TMNT - Schicksal? von Pamuya_ ================================================================================ Kapitel 1: Ein üblicher Start in den Alltag ------------------------------------------- Liebes Leben, manchmal denke ich mir, du hasst mich. Dass es oftmals nicht einfach mit dir ist, bekommt man schon als Kind mit und dafür muss man nicht einmal extra in die Schule gehen, um das zu kapieren. Wobei, manchmal habe ich das Gefühl, dass es doch einige Menschen auf diesem Planeten gibt, die selbst das nicht geschnallt haben. Wovon ich rede, ist ganz einfach: Ich rede von den Leuten, die in ihrem bisherigen Leben alles in den Schoß bekommen haben, wenn es ihnen nicht schon hinterhergeschmissen worden ist. Andere wiederum, zu denen auch ich zähle, müssen vieles, wenn nicht schon alles hart erkämpfen und selbst dann bekommt man nur die Krümel vom Kuchen ab. Während andere mit ihren gierigen Fingern nach der großen Beute greifen und diese auch erhalten. Ich will jetzt nicht sagen, dass ich eifersüchtig bin. Naja, manchmal trifft dies schon zu. Ich bin ja auch nur ein Mensch. Das passiert aber erst dann, wenn es mir mal wieder so richtig mies geht, aber genug davon. Sonst schweife ich endgültig ab. Ich kann nun mal nicht verstehen, wie jemand, der alles besitzt, was man sich nur erträumen kann, ausnutzt und anderen unter die Nase reiben muss. Nicht jeder ist mit großem Glück gesegnet. Sei es Geld, oder Macht, es weiß ohnehin jeder, dass das so und so auf der ganzen Welt ungerecht verteilt ist. Nur gibt es ganz spezielle Menschen, die diesen „Glanz“ einfach brauchen, wenn sie nicht sogar süchtig danach sind. Bei mir hingegen ist das anders. Es interessiert mich einfach nicht, wenn jemand mit seiner Kohle um sich wirft und jeden Tag mit den neusten Trends aufkreuzt. Egal wie sehr sich derjenige aufbrezelt, es ändert nichts an der Sache, was für ein Mensch derjenige ist. Selbst wenn das Herz selbst pechschwarz ist, es wird eigentlich nur mit dem ganzen Krimskrams überdeckt. Mehr als das ist es nicht. Da hilft auch nicht die neueste Mode, der geilste Klunker, oder der coolste Spruch. Außerdem gibt es für mich Wichtigeres als diesen Mist. Manchmal glaube ich aber, dass ich mit diesen Gedanken alleine bin und wenn man in einer Metropole wohnt, wird das wahrscheinlich nicht besser werden. Wenn ich dies nur irgendwie vermeiden könnte, aber dafür müsste ich mich schon für immer und ewig in meinen Träumen flüchten und dies wird wohl kaum möglich sein. Leider muss ich heute wieder an den Ort, an den es mich am meisten graust: die Schule. Nicht, dass ich ein Lernmuffel, oder etwas dergleichen wäre, aber ich fühle mich dort einfach nicht wohl. Wie Zombies treiben so viele Schüler in Gängen und Räumen ihr Unwesen. Dabei drängen sie anderen ihre Meinung auf und ziehen dabei die Ahnungslosen, wie Motten durch Licht, an, während jene dies nicht bemerken, bis es zu spät ist und sie nicht mehr aus den Klauen des Gruppenzwangs herauskommen können. Wenn ich nur daran denke, kommt mir ein Schauder über den Rücken und ich mag erst gar nicht meine Augen aufmachen. Mein Bett ist mein heiliger Ort und den möchte ich einfach nicht verlassen. Noch dazu bin ich viel lieber in meiner eigenen Welt, in der ich ohne Wenn und Aber entscheiden und das tun kann, was ich will. Keiner beeinflusst mich, oder legt mir Steine in den Weg, es ist einfach herrlich. Leider sind dies nur Träume, egal ob Tagträume, oder jene Geschichten, die ich in den Nächten erleben kann. Wäre ich in einer Art Märchen, so wüsste ich, dass dies nicht lange andauern würde und ich ein Happy End erleben darf, aber ich bin in der Wirklichkeit gefangen. Hier gibt es keine guten Feen, Magie, oder dergleichen. Es gibt nicht einmal Drachen, oder andere Wesen, welche ein Abenteuer zulassen würden. Vielmehr gleicht der Alltag einem vorgefertigtem