Ein Licht der Hoffnung von Hailight ================================================================================ Kapitel 6: Was leuchten will, muss sich verbrennen lassen --------------------------------------------------------- „Ihr wart so knapp vorm Sieg…“, kopfschüttelnd lehnte sich der Graf zurück und ich starrte desillusioniert auf meine gefallene Königin. Er hatte recht. Zwei, vielleicht drei Züge… aber nachdem Estinien uns zurückgelassen hatte, war meine Konzentration wirklich dahin. „Nun gut, ich schiebe es auf Eure offensichtliche Müdigkeit.“ Ich fragte mich, ob er nun enttäuscht war, dass ich ihm so wenig Widerstand geleistet hatte oder ob es ihm nur darum gegangen war, ein paar Stunden hinter sich zu lassen. „Ihr solltet euch nun besser ausruhen.“ In aller Sorgfalt räumte er das Feld, stand auf und ließ sich keineswegs von meiner stummen Art irritieren. „Wenn Ihr etwas braucht, sagt meinen Dienern Bescheid. Ihr bekommt, was ihr wollt.“ Als er das so sagte, sich mit einer kurzen Verbeugung abwandte und ging, atmete ich nur tief ein und stieß die Luft ebenso tief wieder aus. Seltsam… als ich eben etwas gewollt hatte, hatte ich es nicht bekommen. Ich war auf verlorenem Posten, als ich durch die Flure schlenderte und wusste, dass ich gar nicht erst bei Estiniens Zimmer halten musste. Wieso sich der Graf zurückgezogen hatte, war mir ebenso unbekannt und ich schloss es am Ende auf meine eigene angespannte Haltung. Griesgrämig legte ich die Hände an meine Wangen, rieb über sämtliche Gesichtsmuskeln und versuchte mich zu lockern. Es war kein Wunder. Alles in mir fühlte sich festgefahren an und ich sackte schlussendlich in der hauseigenen Bibliothek zusammen und legte die Arme auf dem Tisch ab. Was war da eigentlich passiert? Hatte Estinien mich hinter dem Grafen nicht gesehen? Nein, das war doch unmöglich. So klein war ich nun auch wieder nicht und der Hausherr spielte sicherlich auch nicht allein Schach! Diese Ignoranz passte einfach nicht in meine Vorstellung. Nach über zehn Tagen… Nachdenklich starrte ich aus den langen Panoramafenstern und lauschte den Uhrzeigern. War es nur diese eine Nacht gewesen…? Dieses eine Aufwachen…? Morgen betraten wir fremdes, feindliches Gebiet und alles, was ich zuletzt von ihm hörte, war die Aussage, dass Y’Shtola nur das Beste verdient hatte. War das alles? „Alphinaud!“ Ich schreckte auf, als ich die Frauenstimme hörte und im selben Moment die Person die Räumlichkeiten betrat, an die ich eben gedacht hatte. Voller freudiger Erwartung durchschritt sie den Torbogen, sah hinauf zu den hohen, hellen Wänden des riesigen Raumes und durchforstete mit einem umschweifenden Blick sämtliche Regale. „Für wahr, das Haus Fortemps hat tatsächlich eine beachtliche Sammlung an Werken.“ Ihre Augen kehrten zu mir zurück und ich hatte in der Zwischenzeit versucht, meine Haltung zu stärken. Vergeblich. „Matoya wäre nicht ganz neidlos.“ Y’Shtola ging weiter, schritt an meinem Tisch vorbei. „… kein Wunder, dass ich dich hier finde.“ ‚Wunder‘? Ich lehnte die Wange an die Handfläche und sah hinaus. Für mich war es das, wollte ich doch ganz woanders sein. Und ich fühlte mich schrecklich dabei. Was sollte ich nun tun? Flüchtig spürte ich noch Y’Shtolas Aufmerksamkeit auf mir, aber als ich aus den Augenwinkeln zu ihr zurücksah, hatte sie mir schon den Rücken zugedreht und war inmitten der Regale verschwunden. Brauchte ich Jemandem zum Reden…? Überforderte mich all das nur und war es richtig, dem nicht entgegenzuwirken? Beim letzten Mal war es so einfach gewesen… Im Nachgang, als ich dachte, dass ich vielleicht abgewiesen werden und diese Art von Verliebtheit sich in Luft auflösen würde. Dieses Mal war ich schon viel zu tief drin… Abermals eine Bewegung und ich hob den Kopf, sah zur Tür und verharrte augenblicklich, da plötzlich die nächste Person in der Bibliothek stand: Estinien. Wo kam er denn her? Mein Puls war jedenfalls verräterisch in die Höhe geschossen und mein Mund fühlte sich trocken an, während sich unsere Blicke wohl kreuzten und wir beide stumm blieben. Der Drachenreiter war doch keiner, der sich in Büchern verlor… oder? Was machte er überhaupt noch hier, wenn er sein Zimmer schon geräumt hatte? „Hast du…“, setzte er an und ich erinnerte mich daran, dass ich ja nicht allein hier war und dies mit Bestimmtheit auch meine ungestellte Frage beantwortete. „Sie ist hier.“, unterbrach ich ihn daher sofort, zog skeptisch eine Braue hoch und wandte den Kopf zurück zum Fenster. „Was…?“ Schwer verständlich? Dieses Fragewort kam stockend und ich strafte ihn für seine vorhergehende Ignoranz mit der eigenen Gleichgültigkeit. „Y’Shtola, die Druidin vom Bund der Morgenröte. Wenn du sie gesucht hast, sie ist hier.“, fasste ich noch einmal für ihn zusammen und biss dann die Zähne aufeinander. Es fiel mir wieder ein: Ich war wirklich wütend. War ihm nicht bewusst, was er angerichtet hatte? Mir etwas von Vertrauen zu erzählen und mich Tage später nicht mehr zu beachten, obwohl wir Morgen schon tot sein konnten? „Was redest du da? Ich habe nicht nach ihr gesucht.“ Wirklich? Nach mir sicher nicht, denn er hatte genau gewusst, wo ich vorher zu finden gewesen war. Im Nachgang etwas anderes zu behaupten, das war nicht schwer. Kurz spähte ich zur Seite und sah, wie Y’Shtola hinter dem Regal hervorlugte und uns beobachtete. Auch Estinien bemerkte sie und er öffnete erneut den Mund, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Hatte es ihm nun die Sprache verschlagen? „Bist du dir sicher?“ Abschätzend sah ich zu ihm und ich wusste, dass ich mich nicht sonderlich vernünftig verhielt. Doch dieses Thema konnte ich nicht mit Vernunft anfassen. Vernünftig wäre, dass ich ins Bett ging, mich ausgiebig ausschlief und wir dann den Garlear und dem Papst entgegentraten. All das… war jedoch nicht vorrangig. Unschlüssig schloss der Dragoon nun wieder den Mund, huschte mit dem Kopf zu Y’Shtola und wieder zu mir zurück und die Stille wurde unangenehm. Seine Hand ballte sich zur Faust und ich fühlte mich mehr und mehr unbehaglich, weil ich glaubte, ihn in eine schlechte Situation gebracht zu haben. Nun ein schlechtes Gewissen zu bekommen, war gar nicht hilfreich und ich seufzte trotzig, ehe ich ihn nun gänzlich unbeachtet ließ. Er könnte sich ja wenigstens entschuldigen… „Vergiss es…“ Aber auch das schien zu viel verlangt und er machte fauchend auf dem Absatz kehrt und ging. „Na, das war ja merkwürdig.“, Y’Shtola trat weiter hervor, einen dicken Wälzer in der Hand und sah mit mir gemeinsam zum Ausgang. Das war eher schrecklich als merkwürdig und ich ließ mich im Stuhl zurücksinken, verschränkte die Arme und streckte die Beine unterm Tisch aus. „Er ist immer so.“, antwortete ich ihr trocken und gab es auf, irgendwie zu verheimlichen, dass mich die Lage belastete. „Dabei dachte ich, dass er sehr nett sein muss, wenn er extra wegen mir das Zimmer freigibt.“ „Dich findet er auch atemberaubend.“, konterte ich sogleich und verdrehte direkt die Augen. Wieso sagte ich das? Und wieso lachte sie? „Ach so? Dabei hat er mich selbst gar nicht wirklich beachtet, als er mir vorhin über den Weg lief…“ Ich zuckte mit den Schultern, stemmte mich schließlich von dem Holz ab und stand auf. „Vielleicht ist er schüchtern.“ Mein Versuch, die Anspannung zu lösen, war nicht wirklich erfolgsversprechend, aber ich streckte mich, seufzte abermals und setzte mich dann in Bewegung. Mir reichte es für heute und ich wollte nur noch ein Bad nehmen und mich unter der Decke verkriechen. „Ja…“, erwiderte sie jedoch noch und ich blieb stehen, wandte mich ihr zu und begegnete ihrem tief schürfendem Blick über dem Buchrand gänzlich unbewaffnet. „… vielleicht ist er das wirklich.“ Estinien… schüchtern? Was anfänglich als Narretei ausgelegt war, spukte mir nun im Verstand umher, während ich den Waschraum aufsuchte. Er war vieles. Eigensinnig traf es am besten. Launisch, unverschämt, direkt, stur und nicht zuletzt so unglaublich sinnlich, dass ich trotz meines Ärgers umso mehr bereute, ihn einfach nur stumpf davon gejagt zu haben. Missmutig löste ich die Krawatte von meinem Hals, zog den Mantel aus und stellte den Hahn an. Das Wasser rann in das große Holzbecken, befüllte dieses rasend schnell und verdichtete alsbald den Raum mit heißem Dampf, der sich auf meine Haut legte. Das Rauschen schallte durch das ganze Zimmer, zog sich wie ein Echo über die gefliesten Wände und kehrte monoton zu mir zurück. Ein kleines Glöckchen hing über der Tür und ich hörte es ein weiteres Mal, als ich meine Schuhe auszog, sie gerade zur Seite stellte und merkte… dass ich nicht mehr allein war. Ich drehte mich nicht um. Die Tür ging wieder zu und das Plätschern rauschte weiter. Wieso war ich so brav…? Dabei spürte ich die Präsenz so deutlich und sogleich so nah, direkt in meinem Rücken und ich schaute strikt geradeaus, als ich mich aufrichtete. Ich könnte mich auch irren und das hätte fatale Folgen… „Man sagt, Diplomaten ärgern sich nie…“ Aber ich irrte mich nicht und merkte das schiefe Lächeln auf meinen Lippen, da seine Stimme so sanft wie jenes Glockenspiel war. „… man sagt, sie machen sich Notizen.