TMNT - Schicksal? von Pamuya_ ================================================================================ Kapitel 16: Die erste Warnung ----------------------------- Aus Bernadettes Sicht: Etwas müde schlürfe ich durch den Gang des Schulgebäudes. Leider ist das Wochenende schon wieder vorbei. Am liebsten hätte ich noch gerne mindestens zwei weitere Tage drangehängt, wenn nicht schon eine Woche. Denn so richtig erholen, konnte ich mich nicht wirklich. Mom dagegen konnte sich mit Tante Tina seelenruhig entspannen. Vermutlich hat einer dieser Massagen, oder die Sauna bei ihr Wunder bewirkt. Denn als ich sie gestern wiedersah, strahlte sie übers ganze Gesicht. Ob sie allerdings die Begegnung mit Leo vergessen hat? Ein wenig zweifle ich noch daran. Schließlich war sie am Freitag mehr als nur übel drauf, aber so lange sie jetzt so gechillt ist, brauche ich mir wohl keine Sorgen zu machen. Noch dazu hat weder sie, noch meine Tante von meinem heimlichen Ausflug etwas mitbekommen. Bei der Frage, was ich so gemacht hätte, behauptete ich einfach, dass ich entweder für die Schule gelernt, oder einfach nur gechillt hätte. Wenn sie wüssten, dass ich bei meinen heimlichen Freuden in der Kanalisation war, würden die glatt durchdrehen. Den Samstag hatte ich glücklicherweise für mich und am Abend konnte ich endlich wieder mit Raphael reden. Obgleich mir dieses eine Thema noch immer irgendwie im Magen liegt. Ich weiß zwar bis jetzt noch nicht so richtig, wieso er das ganze Theater veranstaltet hatte, aber ich wollte einfach nicht länger darauf rumreiten, geschweige mit ihm darüber streiten. Als ich ihn endlich sah, freute ich mich einfach. Denn er ist mir in den letzten Nächten einfach abgegangen. Seine fehlende Gesellschaft machte sie einfach leer, weswegen ich einfach nur glücklich war, als ich hinter seiner Zimmertür sein verdutztes Gesicht entdeckte. Dass ich plötzlich in seinem Zuhause aufkreuzen würde, hatte ihm vollkommen die Sprache verschlagen, aber dass er sich ebenso freute wie ich, war deutlich von seinem Gesicht abzulesen. Wozu also dieses dumme Theater? Er ist schon irgendwie ein komischer Kerl und auch jetzt noch frage ich mich, was in diesem Dickschädel so alles vor sich geht. Gerade Männer sind da irgendwie eigen. Da sind meine Brüder wohl nicht viel anders und da heißt es, dass wir Frauen das anstrengende Geschlecht sind. – Von wegen! Manchmal denke ich, dass die Männer wohl eher von einem anderen Planeten stammen, aber was soll´s. Auch wenn unser Gespräch am Anfang irgendwie umständlich verlief, weiß ich zumindest einige Dinge besser und dass es schlicht und einfach nur ein Missverständnis war. Manches verstehe ich allerdings noch immer nicht so ganz. Das ist genau der Grund, warum ich noch immer etwas darüber nachgrüble, aber andererseits bringt es sich nichts, sich noch länger darüber den Kopf zu zerbrechen. Viel wichtiger ist es mir, dass ich mir solch ein Theater nicht noch öfters antun will. Den erlebe ich nämlich bereits in meinen eigenen vier Wänden und das reicht mir. Somit ist für mich die Sache mehr oder minder abgehakt und ich konnte noch eine schöne Nacht bei den Jungs verbringen. Der Sonntag sah allerdings wieder etwas anders für mich aus. Nicht, dass ich mich wieder einmal mit Zoff und dergleichen auseinandersetzen musste, aber wenn sowohl meine Mom, als auch meine Tante die Zeit mit mir verbringen wollen, dann muss man seine Kraftreserven ausschöpfen. Zumal mir Tante Tina wieder mit ihrem Rosa-Fimmel auf dem Wecker ging und ich zumindest eines ihrer „Kollektion“ anziehen musste. Nur damit meine Mutter mal ein Bild davon bekam und sich auch darüber freuen konnte. Solange wurde diskutiert und gefeilscht, bis wir uns alle einig waren, dass es nur bei diesem einen Kleidungsstück blieb. Darauf bestand ich einfach, ansonsten wäre vermutlich der nächste Krieg ausgebrochen und dieser wäre diesmal von mir aus gegangen. Jedoch bin ich froh, dass ich endlich