Yami no Hikari von Isi-Arts (Das Licht in der Dunkelheit) ================================================================================ Prolog: Prolog - Die Welt im Wandel ----------------------------------- Jemand muss es ja tun. Irgendjemand muss die Drecksarbeit machen. Lange genug war unklar, warum er und nicht jemand anderes. Aber es war seine Bestimmung. Jeden Abend sah er zu den Sternen auf. Die Nacht legte einen Schleier auf die sonst so lebendigen Wälder. Kein Vogel wagte es, zu singen. Es erschien als sei der Wald tot. Doch er wusste, was dort in den Schatten der Wälder lauerte. Niemand sonst wusste davon und diejenigen, die es erfuhren, lebten nicht lang genug, um davon zu erzählen. Einzig er, geboren im Schatten, hatte überlebt. Und nun tat er alles, damit niemand erfahren musste, was dort in den Schatten jagt auf sie machte. „Ich bin kein Mensch.“, flüsterte er zu sich selbst. Dann hob er seine Lanze und rannte in den Wald. Erst am Morgen kam er wieder hinaus. Und niemand würde je erfahren, dass er dort war. Und niemand würde je erfahren, dass er sie alle gerettet hatte. Akito Igasho* stand in der Fußgängerzone. Es war ihm relativ egal, dass die Leute ihn mit giftigen Blicken beäugten. Anfangs, als er noch neu in der Stadt war, störte es ihn. Er wurde aufmüpfig und rebellierte. Doch mit der Zeit wurde er ruhiger, lernte die Blicke zu ignorieren und sie als einen Teil seines Daseins zu akzeptieren. Es wunderte ihn auch nicht weiter, denn er trug immer noch die Kleidung seiner Ahnen, während die Stadt doch lieber den Wohlstand und den Fortschritt zur Schau stellen wollten. Altertümliche Kriegsgewänder gab es hier schon lange nicht mehr. Wozu denn auch, der Krieg wurde jetzt mit Gold geführt und sein Dorf hatte den Kampf, wie so viele andere Dörfer auch, verloren. Waffen gab es nur noch in der Unterwelt, den Schandflecken in der Stadt. Aber auch diese Waffen unterschieden sich von seinen, sie funktionierten mit Feuersteinen, die man hauptsächlich in den Bergen diesen Landes fand und waren ohrenbetäubend laut. Akito bevorzugte da doch seine leise Naginata. Auch sie war ein Vermächtnis seines Volkes. Er trug sie natürlich nicht bei sich. Zumindest nicht im Moment. Es reichte schon,dass die Leute ihn wie ein Monster ansahen. Da mussten sie nicht noch eine Bestätigung bekommen, dass er auch eines ist. Am Anfang, als die Fremden kamen, versuchten sich seine Landsleute noch in ihre Gesellschaft zu integrieren. Man beschimpfte sie jedoch als primitiv, was gleich zu setzten war mit dumm. Und wenn sie Waffen trugen, wurden sie verfolgt, gefoltert, umgebracht, versklavt und noch so einiges mehr. Wenige Dörfer versuchten auch direkt gegen die Fremden zu kämpfen, jedoch so schnell wie sie kamen, eroberten sie auch dieses einst so freie Land. Mauern zierten jetzt die malerischen Landschaften. Kalte, beengende Mauern, hinter denen sich die Menschen verstecken, in der Hoffnung, sie seien sicher. Akito wusste aber, dass die Mauern keinerlei Schutz bieten würden, denn das böse wuchs in den verängstigten Herzen der Menschen. Diese Stadt war ein prächtiger Nährboden für die Angst der Menschen, dem Neid und der Verzweiflung. Und wo die Angst lebt, da sind die Monster der Nacht nicht fern. Etwas zupfte an Akitos Hose, während er völlig in seinen Gedanken versank. Als er dem Ursprung dieses Zupfens aufindig machen wollte, blickte er in die schönsten blauen Augen, die er je sah. Sie sahen aus wie fließendes Wasser und gehörten zu einem kleinem Mädchen mit blonden Locken. Sie machte einen Schritt zurück, vermutlich aus Angst vor ihm. „Ähm,“ fing sie an zu stottern, „ also...“ Sie traute sich kaum, Akito ins Gesicht zu schauen, also starrte sie auf ihre Füße, die unregelmäßig Kreise auf den Boden malten. „Bitte friss mich nicht auf“, rief sie nun mit all ihrem Mut. Akito musste unweigerlich anfangen zu lachen. Er beugte sich zu dem Mädchen runter und flüsterte ihr ins Ohr: „ Wieso sollte ich so etwas absurdes tun?“ „Meine Freunde, also, die sagen, dass du ein Menschenfresser bist. Und Kinder sollen deine Leibspeise sein.“ Nachdem Akito mit seinem Blick die Umgebung beäugte, sah er eine Gruppe von Kindern, vielleicht fünf oder sechs, die sich in einer kleinen Gasse versteckten und kicherten. Ihm war sofort klar, warum das Mädchen bei ihm stand. „Sag mal, deine `Freunde`, wollten sie, dass du mir das sagst? Und vor alledem darfst du erst mit ihnen spielen, wenn du mir das gesagt hast?“ Zum ersten mal schaute ihn das Mädchen direkt ins Gesicht. Sie nickte kaum merklich und auch die Fußmalereien unterbrach sie für einen kleinen Augenblick. Daraufhin sagte Akito dann: „ Ich glaube, wir können deine Freunde mal etwas ärgern. Du musst nur gut mit spielen, okay?“ Akito erklärte dem Mädchen seinen Plan. Er packte das Mädchen und hob sie sich mit einer Armbewegung über die Schultern. Sie strampelte und boxte ihm auf de Schultern, als er mit ihr in der Menschenmenge verschwand. Kurz darauf bog er in eine Gasse ab. Immer mal wieder schaute er zurück, um sich zu vergewissern, dass ihre 'Freunde' ihnen auch folgten. Was sie auch taten. Allerdings kicherten sie nun nicht mehr. Hinter der nächsten Kurve folgte eine Sackgasse. Hier standen einige Fässer und Kisten, zudem roch es nach Urin. Dennoch versteckte Akito das Mädchen neben einem Fass. Mit einem Finger auf den Lippen, gab er ihr zu verstehen, dass sie leise sein solle. Kurz darauf kamen dann auch schon die anderen Kinder um die Ecke. Als sie Akito sahen, schien es, als hörten sie auf zu Atmen. Akito selber blieb ganz ruhig und leckte sich in schönster Schauspielmanie die Finger. Er tapste elegant auf die Kinder zu und sprach dann in einem Dialekt, der für die Uhreinwohner eigentlich typisch war: „ Das hat geschmeckt gut. Bei den Göttern, da ist ja mehr.“ Nun wich die Farbe in den Gesichtern der Kinder. So schnell sie konnten, machten sie auf dem Absatz kehrt, wobei ein Junge ins straucheln kam und stürzte. Die anderen beachteten ihn aber gar nicht und rannten weiter. „W-w-wartet!“, schrie er ihnen panisch hinterher, „ Helft mir, der Teufel kommt!“ Mühselig kam der Junge wieder auf die Beine und verschwand auch schon in der Kurve. Dies war für 'den Teufel' das Zeichen, auf zu hören. „Komm, komm ruhig wieder raus, Kind“, lachte er zu dem Mädchen rüber, die das ganze Schauspiel mit ansehen konnte. Sie ringelte sich regelrecht vor Lachen. „So viel Angst hatte Iggy noch nie!“ kicherte das Mädchen, „Warum hast du mir denn eigentlich geholfen?“ „Naja, du brauchtest Hilfe und ich konnte dir helfen. Warum sollte ich dass denn nicht machen?“ Das Mädchen dachte für sich 'Recht hat er ja'. „Was mich wundert, „, fragte nun Akito nach einer kurzen Weile, „ warum lässt du dich von den Kindern ärgern?“ Die Frage war dem Mädchen sehr unangenehm. Schnell drehte sie sich von Akito weg und suchte nach etwas, was von dieser Frage ablenken könnte. Doch in dieser Gasse war es sinnlos. Neben Modder und Gestank gab es hier nichts, was man in den Mittelpunkt des Gespräches setzten könnte. So blieb ihr nicht anderes übrig, als zu Antworten: „Nun, Iggy heißt eigentlich Ichabod Lubecensibus. Er ist der Sohn einer wohlhabenden Fürstenfamilie. Unsere Familien waren lange Zeit zerstritten. Doch mein Großvater hat nun eine Lösung gegen den Streit gefunden...“ „Und die ist es, die Häuser zu vereinen, richtig?“, unterbrach Akito forsch. Das Mädchen nickte kurz, bevor sie fortfuhr: „Genau. Da nach meinem Großvater aber nur Männer geboren wurden und ich der erste weibliche Nachkomme bin, mussten die Familien bis zu meiner Geburt warten. Ich wurde bei meiner Geburt dann Ichabod versprochen.“ Akito setzte die Geschichte fort: „Und nun glaubst du, du musst dich mit 'Iggy' gut stellen, damit ihr eine gute Familie werden könnt?“ Erneut nickte das Mädchen und starrte auf den Boden. Eine unangenehme Ruhe setzte sich in die Gasse, beinahe als würde die Welt von ihr aufgesogen. Erst nach einer Weile nahm Akito das Gespräch wieder auf. „Damals, als ich noch Kind war, und mein Volk noch ungestört leben durfte, ha man sich nur vereint, wenn man sich wirklich liebte. Ein völliger Harmonie lebten die Erwachsenen und Kinder miteinander. Und niemals hatte man seinem Kind gesagt, wen es zu lieben hat. Es gibt so viele Dinge, die eure Welt mitgebracht hat, die ich nicht verstehe. Und dies ist eines davon.“ Akito wollte gerade gehen. Die Hand zu einem stillen Gruß geformt, bewegte er sich zum Ausgang der Gasse. „Warte!“, rief das Mädchen, „Ich weiß doch nicht einmal wie du heißt!“ Akito stoppte in seiner Bewegung, drehte sich um und reichte dem Mädchen die Hand: „ Akito Igasho, sehr erfreut.“ Die Worte klangen trostlos und auswendig gelernt. Dennoch nahm das Mädchen seine Hand. „ Lisbeth von Caelum, die Freude ist ganz meinerseits.