“ Nun musste ich lachen, biss mir auf die Unterlippe und verharrte stumm. Woher hatte er das? „Sag…. Wie viele Seiten hat mein Strafregister?“ Estiniens Atem kitzelte meinen Nacken und ich senkte die Lider, schaute zur Seite und sah einen Arm neben mir auftauchen. Er war nicht verdeckt und so erkannte ich die helle Haut, die Adern… und die große Hand, die geschickt eine Flasche und zwei Gläser festhielt. „Zu viele…“, murmelte ich interessiert, schaute zu, wie dann die Gegenstände an den Rand gestellt wurden und wich der Möglichkeit, doch sein Gesicht sehen zu können, weiterhin aus. Ich wartete darauf, dass er es mir erlaubte. „Verstehe.“ Ich spürte seine Finger an meinem Haar, ein sanftes Ziehen und mein Zopf löste sich und ließ die Strähnen über meine Schultern fallen. „Y’Shtola sagt, du bist schüchtern.“ Wie kam es, dass meine Wut und mein Ärgernis so rasch verflogen…? „Vielleicht ist es ja die Wahrheit…“, redete ich weiter und erschauderte genüsslich, als seine Finger meinen Nacken freischoben und seine Hand weiter meine Schulter hinabfuhr. „Wie kommst du darauf?“ „Du hast mich ignoriert…“, die letzten Worte kamen nur bebend über meine Lippen, da ich seine umso mehr an meinem Ohr wahrnahm. „Vielleicht konntest du mir nicht sagen, dass du dich freust, mich zu sehen…“ Nun wurde meine eigene Untätigkeit wieder schwieriger. Danach hatte ich mich gesehnt und ich schluckte trocken… „Ich habe dir zumindest signalisiert, dass mein Zimmer in Beschlag genommen wird…“ „… durch eine atemberaubende Lady, waren die Worte.“, berichtigte ich ihn und blinzelte hastig, als ich feststellte, dass ich zuvor ganz von allein die Augen geschlossen hatte. Herrje, er lullte mich regelrecht ein und doch wurde ich sofort wieder wach, als ich seine Hände an meinen Seiten spürte und sie sich frech zum Hosenbund bewegten. Hmm… schüchtern war irgendwie weit davon entfernt. „Du bist eifersüchtig.“ Nun hätte ich mich doch am liebsten umgedreht, aber seine Zähne verankerten sich intensiv in meinem Ohrläppchen und aus seiner Suche nach dem Hosenknopf wurde… eine regelrechte Umarmung. Ich fühlte seine Brust an meinem Rücken…. Die heiße Haut und das klopfende Herz. „Ich bin unsicher…“, gab ich zu und legte die Hände an seine Oberarme, gab der Gänsehaut nach, die sein erhitzter Atem an meinem Ohr verursachte. „Ist dein Gesicht entstellt…?“, fragte ich dann, schöpfte tief Luft und legte den Kopf zur Seite. „Willst du es mir deswegen nicht zeigen? Weil ich es nicht mögen könnte?“ Eine Frage, die sich eigentlich selbst beantwortete, wusste ich doch anhand von Berührungen, dass da nichts dergleichen war… aber ich konnte mir keine andere Antwort zusammenreimen. Ich musste es endlich wissen. Estinien ließ ab von der empfindlichen Stelle und ich hörte, wie er tief einatmete, sein Gesicht in meinem Haar versenkte und die Hände langsam zurückzog. „So bist du nicht. Ich weiß, dass es dir egal wäre. Aber wir sind im Krieg.“ Den Zusammenhang verstand ich nicht und ich zog die Stirn in tiefe Falten. „Wir verlieren Freunde… Familie… unsere Seelen… unser Leben.“ Meine Arme sanken hinab und nur wenige Augenblicke später sah ich seine über meinem Kopf und vor meinem Gesicht. Er hielt ein schwarzes Tuch in Händen. Ich wusste, was er tun wollte und obwohl es mir doch missfiel, ließ ich zu, dass er es über meine Lider legte. „Es gibt nichts Schlimmeres, als den Tod in deren Augen zu erblicken, die dir einst zur Seite standen…“ Meine Sicht verschwand und es wurde finster. Die Worte drangen zu mir durch und ich verstand sie so deutlich, als wären sie geschliffene Klingen, die durch Fleisch schnitten. Seine Hände nun auf meinen Schultern, drehten mich zu ihm um und sie legten sich kurz darauf an mein Gesicht, reckten mein Kinn. „… die dir einst etwas bedeuteten.“, hauchte er und ich wusste nicht, ob ich Mitleid, Zorn oder gar Trauer empfand. Die Ereignisse hatten uns alle geprägt. Ihn an der Front… wohl sogar mehr als mich. Es klang aus seiner Sicht logisch und doch war da dieser riesige Denkfehler... „Estinien…“ Sein Daumen strich über meine Lippen und er wurde dicht gefolgt von seinem Mund, welcher jegliches Wort verbot. So lange wollte ich ihn schon dort spüren. Alles, was sich in mir gestaut hatte, löste sich durch diesen Kuss und ich lehnte mich weiter vor, öffnete die Lippen weit und legte die Arme um seinen Hals. Es war mir gleich, dass ich noch immer unwissend war… Es war mir völlig gleich, dass ich seiner Bitte nachkommen musste.. Endlich war er hier… endlich bekam ich ihn und seine Zärtlichkeiten zurück. Er hatte Narben hinterlassen und auch, wenn er glaubte, er verhinderte es, so erschuf er diese Nacht noch wesentlich mehr. Die Flasche bliebt völlig unberührt… und noch viel mehr, blieb sie unbeschadet, was wesentlich überraschender war, war mir doch schon lange nicht mehr klar, wie der Raum aussah, in dem ich mich befand. Die Hitze des Wassers verblasste gegen das immense Glühen, welches Estiniens Körper unter mir verursachte und in meinen eigenen Leib jagte. Er hatte mich ins Becken gelotst und irgendwie war es dazu gekommen, dass er mir die Oberhand überließ und mich dirigierte. Ich fühlte seine Hand prägnant und zielstrebig zwischen meinen Beinen, während es nur die Andere benötigte meine Bewegungen zu unterstützen. Sein Keuchen stand dem meinen nicht nach. Auch, wenn ich nichts sah, lernte ich schnell, mich ihm anzupassen, während ich mich möglichst selbst an seinen Oberschenkeln abstützte. Seine Nägel versenkten sich in meine Seite, während noch mein Rücken gleich meiner anderen Muskeln zum Bersten angespannt war. Es war das intensivste Gefühl, dass ich jemals gespürt hatte und so sehr ich glaubte, es könnte nicht mehr ansteigen, so war ich an diesem Punkt noch nicht angekommen. Der Schweiß rann mir von der Schläfe, versank in dem Tuch, dass mir noch immer die Sicht nahm und doch schien es meinem eigens unkontrollierten Verlangen kaum noch etwas entgegenbringen zu können, als ich abermals die Hand hervorschnellen ließ und gar hektisch an Estiniens Nacken verkeilte. „Ich… halte das nicht mehr aus…“ Alles steuerte auf diesen Moment zu, an dem sich mein Leib zusammenzog, meine Arme unter meinem Gewicht erzitterten und ich nichts anderes wollte, als mich an dem Anderen festzuhalten… „Warte…“ Warten…. Als ob und ich bewegte mich weiter, hörte sein betörendes Stöhnen, unsere aneinander stoßenden Körper, wieder und wieder und merkte wie seine Stirn der meinen begegnete… ich fühlte seine Nase, merkte so deutlich seine Brauen… selbst seine Wimpern kitzelten meine Haut und dann fiel mir der Unterschied auf. Das Tuch war hinabgerutscht, irgendwo im Wasser gelandet… Meine Finger verkrampften und ich rang nach Luft, wo keine mehr zu sein schien. Was hinderte mich daran, die Augen zu öffnen…? Endlich all seine Züge zu sehen und mich gänzlich in ihnen zu verlieren? „Warte….“, ächzte er erneut und er zog seine Hand zurück, tastete im Wasser und flugs entschwand ein Teil der Intensität. „Bitte….“, meine Stimme war nur noch ein Raunen, ein Flehen, als ich mich stärker gegen ihn drängte, „… hör nicht auf. Vertrau mir….“ Das war alles, was ich wollte. Alles, was zählte. Selbst jetzt, wo mir die Möglichkeit gegeben war, haschte ich blindlings nach seinem Mund, verkeilte die Finger in seinem Rücken. „… ich werde die Augen nicht öffnen…“ Das versprach ich ihm bei allem, was mir heilig war. Ich wusste auch so, wen ich küsste, wer mich berührte… wer mich auch dieses Mal auffing. Und ich fühlte sein Zögern, sein Hadern und doch erwiderte er kurz darauf meine Küsse, energischer und seine Hand kehrte an der Stelle zurück, die mich absolut wahnsinnig machte. Meine Zehen verkrampften und ich hatte das Gefühl nicht mehr atmen zu können, als sein inneres Pulsieren die Überhand gewann und ich dem einfach nachgeben musste… Völlig entkräftet hing ich in seinen Armen. Unser Herzklopfen war sich ziemlich ähnlich… schnell und pochend gegen die Haut, als würden sie auf den Anderen zuspringen wollen… Mein Kopf ruhte auf seiner Schulter und ich glaubte, dass ich anfing zu dösen, während ich merkte, wie seine Finger mit meinem Haar spielten. Ich war wirklich müde… „Schläfst du schon…?