Hands of blood von lunalinn (Zabuza/Haku) ================================================================================ Kapitel 20: Chance ------------------ Zu behaupten, dass das hier die verdammte Hölle war, wäre untertrieben gewesen. Es war laut in den Gängen, ein regelrechtes Chaos war ausgebrochen, als sie die Zellen gestürmt hatten. Geschrei, ab und zu fielen Schüsse…doch Kisame ahnte, dass sie niemanden töten würden. Wenn doch, konnte er nur hoffen, dass es die richtigen Leute traf – um Raiga wäre es beispielsweise nicht schade gewesen. Er schnaubte leise, während er sich durch die Gänge bewegte, dabei versuchte, den Wachen zu entgehen…Hidan hatte ihm nur gesagt, dass er zu den Huren sollte, mehr wusste er nicht. Grob kannte er den Weg, immerhin hatte er sich ein paar Mal eine von ihnen aussuchen dürfen…damals, als er nicht so viel aufbegehrt hatte. Lange war es her und er hoffte, dass sein Gedächtnis nicht irrte. Gleichzeitig versuchte er die Sorge um Zabuza und Haku zu verdrängen, doch es fiel ihm schwer. Wie hatte es so weit kommen können? Er fühlte sich schuldig, immerhin hatte er behauptet, dass Hilfe kommen würde. Kisame war sich sehr wohl bewusst, dass Zabuza sein eigenes Leben egal wäre, wenn er nur Haku heil hier rausbekommen könnte. Doch er konnte gerade keinem der beiden helfen, musste sich auf seine Aufgabe konzentrieren. „Nicht…lass das! Bitte!“ Kisame stockte, als er um die Ecke bog und die Stimme einer Frau hörte. Das Blut gefror ihm in den Adern, denn wenn er eines hasste, dann waren es solche Geräusche. Weinen, wimmern…flehen…es ekelte ihn zutiefst an, ließ den Hass in ihm hochkochen. Für einen Moment vergaß er, dass er auf seine Deckung achten musste und fuhr herum. Es war das, was er erwartet hatte, und er spürte die Wut in sich aufsteigen. Anscheinend nutzten manche Wachmänner das Chaos lieber dazu, sich an den Huren zu vergehen. „Hättest halt nicht abhauen dürfen, Schätzchen…schön brav…dann petze ich nicht.“ Kisame konnte das Gesicht der Frau nicht erkennen, weil der Typ es mit seinem massigen Körper verdeckte, doch er reagierte schnell. Ohne Vorwarnung warf er sich von hinten auf diesen und riss ihn herum, wobei er ihn mit seinem eigenen Gewicht zu Boden rang. Er drückte ihm die Luft ab, verstärkte seinen Würgegriff so sehr, dass der Mann nicht mal mehr die Geistesgegenwärtigkeit hatte, zu seiner Waffe zu greifen. Er krampfte, geriet in Panik…und Kisame wusste, dass er gewonnen hatte. Skrupel verspürte er keine, als das Zucken langsamer wurde, irgendwann gänzlich verebbte. Die Frau kniete mit gesenktem Blick auf dem Boden…doch er konnte sie nicht mal fragen, ob alles in Ordnung war, denn in diesem Moment ertönten Schritte hinter ihnen. „Was zur…du verdammter Bastard!“ Ein weiterer Wachmann erschien genau hinter ihm und als Kisame den Kopf hob, über seine Schulter sah, wusste er, dass er gleich tot sein würde. Er sah noch, wie der Mann seine Pistole hob und konnte nicht mal schnell genug aufspringen. Der Schuss hallte an den Wänden wieder, ließ ihn zusammenzucken…doch die Kugel traf nicht ihn. Wie gelähmt sah er zu, wie der Wachmann getroffen wurde und leblos zu Boden sank – glatter Kopfschuss. Als er hinter sich sah, blitzten ihn zwei kalte Bernsteine aus einem hübschen Gesicht an. Die Frau kniete immer noch, die entwendete Waffe in ihrer Hand zitterte kein Stück, als sie sich erhob. Sie trug ein schwarzes Negligé, das ziemlich viel von ihren Kurven preisgab, und gleichfarbige Strapse mit hochhackigen Schuhen. Ihr Haar war blau und ebenso einzigartig hier drin, wie die Papierblume in ihrem Haar und das kleine Piercing unter ihrer Lippe. Er kannte sie, stellte er perplex fest. „Du hast dir Zeit gelassen“, murmelte sie und zupfte die Reizwäsche zurecht. „Lange hätte ich den Kerl nicht mehr ausgehalten.