“ Damit verabschiedete sich Akito und verließ die Gasse, ohne sich noch mal nach dem Mädchen um zu drehen. Wenn die beiden doch nur wüssten, dass sie noch einige male aufeinander Treffen sollten. Kapitel 1: Taten ---------------- Lisbeth verließ die Gasse kurz nach Akito. Sie hatte ihn noch so vieles Fragen wollen, doch durch seine schroffe Verabschiedung waren ihr schlichtweg die Worte im Halse stecken geblieben. Und obwohl es immer hieß, dass die Ureinwohner eingeschränkt und dumm seien, kam es Lisbeth nicht so vor. Im Gegenteil, von ihresgleichen hätte sie wohl kaum Hilfe erwarten können. Etwas beschäftigte Lisbeth besonders. Es war diese eine Aussage. In seinem Dorf gab es keine arrangierten Ehen. Niemand wurde gezwungen, jemand anderes zu lieben. Wie schön war die Vorstellung, Lisbeth würde irgendwann frei lieben können. Sie würde sich einen netten, hilfsbereiten Mann suchen, der sie nicht nur wegen ihres familiären Standes haben wollte. Jemand, mit dem sie gemeinsam Lachen und alt werden konnte. Wie gerne würde sie Kinder mit diesem jemand haben, welche sie dann nach ihren Werten erziehen konnte. Ganz in Gedanken verloren kam Lisbeth in ihrem Anwesen an. Es war eine kleine Stadtvilla im Jugendstil. Mit großen Fenstern, die mit Säulen und Bögen verziert waren. Die blaue Fassade war hierbei das größte Augenmerk des Hauses. Passend dazu hatte die Mutter eisblaue Hortensien am Weg vom Eingangstor zur Haustür pflanzen lassen. So sah das Haus beinahe so aus, als würde es auf Wolken stehen. Der Anblick war gerade in den Sommermonaten, wenn die Sonne direkt auf die Blumen schien, atemberaubend. Dies empfand nicht nur Lisbeth so. Einige Passanten blieben auch mal am Eingangstor stehen, einfach nur um diese Pracht zu genießen. Ganz besonders junge Paare ließen sich von dem Zauber des Bildes einfangen. Sie standen hier manches Mal, bis die Sonne unterging und somit die Farben von einem dunklen Vorhang verdeckt wurden. Genau derselbe Vorhang, der sich auch diese Nacht langsam über das Haus legte. Lisbeth hatte in ihren Gedanken jedes Gefühl für die Zeit vergessen. Sie erschrak, als eines der Hausmädchen ihr entgegen kam. „Junges Fräulein! Die Herrin ist völlig in Sorge, wo Ihr bleibt!!“, ermahnte sie Lisbeth, „Nun aber hurtig ins Haus!“ Das Hausmädchen nahm Lisbeth bei der Hand und zog sie eiligen Schrittes ins Haus. Nur schwer konnte das Mädchen mit der Angestellten mithalten. In der Eingangshalle des Anwesens warteten bereits die Mutter und noch einige Dienstmädchen. Eines der Dienstmädchen hielt etwas in ihren Händen. Es sah aus wie eine große, rote Gardine. Erst bei genauerem Hinsehen konnte Lisbeth erkennen, um was es sich da handelte. Es war ein Abendkleid, welches sich Ichabod für Lisbeth ausgesucht hatte. Es wurde extra von der Familie des Jungen anfertigen lassen und sollte einem Kleid von Ichabods Mutter nachempfunden werden. Heute sollte die Anprobe sein, doch wegen des ganzen Trubels und des unerwarteten Treffens hatte sie es völlig vergessen. Nun meldete sich die Mutter zu Wort: „Lisbeth, ich bin schwer enttäuscht von dir. Die Familie Lubecensibus hat uns dieses wunderschöne Kleid anfertigen lassen und du versäumst die Anprobe! Fürst Alfons war sehr empört darüber! Und wie siehst du überhaupt aus?“ Lisbeth schaute an sich runter. Die Gasse war nun nicht die sauberste gewesen. Dicke Flecken zierten die Rüschen und Muster des sonst sehr vornehmen Kleides. Dazu klaffte ein dickes Loch in der Strumpfhose von Lisbeth. Bevor Lisbeth jedoch etwas sagen konnte, fuhr ihre Mutter fort: „Und dieser Gestank! Naja, ich wundere mich später weiter! Du wirst morgen mit Madeleine zu den Lubecensibus fahren und dich für dein Fehlverhalten entschuldigen, ist dir das klar?“ Lisbeth nickte. Ein kleines „Jawohl, Mutter!“ machte das Mädchen noch kleiner, als es neben seiner Mutter schon wirkte. Madeleine, das Dienstmädchen, welches das Kleid trug, machte einen kleinen Knicks. Damit gab sie Lisbeth zu verstehen, dass es nun an der Zeit zu schlafen war. Ohne Widerworte ging Lisbeth auf ihr Zimmer. Madeleine folgte dem Kind. Sie half Lisbeth beim Umziehen und waschen, bevor sie Lisbeth ins Bett legte. „Madeleine?“, rief Lisbeth in dem Moment, in dem Madeleine das Zimmer verlassen wollte. Sie machte auf dem Absatz kehrt und zeigte dem Mädchen mit einem leisen „Ja, junges Fräulein?“, dass sie ihr ihre Aufmerksamkeit schenkte. „Sag mal, die Ureinwohner, wieso sagen alle, sie seinen dumm und primitiv?“ Madeleine horchte auf: „Die Ureinwohner besuchen keine Schulen und können in den meisten Fällen nicht lesen, geschweige denn rechnen.“ Diese Antwort genügte Lisbeth nicht. „Ja aber macht es die Menschen gleich dumm, wenn sie etwas nicht beherrschen?“ Das Dienstmädchen legte den Kopf schief. Sie verstand nicht, worauf Lisbeth hinaus wollte. „Schau, Madeleine, ich weiß nicht, wie ich eine Schleife binde, weil du mir das immer machst. Macht mich das denn jetzt zu einem dummen, primitiven Menschen?“ „Aber mit Sicherheit nicht!“, Madeleine war hörbar empört über dieses Gleichnis, „Wie kommt Ihr denn auf diesen Quatsch?“ Lisbeth konnte schlecht erzählen, dass sie heute mit einem Ureinwohner zu tun hatte. Wenn ihre Mutter dies herausfinden würde, dann würde sie bestimmt Ausgangsverbot bekommen, so fiel ihr nichts Anderes ein, als zu flunkern: „Iggy meinte das zu einem Ureinwohner in der Straße. Er stand dort und hatte um eine Gabe gebeten. Und nun ja, er wirkte auf mich nicht so primitiv, wie alle es immer sagen.“ „Nun, aber wie wirkte er dann auf das junge Fräulein?" „Er wirkte einsam.“, sprach sie aus ihrer Überzeugung heraus, „So wie er dort stand. Alle liefen an ihm vorbei und wenn ihn mal einer anblickte, dann nur mit einem kalten, verabscheuenden Blick. Ich finde das nicht fair, immerhin hat er niemandem etwas getan. Er stand nur da und hielt die Hände zu einer kleinen Schale geformt.“ Madeleine verstummte. Die Worte hallten noch immer in ihr nach. Nach einer Weile begriff sie jedoch, dass das junge Fräulein ihn nicht nur aus der Ferne gesehen hatte. Madeleine merkte aber auch, dass Lisbeth ihr dies mit Absicht verschwieg, so beschloss sie für sich, Lisbeths Geheimnis auch für sich zu behalten. „Nun, junges Fräulein, es ist Zeit ins Bett zu gehen, es war ein sehr langer Tag. Morgen werde ich dich begleiten und dann können wir diesem armen Mann ja eine Gabe in die Hand legen.“, beendete Madeleine das Gespräch, während sie Lisbeth aufs Bett wies und sie zu deckte. Schlafen konnte sie jedoch nicht sofort, denn sie überlegte einiges für den kommenden Tag. Nicht für Iggy, sondern für Akito. Was würde sie ihm geben wollen und wie würde Madeleine auf ihn reagieren? Schließlich wiegten die Gedanken sie doch noch in den Schlaf. Die Sonne stand bereits hoch über dem Anwesen, als Madeleine kam, um Lisbeth zu wecken. Zügig wusch sich das Kind und lies sich von dem Hausmädchen ankleiden. Zur Kontrolle sollte sie noch zur Mutter gehen, bevor die Kutsche sie abholte. "Guten Morgen Mutter, "sagte Lisbeth in einem Sing-Sang, der euphorischer nicht sein konnte. Die Mutter drehte sich zu Lisbeth um, beäugte sie von oben bis unten, bevor sie antwortete: "Guten Morgen junge, hübsche Lady." Lisbeth errötete. "Ich habe dieses Kleid gewählt, weil Iggy... ich meine Ichabod es mir aussuchte. So wird er es bestimmt mögen.", erklärte Lisbeth sich. Die Mutter nickte. "Wenn man von deinen kleinen Ausrutschern absieht, bist du doch eine sehr vornehme, junge Dame geworden. Das heißt nicht, das ich dein Verhalten vom gestrigen Tag dulden werde, aber ich bin froh, dass du so voller Eifer an deiner Entschuldigung interessiert bist." Wenn die Mutter doch nur wüsste, warum Lisbeth in Wirklichkeit so 'voller Elan' war. "Ich habe dem Fürsten bereits einen Boten kommen lassen. So ist er über dein Kommen informiert. Und nun hopp hopp , die Kutsche wartet bestimmt schon.", forderte die Mutter daraufhin. Akito atmete schwer, als er die Stadtmauern passierte. Seine Naginata diente ihm als Stütze. Noch waren die Straßen und Gassen leer, doch in wenigen Stunden, wenn die Sonne den Tag bringt, werden sich die Menschen erneut stressig durch die Stadt drängeln. Genau deswegen nutzte Akito diese ruhige Zeit für sich. Niemand würde ihn anmeckern, weil er ohne Gleichgewicht durch die Menschen stolpern würde. Die wenigen Obdachlosen, welche sich unter Vordächern tummelten, beachteten ihn gar nicht erst. Und der Nachtwächter war, wie jede Nacht, sturzbetrunken. Mit mühe stapfte er durch die Stadt. Es war wesentlich einfacher in dem jetzigen Zustand, quer durch die Stadt zu seiner Hütte zu gehen, als drum herum zu torkeln. So tat Akito es ständig, wenn er bei seiner Jagd verletzt wurde. Und trotz der Verletzung fühlte er sich gut. Er wusste wie vielen Menschen er geholfen hatte dadurch, dass er diese Biester aufspürte und vertrieb. Und vor alledem freute er sich nun auch über die Sicherheit des kleinen Mädchens. Sie war die erste seit langem, die ihm Beachtung schenkte, ohne ihn an zu brüllen oder zu beleidigen. Insgeheim wollte Akito sie wieder treffen und ihr alte Geschichten über das Land, die weite Flur und die Berge erzählen. Er wollte sich mit ihr über Gepflogenheiten und Sitten austauschen. Doch bevor dies geschehen konnte, musste er seine Wunde versorgen. Zudem wusste Akito nicht ob ihr Elternhaus es befürworten würde, sich mit einem ´Primitiven´ zu treffen. So war es nun einmal in dieser kalten Stadt, wenn einmal jemand nett war, so wurde es meistens von jemand anderem unterbunden. Stetig bewegte er sich durch die Stadt, bis er sie gänzlich passierte. Seine kleine Hütte war nicht weit entfernt. Etwas weiter südlich der Mauern hatte er sich aus Lehm und Astwerk ein kleines Heim geschaffen, ganz nach dem Vorbild seines Stammes. In der Mitte der kleinen Hütte zündete sich Akito ein kleines Feuer an, um sich auf alte Leinen und Webereien zu setzten. Die Naginata lehnte er gegen die Wand der Hütte und er zog einen Krug zu sich. In dem Krug war Wasser gewesen, womit er vor hatte, seine Wunde zu reinigen. Er nahm sich einen kleinen Fetzten der Leinen, tunkte ihn in das Wasser und strich ihn dann über seine Wade. Das Blut war schon leicht verkrustet gewesen, so musste Akito etwas schrubben. Was ihm allerdings nicht gefiel, denn jedes Mal, wenn er mit dem Fetzten über die Wunde strich, tat es um so mehr weh. Ein Kratzer wie von