Hands of blood von lunalinn (Zabuza/Haku) ================================================================================ Kapitel 23: Somehow ------------------- Es war ein befremdliches Gefühl, den rostigen Eisenring nicht mehr zu tragen. Die Haut war immer noch entzündet und geschwollen, trotz der Salben und Bandagen, die vor Dreck schützen sollten, damit die Wunde besser abheilte. Die weiche Kleidung fühlte sich ebenfalls ungewohnt auf seiner Haut an…wann hatte er das letzte Mal ein T-Shirt angehabt? Oder richtige Hosen? Ein neues Kapitel ihres Lebens würde beginnen…eines ohne Haku. Allein die Vorstellung, den Jungen nicht mehr sehen zu dürfen, zermürbte ihn innerlich. Er wollte und würde diese beschissene Bedingung nicht akzeptieren. Andererseits…was erwartete ihn, wenn er ablehnte? Der Knast, definitiv, da hatte sich der Uchiha deutlich ausgedrückt. Es mussten mindestens fünf Tage vergangen sein, seitdem ihm der Deal angeboten worden war. Bedenkzeit sollte er bekommen, doch egal, wie lange er darüber nachdachte, er sah immer wieder den blutüberströmten Haku vor sich. Wie sollte er diesen Leuten vertrauen, die gemeinsame Sache mit diesem Schwein namens Kakuzu machten? Zabuzas Blick glitt zur Seite, in die Zelle neben sich – ja, es hatte sich wirklich nichts verändert. Zugegeben, die Pritschen waren sauber und sie hatten richtige Decken und Kissen, doch Gefangene waren sie immer noch. Das hier war nicht der Knast, aber viel schlechter als hier drin würde es ihnen dort nicht gehen. Itachis Angebot beinhaltete eine eigene Wohnung und einen Job, solange sie sich gut führten…so langsam musste er sich entscheiden. „Hey!“ Was er genau sagen wollte, wusste er nicht mal, doch nachdem er Kisame fast die Nase gebrochen hatte, herrschte zwischen ihnen eisernes Schweigen. Nun, wo sich die Wut ein bisschen gelegt hatte, wollte er wenigstens versuchen, diese Sache zu klären. Kisame saß auf seiner eigenen Pritsche, hob den Blick, als er an das Gitter trat. Irgendwas an ihm war eigenartig, ohne dass er es benennen konnte. Normalerweise hätte Kisame zurückgeschlagen, ihm Konter gegeben…doch er saß nur da und starrte ihn an. Richtig unheimlich. „Das hast du verdient“, entkam es ihm fast schon ungewollt. Keiner von ihnen war gut mit Worten, schon gar nicht in solchen Situationen. Er beobachtete Kisame, wie dieser nickte, keine Miene verzog. Mehr kam nicht? Er hätte schon mit einem schiefen Grinsen und einem Sorry gerechnet. Warum machte er es ihm so schwer? „Pass auf…ich weiß, dass der Deal ne gute Chance ist“, zwang er sich zum Weiterreden und Kisame hob eine Braue. „Und dass dieser Typ vielleicht keine bösen Absichten hat…ich lasse mich aber trotzdem nicht von Haku fernhalten. Nicht nach der ganzen Scheiße, die er durchgemacht hat. Die sagen mir ja nicht mal, wie’s ihm geht, verdammt!“ „Zabuza“, brummte Kisame dunkel. „Denkst du nicht, dass ich Itachi genau dasselbe gesagt habe?“ Vermutlich sollte das keine Überraschung sein, schließlich waren sie Freunde. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, glaubte er Kisame, dass dieser nicht gewusst hatte, was Haku passieren würde. So war der andere nicht, da konnte ihm dieser Uchiha noch so schöne Augen machen. Dennoch war es passiert und die Folgen würde Haku tragen. Zabuza wäre es lieber gewesen, man hätte ihn selbst halbtot geschlagen, doch so war es nun mal nicht gekommen. „Vergiss aber nicht, dass du Haku im Knast überhaupt nicht sehen wirst“, fügte der andere bitter an. „Ich hab versucht, Itachi davon zu überzeugen, dass du keine Gefahr für ihn bist. Keine Ahnung, ob er das verstanden hat…“ Zabuza schnaubte leise. „Ich bezweifle es…“ „Zweifel bringen uns aber nicht weiter“, hörte er Kisame sagen. „Ich will nicht wieder weggesperrt werden…und du willst das auch nicht.