Yasashikunai Mirai von Harulein (Tsuzuku x Meto) ================================================================================ Kapitel 2: [meto] Act 2 ----------------------- Ich wachte sehr früh auf am nächsten Morgen. Es war noch dunkel und da ja kein Wecker mehr hier war, wusste ich nicht, wie früh es genau war. Ich schätzte ungefähr drei oder vier Uhr. Im Dunkel sah ich Tsuzuku schemenhaft neben mir liegen, er lag auf dem Bauch, mit dem Gesicht zu mir, atmete leise und gleichmäßig. Ich setzte mich auf, streckte die Hand aus und berührte seine Schulter, spürte seine warme Haut unter meinen Fingern, streichelte ihn ein wenig, vorsichtig, um ihn nicht zu wecken. Ein kleines Lächeln huschte über meine Lippen, ich zog meine Hand zurück und legte mich wieder neben ihn, ein bisschen näher als zuvor. Wie ich so bei ihm lag und hoch an die dunkle Decke meines Zimmers blickte, kam ich mit den Gedanken auf etwas, das ich eigentlich zu verdrängen versuchte: Und zwar, dass ich schon seit einer ganzen Weile das Gefühl hatte, als hätte Tsuzuku ein Geheimnis vor mir. Und jetzt, wo ich hier lag und er tief und fest schlief, konnte ich mich nicht davon ablenken. Meine Gedanken begannen, sich darum zu drehen, Fragen schwirrten durch meinen Kopf. Als ich Tsuzuku gestern vom Tempel abgeholt hatte, in der Gebetshalle, da hatte er irgendwie so besorgt und traurig gewirkt. Ich spürte, dass etwas nicht stimmte, doch ich hatte keine Ahnung, was es war und warum er nicht mit mir darüber sprach. Er konnte mir doch vertrauen und eigentlich wusste er doch auch, dass ich für ihn da war, wenn es ihm nicht gut ging. Warum sagte er mir dann nicht, was los war? Oder … war es vielleicht irgendwas wirklich Schlimmes? Etwas, das er mir nicht sagen durfte, oder nicht aussprechen konnte, weil es furchtbar wehtun würde? Aber was konnte das sein? Das Schlimmste in seinem Leben, die Geschichte vom Tod seiner Mutter, kannte ich inzwischen in fast allen Details, an die er sich erinnerte. Gab es da etwas, das noch schmerzhafter war? Ich konnte es mir kaum vorstellen. Und doch hatte ich schon seit Monaten das Gefühl, dass er mir etwas Wichtiges verschwieg. Da ich jetzt nicht so einfach wieder einschlafen konnte, stand ich auf und ging ins Bad, um schon mal zu duschen. Ich stand eine ganze Weile einfach unter dem warmen Regen, während sich meine Gedanken weiter drehten, ohne zu einem anderen Ergebnis zu kommen als dass Tsuzuku wieder Probleme hatte und ganz offenbar nicht darüber sprechen wollte. Nachdem ich mich gewaschen und dann abgetrocknet hatte, ging ich mit dem Handtuch um die Hüften wieder in mein Zimmer zurück. Tsuzuku schlief immer noch, doch als ich mich wieder zu ihm legte, wachte er auf. „… Meto?“, fragte er verschlafen. „Du bist schon wach?“ „Ich war duschen“, antwortete ich. Er setzte sich auf und strich mir durch meine noch etwas nassen Haare, ließ seine Hand dann in meinen Nacken wandern und zog mich zu sich, um mich zu küssen. „Mmmh, frisch geduscht hab ich dich am liebsten …“, raunte er in mein Ohr und senkte den Kopf, um meinen Hals zu küssen. Ich legte den Kopf in den Nacken und seufzte leise, als er sein Tun auf meine Schulter ausdehnte und gleichzeitig meinen Rücken streichelte. Er war so unglaublich lieb und sanft zu mir, jede Berührung sagte ‚Ich liebe dich‘ und jeder kleine Kuss ‚Ich will dich‘. Wenn er mich so berührte, vergaß ich alles andere, die Sorge um ihn, um die Zukunft, alles Schwere glitt dann von mir ab. Ich war so glücklich, ihn zu haben und von ihm so geliebt zu werden, wie ich ihn liebte. Und so legte ich meine Arme um ihn, zog ihn an mich und küsste ihn zurück, ließ meine Lippen über das tätowierte Herz an seinem Hals wandern und hörte ihn wohlig seufzen. „Ich bin so wahnsinnig aufgeregt“, flüsterte er. „Wegen heute, wegen dem Umzug und so?“ Tsuzuku nickte, schmiegte sich dann enger an mich. „ … Ich hab davon geträumt. Und davon, dass du und ich … dass wir immer zusammen bleiben …“ Ich lächelte, nahm sein Gesicht in meine Hände und drückte meine Lippen auf seine. Wollte seine Probleme, von welcher Art sie auch sein mochten, einfach wegküssen, und dass wir uns beide nur gut fühlten. Für immer bei ihm sein, auf ihn aufpassen und ihn glücklich machen. „Wir bleiben immer zusammen“, sagte ich, während meine Hände durch seine schwarzen Haare strichen. „Ich kann mir mein Leben ohne dich gar nicht mehr vorstellen. Wir schaffen das schon.“ Ich konnte es nicht sehen, weil es immer noch ziemlich dunkel war, doch ich spürte es irgendwie: Tsuzuku hatte, wieder oder immer noch, einen Schatten auf der Seele, etwas, das ihm große Sorgen und wahrscheinlich auch Angst machte. Doch ich traute mich jetzt nicht, danach zu fragen. Und er überspielte diesen kurzen Moment, küsste mich zurück und flüsterte mit einem leisen Zittern in der Stimme: „Meto, du hast ja keine Ahnung, wie sehr … wie wahnsinnig ich dich liebe. Ich muss dir das einfach immer wieder sagen …“ „Ich glaube schon, dass ich das weiß“, erwiderte ich. Auf einmal hörte ich ihn leise lachen, dann war er kurz verschwunden und im nächsten Moment spürte ich seine starken Arme von hinten um mich und wie er mich eng und fest an sich zog. Ich ließ mich zur Seite ins Kissen sinken, riss ihn mit, hörte ihn wieder lachen, spürte seine Lippen im Nacken, seine Hände an meinem Bauch und meiner Brust und seinen warmen Körper an meinem Rücken. „Tsu …!“, protestierte ich. „Was wird das?“ „Du glaubst also, dass du das weißt, ja?“, fragte er, und ich konnte richtig hören, wie er grinste. Spätestens jetzt ahnte ich, was er vorhatte, und da spürte ich auch schon, wie er heiß wurde. „Wollten wir das … nicht auf heute Abend verschieben?“, fragte ich. „Komm, nur ein bisschen …“ Jetzt musste ich grinsen. „Tsuzuku, ich weiß genau, wie ‚ein bisschen‘ bei dir aussieht!“ Er lachte wieder. „Du kennst mich zu gut.“ „Heute Abend, okay?“, fragte ich und drehte den Kopf in seine Richtung. „Versprochen?“ „Ja. Versprochen.“ Er ließ mich jedoch noch nicht los, eine Weile blieben wir so liegen, und ich schlief schon fast wieder ein. Ich schreckte erst auf, als er sich von mir löste und aufstand. „Ich geh auch duschen“, sagte er und verschwand dann in Richtung Bad. Ich blieb liegen und irgendwann war ich wirklich wieder eingeschlafen, bis ich davon aufwachte, dass Sonnenstrahlen sich ihren Weg durch die Jalousien meines Zimmers bahnten, das von heute an nicht mehr mein täglicher Lebensraum war, weil ich es gegen meine erste eigene Wohnung eintauschen würde. Die Wohnung, in der ich von nun an mit Tsuzuku zusammen leben würde. Ich lächelte gedankenversunken und sah mich dann nach ihm um. Er saß, nur mit Shorts bekleidet, auf der Bettkante und schaute aus dem Fenster. „Mh … ich bin wieder eingeschlafen …“, murmelte ich, und er drehte sich zu mir um. „Ich hab dir beim Schlafen zugeschaut“, antwortete er und lächelte leicht. „Du siehst süß aus, wenn du schläfst.“ Wie er das sagte, so ganz einfach so, ohne jede Scham. Das gefiel mir, ich mochte seine direkte Art und wollte am liebsten auch so offen über gewisse Dinge reden können. „Du auch“, wagte ich einen Versuch, es ihm gleichzutun, wurde jedoch ein wenig rot dabei. Tsuzuku lächelte wieder, kam dann übers Bett auf mich zu und drückte mir einen kurzen Kuss auf die Lippen. „Danke, mein Süßer.