Plan, der sich irgendein Idiot ausgedacht hat und dem man ohne Widerworte befolgen muss. Die Gesellschaft schreibt vor, was gut und was schlecht ist und dabei bräuchten die Leute einfach nur ihr tägliches Leben genauer anzusehen. Denn dann würden sie vielleicht feststellen, dass da etwas schiefläuft. Doch so wie es auch in meiner Schule abgeht, so ist es außerhalb dieser Mauern nicht viel anders. Menschen mit Macht bestimmen und andere haben dies zu übernehmen. Sei es physisch, oder psychisch, es spielt keine Rolle und dabei könnte so vieles anders laufen. Ich hingegen habe aber nicht die Macht dazu. Ich kann außerdem nur für mich selbst entscheiden und eigentlich ist das auch ganz gut so. Was würde es sich das auch bringen? Ich würde dann nur dasselbe wie die anderen machen und das bin ich einfach nicht. Ich stecke einfach nur, wie jeder andere auch, in diesem Leben fest, was sich aus meiner Sicht nur schwer ändern lässt. Wenn ich selbst nicht so eine Abneigung gegen Drogen hätte, hätte ich mir vermutlich schon einige eingeworfen, damit ich einfach nur der Realität entkommen kann. Dann wäre ich in meiner Welt und keiner könnte mir vorschreiben, etwas zu tun, was ich nicht will. Doch das Schicksal hat anscheinend etwas anderes für mich vorgesehen und das ist nun mal wirklich nicht nach meinem Geschmack. Wenn es nur jemanden gäbe, welcher zumindest in manchen Punkten ähnlich denken würde. Ich wäre schon damit zufrieden. Dann könnte ich zumindest mit denjenigen darüber diskutieren und wäre mit meinen Gedanken und Gefühlen nicht ganz so allein. Vermutlich wird dies aber nur ein Wunsch bleiben und mein anderer Wunsch, nicht in die Schule gehen zu müssen, wird gerade zunichtegemacht. Denn schon höre ich die „liebreizende“ Stimme von Tante Tina, die bereits an meiner Zimmertür geklopft hat und nach mir ruft: „Bernadettchen! Aufstehen! Oder willst du zu spät in die Schule kommen?!" Soll ich ihr jetzt wirklich antworten, dass ich lieber einen Besuch in die Kanalisation machen würde, anstatt dieses sogenannte Schulgebäude aufzusuchen? Lieber nicht, sonst hält sie wieder ein Vortrag und diese könnte in die Unendlichkeit ausarten. Darauf habe ich nun mal echt keine Lust. Dieses Szenarium hatte ich bereits schon zu genüge und eine weitere Version davon wäre in dieser Sammlung einfach nur überflüssig. Abgesehen davon ärgert mich momentan etwas Anderes viel mehr. Ich hasse es einfach, wenn sie mich so nennt. Ich heiße Bernadette und basta! Dass das kein alltäglicher Name ist, war mir schon als Kind bewusst, aber mit dieser „Verniedlichung“ ist es noch schlimmer. Schon oft habe ich mir anhören müssen, dass mein Name ziemlich ungewöhnlich ist. Nur, was soll ich machen, wenn meine Mutter sich unbedingt einen Französischen aussuchen musste, der noch dazu einer Heiligen gewidmet ist? Laut den Überlieferungen hatte die heilige Bernadette als Mädchen eine Marienerscheinung und das in Stadt Lourdes. Angeblich soll es dort auch Heilwasser geben. Ich habe jedoch keine Ahnung, ob dies überhaupt zutrifft und abgesehen davon interessiert dies niemandem. Ich heiße nun mal so und ich möchte auch so angesprochen werden. Das ist alles, was an diesem Thema wichtig ist. „Ja, ja, ich steh schon auf.", murre ich schließlich, während ich mich aus meinem Bett quäle. Montag, wohl der schlimmste Tag der Woche, denn dieser ist der erste Tag, der mich aus meiner schützenden Fantasie herausreißt und mich auf dem Boden der Tatsachen bringt. Ich seufze, aber ich habe wohl keine Wahl. Schon schlurfe ich zu meinem Kleiderschrank und hole mir dir Sachen für heute raus: eine dunkelblaue Jeans, ein schwarzes Top, braune Sneakers und eine rotorange karierte Bluse, die ich mir um die Hüfte binde. Das war mal Schritt eins des heutigen Tages. Als Nächstes kommt der Teil mit den Accessoires. Ehrlich gesagt, bin ich nicht so sehr der Fan