“ Zabuza verengte die Augen, spürte schon wieder, wie der Zorn in ihm hochkochte. „Ich wollte, dass Haku aus der Scheiße rausgehalten wird!“, grollte er. „Das war alles, was ich gewollt habe…dass es ihm gut geht und er heil aus der Sache rauskommt.“ „Denkst du, ich wollte das nicht?“, kam es genauso grantig zurück. „Haku geht mir nicht am Arsch vorbei, Zabuza!“ „Will ich auch für dich hoffen…“ Für ein paar Sekunden sagte keiner von ihnen etwas, sie starrten einander lediglich in Grund und Boden. „Du wirst das Angebot annehmen“, mutmaßte Zabuza in die Stille hinein. Kisame zuckte mit den Schultern. „Ich will es annehmen“, erwiderte er dann. „Aber nicht ohne dich.“ „…und wenn ich ablehne?“ „Dann mischen wir wohl zusammen den Knast auf.“ Es war eine Erleichterung, als sein Kumpel dann doch noch auf die altbekannte Art grinste. Die feindselige Stimmung zwischen ihnen war ihm selbst unangenehm, doch sie konnten das Geschehene auch nicht komplett totschweigen. „Klar“, entgegnete er spöttisch. „Mit dem kümmerlichen Rest unserer verhassten Kameraden, eh? Na, wenigstens Suigetsu wird da nicht landen. Finden bestimmt ein feines Heim für den kleinen Klugscheißer.“ Eine dunkle Vorahnung machte sich in ihm breit, als er sah, wie Kisame mit jedem Wort blasser wurde. Okay…irgendwas stimmte da nicht. „…Kisame?“, fragte er nach, doch der schüttelte nur den Kopf. Kein gutes Zeichen, doch er wartete einen Moment, bevor er weitersprach. „Ist ihm was passiert?“ Abermals reagierte sein Kumpel nicht, doch man sah ihm an, wie unwohl er sich fühlte. Vielleicht hätte er besser nicht gefragt, so wie Kisame mit sich rang…er konnte ihn nicht mal mehr ansehen. Das kannte er nicht von ihm. „Er ist…es war ein…sie haben ihn angeschossen“, kam es schließlich stockend von seinem Freund. „Es…hatte keinen Sinn, deshalb musste ich…er wäre an seinem Blut erstickt.“ Eigentlich musste nicht mehr gesagt werden, denn Zabuza konnte es sich denken. Ihm war klar, wie sehr Kisame an dem Jungen gehangen hatte und einer der Gründe war mit Sicherheit dieser Kimimaro, den er umgebracht hatte. Er wusste, wie fertig Kisame danach gewesen war…und jetzt hatte er Suigetsus Leben beendet. Bestimmt hatte es keine andere Möglichkeit gegeben, doch ob Kisame damit zurechtkommen würde, war fraglich. Sie hatten viele Menschen auf dem Gewissen und um keinen trauerte Zabuza – Suigetsu dagegen war nur ein Junge gewesen. Er war wie Haku, nur dass er anders eingesetzt worden war. Der Kleine hätte die verdammte Chance auf ein besseres Leben verdient gehabt. „Tut mir leid“, meinte er ehrlich und sah Kisame nicken. „Ja…mir auch“, hörte er ihn leise sagen. Plötzlich kam sich Zabuza wie das letzte Arschloch vor, denn er hatte bis jetzt nicht bedacht, dass auch sein Kumpel Opfer gebracht haben könnte. Das hieß nicht, dass ihm die Sache mit Haku egal war, doch sein Mitgefühl hatte Kisame dennoch. Wie lange wären sie noch am Leben geblieben, wenn alles ohne Veränderung weitergegangen wäre? Wie lange hätten sie sich behaupten können? Ein paar Jahre vielleicht…Suigetsu hätte möglicherweise nicht mal seinen zweiten Kampf überlebt. Und Haku? Wann hätten sie ihn gebrochen? Insgeheim wusste er, dass es nicht ewig so hätte weitergehen können. „Der Deal…ich bin einverstanden.