TMNT - Schicksal? von Pamuya_ ================================================================================ Kapitel 4: Eine andere Art sich kennen zu lernen ------------------------------------------------ Aus Bernadettes Sicht: Ich weiß nicht, soll ich jetzt schreien, oder mir selber eine scheuern?! Was zum Henker geht hier vor?! Dass Raphael anders ist, als andere Jungs, war mir ja klar. So wie er zuvor ohne Wenn und Aber die schützende Dunkelheit nicht verlassen und panisch auf meine Schritte reagiert hat, habe ich mir schon einiges ausmalen können. Ich habe mir sogar verschiedene Möglichkeiten, wie mein Retter wohl aussehen könnte, zusammengereimt, nur damit mir seine Reaktionen verständlicher wird. Jedoch hätte ich nie im Leben damit gerechnet und ich muss völlig den Verstand verloren haben, denn ich zweifle gerade vollkommen an meinen Sinnen: Ich liege in den Armen einer seltsamen, riesengroßen Kreatur mit einer grünen Haut, welcher noch dazu ein rotes Kopftuch wie eine Maske über seinen Augen gebunden hat und darauf eine Sonnenbrille trägt. Glaubt der etwa, er wäre ein moderner Zorro, oder was?! Was rede ich da überhaupt?! Ich muss völlig verrückt geworden sein, mich auf eine solch dumme Idee einzulassen! Ich weiß gerade nicht, woran ich mehr zweifle: an meinen Verstand oder an meinen Augen. Vielleicht brauche ich jetzt schlicht und einfach eine Brille! Denn das, was ich gerade sehe, kann einfach nicht wahr sein. Sowas wie ihm gibt es einfach nicht! Das ist unmöglich! Wie zu Eis erstarrt, wird mein Körper ganz steif. Ich starre ihn einfach nur an und kann einfach nicht glauben, wer mich gerade in seinen Armen hält. Nie und nimmer hätte ich jemals mit so etwas gerechnet und im Moment habe ich nur das dringende Bedürfnis aus Leibeskräften zu schreien. Die Angst jedoch hindert mich daran und kein Ton kommt aus mir heraus. Stattdessen wünschte ich, ich wäre niemals in diese Gasse zurückgekehrt und hätte, so wie Raphael es mir gestern gesagt hatte, einfach alles vergessen. Doch nun ist es zu spät. Aus Raphaels Sicht: Seltsam, wieso wird sie auf einmal so steif? Was ist mit ihr, hat sie jetzt doch mehr Angst bekommen, als was ich zunächst gemerkt habe? Dabei kann ihr doch nichts passieren und sie muss nicht mehr lange die Augen geschlossen halten. Als ich allerdings zu Bernadette hinuntersehe, merke ich sofort, was Sache ist: Sie starrt mir gerade angsterfühlt ins Gesicht starrt. Verdammte Scheiße! Wieso hat sie die Augen aufgemacht?! Wieso hat sie nicht gewartet, bis ich sie nach Hause gebracht habe? Erschrocken bleibe ich abrupt stehen und spüre, wie sich Bernadette auf einmal aus meinem Griff befreien will. Wie ein hilfloses Tier im Netz, zittert sie in meinem Armen. Glaubt sie jetzt wirklich, ich tue ihr was an? Vorsichtig und wie ferngesteuert lasse ich sie hinunter und kaum, dass sie mit ihren Füßen Halt gefunden hat, weicht sie blitzartig von mir. Schritt für Schritt geht sie hastig zurück, wobei sie mich keine Sekunde aus den Augen lässt. Als müsste sie befürchten, dass im nächsten Augenblick etwas Schreckliches passieren könnte. Ich bin so ein Idiot! Ich hätte wissen müssen, dass ein Mensch niemals so lange durchalten würde und nun habe ich den Salat: Sie hat die Augen aufmacht und nun fürchtet sich vor mir. Na ganz „klasse“. Wie soll ich ihr jetzt nur klarmachen, dass ich ihr nichts tue? So ein verdammter Krötenmist! Aus Bernadettes Sicht: Was ist er? Ein Alien, ein Mutant? Auf keinen Fall ist er ein Mensch. Er hat einen Panzer, drei Finger an jeder Hand und sieht irgendwie einer riesigen Schildkröte ähnlich. Abgesehen davon, dass er wie ein Mensch auf zwei Beinen geht, spricht, menschliche Züge zeigt und eine seltsame Ausrüstung an seinem Leib trägt, ist er mit Sicherheit ca. zwei Meter groß. Vermutlich ist er noch größer. Kein Wunder also, dass er locker auf den Dächern herumspringen und an den Wänden herumklettern kann. Das dürfte wohl kaum eine große Herausforderung für ihn sein, geschweige mit oder ohne „Gepäck“. Wieso hat er mich jetzt überhaupt runtergelassen? Was will er nun von mir? Habe ich jetzt etwa seine „Pläne“, oder so durchkreuzt? Ich verstehe jetzt gar nichts mehr und noch mehr weiß ich nicht, was ich jetzt tun soll. Ach Gott, wie bescheuert kann man nur sein?! Ich bin nicht nur naiv gewesen und habe mich einen völlig Fremden anvertraut, vor mir steht eine riesige Kreatur, die, wer weiß was, mit mir anstellen könnte und ich habe mich auch noch bereitwillig auf diesem Scheiß eingelassen! Ich bin so ein Trottel! Langsam geht Raphael auf mich zu. Automatisch bewege ich mich im selben Tempo und das rückwärts. Ich habe Angst und er soll mir ja nur fernbleiben. „Jetzt komm runter und beruhige dich bitte. Ich tue dir nichts. Du kannst mir vertrauen, wirklich.“, versucht er mir nun klar zu machen, aber soll ich ihm das jetzt ernsthaft so einfach abkaufen?! Was erwartet er denn von mir?! Glaubt er wirklich, ich stelle meine Angst einfach so per Knopfdruck ab und tue so, als wenn hier alles normal wäre? „Klar, sicher doch“, es ist ja immerhin alles vollkommen „normal“, also brauche ich ja kein Drama zu machen. Hallo, vor mir steht eine riesige humanoide Schildkröte mit Waffen, die ich jetzt auch noch bemerke und da soll ich mich beruhigen?! Ich bin hier beim Ausflippen! Was wird hier überhaupt gespielt?! Ich meine, das glaubt mir doch niemand! Ich könnte genauso gut inmitten der Dreharbeiten eines neuen Actionfilmes hineingestolpert sein. So unglaubwürdig ist das hier. Ich warte nur darauf, dass jemand „Cut“ ruft und mir versichert, dass das alles tatsächlich nur eine Szene aus einem blöden Film ist, aber darauf warte ich scheinbar vergebens. Egal wie sehr ich auch noch darauf hoffen würde. „Ach Mann, jetzt stell dich bitte nicht so an. Ich reiße dir schon nicht den Kopf ab.“, murmelt er seufzend, aber seine „Methode“, mich zu beruhigen, schlägt bei mir allerdings fehl. Eines jedoch verwirrt mich umso mehr. Sein Gesicht wirkt dabei besorgt. Als wenn er es ernstmeinen würde, was er da gerade gefaselt hat und genau das will mir einfach nicht in den Schädel. Was ist er nun, ein Retter, ein Monster? Mein Hirn scheint schon zu explodieren, denn das kann doch nicht echt sein, oder? Abgesehen davon, dass meine Wahrnehmung für die Realität nun endgültig zu spinnen scheint, spielen meine Gefühle ebenfalls völlig verrückt. Auf der einen Seite hat er mich doch gerettet. Ich habe mich bei ihm für einen kurzen Zeitraum so sicher gefühlt, aber andererseits wirkt er jetzt irgendwie gefährlich auf mich und das liegt nicht nur daran, dass er ein grünes Monster ist. Auch seine gewaltige Größe, sowie seine Waffen, die ich an seinem Gürtel aufblitzen sehe, lassen mein Herz vor Angst schneller und heftiger schlagen. Ich habe sogar das Gefühl, als würde es sich aus mir herauskatapultieren wollen und dabei habe ich momentan nur einen Wunsch: Ich will verdammt noch mal weg von hier! Immer weiter weiche ich zurück, ohne ihn dabei aus dem Augen zu lassen. Ich traue ihm einfach nicht. Doch plötzlich geht es nicht weiter. Ich verliere den Halt und komme ins Straucheln. Der Weg hinter mir ist zu Ende und ich drohe rückwärts abzustürzen. Wild rudere ich mit den Armen, um mich doch wieder nach vorne zu drücken, aber ich kippe immer weiter rückwärts. Der Schwerpunkt wurde einfach zu sehr überschritten und ich drohe zu fallen. Doch selbst in diesem Moment bringe ich kaum einen Ton aus mir raus. Es ist, als würde etwas meine Kehle zuschnüren und mir nicht gestatten, aus Leibeskräften zu schreien. Würde ich nicht gerade dagegen ankämpfen zu fallen, würde ich mir selber eine scheuern, um endlich wieder aus diesem hirnrissigen Schock herauszukommen. Doch im Moment habe ich andere Sorgen und es geht alles so schnell, sodass ich nicht einmal normal denken kann. Doch plötzlich werde ich an der Hand gepackt und ich starre automatisch in die Richtung meines Retters. Raphael war noch rechtzeitig zu mir gestürmt und hätte er das nicht getan, so wäre es für mich zu spät gewesen