von Schmuck, aber so kleine Sachen mag ich ja doch und die peppen das Ganze ein wenig auf. So binde ich mir meine beiden Lederarmbänder, die jeweils grün und gelb sind, um das linke Handgelenk und stecke mir kleine, runde Stecker-Ohrringe an die Ohrläppchen. Ich glaube, das reicht und ich denke, dass das ganz gut aussieht. Ich fühle mich zumindest wohl dabei. Doch als ich meinen Blick vom Schrank ablasse und zu meinem Schreibtischsessel hinüberschaue, sehe ich da eine pinke Bluse mit leichten Rüschen. Das zufriedene Gefühl verblasst. Ich kann nicht anders, als dass mein Gesicht automatisch eine angewiderte Miene aufweist, während ich noch weitere zwei Sekunden auf diesen Haufen von Stoff starre. „Das kann doch nicht ihr Ernst sein?", jammere ich kleinlaut und knalle mir meine rechte Hand gegen die Stirn, die ich dann langsam über mein ganzes Gesicht gleiten lasse. Nicht schon wieder, es wird schon langsam echt lästig! Wie oft will sie dieses Spiel noch treiben, bis sie das endlich mal kapiert? Ich hasse Pink! Das war schon damals so, als ich noch ein Kind war und das wird auch in alle Ewigkeit noch so bleiben! Da ändert nichts daran, dass ich ein Teenager bin und mit großer Wahrscheinlichkeit wird es auch noch so sein, wenn ich eine alte Oma bin! Mir hatte es schon damals gereicht, als ich früher von meiner Mutter und von meiner Tante in solchen Fummeln reingesteckt wurde. Damals hatte ich noch keine großen Chancen, um mich dagegen zu wehren. Heute aber spielt eine ganz andere Musik! Ich bin doch keine Barbiepuppe, die man einfach so ankleiden kann, wie es einem so passt! Besonders diese Farbe kommt nicht an meinem Leib! Da kann die Welt untergehen, ich werde mich weiterhin weigern. Außerdem ist Pink beziehungsweise Rosa für mich dann nur schön, wenn es sich dabei um Blumen, oder um Süßigkeiten handelt. Bei alles andere hat diese Farbe keine Chance bei mir. Da müsste schon mein Hirn umgepolt werden, damit das funktionieren würde. Mit einem genervten Seufzer lasse ich Bluse einfach so liegen, wie sie ist und stampfe ins Badezimmer. Der Tag fängt ja schon „gut“ an, da kann es kaum noch schlimmer werden. Zumindest hoffe ich das, denn meine Laune ist jetzt schon im Keller. Schon ergreife ich meine Bürste und streiche sie über meine gestuften, braunen Haare. Sie gehen mir über die Schultern, weswegen ich sie gerne offen trage. Tante Tina war nur nicht begeistert, als ich eines Tages mit roten Strähnen nach Hause kam, die nun besonders die Spitzen betonen und beinahe bis zur Mitte meiner Haarpracht reichen. Ein dunkles Weinrot und ein kräftiges Kirschrot hatte ich damals für meine Haare gewählt und bin bis heute noch stolz darauf. Kräftige Farben sind nun mal meine Lieblingsfarben und das ist egal, ob es sich dabei um Rot, Blau, Grün, Orange, Lila, oder sonst etwas handelt. Nur Pink ist die Ausnahme, aber wie heißt es so schön: Ausnahmen bestätigen die Regel. Ich bin nun mal sechzehn und kann selbst entscheiden, wie ich aussehe, auch wenn meine Tante anderer Meinung ist und immer wieder versucht entgegenzuwirken, um mich nach ihren Vorstellungen zu formen. Da beißt sie aber auf Granit und dennoch versucht sie es weiter, wie man heute wieder einmal sehen konnte. Vermutlich wird das noch lange so weitergehen. Seitdem ich bei meiner Tante wohne, versucht sie es schon und das müssten jetzt so um die zehn Jahre sein. Da hat sie schon einiges an Arbeit geleistet. Seit mein Vater gestorben ist, lebe ich bei ihr und muss meistens nach ihrer Pfeife tanzen. Durch dass meine Mutter eine Pilotin ist, ist sie ständig auf Reisen. Meine großen Brüder Dorian und Paul sind auch schon ausgeflogen. Ihr Glück ist, dass sie bereits erwachsen sind und somit ihr eigenes Leben führen können. Manchmal beneide ich sie darum und ich wünsche mir sehr, dass ich die Schule bereits hinter mich gebracht hätte. Nur