“ Ich setzte mich auf und begann, mich anzuziehen. Heute war er also, der Tag, an dem ich mein Elternhaus verlassen und mit meinem festen Freund zusammen in eine neue Wohnung in einer anderen Stadt ziehen würde. Wir hatten ja schon alles beisammen, Möbel, Farben für die Wände, alles Notwendige an Hausrat und so weiter. Die Wohnung war klein, aber ich mochte sie und wollte auch gern dort leben. Aber trotzdem fiel mir der Gedanke, meine Eltern zu verlassen, seltsam schwer. Wahrscheinlich war das ganz normal, immerhin war ich noch nie lange ohne die beiden gewesen. Zwar hatte ich meine Tage meist im Akutagawa-Park verbracht und auch eine Zeit lang keine besonders enge Bindung zu meinen Eltern gehabt, doch seit dem letzten Herbst, als wir uns wieder angenähert hatten, war unsere Beziehung wieder familiärer geworden und nun fiel mir der Abschied eben schwer, auch wenn besonders Mama sich auch auf die Entfernung weiter um mich kümmern und ich sicher meine Eltern auch besuchen würde. „Woran denkst du gerade?“, riss mich Tsuzuku mit sanfter Stimme aus meinen Gedanken. „Daran, dass ich … Mir fällt der Abschied von Mama und Papa gerade ein bisschen schwer“, gab ich zu. „Aber … du willst doch … mit mir zusammen leben, oder?“ Seine Stimme klang auf einmal verunsichert, so als glaubte er, dass ich jetzt doch lieber hier bleiben wollte. Ich drehte mich zu ihm um. „Natürlich will ich das. Aber … ich war noch nie lange von Mama getrennt, verstehst du? Und meine Eltern und ich … wir verstehen uns gerade so gut, deshalb ist es eben ein bisschen schwer.“ „Hm, ja, verstehe ich“, antwortete er. Ich stand, fertig angezogen, auf und wartete noch auf ihn, bis er sich ebenfalls angezogen hatte, dann gingen wir zusammen ins Bad. Geduscht hatten wir ja jetzt beide schon, also war nur noch Haare machen und ein bisschen Schminken notwendig. Danach gingen wir runter in die Küche, wo meine Mam schon mit dem Frühstück wartete. Papa saß auch da und las die Zeitung. Als er sah, dass Tsu und ich beide unser übliches Make-up trugen, fragte er: „Müsst ihr denn gleich für den ersten Eindruck in eurem neuen Haus geschminkt sein?“ „Ja“, antwortete ich, noch ziemlich überzeugt, doch dann kam mir ein ziemlich unangenehmer Gedanke, der dafür sorgte, dass ich nichts weiter sagte und der meine Angst vor dem Ausziehen noch ein wenig verstärkte: Die Leute in dem Haus, in welchem sich unsere neue Wohnung befand, kannte ich noch überhaupt nicht. Ich wusste weder, was für Leute das waren, ob alt oder jung, und ob sie damit zurechtkamen, wenn so ein Paar, wie Tsuzuku und ich nun mal waren, da einzog. Und ich spürte, dass er denselben Gedanken hatte, sich darum auch Sorgen machte. Ich konnte sehen, wie es hinter seinen Augen arbeitete, und fühlte, wie seine Hand, die meine hielt, sie etwas fester drückte. „Ich will euch beiden keine Angst machen, aber es kann ja durchaus sein, dass ein paar Leute … nicht an Paare wie euch zwei gewöhnt sind“, sprach Papa unsere neu aufgekommene Angst direkt an. Ich sah Tsuzuku an und wie er sich innerlich zusammenriss, bevor er lächelte und antwortete: „Also kein Rumknutschen im Treppenhaus, alles klar, das kriegen wir hin.“ „Ihr könnt euch ja erst mal nach außen hin als Freunde vorstellen“, fuhr Papa fort. Tsuzukus Griff um meine Hand wurde noch etwas fester. „Nein! Ganz sicher nicht. Ich werd den Leuten schon sagen, dass wir ein Paar sind!“, sagte er, klang fast schon ein bisschen wütend. „Ich werde mich ganz sicher nicht verstellen oder verstecken.“ Ich wollte mich setzen und mir ein Brötchen nehmen, aber Tsuzuku ließ meine Hand nicht los. „Tut mir leid, aber das mache ich einfach nicht!“, wiederholte er noch einmal. „Es sei denn, Meto hat ein Problem damit.“ Er sah mich an, fragend und zugleich mit einem entschlossenen Leuchten in den Augen. Und ich wusste sofort, dass ich mich ebenfalls nicht würde verstellen wollen und können. Wir waren, wie wir nun mal waren, und würden dazu stehen. Während des Frühstücks beobachtete ich meinen Freund, mehr aus Gewohnheit denn aus Sorge, einfach weil ich darauf eingestellt war, beim Essen auf sein Verhalten zu achten und aufzupassen, dass es ihm gut ging. Er aß wenig und langsam, nahm nur kleine Schlucke Kaffee, doch irgendwie wirkte er dabei sehr viel weniger krank als vor dem Winter. Die vergangenen Monate über hatten wir gemeinsam an seinem Essverhalten gearbeitet, sodass er zumindest mit dem Geschmack vieler Nahrungsmittel wieder zurechtkam und es beim Essen nicht mehr ganz so sehr auffiel, dass er nicht gesund war. Als wir gerade mit dem Frühstück fertig waren, schellte die Türklingel. Wir hatten ein paar unserer Freunde aus dem Akutagawa-Park eingeladen, uns beim Einzug zu helfen, Koichi hatte Haruna, Hanako und Yami die Adresse gegeben und er wollte vorher noch hier vorbeischauen, um dann mit uns zusammen hinzufahren. „Hey, ihr Süßen!“, sagte er und strahlte Tsu und mich an. „Ihr habt gestern schon alles losgeschickt, ne? Dann müssen wir jetzt nur noch hinfahren und ‘ne Wohnung draus machen.“ Ich nickte und sah, wie Koichi meinem Freund kurz prüfend in die Augen schaute. Anscheinend war ich nicht der einzige, dem auffiel, dass mit Tsuzuku irgendwas nicht stimmte. „Geht’s dir gut, Tsu?“, fragte Koichi. „Ja, alles gut. Ich bin nur ein bisschen aufgeregt.“ Tsuzuku lächelte, legte einen Arm um meine Schultern und zog mich an sich. „Ich ziehe ja zum ersten Mal mit jemandem zusammen.“ Ich spürte, dass Tsu in Bezug darauf, wie es ihm ging, nicht die ganze Wahrheit sagte. Und ich war mir, so, wie ich Koichi kannte, absolut sicher, dass dieser das auch bemerkte. Koichi war sensibel und aufmerksam, er konnte alles Mögliche in den Augen der Menschen lesen, also musste er in diesem Moment sehen, dass Tsuzuku uns etwas verschwieg. Doch statt das anzusprechen, lächelte er und sagte nur: „Wenn ihr heute Abend da alleine seid, wird es euer Zuhause werden.“ Wieso sagte Koichi nichts dazu, dass Tsuzuku uns offensichtlich etwas vorenthielt? Während wir auf dem Weg zum Bahnhof waren, um zur Wohnung, unserem neuen Zuhause, zu fahren, dachte ich darüber nach, und mir fiel nur ein halbwegs logischer Grund ein: Koichi spürte anscheinend noch deutlicher als ich, dass das, was Tsu uns verschwieg, etwas Schlimmes war, etwas, über das man nicht so einfach sprechen konnte. Anders konnte ich es mir nicht erklären. Ich hielt Tsuzukus linke Hand, ging zwischen ihm und Koichi, und dachte daran, dass schon wieder nicht alles gut war und dass der liebste Mensch, den ich auf dieser Welt hatte, wieder einen Schatten auf der Seele trug. Mit dem Wunsch, ihn wissen zu lassen, dass ich für ihn da war, drückte ich seine Hand und schmiegte mich im Gehen an seinen Arm. Er sah mich fragend an und ich lächelte, so fröhlich wie ich es nur vermochte. „Bist du glücklich, Meto?“, fragte er. Und ich log, oder verschwieg zumindest meine Sorge: „Ja. Sehr glücklich.