“ Perplex sah Kisame auf, schien nicht sicher zu sein, ob er sich verhört hatte. Dann schnaubte er leise, funkelte ihn mit unterschwelliger Wut an. „Wenn du das jetzt aus Mitleid sagst, hau ich dir eine rein.“ „Da bin ich ja mal gespannt…“ „Ernsthaft, Zabuza…ich brauch so eine Scheiße nicht!“ „Solltest mich echt besser kennen. Das hat mit Suigetsu nichts zu tun…du hast halt einfach Recht. Im Knast hab ich gar keine Möglichkeit, Haku zu sehen. War mir eigentlich von Anfang an klar…ich war nur saumäßig angepisst.“ Kisame gab ein freudloses Lachen von sich, tippte sich an die violett verfärbte Nase. „Ist mir gar nicht aufgefallen…“ „Ach, halt die Fresse.“ „Gleichfalls.“ Auch wenn es sich rau anhörte, war es eher ein Zeichen dafür, dass es sich zwischen ihnen wieder entspannte. Freundlichkeit wurde eindeutig überbewertet. „Das ist deine endgültige Entscheidung, ja?“, hakte Kisame misstrauisch nach. „Auch wenn Kakuzu damit durchkommt? Du wirst dich nicht an ihm rächen?“ Noch so ein Knackpunkt, der ihm sauer aufstieß und seinen Kiefer malmen ließ. An ihm rächen…der war gut; am liebsten würde er diesen Drecksack lebendig häuten. Er atmete tief durch, versuchte seinen Hass niederzukämpfen. „…solange sich dieses Arschloch von Haku und mir fernhält. Von mir aus.“ Kisames Blick wurde nicht weniger skeptisch und er hörte ihn seufzen. „Wir sollten mit Itachi reden.“ Da war aber jemand fixiert…wunderte ihn nicht, immerhin hatte er das schon geahnt. So, wie Kisame von dem Uchiha gesprochen hatte, ließ das nur den Schluss zu, dass er sich in diesen verguckt hatte. Nett anzusehen war er ja, das musste er zugeben, aber für Zabuzas Geschmack war dieser Typ viel zu abgeklärt. Zu manipulativ…und dabei kannte er ihn kaum. Kisame sollte sich mal nicht verrennen, konnte ja sein, dass der Kerl nicht mal was für Männer übrig hatte. Wobei…so gepflegt, wie der aussah…mit diesen langen Haaren…schwer vorstellbar, dass der komplett hetero sein sollte. Zabuza hatte nie was mit Männern gehabt…warum er auf Haku so reagierte, konnte er nicht sagen. Wahrscheinlich war es das Gesamtpaket…aber eigentlich war es auch egal, denn Fakt war, dass er den Jungen brauchte. Nach allem, was passiert war, würde er ihn jetzt nicht schon wieder fallen lassen. Das hatte er lange genug getan. „Von mir aus“, erwiderte er, ohne seine Bedenken zu äußern. „Ich hab dem sowieso noch was zu sagen…“ Bedingungen, huh? Er hatte da auch noch eine und wenn Uchiha wollte, dass sie Freunde wurden, sollte er sie ihm besser gewähren. Zugegeben, dass es so einfach werden würde, damit hatte er nicht gerechnet. Er hatte nicht mal viel diskutieren müssen, Itachi hatte sofort eingelenkt, kaum dass sowohl Zabuza, als auch Kisame eingewilligt hatten, diverse Dokumente zu unterzeichnen. Sie würden dazu, nach dem kurzen Abstecher ins Krankenhaus, in die neue Wohnung fahren, die auf einen fremden Namen lief und ihnen beiden gehörte. Zabuza kam der Gedanke, dass das alles verdächtig schnell ging – war Itachi so überzeugt davon gewesen, dass sie annehmen würden? Natürlich war er das. Sie wären Idioten gewesen, den Knast vorzuziehen…auch wenn er das in seiner Raserei in Erwägung gezogen hatte. Still sah er nach draußen, während die Umgebung an ihnen vorbeizog…damals hatte er sich nur in den Ghettos der Stadt rumgetrieben. Diese Welt hinter der Scheibe war eine ganz andere als die, die er kannte. Grünanlagen, gepflegte Straßen ohne Schlaglöcher, gut gekleidete Leute…er wusste schon jetzt, dass sie nicht dazu passen würden. „…in Ordnung?“ Zabuza blinzelte, warf einen Blick nach vorn zum Uchiha, der den Wagen fuhr. Er hatte seinem Gespräch mit Kisame nicht zugehört, war abgedriftet. „Was?