“ „Hmm…“, ich wollte ihm ein ‚Nein‘ zukommen lassen, aber irgendwie bekam ich den Mund nicht mehr auf. Es war so schrecklich gemütlich und ich öffnete die Augen matt, starrte auf seine Schulter und ließ die Hände über seinen Rücken wandern. Nie wieder wollte ich aufstehen… Und das Wasser plätscherte noch immer, lief irgendwo ab und sorgte dafür, dass die Temperatur stets gleich warm blieb. Das musste der Himmel sein… „Du hast es nicht ausgenutzt und das, obwohl ich weiß, wie wenig dir die Augenbinde gefiel…“, setzte er wieder an und ich ertaste gleichsam eine deutliche Einkerbung in seiner Haut - eine Narbe, fuhr sie nach und prägte sie mir ein. „Es spielt eben keine Rolle…“, antwortete ich leise, schöpfte tief Luft und schloss dann die Augen, ehe ich mich langsam aufrichtete. Herrje, mein Kreislauf war am Boden… Dennoch setzte ich mich mit den Knien auf, trennte unter einem gedrungenen Ächzen unsere so innige Verbindung. Seine Hände wanderten zu meinen Seiten, unterstützten mich, während meine Finger zu seinem Gesicht fanden und ich ihm einen sanften Kuss auf den Lippen platzierte. „Du hast dich an mich gebunden… und ich mich an dich. Das ist etwas, was du nicht mehr ändern kannst.“ Ganz gleich, wie er aussah. Ganz gleich, welchen Schmerz er von mir fernhalten wollte. „Wenn du stirbst, werde ich leiden…“ Es war unvermeidbar und die Neugier blieb, die sich in mir brennend fragte, welchen Blick er mir nun zuwarf, weil ich ihm mitteilte, dass all seine Bemühungen umsonst waren. „Also stirb nicht…“ Mir ging die Kraft aus und ich sackte in seine Arme zurück, ließ den Kopf hängen und lehnte diesen gegen seine Brust. So…. Jetzt hatte ich zumindest mal gesagt, was ich die ganze Zeit schon sagen wollte. Ganz gleich, wie er darauf reagierte, aber er kam mir zumindest nicht mehr davon – schon allein, weil ich noch immer auf ihm saß. Aber anstelle eine Diskussion zu beginnen, wie ich es fast erwartete, zog er mich an sich heran, legte die Arme fester um meinen Rücken und ich hörte sein Herz dicht an meinem Ohr. „Ich verspreche es.“ Seine Stimme brummte tief in ihm und forderte ein Lächeln heraus. Das war alles… und es machte mich glücklich.   Es fiel mir schwer der Trägheit zu entkommen, war mir doch nie ein besserer Platz begegnet als hier auf seinem Schoß. Dennoch war uns beiden wohl klar, dass es auffällig wäre, wenn der Waschraum die ganze Nacht über besetzt wäre und so stand ich schließlich auf und ließ mich zu einem Handtuch führen. Trotz meiner Worte, entkam Estinien seinem eigenen Vorsatz nicht. Es lag nicht in meinem Gemüt, ihn dahingehend zu drängen, aber ich wünschte mir, dass der Moment bald kommen würde, an dem er mir endlich den letzten Schritt erlaubte. „Wo hast du deine Kleidung…?“, fragte ich ihn, nachdem ich umständlich meine Hose angezogen und zumindest den Mantel übergeworfen hatte, Hemd, Krawatte und Schuhe hielt ich in der Hand. Mir war ja nicht entgangen, dass Estinien ganz ohne Rüstung zu mir gekommen war. Aber wenn sein Zimmer besetzt war, wo… „In deinem Zimmer.“ Ach so? War er… bei mir eingezogen? „Hör auf zu grinsen…“, ermahnte ich ihn flugs. „Wie…?“ „Wenn man etwas heraushört, dann das.“ „Hm…“ Und wenn er bis eben noch dachte, ich wüsste nicht, wer er war, dann hatte ich ihn nun hoffentlich eines besseren belehrt. Die Flure waren finster und still, ebenso wie es mein Zimmer war, als wir eintraten und ich abermals blindlings meine Kleidungsstücke auf einem Stuhl niederlegte. Estiniens Rüstungsteile lagen auf dem Schreibtisch und sie glänzten im Schein des Mondes, während die Müdigkeit verblasste, als mir wieder einfiel, was uns morgen erwartete. Wir alle würden kämpfen… gegen eine Übermacht an Soldaten und einem noch viel stärkeren Feind. „Estinien…?“ Er hatte bereits ein Rüstungsteil in der Hand und legte dieses wieder hin, ehe er sich zu mir umwandte. Die Dunkelheit war wahrlich sein Freund, denn ich gab es mittlerweile wirklich auf, mehr erkennen zu wollen. „.. musst du jetzt gehen?“ „Nein.“, war seine prompte Erwiderung und ich zog einen Mundwinkel hoch. Okay, gut… das war schnell beantwortet. „Bleibst du dann noch…?“ Seine Schritte führten weg von dem Tisch und er trat zu mir ans Bett, auf welchem ich gerade Platz genommen hatte. „Wenn du das möchtest.“ Und da hörte ich es schon wieder, lachte leise und zog mich auf der Matratze zurück, als er sich zu mir setzte. „Hör auf zu grinsen.“, wiederholte ich und schüttelte lächelnd den Kopf. „Na, hör mal…“ Und er krabbelte mir nach, ich sank in die Kissen und er hockte Sekunden später über mir. „… du grinst doch selbst.“ Damit hatte er Recht, aber es benötigte keine Antwort, da er sie mit seinen Lippen versiegelte und der Mond ohne meine Kenntnisnahme an uns vorbeizog, als wäre die Nacht in Bruchteilen vorbei. „Alphinaud!“ Als es an meiner Tür klopfte und mich Jemand rief, blieb ich vorerst noch völlig ermüdet liegen und spielte mit dem Gedanken, es zu ignorieren und einfach weiter zu schlafen. Doch dieser wunderbare Gedanke verpuffte augenblicklich, als ich hörte, wie die Klinke hinabgedrückt wurde und mir einfiel…. Dass ich gar nicht allein im Bett lag! „Ich komme rein…“ „Nein, warte!“ Ich setzte mich gehetzt auf, hielt beide Hände erhoben, aber da stand Y’shtola bereits im Zimmer. „Was ist?“ Hastig japste ich nach Luft, ließ perplex die Arme sinken und sah zur Seite. … Da lag niemand. Nun war ich überfordert. „Eh….“, verwirrt zwinkerte ich, rieb mir die Augen und dann das Gesicht. Hatte ich geträumt? „Cid hat Wedge vorbei geschickt. Der Arme ist fast beim Laufen eingeschlafen. Wir sollen uns die Enterprise ansehen.“ „Wie spät ist es?“ Ich kam nicht so recht hinterher. Die Enterprise war schon fertig? Und…. Wieso nochmal, war ich allein im Bett?? „Noch nicht mal sieben. Aber sie waren wohl zu euphorisch, um uns mehr Schlaf zu gönnen….“ Schlaf? Was war das? Ich hatte letzte Nacht kaum welchen…. Glaubte ich zumindest, auch wenn das aktuelle Bild nicht ganz dazu passte. „Also, zieh dir was an und komm.“ Meine Hand langte zu meiner Brust und ja, Y’Shtola hatte recht… nackt war keine gute Idee. „Ja, gut. Ich beeile mich.“ Daraufhin lächelte sie und schloss hinter sich die Tür. Na fein. Einen Augenblick brauchte ich zur Zusammenfassung. Auf meinem Tisch lag nichts an Ausrüstung, aber ich hatte weder die Nachtkleidung an, noch sah es auf meinem Fußboden aus, als hätte ich mich selbst der Hose entledigt. Es war kein Traum gewesen und als ich die Beine zu mir zog und mich kopfüber über die Bettkante lehnte, merkte ich durchaus ein Ziehen im ganzen Körper. Und meine Intuition hatte mich nicht ganz verlassen, denn als ich schwerfällig unters Bett schaute, schaute ich nicht schlecht. „Das ist fast klassisch, Estinien…“ „Die Frau ist leiser als eine Katze…“, erwiderte der Dragoon unter mir, stöhnte genervt und rollte sich schließlich unter dem Gestell hervor. Er war längst wieder in seiner Montur, stand auf und strich sich den Staub von der Rüstung. „So schnell wäre ich nicht mal zum Schrank gekommen…“ Ich war noch immer müde, noch immer leicht überfordert, aber zumindest schon deutlich amüsierter.. „Deswegen war es auch nur fast klassisch….“ Estinien verabschiedete sich wie ein Bandit lautlos durchs Fenster und ich sah ihm nach, wie er binnen weniger Augenblicke aus meinem Blickfeld entschwand. Mein Lächeln versiegte. Der Tag mochte interessant begonnen haben, aber ich fürchtete mich vor dem weiteren Verlauf. Ich beeilte mich, meine Kleidung erneut zusammen zu suchen, duschte so schnell, wie es mir möglich war und hetzte anschließend aus dem Gebäude. Mir war keine Zeit geblieben, mich höflichst beim Grafen zu verabschieden, doch vielleicht war das gar nicht so schlimm, wenn ich bedachte, wie ich seine Gastfreundschaft ausgenutzt hatte. Mir entrann ein ausgiebiges Gähnen und ich hielt die Hand vor dem Mund, als mich Y’Shtola auf der Hauptstraße abfing. „Es ist früh, nicht wahr?