einmal nicht mit Vorwürfen und mit den sonstigen Problemthemen bombardiert wurde. Wäre es so gewesen, hätte ich mich einfach wieder in mein Zimmer verbarrikadiert und auf Sturschädel umgeschaltet. Dafür bekam ich etwas zu hören, was weit mehr interessanter für mich war und auch mal nicht mit mir zu tun hatte. Mom erzählte mir von ihren Reisen und welche Orte sie in den letzten Monaten gesehen hatte. Als ich sie das letzte Mal sah, war das, glaube ich, vor etwa vier Monaten. Da hatte sie allerhand erlebt und sogar aufgezeichnet. Sowohl Fotos, als auch kurze Filme bekam ich zu sehen. Eines davon war Peking. An diesem Ort besuchte meine Mutter einige Kulturhäuser, sowie auch den einen oder anderen Tempel. Im südlichen Teil der äußeren Stadt sah sie sich Tiantan, oder auch Himmelstempel genannt, näher an. Wenn ich so über die einzelnen Bilder wandere, so beneide ich meine Mom. Denn ich möchte ebenfalls reisen, die Welt ansehen und so manches entdecken, was ich einfach zuvor noch nicht kannte. Jedoch stecke ich mit meinen sechzehn Jahren hier fest und so lange ich kein eigenes Geld habe, kann ich nur weiterhin davon träumen. Allerdings, wer weiß, was noch kommt? Immerhin habe ich nie in meinem Leben damit gerechnet, jemanden wie Raphael und seine Familie kennen zu lernen. Das kann wohl niemand von sich behaupten, daher kann noch einiges auf mich zukommen. Ich bleibe da optimistisch. Ich bin gerade tief in meinen Gedanken versunken und lasse mir das Wochenende noch einmal durch den Kopf gehen. Allein für die paar Tage habe ich wieder einiges erlebt und mir war nicht langweilig. Egal ob es bei mir zuhause war, oder bei meinen heimlichen Freunden. Irgendwie muss ich sogar grinsen, während ich an Raphael denke. Es tat einfach gut, wieder eine gemeinsame Zeit mit ihm zu verbringen und am liebsten hätte ich noch weiter darüber nachgedacht, als ich plötzlich jemanden angerempelt habe. „Entschuldigung, ich war gerade …“, will ich in diesem Moment erschrocken sagen, als ich aufblicke und erkenne, wer da eigentlich vor mir steht. Denn es ist Madison, eine der fünf Verräter und gerade sie wagt es, mir unter die Augen zu treten! So ist es auch nicht verwunderlich, dass mir der Rest der Entschuldigung förmlich im Hals stecken bleibt und der Groll sich stattdessen in mir breitmacht. Die hat mir gerade noch gefehlt! Gerade, wo ich mal meinen Frieden gehabt habe und den auch eigentlich genießen wollte. Wer kommt jetzt noch?! Ist der Rest der Bande auch noch in der Nähe?! Muss ich ihnen wieder klarmachen, wer eigentlich an meinem Unglück schuld ist, oder bleibt es bei einen dieser Überläufer?! Mit großen blauen Augen steht das Mädchen mit den schulterlangen schwarzen Haaren vor mir und sieht mich vorwurfsvoll an. Ich glaube aber kaum, dass sie jetzt das Recht hat, mich so anzuglotzen, denn immerhin ist sie es gewesen, die mich wegen Lucinda einfach im Stich gelassen hat. So wie es auch bei den Anderen der Fall war. Zusammen sind sie nichts weiter, als ein hohler Abschaum, die es eigentlich nur verdient hätten, wenn Albträume, oder Sonstiges sie bis aufs Blut quälen. Doch wer hier wieder gequält wird, bin leider ich. „Sag mal, bist du noch zu retten?!“, fragt sich mich schon leicht hysterisch und aufgebracht, während sie dabei mehrere Male kurz an ihre Stirn tatscht. Als wolle sie mir damit noch mehr verdeutlichen, dass ich nicht mehr alle beisammenhätte. Allerdings habe ich im ersten Augenblick keine Ahnung, wovon Madison eigentlich redet. Was soll ich ihrer Meinung nach, denn schon getan haben? Das kann jetzt wohl kaum mit dem Zusammenprall zusammenhängen, oder? Andererseits, warum sollte mich das überhaupt kümmern? Es ist einfach nur das Geschwätz einer Verräterin, die es nicht einmal verdient hat, dass ich mich mit ihr überhaupt abgebe und wenn sie bis heute noch nicht kapiert hat, dass sie auf der falschen Seite steht, dann ist wohl sie nicht mehr zu retten. „Halt´s Maul und lass mich durch.