“, brummte er unfreundlich und richtete seinen Blick auf den Rückspiegel, wo ihm ein dunkles Augenpaar begegnete. „Ich sagte, dass eure Bewährung gerade jetzt anfängt.“ Zabuza gab ein abfälliges Schnauben von sich. „Schade…ich wollte dem einen oder anderen Arzt noch kurz die Fresse polieren. Das wird mir in Zukunft fehlen.“ Es war Kisame, der über seine Schulter blickte, nicht anzusehen, ob er das tatsächlich witzig fand oder nur gute Miene zum bösen Spiel machte. Wenn Uchiha einen Stock im Arsch hatte, war das ja wohl nicht sein Problem. Dessen Ausdruck blieb weiterhin ruhig und auch seine Stimme war frei von jedem Gefühl. Spießer. „Haku ist noch nicht bei Bewusstsein“, ignorierte er seinen Einwurf. „Es sieht schlimm aus, aber er ist außer Gefahr. Ich bitte dich daher, nicht wieder auszurasten.“ Zabuza knurrte. „…hilft ihm ja auch nicht schneller gesund zu werden, wenn ich rumbrülle oder?“ „Eher nicht.“ „Dann geh mir nicht mit deinen Belehrungen auf die Eier!“, brummte er ungehalten. „Ich reiß mich schon am Riemen!“ Von vorn war ein resigniertes Seufzen zu vernehmen, das zweifellos von Itachi kam. „Der ist immer so, ja?“ Aus den Augenwinkeln bekam er mit, wie Kisame mit den Schultern zuckte. „Nur, wenn er jemanden gern hat“, antwortete er und Zabuza hörte das Grinsen heraus. Sollte der nur seine Witze machen, er hatte andere Sorgen und dementsprechend auch keine Lust, sich darüber aufzuregen. „…schmeichelhaft“, kam es trocken von Itachi. Ihm entging nicht, wie Kisame den Kopf in Richtung des Uchihas drehte und diesen musterte. Nach ein paar Sekunden flackerten die dunklen Augen zu seinem Kumpel rüber…der Ausdruck wurde sogar eine Spur weicher, doch dann wandte er sich wieder der Straße zu. Zabuza merkte, wie Kisame mit sich haderte, schlussendlich aber nichts sagte. Er hatte ja schon viel erlebt, aber das war ihm neu. Noch wusste er nicht, ob ihm das gefallen sollte…er tendierte zu nein. Der kurze Spaß im Auto verging relativ schnell, als er das Krankenzimmer betrat. Er hatte gewusst, dass es übel sein würde, immerhin hatte er gesehen, was Waraji Haku angetan hatte…trotzdem wurde ihm vor Schock ganz schlecht. Viel konnte er vom Gesicht des Jungen nicht mehr sehen, da waren zu viele Verbände…unter der Decke sah es sicher nicht anders aus. Wortlos holte er sich den Stuhl aus der Ecke und setzte sich ans Bett, wo er vorsichtig die kalten Finger streichelte. Dabei achtete er darauf, dass er keines von den Kabeln berührte, mit denen Haku an diese gruseligen Maschinen angeschlossen war. Zu behaupten, dass er sich unwohl fühlte, wäre untertrieben gewesen und das stetige Piepen im Raum machte es nicht besser – wenigstens zeigte es, dass Haku lebte. Er betrachtete wieder sein geschundenes Gesicht…das bisschen Haut, das er sehen konnte, war bunt verfärbt. Ein Schlauch steckte in seiner Nase…und seine Haare waren ein Stück kürzer, als er sie in Erinnerung hatte. Vielleicht hatten sie die Ärzte beim Operieren gestört oder sie waren von all dem Blut vollkommen verfilzt gewesen…war eigentlich auch scheißegal. Er hörte nicht, was Kisame und Itachi besprachen, kümmerte ihn auch nicht sonderlich. Sein Kumpel klopfte ihm leicht auf die Schulter, ehe der Uchiha und er den Raum verließen. Besser so…er hatte nur ein paar Minuten mit seinem Schützling verlangt, das war ja wohl kein Verbrechen. Wie er so regungslos da lag…Zabuza wusste, dass manche Menschen ins Koma fielen und lange Zeit nicht mehr wach wurden. Manche nie wieder. Der Gedanke bereitete ihm regelrecht körperliche Schmerzen – und das hatte nichts mit seinen