“ Ihre frohe Miene war ansteckend und nur nach wenigen gemeinsamen Schritte, passte sich meinen noch langsamen… nun, vielleicht auch unauffällig stockenden an. Möglicherweise hatte ich mich in der letzten Nacht mehr bewegt, als während des Fußmarschs quer durch die Landen. „Das ist es…“ Als wir jedoch die Werkstatt betraten, schien es für alle Beteiligten mitten am Tag zu sein und die Stimmen schallten über den gesamten Platz. Wedge und Biggs sahen erstaunlich munter aus, trotz ihrer tiefen Augenringe… die Gilde der Maschinisten, welche uns die Werkstatt vorübergehend überlassen hatte, war jedoch ebenso begeistert und so begegneten mir so strahlende Gesichter wie seit langem nicht mehr. „Die Ätherramme ist fertig. Azys Lla kann kommen.“ Die Information, die wir alle wollten. Die Information, die uns dem Ziel näher brachte… und mich umso mehr ein ungutes Gefühl beschlich. Nachdem auch der Krieger des Lichts eintraf und wir uns nun zum Hafen aufmachten, um die neue „Enterprise Excelsior“ zu beladen, schickte ich den Auserwählten noch einmal durch die Hauptstadt. Ich wollte, dass er sich verabschiedete. Von allen, die uns so zahlreich unterstützt hatten und von denen wir wussten, dass sie hinter uns standen. Im Gegensatz zu mir, hatte er keine Fehler begangen. Sein Heldemut war viel größer als der meine und auch wenn der Zweck diente, ihn wissen zu lassen, wer alles hinter ihm stand, so war es noch viel wichtiger, sie alle wissen zu lassen, wer für sie kämpfte. Diesen Weg gingen wir, um sie zu retten. Um das Böse endlich zu vertreiben… und um noch einen Ort zur Rückkehr zu haben. Er sah mich anfänglich verstört an, ging jedoch und während die Montage der Ätherramme noch im vollen Gange war, stahl ich mich ebenfalls davon. Genau wie alle anderen, musste ich an unser Glück denken und unsere Erfahrung, die uns auch die folgende Mission meistern lassen musste. Das war nicht einfach, wenn man all die Verluste beachtete und ich begann nervös auf meinen Lippen herum zu kauen, als ich den Kaufmannsplatz und einen bestimmten Händler aufsuchte. „Ich benötige umgehend zwei Kontaktperlen.“ War ich egoistisch, wenn ich auch an mein Glück dachte? Hatte ich es verdient, obwohl wir erst hier gelandet waren, nachdem ich es möglich machte, unsere Rücken zu attackieren? In manchen Nächten war ich mir mehr und mehr wie ein Verräter vorgekommen und nun, wo ich hier stand, keimte das Gefühl wieder auf. Der Mann händigte mir die beiden Geräte aus, ich verneigte mich und kehrte umgehend zum Landeplatz zurück. In meinem linken Ohr war bereits ein derartiger Kommunikator eingesetzt… Die Kontaktperlen der Morgenröte funktionierten schon eine Weile nicht mehr, doch war ich mir sicher, dass ich nicht der Einzige war, der sie noch immer trug, hoffend, dass Minfillia, Yda, Papalymo oder Thancred ein Signal sendeten. Doch diese beiden waren lediglich für meine persönlichen Zwecke gedacht und ich fühlte die Aufregung, als der Drachenreiter mit verschränkten Armen dastand und inmitten der Anderen wartete. Ich gesellte mich zu ihm, versuchte möglichst… unauffällig dabei zu sein. „Schön, dass du da bist.“, meine Worte kamen jedoch so oberflächlich über meine Lippen, dass sogar mir deren Künstlichkeit entgegenschlug. Viel zu seltsam war es, da ich ihn ja eigentlich vor nicht weniger als einer Stunde verabschiedet hatte. Ich trat einen Schritt näher, hielt die offene Handfläche vor mir und sah zu Estinien auf. „Würdest du sie nehmen?“, fragte ich gedämpft, spähte flüchtig zur Seite, ob uns Jemand belauschte. „Eine Kontaktperle?“ Ich nickte mit zusammengepressten Lippen. Es würde mich ungemein beruhigen, wüsste ich, dass wir darüber verbunden sein würden und ich glaubte, dass er dies in meinen Augen las, ehe er wortlos nach dem kleinen Metallstück griff und es unter die Haube schob. „Haaaach~…“, ich zuckte kurz zusammen, als Y’Shtola gähnend mit ausgestreckten Armen zu uns schritt. „.. die Nacht war wirklich kurz…“, säuselte sie, ließ die Arme schwungvoll sinken, während ihre katzenhaften Ohren sich entspannt zur Seite neigten und ihre weißen Augen zu uns fanden. „… auf unseren Reisen sind die Schlafmöglichkeiten stets rustikal und wild, weswegen ich mich noch einmal sehr für das Zimmer bedanken möchte.“, sie wandte sich damit direkt an Estinien und ich erkannte, wie er angespannt die Haltung straffte. Um jedoch noch etwas an seiner Gleichgültigkeit festzuhalten, sah er in die Ferne. „Nicht der Rede wert. Der Graf ist ein gütiger Mann. Dem stehe ich nicht im Wege.“ Das Lächeln der Mi‘qote festigte sich, sie nickte zustimmend und ich wohnte dem stumm bei. „Das ist wahr. Ein sehr gütiger Mann. Als ich gestern Nacht das Bad aufsuchte, stand dort tatsächlich eine unberührte Weinflasche mit Gläsern!“ Meine Lippen kräuselten sich und ich hob völlig verdutzt die Augenbrauen. Ich erinnerte mich an… die Flasche. Die hatte ich komplett vergessen. „Ein guter Jahrgang… ich habe wirklich tief und fest geschlafen.“ Ach herrje… „Du hast die ganze Flasche leer getrunken?“, vielleicht war es unklug, aber ich musste nachhaken und sie kicherte mädchenhaft, hielt dabei sogar die Hand vorm Mund, ehe sie sie wieder senkte und ein noch nie dagewesenes diebisches Grinsen erschien. „Ich konnte sie doch nicht verkommen lassen. Und den Grafen zu so später Stunde zu fragen, ob er mit mir ein Bad nehmen würde, hielt ich für zu gewagt.“ Ich fürchtete, ich wurde rot. „Auch wenn es dann bestimmt unterhaltsamer gewesen wäre…“ War es das? Hatte sie uns durchschaut? Ihre Augen waren einfach so stechend, dass sogar Estinien schlussendlich kapitulierte, sich räusperte und mit einem recht undeutlichen „… ich werd‘ mal mit dem alten Mann reden…“ abzog. Wie unfair! Peinlich berührt verharrte ich still und umgriff die Hände hinterm Rücken, zusehend, wie Y’Shtolas Miene immer zufriedener wurde, als sie dem Anderen nachsah und sich nach wenigen Sekunden wieder mir widmete. Was sah sie nur…? Ihr katzenartige Schwanz wippte heiter auf und ab und ich sah überfordert in den Himmel, zuckte mit der Nase und blickte dann doch wieder zu ihr zurück. Verrieten uns die Ätherströme..? Hatte sie vielleicht beobachtet, wie wir reagierten, wenn sie die zurückgelassene Flasche erwähnte...? Oder…Oh! Mein Gesicht glühte, als ich ihrem Blick erneut direkt begegnete und weder ich noch Estinien an etwas Anderes gedacht hatten: Wenn sie Ätherströme in den Körpern wahrnehmen konnte… so konnte sie das definitiv auch, wenn man sich unter einem Bett versteckte… Das Dilemma war perfekt und ich öffnete sprachlos den Mund, schreckte dann fast zusammen, als sie auf mich zuging und schloss ihn unverrichteter Dinge wieder, als sie mit einer sanften Berührung meiner Schulter an mir vorbeizog. „Der Auserwählte ist da. Ich denke, wir sind zur Abreise bereit.“ Und für wahr, hinter ihr tauchte der Krieger auf, der wohl durch die ganze Stadt gerannt war, nur damit wir nicht länger warten mussten. Was Y’Shtola gesagt und möglicherweise gesehen hatte, konnte ich nun nicht mehr hinterfragen, aber vielleicht war das eine Sache, die ich tun konnte, wenn wir heil wieder zurück kamen. Auch ich straffte nun die Schultern und winkte den Abenteurer zu uns, bereit, los zu ziehen und nach vorn zu sehen. „Missversteh‘ meine Bitte, dich zu verabschieden, nicht. Es gehört zum guten Ton seinen Freunden und Vertrauten bei Aufbruch zu einer Reise ‚Auf Wiedersehen‘ zu sagen. Dies ist kein Abschied für immer.“ Aber wie so oft… irrte ich mich. In Anbetracht dessen, dass die Enterprise nur ein Flugschiff für maximal zehn Mann war, war die Annahme ein Jahrtausend altes Ätherschild damit zerstören zu können, beinahe lachhaft. Wäre nicht Cid Garlond der Konstrukteur, so hätte ich das Deck nie betreten. Doch die Motoren liefen einwandfrei und als ich mich über die Leitplanke hinauslehnte, sah ich den Boden rasch kleiner werden und der Wind begann an Stärke zuzunehmen. Wenn wir schafften, was beim letzten Mal misslang, so würden wir ein Land betreten, welches von den Allagern selbst geschaffen wurde: Azys Lla. Die Technologie dieser Hochkultur war sehr viel weiter. Wir hatten schon viele alte Maschinen gesehen, die fließend über etliche Jahre liefen und in ihrer Bauart die unserer weit überstieg… es waren auch die Allager, die sich der Macht der Primae annahmen und sich gegen sie zur Wehr setzen konnten. Ich schätzte, deswegen waren auch der Feind, die Garlear so erpicht darauf, sich uns in den Weg zu stellen… so auch dieses Mal… Wir erreichten den mächtigen Schild und mit der Macht des Drachenauges in Estiniens Händen, setzte sich die Ätherramme in Bewegung. Matoyas Berechnungen waren von Cid perfekt umgesetzt worden und ein mächtiger Ruck erfasste das ganze Schiff, ehe wir das Siegel schließlich brachen. Das Ziel war nah und ich staunte nicht schlecht, als der Himmel sich violett, grün und blau färbte und die Wolken sich zusammenzogen, als würde ein Sturm darauf warten, sich durch den aufgebrochenen Schild weiter in die Höhen kämpfen zu können. Blitze stoben durch seltsam leuchtende Bauten, unzähliger schwebenden Inseln, aber ehe ich sie in der Ferne wirklich betrachten konnte, riss mich ein weiterer Stoß beinahe von den Füßen. Hastig wandte ich mich um, stolperte zur Seite und umgriff abermals die Halterung, während urplötzlich etliche Lichtkugeln an uns vorbeistoben und der Druck unsere Segel ins Wanken brachten. Wir wurden angegriffen! „Ein garlearisches Schlachtschiff!