und ich wäre mit Sicherheit in die Tiefe gestürzt. Schnell zieht er mich zu sich und ich spüre, wie er seine Arme um mich schlingt, während ich immer noch starr vor Angst bin. Hat er mich tatsächlich wieder gerettet?! Mir kommt das alles wieder so vor wie ein Traum. So, wie es bereits schon einmal der Fall gewesen war. Das kann doch jetzt nicht echt sein, oder?! Mit weit aufgerissenen Augen stehe ich einfach da und zittere wie Espenlaub. Ich kann es einfach nicht glauben und ich zweifle an meinem Verstand. Dennoch, es ist passiert. Ich wurde ein zweites Mal vor dem Tod bewahrt und zu verdanken habe ich es dieser riesigen, humanoiden Schildkröte, vor der ich eigentlich fliehen wollte. Ich hatte so große Angst vor ihm, doch ich weiß jetzt nicht mehr so genau, ob diese Angst überhaupt gerechtfertigt ist. Ich meine, was hat Raphael bisher getan, was die begründen würde? – Genau, nichts und dennoch kann ich dieses beschissene Gefühl nicht so einfach abstellen. Auch wenn mein Hirn mir gerade befielt, es zu tun. Ich habe gerade mit so vielem zu kämpfen: Da wäre mal als Erstes dieses Gefühlschaos, welches gerade achterbahnfährt und zudem noch ständig zwischen Angst, Erleichterung und Dankbarkeit schwankt und dann wäre noch etwas Anderes. Die unzähligen Fragen, die sich in meiner Birne immer weiter anhäufen und in die Höhe stapeln. Was zum Geier geht hier eigentlich ab?! Komm runter Bernadette, es ist alles gut, auch wenn es auf dem ersten Blick nicht so aussieht. Langsam und bewusst atme ich tief durch, während ich noch weiter gedanklich an diese Worte denke. Ich versuche das Ganze irgendwie zu verdauen und will mich auch beruhigen. Denn ich will es schlicht und einfach verstehen. Es fällt mir jedoch nicht leicht, so sehr ich es auch will. Stattdessen macht mich etwas Anderes stutzig. Leicht an Raphaels Brust gerückt, merke ich, dass sein Herz ebenfalls so schnell schlägt wie meines. Macht er sich gerade Sorgen um mich? Hat er ebenfalls Angst? Dabei kennt er mich doch nicht einmal und dennoch lassen seine schnelle Atmung, sowie sein erhöhter Puls dafürsprechen. Das ist doch echt verrückt! Irgendwie kann ich das kaum begreifen und doch ist es so. Nicht nur das, ich habe keine Ahnung warum, aber obwohl ich das Ganze überhaupt nicht verstehe, spüre ich doch, wie ich langsam ruhiger werde. Als wenn das Wissen darüber, dass sich jemand um mich sorgt, der Auslöser dafür wäre. Das ist doch krank. Eigentlich müsste ich schreiend davonrennen, aber ich tue es nicht und ich lasse es sogar zu, dass mich Raphael in seinen Armen hält. Ich wehre mich nicht einmal und ich will es sogar gar nicht. Irgendwie fühlt sich seine Umarmung gut an. Als wenn ich das schon seit langem gebraucht hätte. Noch dazu kommt mir plötzlich etwas in den Sinn, was einst mein Vater zu mir gesagt hatte, als jener noch lebte. Wie ein Gedankenblitz höre ich im Kopf seine vertraute Stimme. Aus Raphaels Sicht: Langsam löse ich mich wieder von ihr. Es ist ihr nichts passiert. Dabei hätte das jetzt mächtig schiefgehen können. Zum Glück konnte ich sie noch rechtzeitig festhalten, bevor sie in die Tiefe gestürzt wäre. Nur, was mache ich jetzt? Das eigentliche Problem ist immer noch nicht aus der Welt. Als ich mich nun einige Schritte von ihr entferne und in ihre graugrünen Augen schaue, merke ich, wie sie mich mit einem fragenden Blick ansieht. Sie ist überfordert und versteht mit Sicherheit nicht, was hier vor sich geht. Was eigentlich nur allzu sehr verständlich wäre, aber irgendwie habe ich den Eindruck, dass sie jetzt nicht mehr so viel Angst hat, wie vorhin. Ach Quatsch! Das bilde ich mir sicherlich nur ein. Vermutlich steht sie jetzt nur unter Schock und kann ihre eigentliche Angst nicht wirklich zeigen. Ich bin ein Mutant, da ist klar, dass sie sich vor mir fürchtet. Mein Aussehen erschreckt die Menschen und vermutlich wird es egal sein, wie oft meine Brüder und ich die Leute retten, wir werden für sie nichts weiter als schauerliche Monster sein. Wie soll ich ihr nur zeigen, dass