einem Bären wurde immer sichtbarer. Akito hätte nicht damit gerechnet, dass die Wunde doch so groß war. Das Adrenalin in ihm sorgte dafür, dass er die Schmerzen nur entfernt war nahm, doch sobald das Adrenalin gehen würde, würden auch die Schmerzen stärker werden. Sie würden ihn wach halten und ihm beim Gehen behindern. Die Schmerzen störten ihn aber nicht weiter. Es störte ihn viel mehr, dass er später nicht mehr in die Stadt gehen würde, damit er sich Essen schnurren konnte. So würde er heute getrocknete Fische essen müssen. Dies war zwar gut, damit er nicht ganz so hungrig sein musste, Sättigte aber dennoch kaum. Er könnte sich noch Beeren dazu sammeln, zu aller erst musste er jedoch schlafen. Die Tage waren sehr kurz für ihn. Zur Mittagszeit stand er immer in den Straßen der Stadt, bis die Dämmerung anfing. Diese war sein Zeichen, dass er sich für die Nacht vorbeireiten musste. Er ging dann immer mit seiner Lanze in die Wälder, die rund um die Stadt verliefen. Hier tummelten sich die Schatten der Nacht, die Monster und manchmal verliefen sich auch Banditen in den Wäldern. Wobei letzteres die Wälder zu unterschätzen vermochte und von der Finsternis verschlungen wurde. Erst zum Morgengrauen kam Akito wieder aus den Wäldern raus. Nur wenige Stunden Schlaf blieben ihm bis zur Mittagszeit. Doch heute blieb ihm mehr Zeit, der Wunde sei Dank. Akito nahm eine der Webarbeiten und deckte sich damit zu. Langsam verglomm das Feuer zu einem Haufen Glut, welcher die Hütte in ein gefährliches Rot tauchte. Ein beruhigendes Rot, fand Akito, so vertraut und warm. Auch diese Nacht beruhigte es ihn und er schlief ein. Erst zur Mittagszeit wurde er unsanft von Pferde traben geweckt. Zu dem regelmäßigen klappern der Hufe gesellte sich aber ein viel schlimmerer Klang, Ketten, die sich durch das seichte Gras zogen. Ab und zu hörte man Männerstimmen meckern und hier und da knallte es auf nackter Haut. Akito wusste genau, was da auf ihn zu kam. Doch um sich zu verstecken, hatte er keine Zeit mehr. Mit der Wunde würde er es nicht mehr schnell genug bis zu den Mauern der Stadt schaffen. „Hey, sieh mal einer an, da sitzt bestimmt noch mehr Bares in der Hütte!“, rief eine alte, raue Stimme. Aktio nahm seine Naginata und versteckte sie unter dem aus Ästen gebauten Dach. Sie war nahezu unsichtbar dort oben. Die Sorte Mensch, die da auf ihn zu kam, war ihm sehr wohl bekannt. Unbeherrscht und aggressiv, voller Gier nahmen diese Menschen ihren Platz in der Gesellschaft ein. Es war ihnen völlig egal, was sie in die Finger bekamen, würde zu Geld gemacht werden. Akito konnte es sich nicht leisten, dadurch seine einzige Waffe zu verlieren, nur weil er so töricht war, um gegen diese Kerle zu kämpfen. Sein Plan gegen sie war zwar nicht optimal, aber es war wenigstens einer. „Sie mal einer an!“, schrie nun ein bärtiger, alter Mann, der gerade in die Hütte kam, „So was sieht man selten in diesen Tagen. Ein Einsiedler und dann auch noch so jung!“ Der Mann ging zu Akito, welcher sich mittlerweile auf seine Decken gesetzt hatte. „Ich kann mich nicht daran erinnern, Sie hier eingeladen zu haben. Aber wo Sie schon hier sind, kann ich ihnen einen Tee kochen?“, sagte Akito. Der Mann lachte, dann griff er nach Akitos Gesicht, drehte es in alle Richtungen, um dann zu antworten: „Du sprichst unsere Sprache ja sehr gut! Hübsch bist du auch, zumindest hast du keine Narben im Gesicht und scheinst dich zu waschen. Außerdem siehst du sehr gut trainiert aus.“ Akito schob die Hand von seinem Gesicht weg. „Ich nehme mal an, Sie wollen keinen Tee. Sie wollen mir bestimmt hübschen Schmuck schenken, wobei ich zugeben muss, Fußschmuck steht mir nicht besonders. Ich würde dann doch eher zu Ohrringen tendieren.“ Der Mann lachte erneut, zog Akito auf die Beine und schob ihn aus der Hütte. „Nun, die Wahl bei mir ist nicht so groß, aber meine Mitarbeiter können dich bestimmt überzeugen!“, lachte der Mann weiter. Vor der Hütte warteten noch zwei weitere Männer, die beide etwas jünger waren. Der eine hatte eine Peitsche in der Hand und der andere zog mit einer Kette eine Menschenmenge hinter sich her. „Jungs,“, schrie der alte, „den hier, können wir bestimmt dem Fürsten anbieten! Er hat einen prächtigen Humor.“ Der Junge mit den Ketten kam auf Akito zu und legte ihm einen Fußring an. Nun war er zu Ware der Menschenhändler geworden. „Keine Angst,“, erwähnte der alte noch, der immer noch neben ihm stand, „das hier wird bei dir bestimmt kein Problem werden.“ Der alte bohrte ihm mit dem Daumen in seine Wunde. Kurz zuckte Akito, ließ sich auf die Knie falle um dann von dem jungen Mann wieder unsanft hochgezogen zu werden. Nachdem die Männer ihre Pferde bestiegen hatte, ging der Menschenzug weiter. Einer der Gefangen, welcher direkt hinter Aktio war, fing an mit Akito zu flüstern: „Ich weiß was du bist. Wächter!“ Akito drehte sich um. Er sah direkt in das tätowierte, alte Gesicht eines anderen Ureinwohners. Weiße lange Haare fielen ihm bis auf die Brust. „Ich war Schamane, habe im Feuerqualm gelesen und mit den Ahnen gesprochen. Ich habe unzählige Wächter gesehen, die sich gegen die Fremden wehrten, doch gegen die Feuerwaffen hatten sie keine Chance. Nur werden die Feuerwaffen diese törichten Menschen nicht schützen.“ Eine Peitsche schnalzte über den Köpfen der Beiden, gefolgt von einem schroffen „Schnauze da vorne!“ Akito drehte sich wieder nach vorne, flüsterte jedoch in einer alten Sprache: „Ich fühle mich geehrt. Ich bin ein Gezeichneter, sprecht ihr euren Segen über mich aus?“ Daraufhin legte der Schamane seine Hände auf Akitos rücken und brabbelte einen Sprechgesang vor sich her. Kapitel 2: Der Preis ist heiß ----------------------------- Lisbeth und Madeleine baten den Kutscher, kurz am Straßenrand zu warten. Vom Fenster aus konnten sie wunderbar über die Straße schauen. Alles war wie sonst, nur fehlte eben diese eine Person, die Lisbeth doch so unbedingt treffen wollte. Madeleine sah das traurige Gesicht von Lisbeth und versuchte sie zu trösten: „Bestimmt hat er sich für heute einen anderen Platz gesucht. Vielleicht werden wir ihm auf dem Rückweg begegnen.“ Es nütze nichts. Durch ein zaghaftes Klopfen gegen die Holzwand, gab Lisbeth dem Kutscher das Zeichen, doch weiter zu fahren. Der Weg zum Fürsten war heute besonders lang und deprimierend. Auch der Empfang war wie immer. Einige Dienstmädchen liefen wild durcheinander über den hübsch verzierten Weg zum Eingangstor. Ein Butler hielt ihr die Hand entgegen, sodass sie ohne Mühen aussteigen konnte. Etwas weiter hinten, wenn man der durch Menschen geformten Gasse folgte, wartete bereits Fürst Alfons Lubencensibus. Und direkt neben ihm Iggy. Lisbeth lief ein kalter Schauer über den Rücken, als sie Iggy sah. Dennoch schritt sie vornehm durch die Gasse. Jedes Mal, wenn sie dabei an einem Bediensteten vorbeiging, folgte ein kurzer Knick mit einem zaghaften „Gnädiges Fräulein“. Dies zu ignorieren war ihr quasi in die Wiege gelegt worden. Am Ende der Reihe war sie dann dran mit Begrüßen. Sie machte, wie die Angestellten zuvor, einen kleinen Knicks. „Es ist mir eine Ehre, euer Gast sein zu dürfen!“, sagte sie mit einem aufgesetzten Singsang. „Die Freude ist ganz meinerseits, junges Fräulein.“, erwiderte der Fürst und bat sie somit in sein Haus. Durch die Empfangshalle ging es über etliche Treppen und hunderten von Türen zu einem Salon. Es war ein Raum, der einem so wohlhabenden Fürsten schmeichelte. Hier wurden definitiv auch höhere Gäste empfangen, Geschäfte abgewickelt und vielleicht auch die ein oder andere Frau betört. Direkt gegenüber vom Zimmereingang war ein Kamin. Links und rechts wurde er von einem von Bücherregalen gerahmt und damit die Wand über dem Kamin nicht so leer aussah, hing dort ein Gemälde von der Gattin des Hauses. Sie war eine wahre Schönheit, doch leider nahm sie bereits ein jähes Ende. Gerüchte berichteten von einer neuen Krankheit. Sie konnte sich immer weniger bewegen, bis sie schließlich ans Bett gefesselt war. Dann wurden auch das Atmen und das Schlucken schwerer. Am Ende schlief sie ein und wachte nicht mehr auf. Der Fürst deutete auf eine Sitzgruppe, in deren Mitte ein Glastisch stand. „Nun denn, Fräulein von Caelum, ihre Mutter berichtete, sie seien unpässlich?“, fing der Fürst an. Lisbeth senkte den Blick: „Nun, ich bitte vielmals um Entschuldigung, wo ich doch weiß, wie wichtig ihr Besuch gestern war.“ Der Fürst beugte sich vor, nahm eine von Lisbeths Locken und zwirbelte sie zwischen seinen Fingern. „Ihr seid eine hübsche junge Dame, wäre ich in eurem Alter, würde ich alles dafür geben, euch zur Frau zu nehmen.“ Lisbeth wurde rot. Sie schaute kurz auf das Gemälde der Fürstin, um ihre Antwort noch zu betonen: „Ihr schmeichelt mir. Doch bin ich sehr gewöhnlich. Alleine das Gemälde ihrer Gattin lässt mich wie ein normales Arbeitermädchen wirken.“ „Nicht doch, nicht doch! Ihr seid wie der Garten eures Anwesens. Am Anfang nur die Saat auf einem kahlen Acker. Doch am Ende mit genug Pflege und Liebe seid ihr ein Blumenbeet bei dem die Passanten nicht anders können, als kurz inne zu halten um die Pracht zu bestaunen. Aber wisst ihr, jedes Blumenbeet hat welke Pflanzen und Unkraut in sich. Ich muss sagen, dass Lügen nicht in das Beet gehören sollten.“, er ließ die Locke wieder fallen, „Mein Sohn kam mich auf meinem Schlafgemach besuchen. Er erzählte mir ganz abenteuerliche Geschichten von einem Wilden, der euch fraß. Ist das zu glauben?“ Lisbeth wurde nervös. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Es fiel ihr schwer, dem Fürsten weiter ins Gesicht zu schauen, während er mit ihr sprach. Sein Blick jedoch bohrte weiter in ihr. Er wollte gerade fortfahren, als es an der Zimmertür klopfte. Ein Dienstmädchen kam rein. Sie starrte geradewegs auf den Boden vor ihren Füßen: „Entschuldigen sie bitte die Störung, Master, aber – „ „Sie wurden nicht herein gebeten! Was kann so wichtig sein dass sie nicht einmal ein einfaches ‚Herein!‘ abwarten können?“, zeterte er sie an. Deutlich verunsichert sprach das Mädchen weiter: „Nun, also der reisende Händler, den sie zu sich bestellt hatten, ist da.“ „Beim Herrn Gott persönlich, sie stehlen mir mit ihrem Gestotter die Zeit! Ist es so schwer, einen v-e-r-n-ü-n-f-t-i-g-e-n Satz zu sprechen?“, Lisbeth wurde klar, von wem Iggy seinen Jähzorn geerbt haben musste, „Was stehen sie noch da rum? Schicken sie ihn hoch und dann bringen sie mir eine gute Flasche Whiskey! Habe ich mich nicht deutlich ausgedrückt? Na los jetzt!“ Die letzten Worte schrie er. Das Dienstmädchen machte einen hastigen, halbherzigen Knicks und rannte aus dem Raum. „Nun denn, meine Teuerste, so sehr ich diese Unterhaltung fortgeführt hätte, aber ich muss nun einen Mann übers Ohr hauen.“, Damit folgte der Fürst dem Dienstmädchen und ließ Lisbeth im Raum zurück. Sie war froh über diesen Umstand, wobei sie Mitleid mit der Bediensteten hatte. Lisbeth schaute noch ein letztes Mal zu dem Gemälde und dachte sich, dass in diesem Haus der mütterliche Einfluss fehlte. Erleichtert, dass die Unterhaltung so abrupt beendet war, schlenderte sie über den Flur zur Treppe und in die Empfangshalle. Am Ende der Treppe wartete Iggy bereits mit seinem Vater. Vor ihnen stand ein mürrisch wirkender, älterer Herr. „….stellt euch vor, ich habe einen Komiker mitgebracht, der wird Euch sicherlich gefallen.“, brüllte er schon beinahe in einem halben Gelächter. Im selbem Atemzug kamen die jüngeren Beiden mit den Gefangenen in die Halle. Die Fußketten wurden dabei sehr unsanft über den Fußboden gezogen. Akito führte die trostlos wirkende Gruppe von Vagabunden, Landstreichern und Verlorenen an. Als Lisbeth dies erkannte, konnte sie sich ein erschrockenes Luft schnappen nicht unterdrücken. Iggy bemerkte erst jetzt den primitiven Kinderfresser. Im ging ein kleines, verschmitztes Lächeln über die Lippen, dann wandte er sich an seinen Vater: „Ich denke der ganz vorne, ist genau das richtige für uns.“ „Eine so schnelle Entscheidung? Wie kommt es denn dazu mein Sohn, du hast dir den Kerl nicht einmal genau angeschaut.“ Lisbeth war wie erstarrt, deswegen war er nicht auf der Straße gewesen. Er war die Ware, dieser schmutzigen Händler geworden. Ihre Gedanken spielten in ihrem Kopf alle möglichen Szenarien durch, sollte er wirklich verkauft werden. Es gab Menschen, die sich Sklaven nur zum persönlichen Vergnügen kauften, aber auch als billige Arbeitskräfte wurden sie oft gekauft. Sie dachte an das schlimmst Mögliche, was ihm dabei passieren konnte. Schließlich landete sie bei dem Gedanken, das er gefoltert wurde, bis er starb. Wie in Trance brabbelte sie: „Das dürft ihr nicht!“ Der Fürst hörte diese leise flüstern und drehte sich zu Lisbeth um. „Was sagt ihr, junges Fräulein? Kommt doch auch zu uns, mich interessieren die Kommentare, die sie äußern möchten!“ Lisbeth ging erst gar nicht auf die Aufforderung ein. Sie verweilte, ging dann aber doch vorsichtig die Treppen hinunter. Als sie beim Fürsten und dessen Sohn ankam, fragte er sie: „Sagt, wie alt seid ihr?“ „13, mein Herr. In wenigen Wochen werde ich 14.“ „14 also! Dann erlaubt mir, euch in die Welt der Geschäfte zu entführen. Mit 14 währt ihr ja eh in die Wirtschaftslehren eingeweiht worden. Wieso also nicht etwas Vorwissen sammeln?“ Lisbeth antwortete nicht auf diese platonische Frage. Der Fürst ging zu dem Händler und verlangte nach Akito. Seine Ketten wurden gelöst und er wurde in die Mitte der Halle gezogen. Dann ging der Fürst zu Akito, nahm seinen Kopf in die Hand, drehte ihn wie der Händler zuvor in alle Richtungen. Dann hob er Akitos Arme und drückte auf den Bizeps und Trizeps. Immer wieder hörte man leise Äußerungen vom Fürsten. 'Kräftig ist er.', 'sieht sehr gepflegt aus für ´nen Wilden', 'Hübsch, hübsch'. Nach etlichen Kommentaren, ging Fürst Alfons wieder zu Iggy und Lisbeth. Iggy sah zu seinem Vater. Sein Blick verriet, dass er etwas schlimmes mit Akito vor hatte. „Sagt, Vater, dieser Wilde könnte mein persönlicher Wachhund werden. Ich hätte ihn so gerne für meine Dienste.“ Lisbeth schüttelte den Kopf immer wieder bat sie darum, das Geschäft abzubrechen. Gekonnt ignoriert Alfons das bittende Mädchen. Stattdessen tauschte er giftige Blicke mit seinem Sohn, dann drehte er sich noch ein mal zu dem Händler: „Ich würde euch ja gerne 100 Coi geben, aber wie ihr seht, ist er verwundet und es kostet mich was, wenn ich seine Behandlung zahlen muss. Immerhin soll er meinen Sohn auch beschützen können. Was haltet ihr also von der Hälfte?“ Der Fürst streckte seine Hand zu dem Händler und nach kurzem überlegen schlug der Händler ein. „Ihr seid ein guter Mann, Fürst Lubencensibus!“ Mit einem kurzen „Er gehört dir, Iggy.“ ging de Fürst mit dem Händler in sein Geschäftszimmer. Iggy unterdessen ging zu Akito und gab ihm eine Backpfeife. „Das war für gestern! Unterstehe dich, solche Aktionen jemals zu wiederholen!“ Lisbeth kamen die Tränen, wie konnte man einen Menschen nur zu einem Gegenstand degradieren. Sie schüttelte ihren Kopf und rief ihre Entrüstung raus. „Ich finde es sehr bedauerlich, dass mein Großvater unsere Trauung aushandelte!“, schluchzte sie, „ Ihr seid grausam und die einzigen, die euch zum ´Mann haben wollten, sind die Geier und Schmarotzer, die hinter eurem Geld her sind!“ Iggy blieb unbeeindruckt von Lisbeths Worten. Er war es gewohnt, als grausam betitelt zu werden. „Was haltet ihr zwei davon, wenn wir testen, wie gut dieser Wilde im Beschützen ist? Er könnte euch ja in den Wald vor der Stadt begleiten.“, sagte Iggy ganz gelassen. „Nein!“, riefen Lisbeth und Akito wie aus einem Mund. Kapitel 3: Erwacht ------------------ Dunkelheit umschloss diesen widerwärtig, stinkenden Raum. Es war kaum möglich, etwas in dieser Finsternis zu erahnen. Und doch hörte man es gelassen vor sich hin Atmen. Es klang, als würde es schlafen. Doch es schlief nie. Es hatte sich an die Dunkelheit hier gewohnt und lauerte auf seine Opfer. Häufig waren es Tiere, die sich vom Rudel getrennt hierher verirrten. Damals verirrten sich aber auch Menschen in sein Territorium. Es waren die Menschen vom alten Volk, die sich einredeten, sie würden etwas beschützen. Dumme Menschen, das einzige, was sie beschützen war ihr Stolz und Ego. Sie konnten nicht einmal in ihren kühnsten Träumen erahnen, was sich hier unter Berge verbarg. Es lebte in diesem Berg, mit seinen Untertanen. Wie Ameisen hatten sie ein Volk gebildet. Jeder hatte seine Funktion und lebte nur, um diese Funktion auch zu erfüllen. Genauso tat es gerade eines dieser Wesen. Es war nach einem langen Schlaf erwacht, nur um sich dem König zu nähern. Es hatte geträumt, von der Welt, wie sie sich verändern würde, wie sie wieder zu ihrem Hoheitsgebiet werden würde. Und er hatte gewartet. Auf diese Nacht, die das Schicksal diesen Volkes verändern würde. „Meister, ich habe kommen sehen. Die Bestimmung beginnt heute Nacht.“, sagte es in einer alten Sprache, die nur noch der Wind kannte. „Nun denn, mein Kind, geh hinfort und komme nicht wieder, bevor du deine Aufgabe erfüllt hast.“ „Jawohl, Meister!“ Damit breitet das Wesen seine Flügel aus und flog hinaus in die Dämmerung. Die rot glühende Sonne tat ihm in den Augen weh, doch in wenigen Minuten würde es dunkel sein und es würde an stärke gewinnen. Genau die Stärke, die es brauchte. Kapitel 4: Akuma no Mori ------------------------ Es war spät geworden. Iggy hatte mit seinem kleinem Ausflug gewartet, bis die Dämmerung begann. Die Wachen der Stadtmauer bestach er, sodass sie ihn nicht verraten würden. „Du Bengel, weißt nicht, welche Gefahren in dem Wald auf dich warten!“, rief Akito voller Sorge. „Ich bin kein Bengel! Ich bin dein Vorgesetzter und als dieser entscheide ich, was du tust!“ „Aonisai" wie du einer bist, sind meistens die ersten Opfer!“ Eine Backpfeife folgte auf diese Aussage: „Wie war das? Ich nix sprechen deine Sprache!“ Iggy verzog die Worte absichtlich in einen verhöhnenden Ton. Akito verstummte. Er sah schon fast aus wie ein bockiges Kind, welchem man seine Süßigkeit weggenommen hatte. Es war ihm zuwider, sich von einem Kind befehle geben zu lassen. Das Stadttor öffnete sich mit einem dumpfen Schleifen. Dahinter lag eine weite, in Dämmerlicht gehüllte Wiesenlandschaft. Ein Stück weiter von der Mauer entfernt lag der Wald. Er warf bereits verängstigende Schatten auf die sonst so malerische Landschaft. Lisbeth erschauderte bei dem Anblick des Waldes. Sie hatte es bisher nie gewagt, hinter die Stadtmauer zu blicken. Dies war allein das Privileg der reisenden Händler, die nicht über das Meer kamen. Und selbst die wagten es nicht, die Nächte außerhalb der Mauer zu verbringen. In den Tavernen erzählte man sich Schauer-Märchen über das Land. Geister die aus Seen aufsteigen und Lichter, die einen in den Tod führen. Diese Märchen wurden zu urbanen Legenden des Landes. Einige wurden bestimmt nur zu Erziehungszwecken erzählt, doch man sagt ja, an jeder Geschichte hängt ein Funken Wahrheit. Und Lisbeth lag absolut gar nichts daran, heraus zu finden, wo dieser Funke steckte. Sie schaute zu Akito, der nachdenklich aussah. Er humpelte langsam zum Stadttor, blieb dann aber stehen. Mit einem Arm hielt er Lisbeth auf. Die Wache schnaubte kurz auf, hob seine Waffe und schrie: „Verdammt, geht jetzt, ich hab keine Lust meinen Job zu verlieren!