“, hörte ich Biggs rufen und ich weitete die Augen, taumelte vor, just als Cid einen Hebel umlegte und uns durch den Schild jagte. Tatsächlich! Woher war dieses verflucht riesige Schiff gekommen?? Wie sollten wir dem entgegentreten? … Was sollten wir tun? Doch im nächsten Moment kamen weitere Laute hinzu. Fauchen und Brüllen erfüllte die Luft und abermals musste ich auf dem Absatz kehrt machen, ehe ich glaubte, meinen Augen nicht zu trauen: Drachen! Ein riesiger Drache in Gefolgschaft zweier anderer tauchte unter unserem Schiff hervor und stieg vor uns wieder in die Höhe. Es war Hraesvelgr! Wieso war dieser uralte Drache hier? „Seht, auf seinem Rücken!“ Y’shtola zeigte auf ihn, der sich geifernd zum Schlachtschiff schwang, ehe sich tatsächlich auf seinem Rücken eine Bewegung auftat. Mir fiel nur eine Person ein, die es wagen konnte, auf diesem Drachen zu reiten.. und sich gleichsam kopfüber in die Tiefe zu stürzen: „Ist das… Ysaile?? Was hat sie vor??“ Ysaile war Jene, die sich als Wirtin für die Primae Shiva anbot und ihren Willen in sich trug. Eine weißhaarige starke Elezen, die sich stets den Drachen näher zu fühlen schien als den Wesen ihres eigenen Volkes. Einst war sie unsere Feindin, doch recht schnell fanden wir auf die gleiche Seite. Eine Seite, in der wir gemeinsam kämpften… und sie für uns eintrat. Wir entdeckten die Wahrheit in unendlichen Geschichten und ich für meinen Teil, hatte in ihr eine Freundin gefunden. Ein weiteres Mal, dass Shivas Licht erstrahlte und bewies, wie stark die schönste aller Göttinnen war. Ich sah sie kämpfen und fühlte mich in ihrer Macht so unendlich klein, als sie mit ihren Eisspeeren und Schilden die Angriffe der Garlear abwehrte. Sie tanzte über den Himmel und ich hörte die Soldaten des Feindes schreien, als auch Hraesvelgr auf dem Deck der Flotte Feuerbälle verteilte und die Formation zerstörte. Doch schien selbst sie gegen diese Übermacht nicht genug Energie zu haben und ich zuckte heftig zusammen, als die Kugeln des Feindes gegen die Göttin schlugen. Meine Beine zitterten… meine Finger umklammerten die Reling, um nicht zu fallen… als ich zusah wie ihr Licht erlosch, nachdem sie es zwar geschafft hatte, das Schlachtschiff zu beschädigen, doch sie den Waffen nicht auf ewig standhielt. „Neiiin!“, mein Schrei verwehte im Wind, als ihr blauer, strahlender Schein schwand und an Kraft verlor.. Ich sah sie hinabstürzen… und dann wurde ihr Körper zu einem Kristall, der zerbarst. Ysaile…. „Dieser Äther…“, fassungslos starrte ich zu Boden, während neben mir Y’Shtola das Wort erhob. „Es war ein Kristall aus Licht! Auch sie… war eine von Hydaelyns Auserwählten.“ Was hatte ich mir bis eben gedacht…? Alles würde gut werden?! Wir würden alle.. heil wiederkehren?? „Auf Wiedersehen… Mylady.“, hörte ich Estinien raunen und ich ballte die Hände zu Fäusten, als unser Flugschiff an Fahrt aufnahm, die Chance nutzte und der Flotte in Richtung Azys Lla entkam. Ysaile hatte uns gerettet, noch ehe die Reise richtig begonnen hatte. Als hätten die Garlear nur auf uns gewartet, ohne, dass wir sie bemerkt hatten. Ihr Tod erschütterte mich… ich hatte mir gewünscht, dass sie ein Teil der Morgenröte werden würde und ich hob den Kopf, sah zu dem Drachenreiter, der sich mir zugewandt hatte, während ich vor lauter Anspannung die Zähne aufeinander biss. Ich konnte nichts aus dieser Haube lesen… und trotzdem reichte mir sein leichtes Kopfschütteln als Zeichen aus. Estinien hatte es gesagt. Wir waren im Krieg… wir verloren Freunde. Das mussten wir ertragen, bis die Zeit zur Trauer gekommen war. Nicht aufgeben… nicht verzweifeln. Dafür war keine Zeit. Ysaile hatte uns einen Vorsprung verschafft. Und wir mussten ihn nutzen. Das Flugschiff landete polternd auf einer glatten Ebene, die man durchaus als Landeplatz bezeichnen konnte. Als wir vorsichtig ausstiegen und uns in einem kleinen Radius umsahen, stellten wir schnell fest, dass Azys Lla viel größer war, als wir angenommen hatten. Der Boden unter unseren Füßen war ausgedörrt und durchzogen von leuchtenden Neonröhren. Es gab kein anderes Licht als das der unbekannten Techniken und doch gab es eine gewaltige Vegetation und Unmengen an lebendigen Objekten… Obwohl ‚lebend‘ relativ war…. Ich versuchte den Gedanken an das letzte Opfer zu verdrängen und folgte den Anderen auf der Suche nach einer Spur des Papstes. Auf diesem Weg begegneten wir einer Schaltzentrale, die wie erwartet von den Allagern einen ausgereiften Kommunikationschip erhalten hatte, der uns über einige Details informierte. Unter anderem erkannten wir, dass wir die ersten Besucher in den letzten 5014 Jahren waren. Viele der Save-Zonen im Land waren defekt und von Monstern und Drachen überrannt worden, viele aggressiv gesteuerte Maschinen schwirrten in den Gängen, um Eindringlinge auszuschalten. So entschieden wir uns, die Ingenieure beim Flugschiff zu lassen, während alle Kampffähigen weiter vorangingen… Y’Shtola, der Krieger des Lichts, Estinien und ich. Über Teleportplatten gelangten wir auf verschiedene Ebenen und nach und nach kamen wir dem Ziel näher. Ein Observationsmodul gab an, dass es bereits Aktivitäten in einem sogenannten Ätherochemischen Forschungslabor gab und noch bevor wir dieses erreichten, stellten wir fest, dass die zehn Tage Vorsprung den Garlear viel zu viele Vorteile gebracht hatten. Eine ganze Ebene mit bewaffneten Posten lag vor uns. Noch während wir durch die Teleportationszirkel geirrt waren, hatte sich das große Flaggschiff auf dieser schwebenden Insel gerettet, in der bereits mehr als hundert Soldaten positioniert waren und patrouillierten. Eine wahre Übermacht…. Rotschwarze Rüstungen mit Schusswaffen, Schwertern und Zauberstäben standen an jeder Ecke und obgleich wir entschieden, ihnen aus dem Weg zu gehen, war das Glück uns nicht hold. Ich hätte es wissen müssen. Wissen, dass auf einen wunderbaren Moment nur schreckliche folgen konnten. Wissen, dass auf einer schier unmöglichen Mission mit Glück nicht zu jonglieren war. „Es sind zu viele, wir müssen einen anderen Weg gehen.“, flüsterte Y’Shtola, hob die Hand zum Rückzug und lehnte sich gegen einen Felsen, um uns anzublicken. „Sie sind überall.“ „Es gibt keinen anderen Weg.“, erwiderte Estinien kühl und ich sah nochmals an der Mi’qote vorbei zu den Massen und grübelte. Wenn wir es schaffen würden, ein paar wenige Soldaten zu überrumpeln, konnte man sich die Uniformen schnappen und den Gegner infiltrieren… „Zu gefährlich, wir müssen….“, Auch Y’Shtola schien nicht nachgeben zu wollen, wurde aber von einer weiteren Stimme überschattet: „Ihr da, stehenbleiben!“ Gehetzt sahen wir auf und erkannten über uns an dem Felsen einen Soldaten mit einem Speer. Ohne abzuwarten, zückte ich das Grimoire, flüsterte den Lähmzauber und unterbrach die Wortschwalle des Feindes abrupt, ehe er steif wie ein Brett vor unseren Füßen landete. Aber es war zu spät. Die Stille zerbarst in Lärm. Trillerpfeifen und Rufe, Schritte, die über den porösen Boden schallten und sich uns näherten. „Sehr gut.“ Estinien zeigte die Zähne bei einem, angesichts der Umstände ,unpassendem Grinsen und ging in Kampfposition. „So eliminieren wir sie alle auf einmal.