ich zu den Guten gehöre? Wahrscheinlich wird alles, was ich sage, an ihr vorbeigehen. Sie wird mir garantiert nicht glauben. Eine Weile stehen wir einfach da und schauen uns gegenseitig an. Keiner von uns sagt etwas. Es herrscht eine unruhige Stille und jede einzelne Sekunde kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Dieses beschissene Gefühl zerreißt mich förmlich. So ein verdammter Mist! Kann sie denn nicht zumindest schreien? Keine Ahnung warum ich mir das jetzt gerade wünsche, aber das wäre mich jetzt tausendmal lieber als diese unerträgliche Stille. Sie hingegen bleibt einfach wie erstarrt. Doch dann verändert sich ihr Blick. Irgendwie sieht sich mich anders an. Was habe ich jetzt schon wieder gemacht? Eigentlich nichts und doch schaut sie mich so komisch an. Nun neigt sie sogar ihren Kopf leicht zur Seite und kommt überraschenderweise einige Schritte auf mich zu. Vorsichtig berührt sie mit ihrer rechten Hand meinen linken Arm. Irgendwie wirkt es auf mich, als wenn sie das alles nicht wirklich glauben kann, was sie vor sich sieht und nun versucht die Realität zu finden. Ich beobachte sie einfach stumm und weiterhin überrascht, wie sie mit ihren zarten Fingern über meine Haut gleitet und mich dann wieder direkt ansieht. Ich habe echt keine Ahnung, was da vor sich geht. Ich hätte eher damit gerechnet, dass sie jetzt schreiend davonrennt, um ihr Leben bettelt, oder irgendetwas dergleichen tut, aber dem ist nicht so. Sie schaut mich einfach an. Am liebsten würde ich jetzt selber etwas sagen, aber vermutlich würde ich sie somit nur noch einmal verschrecken. Vielleicht ergreift sie dann wirklich wieder aus Panik die Flucht und dann stürzt sie doch in die Tiefe. „Es … tut mir leid.“, stottert sie schließlich mit einer etwas leisen Stimme, was mich jetzt erst recht aus dem Konzept bringt. Es ist, als wäre ich gerade gegen eine Wand geknallt. Was hat sie da gerade gesagt?! Hat sie sich gerade bei mir entschuldigt?! Wofür?! Ihr Gesicht wirkt jetzt etwas beschämt und traurig zugleich. Kein Anzeichen mehr von Angst, aber warum? Ich checke das nicht! Überfordert und überrascht zugleich kann ich auf diese Entschuldigung zunächst nicht reagieren. Ich hätte mit vielem gerechnet, aber bei dieser Reaktion bleibt einem ja förmlich die Spucke weg. Denn das ist mir noch bei keinem Menschen untergekommen, egal ob sie meine Brüder und mich gesehen haben, oder nicht. Die Angst und die Panik waren immer vorhanden, egal wie wir es auch angestellt hatten und das obwohl es uns eigentlich nicht gestattet ist, überhaupt Kontakt zu den Menschen zu knüpfen. Tja, geht eigentlich schwer, wenn man der Oberwelt öfters den Arsch retten muss. Tatsache ist, dass es immer die Folge hatte, dass wir bisher immer gefürchtet wurden und manchmal war das auch gut zu. Wenn ich da an die Vollpfosten denke, die ab und zu an den Geschmack an meiner Faust kommen. Zwar war es auch diesmal, mehr oder weniger, der Fall, aber das hat sich zu meiner Überraschung schlagartig geändert. Nachdem ich endlich meine Stimme wiedergefunden habe, meine ich nur trocken: „Ist schon ok. Du brauchst dich nicht zu entschuldigen.“ „Ich weiß nicht. Irgendwie komme ich mir gerade total blöd vor. … Schließlich hast du mir zum zweiten Mal das Leben gerettet und wenn ich nicht gleich so in Panik geraten wäre, … wäre das nicht einmal notwendig gewesen. Anscheinend bin ich dafür geschaffen, ständig in Schwierigkeiten zu geraten.