TMNT - Schicksal? von Pamuya_ ================================================================================ Kapitel 10: Brüder ------------------ Aus Raphaels Sicht: Grübelnd sitze ich auf der Couch und starre Löcher in die Luft. Mein Nacken ist dabei auf der Rückenlehne gelehnt, weswegen mein Blick nun sinnlos nach oben gerichtet ist. Der Grund, warum ich so dahocke, ist, dass ich schlicht und einfach k.o. bin. Ich stand richtig auf Nadeln, während unser Sensei sich mit Bernadette unterhielt und sie scheinbar dabei bis ins kleinste Detail ausfragt wurde. Das war vielleicht ´ne harte Nuss, aber es ist zum Glück überstanden, zumindest vorerst. Natürlich erntete ich von meinen Brüdern die ganze Zeit über diese skeptischen Blicke und nicht nur das: Alle drei schienen auf mich angefressen zu sein. Sie waren anscheinend sauer, dass ich ihnen von Bernadette nichts erzählt habe. Nur, was wollen die von mir hören?! Hätte ich mich anders verhalten, so hätte ich sie vermutlich kein zweites Mal gesehen, geschweige sie richtig kennengelernt. Das liegt doch wohl auf der Hand! Wir dürfen normalerweise nicht mit den Menschen in Kontakt treten! Was wäre gewesen, wenn ich ihnen das von der ersten Begegnung erzählt hätte? Mit Garantie hätten sie mich aufgehalten und mich sogar vor Meister Splinter angeschwärzt. Ich frage mich allerdings, was die drei wohl an meiner Stelle getan hätten. Hätten sie tatsächlich komplett anders reagiert, oder wären sie doch wie ich am nächsten Tag zurückgekehrt und hätten dann alles vor der Familie verschwiegen? Ich glaube kaum, dass sie wirklich anders gehandelt hätten. Vermutlich wäre es bei den Einen oder Anderen sogar früher herausgekommen. Sie sind nicht viel besser als ich! Das habe ich allein schon daran gemerkt, als die ganze Sache endlich vorbei war. Denn kaum, dass Dad seine Aufmerksamkeit auf uns gerichtet hatte, waren es natürlich meine Brüder, die sich wie die Geier auf Bernadette stürzten und sie gleich ausfragten. Mikey war natürlich der Erste, der die Arme in seine Fittiche nahm und sie in die Familie willkommen hieß. Seine stürmische Art bewirkte allerdings bei ihr, dass sie damit nicht wirklich umgehen konnte. Sie war sichtlich geflasht von seinem „Überfall“, wodurch sie zunächst nicht gewusst hatte, wie sie am ehesten darauf reagieren sollte. Dies hielt aber mein Bruder mit der orangen Maske nicht davon ab, weiter auf sie einzureden. Dabei ließ er wieder seine bescheuerten Sprüche los, wodurch ich nur noch meine Hand gegen die Stirn klatschen konnte. Der Typ kann manchmal echt peinlich sein. Es ist nur ein Glück für Bernadette, dass sie durch mich schon mal vorgewarnt war. Vermutlich wäre es dann noch schlimmer für sie gewesen. Dicht gefolgt von der Nervensäge beäugte mein zweiter Bruder meine Freundin. Wie zu erwarten ließ Donnie eher seine Technik für sich sprechen und Bernadette schien sich schon etwas davon bedrängt zu fühlen. Wie kann man nur so aufdringlich sein? Am liebsten hätte ich sie von ihm weggezerrt, aber ich kam nicht soweit. Ich weiß bis jetzt noch nicht, ob ich darüber glücklich sein sollte oder nicht, aber in diesem Augenblick mischte sich Leo ein, der die anderen beiden etwas zurückdrängte. Im Gegensatz zu vorhin am Pier war er diesmal merkwürdigerweise etwas freundlicher gestimmt. War das nun ernst gemeint, oder wollte er einfach nur gastfreundlich sein und bleibt wegen ihr weiterhin vorsichtig? Ich würde es ihm sogar zutrauen. Er ist bei solchen Dingen einfach störrisch und da heißt es, dass ich stur wäre. Er ist nicht viel besser, auch wenn er oft so tut. Dass er der Anführer von unserer Truppe ist, macht