“ „Das wäre Großartig, vielleicht kann ich sie ja ablösen.“, reif Akito zurück. Kurz darauf legte der Wachmann ihm sein Gewehr in den Rücken. „Ich denke mal, der junge Herr hat nichts dagegen, wenn ich dich hier und jetzt erschieße.“ „Oha, ich bin soviel Wert, dass sie eine Kugel für mich verschwenden würden?“ Die Sicherung der Waffe klickte, bevor der Wachmann seinen Finger auf den Abzug legte. „Ach, wenn ich es mir so überlege, hab ich doch keine Lust, ihren Job zu machen. Guter Mann, einen schönen Abend noch.“, mit dieser Bemerkung tat Akito so, als würde er sich einen Zylinder zum Gruß ins Gesicht ziehen. Der Wachmann bemerkte diesen Spott gar nicht erst, viel zu nervös schloss er das Tor wieder, als die drei ungleichen Personen hindurch gegangen waren. In dem Moment, in welchem sich das Tor gänzlich geschlossen hatte, witterte Akito für sich eine Chance. Er packte Iggy gekonnt am Handgelenk, drehte es ihm in einer fließenden Bewegung auf den Rücken und drückte ihn auf den Boden. Von Iggy kam nur ein erschrockener Schrei. „Jetzt, mein lieber Freund,“, knirschte Akito ihm ins Ohr, „hörst du mir zu! Hier bin ich der Boss, ist das klar?“ Iggy wollte sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen und wehrte sich. Doch mit jedem Zappeln wurde Akitos Griff fester. „Ist das klar?“, brüllte Akito erneut. Lisbeth war erschrocken über diesen Akt der Gewalt. Was sie aber noch mehr erschrak, war dass sie Akitos Handeln verstand. Nachdem Iggy einwilligte, lies Akito ihn los und half ihm sogar auf die Beine. „Okay, Iggy, Lisbeth, ihr müsst mir jetzt genau zuhören. Ich habe keinerlei Waffen bei mir, deswegen muss ich mich auf euch verlassen!“ Die beiden Kinder nickten. „Dieses Land ist nicht so harmlos, wie ihr Aoinisai vielleicht denkt. Sobald die Sonne unter gegangen ist, schweben wir in Lebensgefahr. Es gibt Wesen, die euer Blut trinken wollen, die euch zerfleischen, ihre Eier in euch ablegen und noch so grausame Dinge, die ihr euch nicht annähernd vorstellen könnt.“ Lisbeth wurde ganz bang. „Was können wir tun, um dir zu helfen?“, fragte sie. „Ihr bleibt in meiner Nähe. Ihr gehorcht aufs Wort!“ Lautstark meckerte Iggy los: „Aufs Wort? Wir sind doch keine Hunde“ „Wenn ich sage, lauft, dann lauft ihr. Wenn ich sage ,ruhe , höre ich nicht einmal euren Atem!“ Lisbeth stieß Iggy einen Elbogen in die Seite, als der wieder lauthals protestieren wollte. „Die Tore werden erst wieder zur Morgendämmerung geöffnet, solange müssen wir jetzt aushalten! Der Plan sieht dabei so aus.“ Akito suchte einen kleinen Zweig in der Nähe. Mit diesem malte er den Umriss der Stadt in den Dreck. Mit einem X markierte er die Stelle an der sich die Drei ungefähr aufhielten. Dann malte er noch ein weiteres X auf die andere Seite der Stadt. „Dort ist meine Hütte. Aber dort ist auch die einzige Waffe, die uns schützen könnte. Wir werden um die Stadt laufen, möglichst dicht an der Mauer entlang. Wenn ihr was seht oder hört, gebt mir ein stummes Zeichen. Wenn alles klar ist, dann gehen wir jetzt los!“ Lisbeth folgte Akito ohne Wiederworte, nur Iggy schmollte vor ich hin. Es war die Gefahr, die er nicht akzeptieren wollte. Ab und an hörte man sein leises meckern. Es war Akito jedoch ein leichtes, dies zu ignorieren. Er hatte recht, hier war er der Boss. Hier würde Geld und Macht niemanden weiter bringen. Die Sonne ließ die Schatten immer länger werden. Bald würde es vollkommen dunkel sein. Keiner der drei Gefährten wagte es, etwas zu sagen. Sie lauschten in die Dämmerung, fast schon paranoid, wie Lisbeth fand. Sie durchbrach die Stille : „Was für Wesen könnten uns hier Draußen überfallen?“ „Am meisten Sorgen mache ich mir um Bestia wie die Aranea2. Sie lähmen ihre Gegner, bevor sie sie in ihre Fäden einwickeln und in ihre Nester bringen. Dort werden die Opfer dann von den Nymphen und Larven ausgesaugt. Die Weibchen benutzen dann die leeren Hüllen als Brutstätte für ihre Eier.“ „Und was essen die ausgewachsenen Tiere dann?“ „Sie fressen ihre männlichen Partner, direkt nach der Paarung.“ „Das sollte ich mir vielleicht mal von ihnen abschauen. Dann hätte ich später ein Problem weniger.“ Lisbeth drehte sich zu Iggy um, der immer noch schmollte. Er bekam von der Unterhaltung zum Glück nichts weiter mit. „Lass ihn schmollen, kleine Kinder sind immer so, wenn man ihnen den Spaß verdirbt. Wir werden den Wald bestimmt gleich sehen können. Es grenzt zum Glück nur ein kurzes Stück davon an der Mauer.“ Und so wie Akito sagte, erstreckte sich kurz nach der Unterhaltung vor ihnen ein Wald. Er meinte zwar, der Wald wäre nicht groß, doch Lisbeth fragte sich, wie dann für Akito ein großer Wald aussehen würde. Man konnte nicht einmal zwischen den Bäumen ans andere Ende sehen. Alle drei blieben kurz stehen. „Wenn wir dieses kurze Waldstück durchquert haben, wird es bereits dunkel sein. Bleibt möglichst an der Mauer oder in meiner Nähe, man verläuft sich hier sehr schnell.“ Nach dieser Anweisung gingen sie weiter. Die Anspannung stieg mit jedem Schritt. Die Schatten des Waldes verschlangen bereits jeden noch so kleinen, einfallenden Lichtstrahl. Es war düster. Nicht ein Rascheln war zu hören. Es war, als hätte jemand die Zeit angehalten. Eine Stimmung legte sich über die Gruppe. Jeder Schritt wurde aufs Genauste gesetzt, sogar die beiden Kinder waren von der Vorsicht gepackt. „Willkommen im Akuma no Mori, den Teufelswald.“, flüsterte Akito. Kapitel 5: Die zwei Wölfe und der kleine Junge ---------------------------------------------- Als Akito dies flüsterte, stand ihm ein riesiges, Fell überzogenes Etwas gegenüber. „Darf ich vorstellen, das Empfangskomitee.“ Das Wesen schien gar nicht auf Akito zu reagieren. Es stand nahezu regungslos da und beobachtete die Truppe auf´s Genauste. „Das ist ein Wolpertinger, eigentlich sind sie sehr scheu. Aber wenn eine junge Frau und ein junger Mann gemeinsam an der richtigen Stelle suchen, dann it er davon so sehr fasziniert, dass er vergisst, sich zu verstecken.“, flüsterte Akito. „Aber sind Wolpertinger nicht eher kleine Wesen? Wie ein Kaninchen groß mit Entenflügeln und Hirschgeweih?“, fragte Lisbeth. „Okay, wir werden es nicht los, solange ihr zusammen bleibt. Lisbeth, zu deiner Linken ist ein Busch, dahinter kannst du dich verstecken. Iggy, rechts von dir ist ein Baum, auf den solltest du ohne Probleme drauf klettern können. Wenn ihr bereit seid, räuspert euch kurz.“ „Wofür bereit?“ meckerte Iggy. In dem Moment brüllt das Tier einen markerschütternden Schrei aus. Es senkte den Kopf und zwei wunderschöne, aber auch riesige Geweihe kamen zur Schau. Dann machte es einen Satz auf Akito zu. Der packte das Tier bei den Hörnern und wurde unweigerlich nach hinten gedrückt. „Verdammt nochmal, JETZT!“, rief er in aller Aufregung. Nun wusste Iggy, was Akito wollte. Von der Angst gelähmt, blieb er stehen. Sein Körper reagierte nicht mehr so, wie er sollte. Lisbeth hingegen rannte so schnell sie konnte zu ihrem Versteck. Akito wurde noch immer von dem Vieh durch den Wald geschoben. Mit mal hielt es an. Der Wolpertinger hob den Kopf und riss Akito mit sich. Dieser klammerte sich jetzt noch fester an den Hörnern fest. Er versuchte die Chance zu nutzen und kletterte auf das Geweih. Er müsste nur noch auf den Rücken des Tieres kommen, dann wusste er, würde er den Kampf auch ohne Waffen für sich entscheiden können. Doch im selben Augenblick, in dem Akito dies dachte, schleuderte der Wolpertinger seinen Kopf in alle Richtungen und Akito verlor seinen halt. Er landete direkt neben der Bestie. Gerade rechtzeitig rollte er sich zur Seite, um einer enorm großen Hasenpfote auszuweichen. Akito war uninteressant für den Wolpertinger geworden. Stattdessen hatte das Tier nun Iggy im Blick. Es schnaubte einmal um dann los zu sprinten. „Verdammt, Iggy, lauf!“, Akitos Worte, kamen nur als dumpfer Hall bei Iggy an. Er fixierte den Wolpertinger und je mehr er hin sah,, um so steifer wurde er. Ohne es zu merken, waren im die Tränen gekommen. Das Untier kam immer näher und mit mal wurde Iggy von den Füßen gerissen. Er schrie auf. Doch als er die Augen öffnete, sah er in Lisbeths Gesicht. Sie hatte aus ihrem Versteck alles beobachtet und schhließlich gab sie ihr Versteck für ihn auf. Nachdem sie aufgestanden war, zog sie auch Iggy wieder auf die Beine. Dann lief sie mit ihm zu dem Baum. Gemeinsam kletterten sie hoch. „Du kleine, dreckige Ratte!“, schrie Lisbeth Iggy an, „ Makierst immer den strken und wenn es drauf ankommt, wirst du zum Angsthasen!“ Das Adrenalin lies sie endlich mal die richtigen Worte, ohne Hemmung sagen. „Der Wolpertinger steht auf junge Paare! Was meinst du, wie wir aussehen? Jetzt reist du dich zusammen und bleibst hier!“ Sie kletterte vom Baum runter und versuchte möglichst außerhalb des Sichtfeldes vom Wolpertinger wieder zu ihrem Versteck zu gelangen. Akito war indessen wieder auf die Beine gekommen. Der Wolpertinger war immer noch sichtlich verwirrt, da er Iggy nicht mehr finden konnte. Und auch Lisbeth konnte das Tier nirgends entdecken. Das Tier drehte sich zu Akito um und auf einmal veränderte es sich. Das Wesen schrumpfte in sich zusammen, bis es nur noch wie ein kleines Kaninchen mit Hirschgeweih aussah. Akitoo ging nun zu dem kleinen Plüschtier hin, hob es hoch und streichelte es. „So ist gut, mein kleiner. Geh wieder Kräuter suchen okay?