“ Und in diesem Moment begriff er zwei Dinge: erstens, sie hatte nicht eine Sekunde lang seine Hilfe gebraucht, und zweitens, sie war diejenige, die er treffen sollte. Die Kontaktperson. Konan. Pains Lieblingsnutte. Kisame war nicht so blöd, dass er eins und eins nicht zusammenzählen konnte, und er hoffte, dass Pain tatsächlich auf ihrer Seite war und Zabuza und dessen Schützling irgendwie helfen konnte. „Willst du da noch länger rumstehen oder sollen wir los?“, fragte Konan ihn und schien sich nicht dafür zu schämen, dass sie halbnackt vor ihm stand. „…von mir aus“, brummte er überrumpelt, doch es schien ihr zu reichen. „Wenn wir uns beeilen, können wir deine Freunde retten.“ Kisame verengte die Augen, während er ihr folgte – sie schien genau zu wissen, wo sie lang musste. „Mach dir lieber Sorgen, was passiert, wenn nicht“, knurrte er verstimmt, doch sie erwiderte nichts. Stattdessen hob sie ein weiteres Mal die Waffe und schoss dem Mann, der gerade um die Ecke hechtete, ohne zu zögern in den Bauch, ehe sie mit der Faust nachsetzte. Für eine Frau war sie wirklich gnadenlos, das musste er ihr lassen. „Oh, die mache ich mir nicht“, murmelte sie und warf ihm die Waffe des Toten zu. „Nimm die und gib mir Deckung – von einer Frau erwarten sie nichts.“ „Du meinst, von einer Nutte erwarten sie nichts.“ Konan schenkte ihm ein eisiges Lächeln, als sie sich erhob. „Richtig – und jetzt komm!“ Er entschied sich, den Befehlston nicht weiter zu beachten und lieber an Zabuza und Haku zu denken. Sie würden frei sein…er musste nur daran denken, dass sie hier rauskommen würden. Alles andere war nebensächlich. Es musste nebensächlich sein. Tatsächlich machte es einiges aus, dass Konan voranging, denn niemand nahm sie ernst, bis sie in den Lauf ihrer Waffe sahen. Wobei sie auch körperlich nicht zart besaitet zu sein schien, so wie sie zuschlug. Kisame hatte deswegen nicht weniger zu tun, aber es war gut, dass er sich nicht um sie kümmern musste. „Sempai?“ Er erstarrte merklich, als er die Bezeichnung hörte und fuhr herum. Auch das noch…er hatte gehofft, dass sich der Junge irgendwo verstecken würde. Dieser lehnte schwer atmend an der Wand, was bei seinen Verletzungen kein Wunder war, doch ansonsten schien er okay zu sein. Suigetsu stützte sich ab, schien ihnen entgegen kommen zu wollen, wobei er eher humpelte. „Was geht hier für ne Scheiße ab?!“, brummte er und sah verunsichert zu Konan, die die Waffe nur langsam senkte. Er spürte ihren Blick, der deutlich machte, dass das hier ungünstig war – als wüsste er das nicht selbst. „Schrei nicht so rum!“, knurrte er den Jungen an, der plötzlich stehen blieb und ihn entgeistert ansah. Sowohl er als auch Konan fuhren herum – und sie schossen gleichzeitig. Allerdings schien da jemand Verstärkung gerufen zu haben, denn schon kamen mehr Wachleute nach, schossen auf sie. „Runter!