werde ich noch „ein wenig“ auf meinem Abschluss warten müssen und bis es soweit ist, heißt es: Augen zu und durch! Jetzt heißt es aber: runtergehen, bevor Tante Tina wieder zu meckern anfängt, aber vermutlich wird sie auch so irgendetwas finden. Ich steige gerade die Treppen hinab, als ich schon von der brünetten Frau in ihrem rosa Sekretär-Outfit erwartet werde. Ihr Blick zeigt schon, dass sie von meinem Kleidungsstil wieder einmal nicht begeistert ist und sie seufzend den Kopf schüttelt: „Wann wirst du dich jemals wie eine Frau anziehen und dich auch so benehmen. Ich habe dir doch diese Bluse hingelegt. Ist sie denn nicht schön?" „Schön für eine Barbiepuppe, aber nicht für mich. Du weißt doch, dass ich diese Farbe hasse und bitte hör auf mich „Bernadettchen“ zu nennen. Ich heiße Bernadette. ... So, ich zisch jetzt ab.", beantworte ich ihre Frage mit einem leicht genervten und schroffen Unterton, schnappe mir meinen Rucksack und will schon verschwinden, als meine Tante mir wegen dem Frühstück noch auf die Nerven geht: „Warte mal! Willst du nicht etwas essen, bevor du einfach so abhaust? Das Frühstück ist immerhin die wichtigste Mahlzeit des Tages.“ „Keine Zeit, ich hole mir einfach was vom Bäcker. Der liegt eh auf dem Weg, als bis dann!“, rufe ich ihr noch zu, während ich einfach an ihr vorbeigegangen und gleich darauf aus der Tür marschiert bin. Sie hat nicht einmal die Chance gehabt, ihr Predigt fortzusetzen und das ist auch gut so. Ich gehe einfach meinen Weg. Ganz ehrlich, wer ist bitte für das Bildungssystem verantwortlich? Würde mich Literatur nicht interessieren, so wäre ich schon bereits zu Beginn der Stunde eingeschlafen. Auch jetzt stehe ich an der Grenze zwischen Wach- und Schlafmodus und das hat seinen Grund. Gerade höre ich die monotone Stimme meines Professors, der noch langsamer zu sein scheint, als eine Schnecke in den besten Zeiten. Mir kommt es sogar vor, als würde der Kerl absichtlich jedes Wort bewusst betonen, damit dies in das Unterbewusstsein eindringt, aber das würde nicht funktionieren, weil ihm kaum einer zuhört. Wahrscheinlich bin ich sogar die Einzige, die gerade aufpasst und das ist ganz schön anstrengend. Vielleicht bin ich auch einfach zu blöd, mich anders zu beschäftigen. So wie es der Rest meiner Klasse tut. Die meisten spielen mit ihren Handys, schminken sich, oder machen etwas komplett anderes und Professor Johnson scheint nichts davon mitzubekommen. Wie auch immer das möglich ist, aber vielleicht will er es auch einfach nicht. Es klingelt. Na endlich! Ich bin erlöst, zumindest was diesen Unterricht angeht, aber wenigstens kann ich dieser Schlaftablette entkommen. So schnappe ich mir meine Sachen und stürme aus dem Klassenzimmer. Nichts wie weg von hier und am besten mit niemandem reden. Doch auch jetzt scheint mein Glück mich verlassen zu haben, denn Lucinda stellt sich mit ihrer Clique mir in den Weg. Es ist einfach nicht mein Tag. Er hat schon beschissen begonnen und so geht aus auch munter weiter. „Wo wollen wir denn hin, wenn ich fragen darf?", fragt mich die Tussi, während sie mit ihren Fingern mit ihren blonden Locken spielt. Ok, ich habe echt nichts gegen Blondinen. Ich hatte früher sogar eine gute Freundin, die blond war, aber die hier schlägt echt dem Fass den Boden aus. Eingebildet, hochnäsig, zickig und von sich selbst überzeugt – Das sind die Begriffe, die Lucinda am besten beschreiben können. Seit sie in diese Klasse gekommen ist, hat sie es in kürzester Zeit geschafft, ein Schar von Anhängern um sich zu bilden und wurde sogar zur Klassensprecherin gewählt. Jeder bewundert sie, sogar die Nerds und größten Freaks auf dieser Schule können ihre Augen nicht von ihr lassen. Ich bin hingegen die Ausnahme und bis heute habe ich keinen blassen Schimmer, warum nur ich so denke. Wie ein Model schreitet sie immer durch die Schule und lässt