“ Der Wolpertinger wehrte sich. Es hatte regelrecht Angst vor Akito. Und als er das Tier auf dem Boden absetzte, suchte es im Unterholz das weite. Akito versicherte sich noch, dass das Tier auch weit genug weg gelaufen war, bevor er Iggy und Lisbeth wieder zu sich rief. „Iggy, ich bin dir nicht böse, dass es so gelaufen ist. Ich denke aber, du ast gerade eine wichtige Lektion für´s Leben gelernt oder?“ Der Junge war immer noch sichtlich geschockt. Er wimmerte nur leicht: „E-es tut mir Leid“. Seine Tränen zeigten, dass diese Entschuldigung ernst gemeint war. Zudem schien er sich nicht für das eben Geschehene zu entschuldigen, sonder für die Tatsache, dass sie hier im Wald stehen. Akito legte ihm eine Hand auf die Schulter: „In meinem Dorf gibt es eine Geschichte. Sie sagt, in unserem Geist leben zwei Wölfe, die unaufhörlich gegeneinander Kämpfen. Es kann aber nur der gewinnen, den wir auch füttern und damit Energie geben. Der eine Wolf heißt Liebe, Verständnis, Akzeptanz und der Andere heißt Hass, Gier, Neid. Wir haben die Wahl, welchen von beiden wir füttern wollen1. Ich gebe dir nicht die Schuld für das hier. Du dachtest bis jetzt immer, du seist auf dem richtigen Weg. Ich bin froh, dass du jetzt klarer siehst, wo der richtige Weg wirklich ist.“ Lisbeth sah zu den beiden und obwohl es so düster und furchterregend hier war, so kam ihr dieses Bild friedlich, nahezu beruhigend vor. „Meinst du, wir können weiter, ich denke nämlich, die anderen Waldbewohner haben unseren Kampf gehört und sind bereits auf dem Weg hierher.“ Iggy nickte. Und die drei setzten ihren Weg fort. „Warum sind die Wolpertinger bei uns nur so kleine Geschöpfe, also auf unserem Kontinent? Selbst als Paar werden sie nicht so groß.“, fragte Lisbeth. „Nun“, fing Akito an zu erzählen, „hier sind viel gefährliche Wesen. Vor alledem mussten sich die Wesen zu verteidigen wissen. Im laufe der Geschichte veränderten sie sich und passten sich ihrer Umwelt an. Bestimmt ist es auf eurem Kontinent wesentlich sicherer als hier. Mein Volk lebte nämlich so, dass es der Natur möglichst nicht im Weg stand. Dadurch wurde viele gefährliche Wesen gar nicht erst ausgerottet oder vertrieben.“ Lisbeth stimmte Akito zu. Sie wusste durch Lehrbücher, dass es auch auf ihrem Kontinent mal gefährlich Wesen gab. Es gab aber viele Soldaten-Gruppen, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, diese Monster zu jagen. Allem Anschein nach, waren sie sehr erfolgreich damit gewesen. Der Wald zierte noch ein gutes Stück des Weges. Nun hatte sich aber die Angst ein wenig gelegt. Mit dem Wissen, dass sie eh schon zu viel Krach gemacht hatte, waren sie darauf erpicht, den Wald so schnell wie möglich zu verlassen. „Ich dachte, das Waldstück wäre klein. Warum torkeln wir denn noch hier herum?“, man merkte sofort, das sich Iggy von seinem schock erholt hatte. Er war halt immer noch ein verzogener Adels-Bengel. Es würde noch einige Lektionen benötigen, um ihn zu einem Gesellschaftsfähigen Wesen zu entwickeln. Wobei man auch merkte, dass er sich weniger bockig benahm wie vorher. Er respektierte die Anweisungen von Akito, wodurch der Weg wesentlich angenehmer geworden war. „Dort“, erwiderte Akito und zeigte mit dem Finger geradewegs auf eine Baumreihe, „lichtet sich der Wald.“ Es war schon seltsam, dass sich keine weiteren Ungeheuer zeigten, obwohl sie so auffällig durch den Wald liefen. Lisbeth war sichtlich beruhigt dadurch, doch Akito war wie ein Jäger auf der Jagd. Er pirschte voran, hob ab und an Erde in mit seinen Finger und ließ sie knirschend zwischen seinen Finger wieder zu Boden rieseln. „Die Waldbewohner sind vorsichtig heute Nacht. Etwas hat sie erschreckt.“, sagte er. Es war kaum aus zu malen, welches Wesen so grotesk sein konnte, um diese Bestien in Angst und Schrecken zu versetzten. Ein leichtes Jubel ging durch die Kinder, als sie den Wald verließen. Und obwohl es dunkel war, spendete der Mond genügend Licht, um sich nicht gegenseitig zu verlieren. Auch konnte man die Stadtmauer wieder ohne Probleme erkennen. Und genau diese Weg an der Mauer entlng folgte sie weiter. Akitos Anspannung wich und gab der Erleichterung platz. „Wir haben schon den gefährlichsten Part des Weges hinter uns. Dennoch mache ich mir sorgen, wegen der verschreckten Tiere.“ Trotz der Bemerkung gingen die drei weiter. Schließlich konnte man eine Hütte unweit der Mauer entfernt erkennen. Was sollte schon kurz vorm Ziel passieren, dachte sich Iggy und rannte voller Tatendrang los. „Nicht!“ rief Akito ihm hinterher. „Lisbeth komm, wir dürfen uns nicht trennen!“ Akito sprintete zu Iggy und hoffte, dass auch Lisbeth los laufen würde. Sie konnte jedoch nicht mit den beiden mithalten. Akito schaffte es, Iggy ein zu holen und hielt in an der Schulter auf. Schwungvoll drehte dieser sich um, verlor dabei das Gleichgewicht und landete auf seinem wohl gepolsterten Hinterteil. Sein Gemecker wurde von Lisbeth übertönt, die keuchend hinterher joggte. „Verdammt, ihr könnt mich doch nicht so erschrecken. Oh man, ich bin fix und alle.“, schnaubte sie, bevor sie sich neben Iggy ins Gras fallen lies. Iggys Gemecker wurde immer leiser, bis zu einem leichten schnauben, gefolgt von Lachen. Es war ein herzliches, warmes Lachen, welches Lisbeth von dem Jungen nicht kannte. „Meine Güte, wir leben und sind an deiner Hütte!“ Nun konnte Lisbeth dem Lachen nicht mehr widerstehen und kicherte leise mit. Und auch Akito konnte sich ein kleines grinsen nicht verkneifen. Kapitel 6: Begegnung -------------------- „Vielleicht können wir ja doch Freunde werden“, gestand Iggy Lisbeth, „du bist mutiger, als du aussiehst.“ Lisbeth war geschmeichelt. Sie hatte sich auf die Wiese gelegt und Iggy tat es ihr gleich. Akito indes war in seine Hütte gegangen. Er suchte seine Waffe, reinigte seine Wunde und bereitete zwei weiter Schlafplätze vor. Wozu Schlafplätze, wenn sie doch auch hier draußen die Sterne betrachten konnte? In der Stadt waren immer irgendwelche Lampen und Gebäude im Weg und man konnte den Himmel nie gänzlich sehen. „Wer weiß, vielleicht.“, antwortete Lisbeth. „Ich war ein Idiot. Meine Familie hasst deine. Und ich glaube, ich habe das so für mich übernommen.“ „Ich bin da auch nicht ganz ohne Schuld. Ich bin gegen unsere Vermählung. Aber auch nur, weil du dich immer wie ein kompletter Vollidiot benimmst!“ „Dann bin ich eben ein Vollidiot.“ „Du siehst es also ein?“ „Ja, ein Vollidiot, der dich jetzt in einem anderen Licht sieht. Und ein Vollidiot, der sich mehr mit dir auseinander setzten möchte.“ „Das wäre schön, wenn deine Worte der Wahrheit entsprechen würden. Aber Morgen früh wirst du wieder zu deinen Kumpels gehen und das alles hier wird in Vergessenheit geraten.“ „Du kannst es dir ja überlegen. Mein Angebot steht.“ Lisbeth schob den plötzlichen Sinneswandel auf den Schock zurück. Ihre Devise war, einmal ein Idiot immer ein Idiot. Dennoch hatte sie die Hoffnung, dass das Leben mit Iggy etwas angenehmer werden könnte. Akito winkte die Beiden in seine Hütte. Und obwohl die beiden Adlige waren, murrten sie nicht, als sie sich in die rauen Decken wickelten. Ein kleines Feuer in der Mitte des Raumes hüllte die Hütte in ein warmes, wohliges Licht. Die Müdigkeit kam sofort. Nach wenigen Sekunden war von den beiden Kindern nur noch ein entspanntes, schläfriges Atmen zu hören. Es beruhigte Akito. Viel zu lange hatte er dieses Geräusch nicht mehr gehört. Und auch die Friedlichkeit in den Gesichtern ließen Aktio ein entspanntes Lächeln zeigen. Er lauschte noch einige Momente den Geräuschen, bevor er sich auf seinen Wachposten vor der Hütte begab. Die Naginata schmiegte sich in seine Hand und er fühlte sich erleichtert. Sein Plan, wieder nach Hause zu kommen, hatte zwar etwas anders ausgesehen, doch dies hatte wesentlich besser funktioniert, auch wenn er kurz daran gezweifelt hatte. Er hatte den Wald erreicht.Ihre Präsens war hier so deutlich zu spüren. Was nicht zuletzt daran lag, dass sie wohl oder übel ein Wolpertinger verärgert hatten und dass Gebrüll weit über den Wald hinaus zu vernehmen war. Es war auch der Geruch von künstlichen Aromen, welche stark konzentriert sich mit dem eigen Geruch der Menschen verband. Widerlich! Diese Menschen verstanden nichts vom überleben in der Wildnis oder vom zusammen leben mit dieser. Es war ein leichtes, diesen Taugenichtsen zu folgen. Gekonnt verschwand er hinter den Bäumen, als wäre der Wald schon immer seine Heimat gewesen. Kein anderes Lebewesen wagte es, sich auch nur in seiner Nähe zu sein. Wobei er diesmal nicht die Absicht hatte, zu töten. Im Gegenteil, er wollte sich und seine Spezies retten. Leider ist dieses Ziel nicht ohne eine bestimmte Sorte Mensch zu erreichen. Das war dass Opfer, welches seine Rasse bringen musste. Schon von jeher war das Schicksal seiner Rasse mit dem der Menschen verbunden. Und heute Nacht würde sich das Schicksal beider Völker gravierend verändern. Die Menschen hatten den Wald verlassen. Sie wurden mit jedem Schritt unvorsichtiger. Obwohl er nichts zu befürchten hatte, wollte er auf Nummer sicher gehen. Er durfte diese Chance nicht verderben. Unweit von ihnen entfernt legte er sich auf die Lauer. Sie hatten eine Hütte erreicht. Sehr ungewöhnlich, bei der Masse an Kleidung, die die Kinder trugen, war dieser Lehmklumpen unwürdig für ihre Erscheinung. Dennoch schien es, als wäre sie erfreut, dieses Gebilde erreicht zu haben. Etwas passte nicht in dieses Bild. Erst jetzt bemerkte er die dritte Person, die bei den beiden Kindern war. Es war ein Gezeichneter. Jemand musste einen Schutzzauber über ihn gelegt haben, bevor es dunkel wurde. So wurde er für seine sensorischen Fähigkeiten zu einem Phantom. Er wusste, dass man einen Gezeichneten nie auch nur im geringsten unterschätzen durfte. Sie waren Meister darin, seine Rasse auf zu spüren und im besten Fall auch gegen sie zu kämpfen. Er hatte bestimmt Fallen um seine Hütte errichtet. Es war schon ein wunder, das der Junge nicht über eine von ihnen gestolpert ist, als er unbedacht los rannte. Als der Gezeichnete die Kinder in die Hütte ein lud, setzte er sich in Bewegung. So konnte er den Fallen ungesehen ausweichen. Wobei er zu geben musste, dass einige von ihnen sehr gut im dichten Grass versteckt waren. Ab und an kam er nur sehr knapp an alten Symbolen vorbei, die in Steine geritzt waren. „Ich weiß das du da bist, Dämon“, hallte es durch die Nacht. Er duckte sich auf diese Wiese und verharrte in seiner Bewegung. „Ich weiß es schon lange. Du bist unvorsichtig!