das noch lange nicht wett! Dennoch werde ich einfach das Gefühl nicht los, dass er weiterhin noch skeptisch bleiben wird und Bernadette immer noch nicht wirklich vertraut. Wer weiß, ob er das je tun wird. Dabei hat sie doch schon mehr als nur deutlich gesagt, dass sie niemandem von uns erzählen wird. Was hätte sie sonst noch machen sollen, einen Blutsschwur abliefern, oder was denkt sich mein Bruder dabei? Dabei hatte er April auch ziemlich schnell vertraut. Gut, sie ist unser Hogosha und ihr war es zu verdanken, dass wir damals nicht geröstet wurden und dass wir uns so fürs Erste in Sicherheit bringen konnten. Dennoch war ich als Einziger skeptisch und habe mich dann doch überzeugen lassen. Doch nun ist das Gegenteil der Fall. Ob Leo wohl auch einen Beweis braucht? Dürfte bei Bernadette wohl schwieriger werden. Schließlich war die Zeit gekommen, dass ich Bernadette nach Hause brachte. Es war bereits schon spät geworden und vermutlich haben wir wegen dem ganzen Mist mehrere Stunden verschwendet. Dafür muss ich nun kein Geheimnis mehr daraus machen, geschweige es hüten. Ich glaube sogar, dass es Bernadette nicht viel anders sieht. Sowohl sie als auch ich waren letztlich erleichtert, dass der Spuk fürs Erste endlich ein Ende hatte. Ich war mir aber bereits nach unserem Abgang sicher, dass da noch ein Nachschlag kommen würde. Bei solchen Dingen habe ich einfach ein gutes Gespür, wenn es nicht auch wegen meiner Erfahrung wäre. Meine Familie kann ganz schön anstrengend sein und ich muss es ja am besten wissen. Den ganzen Weg zu ihr schwiegen wir, doch kaum war Bernadette bei sich daheim durch das offene Fenster geklettert, seufzte sie: „Weißt du, ich hätte mir ja denken können, dass niemand Bescheid wusste, aber warum hast du es mir nicht einfach sagt? Ich habe mich bei der ganzen Ausfragerei ziemlich überrumpelt gefühlt.“ Kaum hatte ich geglaubt, es wäre für heute nun endlich überstanden, bekam ich schon den nächsten Vorwurf zugeschmissen. Zugegeben, ihr hätte ich etwas sagen können, aber ich hatte einfach gedacht, dass das nicht notwendig wäre und warum sollte ich mich wieder für alles, was ich tue, rechtfertigen? Dann würde ich nie zu einem Ende kommen. Ihr Blick war in diesem Augenblick ernst, aber andererseits, wie hätte ich ihr das sagen sollen? Hätte ich einfach so zu ihr gehen sollen und sie so quasi nach dem Motto bitten müssen - „Sorry es muss alles geheim bleiben, weil entweder du, oder meine Familie in Gefahr kommen könnte.“ - Wie bescheuert hätte das geklungen? Wäre sie überhaupt darauf eingegangen? Ich kann es nun ohnehin nicht mehr ändern. Außerdem ist es bis zum Schluss gut gegangen. Ok, ich hätte nicht gedacht, dass meine Brüder mir hinterherspionieren und ich hatte einfach geglaubt, dass das so einfach besser wäre. Da hatte ich mich wohl getäuscht. Ich fragte mich schließlich, was sie nun wohl von mir erwarten würde. Ich könnte es ja nicht mehr ändern, aber sie sagte nichts weiter. Was mir nur recht war. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob die Sache nun erledigt war. Ich hatte sogar mit dem Gedanken gespielt, dass Bernadette in diesem Augenblick sogar ein wenig eingeschnappt war und mich daher fürs Erste nicht mehr sehen wollte. Doch kaum wandte ich meinen Blick von ihr und wollte schon schnaufend abhauen, als ich ihre Hand auf meiner spürte. Verdutzt schaute ich sie an. Ihr Blick war nun mehr leicht besorgt als zornig und so klangen dann auch ihre Worte: „Raphael, bitte pack mich nicht Watte. Ich will das einfach nicht. Bitte rede offen mit mir. Das ist das Einzige, was ich mir von dir wünsche, ok?