“ Tsuzuku ließ meine Hand los, um mir den Arm um die Taille zu legen, mich an sich zu ziehen und mir einen Kuss auf die Schläfe zu drücken. „Ich liebe dich“, flüsterte er. Ich hörte von der anderen Seite Koichi leise „So süß …“ hauchen. Seine fast mädchenhafte Begeisterung für Tsuzukus und meine Beziehung hatte den Winter überdauert und dann, wenn Tsu ihn hin und wieder scherzhaft darauf aufmerksam machte, dass sein Verhalten etwas von einem Fangirl hatte, lachte der Rosahaarige und behauptete weiter, dass wir eben das niedlichste Liebespaar wären, das er kannte. Im Zug hatten wir ein Abteil zu dritt für uns und Tsuzuku nutzte die etwas vertrautere Atmosphäre, um mich im Arm zu halten und ein bisschen zu streicheln. Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter, spürte seinen Atemrhythmus und seine eine Hand auf meinem Bein, die andere an meiner Seite. Als ich einen Blick zu Koichi warf, der am Fenster saß und uns beobachtete, fiel mir so ein irgendwie sehnsüchtiger Ausdruck in seinen Augen auf. Ich hatte diesen Blick schon einmal bei ihm gesehen, als wir zu dritt den Liebesfilmabend gemacht hatten, den wir ihm mal versprochen hatten. Ob er wohl ein bisschen neidisch auf uns war? Meinem Wissen nach war er immer noch single, obwohl er, wie er sagte, viele gute Freundinnen hatte. „Koi…?“, fragte ich vorsichtig. „Hast du… eigentlich mal wieder… ein Mädchen… kennen gelernt…?“ Er schrak ein wenig auf, als wäre er mit den Gedanken eben ganz woanders gewesen. „Nein, in letzter Zeit nicht. Wieso fragst du, Meto-chan?“ „…Nur so“, antwortete ich und versucht, mir Koichi an der Seite einer Frau vorzustellen. Irgendwie war das schwierig, vielleicht weil ich mir heterosexuelle Paare einfach aufgrund meiner eigenen Orientierung nicht so gut vorstellen konnte, oder weil Koichi so feminin wirkte, dass es kein wirkliches Paar-Bild ergab. „Bist du überhaupt noch auf der Suche?“, fragte Tsuzuku ihn. „Nein, im Moment nicht mehr.“ Koichi lächelte, doch es wirkte irgendwie ein wenig aufgesetzt. „Ich bin sowieso immer der Friendzone-Kandidat.“ Es war das erste Mal, dass ich glaubte, auch bei ihm, der sonst immer so gut gelaunt und fröhlich wirkte, einen Schatten zu bemerken. Es war eine verborgene, kleine Dunkelheit, von der Koichi vielleicht selbst nichts wusste, doch in diesem Moment sah ich sie. Und kaum hatte ich das bemerkt, war es auch schon wieder verschwunden, verdeckt, hinter das süße, strahlende Lächeln des Rosahaarigen zurückgetreten, als wäre da gar nichts dunkles, nur Sonnenschein in ihm. Und ich war mir irgendwie sicher, dass er das selbst gar nicht bemerkt hatte. Er nahm sein Handy raus und suchte damit irgendwas, dann hielt er uns das Gerät hin. Auf dem kleinen Bildschirm war ein bodenlanges, schulterfreies, schwarzes Rüschenkleid zu sehen, dazu hohe Schuhe und jede Menge glitzernder Schmuck. „Das wird meine nächste Errungenschaft“, sagte er und lächelte. „Ist das nicht süß?“ „Schwarz? Mal nicht pink?“, fragte Tsuzuku scherzhaft. „Schwarz mag ich auch“, antwortete Koichi und deutete auf seine heute tatsächlich in einer sehr dunklen Farbe gehaltene Hose. Für den Rest der Fahrt war die Stimmung in meinem Empfinden ein wenig seltsam, doch als wir in der anderen, größeren Stadt ausstiegen, war alles wieder normal. Tsuzuku wirkte relativ entspannt, Koichi so locker und fröhlich wie immer, und ich war ein bisschen aufgeregt wegen des Umzuges. Wir mussten noch ein ganzes Stück laufen, bis wir an dem fünfstöckigen Haus ankamen, in dem sich unsere neue Wohnung befand. Während der letzten Monate war ich ein paar Mal hier gewesen und hatte mir alles angeschaut, zuerst von außen, dann auch von innen, das Treppenhaus und dann, als sie frei und leer war, auch die Wohnung selbst. Küche und Badezimmer waren schon fertig eingebaut und installiert, es fehlten nur noch unsere Möbel und Sachen. Tsuzuku war zwei Mal mit dabei gewesen, hatte mir dabei auch von der Wohnung erzählt, in der er früher mit seiner Mama gelebt hatte, und dann festgestellt, dass unsere neue jetzt zum Glück ganz anders geschnitten war und ihn so kaum an sein früheres Leben erinnern würde. Schon im Treppenhaus hörten wir vertraute Stimmen und als wir im zweiten Stock ankamen, wo links die Tür zum neuen Zuhause abging, sahen wir Haruna, Hanako und Yami auf den Treppenstufen sitzen, wo sie auf uns warteten und sich ein wenig unterhielten. „Da sind sie ja, die Turteltäubchen!“, rief Hanako, als sie uns sah. Sie stand auf und ich umarmte sie zur Begrüßung, ebenso wie Haruna und Yami. Dann kramte ich den Schlüssel aus meiner Tasche und schloss die Wohnungstür auf. Es fühlte sich an, als täte ich das zum ersten Mal, dabei war es schon das zweite oder dritte Mal. Und blieb, ein wenig erschlagen von dem, was mich drinnen erwartete, erst mal auf der Türschwelle stehen: Anscheinend hatten sich die Umzugsleute, obwohl sie jede Menge Zeit gehabt haben mussten, nicht großartig die Mühe gemacht, die vielen Kisten, Kartons und eingepackten Möbel in der Wohnung zu verteilen, weshalb jetzt vieles davon noch in dem relativ kleinen Flur stand und es auf den ersten Blick gar kein Durchkommen gab. „Muss man denn hier alles selber machen?“, seufzte Koichi hinter mir und trat dann neben mich, um sich dem sich vor uns ausbreitenden Chaos als erster zu widmen. Und so war das erste, was wir taten, ein paar von den Kisten raus ins Treppenhaus zu stellen und dort möglichst so zu stapeln, dass man noch gut durchkam. Als wir bei der Küchentür angekommen waren, deren Küchenzeile wir zum Glück von den Vormietern hatten übernehmen können, bot sich dort fast dasselbe Bild. Meine Eltern hatten uns einen Teil des Geschirr- und Besteckbestandes, der seit Jahren bei uns in diversen Wohnzimmerschränken auf Benutzung wartete, gespendet, dazu Dinge wie Wasserkocher und Küchenmesser, nicht zu viel, aber genug für die ziemlich kleine Küche, auf deren Ablageflächen sich die Kisten jetzt stapelten. Ich musste lächeln, als ich daran dachte, wie Mama mir immer wieder Vorträge darüber gehalten hatte, dass Tsu und ich uns bloß nicht nur von Tiefkühlpizza und dergleichen ernähren sollten. Ich war nicht besonders gut im Kochen, und Tsuzuku, wie er gestand, ebenfalls nicht, also hatte Mama zumindest mir, damit wenigstens einer von uns irgendwas selbst kochen konnte, einen Crashkurs in Sachen Nahrungszubereitung und gesunder Ernährung verpasst und mir allen Ernstes unter anderem ein Kochbuch zum Geburtstag geschenkt. „Wer alleine leben will“, hatte sie gesagt, „der muss auch für sich kochen können.“ Und dann hatte sie, leise und mit ein wenig Sorge in den Augen hinzugefügt: „Und außerdem musst du dich, gerade was das Essen angeht, gut um Genki kümmern, Yuu. Pass auf, dass er nicht wieder so abnimmt.“ In dem Moment hatte ich sie sehr deutlich gespürt, die Verantwortung, die ich nun wieder trug, wenn auch nicht ganz allein. Ich war jetzt als sein fester Freund für Tsuzuku verantwortlich, auch wenn Menschen wie Koichi mir manches abnahmen. Über diesen Gedanken hatte ich angefangen, die Kisten mit dem Geschirr zu öffnen und alles in die Schubladen und Schrankklappen zu räumen. Geistesabwesend verspann ich mich weiter in meinen Gedanken und so bemerkte ich erst, dass ich nicht mehr allein in der Küche war, als ich Harunas Stimme neben mir hörte. „Meto?