die anderen ihre Arbeit machen. Selbst bei den meisten Lehrern ist sie beliebt und wenn nicht, schafft sie es dennoch sich irgendwie durchzumogeln. Ist ja auch klar, warum das so einfach geht. Sie hat ja genug helfende Hände, welche dies für sie tun. Sie braucht scheinbar nur einmal mit den Fingern zu schnippen und alles geht wie von selbst. Nur bei mir ist das anders. Zu ihrem und auch zu meinem Pech kann sie mich nicht so leicht umpolen, wie sie das sonst gerne hätte. Schon oft hat sie es bereits versucht und dennoch ist sie immer wieder kläglich daran gescheitert. Auch wenn sie mal behauptet hat, dass dies nur eine Frage der Zeit, hat sich bis jetzt nichts daran geändert. Kurz gesagt, stehe ich nun auf ihrer Abschussliste und auch ihr habe ich es zu verdanken, dass sich mein Leben zum Schlechteren verändert hat. Meine Freunde haben sich wegen ihr von mir abgewandt. Entweder durch Bestechen, Manipulation, oder durch Einschüchterungen haben sich Amy, Madison, Benny, Martin und Cary von mir entfernt und sprechen seitdem kein Wort mit mir, außer sie werden zu Beleidigungen angestachelt. Am Anfang war das sehr schwer für mich und ich konnte auch nicht begreifen, wieso die fünf so einfach kleinbeigegeben hatten. Wir waren einst doch so unzertrennlich. Jetzt hingegen können sie für mich bleiben, wo der Pfeffer wächst! Denn meiner Meinung nach halten wahre Freunde immer zusammen, egal was auch passiert und wer auf einmal im Leben aufkreuzt. Bei solchen „Freunden" bin ich lieber allein und wenn ich nur daran denke, könnte ich vor Wut schreien. Am liebsten wäre ich jetzt gerade wieder mal weit weg, aber das Teleportieren ist noch immer nicht erfunden worden und Lucinda wartet immer noch auf eine Antwort. Ich schaue sie zunächst mit einem ausdrucklosen Gesicht an und will stumm an ihr vorbeigehen, aber das kann ich mir getrost abschminken. Denn im nächsten Moment habe ich eine von ihren Kumpanen am Hals, welcher mich einfach zurückschubst und schroff, so wie auch arrogant meint: „Hey, hast du was an den Ohren?! Du wurdest was gefragt!“ Ach wirklich, darauf wäre ich ja „nie“ gekommen. Ruhig bleiben, Bernadette, sie sind das nicht wert. Lasse dich einfach nicht auf deren Niveau herab. Versuch einfach irgendwie an ihnen vorbeizugehen. Mit diesen Worten versuche ich stets mich unter Kontrolle zu halten, was aber nicht immer einfach ist. Auch wenn ich es gerne tun würde, kann ich nicht einfach losbrüllen und vielleicht sogar meine Fäuste für mich sprechen lassen. Denn dies würde leider nur dazu führen, dass sich wieder einmal alles gegen mich wendet. Daher muss ich ruhig bleiben und diesmal scheint es mir sogar zu helfen. Die Wut ist zwar nicht weg, aber ich bin nicht am Durchdrehen. „Schau auf den Stundenplan, dann weißt du es.", sage ich schließlich unbekümmert, was die Blondine dagegen umso mehr aufregt: „Willst du dich wohl wieder aufplustern Bernadetteee? Du Möchtegernfranzösin! … Wieso bist du nicht einfach dort, dann müssten wir dein Schandmaul nicht länger zu ertragen!" Nun grinst sie fies und glaubt mich, damit getroffen zu haben. Dabei war dies nur eine Lachnummer. Lucinda könnte es besser, aber anscheinend ist sie heute nicht in Form. „Erstens, das „-e" wird am Ende nicht ausgesprochen und zweitens wäre mir das sogar lieber. Dann würdest du mir nicht ständig über den Weg laufen und ich müsste dein Geschwafel nicht immer ausblenden müssen.", meine ich so monoton wie möglich und doch leicht gereizt. Der Zorn auf diese Tussi lässt sich nun mal nicht so leicht abschalten. Doch im Gegensatz zu mir, kann die Angesprochene nicht so einfach mit ihren Gefühlen umgehen. Schon sehe ich, wie Lucinda rot anläuft und sie will schon wieder etwas einwerfen, als in diesem Augenblick ein Lehrer an uns vorbeigeht. „Ist alles in Ordnung bei euch?