“ Ich bejahte es nur murmelnd und machte mich dann auf dem Weg. Was hätte ich in diesen Moment auch sonst sagen sollen? Natürlich war mir klar, dass mir noch einiges bevorstand, als ich wieder in der Kanalisation zurückgekehrt war. Denn schon erwartete mich eine Strafaufgabe im Hashi, die ich nach einer langen Predigt von Meister Splinter aufgebrummt bekommen hatte. Dafür, dass ich den Kontakt zu Bernadette meiner Familie verschwiegen hatte, hatte ich gleich mehrere Aufgaben hintereinander zu bewältigen, ohne dass mir dabei eine Pause vergönnt war. Was blieb mir anderes übrig, als dem ohne zu klagen nachzugehen. Ich wollte es schlicht und einfach hinter mich bringen und verbrachte daher noch einige Stunden in diesem verhassten Raum. Nun sitze ich erschöpft auf der Couch und lasse in Gedanken die vergangen Stunden durch meinen Kopf ziehen. Diese Ruhe habe ich bitter nötig. Ich bleibe aber nicht lange allein, als Mikey sich schon zu mir gesellt und mich die ganze Zeit grinsend anstarrt. Dabei brauche ich diesen Poltergeist nicht jetzt auch noch! Oh bitte, lass mich einfach! Für heute bin ich schon genug bestraft worden. Kann man es daher nicht für heute gutseinlassen? Meine Nerven sind für heute schon genug strapaziert worden. Kann Mikey nicht einmal zur Abwechslung Leo oder Donnie auf dem Geist gehen? - Wohl anscheinend nicht. Mir bleibt auch nichts erspart. So versuche ich ihn einfach auszublenden, aber er starrt mich dennoch diesen dämlichen, breiten Grinsen weiter an, wofür ich ihn eine reinhauen könnte. Ich schließe die Augen und hoffe, dass er wieder abzischt, wenn ich mich einfach nicht rühre. Jedoch bleibt er hier und rührt sich keinen Millimeter. Dabei spüre ich weiterhin seinen schelmischen Blick, der sich bereits tief in mein Hirn einbrannt hat. Grummelnd drehe ich mein Gesicht schließlich zu Mikey und frage ihn: „Was denn? Ist irgendetwas, dass du mich so anstarrst?“ Das war wohl keine gute Idee. Sein dämliches Grinsen wird einfach breiter, nachdem ich ihn angesprochen habe und nun kann er endlich den Interviewer spielen, wonach er scheinbar schon gewartet hat: „Also erzähl mal, kennt ihr euch jetzt wirklich schon über drei Wochen? Und wie war eigentlich euer „erstes Treffen“ genau?“ „Hast du was an den Ohren?! Wieso soll ich dir überhaupt etwas erzählen, was du eh schon von Bernadette selbst gehört hast?“, grummle ich, aber das stellt meinen Bruder wohl nicht zufrieden: „Ist schon klar, aber da hat sie mit Sicherheit das eine oder andere Detail ausgelassen.“ „Und du glaubst wohl, dass ich jetzt „diese Lücken“ fülle, oder was? Vergiss es und zisch jetzt endlich ab! Ich will meine Ruhe.“, versuche ich das Gespräch hier und jetzt zu beenden, aber Mikey ist scheinbar schlimmer als eine Göre, welche bei einer Pyjamaparty ihren Freundinnen all ihre Geheimnisse anvertraut und nun glaubt er vermutlich, dass hier sowas Ähnliches veranstalten kann. Ich habe aber weder Bock darauf, noch geht es ihm irgendetwas an. Wieso sollte ich ihm überhaupt jede Kleinigkeit in sein Hirn trällern? Normalerweise hat er doch nur April im Schädel. Auch wenn er bei ihr null Chancen hat und sie ihm immer wieder zurechtweisen muss. Wie von es von meinem Bruder allerdings zu erwarten ist, gibt er natürlich nicht nach und ich lasse mich dann doch weichkochen. Da merkt man richtig, dass ich für heute einfach zu ausgelaugt bin, um mich jetzt einfach zu verkrümeln, oder ihn einfach zusammenzufalten. Ich will ja nicht einmal aufstehen, so todmüde bin ich, aber den „Geschichtenerzähler für Gutenachtgeschichten“ will ich jetzt auch nicht unbedingt spielen. Um ihn aber endlich ruhig zu stellen, wiederhole ich einfach das, was Bernadette bereits gesagt hatte und füge das Eine oder Andere noch hinzu: „ … Wie haben uns halt an manchen Nächten getroffen. Mal waren wir am Dach ihres Hauses und an einem anderen Mal waren woanders. Es war nichts Besonderes.