“, murmle ich einfach mit einem boshaften Ton, während ich den Blickkontakt zu ihr meide. Ich will schon mit erhobenem Haupt an ihr vorbeigehen, aber sie wagt es tatsächlich, mich zurückzuhalten und spricht mich auch noch wegen voriger Woche an: „Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?! Wieso hast du sie wegen diesem blöden Test nicht einfach abschreiben lassen?!“ Ach so, daher weht also der Wind, aber was geht sie das an? Das ist immerhin eine Sache zwischen mir und der Möchtegernkönigin, oder wurde sie etwa höchstpersönlich von ihr geschickt, damit ich mich ja auf meine nächste Tortur bereitmachen kann? Sie soll nur kommen, denn ich habe mir nichts vorzuwerfen! Ich habe richtig gehandelt und bin mir selbst treu geblieben! Dass die Bitch das nicht wahrhaben wollte, ist nicht mein Kaffee! Daher: Pech gehabt! „Was mischt du dich überhaupt ein?! Das geht dich einen feuchten Dreck an und jetzt scher dich zum Teufel!“, gifte ich sie zornig an und reiße mich dabei von ihrem Griff los. Allerdings weigert sie sich und lässt mir keine Ruhe. Stattdessen werde ich von ihr an den Schultern gepackt und nun von ihr angeschrien: „Mensch, Bernadette! Du weißt ja nicht, was du da getan hast! Du hast nun endgültig eine Lawine ins Rollen gebracht! … Geh lieber zu ihr und versuche es wieder gut zu machen. Entschuldige dich, sie wird dich sonst endgültig fertigmachen! Du wirst keinen weiteren Tag an dieser Schule überstehen! Glaub mir!“ „Ich glaube wohl eher, du bist nicht ganz dicht?! Wofür sollte ich mich überhaupt entschuldigen?! Wenn sie nicht lernt, ist das nicht mein Problem! Wie komme ich dazu, ihr den Hintern zu retten und meinen Hals dafür zu riskieren?! Soll sie sich doch selbst um ihren Scheiß kümmern, dafür hat sie ja doch ihre Meute! Wozu braucht sie da also mich?!“, kontere ich und ich spüre förmlich, wie mein Zorn immer weiter anwächst. Nichts weiter als Verachtung habe ich für diese Tussi übrig und das gilt sowohl für Madison, als auch für diese Teufelsbrut. „Du hast wohl wirklich keine Ahnung, was du da angerichtet hast.“, wiederholt sie sich und ist dabei fassungslos, aber das bewirkt bei mir nur, dass ich sie nur weiteranschreie und sie mit ihrem Verrat konfrontiere: „Was kümmert es dich überhaupt! Gerade du Verräter solltest besser aufpassen, was du sagst! Denn wer hier etwas falschgemacht hat, bist nämlich du! Hättest du nur an meiner Seite gestanden, als ich dich und auch die Anderen am meisten gebraucht habe, aber ihr alle habt mich wie eine heiße Kartoffel fallen lassen. Allein nur wegen ihr!“ „Ja aber …“, versucht Madison mir zu wiedersprechen, aber ich bin noch lange nicht fertig mit ihr: „Nichts aber! Dir ist es doch bis heute egal gewesen, ob ich fertiggemacht werde, oder nicht! Warum kommst du mir jetzt auf einmal damit?! … Immer wieder habe ich dich aufgesucht, dich um Hilfe angefleht und versucht unsere Freundschaft zu retten! Und was hast du gemacht?! Du hast mich gemieden wie die Pest und dabei zugesehen, wie ich zu Boden gestampft werde, wenn du nicht sogar selbst Hand angelegt hast! … Nein … Darauf kann ich nun wirklich verzichten!“ Ich weiß, dass mein Leben die Hölle ist. Lucinda hat dies ja bereits Tag für Tag unter Beweis gestellt und mich das auf verschiedenster Art und Weise spüren lassen. Glaubt sie etwa wirklich, ich bin bescheuert und habe das die ganze Zeit nicht mitbekommen?! Wie dumm muss man dabei sein? Die hat doch wirklich jeden Funken Verstand und den Blick zur Realität verloren! Sonst hätte sie schon längst mitbekommen müssen, wie sehr mich das belastet. Ich habe meine Freunde verloren, muss allmöglichen Schikanen über mich ergehen lassen, werde bedroht und trotz allem kämpfe ich weiter! Weil ich einfach ich sein will und niemandem wie ein Schoßhündchen hinterherdackeln, geschweige alles nachplappern möchte. Mein Stolz ist einfach noch das Einzige, was ich von meiner Vergangenheit habe und das lasse ich mir von niemandem