“, widerspricht Bernadette mir, während sie etwas wegsieht und dabei den Kopf schüttelt. Ihr Versuch dabei irgendwie zu lächeln, scheitert allerdings kläglich, während ich ebenfalls in dem Punkt versage, dass das alles irgendwie zu verstehen. Es will einfach nicht in meinen Schädel und wenn ich daran denke, was wohl meine Brüder davon halten würden, würde die mir das nicht einmal abkaufen. Leo würde mir wohl eher eine weitere Belehrung an den Kopf werfen, dass das ein totaler Mist ist, was ich hier verzapft habe. Vermutlich würde er sogar weitergehen. Mikey würde sich wohl her darüber schlappmachen. Für ihn wäre das wohl wie ein „Lottogewinn“, oder ein Platz in der ersten Reihe bei einer abgefahrenen Show und Donnie? Der würde zur hohen Wahrscheinlichkeit irgendetwas fachsimpeln, von dem ich eh keinen blassen Schimmer habe, oder sonst irgendetwas dergleichen tun. Was der oft von sich gibt, könnte man auch in einfache Worte verpacken, aber er liebt es nun mal, sein „Lexikonwissen“ an den Tag zu bringen. Ich dagegen stehe nun wie ein begossener Pudel da und starre wie ein Idiot durch die Gegend, als wenn ich nichts Besseres zu tun hätte und dann gibt es noch sie: Zuerst ist sie so ängstlich, dass sie beinahe in den sicheren Tod gestürzt wäre und dann entschuldigt sie sich auf einmal bei mir, als hätte sie einfach „nur“ etwas Falsches gesagt. Das scheint ja das „beste Rezept“ für eine totale Verwirrung zu sein. Noch dazu bin ich nicht der Einzige, der völlig von der Rolle ist. Auch wenn Bernadette versucht, einen klaren Kopf zu behalten, so wirklich kann auch sie die ganze Sache nicht verstehen. Auch wenn sie scheinbar „akzeptiert“ hat, dass ich kein Mensch bin, geschweige „normal“, wer weiß, was sie wirklich dazu denkt. Ich merke nur, dass sie etwas unsicher zur Seite blickt und ihre rechte Hand gegen ihren linken Arm reibt. „Ähm … tja, ich schätze mal, da das jetzt einmal „geklärt“ ist, … können wir uns wohl wieder auf dem Weg machen.“, versuche ich das Thema zu wechseln und will schon mein Vorhaben in die Tat umsetzen, als mir Bernadette jedoch erneut widerspricht: „Wenn es dich nicht stört, würde ich wohl noch gerne etwas von dir wissen.“ „Willst du nicht zuerst nach Hause? Es ist nicht mehr weit.“, hake ich nach, da sie doch nach diesem kurzen Telefonat so schnell wie möglich dort sein wollte. Bernadette hingegen schüttelt den Kopf und entgegnet mir achselzuckend: „Da würde ich so und so erst einmal ein Donnerwetter erwarten. Außerdem ist es jetzt eh schon egal, ob ich in ein paar Minuten früher zuhause bin, oder doch erst später. Es würde für meine Tante sowieso keinen Unterschied machen. Den Ärger kriege ich auch so.“ Wie sie meint, auch wenn ich noch nicht ganz begreife, was sie von mir hören will. Das ich kein Mensch bin, weiß sie bereits. Das brauche ich nicht an die große Glocke binden, aber wenn sie es so will, mir soll´s recht sein. Somit setzen wir uns beide zunächst hin. Das ganze Gestehe macht einem nur unruhig. Außerdem vermute ich, dass diese Sache wohl länger als ein paar Minuten dauern wird. Nur an mir soll´s nicht liegen, auch wenn ich noch immer nicht ganz checke, wozu das gut sein soll. Jedoch scheint ihre jede Menge Fragen zu brennen. Ob ich diese allerdings beantworten kann, sei mal dahingestellt, aber ich glaube kaum, dass ich eine andere Wahl habe, wenn ich nicht will, dass dieses Mädchen wieder Angst vor mir bekommt. Daher lasse ich mich darauf ein. Noch etwas vorsichtig kommen wir allerdings nach einer Weile langsam ins Gespräch. Irgendwie hätte ich das nicht erwartet. Was ich aber zu allererst einmal aufklären wollte, war die Tatsache, dass ich ein Mutant bin. Wenn mal ein Mensch tatsächlich mal entweder mich, oder einen meiner Brüder gesehen hat, so war oft die Rede davon, wir wären Aliens, oder sogar Dämonen. Was natürlich der größte Schwachsinn ist, den ich je gehört habe, aber die Fantasie scheint wohl keine Grenzen zu kennen. Daher war mir mal wichtig, diesen Punkt mal klarzustellen. Jedoch hatte ich währenddessen immer noch die Vermutung, dass Bernadette ihr Meinung vielleicht ändern könnte. Allerdings ist dies bis jetzt nicht der Fall gewesen. Noch dazu fällt mir hier auf, dass die Situation momentan irgendwie locker ist. Es ist, als wenn wir beide scheinbar das Schlimmste überstanden hätten, was total schräg ist. Je mehr wir miteinander reden, desto mehr fällt dieses drückende Gefühl von uns beiden ab. Zumindest scheint auch Bernadette lockerer zu werden und die Angst von vorhin ist wie verflogen. Als wenn sie nie existiert hätte. Stattdessen sprudeln