“ Die ganze Zeit über versuche ich beim Erzählen alles runterzuspielen. Mikey soll schließlich nicht auf falsche Gedanken kommen. Immerhin sind Bernadette und ich einfach nur Freunde. Vermutlich würde es aber eh keinen Sinn machen. Wer weiß, was in seiner Birne so vor sich geht? Solange er aber nicht versucht, mir irgendwelche „Tipps“ zu geben, die seiner Meinung „zu hundert Prozent“ funktionieren würden, dürfte es hoffentlich mal langsam ein Ende finden. Vielleicht ist er dann endlich zufrieden und ich habe dann endlich meine Ruhe. Jedoch habe ich mich auch diesem Punkt mächtig geirrt. Denn kaum habe ich angefangen zu erzählen, gesellen sich auch schon die anderen beiden dazu. Ist das hier ein Kaffeekränzchen, oder was wollen die alle von mir?! Dicht neben Mikey drängt sich nun Donnie dazu, damit er ja kein Detail verpasst. Leo hingegen hält etwas Abstand von mir. Zumindest in seiner Richtung kann ich noch Luft bekommen, aber schon geht das Theater weiter. Sie alle wollen mehr wissen, doch nun geht Mikey echt zu weit, als er mich auf einmal fragt: „Na, du Casanova, wie nah steht ihr euch wirklich? Habt ihr euch schon geküsst? Komm schon, erzähl schon und lass dir nicht alles aus der Nase ziehen.“ Für einen Augenblick bin ich wie erstarrt, als er dieses eine Wort gesagt hat. Ich weiß nicht, warum es mir gerade so die Sprache verschlagen hat. Schließlich sind Bernadette und ich einfach nur Freunde und da war dieses Thema einfach nie dabei. Nur, warum kümmert mich dieses Geschwätz so sehr? Grummelnd schaue ich einfach weg. Ich will einfach nicht näher darauf eingehen, weil es so und so nicht wichtig ist. Zu meinem Pech fängt die Nervensäge allerdings an zu lachen: „Hey, das braucht dir doch gar nicht peinlich sein. Die Chika ist doch richtig niedlich und Mut hat sie auch, wenn sie dich so einfach überlebt. … Also sag schon, wie war´s?“ „Halt endlich die Klappe Mikey!“, schnauze ich ihn an, damit er endlich Ruhe gibt und schweige schließlich. Von meinem Wutausbruch kurz überrascht, sehen mich die drei an, als wenn sie vermuten müssten, dass ich gerade wieder etwas verberge. Dabei stimmt es nicht einmal! Ich habe einfach keinen Bock mehr auf diesen Mist und sie alle sollten endlich mal Leineziehen. „Wo liegt denn nun das Problem Raphi?“, mischt sich nun Donnie ein, aber er auch wird nun von mir angeschnauzt: „Vielleicht liegt es daran, dass das euch einen feuchten Kehricht angeht!“ „Also war doch etwas?“, kam es nun trocken von Leo rüber, aber ich reagiere einfach nicht darauf und schweige. Das ist normalerweise nicht typisch für mich und dass wissen sie leider. Schließlich kennen wir uns unser ganzes Leben lang, daher gibt es kaum Geheimnisse zwischen uns. Sowas bleibt einfach nicht lange geheim. Auch diesmal ist es wieder so, obwohl ich alles dafür getan habe, dass es zwischen mir und Bernadette bleibt. Dennoch hat es nicht geklappt und ich bekommen nun die Quittung dafür. Die anderen haben dafür ihren Spaß, es mir nun richtig unter die Nase reiben zu können. Sie fangen sogar an herum zu spekulieren, während ich versuche, sie zu ignorieren. Vielleicht sollte ich mich doch einfach aufraffen und in mein Zimmer abzischen. Andererseits hat Mikey nun dafür gesorgt, dass mir dieser eine Gedanke nicht mehr aus dem Kopf gehen will. Das scheint besonders mein Bruder mit orangen Maske gecheckt zu haben, aber ich mache keine Anstalten