eigenen Wunden zu tun. Nie wieder Hakus Lächeln und seine treudoofen Reh-Augen sehen zu können…sein Hals wurde ihm plötzlich eng. Noch nie hatte ihn jemand so angesehen oder ihm solche Sachen gesagt, wie der Junge. Zabuza kannte niemanden, der so unschuldig und rein war, obwohl er aus dieser beschissenen Dreckswelt kam…und er kannte niemanden, der so viel Hoffnung gehabt hatte. Jemanden wie Haku gab es nur einmal…jemanden, der kein Arschloch in ihm sah, trotzdem er es war. Jemanden, der nicht den Mörder in ihm sah, sondern ihn akzeptierte…ihm vertraute…ihn zur Hölle noch mal liebte. Haku war für ihn einzigartig und er wusste nicht, wie es ohne ihn weitergehen sollte. Das Balg hatte sich in dem schwarzen Klumpen in seiner Brust eingenistet und nun konnte er sich nicht vorstellen, ohne ihn weiterzumachen. Er hatte ihn verändert und das auch noch zum Guten, etwas, das niemand sonst hätte schaffen können. Zabuza hatte so lange gebraucht, bis er sich auf den Jungen eingelassen hatte und mittlerweile war es ihm gleich, ob es richtig oder falsch war. Er hatte sich nichts vorzuwerfen, war für Haku da gewesen, ohne ihn zu missbrauchen, wie es diese Schweine getan hatten. Eigentlich war Sex für ihn wie Essen…es gehörte für ihn dazu, würde es auch immer. Bei Haku hatte er nie die Intention gehabt, es sich zu holen…nicht, weil er ihn nicht schön fand oder ihn nicht begehrte, sondern weil er ihm zu viel bedeutete, als dass er egoistisch sein wollte und konnte. Und wenn er ihn nie ranlassen würde, drauf geschissen – dann machte er es sich eben mit der Hand! War sowieso sinnlos, im Moment über sowas nachzudenken…er wäre ja schon froh gewesen, wenn Haku nur in der Lage gewesen wäre, ihn anzuschauen. Sprechen würde er wohl erstmal nicht können…Itachi hatte was von Kieferbruch gefaselt, von Metalldrähten und Flüssignahrung. Zabuza vermisste seine angenehme Stimme…und er vermisste es, ihn im Arm halten zu können. Die Angst, die er die ganze Zeit während des Kampfes um Haku gehabt hatte, existierte immer noch. Sie würde auch nicht verschwinden, bis Haku ihn wieder ansehen und lächeln konnte. Zabuza atmete krampfhaft durch; seine Augen brannten auch schon wieder…so eine Scheiße. Er versuchte, sich am Riemen zu reißen, während er sich grob die Nasenwurzel rieb, dabei die Augen zusammenkniff. Wenn die beiden anderen zurückkamen, wollte er hier nicht sitzen und wie ein Mädchen heulen. „Wer sind Sie?“ Zabuza fuhr erschrocken zusammen, hatte gar nicht mitbekommen, dass jemand reingekommen war. Hastig sah er zu Haku runter, hatte versehentlich dessen Finger gepackt...glücklicherweise schien er nichts kaputtgemacht zu haben. Die Kabel waren noch dran, kein Schlauch abgerissen...innerlich atmete er auf, ehe er finster zu der fremden Person sah. In der ersten Sekunde hatte er das Gefühl, einer noch weiblicheren Version des Uchihas gegenüber zu stehen. Allerdings handelte es sich bei der Person um eine Frau, die er spontan auf Anfang 40 geschätzt hätte. Krankenschwester war sie wohl nicht, immerhin trug sie Alltagskleidung. Die Frau musterte ihn nicht minder misstrauisch, kam aber näher. „…könnte ich genauso gut fragen“, brummte er unfreundlich. „Uchiha Mikoto“, erwiderte sie, wobei sie die fehlende Höflichkeit ignorierte. „Nun?“ „Mit Itachi verwandt, huh?“, entgegnete er, ohne sich vorzustellen. „Kannst dich beruhigen…er hat mich hergebracht. Haku ist…ich bin Zabuza und er ist mir wichtig.