“, fragt er mit einem skeptischen Blick, woraufhin Lucinda sofort das Wort ergreift und meint: „Aber natürlich. Es ist alles in bester Ordnung. Wir … ähm … diskutieren gerade.“ Natürlich setzt die Blondine ihre unschuldige Miene auf und blinzelt dabei mit ihren zu großgeratenen falschen Wimpern. Die anderen Mädels machen es ihr natürlich nach, bejahen es sogar und das ist für mich die Gunst der Stunde, die ich jetzt ergreife. So leise wie möglich, schlüpfe ich an den Haufen vorbei und laufe, so schnell ich nur kann, ins nächste Klassenzimmer. Zum Glück habe ich nur noch mehr eine Stunde, dann habe ich den Rest des Tages meine Ruhe, bis der Trubel natürlich wieder von vorne beginnt. Nur, was soll ich daran ändern? Wenn ich könnte, würde ich dies sofort tun. Da dies aber nicht der Fall ist, kann ich einfach nur Tag für Tag das Beste daraus machen. Mein heutiges Glück war, dass ein Lehrer mal skeptisch geworden ist. Sonst wäre das Ganze etwas anders verlaufen. Ach, was soll´s. Ich muss mich einfach auf mich konzentrieren und die anderen möglichst ausblenden. Nur dann „überlebe“ ich das irgendwie. Es hat bereits geläutet als ich mich endlich auf meinen gewohnten Platz fallen lassen kann und meinen Block für den Kunstunterricht heraushole. Das ist die einzige Stunde in der ich mit meinen MP3-Player Musik hören darf, ohne dabei Ärger zu bekommen. Genau darauf habe ich mich in den letzten Stunden gesehnt. Meine Songs ermöglichen es mir, mich von allen abzuschirmen und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Es gibt dann nur noch mich und darauf freue ich mich schon. Ich warte nur noch darauf, dass ich so schnell wie möglich damit loslegen kann. Kaum haben wir unseren Auftrag für diese Stunde endlich erhalten, schalte ich schon das Ding ein und die ersten Klänge lassen mich bereits wieder in meiner eigenen Welt versinken. Musik hat einfach etwas Magisches an sich, sonst würde es mir nicht einfach so helfen. Kaum dass mich dieses Flowgefühl erreicht hat, greife ich nach meinem Bleistift und fange an die Umrisse meines Fantasiebildes zu zeichnen. Der Auftrag lautet, die Szene aus einer Fantasiewelt nachzustellen, in der man selbst als Person dabei eine wichtige Rolle spielt. Ich habe dafür bereits schon genaue Vorstellungen, was genau ich kreieren möchte. Die Gedanken springen förmlich aufs Papier, weswegen ich schon nach kürzester Zeit den Stift zur Seite legen kann und den Pinsel und die Schachtel mit den Aquarellfarben an mich nehme. Fein säuberlich fülle ich die Flächen aus und spiele dabei mit den Farben und Farbverläufen, wodurch das Gesamtbild von Mal zu Mal mehr an Gestalt annimmt. Man kann schon bald den Pavillon erkennen, sowie auch das Blumenlabyrinth mit ihren Statuen an den Ecken und auch ich selbst habe ein Platz in diesem Bild gefunden. Ich habe kaum einen großen Teil bearbeitet, als Lucinda plötzlich wieder vor mir steht. Wenn ich nicht plötzlich einen Schatten wahrgenommen hätte, hätte ich sie während meiner Arbeit gar nicht bemerkt. Ihr Grinsen ist falsch und ihre Augen strahlen etwas Teuflisches aus, als ich zu ihr hinaufsehe. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zum Schluss, dass ihr Name eigentlich ganz gut zu ihr passt. Denn irgendwie muss ich da an Lucifer denken. Die beiden haben doch viele Gemeinsamkeiten, oder nicht? Falschheit, Manipulation, etc. – Da kommt schon eine lange Liste zusammen und diese würde womöglich bis nach Timbuktu reichen. Was diese Schlampe wohl wieder von mir will? Gerade bin ich dabei, ihr genervt genau diese Frage stellen, als sie sich auf einmal etwas zu mir hinunterbückt und mein Bild betrachtet. Scheinheilig bewundert sie es: „Wow, das ist ja wirklich „schön“ geworden. So … farbenfroh.