etwas zu sagen, geschweige ihm ins Gesicht zu sehen. Es gab nun mal keinen Kuss. Zumindest war es nicht so einer, den Mikey meint. Bernadette und ich kennen uns zwar schon eine Weile und wir haben auch in den letzten Nächten viel Zeit miteinander verbracht, aber es kam niemals dazu. Wir redeten viel, oder saßen einfach still neben einander. Warum denke ich überhaupt über sowas nach? Sie ist einfach eine Freundin und nichts weiter. Ich mag sie, ich mag sie sogar sehr. Sie ist einfach anders als andere Menschen, die ich bisher beobachte habe und sie habe ich noch dazu näher kennenlernen dürfen, was uns Mutanten bis auf die Ausnahmen versagt worden war. In ihrer Nähe habe ich sogar den Eindruck, dass ich irgendwie anders bin. Ich habe keine Ahnung warum und wie ich überhaupt darauf komme, aber ich spüre jedes Mal dieses seltsame Gefühl in mir. Als wenn ich mich in ihrer Nähe ständig unter Kontrolle halten müsste, bevor ich noch irgendetwas vermassle. Ach, das ist doch total verrückt! Jetzt fange ich auch noch genauso zu spinnen, wie es Mikey in Punkto April tut. Dabei läuft zwischen mir und Bernadette nicht einmal etwas. Wir sind einfach Freunde und bevor ich mir noch irgendetwas Anderes einreden lasse, sollte ich wohl schnell was dagegen tun. Nur werde ich jetzt von meinen Brüdern genervt. Abgesehen von Mikey, der immer noch seine blöden Sprüche klopft, hat auch Donnie schon wieder mal seine Meinung kundgegeben. Der berechnet doch glatt die Wahrscheinlichkeit, wie hoch meine Chancen bei Bernadette sind! Ist er denn jetzt auch noch völlig übergeschnappt?! Selbst Leo fängt zum Scherzen an und steigt bei Mikeys idiotischen Geschwafel mit ein. Die sind doch alle völlig durchgeknallt! Die scheinen es ja echt zu genießen, sich über mich lustig machen zu können. Schönen Dank auch! Wenn ich nicht so geschafft wäre, würde sie alle auf die Bretter schicken, damit sie endlich das Maul halten. „Also Spaß beiseite Jungs! Sonst bekommt Raphi sein Maul noch immer nicht aufgerissen und wir können bis zum Neujahr auf ein Ergebnis warten. … Leg schon los Raphi, wie war es nun? Hat es dir gefallen?“, wiederholt Mikey nun seine Frage von dem Kuss, aber ich reagiere immer noch nicht darauf. Dafür schaue ich ihn entgeistert und zornig zu gleich ein. Nur ein genervtes Knurren entweicht schließlich aus meiner Kehle und mein Bruder wird auf einmal stutzig. Verdammt! Jetzt hat der Idiot auch noch geschnallt, dass es noch keinen Kuss gegeben hat, was er auch noch laut ausspricht: „Woawoah! Moment mal! … Ihr kennt euch schon so lange und habt ihr euch noch nicht einmal geküsst?! Was treibt ihr denn immer auf den Dächern? Habt ihr nur Händchen gehalten, oder was?“ Jetzt starren mich alle mit neugierigen Blicken an. Anscheinend sind die anderen beiden von Mikey Erkenntnis ebenfalls überrascht. Wobei Leo sogar erleichtert aufatmet. Was geht denen das überhaupt an?! Gar nichts! Können die mich nicht einfach in Ruhe lassen?! Als die drei mich immer noch so bekloppt anstarren und Mikey weiterhin auf eine Antwort wartet, reagiere ich endlich auf seine Frage. Drohend und schnaufend halte ich ihm dabei meine Faust entgegen: „Das geht dich einen feuchten Dreck an! Dasselbe gilt auch für euch! Und jetzt haltet endlich mal die Klappe!