“ Sie sah mich fragend von der Seite an. „Alles okay?“ Ich schreckte auf, wollte „Ja?“ antworten, verhaspelte mich jedoch und brachte schließlich nur ein heiseres „Hm…?“ heraus. Haruna lächelte meine Ungeschicklichkeit einfach weg, zog sich ein Haargummi vom Handgelenk und band ihre langen, dunkelblauen Haare zusammen. „Die Wohnung ist ja echt süß. Bezahlen deine Eltern die?“ „Bis … ich fest Arbeit … habe“, antwortete ich. Obwohl ich mit Haruna relativ gut befreundet war, fiel mir das Sprechen ihr gegenüber nach wie vor etwas schwer. „Was willst du denn arbeiten?“, fragte sie weiter und begann, mir beim Einräumen zu helfen. „Ich… geh da arbeiten, …wo Koichi …auch ist. Das ist… so ein Café…“ Ich war zwei Mal mit Koichi mitgekommen zu dem Café, in dem er arbeitete. Es war eine Art Maid-Café, in dem aber eben keine Maids, sondern vor allem mädchenhafte Männer wie er beschäftigt waren, die alle anscheinend irgendwas Besonderes an sich hatten. Dort war ich mit meinen blauen Haaren, meinen Tattoos und Piercings und sogar mit meinem Sprachfehler gar nicht weiter aufgefallen. Die vornehmlich weiblichen Gäste, denen Koichi mich vorgestellt hatte, fanden diesen Makel an mir seltsamerweise überhaupt nicht hinderlich, sondern sogar niedlich, und wollten mir zuerst gar nicht glauben, dass ich wirklich nicht richtig sprechen konnte. Und als Koichi ihnen dann auch noch erzählt hatte, dass ich Männer mochte, da kriegten sie sich gar nicht mehr wieder ein vor Begeisterung. Dass Mädchen so etwas offenbar toll fanden, wusste ich ja, aber diese Exemplare waren mir immer noch ein wenig unheimlich. Ich war natürlich knallrot geworden und selbst das schienen sie wahnsinnig süß zu finden. „Du kommst ja gut an bei den Gästen“, hatte der Leiter des Cafés am Schluss zu mir gesagt. „Solche wie dich können wir hier gut gebrauchen. Willst du’s hier mal versuchen?“ Und ich hatte, noch ein bisschen benommen von der mir entgegengebrachten Begeisterung, mit roten Wangen genickt. Der Termin für das Vorstellungsgespräch war am 6. März. „Ist das so ein Kawaii-Café?“, riss mich Haruna aus meinen Gedanken. Ich nickte nur, mein Sprechzentrum fiel mal wieder aus irgendeinem Grunde aus. Vielleicht wegen der Aufregung des Umzugs. „Und was will Tsuzuku arbeiten?“, fragte Haruna weiter. Mühsam kratzte ich meine Sprechfähigkeit wieder zusammen und erzählte Haruna, dass Tsu sich unter anderem bei zwei Tattoo-Studios beworben hatte. Er hatte von früher eine angefangene Ausbildung in der Richtung und wollte jetzt daran anschließen. Ich fand, dass es für ihn nichts Besseres gab. Schließlich liebte er Bodyart (und ich liebte jedes Detail seiner Körperkunst), und auch, wenn er es oft nicht so mit Menschen hatte, war ich mir sicher, dass ihm diese Arbeit gefallen würde. In dem Moment kam er zu uns in die Küche und sah sich suchend um. „Steht hier vielleicht die Kiste mit meinen Sachen?“ „Nee, ich glaube, hier sind nur die Küchensachen“, antwortete Haruna. „Aber ich hab vorhin eine Kiste mit deinem Namen drauf ins Treppenhaus geräumt. Wieso suchst du die denn?“ „Die Verpackungen von den ganzen Möbeln sind mit Pakettape zugeklebt, die krieg ich ohne Messer nicht auf.“ Sein Messer suchte er also. Aus irgendeinem Grund machte dieses bestimmte Messer mir auch dann Angst, wenn es Tsu gut ging und keine Gefahr bestand, dass er sich verletzte. Ich griff in die offene Schublade vor mir und nahm ein kleines, aber neues und somit bestimmt scharfes Küchenmesser heraus. „Hier, das geht doch auch, oder?“ Ich hielt es ihm vorsichtig hin und er nahm es entgegen, mit diesem Blick eines Menschen, der nur zu genau wusste, wie man sich damit verletzen konnte. Und irgendwas war da noch in seinen Augen, etwas, das ich in dem Moment nicht deuten konnte. „Meto, kannst du Hanako und mir gleich mit den Wohnzimmermöbeln helfen?“, fragte er dann. „Wir räumen das hier eben noch ein, dann helfen wir euch“, antwortete Haruna an meiner Stelle, und ich nickte. Wir sortierten noch die letzten Sachen an Geschirr und Besteck ein, packten den Wasserkocher und die kleine Kaffeemaschine aus und schlossen beides an, dann falteten wir die leeren Kisten zusammen und brachten sie in den Flur. Anschließend gingen Haruna und ich rüber ins Wohnzimmer, wo mein Freund gerade auf dem Boden kniete und mit dem kleinen, scharfen Küchenmesser die Folien aufschnitt, die die Einzelteile des neuen Regals enthielten. Hanako riss ein Tütchen mit Schrauben auf und warf immer mal wieder einen Blick auf die Aufbauanleitung. Koichi war mit dem ebenfalls in Folie eingepackten Sofa beschäftigt, welches er mithilfe einer Schere aus ebenjener Folie zu befreien versuchte. „Ich hab so was noch nie gemacht, ich hab keine Ahnung davon“, seufzte Hanako. „So schwer ist das nicht, es ist nur ein Regal. Das Bett und der Schrank nachher werden komplizierter“, antwortete Tsu. „Also hast du das schon mal gemacht?“ „Einmal, früher.“ Er schwieg einen Moment und wirkte auf einmal ein wenig traurig. „Ich hab mal mit meiner Mutter zusammen mein Zimmer neu gemacht.“ Ich kniete mich neben ihn, half dabei, die Bretter aus der Folie zu nehmen, und beobachtete ihn aufmerksam, achtete genau darauf, ob er okay war. Er wirkte zwar ruhig, abgelenkt, und mit dem, was er tat, beschäftigt, aber ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass es in ihm ganz anders aussehen konnte. Doch an seinen Augen war immer gut zu erkennen, ob er auch im Inneren so entspannt war, wie er nach außen hin wirkte. Und als ich ihm jetzt in die dunkelbraunen Augen sah, konnte ich gottseidank zumindest in diesem Moment keine dunklen Schatten auf seiner Seele erkennen. „Lasst mich da mal ran“, sagte Koichi, der inzwischen mit dem Sofa fertig war und Hanako die Aufbauanleitung abnahm. Nachdem er diese kurz, aber offenbar eingehend überflogen hatte, griff er nach einem der langen Bretter, richtete es probeweise auf und schaute dann wieder auf die Anleitung. Und auf einmal wirkte er irgendwie … anders. Sein Ausdruck veränderte sich und er kam plötzlich sehr viel weniger mädchenhaft rüber als vorhin noch. „Kannst du das, Ko?“, fragte Tsuzuku ein wenig erstaunt. „Japp!“, antwortete Koichi grinsend. „Ich bin gut in so was.“ Und anscheinend hatte er wirklich Ahnung davon, denn so, wie er uns anwies, erst das Regal und dann die anderen Wohnzimmermöbel zusammen zu bauen, wurde wirklich etwas daraus. „Woher kannst du das?“, fragte Haruna ihn, als er ihr bei dem kleinen Wohnzimmerschrank half. Er zuckte nur mit den Schultern und meinte, dass er mal vor Ewigkeiten eine Zeit lang in einem Möbelladen gejobbt und das dort gelernt hätte. Dank seiner Hilfe waren wir mit den Wohnzimmermöbeln kurz nach Mittag fertig und nachdem Yami etwas verspätet mit dem Essen eingetroffen war, machten wir Pause, und wandten uns danach dem Schlafzimmer zu. „Sehr gemütlich, dieses Weiß“, sagte Haruna ironisch und zog eine Augenbraue hoch mit Blick auf die weißen Wände. „Das kommt alles noch“, antwortete Tsu. „Wir wollen erst mal hier einziehen, dann können wir immer noch streichen.“ „Und an welche Farbe dachtest du da?