“ Zu viert. Ich musste aber gestehen, dass ein Kämpfen Seite an Seite mit so herausragenden Kämpfern ein gänzlich anderes Gefühl war. Estinien zog die Aufmerksamkeit auf sich, flog förmlich durch die Reihen, während die Magie des Kriegers des Lichts einen nach dem anderen niederrang. Y’Shtola und ich waren hauptsächlich mit der Heilung beschäftigt und ich ließ mich von meinem Adrenalin leiten und versetzte jedem Gegner Lähm-, Gewichts und Giftzauber, so viel wie es meine eigene Kraft zuließ, nebst der Aufgabe den Drachenreiter nicht aus den Augen zu lassen. Im Schein des grünen Lichtes wirkte sein Gesicht fahl und streng, obgleich in seinen Zügen eine unbändige Freude zu erkennen war. Er wusste, er konnte sich auf uns verlassen. Und ich wusste, er liebte den Wettbewerb gegen den Krieger des Lichts in der Menge seiner Erfolge. Es stand gar nicht schlecht um uns, so lange wir aufmerksam blieben. Der Boden war übersät von etlichen Soldaten, Y’Shtola und ich wichen den Fernangriffen der Anderen aus und blieben in der Nähe jener, die wir heilten. Sie kümmerte sich um den Krieger, ich um Estinien und in seinen wilden Sprüngen, ließ er mir Zeit, einen weiteren Spieler zu rufen. Der rubinrote Carbuncle! Meine Feder schwebte über die Letter, als ich den Bund akzeptierte, die Schriften rot leuchteten und das rote Getier nebst dem Dragoon auf allen Vieren landete. Ich sah wie Estinien in seinen Angriffen stockte, den Pfeil einer Barde leichthin abwehrte und dann dennoch den Blick auf den Carbuncle fixierte. „Du schon wieder….“ Unsere Situation war nicht glücklich, aber seine Worte ließen mich feixen, zumal ich sie deutlich in meinem rechten Ohr hörte. „Er ist nicht gegen dich. Er hilft dir.“ „Das sagst du jetzt. Ich vertraue diesen großen Augen nicht.“ Wie ironisch war es, dass er mich zum Lachen brachte? „Dann vertrau' mir.“ Estinien sah wieder nach vorn, ging in Sprungstellung. „Das tue ich.“ Er stieß sich vom Boden ab, hinterließ ein gleißendes Licht und ich sah ihm bewundernd nach. „Der Krieger des Lichts sollte vorgehen. Die halten uns nur unnötig auf!“ Mir rann der Schweiß vom Kinn, als wir nach etlichen Minuten nur wenige Schritte vorwärts gekommen waren. Das Grimoire wog allmählich schwer in meiner Hand, Y’Shtola und ich tauschten gezielte Blicke aus, abwechselnd in der Heilung, um unser Mana etwas Zeit zur Regeneration zu geben, ehe wir uns wohl mit eben den gleichen Blicken dazu entschlossen, zurück zu bleiben. „Geh und halte Thordan auf!“, fügte ich hinzu, schickte den Carbuncle quer übers Feld und dieser jagte eine Windböe gegen den Soldaten, der den Krieger gerade beschäftigte. Er hatte freie Bahn. „Wir kommen nach!“, schrie Estinien und warf den Speer inmitten eines Soldatengetümmels, welches sich beinahe synchron zu Boden warf. „Mach dir keine Sorgen!“ Y’Shtola lächelte zuversichtlich, schickte Protes und Stoneskin zu ihm und nickte. Der Abenteuer setzte zurück, sah zu uns und wirkte mit unserer Idee nicht sonderlich einverstanden, allerdings hatten wir uns bereits entschieden. Abwartend ließ er Sekunden verstreichen, während die Druidin eine riesige Windsäule heraufbeschwor, die uns diese Zeit verschaffte. „Geh nun!“, rief ich erneut und schlussendlich gab er nach, sah zum Feind und schickte ein letztes Flare in die Runde, ehe er sich abwandte und rannte. Dies hier waren kleine Fische im Gegensatz zu dem Papst und wir waren uns sicher, dass er sich diesem stellen konnte. Es lag in unseren Händen, die Meute von ihm fern zu halten und wir setzten alles an Energie daran, die der Krieger brauchte. Y’Shtola und ich waren entgegen unserer Klassen ständig in Bewegung. Alsbald registrierten die Soldaten, welche Strategie gegen wen half und so wandten sich die Magier alsbald gegen Estinien, während die Nahkämpfer uns zu Leibe rückten. Die Zeit verstrich abermals und ich spürte ein Knistern in der Luft, als ich glaubte, dass sich der Wind drehte und Lärm aus der Ferne zu uns trat. „Ob Cid und die Anderen in Ordnung sind…?“ Unsere Feinde wurden allmählich weniger und doch waren es noch mehrere Dutzend an der Zahl. „Hört zu!“, schrie Estinien quer über den Platz, hechtete von einer Ecke direkt zu uns zurück und warf mit einer gekonnten Drehung auf seinem im Boden gerammten Speer sämtliche Gegner in unserem Umkreis um. „Ich gehe ihm nach. Ihr haltet die Stellung und wenn ihr aufgeräumt habt, geht zum Luftschiff zurück.“ Ich hörte wohl schlecht! „Nein!“, War er wahnsinnig? Dem Krieger nachgehen und uns hier zurück lassen? Ohne Heiler und Magier Azys Lla zu erkunden, war eine verdammt schlechte Idee! „Alphinaud…“, der Feind hastete auf uns zu und ich fühlte dieses schreckliche Unbehagen, wie eine Vorahnung, die mich sämtliche Vorsicht vergessen ließ. „Du darfst nicht gehen!“ Es war nicht die richtige Zeit, auf Y’Shtolas Anwesenheit Rücksicht zu nehmen… ich hatte Angst. Ich hatte Angst, dass Estinien nicht wieder kam, viel mehr noch, als ich es bei dem Krieger des Lichts befürchtete! „Ich kann ihm nicht die Verantwortung für all das überlassen…“ Die Druidin nickte einfach, wandte sich ab und stellte sich unseren Feinden, die nachrückten, als gäbe es noch immer viel zu viele von ihnen, während ich angsterfüllt dem Dragoon entgegenblickte. Er konnte von mir denken, was er wollte! Ihn gehen zu lassen… wirkte falsch! „Du musst an mich glauben!“, appellierte er und ich stieß hektisch die Luft aus, blickte über die Schulter und haderte. Mir war bewusst, dass er recht hatte. Immer nur die Last auf dem Abenteurer zu lassen... Estinien war stark. Der Auserwählte war stark… ich durfte mich nicht fürchten! „Das tue ich.“, antworte ich zuversichtlicher und erkannte das Lächeln auf dem Gesicht des Anderen. Seine Hand erhob sich, legte sich sanft an meine Wange und strich mir etwas aus dem Gesicht. „Bis später.“ Zögerlich nickte ich, dann schaute er an mir vorbei, zu Y’Shtola, nickte gleichsam und wandte sich schließlich ab. Meine eigenen Fingern langten zu meiner Wange und ich merkte den dünnen Streifen, eine kleine rote Spur, die sich auf meiner Haut verlief. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich verletzt war. Und er….? Dieses Mal war er nicht ausgerastet oder wütend. Er sagte bis später und zögerte keine Sekunde, mich zurück zu lassen. „Alphinaud!“ Aus meinen Gedanken herausgerissen, drehte ich mich flugs um und setzte mich in Bewegung. Er zögerte nicht, weil er wusste, dass wir das hier allein regeln konnten. Ein weißer Schimmer tanzte vor Y’Shtola, während sie beide Hände zu den Seiten ausgestreckt hielt. Welche Magie tätigte sie da? „Ich fürchte…“, sagte sie, packte den Druidenstab fester und schwenkte diesen einmal durch die Luft, „… dass halbe Sachen nicht genügen werden!“ Ich trat näher zu ihr heran, schickte den Carbuncle hinter den Schild und ließ ihn die Meute durcheinander bringen. „Was meinst du…?“ „Ich meine…,“, sagte sie angestrengt, „… dass du mal ein bisschen zaubern sollst!“ Haha, na, sie war ja amüsant. Was dachte sie denn, was ich tue? Aber ihre verzückte Miene bedeutete mehr. „Denk nicht, dass ich nicht weiß, was du kannst.“ Unsicher erwiderte ich ihr Lächeln, sah zu unseren Feinden, die sich bereits sammelten, um einen großen Zauber vorzubereiten, der wohl Y’Shtolas Schild gänzlich zerstören würde. „Was meint sie?“ Ich erschrak lautstark, als ich abermals Estiniens Stimme in meinem Ohr hörte, da ich völlig vergessen hatte, dass die Kontaktperlen noch aktiviert waren. Sollte ich es wagen…? „Naja… ich schätze, sie erkennt schwarze Magie, wenn sie sie sieht.“ Und ich hatte keine andere Wahl, als nach ihr zu greifen. Ich klappte mein Grimoire zu, steckte es in die Halterung zurück und zog meinen rechten Handschuh aus. Niemals hätte ich erwartet, dass ich dazu greifen müsste…. „Du beherrschst schwarze Magie?“ Wieso hatte er Zeit zum Reden?? „Ein bisschen…“ Meine Finger wanderten in meinen Mantel und ich zog einen kleinen Stein hervor, der grün wie Gift auf meiner Handfläche leuchtete…. Ich hatte die Magie der Beschwörer vor langer Zeit gelernt, obgleich sie verboten war. Mit beiden Händen umgriff ich den Stein, flüsterte Formeln und steckte ihn zurück, ehe ich mein Grimoire erneut zückte. „Gib mir Zeit….“ Rief ich der Druidin zu und aktivierte meinen inneren Aetherflow. Rasch befeuchtete ich meinen Daumen und Zeigefinger, blätterte die Seiten und schickte meine Lähmzauber auf einen Schwarzmagier der Garlear. „Du hast nicht ernsthaft gegen mich gekämpft??“ Estiniens Stimme klang nun ebenfalls gehetzt und ich spürte das Zehren an meinem Mana, während ich der Person Biora, Miasma und Bio aufbürdete und mit einem weiten Schlenker Bane sprach. Ein Jaulen zog sich durch die Massen der Feinde und all die Soldaten begannen zu klagen und gingen teils in die Knie. Meine Finger bebten… „Natürlich habe ich das…“, murmelte ich, blätterte erneut in den Seiten, spannte die Muskeln an, um nicht selbst einzuknicken. Diese Magie war anstrengend… „Beeil dich!