“ Auch wenn ich genau weiß, dass dem nicht die Wahrheit entspricht, was aus ihrem verlogenen Mund gekrochen ist, versuche ich meinen Hass ihr gegenüber hinunterzuschlucken. Gerade im Unterricht ist diese Angelegenheit noch verzwickter, als was es sonst der Fall ist. Ich hätte zwar Augenzeugen, die meine Version bestätigen könnten, aber seitdem dieses Miststück hier ist und sie alle unter ihre Kontrolle hat, ist so einiges anders geworden und ich habe da schon meine Erfahrungen gemacht. Vielmehr würden diese feigen Idioten aus Angst dieser hochnäsigen, blöden Kuh zustimmen, oder sie halten sich vollkommen aus dieser Angelegenheit raus. Wie auch immer, ich kann ohnehin nicht mit Hilfe rechnen. Noch dazu muss ich mir immer wieder einbläuen, dass Lucinda es nicht wert ist. Auch wenn ich ihr am liebsten die Zähne ausschlagen würde, ich darf es nicht. Ich muss meine Wut unter Kontrolle halten. Doch kaum habe ich mich noch rechtzeitig besonnen, kippt die Alte mir doch glatt einen Becher mit gebrauchten und schmutzigen Wasser über das Bild. Wie eine Fontaine spritzt die braune Brühe alles voll und von meinem unfertigen Bild ist kaum noch etwas zu erkennen. Mein Bild ist zerstört. Erschrocken darüber, springe ich von meinem Platz auf und schnauze sie wutentbrannt an: „Hat man dir in den leeren Schädel gespuckt, du Irre?! Was fällt dir ein?!“ Ich konnte mich einfach nicht beherrschen. So sehr ich es auf versucht habe, es ging einfach nicht. Noch dazu habe ich bereits meine rechte Hand zu einer Faust geballt, die nur noch darauf wartet, in Aktion treten zu dürfen. Uns beide trennen nur noch wenige Zentimeter. Doch Lucinda kichert belustigt und hält ihre linke Hand scheinheilig unter ihren Lippen. „Och, das tut mir aber Leid. Das „schöne“ Bild. Das war doch sehr „ungeschickt“ von mir.", heuchelt sie mir nun vor, bis sie sich schließlich umdreht und dabei ihre blonden Locken mit einem Schwung zurückwirf, wodurch diese in mein Gesicht klatschen. Sofort fangen einige meiner Mitschüler an zu lachen und ich stehe einfach verdattert und zornig zugleich da. Dieses verdammte Miststück! Wenn Mrs. Foster nicht im Raum wäre, würde ich glatt zu diesem aufgeplusterten Huhn rennen und sie eigenhändig vermöbeln, bis sie vollkommen mit Beulen und blauen Flecken tapeziert ist! Jedoch schwärmt meine Professorin für sie und gibt ihr meistens sogar eine Eins, wenn sie auch nur einen Strich gemalt hat. Nur Ungerechtigkeit herrscht hier! Knurrend stehe ich noch ein paar Sekunden so da, bis ich mich schließlich schnaufend wieder setzte. Erst muss ich diese Schweinerei wegmachen, bis ich, immer zornig von vorhin. ein neues Blatt heraushole. Während ich wieder von vorne beginne und mir dabei die Ohrstöpsel wieder in die Ohren stopfe, spüre ich wieder diese verächtlichen Blicke, sowie auch dieses unterdrückte Gelächter, was einfach nur zum Kotzen ist. Noch immer wütend, knalle ich die Tür hinter mich zu, als ich nach Hause komme. Ich war noch einige Stunden unterwegs, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Normalerweise schlendere ich bei sowas durch die Gegend und nehme manchmal sogar die U-Bahn, aber diesmal hat mein langer Sparziergang nichts gebracht. Mein brodelnder Hass auf Lucinda und allgemein auf die Situation in meiner Schule scheint für heute kein Ende nehmen zu wollen. Diese Ungerechtigkeit und die Tatsache, dass ich nichts zu meinen Gunsten ändern kann, lässt das Blut in meinen Andern weiterhin kochen. Ich habe das Gefühl, in einem Irrgarten gelandet zu sein, aus dem es kein Entkommen gibt. Am liebsten würde ich was kaputtschlagen, damit das endlich mal raus ist. Doch leider habe ich gerade nichts Passendes dabei und kaum, dass ich den Flur betreten habe, werde ich schon von meiner Tante aufgehalten. Ihr ist mein Zorn auf die Welt nicht entgangen, aber ihre Belehrungen kann sie sich an den Hut stecken. Ich will jetzt einfach meine Ruhe! Jedoch gönnt sie mir diese nicht und nicht ehe hat sie mit ihrem Drängen aufgehört, bis ich schließlich den Mund aufgemacht habe und ihr von