“, brüllte er in dem Kugelhagel und ließ sich fallen. Weder er noch Konan hörten auf zu schießen, während sie flach und nahe beieinander am Boden lagen. Sie schossen zuerst in die Beine, um die Männer – drei waren es – zu Fall zu bringen. Erst im Nachhinein wurde ihm klar, dass er Konan mit seinem Körper geschützt hatte. Die Frau wusste, wie sie ihre Vorteile nutzen konnte, so viel war klar, denn als er sich aufrappelte, hatte er mehr als einen Streifschuss, während sie nicht einen Kratzer aufwies. Er verbiss sich ein Ächzen, auch wenn er die Pistole nun nur noch mit der Linken würde halten können…Scheiße. Konan verzog keine Miene, sondern schoss noch zweimal auf die Männer, wohl um sicherzugehen, dass sie wirklich tot waren, ehe sie sich ihre Waffen nahm. Jedoch hatte Kisame ganz andere Sorgen, denn als er endlich wieder stand, sah er zu Suigetsu…und den hatte es übel erwischt. Anscheinend hatte er nicht rechtzeitig geschaltet und sich in Sicherheit gebracht. Ihm wurde ganz schlecht, als er sah, wie der Junge langsam an der Wand hinabrutschte…und sich die Hand auf seine Brust drückte, wo immer mehr Blut zwischen seinen Fingern hindurchsickerte. Er stützte ihn, bevor er hinfallen konnte, nicht wissend, was er sagen sollte. Vorsichtig schob er die Hand des Jungen weg…und unterdrückte ein Würgen. Nicht, weil er das Blut nicht sehen konnte…nein, sondern weil er wusste, dass die Lunge getroffen worden war. Die Kugel hatte sich viel zu weit oben ins Fleisch gebohrt und Suigetsus rasselnder Atem bestärkte seine Vermutung. Blut tropfte nun auch aus seinem Mund, die Lider flatterten panisch…und Kisame wusste, er würde das nicht überleben. Er würde an seinem Blut ersticken. Er zuckte zusammen, als ein Paar Absätze in sein Blickfeld traten, und als er aufsah, schaute er in Konans Bernsteine, die ihn mitleidig anblickten. Natürlich wusste er, was er tun musste, um Suigetsus Leiden zu beenden…er wusste es und dennoch...zitterte er nur bei dem Gedanken. Das erstickte Röcheln wurde immer schlimmer und es ließ ihm keine Wahl. Nicht mal mehr reden konnte der sonst so freche Junge…er litt. Kisame schloss ihn fest in die Arme, wiegte ihn ein wenig, während er ihm leise Worte zu brummte. „Ruhig…es wird alles gut. Beruhig dich…ja…gut…das wird wieder, klar? Ich bin da, Kurzer…du kommst wieder in Ordnung.“ Lügen hatte ihn noch nie so sehr angewidert wie in diesem Moment. „Scht…ruhig…versuch ruhig zu atmen…das geht gleich wieder…“ Die violetten Augen starrten ihn an, viel zu wissend…ängstlich. „…denk an deinen Bruder…bist doch kein Mädchen oder? Ganz ruhig…“ Er wusste, dass er keine Zeit hatte, weil sie jederzeit wieder unter Beschuss geraten konnten, doch das hier…das konnte er nicht einfach so. Er streichelte dem Jungen durch das helle Haar, flüsterte ihm weitere Lügen zu, bis dieser ruhiger wurde. Bis Kisame seinen Griff um den Hals gefestigt hatte und sicher war, dass es schmerzfrei vonstattengehen würde. Und dennoch fühlte er sich wie ein Monster, als er Suigetsu mit einer ruckartigen Bewegung das Genick brach. Der rasselnde Atem stoppte, der zitternde Körper erlahmte…und wie eine leblose Marionette fiel er in sich zusammen. Es war vorbei. Zumindest für ihn. Danach hatte Kisame eine so unbändige Wut gepackt, dass er sich im Nachhinein nicht einmal mehr erinnerte, wie sie zum Kontrollraum gelangt waren. Konan hatte die Zugangskarte bei sich gehabt und war anscheinend ziemlich begabt in solchen Dingen. Sie hatten ihre Aufgabe erfüllt…und trotzdem konnte sich Kisame nicht darüber freuen, dass er heil aus der Sache rausgekommen war. Er hatte tun müssen, was er niemals wieder hatte tun wollen. Zum zweiten Mal hatte er jemanden umgebracht, der nicht hätte sterben dürfen. Dass er Suigetsus Leiden beendet hatte, machte es kein bisschen besser. Jedes Mal, wenn er die Augen schloss, sah er die Leiche des Jungen vor sich…und es quälte ihn, dass er ihn in diesen dreckigen Gängen hatte liegen lassen müssen. Es war