt nur mit den Achseln, während er sich gleich die nächste Portion gönnt. Ich dagegen wende mich dem Genie der Brüder zu und frage ihn lachend: „Na, was habt ihr denn vor? Filmabend, oder so?“ „Hey Bernadette! Habe mich schon gefragt, wann ihr beide endlich mal hier eintrudelt.“, begrüßt er mich schon, nachdem er mich gehört hat und vergisst für einen Augenblick seinen Ärger. Dabei hat er meine Frage wohl auch vergessen, oder einfach nur überhört. Natürlich folgt Mikey seinem Beispiel, wobei er mich gleich wieder fest umarmt, ohne dabei die Schüssel mit dem Popcorn fallen zu lassen. Dafür braucht er nur einen Arm, aber dieser reicht mir schon. Seine Umarmungen sind zwar immer liebevoll gemeint, aber auch oft mit diesem starken Druck verbunden. Der Typ ist nun mal Kapitel für sich, aber ich mag ihn und seine Art ist nun mal typisch für ihn, Mikey halt. Wie ich aber bereits richtig vermutet habe, sind die Brüder dabei, sich eine DVD reinzuziehen. Leo ist derweil mit dem Fernseher beschäftigt. Daher hat er mich erst spät bemerkt und dennoch gesellt er sich schließlich zu uns. Seltsamer Weise ist Raphael neben mir wieder einmal ziemlich ruhig geworden, wobei ich glaube, ein kurzes Knurren von ihm vernommen zu haben. Sicher bin ich mir allerdings nicht. Ob sich die vier wieder einmal gestritten haben? Wäre immerhin nicht unüblich zwischen Geschwistern und vielleicht würde dies seine bisherige seltsame Art erklären und es ist heute nicht wirklich was Schlimmes dabei. Am besten ist es aber, wenn ich mich nicht einmische. Mich geht es in Grunde auch nichts an, aber das ist ehrlich gesagt nicht der eigentliche Grund für meine Entscheidung. Ich will jetzt einfach nicht schon wieder den Teufel an die Wand malen oder unnötig einen weiteren Streit heraufbeschwören. So wie ich das Gefühl habe, spüre ich eine gewisse Spannung in der Luft und jeder kleinste Funke könnte sich in eine Katastrophe verwandeln. Ich versuche aber nicht so pessimistisch zu sein, denn vielleicht irre ich mich ja und es ist ganz anders, als das es den Schein hat. Stattdessen widme ich meine Aufmerksamkeit wieder den Brüdern zu, die gerade über den Film sprechen, als Meister Splinter sich ebenfalls zu uns gesellt. Respektvoll verneige ich mich vor ihm, was auch er bis jetzt immer bei mir gemacht hat. Scheint wohl so eine Art japanische Tradition, beziehungsweise eine Begrüßung zu sein oder so. Allerdings habe ich nicht den blassesten Schimmer, ob dies wirklich zutrifft. Ich dachte auch immer, dass sie alle so wie New Yorker sind. Dass sie vielleicht japanische Wurzeln haben könnten, kann ich mir einfach nicht vorstellen, aber vielleicht haben meine Mutantenfreunde einfach nur von denen etwas angeeignet, sowie es auch mit der Kampfkunst ist. – Sozusagen das komplette Set Aus Raphaels Sicht: Unruhig und sogar völlig angespannt stehe ich da und blicke in die Runde. Dass ich heute mit Bernadette wieder hier unten bin, ist natürlich nicht auf meinem Mist gewachsen. Was hätte ich aber auch zu ihr sagen sollen? Etwa, dass mir das überhaupt nicht passt und ich mich lieber mit ihr wieder verdünnisieren will? Sie hätte da wohl eher nachgefragt, warum mir das sowas von gar nicht in den Kram passt und eine Begründung dafür hätte ich wohl kaum sofort für sie parat gehabt. Denn ich weiß es selbst nicht einmal. Immerhin komme ich schon seit Ewigkeiten mit meinen Brüdern hier unten klar. Wenn man davon absieht, dass ich damals bereits keine große Wahl gehabt habe. Nicht selten hatte ich mit ihnen bereits so manche Streitereien gehabt, aber andererseits sind sie meine Familie und es gibt nicht nur Schlechtes. Vom Alltag angefangen, über die Trainingseinheiten, bis hin zu unseren Kämpfen an der Oberfläche haben wir schon so manches erlebt, die ich einfach nicht missen möchte. Auch wenn es mal Phasen gab, an denen ich mich am liebsten aus dem Staub