“ Auch an Y’Shtolas Kräften zehrte der Schild und ich ahnte, dass jede Sekunde zählte. Der Äther staute sich, als ich den nächsten Gegner mit Fester von den Beinen riss und sich die Spannung in meinem Körper abermals erhöhte. „Das nächste Mal zeigst du mir deine wahre Kraft…“ Ich krümmte mich unter der Anspannung, hastete nach Luft und lauschte dennoch der sanften… mit einem Lächeln behafteten Stimme des Dragoons. „… dann gibt es auch kein Versteckspielen mehr.“ Welch kühne Worte! Kurz castete ich Painflare auf einen vermummten Pikinier und er stürzte zu Boden. Ein Krachen überflutete mein Trommelfell und ich sah hinauf, erkannte die Risse in der milchigen Wand und merkte, wie Y’Shtola allmählich selbst in die Knie ging. Verflucht… „Versprochen??!“, rief ich und kämpfte gegen den Druck in meiner Brust an, keuchte und winkte schließlich die Druidin beiseite. Der Zauber saugte mir förmlich die Kraft aus, meine Fußsohlen lösten sich vom Boden und ich schloss die Augen, zog die Brauen zusammen und versuchte die Energie bis zum Zerbersten zu sammeln. „.. ja, sicher ist das versprochen. Nochmal verstecke ich mich bestimmt nicht unterm Bett.“ „Abgemacht!“, rief ich, riss die Augen auf und ließ den Strom fließen. „Abgemacht…“ Deathflare! In Sekundenbruchteile passierte alles Schlag auf Schlag. Wie Scherben zerbarst der Schild, Y’Shtola sackte zusammen und das Grölen der Massen nahm augenblicklich zu. Sie schwangen ihre Schwerter, die Stäbe, Pikenier gingen in Anschlag, die Druiden rotteten sich zusammen und Äxte zerschnitten die Luft. Blauer Äther strömte aus meinem Körper, manifestierte sich und ich erkannte noch im letzten Moment, wie unsere Feinde abrupt stehenblieben, als sie die Form Bahamuths in diesem erkannten. Ich hatte den Bahamut Trance aktiviert… Der grüne Himmel begann zu glühen, lichtete sich augenblicklich über mir und ich sah das strahlend weiße Licht, welches die Wolken vertrieb, das Auge eines Tornados hervorrief und in einem Gleißen auf all unsere Feinde niederging. Ein Zischen und Glimmen, ein ohrenbetäubendes Dröhnen erfasste das ganze Gebiet und ich meinte noch immer das Beben unter meinen Füßen zu spüren, als ich gänzlich erschöpft vornüber kippte. Es war still… „Dann ist das Ende also gekommen.“ Ich atmete schwer und rang nach Luft, während Estiniens Stimme abermals zu mir drang. Doch war ich mir sicher, dass er dieses Mal nicht mit mir redete… „Leider nicht durch meine Hand…“ Auch die Stimme der Mi’qote drang zu mir, aber ich war zu schwach, um zu ihr aufzuschauen. Ansonsten herrschte Stille und ich versuchte wenigstens ein wenig den Kopf zu heben. Vor mir zeichnete sich ein Krater auf…. Der Geruch von verbranntem Fleisch stach in der Nase. „Meine Leihgabe… schön, dass sie dir von Nutzen war.“ Y’Shtolas Hände fanden zu meinen Schultern und ich zwinkerte matt, nickte, auch wenn ich nicht verstand, was sie sagte und ließ zu, dass sie mir beim Aufstehen half. „Das zweite Auge. Endlich sind sie beide in meiner Hand.“ Es fiel mir nicht leicht, mich aufzurappeln, war ich doch zu abgelenkt von den Worten. Hieß es, dass der Krieger des Licht gesiegt hatte….? „Nun muss ich nur noch dafür sorgen, dass weder Ishgarder noch Drachen sie jemals wieder finden.“   „Ich glaube, der Krieger hat es geschafft…“, murmelte ich leise, blinzelte erneut und schloss die Augen. Vor den Lidern tanzten Sterne und ich spürte den festen, sicheren Griff der Druidin, um mich auf den Beinen zu halten. „Das war umwerfend, Alphinaud!!“ Ich bemühte mich um ein Lächeln, umfasste ihre Hand und stockte jedoch gleichsam, als ein markerschütterndes Brüllen sich tief in mein Herz fraß. Geschockt riss ich die Hände hoch, hielt sie über meine Ohren und brach abermals zusammen, nur um Druck auf sie zu verüben. Ich hörte Worte.. tiefe, grollende Worte, die ich nicht verstand und die eindeutig aus der Kontaktperle kamen! Was passierte da….? Ein schmerzhaftes Rauschen kam hinzu und ich konnte nicht anders, als nach der metallenen Kugel in meinem Ohr zu tasten. Dieser Klang tat weh! Die Kontaktperle meldete erhebliche Störungen und ich schrie voller Qualen auf, als ein weiterer Laut mein Trommelfell zum Klingeln brachten, ehe ich das Metallstück herausbekam und wegwarf. Oh Gott…. „Was war das….?“ Die kühle Hand der Druidin legte sich auf meine Stirn und ich rang keuchend um Fassung, als ich auf das Kommunikationsgerät starrte und das Rauschen bis zu uns zu hören war. „Die Kontaktperle ist defekt…“ Es fiel mir schwer, die Augen offen zu halten, aber ich versuchte mich wieder aufzurappeln und hieß die Hilfe der Anderen willkommen. Wir durften keine Zeit verlieren … „Wir müssen hinterher.“ „Nein.“, erwiderte sie strikt und ich verstand diese einfache Aussage nicht. Ihre Augen durchbohrten mich. „Wir müssen zurück. Cid und die Anderen informieren und das Flugschiff in Gang kriegen…“ „Aber…“ Sie hatte es nicht gehört, aber es war doch etwas geschehen! „… nichts da ‚Aber‘ … in deinem Zustand bist du ihnen auch nicht von Nutzen. Komm…“ Widerwillig ließ ich mich mitziehen und sah beim Vorbeigehen noch einmal auf die Kontaktperle. Sie mitzunehmen machte keinen Sinn. Das Rauschen… und dieses immer düster werdende Gefühl… … ich wusste noch nicht was, aber irgendetwas war kaputt gegangen… Meine Beine trugen mich erst nach und nach wieder von allein und ich war bemüht einen gefestigten Eindruck zu vermitteln, als wir die Enterprise, Cid, Wedge und Biggs erreichten. Estinien hatte uns den Auftrag gegeben, alle Vorbereitungen zu treffen und nicht zu spät taten wir dies, denn Explosionen erschütterten ganz Azys Lla. Meine Gedanken standen Kopf und selbst wenn ich Einwände gehabt hätte, weswegen wir niemals den Platz verlassen und doch lieber gewartet hätten, so hätte ich all die Anderen nur meiner Unsicherheit wegen in Gefahr gebracht. Kaum war das Flugschiff gestartet… schon brach der Boden auseinander… Was passierte…? „Wie seid ihr den Garlear entkommen?“, fragte Wedge, streckte die kurzen Arme von sich und hockte sich zu mir, während wir langsam an Höhe gewannen. Ich sah ihn wortlos an und versuchte wieder einen klaren Kopf zu bekommen. „Ich habe ihnen mit ein paar Sanctus ordentlich die Meinung gegeigt. Alphinauds Dots waren dabei wirklich hilfreich. Ein Kinderspiel.“ Ich war Y’Shtola wirklich dankbar. Dankbar für ihre Worte und ihre Diskretion. Ich wollte nicht als Jemand dastehen, der Diplomatie vertritt, jedoch finstere Magie beherrschte. Diese Kraft verstieß gegen all meine Prinzipien und würden meine Worte hohl klingen lassen. Meine Unruhe ließ meine Finger kribbeln und ich ballte die Hände zu Fäusten, ehe ich meine wirren Gedanken verbannte und in die Ferne schaute. In den Himmel zu starten, ohne zu wissen, wie der Krieger des Lichts und Estinien zu uns zurückkehren sollten, hielt ich für ein vages Unterfangen. Wir durften sie nicht zurücklassen… Ein Versprechen wartete darauf, eingelöst zu werden! Der Himmel donnerte noch Minuten nach unserem Verlassen des Flugplatzes. Meine Lippen waren wahrscheinlich blutig gebissen und ich konnte nichts gegen diese Ruhelosigkeit tun, selbst, als ich merkte, wie Y’Shtola mich zu fokussieren schien. Diese Ungewissheit machte mich schier wahnsinnig…. „Seht mal! Da!“ Mein Blick klärte auf und ich lief zur Reling, sah drüber hinweg und erkannte alsbald, wie ein Drache auf uns zuflog. Ein Drache? Schon wieder? Verwundert, aber nicht alarmiert, beobachtete ich mit den Anderen, wie er zu uns aufschloss und recht schnell auffiel, dass sich der Auserwählte auf seinem Rücken aufhielt. Wahnsinn… Mir fiel schon ein Stein vom Herzen. Er hatte es tatsächlich geschafft und ein Narr wäre ich gewesen, wenn ich daran gezweifelt hätte. Und Estinien war bei ihm gewesen, also war die Hoffnung nicht vergebens, oder…? Es musste doch alles in Ordnung sein… Der Blick des Auserwählten sprach eine ganz andere Sprache. Schnell wurde allen klar, dass wir Azys Lla verlassen mussten. Ich sah zurück, sah zu den Trümmerhaufen, die wir in dieser Antike gelassen hatten und merkte dabei meinen eigenen Puls, der mich wohl eher einem Herzinfarkt näher brachte, anstelle von Genugtuung. „Wo ist Estinien…?