“ In mir kocht es. Was mischen die sich überhaupt in meinen Angelegenheiten ein? Wenn Mikey nicht bald seine Schnauze hält, dann gibt´s Prügel und dasselbe gilt auch für die anderen beiden. Ich bin aber auch selbst schuld. Was bin ich auch so dumm und erzähl denen überhaupt was? Wieso bin ich nicht einfach aufgestanden und bin einfach in mein Zimmer gegangen? Dann hätte ich wohl nicht jetzt diesen Stress! Leo versucht nun Mikey zum Aufhören zu bewegen, aber das hält ihn einfach nicht davon ab. „Mal ehrlich Alter. Man sieht doch, dass du bis über beide Ohren in sie verknallt bist, dann …“ fängt er weiter an zu quasseln. Jetzt reicht´s! Jetzt ist das Maß nun wirklich voll! Ich bin zwar von der Strafaufgabe immer noch kaputt, aber jetzt habe ich die Schnauze endgültig voll! Mit einem lauten Knurren stemme ich mich von meinem Platz ab und springe auf Mikey. Dabei fallen wir beide auf dem Boden und rollen etwas zur Seite, doch das ist mir egal. Die Wut hat mich zu sehr gepackt und wild schlage ich auf ihn ein. Mein Bruder versucht sich zu wehren und kann sogar einige meiner Attacken parieren. Dabei grinst er so dämlich und lacht, was mich nur umso aggressiver macht. Er soll einfach die Klappe halten und mir nicht mehr auf die Pelle rücken! Ich merke kaum, wie Donnie und Leo nun dazwischenfunken und versuchen uns beide auseinander zu reißen. Erst als die zwei sich gegen mich stemmen, kann Mikey wegrutschen und auch ich versuche mich mit einem Schnauben allmählich zu beruhigen. Mir fällt es jedoch schwer. Jede einzelne Faser meines Körpers ist angespannt, ich atme hastig und spüre wie ich noch immer innerlich koche. „Komm wieder runter Raphi! Du kennst doch Mikey, der redet doch immer nur Blödsinn.“, versucht mich Donnie zu beschwichtigen. Er hat ja Recht. Noch immer grummelnd senke ich meine Fäuste und versuche wieder runterzukommen. „Hey, sorry Bro. Ich wollte dir jetzt nicht zu nahetreten.“, will sich mein Bruder nun entschuldigen, aber ich verdrehe nur genervt die Augen. „Spar dir einfach deine Worte und lasst mich alle nur in Ruhe.“, murmle ich erschöpft und kehre ihm den Rücken zu. Er sollte vielleicht öfters Mal die Klappe halten, oder zumindest mal nachdenken, bevor überhaupt mal etwas von sich gibt. Das wäre besser für seine Gesundheit. Wenn ich ihn allerdings jetzt wieder ansehe, weiß ich, dass ich wieder ausrasten werde. Für heute er es wirklich an die Spitze getrieben. Deswegen bleibe ich erst einmal so stehen und höre, was sich was hinter mir tut. Ich merke, wie Donnie Mikey zu sich zieht und ihn auffordert, mich fürs Erste in Ruhe lassen. Die beiden schalten dann auch noch die Glotze an, was wohl zu einem „Themenwechsel“ führt. Da kommen sie aber „früh“ drauf aber ich sollte wohl froh darüber sein. Sonst würde es vermutlich noch so weitergehen. Schließlich klopft Leo mir auf die linke Schulter und fordert mich auf ihn zu folgen: „Na komm. Bringen wir dich mal zum Abkühlen.“ Was bleibt mir anderes übrig, als ihm zu folgen. Bevor mein Bruder mit der orangen Maske noch auf weitere dumme Sprüche kommt und den „Witzbold“ in ihn noch einmal rauslasst, gehe ich lieber mit. So trotte ich Leo hinterher, der die offene Küche ansteuert. Kaum dass wir dort sind, lehne ich mir erst einmal gegen die Mauer und lasse schnaufend den Kopf in den Nacken senken. Leo wiederum hat in der Zwischenzeit eine Limodose aus dem Kühlschrank geholt und wirft sie mir jetzt entgegen. Geschickt fange ich sie und mache sie gleich auf. Ich bin zwar nicht durstig, aber das kühle Getränk tut wirklich gut, als es mir die Kehle herunterrutscht. Es dauert nicht lange, schon zerdrücke ich das Alumetall in meiner Hand und schleudere es in den Mistkübel. Doch ich bin mir sicher, dass mein Bruder und Anführer mich nicht nur hierher gelotst hat, um ein Getränk „auszugeben“. Als ich ihn anschaue, merke ich schon, dass er auf dem richtigen Moment zu warten sein scheint, um mich anzusprechen. Arme verschränkend hat er sich gegen die Tischplatte angelehnt und beobachtet mich. Bitte leg´ einfach los, dann habe ich es zumindest hinter mir. Ihr geht mir doch eh schon auf die Nerven! Als er immer noch nichts sagt, spreche ich ihn schon mit einem genervten Unterton darauf an: „Sag schon, du willst doch irgendetwas von mir.