“ „Ich finde schwarz oder rot ganz gemütlich“, antwortete er und grinste leicht. Haruna lachte. „Wieso frag ich dich eigentlich noch?“ Das Bett und den Kleiderschrank zusammen zu bauen, erwies sich wirklich als recht kompliziert. Gerade das Bett machte es selbst Koichi schwer. Tsu und ich hatten uns beim Aussuchen für ein edles Modell mit rotschwarzer Kunstlederpolsterung entschieden (wobei das eher Tsuzukus, als meine Idee gewesen war) und das war irgendwie nicht ganz so leicht zusammen zu bauen wie ein normales, nur aus Holz gebautes Bett. „Schönes Liebesnest“, kommentierte Hanako zwischendurch das halb fertige Möbel. „Lasst mich raten, das war deine Idee, Tsu?“ „Ich weiß nicht, was ihr habt“, erwiderte mein Freund und strich mit der Hand über das glatte, rote Polster. „Ihr könnt mir nicht erzählen, dass ihr zwei nicht auch von so einem Bett träumt.“ „Könnt ihr mir mal helfen, statt hier die erotische Ausstrahlung dieses unmöglichen Bettchens zu besprechen?!“, unterbrach Koichi die etwas merkwürdige Unterhaltung, welche mir schon ein wenig das Blut in die Wangen getrieben hatte. „Wo steckt Yami eigentlich schon wieder?“ „Die ist eine rauchen gegangen“, antwortete Haruna. Als Yami nach einer ganzen Weile vom Rauchen zurückkam, waren wir mit dem Aufbau des Bettes fertig und hatten gerade mit dem Schrank angefangen. Sie wirkte auf einmal irgendwie merkwürdig und sagte dann: „Wisst ihr, was hier ganz in der Nähe ist?“ „Was denn?“, fragte Koichi. „Die Psychiatrische Klinik. Ich bin bisschen rumgelaufen und da vorbeigekommen. Irgendwie total unheimlich, so was, oder?“ „Was ist daran unheimlich?“, fragte Haruna. „Na ja … die Geschlossene und so was. Ich stell mir das furchtbar vor, wenn man da eingesperrt ist.“ „Bei manchen Krankheiten muss das eben sein“, sagte Hanako. Ich sah, mehr zufällig, zu Tsuzuku, der auf dem Boden kniete und eine Schraube am Schrank anzog. Auf den ersten Blick wirkte er ganz konzentriert und ruhig, doch als ich genauer hinsah, bemerkte ich, dass er den Schraubenschlüssel krampfhaft fest mit der Hand umklammert hielt, so fest, dass seine Fingerknöchel schon ganz weiß waren. Vielleicht musste er bei der Erwähnung der Klinik an das Mädchen aus dem Tempel denken, Hitomi, die sich im Herbst die Arme aufgeschnitten hatte und dann in die Psychiatrische Klinik gekommen war. Das hatte ihn damals ziemlich mitgenommen und so war es vielleicht nicht verwunderlich, dass ihn das jetzt innerlich aufregte. Yami vertiefte das Thema zum Glück nicht weiter und so war nach ein paar Augenblicken alles wieder okay. Irgendwie wurde dann auch der Schrank fertig und wir konnten auch hier die Sachen aus den Kisten einräumen. Dabei entdeckte Haruna Tsuzukus Visual Kei Sachen und fragte: „Wow, sind die cool! Wo hattest du die denn die ganze Zeit?“ „Die habe ich mit Meto zusammen gekauft und er hatte sie dann in seinem Zimmer“, antwortete mein Freund und hängte den schwarzen Lackmantel in den Schrank. „Komm doch mal wieder zu uns in den Park und zieh dann so was an“, sagte Yami. „Ich weiß nicht, ob ich da überhaupt jemals wieder hinkomme“, erwiderte Tsuzuku. „Ich denke, das würde mich zu sehr daran erinnern, wie schlecht es mir ging, versteht ihr?“ „Ach so …“, sagte Haruna, lächelte dann aber. „Na dann, kommen wir dich eben hier besuchen.“ Später, als wir dann mit allem fertig waren, waren wir alle zusammen in der Küche. Tsuzuku stand am offenen Fenster und rauchte, ich saß mit hochgezogenen Knien auf einem unserer wenigen Stühle und Haruna und Hanako saßen mir gegenüber, während Koichi an der Küchenzeile lehnte und Yami sich auf den Boden gesetzt hatte. „Wenn ihr die Wände streichen wollt, helfen wir wieder“, sagte Haruna und nahm einen Schluck aus ihrer Kaffeetasse. „Oder wenn was anderes ist, einfach Bescheid sagen.“ „Danke, machen wir“, erwiderte Tsuzuku und drückte seine Zigarette auf der äußeren Fensterbank aus, ließ sie dann aus dem Fenster fallen. „Sag mal, Yami …“, fragte er nach einer Weile, „Du hast vorhin, als du draußen warst, nicht zufällig irgendwo hier in der Nähe ein Sportstudio gesehen?“ „Doch, hab ich“, antwortete sie. „Hier die Straße runter ist eines, ein ziemlich großes sogar. Brauchst du eins?“ Tsuzuku lächelte leicht. „Den Trainingsraum im Tempel kann ich ja jetzt nicht mehr nutzen.“ „Wie viel trainierst du denn eigentlich?“, fragte Koichi. „Du hast ja schon bisschen was zugelegt.“ „Ich dachte, jetzt so zwei Mal die Woche, wenn ich dann arbeite. Im Tempel hab ich jeden zweiten Tag was gemacht.“ „Dann solltest du aber nicht so viel rauchen, Tsu“, sagte Hanako. „Ich glaube, damit kann ich nicht aufhören. Ich brauche das zur Beruhigung.“ Daraus entspann sich eine kleine Diskussion über das Rauchen, an der ich mich jedoch kaum beteiligte. Ich rauchte zwar selbst, aber nur hin und wieder mal, mehr aus gegebenen Anlässen, als aus Sucht. Tsuzuku und Yami dagegen waren wirklich abhängig, und Koichi gab zu, ebenfalls nicht wirklich ohne Zigaretten auskommen zu können. „Bin ich hier etwa die einzige, die noch nie an ‘nem Glimmstängel gezogen hat?“, fragte Hanako verwundert. „Ich hab aufgehört“, sagte Haruna. „Ich brauch das Zeug nicht.“ „Ich weiß. Danke, mein Schatz.“ Hanako lächelte und drückte ihrer Freundin einen kurzen Kuss auf die Lippen. Irgendwie fand ich die beiden in dem Moment süß, so zusammen, nicht so als weibliche Wesen, sondern einfach als zwei Menschen, die sich sehr gern hatten und ihr Leben miteinander verbrachten. Irgendwann, als es schon ganz dunkel draußen war, machte sich zuerst Yami auf den Heimweg, dann Haruna und Hanako. Koichi blieb noch eine Weile, er wohnte ja in dieser Stadt und musste nur die Stadtbahn nehmen. „Was macht ihr morgen?“, fragte er. „Essen kaufen“, antwortete Tsuzuku und deutete auf den leeren Kühlschrank. „Ich kann mitkommen, dann könnt ihr mehr kaufen und ‘nen kleinen Vorrat anlegen“, bot Koichi an, woraufhin ich nickte und zu Tsu sah, der den Kühlschrank öffnete und irgendwas von Bier murmelte. „Klappt das denn jetzt mit dem Essen?“, fragte Koichi dann. „Ja.“ Mein Freund lächelte. „Alles gut, ich bin okay.“ „Beim Arzt und so bist du aber noch nicht gewesen, oder?“ „Nein. Wie ich schon sagte, mir geht’s gut.“ Ich glaubte, einen leicht genervten Ton aus Tsuzukus Stimme herauszuhören, doch das konnte auch meine Einbildung sein, weil ich mir eben weiterhin angewöhnt Sorgen um ihn machte. Und ich dachte an meine eigenen Probleme, daran, wie ich letztes Jahr auch nicht zu Frau Hiranuma hatte gehen wollen, weil es mich genervt hatte. Von daher konnte ich verstehen, dass Tsu weder zu einem Arzt, noch zu einem Psychologen gehen wollte. Kurz darauf machte sich auch Koichi auf den Heimweg und Tsu und ich machten uns kurz für die Nacht fertig. Und als ich dann in der Tür des Schlafzimmers stand und mir das ansah, was von jetzt an mein – unser – Zuhause sein sollte, da fühlte ich mich schon ein wenig daheim. Ich hörte die Badezimmertür klappen, dann leise Schritte hinter mir, und ein warmer, noch bekleideter Körper schmiegte sich von hinten an meinen. „Gefällt dir unser Zuhause?