“ Ich spürte einen Stich in meiner Brust, als Y’Shtola diese Frage stellte, die ich nicht wagte, auszusprechen. Keine Antwort folgte.. nur das Luftschiff blieb in Bewegung, dem Drachen folgend in Richtung Fundamente. Mein Herz schien es bereits zu ahnen…. Das Rauschen stahl sich zurück in mein Gehör. Wir verloren Familie und Freunde… unsere Seelen und unser Leben im Krieg. Als wir in den Fundamenten landeten, der Drache Midgardsormr als Begleiter des Kriegers des Lichts vor dem versammelten Rittern Ishgards das Wort ergriff, da fiel mir erst richtig auf, wie wahr Estiniens Worte schienen. Lord Aymeric selbst… war erschienen, um unseren Empfang beizuwohnen und er tat den richtigen Schritt, um den Krieg gegen die Drachen mit einer tiefen Verbeugung jenen gegenüber entgegen zu wirken. Auch der Graf und seine Söhne waren anwesend… Ich sollte mich freuen… Der Krieger des Lichts stand vor den Rittern, der Lordschaft und redete über einen Kriegsstillstand. Wir waren dem Ziel so nah, wie noch nie…. „Der Krieg ist jedoch noch nicht vorüber…“, schallten die Worte Midgardsormrs in unseren Köpfen, als wollte er mir, der keine Achtung verdiente, Leid und Qualen auf den Weg geben, setzte er fort. „… Bedenke, dass Nidhoggs Seele noch fortlebt.“ Ich vergaß zu zwinkern, hatte dieses gefrorene Lächeln auf den Lippen, welches einfach nicht verschwand, obgleich es fehl am Platze war… „Euer Azur-Drachenritter ist gefallen.“ Ich erstarrte…. Unterließ das Atmen. „Nidhoggs rachsüchtiger Geist ist in ihm. Er ist nun der Drache….“ Er war nun…. Der Drache. Der Drache, dem er ein Auge ausstach. Der Drache, den er zu Fall gebracht hatte…. „Du musst dich ausruhen….“ Meine Augen waren regelrecht trocken, als ich den Kopf hob und nicht bemerkt hatte, wie Y’Shtola zu mir getreten war. Ebenso hatte sich Midgardsormr zurückgezogen und Aymeric sah zu uns, verneigte sich und ging mit seiner Gefolgschaft zurück. Keine weiteren Worte oder hatte ich sie verpasst? Wieso hatten sie nicht nachgefragt? „Alphinaud?“ Wieso nahm man die Information einfach so an und sagte nichts…? „Ich muss… allein sein.“ Zaghaft wischte ich ihre Hände von meiner Schulter und ging. Einfach die Straßen hinunter und Richtung des großen Ätheriten. Entlang an der hohen Mauer, an der ich stehenblieb und in die Ferne sah. Was passierte mit einem unfertigen Versprechen? Der Himmel wurde dunkel, die Wolken zogen den Himmel zu und noch ehe die ersten Sterne auftauchten, verwandelten etliche Schneeflocken das Land wieder in eine eiskalte Einöde. Das war sie schon immer gewesen und noch vor wenigen Tagen hatte ich mich gefragt, wer sich hier gern aufhielt, wenn er es nicht musste. Mir waren zwischenzeitlich viele Gründe eingefallen. Weil wir für eine Rückkehr kämpften. Weil wir Ziele hatten. Aber was passierte mit mir, der sich nur ein Ziel in den Kopf gesetzt hatte….? Was wurde aus mir, der auf ein unlösbares Versprechen hoffte…? -- Meine Lunge schnürte sich zu, als würde ein hauchdünnes Seil um meinen Hals liegen und zudrücken… „Estinien….“ Ich stand inmitten meiner Gefährten. In einer klaren Reihe, fester Haltung und ich nahm wahr, wie unsere Herzen in Einklang schlugen. Aber ich bekam keine Luft…. Ein Knistern und Röcheln kehrte in meine Wahrnehmung zurück, mein Kopf dröhnte vor Schmerz. „Oh Gott, komm zu dir….!“ Mein eigenes Keuchen drang in meinen Sinne und mir wurde so endlos schwindelig, als ein Windhauch uns erfasste, der meinen Sicht zerstörte und erst nach mehrmaligen Blinzeln erkennen ließ, was vor mir geschah. Der Bund der Morgenröte stand auf einer Plattform, die in ein rotorangenes Licht getaucht war. Riesige Fenster bildeten einen Kreis aus Scherben und ich ächze gedrungen, als mir bewusst wurde, dass die Person, die vor uns hockend auftauchte, er war…. „Estinien!“ Sofort löste ich mich aus den Reihen. All meine Gefährten wurden nichtig, als ich so schnell rannte, wie ich konnte, während ich noch hörte, wie sie ihre Waffen zückten. Nidhogg musste besiegt werden…. Nidhogg war tot besser als lebendig. Aber das war nicht Nidhogg!! „Nein!“ „Alphinaud!!“ Ich fühlte den Schmerz nicht, als ich mich auf die Knie fallen ließ, kurz vor dem hockenden Drachenreiter, der den Kopf gesenkt hielt und so wie ich nach Luft rang. Meine Hände waren taub… meine Füße, mein ganzer Körper schien gelähmt. „Du musst….!“ „Nein…!“, meine Stimme war nur ein Krächzen, aber ich würde weiter gegen sie protestieren, wenn sie ihm ein Leid  zufügen wollten! Nein! Nein, ich wollte das nicht! Also stemmte ich mich auf, drehte Estinien den Rücken zu und hielt die Arme erhoben. Niemand durfte ihn verletzen!! „Alphinaud, pass auf!“ Die Gesichter meiner Freunde waren mit Entsetzen geprägt. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ihre Mienen voller Bestürzung regelrecht verzerrt und es machte mir so fürchterliche Angst, dass ich die Feuchtigkeit auf meinen Wangen spürte. Ich konnte mich nicht gegen ihn entscheiden….. Zitternd blieb ich in der Position, aber dann schob mich ein lautes Brüllen nach vorn, riss mich aus der Hocke und noch ehe ich ganz zu Boden ging, fing ich mich mit den Händen ab und drehte mich flugs auf den Rücken. „Estini…..“, die Worte blieben in meinem Hals stecken, als ich erkannte, was passierte. Hinter mir befand sich nicht mehr Estinien. „DU NARR!“ Markerschütternd verbiss sich die Stimme Nidhoggs in meinem Gehirn, als eben genau dieser das Maul direkt vor mir aufriss. Beide Augen sahen mich hasserfüllt an und ich spürte die Ohnmacht, die nach mir greifen wollte, als sein heißer Atem mein Gesicht erfasste und die messerscharfen Zähne nach mir langen wollte. Euer Azur-Drachenritter ist gefallen…   Ein höllischer Druck durchzuckte meinen Körper wie ein Impuls, der ungeregelt in meine Venen eindrang. Mit einem Mal rang ich so schmerzhaft nach Luft,  dass ich noch mein eigenes Japsen hörte, ehe ich bemerkte, wie ich aufrecht im Bett saß. Luft…. Etwas pulsierte quälend in meinem Schädel und ich atmete gehetzt, unkontrolliert und glaubte dennoch zu ersticken. Was war passiert….? Meine Finger umkrallten etwas…. Waren das Arme….? War da Jemand bei mir….? Röchelnd erwiderte ich den Druck auf meine Oberarme, tastete mich an den langen Ärmeln entlang und erreichte die Schulter jener Person, die auch mich festhielt. Ich war nicht allein… wie beim letzten Mal …. Mein Geist versuchte das zu begreifen und ich fühlte auch eine Hand an meiner Wange… „Estinien…..?“ Auf meine Frage hin, lösten sich die Finger von meinem Gesicht. Ich blinzelte in der Dunkelheit, presste die Lippen zusammen und wartete…. Ungeduldig, ängstlich… „Nein…“ Meine Bewegungen erstarben und just in dem Moment glimmte ein weißes Licht zwischen mir und der Person auf. Kleine, glitzernde Sterne gingen von den Fingerspitzen vor mir aus, die bei zweiter Betrachtung wesentlich zierlicher wirkten, als ich angenommen hatte… Ich kannte die Person und obwohl ich ahnte, wem ich nun gegenübersaß, schaffte ich es nicht, es mit Fassung zu nehmen… „Verzeih, dass ich einfach eingedrungen war….“ Y’Shtola hockte bei mir… … Sie hielt meinen Oberarm, saß auf der Bettkante. „… deine Schreie hallten bis zu mir und dann….“ … ich senkte den Kopf. Fassungslos. Es war mitten in der Nacht und wir waren erneut beim Grafen untergekommen. Ich musste schnell eingeschlafen sein… „… ich habe mir Sorgen gemacht.“, beendete sie ihre Worte und ich zwinkerte, wortlos, während mein Verstand mir erneut zu erklären versuchte, dass all das…. Kein Traum war. „… es tut mir leid.“ Sie sagte es und ich nickte, meinen Herzschlag beruhigend und dennoch nicht fähig, ihren Ärmel los zu lassen. Das konnte einfach nicht wahr sein. „Er ist noch nicht verloren.“ Und ob er es war… Mit aufgerissenen Augen ruckte mein Kopf hoch, ich biss die Zähne aufeinander und starrte sie an. Es würde so enden, wie ich es gesehen hatte. Wir mussten ihn bekämpfen, um das Wohl eines ganzen Volkes zu sichern! Und diese Vorstellung… diese Erkenntnis ließ in mir den letzten Damm brechen. Ich hatte so viel falsch gemacht… Hätte ich nie die Kristallstreiter gegründet…. Hätte ich mich nie um Ishgard bemüht…. Wäre ich ihm nie zu nah gekommen… „Komm her….“ Und ich fühlte mich so schrecklich wehrlos wie ein Kind! So nutzlos, so ohne Kraft und Stärke und ich ließ es zu, dass mich Y’Shtola zu sich zog, während meine Tränen mein Gesicht benetzten und ich einfach nicht loslassen konnte. Ich hatte versagt! All meine Diplomatie, meinen Worten zum Trotz, hatte ich erneut versagt! „Es ist noch nicht vorbei…“, flüsterte sie wieder und doch konnte ich sie kaum noch hören. Ich wollte ihn wiederhaben! Ich wollte ihn festhalten!   „…. Das Licht der Hoffnung brennt noch.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)