nehmen! Egal ob es nun Madison ist, oder Lucinda höchst persönlich! Auf ihre falsche Tour scheiße ich einfach! Mit einem, und das muss ich fairerweise sagen, hat sie allerdings Recht: Mit der Schnepfe ist nicht gut Kirschen essen und noch bevor der Geschichtstest überhaupt stattgefunden hat, habe ich mir bereits ihre Warnungen anhören müssen. Dass nun bald darauf was folgen wird, ist unbestreitbar. Allerdings steht auch fest, dass das nichts Neues mehr für mich ist und selbst, wenn ich getan hätte, was mir „ihre Hoheit“ höchstpersönlich befohlen hatte, wer hätte mir zu hundert Prozent garantieren können, dass sie ihr Wort hält? Genau, nämlich niemand und dieser Bitch kann man auch nicht vertrauen. Wer dies tut, der darf demnächst sein blaues Wunder erleben. Nicht umsonst misstraue ich ihr. Lucinda ist und bleibt eine falsche Schlange und das beweist sie immer wieder aufs Neue. Genau aus diesem Grund gehe ich auf keinen Fall einen Pakt mit ihr ein und ich werde außerdem mit Sicherheit nicht auf Knien zu ihr kriechen und um Verzeihung bitten. Dafür, dass ich nicht einmal etwas Falsches getan habe, ist sie nicht einmal eine Sekunde meiner Zeit wert. Noch dazu wäre das nicht nur lächerlich, ich würde dann auch noch meinen Stolz verlieren und das kann Lucinda ein für alle Mal vergessen! Ich habe mich schlicht und einfach auf mich selbst konzentriert und wenn sie nicht fähig ist, für die Prüfung zu lernen, ist das nicht mein Kaffee! Vielleicht ist dieser blöden Kuh sogar mal ein Licht aufgegangen, dass es nicht immer so funktioniert, wie man das halt haben will und wenn das nicht in ihren Schädel will, dann hat sie eben Pech gehabt! Die ganze Zeit über, während ich meine Worte nur so an Madisons Birne gepfeffert habe, hat sie mich mit einem geschockten Blick und einem offenen Mund angestarrt. Keine Sekunde habe ich ihr auch nur geschenkt, damit sie sich wehren, oder auch nur irgendetwas erwidern kann. Dafür hat sie sich von mir einiges anhören lassen müssen und je mehr sie es tat, desto bleicher ist ihr Gesicht geworden. Anscheinend haben sich doch Schuldgefühle in sie hineingeschlichen. Zumindest wirkt sie gerade auf mich so, aber das ist mir vollkommen egal. Soll sie es doch ruhig mit der vollen Breite spüren, aber das wäre noch immer nur eine Bruchzahl von dem, was ich tagtäglich durchmachen muss. Selbst wenn es nicht so ist und sie sich einfach nur davor gefürchtet hat, ich würde ihr demnächst auch noch eine scheuern. So allerdings tat es mir einfach gut, endlich mal Dampf abzulassen. Noch dazu galt es mal jemandem, der schon viel zu lange davor verschont worden war. Wobei es eigentlich nicht nur sie betreffen sollte, aber fürs Erste reicht es mir und momentan will ich mit ihr einfach nichts mehr zu tun haben. Mit einem Schwung schiebe ich Madison schließlich zur Seite und lasse sie verdattert stehen. Mir ist es egal, wie sie sich jetzt dabei fühlt. Dafür wurde ich von ihr und von den Anderen viel zu sehr und viel zu oft verletzt. Zu meiner Überraschung lässt mich Lucinda für heute so weit in Ruhe. Ständig warte ich darauf, dass sie mich wie eine Furie anspringt und mich zur Schnecke macht. Denn das kann doch alles noch nicht gewesen sein. Außerdem wäre Madison dann nicht zu mir gekommen und hätte mich wegen dem Test belästigt. Ich bin mir einfach zu hundert Prozent sicher, dass die Tussi ihre Finger im Spiel hat. Auch wenn ich nicht genau weiß, was Lucinda damit bezwecken wollte. Warum hätte ich gerade auf jemandem hören sollen, welcher mich verraten hat? Das ergibt für mich einfach keinen Sinn und genau das betrifft auch den heutigen Tag. Denn warum werde ich diesmal verschont, wenn ich doch scheinbar „das größte Verbrechen der Welt“ begangen habe? Ich merke nur, wie sie und ihre Kumpanen mich ständig mit diesem bösartigen und stechenden Blick ansehen, wenn ich ihnen wieder einmal über den Weg laufe. Mehr passiert allerdings nicht, aber warum? Ich habe den schweren