gemacht hätte und diese kamen nicht selten vor. Was allerdings Bernadette angeht, könnte ich heute wieder einmal aus der Haut fahren! Sie gehört nun mal zu mir und würde sie nicht mein Leben besser verstehen und mehr mit meiner Familie zu tun haben wollen, so wäre ich jetzt nicht schon wieder so angespannt. Bereits als ich Bernadette abgeholt habe, hat es bereits in mir gewurmt. Mir bleibt aber nichts Anderes übrig, als es einfach hinter mir zu bringen. Sonst würde ich mit noch mehr Fragen bombardiert werden. Denn schon die ganze Zeit werden mir Löcher in den Bauch gefragt und diese kommen von allen Seiten. Auch wenn meine Brüder mich an manchen Tagen mehr in Ruhe lassen, habe ich dennoch ihre Blicke im Nacken gespürt. Als würden mich ihre Augen überall verfolgen, egal was ich auch tue. Wie lange wird das noch so weitergehen, bis sie mal gerafft haben, dass es sie absolut nichts angeht?! Selbst wenn sie sich auf dem Kopf stellen, wird sich nicht daran ändern! Sie sollten sich besser über eigenen Probleme scheren! So gern hätte ich gerade wieder Luft gemacht, damit dieser Druck endlich aus mir raus ist. Doch stattdessen schweige ich einfach weiter und lasse meinen Blick zwischendurch auch wieder zu Bernadette schweifen. Innerlich flehe ich sie an, dass sie es sich doch anders überlegt. Vielleicht würden wir zumindest nur kurz bleiben, bis sie doch wieder zurück nach oben will. Diesen Wunsch hätte ich ihr sofort und ohne irgendwelche Fragen erfüllt. Jedoch bleibt es mehr mein stiller Wunschtraum. Sie amüsiert sich einfach mit meinen Brüdern, während ich nicht einmal ein Wort aus meinem Mund bringe. Leo hat sich inzwischen wieder auf die Couch gepflanzt und greift nach der Fernbedienung. Er ruft uns zu sich, was meine Brüder sich nicht zweimal sagen lassen. Dabei nimmt Donnie Bernadette an der Hand und zieht sie mit sich, worauf ich ihnen nur entgeistert hinterhersehe. Jetzt auch noch er! Reicht denn Mikey mit seiner Möchtegern-Flirterei nicht?! Die gehen mir jetzt schon sowas von auf dem Senkel und dabei sind Bernadette und ich erst seit ein paar Minuten hier. Das ist doch zum Aus-der-Haut-fahren! Nur mit Mühe kann ich es mir verkneifen, mich nicht zu beschweren und meinem Bruder sogar anzukeifen. Stattdessen folge ich den anderen und lasse mich bei der Couch schwerfällig fallen. Durchatmen Raphi, das überstehst du schon irgendwie. An den anderen Nächten hat es ja auch geklappt. Unser Sensei hat bis jetzt nichts gesagt. Er hat sich einfach stumm in seinem Sessel gesetzt, nachdem er Bernadette begrüßt hatte. Dabei sieht mich Dad mit so einem komischen Blick an und ich habe sogar das Gefühl, als könnte mich dieser Blick beinahe durchbohren. Es ist allerdings nicht so einer wie bei meinen Brüdern. Sein Gesichtsausdruck wirkt eher fragend und zugleich auch besorgt. Genervt davon schaue ich weg. Ich habe keine Ahnung, was der alte Herr jetzt wieder von mir will und ich will es auch nicht wissen! Gerade jetzt habe ich keinen Nerv dafür. Ich habe momentan andere Probleme, um die ich mich erst einmal kümmern muss. So wie ich gerade mit mir selbst beschäftigt bin, habe ich nicht mitbekommen, wie sich einer meiner Brüder hinter mich geschlichen hat und hinter der Couch nun auf einen passenden Moment wartet. Plötzlich spüre ich, wie Mikey nun von hinten seine Finger an meine Mundwinkel legt und diese leicht nach oben zieht. Dabei lacht er so dämlich, dass man einfach ausrasten muss: „Hey, du trübe Tasse! Jetzt lächle doch endlich einmal und starre nicht so trübsinnig in die Leere! Bei dir glaubt man ja schon, dass wer gestorben ist.“ Grummelnd reiße ich seine Hände von mir weg, springe auf, dreh mich zu ihm und schnauze ihn an: „Gib deine verdammten Griffel weg! Und wer ist hier trübsinnig?! Du spinnst wohl!“ „Na bei deinem Blick musste man das wohl glauben.