“ Mikoto musterte ihn immer noch so scharf, schien nicht zu wissen, ob sie ihm das glauben sollte. Kein Wunder…schließlich sah er nicht gerade aus, wie der nette Typ von nebenan. So würde es wohl jedes Mal laufen, wenn man Haku mit ihm sah. „Ich bin Itachis Mutter…vielleicht wissen Sie das bereits, aber sobald er genesen ist, wird er bei uns einziehen.“ Er sah ihr zu, wie sie sich ebenfalls einen Stuhl heranzog, sich auf die freie Seite ihm gegenüber setzte. Sie wirkte zwar ganz nett, doch Zabuza bemerkte ihren energischen Unterton sehr wohl. Die schien ja keine Angst vor ihm zu haben, obwohl er sie locker umhauen konnte. Gefiel ihm irgendwie, also, dass sie sich als Beschützerin aufspielte. Waren alle Mütter so? Er kannte ausschließlich das Negativbeispiel. „Wurde mir gesagt, ja“, murmelte er und sah wieder zu seinem Schützling runter. „Kann euch nur raten, ihn gut zu behandeln…hat keiner so verdient wie er.“ Mikoto schwieg einen Moment, doch er spürte ihren Blick auf sich ruhen. Vielleicht überlegte sie, ob er einer der Pisser war, die Haku in diese gottverdammte Lage gebracht hatten und ob sie den Sicherheitsdienst rufen lassen sollte. „Woher kennen Sie ihn?“ Zabuza schnaubte verächtlich. „Aus dem Drecksloch, wo wir beide herkommen. Er war mein Schützling…ist es wohl immer noch. Schwer zu erklären.“ „Also sind Sie eines der Opfer? Mein Sohn hat mich schon ein wenig aufgeklärt…es tut mir sehr leid. Für Sie und für den Jungen“, hörte er sie sagen und es klang auch noch ehrlich. „Ich bin kein Opfer“, knurrte er zurück. „Höchstens ein Idiot, der sich auf falsche Versprechungen eingelassen hat und die eigene Scheiße ausbaden musste.“ „Nun…Sie haben gerade geweint“, bemerkte Mikoto ruhig und Zabuza funkelte sie an. „Dann scheinen Sie wenigstens ein sehr mitfühlender Idiot zu sein.“ Die Frau hatte Nerven, lächelte ihn auch noch an; konnte sie sich nicht denken, dass er kein netter Kerl war, der Mitleid verdient hatte? War sie wirklich so naiv? „Schwachsinn…“ „Wenn Sie meinen…ich gebe Ihnen mein Wort, dass er es gut haben wird. Es wird bestimmt alles wieder in Ordnung kommen…auch für Sie.“ Zabuza fragte sich, wie sie das behaupten konnte? Sie kannte ihn ja nicht mal, konnte das also gar nicht beurteilen. Na ja…vielleicht sollte er froh sein, dass sie ihn nicht rauswarf. „Aha…ich-“ Der harsche Spruch blieb ihm im Halse stecken, als er eine federleichte Berührung an seiner Hand spürte. Eine Gänsehaut überkam ihn und er sah zu Haku runter, dessen Zeigefinger zuckte…nur schwach, doch er bewegte sich. Angespannt sah er in das Gesicht des Jungen und auch da zuckten die geschlossenen Lider. „Haku…“ Es passierte nichts weiter; Haku öffnete weder die Augen, noch bewegten sich seine Finger ein zweites Mal. Hatte er es sich nur eingebildet? Anscheinend nicht, denn auch Mikoto sah irritiert aus, ehe sich ihre Lippen wieder zu einem verständnisvollen Lächeln verzogen. „Er bedeutet Ihnen wirklich viel, nicht wahr?“ Zabuza knirschte mit den Zähnen. „Mehr als mein beschissenes Leben“, murrte er finster. „Er hätte nie…ist ja auch scheißegal. Wenn er wieder wird, ist das nicht wichtig. Ich will einfach, dass es ihm gut geht…dass er endlich mal ein Leben hat. Wenn er das noch will, dann mit mir…wenn nicht, ist’s auch okay.“ Er wusste nicht mal, warum er das einer Fremden erzählte, doch irgendwie tat es gut. Zumal sich diese Frau bald um seinen Schützling kümmern sollte. „Er hat ziemlich viel in der Birne…wenn er die Möglichkeit kriegt, kann er sicher was aus sich machen. Er ist fleißig, zielstrebig...anständig. Schätze, er weiß gar nicht, was er alles drauf hat, weil diese Hurensöhne ihn lieber als Matratze benutzt haben.