Verdacht, dass sie etwas planen und daher noch einiges auf mich zukommen wird. Denn das lässt Lucinda sicherlich nicht auf sich sitzen. Dafür kenne ich sie zu gut. So gern ich es auch abstreiten würde, aber neben meinem Zorn ist dennoch auch die Angst deutlich spürbar. Als wenn sie sich leise und Schritt für Schritt immer deutlicher bemerkbar machen wolle, dass das noch lange nicht gewesen ist und ich mich bereithalten muss. Egal, was auch kommen mag. Ich weiß einfach, dass ich alleine kaum bis gar keine Chance habe. Wie würde das auch gehen? Sich gegen eine ganze Meute aufzulehnen ist einfach unmöglich, da brauche ich nicht lange darüber nachdenken. Noch dazu habe ich keinen blassen Schimmer, was demnächst auf mich zukommen wird. Allein schon, dass Madison heute Morgen bei mir war, lässt meine Fantasie etwas verrücktspielen. Ich kann mich einfach auf nichts vorbereiten, geschweige irgendetwas dagegen unternehmen und genau hier liegt der Knackpunkt. „Toll“ und zusätzlich darf auf keinen Fall jemandem meine Angst zeigen. Es würde sie nur stärker und mich dagegen schwächer machen. Zwar konnte ich diese Tatsache über das Wochenende gut verdrängen und sogar meine Schadenfreude auftreten lassen, aber in ihrer Nähe kommt dieses beklemmende Gefühl leider wieder hoch. Gerade weil ich keine Ahnung habe, was demnächst auf mich zukommen wird, lässt sich diese beschissene Angst einfach nicht abstreifen und dabei ist es doch lächerlich. Ich weiß ja, dass ich mich nicht so einfach unterkriegen lassen will und diese Tussi und all die anderen brauchen nicht glauben, dass ich einfach so leicht kleinbeigebe und dann wie ein Häufchen Elend um Gnade winsle. Noch dazu hat sich noch etwas in meinem Leben geändert, wodurch sich mein Wille gestärkt hat: Ich bin nicht mehr allein, auch wenn es so aussieht. Ich habe Raphael und eigentlich auch die Unterstützung seiner Brüder. Wenn sie doch nur auch bei mir in der Schule sein könnten, wenn ich mal Rat brauche, aber das geht leider nicht. Zumindest weiß ich, dass ich mich an jemanden wenden kann und das muss erstmal reichen. Noch etwas mulmig im Bauch kann ich schließlich den Tag irgendwie überstehen und nebenbei freue ich mich schon auf den bevorstehenden Abend. Ich hoffe nur, dass ich heute wieder mein Zimmer absperren und abhauen kann. Auf ein mögliches Gezeter von meiner Tante und meiner Mutter habe ich nämlich keine Lust. Erzählersicht: Vorsichtig huscht ein Mädchen mit schwarzen Haaren durch die Gänge der Schule. Es ist Madison, die am Morgen mit Bernadette gesprochen hatte. Seitdem hat sie diese wieder gemieden, auch wenn sie es nicht lassen konnte, ihre ehemalige Freundin ständig zu beobachten. Bernadettes Worte hallen immer noch in ihrem Kopf, aber Madison ist sich sicher, das Richtige getan zu haben. Immerhin hatte auch sie einst eine schwere Entscheidung getroffen und bis heute nicht bereut. Nur eines hat sie bis jetzt nie ganz losgelassen und zwar, dass Bernadette die Einzige von ihrem Freundeskreis war, welche sich nicht anpasste, sondern stur ihren Dickkopf durchsetzte. So wie es auch heute Morgen wieder einmal der Fall war. „Wenn du nicht daraus lernen willst, bist du selbst schuld daran. Dann kann dir einfach keiner mehr helfen.“, denkt sie sich, als sie wieder einmal in ihren Gedanken ihre ehemalige Freundin vorstellt. Zugern hätte sie es ihr direkt ins Gesicht gesagt, doch dafür hatte sie keine Gelegenheit gehabt. Bernadette ließ sie einfach nicht zu Wort kommen und sie glaubte auch, dass sie es ohnehin nicht über ihre Lippen gebracht hätte. Dafür fehlte ihr der Mut. Jetzt lehnt sie sich gerade an der Hausmauer an und beobachtet gerade, wie Bernadette das Grundstück verlässt und sich mit dem Rucksack auf dem Rücken auf dem Weg macht. Eine Weile wartet sie und blickt um sich, aus Angst sie könne womöglich beobachtet und belauscht werden. Erst als sie sich sicher ist, dass der Moment günstig ist, zückt sie ihr lilaschimmerndes Handy aus der Tasche und drückt dieses wenig später an ihr linkes Ohr. „Ja?