“, scherzt er weiter und geht schon mal sicherheitshalber in Deckung, während er noch hinzufügt: „Hey jetzt komm wieder runter Bro. Du musst ja nicht gleich wieder die Bude abfackeln.“ Während er so „unschuldig“ grinst und seine Abwehrhaltung einnimmt, drohe ich ihn schon mit der Faust. „Ach lass ihn Mikey. Soll er doch …“, fängt Leo auf einmal an sich einzumischen und unseren Bruder in Schutz zu nehmen, aber ich breche ihn mitten im Satz ab: „Und was?! Spiel ich für dich wieder der Miesepeter?! Sag es doch, wenn du dich traust!“ Ich kann mich nicht mehr halten. Die ganze Zeit habe ich es versucht, meinen Zorn irgendwie unter Kontrolle zu halten, aber sie mussten es ja so weit kommen lassen. Zuerst kommt Mikey mit seinen bescheuerten Kindereien und dann drängt sich auch noch mein Bruder mit der blauen Maske auf! Was mischt er sich auch schon wieder ein?! Kann er sich nicht einmal in seinem Leben aus etwas raushalten?! „Führ dich jetzt bitte nicht schon wieder so auf, wie die Axt im Wald.“, meint Leo auf einmal ernst und ignoriert völlig meine Frage, während auch er sich von seinem Platz erhebt. Dabei geht er in einer leichten Abwehrstellung, als wenn er nur darauf warten würde, dass ich ihn jetzt anspringe und das kann er auch meinetwegen haben. Sein Anführer-Getue kann er sich sonst wo hinstecken, ich lasse mir das nicht gefallen! Wütend habe ich beide Hände zu Fäuste geballt und beuge mich dabei etwas leicht nach vorne, wodurch ich noch größer wirke, als was ich ohnehin schon bin. Das scheint Leo aber überhaupt nicht zu beeindrucken. Er zuckt nicht einmal mit seinen Augen, so steif ist momentan sein Gesicht. Mit einem starren und entschlossenen Blick sieht er mich an und weicht keinen Schritt zurück. „Jungs, hört auf, das bringt sich doch nichts, sich wegen nichts in die Haare zu kriegen.“, fordert Donnie uns beide auf und zwängt sich sogar zwischen uns. Vermutlich hofft er, dass ich mich dadurch abhalten lasse, aber da hat sich unser Genie leider getäuscht. Mit einer flachen Hand schiebe ich ihn zur Seite, wobei ich etwas Druck anwenden muss, damit sich Donnie endlich von der Stelle rührt. Ihm passt das überhaupt nicht, aber mir ist das ganz egal. Stattdessen gehe ich weiter auf Leo zu und stoße ihn mit beiden Händen von mir weg. Ein Stück taumelt er zurück, behält aber das Gleichgewicht. Ich warte nur darauf, dass er nun zum Gegenschlag ausholt, aber der feine Herr tut nichts. Stattdessen sieht er mich einfach grimmig an, was meine Wut in mir nur stärker brodeln lässt. Große Klappe und nichts dahinter! Typisch für ihn! Immer weiter stoße ich ihn ruckartig zurück und schimpfe dabei, bis er schließlich nicht mehr zurückweicht, sondern zum Gegenangriff übergeht. „Hey jetzt beruhigt euch mal! Was geht hier eigentlich ab?!“, meldet sich auch Mikey zu Wort, der bis jetzt eher geschwiegen und das Szenario beobachtet hat. Der sollte seine Klappe lieber nicht so aufreißen. Das von vorhin habe ich nicht vergessen und er kann sicher sein, dass das noch ein Nachspiel haben wird! Dabei drängt sich mein Bruder zwischen mir und Leo und stoßt mich ein Stück zurück. Das hat er jetzt nicht wirklich gewagt, oder? Knurrend wechselt meine Wut auf Mikey, wobei ich aber Leo und Donnie nicht aus den Augen lasse. „Jetzt komm endlich mal wieder runter Raphi! Spinnst du jetzt völlig?!“, schimpft dieser mit mir und sieht mich dementsprechend an, was ich von Mikey nicht gewohnt bin. Sonst ist er stets derjenige, der versucht mit Witz und Blödheiten die Sache zu kitten. Dass er sich mir nun in den Weg stellt, ist überhaupt nicht seine Art. Was plustert der sich auch auf?! Der sollte sich lieber verkrümeln, bevor er meine Faust zu spüren bekommt! Mit einem lauten Knurren laufe ich auf meine Brüder zu und will schon einen nach dem anderen verprügeln, als ein Schrei mich stoppt und aufhorchen lässt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)