ihm mittlerweile egal, wo er sich befand…vor allem, nachdem er Zabuza für einen kurzen Moment wiedergesehen hatte. Auch diese Erinnerung ging ihm an die Substanz, ließ ihn eine Verzweiflung fühlen, die er das letzte Mal nach dem Tod von Kimimaro verspürt hatte. Er war in Handschellen abgeführt worden, wie ein Verbrecher – und auch wenn er wusste, dass er dies war, so machte es ihn wütend. Wie ging es den anderen? Wurden die auch so behandelt? Auch die Jüngeren? Sie bedrohten ihn, führten ihn ab…in einen Behandlungsraum, wo sie seine Wunden versorgten. Erst danach würde man ihn verhören…und allein der Begriff ließ ihm die Galle hochsteigen. Wo war Itachi? Wann wollte er zu ihm kommen und ihm erklären, was das alles sollte? Wann sagte man ihm, wie es Zabuza und Haku ging? Grob wurde er durch die Gänge dieses Ortes getrieben, wusste nicht wo er war oder wer die Menschen um ihn herum waren. Er fühlte sich wieder eingesperrt, sah keine Verbesserung der Situation – bis die Tür des Raumes, in den sie ihn wohl bringen wollten, aufgestoßen wurde. Eine riesengroße Last fiel von ihm ab, als er Zabuza erkannte, den sie, genau wie ihn selbst, in Handschellen herausführten. Es ging ihm gut…zumindest lebte er und er wollte irgendwas sagen, auch wenn ihm nichts Passendes einfiel. Womit er nicht gerechnet hatte, war, dass sich Zabuza, kaum dass der ihn erblickt hatte, losreißen und ihm die eisernen Handschellen ins Gesicht rammen würde. Er war zu geschockt, um sich zu wehren, ließ sich zu Boden reißen und schlagen. „Verdammtes Arschloch!“ Kisame hatte Zabuza schon oft wütend erlebt, auch schon gegen ihn…aber nie hatte er ihn so hasserfüllt angesehen. Das Blut, das aus seiner Nase schoss, interessierte ihn ebenso wenig wie die Schmerzen. Wie betäubt starrte er Zabuza an, den sie nur mit Mühe von ihm runterziehen konnten. Wie ein wildes Tier wehrte sich sein bester Freund und seine scharfen Worte konnte er nicht wie sonst einfach wegstecken… „Was bist du für ein beschissener Freund?! Ich schwöre dir, Kisame, ich bring dich um, wenn Haku stirbt!! Ich bring dich um, wenn er wegen deiner verlogenen Schlampe da drin nie wieder gesund wird!! Ich werde…hör dir seinen Dreck ruhig an, du Arschloch!! Wie kann man so scheiße dämlich sein und so einem vertrauen?!“ Zabuzas Gebrüll war erst verstummt, als man ihn endgültig aus seiner Reichweite gebracht hatte. Im Gegensatz zu seinem sonstigen Temperament fühlte Kisame eine schmerzhafte Leere in sich. Widerstandlos ließ er sich noch einmal in den Behandlungsraum bringen, ließ zu, dass sie seine frischen Wunden versorgten. Er begehrte nicht mehr auf und er fragte auch nicht mehr…dazu fehlte ihm die Kraft. Und nun saß er hier in diesem kleinen Raum mit dem Metalltisch, an dem er auch noch angebunden war. Es war nicht so, dass er Zabuza nicht verstand, denn alles, was dieser gesagt hatte, war richtig gewesen. Er hatte Itachi blind vertraut…ihrer aller Schicksal in seine Hände gelegt, ohne zu wissen, ob es das Richtige war. Weil er Itachi hatte glauben wollen, dass diesem etwas an ihnen als Menschen lag. Vielleicht war er wirklich dämlich gewesen, sich darauf einzulassen… Kisame blickte still auf, als die Tür geöffnet wurde und derjenige eintrat, dem er das alles zu verdanken hatte. Wenigstens war er allein, auch wenn Kisame insgeheim damit rechnete, dass sie abgehört wurden. Oder gab es das nur in Filmen? Sei es drum, spielte ja auch keine Rolle mehr. Kein Laut verließ seine Lippen, während sich Itachi ihm gegenüber setzte und irgendwelche Unterlagen auf dem