Lucinda und meinen Problemen in der Schule erzählt habe. Zwar hatte ich mich am Anfang geweigert, aber irgendwie tat es doch ganz gut, mal Dampf abzulassen und offen über diese Tussi schimpfen zu können. Ich hätte diesen Zorn ohnehin nicht länger hinterschlucken können. Das Nächste, was ich vermutlich ergriffen hätte, wäre mein Polster gewesen, der schon einiges mit mir durchmachen musste. Nicht selten habe ich bereits meine Fäuste auf ihn niederregnen lassen und sogar hineingeschrien. Doch jetzt konnte ich jemand anderen mein Leid klagen und mit Worten meinen Frust freien Lauf lassen. Normalerweise erzähle ich meiner Tante kaum etwas, was die Schule betrifft. Der Grund ist, dass sie es immer „besser weiß“ und sie mich entweder mit meiner Mom, oder mich sogar mit meinen Brüdern vergleicht und dabei bin ich immer das „schwarze Schaf“. Im Moment ist ein ganz kleiner Hoffnungsschimmer da, dass es diesmal vielleicht etwas anders sein könnte. Jedoch wird dies im nächsten Augenblick im Keim erstickt. Als wenn der Tag nicht schon beschissen genug gewesen wäre, werde ich nun von Tante Tina angepöbelt, welche meine Situation vollkommen anders wahrnimmt: „Tja Liebes. Das Alles würde nicht passieren, wenn du dich nur ein bisschen anpassen würdest. Irgendwann musste es ja soweit kommen." „Wie jetzt?! Bist du ernsthaft auf ihrer Seite?!“, kommt es mir empört über die Lippen. Denn das, was sie da gerade faselt hat, ist einfach nur die Höhe! „Anpassen“ – von wegen! Das hat kein bisschen mit Anpassen zu tun, das ist wohl eher Identitätsverlust! „Nein, natürlich nicht, aber das Leben ist nun mal nicht leicht. …“, versucht mich nun meine Tante zu beschwichtigen, aber ich unterbreche sie und meine sarkastisch: „Ach was, das ist mir noch „gar nicht“ aufgefallen.“ Meine Worte gefallen ihr gar nicht und momentan ist mir das auch egal. Dass sie Sarkasmus überhaupt nicht verträgt, ist ja nichts Neues, aber sie wiederum scheint es nun mit der nächsten Predigt wettmachen zu wollen: „Hör zu, du kannst nicht einfach Tag für Tag mit dem Kopf durch die Wand gehen. Du brauchst nur mal etwas von deinem hohen Ross herunterkommen. Dann bist du nicht mehr allein und hast wieder Freunde, sowie auch Freude am Leben. Und was diese Lucinda angeht, sie wird dann auch aufhören, dich zu belästigen.“ „Das ist doch nicht dein Ernst?! Soll ich mich etwa für andere verbiegen, nur damit ich toleriert werde?! Ne, nicht mit mir! Auf keinen Fall!", schnauze ich sie schließlich an, denn für heute habe endgültig genug. Ich lasse sie auch gar nicht mehr zu Wort kommen. Ich will für heute einfach nichts mehr hören! Ohne meiner Tante auch nur die geringste Chance zu geben, flüchte ich mit einem Affenzahn in mein Zimmer und sperre ab. Ich habe es einfach so satt! Es ist immer das Gleiche: Immer bin ich die Blöde! Ich werfe mich auf mein Bett, presse mir den Polster ins Gesicht und schreie so lange hinein, bis ich schließlich wieder nach Luft schnappen muss. Erst dann drehe ich mich um und starre zur Decke empor. Wo noch vorhin mein Gesicht Zorn gezeigt hat, so sehe ich nun bedrückt drein. Wie ich das alles hasse und nichts kann ich ändern. Ich seufze, schnappe mir schließlich meinen Mp3-Player und stopfe mir die Kopfhörer in meine Ohren. Für heute reicht es mir! Ich habe keinen Bock mehr! Als ich meine Tante von draußen höre, wie sie versucht, von außen auf mich einzureden und in mein Zimmer zu gelangen, drehe ich die Musik einfach lauter. Mag sein, dass ich jetzt bockig bin, aber das ist mir in Moment scheißegal. Wäre doch nur mein Vater jetzt bei mir. Er würde mich verstehen und mir auch Mut zusprechen. So hat er es früher getan und das fehlt mir. Ich vermisse ihn. Ich vermisse seine Umarmungen, seine Stimme, einfach alles. Ach, wieso bist du fort? Wieso? Hosted by Animexx e.V. 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