“, fragte Tsuzuku mit sanfter Stimme und streifte mit den Lippen meinen Nacken, was mir eine leichte Gänsehaut bescherte. Ich nickte, lehnte mich ein wenig an ihn und berührte seine Hände an meinem Bauch, strich gedankenverloren mit dem Daumen über seinen Handrücken, spürte die Sehnen und Adern unter der glatten, warmen Haut. „Wie wär’s, wenn wir das jetzt einweihen?“ Seine Stimme nahm einen verführerischen Klang an, während seine Hand etwas höher wanderte und über meine Brust strich. „Du hast es mir versprochen, Meto-chan.“ Ich lächelte, drehte mich in seinen Armen zu ihm um und nahm sein Gesicht in meine Hände. „Einweihen nennst du das?“, fragte ich lächelnd. „Das fällt wohl eher unter ‚Entweihen‘.“ „Nenn es, wie du willst, mein Süßer.“ Er grinste, überbrückte dann die kurze Distanz zwischen meinen und seinen Lippen und küsste mich, wobei er mich eindeutig spüren ließ, dass das ein ‚Ich will dich‘-Kuss war. „Und?“, fragte er. „Willst du?“ Natürlich wollte ich! Aber ganz so leicht wollte ich es meinem Freund nicht machen. Schließlich lebte das Ganze ja nicht zuletzt auch von einer gewissen Spannung. Er wollte mich kriegen, erobern, verführen? Das konnte er haben! Ich schob meine Hände zwischen uns und hielt ihn fest, mit einem gewissen Abstand, der ihn spüren lassen sollte, dass ich ihn heute nicht ohne ein kleines Spiel vorher ranlassen würde. „Immer einfach wird doch langweilig, oder?“, sagte ich leicht grinsend und brachte noch ein wenig mehr Abstand zwischen uns. Er verstand sofort, und sprach mit verrucht rauer Stimme in mein Ohr: „Soso, Meto will spielen?“ „Erraten!“, grinste ich, stieß ihn spielerisch von mir und lief los, wahllos in die Küche. Er war sofort gleich hinter mir, und als ich den kleinen Tisch umrundete und mich dabei nach ihm umsah, war da so ein Leuchten in seinen Augen. Anscheinend hatte ich seinen Spieltrieb geweckt, und das würde ich jetzt, so gut ich konnte, ausnutzen. „Ich krieg dich!“, rief er lachend, als ich knapp vor ihm über den Flur ins Wohnzimmer rannte. Vor der Couch bekam er mich zu fassen, versuchte, mich darauf niederzudrücken und zu kitzeln, doch ich wollte die Spannung noch ein wenig halten und ließ ihn nicht ganz an mich heran. Ich selbst spürte schon, wie sich das heiße Kribbeln in meinem Bauch ausbreitete und hätte Tsuzuku am liebsten sofort alle Kleider vom Leib gerissen, doch ein wenig beherrschte ich mich noch und spielte das Spiel ein paar Momente lang weiter. Ich wand mich in seinen Armen, musste lachen, als er mich wieder kitzelte, doch als er dann auf einmal mit der Handfläche fest auf meinen Unterleib drückte, genau da wo es kribbelte, da entfuhr mir ein eindeutiges Stöhnen. „Genug gespielt“, sagte er und drückte mich auf die Couch, sah mir dann tief in die Augen, während er mich an den Schultern festhielt. „Willst du es hier oder im Bett?“ Seine Atmung ging schon etwas tiefer und als ich kurz den Blick nach unten senkte, sah ich auch die verräterische Ausbeulung in seiner Hose. Da konnte es wohl jemand kaum noch erwarten! Na dann wollte ich ihn mal nicht länger warten lassen. Schließlich wollte ich ja genauso. „Im Bett“, antwortete ich, woraufhin er meine Schultern los ließ, sodass ich aufstehen konnte. Erst dabei bemerkte ich, wie heiß ich selbst schon war, wenn auch noch weniger und langsamer als Tsu. Ihm entging das natürlich nicht, er streckte die Hand nach mir aus und berührte meinen Schritt, lächelte anzüglich und sagte: „Du wirst ja auch schon ganz geil.“ „Du aber auch“, machte ich wieder mal einen Versuch, genauso unverblümt zu reden wie er. Sogar recht erfolgreich, denn ich spürte diesmal kein Blut in meine Wangen steigen und fühlte mich auch kaum unsicher oder peinlich. Vielleicht wurde das ja doch noch was mit mir und dem Reden. Tsuzuku erwiderte darauf nichts, legte mir nur die Hände an die Seiten und küsste mich, während er mich langsam rückwärts in Richtung Schlafzimmer dirigierte. Ich stolperte etwas ungeschickt vor ihm her, er hielt mich fest, sah mich an und unterbrach den Kuss, als wir gerade mitten im Flur standen. „Vertraust du mir?“, fragte er und schob langsam mein Shirt hoch. Seine großen, warmen Hände auf meiner Haut ließen heiße Schauer über meinen Körper huschen und ich seufzte angetan. „Ja“, hauchte ich wahrheitsgemäß. „Na klar tu ich das.“ „Dann … darf ich dir gleich wieder die Augen verbinden?“ „Wieso das denn?“, fragte ich, obwohl ich ja genau wusste, dass ihn das anmachte, wenn ich die Augen verbunden hatte. Aber ich wollte es hören. Er senkte den Kopf, bis seine Lippen an meinem Hals waren, und antwortete mit leiser, rauer Stimme: „Weil mich das so verdammt heiß macht …“ Es tat mir sehr gut, zu spüren, wie selbstsicher er in diesem Moment war und es gab mir wieder diese Sicherheit, dass ich mir keine Sorgen um ihn machen musste. „Dann mach“, antwortete ich, er nahm meine Hand, führte mich in unser Schlafzimmer und begann, nachdem ich mich aufs Bett gesetzt hatte, damit, im Schrank und den letzten noch nicht ausgeräumten Kisten nach einem meiner Schals zu suchen. Ich zog mich inzwischen aus, und als Tsuzuku sich mir wieder zuwandte, mein schwarzes Halstuch in der Hand, sagte er: „Eigentlich wollte ich dich ja ausziehen.“ Er setzte sich zu mir und fuhr fort: „Aber so ist auch gut.“ Ich sah ein warmes Leuchten in seinen Augen, bevor er mir das Tuch anlegte und fest zuband. „Wenn irgendwas ist, wenn du dich unwohl fühlst oder so, dann sag mir das, okay?“, hörte ich seine Stimme. Ich nickte und spürte dann, wie er aufstand, hörte ihn sich ausziehen, das Rascheln von Stoff und das metallische Klimpern seiner Gürtelschnalle. Obwohl ich nichts sah, wusste ich relativ genau, was er tat, und als er sich wieder zu mir setzte, spürte ich seine Nacktheit, noch ehe er sich an mich schmiegte, mich küsste und umarmte. Sein warmer Körper an meinem fühlte sich unheimlich gut an und ich tastete nach ihm, berührte seine weiche, glatte Haut und hörte ihn wohlig seufzen. „Kennst du das auch?“, fragte er. „Dass man viel empfindlicher ist, wenn man gar nichts mehr anhat?“ „M-hm.“ Ich nickte. Tsuzuku stand wiederum auf, blieb jedoch nicht lange von mir, sondern setzte sich rittlings auf meinen Schoß und drückte sich an mich, sodass seine erregte Körpermitte die meine berührte, die inzwischen nicht weniger heiß war. Ich keuchte leise, hörte ihn aufstöhnen und ließ meine Hände von seinen Schultern aus abwärts wandern, bis zu seinen gepiercten Nippeln, die ich mit sanftem Druck streichelte, wissend, wie sehr er das mochte. Seine Atmung beschleunigte sich weiter, wurde tiefer und ich spürte die ruckartigen Bewegungen seiner Brust unter meinen Händen. Etwas zu tun, das ihm so gefiel, machte mich an, und ich war glücklich, dass ich ihm so gute Gefühle schenken konnte. „Leg dich hin“, hörte ich ihn sagen, seine Stimme klang tief, rau und erregt. Ich ließ mich langsam nach hinten sinken, etwas unsicher und einen Moment lang ein wenig orientierungslos. Ich hatte den Raum noch nicht im Gefühl und spürte jetzt, dass ich doch ein wenig aufgeregt war, einfach noch wegen des Umzuges und weil das hier die erste Nacht in unserer ersten gemeinsamen Wohnung war, in unserem neuen Leben. Tsuzuku beugte sich über mich, ich