nun die Fragen nur so aus ihr heraus, die sie scheinbar bereits gestern gequält haben. Für mich ist bereits klar gewesen, dass sie vieles nicht versteht und dementsprechend nachhakt. Wer trifft schon in seinem Leben auf einen Mutanten? Für die meisten Leute ist solch ein Ereignis nur ein Hirngespinst, was sich Autoren und Filmemacher ausdenken. Jedoch sind meine Familie und ich die lebenden Beweise und anders als in Filmen, versuchen wir die Bekanntschaft zu Menschen so gut wie möglich zu vermeiden. Ausnahmen sind natürlich April und dieser komische Kameramann, namens Vern, aber das ist etwas völlig anderes. Bernadette kann ich allerdings, glaube ich zumindest, ebenfalls in die Liste hinzufügen. Ich weiß auch nicht, aber sie strahlt etwas aus, was mich einfach daran glauben lässt. Die anderen werden das wohl nicht so sehen. Vermutlich wird diese Info, dass ich eine neue Bekanntschaft gemacht habe, wohl kaum bei ihnen gut ankommen. Daher werde ich wohl dieses Detail erst einmal verschweigen. Außerdem müssen sie ja nicht alles wissen, was ich tue. Auch wenn Leo mein Anführer und Meister Splinter unser Vater und strenger Lehrmeister ist, es geht sie nichts an. Schließlich kann ich für mich selbst entscheiden, was richtig ist und was nicht und bei ihr sehe ich einfach keine Gefahr. Auf dieses Gefühl vertraue ich einfach. Das Nächste, was ich dem Mädchen erzähle, ist, dass ich gemeinsam mit meinen Brüdern New York beschütze. Das, was ich gestern bereits zu ihr gesagt habe, habe ich ernst gemeint und ich versuche ihr so nochmals zu bestätigen, dass ich zu den Guten gehöre. „Ok, irgendwie klingt das für mich immer noch unglaublich, aber sag mal: Hattest du gestern etwas mit diesem Anschlag im Kaufhaus zu tun? Schließlich warst du bereits dort, oder zumindest in der Nähe. Irgendetwas muss dort geschehen sein.“, fragt sie mich anschließend und sieht mich dabei neugierig an. Anscheinend muss sie das sehr beschäftigen. Ob sie wohl in dieser Menschenmenge war, die wir gerettet haben? Ich hätte sie zwar nicht gesehen, aber andererseits würde sie nicht so detailliert fragen. Immerhin mussten meine Brüder und ich die Purple Dragons aufmischen, da hätte sie wohl etwas mehr mitkriegen müssen. Was da draußen war, war nur ein Bruchteil davon. Daher kann ich es mir nicht vorstellen. Somit starte ich einfach eine Kurzfassung: „Wie schon gesagt, meine drei Brüder und ich sind dafür da, um die Stadt etwas aufzumischen, wenn es notwendig ist. Das war auch letzte Nacht der Fall, als wir ein paar Möchtegern-Gangstern den Arsch versohlt haben. Manchmal brauchen Idioten, wie die es sind, eine Abreibung, damit die mal wieder klardenken können. Ich schätze aber, dass es bei denen von gestern sinnlos war.“ „Wie kommst du darauf?“, hakt Bernadette bei meiner letzten Bemerkung nach, aber wenn sie solche Schwachmaten kennen würde, würde sie das besser nachvollziehen können. Daher lache ich auf: „Na was wohl? Kaum hat man die einen erledigt, kommen schon die Nächsten. Sie lernen einfach nicht dazu. Solche geisteskranken Deppen sind nicht gerade die hellsten Kerzen auf der Torte. … Andererseits wird mir so auch nie langweilig.“ „Irgendwie kommt mir das bekannt vor.“, murmelt Bernadette vor sich hin, aber ich habe nur einen Teil davon verstanden. Als ich nachfrage, meint sie nur schnell: „Ach nichts, ich habe nur laut gedacht. Nur erzähl mal, was genau ist vorgefallen?“ Worüber sie wohl nachgedacht hat? Irgendwas scheint sie wohl zu beschäftigen, aber ich darf mich nicht allzu sehr einmischen. Ich habe eigentlich jetzt schon die Grenze überschritten und obwohl es mir vorhin vollkommen egal war, kommt mir nun wieder der Gedanke, was passieren würde, würden die anderen davon Wind bekommen. Vermutlich würde ich als Erstes eine Belehrung erhalten, dass ich keine Unschuldigen unnötig in Gefahr bringen soll. Andererseits bin ich da nicht allein schuld. Ich musste schließlich etwas tun, sonst wäre das Mädchen unter die Räder gekommen und das wortwörtlich. Dass Bernadette mich