Tisch ausbreitete. Anscheinend hatte er auch etwas abbekommen, denn er sah mitgenommen aus. Sein Blick war nicht so fokussiert wie es damals der Fall gewesen war…nein, diesmal war er unruhig. Kisame konnte es fühlen, auch wenn sich sein Gegenüber bemühte, sich nichts anmerken zu lassen. Eine Weile saß er nur so da und schaute ihn an, wartete wohl darauf, dass er den Mund aufmachte. Tja…was sollte er denn sagen? Kisame entschied sich, stumm zu bleiben, während Itachi sich seine Zeit damit vertrieb, die neuen Verletzungen in seinem Gesicht zu studieren. Vermutlich würde er ein hübsches Veilchen unter dem linken Auge bekommen und eigentlich hatte er noch Glück gehabt, dass seine Nase nicht gebrochen worden war oder ihm ein paar Zähne fehlten. „Ich möchte mich bei dir entschuldigen.“ Kisame hob unbeeindruckt eine Braue; wenn der glaubte, dass das reichte, hatte er einen ziemlichen Knall. Merkwürdigerweise war ihm nicht nach Schreien und Toben zumute…er fühlte sich einfach nur elend. „Wofür?“, entgegnete er daher tonlos. Eigentlich konnte er Itachi gar nicht für alles verantwortlich machen, wenn er nicht mal wusste, was alles auf seinem Mist gewachsen war. Alles, was sie besprochen hatten, war auch genauso passiert…bis auf die Geschichte mit Haku. Davon war keine Rede gewesen. „Dafür, was mit diesem Jungen passiert ist.“ Kisame schnaubte leise, während er dem Blick der dunklen Augen standhielt. Wie schon damals wirkte alles an Itachis Art ehrlich…so dass er geneigt war, ihm zu glauben. „Mit welchem?“, brummte er und Itachi zögerte merklich. „Konan hat mir erzählt, was…du tun musstest.“ „Tja…zumindest dafür kannst du nichts“, erwiderte Kisame, auch wenn ihm bei dem Gedanken an Suigetsu die Magensäure hochkam. „Der Junge hatte Pech…“ Ihm entging nicht, wie Itachis linke Hand zuckte, so als wollte er über den Tisch greifen und die seine nehmen. Kisame war ihm dankbar, dass er das unterließ. Das Letzte, das er jetzt gebrauchen konnte, war Trost von einer Person, die er nicht mal richtig kannte. „Mir tut auch leid, was Haku widerfahren ist.“ Ab diesem Punkt wurde es interessant und sofort verdüsterte sich Kisames Miene. Er konnte Zabuza sehr gut verstehen, nahm ihm seinen Ausraster nicht einmal krumm – er hätte ebenso reagiert, wäre er an seiner Stelle. „War Haku Teil des Plans, weil ich dir von ihm erzählt habe?“, fragte er direkt nach und er wünschte sich so sehr, dass es nicht so wäre. Itachi machte den Eindruck, als würde er nicht wissen, wie er darauf antworten sollte. „Nein…das nicht“, gab er schließlich zurück. „Kakuzu hat schon früher von ihm erfahren…aber mir war bewusst, dass wir noch jemanden aus seinem…Bereich brauchen. Kakuzu hat ihn ausgewählt, weil er leicht zu erpressen war. Er hatte freie Hand, was seine…Arbeitsweise anging.“ Kisame spürte, wie seine Haut zu prickeln begann und hätte Itachi nicht direkt weitergesprochen, hätte er ihn spätestens jetzt angeschrien. „Ich will mich nicht aus der Verantwortung stehlen, Kisame“, nahm er ihm den Wind aus den Segeln. „Was passiert ist, war unvermeidlich…wir brauchten jemanden, der die Zugangskarte beschaffen konnte, ohne dabei aufzufallen.“ „Und deswegen liegt er jetzt im Sterben…klasse.“ Die Bitterkeit in seiner Stimme konnte und wollte Kisame nicht überspielen, auch wenn er wusste, dass er unfair war. Itachi hatte anscheinend wirklich das Beste im Sinn gehabt und er hatte sie rausgeholt, doch er trug dennoch eine Mitschuld an Hakus Zustand. „Er ist bei den besten Ärzten, Kisame. Er wird durchkommen…und danach wird man ihm helfen.