spürte seine Hände auf meiner Brust, seine Fingerspitzen an meinen Nippeln, hörte ihn ganz nah atmen und dann lagen seine Lippen auf meinen, er knutschte mich wild und leidenschaftlich ins Kissen, während seine Finger meine Brustwarzen so erregend drückten und rieben, dass ich in den Kuss stöhnte und meinen Körper seiner Nähe und seinen Zärtlichkeiten entgegenbog. Er löste den Kuss, lachte leise und rutschte ein Stück weit runter, im nächsten Moment spürte ich statt seiner Finger nun seine Lippen auf meiner Brust, wie sie küssten und saugten und mich so schon ansatzweise um den Verstand brachten. Seine Zunge trug auch ihren Teil dazu bei und so gab ich, nach lautem Stöhnen, ein unwilliges Jammern von mir, als er plötzlich aufhörte und von mir verschwand. „Ich bin gleich wieder bei dir“, antwortete er und ich hörte, wie er irgendwo herumkramte, höchstwahrscheinlich das Gleitmittel und die Schachtel mit den Kondomen suchte. Er gab ein leises „Ah“ von sich und war kurz darauf wieder bei mir, legte die beiden Sachen irgendwo neben mich aufs Bett. Dann beugte er sich wiederum über mich, begann von neuem, meine Nippel zu küssen, und gleichzeitig wanderte seine Hand unter meinen Rücken, runter zu meinem Hintern, wo seine Finger zwischen meinen Pobacken nach meinem Eingang tasteten. Kurz zog er seine Hand wieder zurück, ich hörte das klackende Geräusch vom Öffnen der Gleitmitteltube und spürte das kühle, glitschige Zeug bald darauf in der Ritze. Damit er besser rankam, drehte ich mich auf die Seite und hörte ihn fragen: „Wie hättest du es denn gern?“ Nach unserem zweiten Mal, das ich nach wie vor als schönsten Sex meines Lebens in Erinnerung hatte, hatte Tsuzuku sich diese Frage ein wenig angewöhnt. Er fragte immer, wie ich es gern haben wollte, wir hatten uns zuvor informiert und infolgedessen schon ein bisschen was an Stellungen und Spielarten ausprobiert. Nichts Besonderes, nur das, wo er sicher sein konnte, dass es mir wirklich gefiel. Am liebsten mochte ich es, wenn er hinter mir lag, mich im Arm hielt und so nahm, während er, ehrlich wie er diesbezüglich war, zugab, dass es ihm am besten gefiel, mich auf dem Bauch liegend unter sich zu haben und so in mich zu stoßen. Letzteres hatten wir jedoch nur bei unserem ersten Mal und noch einmal danach gemacht, weil Tsuzuku sich, wie er sagte, dabei nicht ganz sicher sein konnte, die Kontrolle über sich selbst zu wahren und mir nicht zu sehr weh zu tun. Es war, wie er mir versicherte, keineswegs so, dass ihm nur diese Stellung wirklich gefiel, nur machte ihn diese eben am meisten an. Etwas, das uns beiden gefiel, war, wenn ich auf dem Rücken lag, die Knie hochzog und mich ein wenig verbog, während Tsu zwischen meinen Beinen kniete und ich dann, wenn er in mir war, meine Beine um seinen Rücken legte. Ich mochte es, ihm in die Augen zu sehen, wenn wir miteinander schliefen, konnte ich dann doch seine Gefühle, seine Lust und Selbstsicherheit sehen. „Meto?“, sprach Tsuzuku mich wieder an, als ich zuerst nicht antwortete. „Wie möchtest du’s?“ Sein Finger drückte gegen meinen Eingang, drang langsam in mich und vernebelte mir so den Verstand. Es war nicht nur so, dass ich seine Berührung jeder Art mochte, sondern inzwischen machte es mich explizit an, etwas dort in mir zu spüren. Ich stöhnte, drückte mich seiner Hand entgegen und antwortete: „Heute … ohhh… überlass ich das dir …!“ Wie zur Antwort nahm er einen zweiten Finger dazu und begann, mich vorsichtig zu dehnen. Doch anscheinend ging das nicht so gut wie sonst, denn er flüsterte: „Entspann dich“, küsste meine Schulter und streichelte mit der anderen Hand meinen Bauch. Ich spürte eine ganz leichte Anspannung in meinem Innern, doch so verschwindend gering, dass ich sie zu ignorieren suchte. „Ich bin entspannt“, sagte ich, denn eigentlich war ich das ja. Ich war entspannt, heiß und willig, und hatte wirklich Lust auf Sex. Wenn ich daran dachte, ihn gleich in mir zu spüren, bekam ich vorfreudiges Herzklopfen, und als seine freie Hand meine Erregung griff und zu massieren begann, kamen die Worte dessen, was ich wollte, ganz leicht über meine Lippen: „Tsuzuku, nimm mich …! Ich will dich in mir haben. Mach mit mir, was du willst, ich vertrau dir, und lass mich spüren, was du fühlst!“ Er lachte, dieses süße, leise Lachen, und antwortete: „Das kannst du haben, mein Süßer.“ Seine Hand wanderte von meiner Härte hoch zu meinen Nippeln und täuschte dort Küsse vor, während die andere mich weiter dehnte, so lange, bis ich vollkommen im Zustand ‚rollige Katze‘ war. In meinem Bauch wachte das heiße Ziehen auf und ich wand mich stöhnend unter der zärtlichen, liebevollen, und doch sehr bestimmten ‚Behandlung‘ meines Liebsten. Er ließ mich wieder los, zog seine Finger aus mir zurück, und ich hörte, wie er ein Kondom aus der Schachtel nahm, auspackte und über seiner Härte abrollte. Durch die Augenbinde waren meine übrigen Sinne geschärft, ich lauschte dem Geräusch seines erregten Atmens und spürte seine wohltuende Nähe. „Bereit?“, flüsterte er, bis aufs Äußerste erregt. Ich nickte, was er mit einem spielerischen Zwicken in meine Brustwarze quittierte. „Sag, Meto. Bist du soweit?“ „Jaah! Mach!“ Einen Moment später fand ich mich auf dem Bauch liegend wieder, die Beine gespreizt und Tsuzuku dazwischen. Irgendetwas fühlte sich ein wenig seltsam an, doch ehe ich herausfinden konnte, was es war, oder etwas sagen konnte, senkte sich der heiße, hocherregte Körper meines Freundes auf mich und drängte in mein Inneres. Ich hörte sein tiefes Stöhnen und genoss einige Augenblicke lang das wunderschöne Gefühl, eins mit ihm zu sein und seine Selbstsicherheit zu spüren. Ich liebte ihn so sehr und zu wissen, dass er sich mehr als gut fühlte, machte mich so glücklich! Tsuzuku küsste kurz meinen Nacken, richtete sich dann auf und legte beide Hände auf meinen Rücken, drückte mich in die weiche Matratze und ich spürte, wie er seine Dominanz in dieser Stellung genoss. Dass ich immer noch die Augen verbunden hatte, machte ihn sicher zusätzlich an. Doch ich fühlte mich dadurch keineswegs unwohl, und auch, als er dann zum ersten Mal in dieser Nacht in mich stieß, fühlte sich das gut an. Umso überraschter und verwirrter war ich, als sich mein Körper einige Stöße später plötzlich anspannte und krampfte. Mit einem Schlag war das schöne Gefühl fast weg und ich spürte nur noch ein Spannen und brennenden Schmerz. Tsuzuku bekam davon im ersten Moment nichts mit, er war schon viel zu versunken in seiner eigenen Lust und stieß weiter in mich, stand am Rande seiner Selbstbeherrschung. Ich drückte mein Gesicht ins Kissen, erstickte so das schmerzerfüllte Zischen und versuchte, den Schmerz irgendwie zu ignorieren. Die Worte „Hör auf …“ brachte ich kaum übers Herz, doch irgendwann verließen sie von selbst meine Lippen. Tsuzuku stoppte beinahe sofort, nahm seine Hände von meinem Rücken und fragte, noch ganz atemlos: „Was ist? Was hast du?“ Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, war viel zu verwirrt davon, dass es auf einmal wieder wehtat, ihn in mir zu haben. Ich hatte keine Ahnung, was der Grund dafür sein konnte, und vor allem wollte ich nicht, dass Tsu sich jetzt schuldig fühlte. „Meto, was ist los? Hab ich dir wehgetan?