“ Er fuhr sich mit der freien Hand durchs Haar, schüttelte den Kopf. „Er ist viel mehr als das...und mir ist wichtig, dass er das weiß. Wenn er mit dem ganzen Mist abschließen und mich nicht mehr sehen will, verpiss ich mich freiwillig aus seinem Leben. Aber eigentlich…tja…ich bin nicht so der selbstlose Typ. Würde mir verdammt schwer fallen, ihn…gehen zu lassen, bei der ganzen Scheiße, die wir durchgemacht haben…“ Tief atmete er durch, warf einen Blick zu Mikoto, die ihm ruhig zuhörte. Sie lächelte nicht mehr, doch sie wirkte auch nicht verstört oder sowas in der Art. „Ich hab ihn schon mal hängen lassen, weil ich dachte, dass es besser sei…das mach ich kein zweites Mal. Also, mich von ihm fernhalten, wenn er mich braucht. Daran hinderst weder du mich, noch dein Sohn.“ Und das war sein Ernst, egal, was sie darüber denken mochte. Zu seiner Verwunderung nickte sie verstehend, wirkte nicht mal beleidigt oder angewidert, so wie er es erwartet hätte. „Das hört sich an, als würden wir dasselbe wollen“, erwiderte sie ernst. „Ich kenne Haku nicht…aber ich kenne viele ähnliche Geschichten von meinem Mann. Er ist Polizist, da ist sowas kein Einzelfall…das macht es aber nicht weniger schrecklich.“ Sie machte eine kurze Pause, so als würde sie die nächsten Worte lieber noch mal überdenken wollen, ehe sie fortfuhr. „Ich möchte ihm gern helfen…und wenn Sie ihm wirklich gut tun, werde ich mich nicht dazwischen stellen.“ Zabuza sah sie perplex an, dachte, er hätte sich verhört. „…obwohl du mich nicht kennst? Was, wenn ich auch bloß einer von diesen Kinderfickern bin? Ich weiß, wie ich aussehe“, gab er zu bedenken, doch Mikoto lächelte nur. „Wie ich bereits sagte, mein Sohn hat mir einiges erzählt…natürlich gibt es keine Garantie dafür, dass Sie gut zu ihm sind. Allerdings fällt es mir schwer zu glauben, dass Sie hierher kommen, in ein öffentliches Krankenhaus, zu einem bewusstlosen Jungen…an seinem Bett sitzen, seine Hand halten und sogar weinen-“ „Ich hab nicht geheult, verdammt!“, unterbrach er sie ruppig. „Und hör auf mich zu siezen!“ „…ich kann nicht glauben, dass du das alles tust, um ihm am Ende zu schaden.“ Zabuza blickte sie nur stumm an, nicht wissend, was er dazu sagen sollte. „Falls doch, sei dir gewiss, dass du das bereuen würdest – ich weiß sehr wohl, wo mein Mann seine Dienstwaffe aufbewahrt.“ Und dabei klang sie so freundlich, als würde sie einen Plausch übers Wetter halten. Unfassbar. „Es ist keine Seltenheit, dass eine Frau in Notwehr handelt…und der Angreifer danach unglücklicherweise kastriert ist.“ Okay…das war mal eine Drohung, die ihn hart schlucken ließ…und die er nicht vergessen würde. Und das von einem Weib, das aussah, als würde es eine brave Hausfrau am Herd sein. Die könnte er mögen. Bestimmt. „Hab’s geschnallt.“ „Freut mich.“ Wenigstens musste er sich nun keine Sorgen mehr machen, dass niemand auf Haku aufpasste, während er sein Leben auf die Reihe zu kriegen versuchte. Vielleicht hatte Kisame Recht…und es würde alles irgendwie besser werden. Schlimmer als bisher ging eh nicht und das hier war ein guter Ansatz. Sie würden sehen. „Warum hast du deine Meinung geändert?“ Schon die ganze Zeit wurmte ihn die Frage, doch erst jetzt war er dazu gekommen, sie zu stellen. Sie saßen in der Cafeteria des Krankenhauses und Kisame beobachtete die vorbeigehenden Menschen. Es war eigenartig, hier zu sitzen und einfach…nichts zu tun. Nur warten, bis Zabuzas Zeit mit Haku vorbei war und sie zu ihrem neuen Zuhause weiterfahren konnten. Itachi blickte von seinem Kuchen auf, während Kisame es bei einer Cola belassen hatte. Er hätte gern endlich mal wieder ein Bier getrunken, aber er wollte es nicht gleich übertreiben. „Das habe ich nicht“, erwiderte Itachi ruhig. „Du hast Kompromisse angesprochen und ich habe eingesehen, dass es ohne nicht funktionieren wird.