“ Kisame gab ein abfälliges Schnauben von sich. „Wer wird ihm helfen? Irgendwelche Fremden, vor denen er Schiss hat, weil er ihnen nicht vertraut? Wenn du ihm was Gutes tun willst, lass Zabuza zu ihm.“ Itachis Schweigen dauerte ihm dieses Mal ein wenig zu lange und er verengte die Augen. „Was?!“, raunzte er unfreundlich, weil er den Ärger bereits witterte. „…ich habe Zabuza bereits darum gebeten, Abstand von ihm zu nehmen. Genau genommen ist es eine der Bedingungen meines Angebots.“ Das waren ja ganz neue Töne und sie missfielen dem Hünen mehr als nur ein bisschen. „Bedingungen?“, betonte er es angewidert. „Für wen hältst du dich, dass du so eine Bedingung stellen kannst, Itachi? Du kennst weder Zabuza, noch kennst du Haku…wie kannst du verlangen, dass sich die beiden trennen? Sieh mir ins Gesicht…denn sowas passiert, wenn man Zabuza Haku nimmt.“ Itachi verzog keine Miene, ließ ihn ausreden, bevor er sich äußerte. „Ich halte ihn nicht für einen schlechten Menschen“, begann er dann. „Ich glaube nur nicht, dass es dem Jungen gut tun würde, weiter bei ihm zu bleiben. Pain hat mir bereits berichtet, in welcher Beziehung die beiden zueinander stehen – und bevor du etwas sagst, ich weiß, dass Zabuza ihn nicht gezwungen hat.“ Kisame schloss den Mund wieder, blickte ihn aber immer noch sehr finster an. „Darum geht es auch nicht…sondern darum, dass Haku ein eigenes Leben aufbaut, das sich nicht nur um jemanden dreht, der selbst genug Probleme hat.“ „Und deshalb steckst du ihn in so eine Klapse oder was?“, spie Kisame aus, denn so langsam reichte es ihm. Itachi schüttelte den Kopf. „Nein…er wird natürlich einen Therapeuten brauchen und vermutlich auch eine Rehabilitation, wenn man nach seinen Verletzungen geht, aber er wird dort nicht bleiben.“ „Ach? Und wo soll er sonst hin?“, blaffte Kisame und es war ihm sowas von egal, dass er sich nicht mehr zurückhalten konnte. „Zu meiner Familie.“ „…wie?“ „Ich habe bereits mit meinen Eltern gesprochen und sie sind einverstanden. Mein Zimmer steht leer, seit ich ausgezogen bin, und meine Mutter arbeitet von zuhause aus, er wäre also nicht allein. Sie könnte ihn zur Therapie fahren und er könnte dieselbe Schule wie mein Bruder besuchen, sobald es ihm besser geht und er sich an alles gewöhnt hat.“ Kisame war immer noch zu verdutzt, um sich großartig dazu zu äußern. Itachis Familie also…er war immer noch skeptisch, aber für ihn hatte die Familie auch noch nie etwas Gutes gebracht. Trotzdem wäre Haku bei Fremden, denen er nicht vertrauen würde. „Zabuza und dir wird eine gemeinsame Wohnung gestellt. Mein Onkel wird dafür aufkommen und euch Papiere besorgen, sofern ihr zustimmt, innerhalb von drei Jahren eine Ausbildung zu absolvieren und euch unauffällig verhaltet.“ „…unauffällig?“ „Keine Vorstrafen durch gewalttätiges Verhalten oder dergleichen. Nach den drei Jahren könnt ihr selbst entscheiden, ob ihr unter ihm arbeiten wollt. Wir brauchen Leute, die verlässlich sind und sich unter Kontrolle haben – deswegen die drei Jahre. Sieh es als eine Art Bewährung – ohne Gefängnis. Solltet ihr jedoch Schwierigkeiten machen, werdet ihr die Strafe bekommen, die euch eigentlich erwarten würde.“ Obwohl Itachi das so streng herunterratterte, war Kisame nicht so beschränkt, dass er nicht verstand, dass es sich hierbei um ein verdammt gutes Angebot handelte. Das war die zweite Chance, die er damals erwähnt hatte…die Kisame gewollt hatte. Auch, wenn er noch nicht wusste, ob er das packen würde, war die Aussicht auf ein normales Leben mehr als nur reizvoll. Allerdings durfte er seinen Kumpel dabei nicht außen vor lassen. „Was hat Zabuza dazu gesagt?