“, fragte er mit besorgter Stimme. Ich wollte antworten, wollte sagen, dass es nicht seine Schuld war und ich mir das selbst nicht erklären konnte, doch meine Stimme versagte mir den Dienst. Ganz langsam und sehr vorsichtig zog Tsu sich aus mir zurück, legte sich dann neben mich und streichelte etwas unbeholfen meinen Arm. Kurz darauf spürte ich seine Hand an meinem Kopf, er löste die Augenbinde, sodass ich ihn wieder sehen konnte. Und die Tränen in meinen Augen bemerkte. Er sah mich erschrocken an, dann sah ich die Schuldgefühle in seinem Blick. Immer noch unfähig zu sprechen, wandte ich mich ihm zu, schmiegte mich an ihn, um ihm irgendwie zu zeigen, dass er nicht die Schuld für meine Schmerzen trug. Er hatte nichts falsch gemacht. Und so hob ich den Kopf und küsste ihn, so liebevoll wie ich nur vermochte. „Sag doch, was los ist“, flüsterte er verzweifelt. „Ich hab dir wehgetan, oder? War ich zu hart zu dir, hab ich mich zu sehr gehen lassen? Sag doch was!“ Mühevoll sammelte ich meine Sprache wieder zusammen und brachte ebenso leise heraus: „Du hast nichts falsch gemacht, Tsuzuku. Gar nichts. Mach dir bitte, bitte keine Vorwürfe. Mein Körper hat einfach nicht mitgespielt, da kannst du absolut nichts dafür.“ „Ich hätte es merken müssen“, widersprach er. „Hättest du nicht!“ Ich richtete mich, den Schmerz verbeißend, auf, beugte mich über ihn und sah ihm fest in die Augen. „Tsu, du warst geil bis in die Haarspitzen, du musstest gar nichts merken! Ich weiß ja selber nicht, wieso das jetzt so passiert ist, aber was ich weiß, ist, dass du nichts, aber auch gar nichts falsch gemacht hast! Es lag an mir, an meinem Körper, und ich komm schon damit klar, hörst du?“ Da war er wieder, der Schatten, der Schmerz in seinen Augen. Hinter ihnen arbeitete es, verletzt, reuevoll und voller Selbstvorwürfe. Und ich sah Angst. Er drehte den Kopf zur Seite, wich meinem Blick aus, und ich spürte deutlicher als je zuvor, dass da etwas war, worüber er mit mir nicht sprechen wollte oder konnte. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, traute mich jetzt auch nicht, zu fragen, was mit ihm los war. Wenn ich ehrlich war, hatte ich selbst Angst davor. „Meto, es tut mir leid, wirklich …“, sagte er leise. „Ich weiß ja, dass du diese Stellung nicht so magst, aber … ich hab die Kontrolle verloren.“ Offenbar hatte es ihn wirklich tief getroffen. Und zu spüren, wie er sich selbst fertig machte, tat mir noch viel mehr weh als der körperliche Schmerz. Eben noch war Tsuzuku so glücklich und selbstbewusst gewesen und jetzt brach er so zusammen. Und dabei hatte er sich doch den ganzen Tag darauf gefreut, mit mir zu schlafen … Ihm das verwehren zu müssen, machte mich unheimlich traurig. Ich wusste doch, wie wichtig ihm das war. Und als ich ihn wieder ansah, da sah ich Tränen in seinen braunen Augen, und wie er sich auf die Lippen biss. Er flüsterte, mehr zu sich selbst, Worte, die ich nicht verstand, dann setzte er sich auf und zog die Knie an. Es war diese Haltung, die immer dann kam, wenn er innerlich abstürzte, das Glück in ihm wieder einmal zerbrach. Das konnte doch nicht nur daran liegen, dass er mir versehentlich wehgetan hatte! Da war noch etwas anderes im Spiel. Und schon wieder waren wir an diesem Punkt, an dem ich nicht weiter wusste. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und wagte einen Versuch, an diesen Punkt näher heranzukommen: „Tsuzuku, was denkst du denn jetzt?“ Er antwortete nicht, blickte nur ins Leere, und ich wusste, ich war ganz nah dran an seinem Geheimnis. Ich setzte mich ebenfalls auf, ignorierte den Schmerz, der auch schon etwas weniger geworden war, und sah meinen Freund von der Seite an. Die Tränen liefen über seine Wangen, er zitterte leicht und ich spürte, wie niedergeschlagen und traurig er war und dass er große Angst hatte. Und als er dann endlich doch etwas sagte, half das auch nicht weiter: „Ich glaub, ich schlafe jetzt besser auf dem Sofa.“ Er wollte aufstehen und gehen, doch ich ließ ihn nicht, nahm seine Hand und hielt ihn fest. „Du bleibst hier!“, sagte ich laut. „Das hier ist unsere erste Nacht in unserem neuen Leben, die wirst du ganz sicher nicht auf der Couch verbringen!“ Er sah mich mit großen Augen an, ungläubig. Ich zog ihn zu mir, legte eine Hand in seinen Nacken, während ich mit der anderen die seine festhielt, und küsste ihn, ganz zärtlich und weich und liebevoll, mit allem, was ich für ihm empfand. „Ich lass dich doch jetzt nicht gehen“, flüsterte ich und nahm ihn in meine Arme. Tsuzuku wehrte sich nicht, sondern ließ sich einfach von mir umarmen. Er zitterte immer noch, und als er sein Gesicht an meinem Hals barg, spürte ich seine Tränen, doch ich fühlte, dass es ihm ein wenig besser ging. „Meto …“, sprach er leise und küsste meine Halsbeuge. „Wie hab ich so was Süßes wie dich nur verdient?“ Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, hielt ihn einfach im Arm und streichelte ihn, bis er sich wieder beruhigt hatte und nicht mehr zitterte. Irgendwann ging seine Atmung wieder ganz ruhig und gleichmäßig und ich spürte, dass er sich wieder einigermaßen gut fühlte. Ich ließ mich langsam auf den Rücken sinken, zog Tsuzuku mit mir und eng an mich. Dabei dachte ich an unsere kleine Reise damals, als er mir seine Liebe gestanden hatte und wir sowohl in der ersten, als auch in der zweiten Nacht intim miteinander geworden waren. Jene zweite Nacht war in meiner Erinnerung nicht ganz einfach gewesen und deshalb dachte ich jetzt daran. Tsuzuku schmiegte sich an mich und ich fühlte, wie, wenn auch langsam und zögerlich, seine Lust wieder aufflammte. Seine Fingerkuppen gruben sich in meinen Rücken, er küsste meine Schulter und flüsterte: „Mach mit mir, was du möchtest …“ Und dann: „Ich gehör‘ nur dir.“ Seine Worte rührten mich, ich spürte ein leichtes Kribbeln in meinem Innern und gerührte Hitze in meinen Augen, so als müsste ich gleich weinen. Ich wollte etwas erwidern, wollte sagen, dass er vor allem sich selbst gehörte, doch meine Sprache versagte mir wieder den Dienst. Und so tat ich, wie er sagte, berührte und streichelte ihn überall, wo ich herankam, küsste ihn und freute mich über seine wohligen, genießenden Seufzer. „Ich liebe dich, Tsuzuku“, flüsterte ich, als ich meine Sprache wieder beisammen hatte. „Vergiss das nie, hörst du?“ Er nickte, seufzte dann, weil ich ihn weiter streichelte und ihm das gut tat, einfach nur angefasst und umarmt zu werden. Seine Angst und Traurigkeit schienen wieder verschwunden, er wieder glücklich, und alles gut. Ich wusste, das würde nicht so bleiben, doch daran wollte ich jetzt nicht denken. Alles, was ich wollte, war, Tsuzuku zu lieben und zu halten, es mit der Lust ganz langsam angehen zu lassen und auch von ihm gehalten zu werden. Und das bekam ich. Wir liebten uns langsam und ein bisschen vorsichtig, ohne erneutes Eindringen, nur lieb haben und anfassen, und danach, als Tsuzuku in meinen Armen einschlief, fühlte ich mich schwebend, wie im Traum, bevor ich selbst in einen tiefen Schlaf sank. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)