“ „Ich will gar nichts von dir. Ich verstehe nur nicht, warum du uns nichts gesagt hast.“, meint er mit einem ruhigen, aber auch leicht bitteren Ton. Selbst wenn er so ruhig ist, bringt er mich doch auf die Palme und ich bin eh schon so „gut gelaunt“. Noch dazu reitet er schon wieder auf diesem Thema herum. „Als wenn ihr es zugelassen hättet, dass ich mich mit einem Menschen anfreunde!“, kontere ich zurück, ohne irgendetwas dabei zu beschönigen. Irgendwie fühle ich mich wieder angegriffen. Anscheinend hat sich die ganze Welt gegen mich verschworen, denn wenn es mal mies läuft, dann aber richtig. Leo seufzt und muss aber zugeben, dass ich damit Recht habe: „So unrecht hast du dabei nicht. Dennoch wäre es besser gewesen, wenn du es getan hättest. Dann hätten wir uns das heute zum Beispiel ersparen können. … Jetzt lässt es sich so und so nicht mehr ändern.“ Endlich einmal gibt er mir bei etwas recht. Doch das reicht mir nicht und ich steure nun zum Gegenangriff: „Schön, dass du das auch mal „einsiehst“ und jetzt erklär mir mal, wie ihr das überhaupt rausgefunden habt! Jetzt seid ihr mir mal eine Erklärung schuldig!“ Leo erzählt mir schließlich seufzend und etwas ungern, dass sie jedes Mal etwas stutzig waren, wenn sie mich beim Treffpunkt gesehen hatten: „Dein Verhalten war in letzter Zeit merkwürdig. Du warst so „ruhig“ und komischerweise hattest du kaum etwas zu berichten. Noch dazu hast du verbissen versucht, dein Geheimnis zu verbergen und irgendwann sind wir halt dem nachgegangen. Donnie bastelte dann an einem Peilsender, was er dir dann irgendwie unauffällig untergejubelt hat.“ Na Klasse, das Gefühl von der eigenen Familie bespitzelt zu werden, macht meine Laune ja „noch besser“. Ich wollte es allerdings wissen, wie sie mir überhaupt gefolgt waren und nun weiß ich es. Wild suche ich meinen Körper ab. Ich bin mir sicher, dass das Ding noch immer da ist. Sonst wäre es mir bereits aufgefallen. Schon nach kurzer Zeit, nehme ich die Sonnenbrille von meinem Kopf und entdecke auf der Innenseite eine kleine, runde Scheibe. Grummelnd kratze ich es herunter und klatsche das Ding auf die Küchentheke. „Wehe ihr macht das noch einmal!“, drohe ich Leo und will schon wieder verschwinden, als er mich noch kurz aufhält: „Ich hoffe du weißt, was du tust. Vergiss nicht, dass einiges auf dem Spiel steht.“ Ich sage nichts, sondern nicke nur leicht. Ich weiß ja, was er damit meint, aber es macht einfach keinen Sinn darüber zu diskutieren und momentan will ich erstens nicht und zweitens würde Leo es nicht verstehen wollen. So wie er das gesagt hat, hat das meinen Eindruck nur bestätigt. Er vertraut Bernadette nicht und wer weiß, ob er sich überhaupt umstimmen lässt. So gehe ich aus der Küche und marschiere schnurstracks in mein Zimmer. Kaum habe ich die Tür hinter mir zugeknallt, lehne ich mich schon seufzend dagegen. Für heute habe ich einfach genug und ich will am besten für den Rest der Nacht niemandem mehr über den Weg laufen, geschweige etwas hören. Nur befürchte ich, dass ich noch einiges vor mir habe: Meine Familie, insbesondere Leo, muss ich davon überzeugen, dass man Bernadette vertrauen kann. Zweitens muss ich gewissen Themen aus dem Weg gehen, die mich zum Beispiel heute vollkommen aus dem Konzept gebracht haben. Das darf einfach nicht noch einmal vorkommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)