“, hallt eine genervte Mädchenstimme auf der anderen Leitung. Madison braucht allerdings noch eine Sekunde, bis sie endlich darauf antworten kann: „Ich habe getan, was du wolltest Lucinda, aber Bernadette hat sich nicht umstimmen lassen. … Egal was ich gesagt habe, sie hat mich einfach eiskalt stehen lassen.“ Für einen kurzen Moment ist es ruhig und Madison wird langsam unsicher. Sie kennt Lucinda und weiß, dass sie heute keine gute Laune hat. Auch wenn sie den Grund dafür weiß und nicht auf der Abschussliste steht, fühlt sich die Schwarzhaarige nicht wohl bei der Sache. Etwas nervös wartet Madison nun geduldig, bis Lucinda endlich weiterspricht: „Das war mir von Anfang an klar, oder hältst du mich für etwa für dumm?!“ Lucindas Stimme klingt am Ende erzürnt und vorwurfsvoll, woraufhin sich Madison entschuldigen möchte: „Nein Lucinda, aber ich dachte …“ Weiter kommt das Mädchen nicht. Lucinda unterbricht sie mitten im Satz und ihrer Wut scheint jetzt noch größer als vorhin zu sein: „Du bist nicht fürs Denken zuständig! Lass das also lieber, sonst machst du mir mehr Ärger, als was du mir wert bist! … Fürs Erste war´s das einmal. Ich melde mich, falls ich dich wieder brauchen sollte.“ „Aber … du sagtest …“, will Madison schon erwidern, wird aber wieder in ihre Schranken gewiesen: „Wag es ja nie wieder, mich zu unterbrechen! Vergiss nicht, dass du das tun musst, was ich dir sage! Du weißt ja, was dann passieren wird.“ Madison schluckt schwer, denn sie weiß ganz genau, was Lucinda damit meint. Sie möchte es sich gar nicht vorstellen. Da wäre es nur ein Fehler, wenn sie ihr jetzt widersprechen würde. Nur ein klägliches „Ja“ ist auf der anderen Seite zu hören, woraufhin Lucinda nur lachen kann: „Na also, sind wir wohl doch nicht so beschränkt. … Also hör jetzt gut zu und ich werde mich gewiss nicht noch einmal wiederholen: Ab jetzt wirst du wieder den Kontakt zu dieser Möchtegernfranzösin meiden. Ist das klar?! Kein Brief, keine Email, kein Telefonat, nichts! … Wenn ich deiner wieder bedarf, werde ich mich melden.“ Mit den letzten Worten legt Lucinda einfach auf. Madison kommt erst gar nicht dazu, etwas dagegen zu erwidern, geschweige mit einem „Ich habe verstanden.“ zu antworten. Sie hat nicht einmal richtig den Mund aufgemacht und Luft geholt, da war das Gespräch schon abrupt zu ende. Jedoch wird sie genau das tun, was Lucinda gerade befohlen hat. Schließlich und endlich hat sie sich für dieses „Leben“ entschieden. Aus Bernadette Sicht: Etwas ungeduldig warte ich auf dem bevorstehenden Abend. Die Schule hat heute wieder einmal meine Nerven strapaziert und ich sehne mich nach Abwechslung und Ablenkung. Dass meine Mom heute wieder einmal etwas unternehmen will, ist für mich ja nichts Neues. Schließlich ist sie das fast ganze Jahr hindurch unterwegs und wenn sie mal wieder zu Hause ist, dann wird sie von jedem, den sie kennt, in Beschlag genommen. Daher erstaunt es mich keineswegs, dass sie einen Anruf von einer ihrer Freundinnen erhalten hat, die sie schon lange nicht mehr gesehen hat. Allein das Gespräch am Telefon hat schon so lange gedauert, dass ich schon geglaubt habe, sie würde dafür noch einen ganzen Tag brauchen. Allerdings verstummte das ständige Gekicher irgendwann und stattdessen hörte ich Sätze, wie „Gut … ja, geht klar. … Holst du mich? … Ach wunderbar und wann genau kommst du? … Gut, mach ich. Wir sehen uns dann. Bussi!