“ „Warum hast du dann nicht angegriffen? Töricht wie immer. Ihr Menschen haltet euch für was Besonderes, hä?“ , der Dämon stand auf. Immerhin musste er nicht mehr aufpassen, unerkannt zu bleiben. „Naja, ich kann nicht im Dunkeln sehen und muss schon fast erraten, wo du bist. Immerhin hast du dich deiner Umgebung sehr gut angepasst. Ich bin auch nicht übermäßig stark oder so. Ich finde, ich bin guter Durchschnitt. Aber danke der Nachfrage.“ „Willst du mich verarschen?“, ein tiefes, Angst einflößendes Knurren war zu vernehmen. „Ach wenn du so fragst, ja, doch schon ein wenig.“, Akito stellte sich in eine Kampfposition. Die Naginata wurde von seinen Händen fest umschlossen. Dennoch bewegte er sich nicht von der stelle. Der Dämon war wütend. Er konnte es kaum erwarten, diesen Wicht in seine Einzelteile zu zerreißen. Auch er machte sich kampfbereit. Seine Fäuste bebten vor Aufregung. Ungeduldig preschte er auf Akito zu. Doch weit kam er nicht. In seiner Wut hatte er vergessen, den Fallen aus zu weichen. Einige der Symbole brannten sich in seine Haut. Ein stechender Schmerz, den er nur schwer ignorieren konnte durchzog seinen Körper. Er stolperte nach vorne, fing sich nach einigen schwankenden Hüpfern und rannte weiter. Diesmal mehr bedacht darüber, dass er vor sich einen Gezeichneten hatte, der sich gut im Kampf beweise konnte. Geradewegs auf die Lanze zulaufend gewann er wieder an Geschwindigkeit. Im richtigen Moment drehte er sich zur Seite, wich der Lanze aus und rammte Akito mit der Schulter. Dieser taumelte nach hinten. Er nutzte den Schwung um eine formschöne Drehung zu vollziehen , hob die Lanze und lies sie auf den Kopf des Gegner zu schnellen. Der Dämon bemerkte dies nicht, er lief blindlings weiter, bis er das Gefühl hatte, wieder genug Abstand zwischen sich und seinem Gegner gebracht zu haben. Er täuschte sich, und der Schmerz, der sich einen Rücken runter zog bewies ihm das. Die Naginata hatte ihn nur gestreift, aber die Wunde stank nach kauterisiertem Fleisch. Es lag an dem speziellem Metal, welches in der Naginata verarbeitet war. „Es ist lange her, dass ich eine solche Waffe gesehen habe, euer Stamm ist fort, wir haben nix zu befürchten.“, lachte das Biest. „Wenn ihr nichts zu befürchten habt, warum verkriecht ihr euch wie Kakerlaken unterm Berg?“ „Du Ratte wagst es?“ „Ja, ich wage es! Ihr seid schwach! Und jedes mal, wenn sich einer von euch erlaubt, an die Oberfläche zu kommen, ist es mir ein Leichtes, ihn auf zu halten.“ Der Dämon drehte sich zu Akito.“Ihr Menschen redet zu viel, du hättest mich jetzt bestimmt schon drei mal umbringen können. Stattdessen erlaubst du es mir, neben deiner Hütte zu stehen.“ Er schlug mit der Faust auf die dünne Lehmwand, die sofort nachgab. Die beiden Kinder schreckten hoch, sahen die enorm große Hand und retteten sich an die gegenüberliegende Wand. „Verdammt, raus da und Richtung Mauer!“, brüllte es durch die Lehmklumpen. Die Beiden setzten sich blind in Bewegung. Kapitel 7: Verschwunden ----------------------- Iggy hatte heute schon eindeutig genug durch gemacht. Statt Angst packte ihn nun Wut. Er hasste sich für diesen Vorschlag, für seine Dummheit und seine Sturheit. Hätte er es doch nur dabei belasse, als er Akito sah. Aber sein Stolz wollte es nicht zulassen. Nun hatte er die Rechnung dafür tragen müssen. Der Dämon kämpfte damit, seinen Arm aus der maroden Wand zu ziehen. Dennoch würde er es bald geschafft haben und dann würde es schwer werden, ihm zu entkommen. Zur Mauer hin war es ein gutes Stück zu laufen. Noch dazu war es fraglich, ob die Mauer auch rechtzeitig geöffnet werden würde. Aber es war einen Versuch wert. Man kann nur herausfinden, ob es klappt, wenn man es auch macht. So ist das Leben nun einmal, ein riesiges Glücksspiel. Die Kinder liefen, so schnell die Beine sie nur tragen konnten. Aktio tat es ihnen gleich. Nur nicht in Richtung Mauer sondern zu der Bestie hin. Die Naginata setzte er zu einem Hieb an. Welcher aber direkt ins Leere ging. Der Dämon hatte sich befreit und die Mauer dabei fast komplett zerstört. Im letzten Augenblick wich er zur Seite. „Du wirst mich nicht aufhalten können. Ich rieche dein Blut bis hier. Du bist verwundet!“ Damit setzte der Dämon die Verfolgung der beiden Kinder an. „Und wenn schon, ich habe immerhin zwei Beine zum stehen.“, voller Überzeugung in der Stimme redete er sich dies zumindest ein. Doch in Wirklichkeit befürchtete er, dies würde ihn stark behindern. Das pochen kehrte in sein Bein zurück. Schmerz, den er vorher vergessen hatte, wurde durch seine Erwähnung wieder munter und tat sein beste, sich bemerkbar zu machen. Akito würde die Kinder nicht aufholen können. Und auch der Abstand zwischen sich und dem Dämon würde sich erheblich vergrößern. „Ich tue dir einen Gefallen, Mensch“, es gefiel Akito nicht, wie abwertend der Dämon das letzte Wort durch seine Zähne presste, „Ich werde dich leben lassen, zumindest so lange, bis du die Qualen der beiden komplett erdulden konntest. Dann werde ich dich mit der Gewissheit zurück lassen, dass du sie getötet und verstümmelt hast. Immerhin warst du so unfähig, diese Leben zu beschützen.“ „Ich habe in meinem Leben schon genug Tote gesehen, ich kann mit dem Tod umgehen.“ „Oh, das wage ich auch nicht zu bezweifeln. Doch ich merke, wie sehr diese Welt an dir nagt. Du bist allein. Deine Hütte ist der beste Beweis, Einsiedler.“ Der Dämon wandte sich ab von Akito. Die Kinder hatten einen guten Vorsprung, dennoch würden sie eine leichte Beute für das Ungetüm sein. „Los Iggy!“, schrie Lisbeth. Die dunkle Landschaft huschte flüchtig an ihr vorbei. Der uneben Boden macht es ihr schwer, das Gleichgewicht zu halten. Und dennoch war sie guter Dinge, dass sie es zum Tor schaffen würde. Nur einen kurzen Augenblick lang fasste sie den Gedanken, was aus Akito werden würde. Doch die Angst vertrieb diesen Gedanken wieder und lies sie wie mit Scheuklappen starr auf ihr Ziel blicken. Die Mauer wuchs zu einem enormen Monstrum, wobei das schwerfällige Tor nun immer mehr in ihre Nähe rückte. „Ich kann nicht mehr“, schnaubte der Junge. Doch das junge Fräulein schenkte ihm keinerlei Aufmerksamkeit. Mittlerweile zog sie ihn am Arm gepackt mit sich. Zu spät fiel ihr auf, dass der Dämon sie aufgeholt hatte. Eine enorme Klaue legte sich um ihre Schultern und zwang sie zum Stillstand. Lisbeth wurde regelrecht vom Boden gerissen. Ein Windstoß umschlang sie und der Boden verschwand unter ihren Füßen. „Nein“, schrie sie. Doch der Dämon ignorierte dies. Er erhob sich mit seinen Schwingen und verschwand mit Lisbeth in der Dunkelheit. Akito blieb nichts anderes, als dem Schauspiel zu zusehen. Iggy konnte noch gar nicht begreifen, was da gerade geschehen war. Er wurde von dem Dämon unsanft bei Seite geschleudert. Benommen und Orientierungslos richtete er sich auf. Doch es blieb ihm nichts weiter, als dem hilflosen Mädchen hinterher zu schauen. Zu groß war die Entfernung, die der Dämon hinter sich gebracht hatte. Selbst Akito war machtlos. Sein verletztes Bein zwang ihn dazu, schwach hinterher zu stolpern. Der Dämon hatte, was er wollte und würde alles andere einfach Ignorieren. Zeugen waren ihm egal. „Du Feigling wolltest sie doch foltern und verstümmeln! Nicht einmal mein Leid lässt du mir!“ Mist!, dachte Akito, zwang sich jedoch, zu Iggy zu laufen. „Komm, wir gehen!“, schnaubte er. „Aber wohin? Wir müssen Lisbeth retten!“ „Sagt der, der Schuld an ihrer Entführung ist?“, Groll legte sich über Akitos Stimme“ Weist du, was du angerichtet hast? Sie ist das Mittel zur Macht der Dämonen!“ Iggy schwieg. „Wir müssen die Stadt warnen! Und glaub mir, mir wird keiner zuhören!“ „Aber....“ „Bist du schwer von Begriff? Ich, der einzige, der weiß was passieren wird, ist ein `Hinterwälder` und, ach ja, dein Sklave! Los, junger Herr“ Der Morgen brach an und die Tore öffneten sich schwerfällig. Frustriert gingen die beiden zurück zum Anwesen. Einige Bedienstete kümmerten sich um Iggy während Akito nur mit einem Fingerdeut ins Beihaus geschickt wurde. Zum Mittag waren beide geputzt und neu gekleidet im Salon erwartet worden. „Nun denn, mein Sohn, taugt er etwas, dein-“, mit einem verächtlichen Blick musterte er Akito, “-Drecksvieh? So sehr, dass du ihm Kleider hast bringen lassen?“ „Vater, er hat mir das Leben gerettet.“ „Ihr ward im Wald, es ist seine Aufgabe, dein Leben zu retten. Er hat seinen Dienst getan und nichts weiter.“ „Wir haben nur ein Problem.“ „Fürst, Lisbeth wurde entführt!“, meldete sich Akito zu Wort. Kapitel 8: Taskforce -------------------- Besorgt zog Fürstin von Caelum Kreise in ihrem Salon. Iggy, Akito und Fürst Lubencensibus saßen zusammengesagt in den vornehmen Stühlen. So bequem sie auch waren, konnten sie die unbequeme Situation nicht verbessern. „Ihr ward als im Wald?“, wiederholte die Fürstin, „dort wurdet ihr von Monstern angegriffen und eines hat mein Kind entführt?