“, fragte er, obwohl er es ahnte. Itachi senkte kurz den Blick, seufzte leise. „Ehrlich gesagt möchte ich seine Beschimpfungen nicht wiederholen.“ Kisame nickte knapp, hatte es sich ja bereits gedacht. „Er hat jedes Recht, wütend zu sein…sowohl auf dich als auch auf mich“, erwiderte er, fühlte sich nun etwas ruhiger. „Darf er Haku sehen?“ Itachi antwortete nicht sofort und Kisame wusste, warum er so zögerte. „Er ist kein Monster, Itachi. Er hat sich jahrelang um Haku gekümmert, ohne ihn so anzufassen, wie du dir das vielleicht vorstellst. Er hat ihn nie misshandelt oder missbraucht. Haku kam von selbst zu ihm, weil er ihn braucht.“ „Und du nennst das Liebe?“, fragte Itachi, wobei er seinen Gesichtsausdruck nicht deuten konnte. „Glaubst du wirklich, dass es gut ist, die beiden Kontakt haben zu lassen? Unter solchen Umständen?“ Kisame schnaubte. „Du denkst, dass Haku nur bei ihm sein will, weil er nichts anderes kennt?“ „Ich denke, man sollte ihm die Chance geben, sich ohne Angst und Trauma für Zabuza zu entscheiden – und ihn ständig in seine Nähe zu lassen, hilft dabei nicht sonderlich.“ Beinahe hätte Kisame bei seinen Worten laut losgelacht. „Sowas in der Art hat der Idiot auch immer gesagt…hat es als Ausrede benutzt, ihm nicht mehr nahe zu kommen“, gab er zurück und sah, wie Itachi die Stirn runzelte. „Hör zu, ich sag’s dir, wie es ist…wenn Zabuza dein Angebot nicht annimmt, werde ich es auch nicht tun. Wir halten zusammen – und wenn ich dazu mit ihm in den Knast gehen muss, werde ich das tun.“ Itachi neigte leicht den Kopf, sah ihn an. „…das dachte ich mir bereits“, murmelte er ein wenig resigniert. „Und es ist nicht das, was ich möchte. Ich bin kompromissbereit…wenn ihr euch an die Regeln haltet.“ Kisame hatte damit generell kein Problem, hörte ihm aber weiter zu. „Ich bin auch kein Monster, Kisame…ich möchte keinem von euch schaden.“ Der Hüne stellte fest, dass er ihm schon wieder glaubte…trotzdem alles gerade ein bisschen sehr beschissen war. Er konnte eigentlich nur hoffen, dass Haku bald wieder in Ordnung sein würde und Zabuza sich beruhigte. Er selbst war müde von dem ganzen Scheiß und Itachis Angebot für einen Neuanfang war daher umso attraktiver. Ebenso wie Itachi selbst…und auch, wenn er gerade keinen Nerv dafür hatte, stellte er sich die Frage, ob der andere ihn wirklich nur benutzt hatte. Ob er ihn tatsächlich mochte oder es nur so daher gesagt war. Doch warum sollte er sich dann noch um ihn oder Zabuza oder Haku kümmern? „Ist okay“, brummte er nach einer Weile und Itachi nickte. „Gut…du solltest dich jetzt ausruhen.“ Kisame entging der gedehnte Tonfall nicht und er hätte gern gewusst, was der Uchiha eigentlich hatte sagen wollen. Soeben hielt er es jedoch für besser, nicht weiter nachzufragen…dafür war später – hoffentlich – noch Zeit. Er war wirklich erschöpft und wollte eigentlich nur schlafen…sofern er das konnte, denn sowohl die Sache mit seinem Kumpel und Haku, als auch Suigetsus Tod hingen ihm nach. Er zuckte zusammen, als sich eine Hand auf seine Schulter legte und diese leicht drückte. „Es war nicht deine Schuld.“ Kisame blickte weiter vor sich hin, während er die Worte auf sich wirken ließ…was sollte man dazu auch sagen? Itachi schien sein Schweigen zu akzeptieren, denn er ließ ihn los und verschwand aus dem Raum. Nach wie vor war der Kerl ein Mysterium...ein Mysterium, dem er viel zu sehr verfallen war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)