“. Vermutlich geht sie heute mit ihrer Freundin ins Kino, oder unternimmt etwas anders mit ihr. Ich weiß es nicht und ich muss leider zugeben, dass ich etwas neidisch auf meine Mom bin. Bei mir selbst ist es schon lange her, dass ich mit ein paar Mädels ausgegangen war. „Meine Leute“ sind nun nicht mehr meine Freunde und gerade heute ist mir eine von ihnen begegnet, mit der ich früher so viel Spaß gehabt hatte. Gerade bei Madison war das für mich so unvorstellbar, weil sie sonst immer ein freundlicher und zuvorkommender Mensch war. Dass sie sich aber dann mit einem Schlag so geändert hatte und sie nun lieber auf der falschen Seite sein möchte, anstatt zu seinen Freunden zu stehen, hatte mir schnell die Augen geöffnet. Irgendwie klingt das schon ziemlich bescheuert. Immerhin bin ich sechzehn Jahre alt und verbringe die meiste Zeit eher zu Hause. Zumindest ist es so, seitdem ich von Tante Tina zwei Wochen lang Hausarrest bekommen habe und ich nach der Schule direkt nach Hause kommen muss. Zwar ist die Frau jetzt etwas lockerer drauf, weil sich seit dem Vorfall mit der Toilettentür die Schule nicht mehr bei ihr gemeldet hat, aber sie besteht dennoch darauf. Manchmal begreife ich sie nicht und das ist noch untertrieben gesagt. Ich kann sie aber nicht ändern, geschweige wirklich gegen sie rebellieren. Es würde nur das Ganze schlimmer machen, auch wenn ich mich selbst immer wieder daran hindern muss, mir die Fragen „Warum? Wieso? Weshalb?“ zu stellen, denn eigentlich kann ich es mir sparen. Ein wenig vermisse ich meine langen Spaziergänge nach der Schule, denn diese waren das Einzige, was mich von der Schule etwas ablenken konnte, auch wenn das nicht immer funktioniert hat. Allerdings konnte ich stets etwas Anderes sehen und musste mich nicht wie jetzt zwischen den Räumlichkeiten meiner Schule und denen meines Zuhauses begnügen. Jetzt sitze ich in meinem Zimmer und warte darauf, dass meine Mom endlich das Haus verlässt. Meine Tante ist zum Glück auch nicht da. Seitdem es bei ihrer Arbeit so boomt, kommt sie ziemlich spät nach Hause und ich hoffe, dass das noch länger so bleibt. Denn so wird es für mich kein Problem sein, von meinen Freunden abgeholt zu werden und ich habe meine Ruhe. Dann kann ich endlich meinem Alltag ein wenig entkommen. Bis dahin muss ich mich allerdings noch ein wenig gedulden. Ich sitze gerade an meinem Schreibtisch und schreibe den letzten Satz meines Aufsatzes in mein Heft, welches bis spätestens Freitag fertig werden muss, als ich meine Mutter höre: „Bernadette, kommst du mal bitte runter!“ „Ich komme schon!“, rufe ich zurück, während ich das Heft schließe und mich von meinem Sessel erhebe. Was meine Mom wohl von mir will? Vielleicht muss ich noch irgendetwas für sie erledigen. Allerdings ist die Wäsche schon längst gemacht und sie weiß ja, dass ich gerade etwas für die Schule mache. Egal, ich bringe es einfach hinter mich und so schlimm wird es wohl hoffentlich nicht sein. Also verlasse ich auf schnellsten Wege mein Zimmer und haste die Stufen hinunter. Ich nähere mich in diesem Moment dem Ende der Treppe, als ich meine Mom sehe, die auf mich zukommt. Ihr Blick ist nachdenklich auf ihren Händen gerichtet und ich merke, dass sie gerade einen weißen Umschlag hält. „Wolltest du nicht schon los?“, frage ich sie, während ich auf sie zukomme. „Ja, aber das habe ich noch vor der Türschwelle gefunden. Es ist an dich adressiert.“, meint sie und überreicht mir den Brief. Als ich mir diesen genauer ansehe, merke ich, dass darauf weder ein Absender, noch eine Briefmarke ist. Nur mein Name steht darauf. Also der Postbote hat den mit Sicherheit nicht geliefert. Nicht so und außerdem wäre der Umschlag im Briefkasten und nicht vor der Haustür gelandet. Und seit wann wird so spät noch Post verschickt, was soll das alles? Meine Mom scheint sich wohl dasselbe zu fragen, doch dann sieht sie auf ihr Handgelenk und wird dabei leicht aufgeregt. Ihre Armbanduhr zeigt ihr schon, dass sie ziemlich spät dran ist, weswegen sie den seltsamen Brief wieder vergisst und sich einfach nur auf dem Weg machen will. Sie verabschiedet sich schnell, indem sie mir geschwind einen Kuss auf der Stirn drückt und schnell aus der Tür eilt. „Hab dich lieb!