“ Ihre Stimme schwankte von Wut über Trauer zur Furcht, bis sie bei der Wut stagnierte. „Wenn ich nicht wüsste, dass Ihr-“, sie zeigte auf Akito, „wisst, wo sie hingebracht wurde,dann hätte ich Sie schon längst dem Richter vorgeführt, damit er Sie in seinem Kerker entsprechend maßregelt.“ „Madame bitte, solch finstere Gedanken ziemen Euch nicht.“ erwiderte der Fürst. „Es ist mir im Moment ziemlich egal, welcher Sprachgebrauch mir ziemt! Meine Tochter, mein einziges Kind, wurde von einem Monster entführt!“ „Und genau da packen wir das Problem an.“ meldete sich Akito zu Wort, „Die Dämonen werden Lisbeth nicht töten.“ „Wer garantiert uns dies?“, unterbrach ihn der Fürst. „Die Dämonen warten seid erbau dieser Stadt, dass sich eine weibliche Jungfrau in die Wälder verliert. Sie brauchen ihr reines Blut, um ihre ursprüngliche Macht wieder zu erlangen. Da wäre es ziemlich willkürlich, diese Chance direkt wieder zu verspielen.“ Die Luft im Salon wurde zusehends angespannter. Iggy versteckte sich nach besten Gewissen in seinem Stuhl. Er wurde von Akito nahezu gezwungen, dieser Runde mit bei zu sitzen. Der Wortwechsel zwischen Akito und den beiden Eltern glich einer Prügelei in einer Gossenkneipe: `Ein linker Hacken von Akito „Ich brauche ein Team!“ gefolgt von dem fliegendem Glas des Fürsten „Keiner würde dir ein Team anvertrauen!“. Die Fürsten hob rammte den Fürsten beiseite „Wir heuern Söldner an!“ worauf einige Tische umflogen „Sprecht mit dem Stadtrat!“ ; „Was ist mit Sklaven“ - „Wir brauchen Waffen“` Ein lautes „STOP!“ unterbrach den Wortwechsel. Iggy erhob sich. „Ist euch eigentlich klar, dass wir nicht weiter kommen! Wie wäre es, wenn wir mal nach Akitos plan fragen?“ Iggy stellte sich auf eine mündliche Ohrfeige von seinem Vater ein. Dieser drehte sich aber zu Akito: ,“Genau, was wäre denn der Plan diesen Nichtsnutzes?“ In Akitos blick flammte kurz eine Flamme auf, die sich jedoch mit beginn seines Plans verlor: „Ich habe einige alte Bekannte. Ich weis, dass einer noch außerhalb der Mauer lebt und bei einem weiteren handelt es sich um einen Kneipenwirt, der mir noch einen Gefallen schuldet.“ „Hervorragend, meine Tochter wird entführt und wir schicken eine Gruppe von Hinterwäldler und Trunkenbolden. Meine Tochter verdient nur das Beste und keinen willkürlich erstellten Haufen von Taugenichtsen!“ „So wartet doch, Madame! Ich versichere Ihnen, dass es alles erfahrene Kämpfer sind, die mit den Gefahren außerhalb der Mauer vertraut sind. Zudem ist es sinnvoller, eine kleine, ausgewählte Truppe zu unterhalten. Je größer wir werden, um so eher entdecken uns die Dämonen und um so eher wird dieses Unterfangen scheitern.“ „Ich vertrauen Ihnen meine Tochter an, es fällt mir aber tunlichts schwer, einem Hinterwäldler, der ihr verschwinden zu verschulden hat, zu vertrauen.“ „Lasst mich meine Kameraden zusammen sammeln um Eure Tochter zu retten. Sie werden eine andere Aufgabe verrichten müssen. Wenn die Dämonen erstmal Lisbeth Blut haben, dann werden sie die Stadt überrennen. Sie werden noch mehr Jungfrauen entführen und diese für den Wiederaufbau ihres Volkes nutzen. Und dann werden sie die Stadt zerstören. Während wir also Lisbeth retten, werdet ihr die Stadt sichern!“ Der Mittag nahte. Iggy musste seinen Vater zum Stadtrat begleiten, um einige Männer von Akito´s Trupp zusammen zu sammeln. Es handelte sich um einen übel riechenden Strafgefangenen, und einen mürrischen, reisenden Händler. Der Einfluss des Fürsten sorgte zum Glück dafür, dass es kaum Komplikationen gab. Akito selber begab sich in die finsteren Ecken der Stadt. Die Bediensteten im Anwesen der Caelums hatten einiges zu tun, als der wilde Haufen vollständig war. Viele Kunstgegenstände wurden nicht nur mit den Augen bestaunt. Die Schuhe trugen dem Unrat aus den Gassen in die Hallen und die Manieren zu Tisch waren komplett unbekannt. Doch nachdem Akito sein Wort erhob, kehrte eine unheimliche Totenstille ein. Genau sechs Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten, richteten ihre Blicke auf Akito. Bis ein kleiner, schlitzäugiger anfing zu jubeln: „Junge, Akito, du hast es aber weit gebracht! Starke Bude und das Personal, alle Achtung!“ er warf einen Blick zu den Hausmädchen. Diese erschauderten direkt. Zwei Männer, die ihm gegenüber saßen jubelten ihm ebenfalls zu. „Verdammt, Schnauze!“, schrie Akito nun etwas aufgebracht, „Wir haben ernste Probleme. Die Dämonen haben die jungfräulich Tochter des Hauses Caelum entführt!“ unruhiges Gebrabbel startete. „Ich dachte, die Dämonen seien nur alte Märchen!“, rief ein Mechaniker, dessen Mechanik auch seine Kleidung schmückte. Hätte man ihn in den vornehmen Viertel der Stadt gefunden, so wäre er wohl oder übel für verrückt erklärt worden. „Auf meinen Reisen hatte ich mir schon gedacht, dass die Märchen nicht von ungefähr kommen. Es gab einige beweise für ihre Existenz.“, erwiderte der reisende Händler, der sich nur wiederwillig von Akito hat einladen lassen. Und auch der übel riechende Strafgefangene gab seine Meinung zum besten: „Wie kommt es, dass man Jahrzehnte nichts von Dämonen hört und jetzt mit mal treten sie in Aktion. Wieder folgte das unruhige Geplapper. Bis Akito wieder anfing zu reden :“ Dies gilt es heraus zu finden. Außerdem werden wir die Tochter der Fürstin da raus holen.“ Nun sprach ein ziemlich schmächtiger junger Mann, der sich komplett in eine Leinenrobe gewandet hat :“ Ist es das Wert? Wir riskieren unser Leben um ein Gör zu retten?“ „So schaut es aus, wir gehen in die Höhle des Löwen, zerschmettern einige Monsterschädel und haben dabei noch eine Menge Spaß. Seht es doch ein, eingepfercht in diesem Käfig, Männer, dass seid nicht ihr selbst. Ihr seid Forscher, Abenteurer und Halunken vom Feinsten.“ Ein einstimmiges „Jo!“ folgte. „Also ich sehe hier 6 der genialsten Überlebenskünstler und Kämpfer, die ich kenne. Und ich vertraue euch mein eigenes und das leben der Fürstentochter an! Sag mir, seid ihr dabei!“ Noch ein einstimmiges „Jo!“ folgte, welches nun aber viel energischer klang. Daraufhin stürmten die Männer los, um sich zum nächsten vor zu bereiten. Mit der aufgehenden Sonne versammelten sich alle sechs mit Akito am Stadttor. Kapitel 9: Ein gestandener Mann ------------------------------- „Monster! Abschaum! Widerlinge!“, hallte es durch die unzähligen Gänge und Tunnel eines alten Bergwerkes. Es war modrig, feucht und stickig in dem kleinen Käfig, den man für Lisbeth in die Steine gehauen hatte. Kein Lichtstrahl traute es sich, so tief in den Berg vor zu dringen, um Lissy etwas Wärme zu schenken. Wobei, diese brauchte sie hier unten nicht. Ein solch trostloser Ort verdiente so etwas nicht im Geringsten. „Lasst mich gehen! Sofort!“, Lissy hatte die Hoffnung, dass wenigstens einer der Dämonen sie hört, irgendwann genervt ist und die Steinernen Gitter zerschlägt. Doch nichts von alle dem geschah. Mit einem erstickendem Schluchzen presste sie noch einige male diese Worte. Dann wurde es still in den abertausende Gängen, die sich die Dämonen über die Jahre gegraben hatten. Unter dem so friedlich wirkendem Land, versteckte sich ein brodelnder Vulkan, eine Zivilisation des Bösen. Doch niemand wusste was davon. Weil die zivilisierten Menschen alle missachteten, die etwas hätten erzählen können. Diejenigen, die man für Hinterwäldler hielt. Die Wirklichkeit und ihr Wissen, versteckten sich nur gut genug, um es als Märchen ab zu stempeln. Vor dem Tor standen sie nun. Mit Akito waren es genau sieben, die sich dem Wagnis stellten. Was Akito nicht mitbekam war, dass Iggy, welcher von Akito Hausarrest bekam, nicht weit von ihnen entfernt war. Er hatte sich vorgenommen, mit zu gehen. Er musste seinen Fehler wieder gut machen. Zwar zitterten seine Beine und bei dem bloßen Gedanken, dass dieser Ausflug noch gefährlicher sein sollte, als die letzte Nacht, ließ ihn erstarren. Doch so konnte er kein ehrenhafter Mann werden. Und wer sollte ihn schon so respektieren, wenn er nicht einmal seine Verlobte beschützen konnte. Mit mal packte ihn eine Hand von hinten, hob ihn in die Höhe und rief: „Hey Akito, ich hab hier eine kleine Ratte mit spitzen Ohren gefunden.“ Akito drehte sich um, stapfte wütend auf Iggy zu. Schon auf halber Strecke hörte man ihn zetern: „Du bist ja noch dämlicher alls ich dachte. Hattest du ernsthaft vor, hinter uns her zu schleichen? Gott sei Dank hat Barkley dich gefunden.“ Akito zeigte auf den Mechaniker, der nun noch wesentilch mehr Geräte mit sich rum schleppte. „Barkley, klar, gute Mann. Ein Glück hat er mich gefunden.“ Barkley rümpfte die Nase. Er mochte den Adel aus persönlichen Gründen nicht besonders. „Du willst also mitkommen?“, fragte Akito. Doch bevor Iggy mit einem „Ja“ antworten konnte, regnete ein Gewitter aus Beschimpfungen auf ihn herunter. „Es ist mir egal, ob ich vielleicht sogar st-sterbe! Aber wenigstens verliere ich in dieser Stadt nicht mein Gesicht. Außerdem bin ich Schuld an diesem Desaster. Also ass mich gefälligst mitkommen und helfen!“ „Als könntest du uns helfen! Du wärst uns nur ein Klotz am Bein. Aber wenn du willst, es wird sich nur keiner von uns um die kümmern. Fällst du zurück, musst du selber sehen, wie du hinterher kommst. Ist das klar?“ Iggy schluckte. Dann nickte er. „Okay, ich hoffe, du hast deine Winden nicht vergessen!“, Akito war absolut sauer auf Iggy. Aber auch er wusste, dass man einen `Mann` der eine Aufgabe hat, nicht an der Bewältigung dieser aushalten sollte. So öffnete sich das Tor erneut für Iggy. Doch diesmal gab es so schnell kein Züruck mehr. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)