nun gesehen hat, war halt Pech. Ich muss einfach dafür sorgen, dass das unter uns bleibt und dass sie auf keinen Fall jemandem etwas von mir und meiner Familie erzählt. Es wäre wohl besser nicht zu viel von mir und den anderen preiszugeben, sonst komme ich wirklich noch ins Teufels Küche. So seufze ich und erzähle Bernadette nur kurz, dass ich mit meinen Brüdern einen Raub verhindert habe, wobei einer der Typen ein Feuer ausgelöst hat. Zum Teil stimmt das ja auch, aber das muss sie ja nicht wissen und die Kurzfassung reicht erst einmal. Ich glaube, für heute hat sie genug durchgemacht und mir geht es dabei nicht viel anders. Zum Glück ist sie mit meiner Aussage zufrieden. Zumindest fragt sie mich deswegen nicht weiter aus und ehrlich gesagt, bin ich sogar froh darüber. Allerdings bin ich nun selbst etwas neugierig geworden. Die ganze Zeit habe ich den großen Erzähler gespielt, nun könnte sie auch mal rausrücken, was sie eigentlich dazu bewegt hatte, diese Straße aufzusuchen. Wegen ihrer Adresse wundert es mich schon, dass sie sowohl gestern, als auch heute hier ist. Abgesehen davon, dass sie herausfinden wollte, wer ihr Retter war, warum streunte sie am Vortag dort herum? Als ich sie das dann frage, seufzt sie: „Ach, ich musste nur mal den Kopf freikriegen. Ich habe in letzter Zeit ein wenig Stress mit der High-School, sowie auch mit meiner Tante, aber Zweiteres hast du mit dem Telefonat auch selbst mitbekommen.“ Die Dame scheint ihr Wohl gehörig auf dem Wecker zu fallen und so wie das klingt, ist das nicht seit kurzem so. Irgendwie kenne ich das woher und so wie ich diese hysterische Nörgeltante beim Telefonat gehört habe, möchte ich mir nicht vorstellen, was Bernadette daheim erwartet. So wie sie herumgeschimpft hatte, war sie kaum zu überhören. Trotz allem gibt es etwas, was ich immer noch verwundert: Wir beide können jetzt so locker miteinander reden und die Tatsache, dass ich ein Mutant bin, scheint ihr vollkommen egal zu sein. Sie behandelt mich sogar, als wenn ich ein „normaler Mensch“ wäre. Wenn ich sie gestern nicht das erste Mal getroffen hätte, könnte ich sogar schwören, dass wir uns schon ewig kennen. Bei April war das damals etwas anders. Wenn ich sogar genau bin und an unsere Freundin denke, die bei unseren ersten Treffen nach einer Weile einfach ohnmächtig wurde, war das heute mit Bernadette schon beinahe leichter. Wenn wir mal von der Rettungssache absehen. Dennoch frage ich mich ständig, wieso sie jetzt keine Angst vor mir hat. Nicht, dass es mich stört, aber es ist doch merkwürdig und ich hätte nach der Aktion niemals damit gerechnet, dass wir beide jetzt auf einem Dach sitzen und uns „gemütlich“ unterhalten. Es nagt förmlich an mir und so konfrontiere ich sie damit: „Das mag vielleicht jetzt überflüssig sein, aber warum redest du mit mir? Dass ich nicht gerade wie der Typ von nebenan aussehe, ist dir sicherlich nicht entgangen. Hast du etwa keine Angst vor mir?“ Bernadette schaut mich kurz überrascht an, lächelt aber dann, als sie meint: „Weißt du, zuerst habe ich mich wirklich gefürchtet, weil ich so was wie dich noch nie in meinem Leben gesehen habe. Ich meine, Mutanten gibt´s „normalerweise“ nur in Geschichten, oder Filmen und wer weiß noch wo. … Aber irgendwie habe ich doch gecheckt, dass du mir nichts Böses willst … und nachdem ich mich wieder beruhigt habe, habe ich mich sogar an die Worte meines Vaters erinnert: Nicht das Aussehen macht einen Menschen aus, sondern seine Taten und sein Charakter.“ „Du weißt schon, dass ich aber kein Mensch bin, sondern ein Mutant?“, murmle ich fragend, aber sie meint nur: „Ob Mensch, oder Mutant, das ist egal. Viel wichtiger ist, was dabei rauskommt. Außerdem, warum sollte man das nicht über einen Mutanten genauso sagen können? Wenn man dabei bedenkt, dass du und deiner Brüder New York beschützt, sehe ich da kein Problem.