“, ruft sie mir noch zu und schon ist die Haustür zu. Eine Weile stehe ich noch etwas verdattert auf derselben Stelle da und sehe ihr hinterher. Auch wenn ich weiß, dass sie schon längst weg ist, aber irgendwie bin ich irritiert. Wenn ich daran denke, dass unser Streit im Lokal noch nicht so lange her ist, scheint zwischen uns wieder alles in Ordnung zu sein. Tatsächlich ist es aber nicht so, auch wenn das von außen vollkommen anders aussieht. Ich bin nämlich immer noch sauer auf sie und das aus gutem Grund. Immerhin fühle ich mich in Bezug auf meine Probleme von ihr in Stich gelassen und sie scheint meinen Standpunkt weder verstehen, noch hören zu wollen. Als wenn sie sich nur eine heile Welt wünschen würde, die es einfach nicht gibt und sie kann doch meine Gefühle nicht einfach so ignorieren, nur damit sie in dieser Welt bleiben kann. Wieso hört sie mir nicht zu oder versucht mich zu verstehen? Sie ist zwar körperlich wieder hier, aber geistig ist sie immer noch mehrere Kilometer von mir entfernt. Als wenn ich für sie nur eine Fremde wäre, die zufällig vom selben Blut ist. Seit dem Überfall haben wir das Thema nicht mehr angesprochen, noch über ähnliche Dinge gesprochen. Wobei es mir am Anfang nur mehr als nur recht war. Nur langsam wäre es mir lieber, sie würde mal zur Abwechslung auf mich eingehen, damit ich nicht immer die Starke spielen muss. Ich weiß, dass der Überfall für sie ein großer Schock war und der Anblick von Leo hat ihr auch noch den Rest gegeben. Ich kann es wirklich nachvollziehen und vermutlich würden diese Bilder ihr nur wieder Angst machen, sollte dieser Tag wieder aufgerollt werden, aber sie kann doch nicht ewig ihre Augen davor verschließen und eine glückliche Mutter spielen. Vermutlich glaubt sie sogar, mir würde das nicht auffallen, aber sie kann mir nichts vorgaukeln. Ich bin schließlich ihre Tochter, allerdings werde einfach nur als jemand abgestempelt, welcher nur Ärger macht. Selbst Tante Tina spielt das Ganze runter und hat sogar „nebenbei“ zu mir gesagt, dass ich das Thema einfach abhaken soll. Schließlich würde das keinen Sinn machen und nur für Unruhe in diesem Haus sorgen. Ich sehe das nicht so, denn sie beide schließen dabei mich und meine Probleme mit der Schule mit ein und das geht mir gehörig auf dem Senkel! Von der Beziehung zwischen mir und meiner Mutter enttäuscht, schüttle ich enttäuscht und schnaufend den Kopf und betrachte dann das weiße Papier in meinen Händen genauer. Dass ich einen Brief ohne Absender bekommen habe, lässt meine Gedanken an meiner Mutter sogar abschweifen. Viel mehr noch beschleicht mich ein ungutes Gefühl. „Wer mir wohl was geschrieben hat? Muss wohl sehr dringend gewesen sein, wenn man nicht einmal eine Briefmarke draufgibt. Allerdings gibt es heutzutage sogar etwas Schnelleres und das nennt sich Email.“, murmle ich verwirrt vor mich hin und öffne schließlich den Umschlag. Denn wenn ich nur weiterrate, werde ich es nie herausfinden, daher bringt es nichts weiterhin auf den Brief sinnlos zu starren, wie eine Kuh, wenn´s blitzt. Schon nach wenigen Augenblicken habe ich den oberen Teil aufgerissen und das mehrfach zusammengefaltete Papier herausgeholt. Derjenige, der das wohl verfasst hat, muss anscheinend sehr darauf bestanden haben, dass das nicht gleich gelesen wird. Denn das, was ich da sehe, verwirrt mich im ersten Augenblick nur noch mehr. Mit dem Computer wurde der Text in Spiegelschrift geschrieben und das Nächste was merkwürdig ist, ist, dass nur sehr wenig darauf steht. Warum das alles und dann noch dieser Aufwand? Kann man nicht normal schreiben, wenn man was sagen will? Direkt wäre mir lieber, als diese Geheimniskrämerei. Genervt seufze ich und gehe schließlich ins Badezimmer im Erdgeschoss. Dort stelle ich mich direkt vor dem Spiegel und halte das Papier in Brusthöhe hoch. So kann ich es besser entziffern. Doch das, was ich da gerade lese, lässt das bedrückende Gefühl aus der Schule wieder hochkommen. Denn auf dem Papier steht Folgendes geschrieben: „Füge dich, oder du wirst es bitter bereuen! Nimm diese Warnung ernst, sonst wird es dir schlecht ergehen!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)