“ Kisame runzelte die Stirn. „…und wieso ist es dir so wichtig, dass wir dein Angebot annehmen?“ Anstatt einer Antwort wich Itachi seinem Blick aus, blieb eine ganze Weile still. Nicht gerade beruhigend, wenn man bedachte, dass er sich immer noch nicht sicher war, was er für den Uchiha war. Wollte er ihn nach den drei Jahren für seine Organisation benutzen? Vielleicht war bereits alles entschieden…Kisame wusste einfach nicht, woran er war. Hatte er bei Itachi nie gewusst. „Mir ist wichtig, dass du mein Angebot annimmst.“ Okay, das waren mal ganz neue Töne und er blickte ihn verdutzt an. „Und was bringt dir das?“ Itachi schwieg wieder und irgendwie kam es Kisame vor, als wollte er nicht direkt darauf antworten. Warum hatte er es dann überhaupt gesagt? „Du wolltest ehrlich sein oder nicht?“, fügte er nachdrücklich an. Itachi legte die Gabel beiseite, ohne dabei seinem Blick auszuweichen. Kisame erinnerte sich noch sehr gut daran, wie er ihm zum ersten Mal begegnet war…damals im Regen. Viel hatte sich nicht verändert…nicht zwischen ihnen. Wie auch? „Du hast Potenzial. Im Gegensatz zu Zabuza verfügst du über eine gute Beherrschung, du hast dein Bewusstsein für das Richtige nicht ausgeschaltet und du bist nicht nur sehr stark, sondern auch intelligent. Du wärst eine Bereicherung…deshalb würde ich dich gern im Team haben. Dass du verlässlich bist, hast du bereits bewiesen.“ Kisame zog die Brauen zusammen, versuchte das Gesagte zu verarbeiten; er wollte ihn also nicht vom Haken lassen. War das nun gut oder schlecht? Er konnte es nicht einschätzen, auch wenn er natürlich von den Worten geschmeichelt war. Itachi sah mehr in ihm, als er selbst es tat. Eindeutig. „Das war’s also.“ Er verstand selbst nicht, warum er nach so vielen Komplimenten dermaßen verbittert klang. „Mein Boss ist zudem der Meinung, ich sei zu…leichtsinnig.“ Konnte er schwer beurteilen, aber zumindest schien er zielorientiert zu sein. Das war doch eher positiv oder nicht? „Und er wäre vermutlich beruhigt, hätte ich einen Partner an meiner Seite.“ Oh. Moment…meinte er etwa…? „Mit der Voraussetzung, dass du deine Bewährung überstehst.“ Nun, das war ihm schon klar gewesen, aber…Partner? Das klang nicht nur gleichwertig, sondern auch danach, als wollte Itachi ihn bei sich haben. An seiner Seite. Wie war das noch? Er wollte nicht, dass er ins Gefängnis ging…Mann, bei dem Kerl zwischen den Zeilen zu lesen, war kompliziert. Lag vielleicht auch nur an seiner eigenen, ungewohnten Unsicherheit. Ätzend, irgendwie…aber auch irgendwie gut. „Du musst dich nicht jetzt entscheiden. Wie gesagt, du hast drei Jahre Zeit…warten wir es ab, mh?“ Und da war es wieder…dieses seltene Lächeln, das ihn sich wie ein verdammter Vollidiot fühlen ließ. Das Lächeln, das ihn sich wieder wie ein Mensch fühlen ließ…und das ihm das Gefühl gab, das alles schon irgendwie in Ordnung kommen würde. „Schätze, damit kann ich leben“, stimmte er zu und Itachis Lächeln schien noch ein bisschen wärmer zu werden. Geklärt war immer noch nichts zwischen ihnen, aber er hatte das Gefühl, dass sich das alles noch entwickeln könnte. Eigentlich konnte er nichts erwarten…das hier musste reichen. Komischerweise war er zufrieden…mit Itachi hier zu sitzen und auf eine Zukunft zu hoffen, in der auch Zabuza und Haku vorkamen. Irgendwann vielleicht… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)