“ Bei der letzten Aussage muss ich grinsen. Solch ein Kompliment habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gehört. Irgendwie ist sie schon komisch und doch hat sie etwas an sich, was ich sogar interessant finde. Ihre Sichtweise und wie sie mich behandelt, ist für mich praktisch unbeschreibbar. Merkwürdigerweise stelle ich auch fest, dass ich sie mag. Bernadette ist irgendwie anders, als jene Mädchen, welche ich bisher von weiten beobachtet habe und dabei habe ich schon viele gesehen. Von den üblichen Tussen, die nur an sich und ihr Aussehen denken, bis hin zu den Rockerbräuten waren so viele dabei. Nur keine scheint im Nachhinein mit Bernadette vergleichbar zu sein, aber vielleicht bilde ich mir das nur ein und an der Sache ist schlicht und einfach nichts dran. Eine Weile bleiben wir noch sitzen, bis ich sie dann nach Hause bringe. Schließlich kann Bernadette sich nicht ewig von der Tatsache drücken, dass sie demnächst Ärger bekommen wird. So wie ich ihre Tante am Handy gehört habe, wird ihr noch eine ordentliche Standpauke bevorstehen, aber da muss Bernadette jetzt durch und das ist ihr auch bewusst. Weder sträubt sie sich dagegen, noch sucht sie nach irgendeiner Ausrede. Sie schreitet sogar mutig in die Höhle des Löwen. Scheinbar hat sie das nicht zum ersten Mal durchgemacht, dennoch würde ich das keinem wünschen. Wie dem auch sei, sie lässt mich ohne irgendeinen Kommentar hochheben und ich laufe los. Geschickt springe ich über die einzelnen Dächer, bis ich nach kurzer Zeit endlich das Ziel erreicht habe. Der schnellste Weg ist immer noch von oben. Daran gibt es keinen Zweifel. Wenn man auf den Straßen über eine Stunde braucht, so ist es auf den Dächern vielleicht mal eine halbe Stunde. Wenn man nicht schon die einen oder anderen Abkürzung kennt, ist man manchmal sogar noch schneller. Der zweite hilfreiche Weg, ist durch die Kanalisation, aber das ist momentan nicht notwendig. Zwei Häuser vorher springe ich schließlich in die Gasse hinunter und lasse Bernadette dort vorsichtig herunter. Kaum, dass ich das getan habe, meint sie lächelnd: „Danke fürs Heimbringen und noch einmal Danke fürs Retten. Hoffentlich wird das für dich nicht zur Gewohnheit.“ „Lass mal, ich mach das ständig, als mach dir kein Kopf darum.“, entgegne ich ihr, wobei ich es dabei nicht lassen kann, ein wenig damit anzugeben. Andererseits gäbe ansonsten wenig Möglichkeiten, um dies zu tun und es ist ja nicht so, als wenn es nicht stimmen würde. Ich habe schon vielen Menschen den Arsch gerettet. Da ist es bei ihr nichts Neues. Doch dann kommt wieder ein Moment, in der Bernadette mich vollkommen überrascht. Sie sagt zum Abschied: „Das glaub ich dir, aber trotzdem muss es nicht sein. Ich bin nicht gerade gerne „die holde Maid“ aus den Märchen, die ständig gerettet werden muss. … Da würde ich dich lieber mal so treffen, ohne dass du wieder einschreiten musst.“ Grinsend winkt sie schließlich zum Abschied und verlässt ohne ein weiteres Wort die Gasse. Ich dagegen stehe nur verdattert da und starre ihr hinterher, bis ich mich blinzelnd und kopfschüttelnd wieder in die Realität zurückfinde. Ich spüre sogar, dass ich irgendwie nervös werde und dabei ist das doch schwachsinnig. Warum sollte ich auf einmal nervös werden? Es gibt ja keinen Grund dafür. Um nicht länger darüber nachdenken zu müssen, springe ich schon an der nächsten Wand hoch und klettere daran hinauf. Oben angekommen blicke ich um mich und entdecke sie schon. Von oben beobachte ich, wie sie gerade bei sich zu Hause klingelt. Die Tür öffnet sich und eine wutentbrannte Frau erscheint. Ohne zu zögern, packt sie das Mädchen sogleich an der Hand, zerrt Bernadette hinein und die Tür mit einem ordentlichen Knall zugeschmissen. Hoffentlich überlebt sie diesen „Anschlag“. Naja, so lange sie nicht in ein Hashi muss, so wie ich, wenn ich wieder einmal etwas ausgefressen habe, kann es ja nicht so schlimm werden. Apropos, ich sollte besser verschwinden, bevor mich noch jemand sieht. Das mich heute ein Mensch gesehen hat, reicht fürs Erste. Schließlich mache ich mich mit einem kurzen Seufzer auf dem Weg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)