Star Trek - Icicle - 06 von ulimann644 (Unternehmen TARANIS) ================================================================================ Kapitel 1: Intensive Gespräche ------------------------------ Persönliches Logbuch Captain Tar´Kyren Dheran Sternenzeit: 58841,3   Es ist nun fast zwei Wochen her, seit die U.S.S. ICICLE glücklich nach STRATEGICAL STARBASE 71 zurückkehren konnte. Zwei Wochen in denen zwischen mir und Pasqualina Mancharella kein Wort gewechselt worden ist. Dachte ich kurz nach unserem Disput auf Forlan-Prime noch, es wäre nur eine momentane Laune meiner XO und sie würde sich schnell wieder beruhigen, so musste ich mittlerweile erkennen, dass es sie doch tiefer verletzt hat, dass ich sie, vor unserem letzten Risikoeinsatz gegen einen talarianischen Werftkomplex, nicht ins Vertrauen gezogen habe. Dabei hat sie das Argument , dass ich damit auf Befehl von Admiral Torias Tarun handelte, nicht gelten lassen, was mich erstaunt, da sie doch sonst Sinn für Notwendigkeiten besitzt. Pasqualina hat mir vorgeworfen, ich würde über Leichen gehen, und ich kann mich neuerdings des Gefühls nicht erwehren, sie könne damit Recht gehabt haben. Dieser Zweifel nagt an mir, auch wenn Christina Carey mir ein ums andere Mal sagt, es sei nicht so. So, wie sich das Verhältnis zwischen mir und Pasqualina verschlechtert hat, verbessert sich momentan mein Verhältnis mit Christina zusehends. Vor vielen Jahren waren wir ein Paar und momentan scheint es so, als hätten wir eine sehr gute Chance wieder zusammen zu kommen. Doch noch bin ich mit Pasqualina liiert, und tief in mir sperrt sich etwas dagegen, sie einfach wieder zu verlassen. Nie zuvor befanden sich meine Gefühle in einem größeren Zwiespalt. Einerseits liebe ich Christina, seit wir uns vor fast einundzwanzig Jahren zum ersten Mal begegneten. Andererseits sind meine Gefühle für Pasqualina gleichermaßen intensiv, seit wir im August dieses Jahres eine leidenschaftliche Nacht miteinander verbrachten. Ich tötete deswegen sogar einen talarianischen Admiral, obwohl ich ihn hätte gefangennehmen können. Er hatte Pasqualina während einiger Verhöre brutal misshandelt. Christina, mit der ich über diese Angelegenheit gesprochen habe, sagte mir zwar, dass sie verstehen könne, warum ich so gehandelt habe, und dass sie möglicherweise nicht anders gehandelt hätte, an meiner Stelle, doch vollkommen überzeugen konnte sie mich dadurch nicht. Ich habe es immer als eine Schwäche angesehen, seinen Kameraden emotional zu nahe zu kommen, doch ich ließ es zwischen Pasqualina und mir zu. Wie immer an dieser Stelle meiner Überlegungen sehe ich meinen besten Freund, Konteradmiral Valand Kuehn, vor meinem inneren Auge. Wir kennen uns nicht nur seit Akademiezeiten, sondern wir dienten auch mehr als fünf Jahre lang gemeinsam auf der U.S.S. EXODUS. Damals hatte ich es nur am Anfang als seltsam empfunden zusammen mit einem Menschen zu dienen, der mir so nahe steht wie ein Bruder. Später, nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, empfand ich es als normal. Von einer Schwäche habe ich dabei kaum etwas gespürt, selbst während des Dominion-Krieges nicht. Ganz im Gegenteil, es gab Momente, da war ich sehr froh, dass Valand stets in meiner Nähe war. Vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass Freundschaft und Liebe zwei verschiedene Emotionen sind. Obwohl ich kaum glaube, dass mich der Verlust von Valand weniger getroffen hätte, als mich der Verlust von Pasqualina treffen würde. Und dennoch war ich bereit gewesen, ihr Leben, und das von sechs weiteren Kameraden, zu riskieren. Pasqualina scheint der Meinung zu sein, dass mich das zu einem herzlosen Soldaten macht, der den Erfolg der Mission über seine eigenen Gefühle stellt. Und ein Teil von mir hat Angst davor, sie könne Recht damit haben. Wäre nicht Christina in den letzten Tagen intensiv für mich da gewesen, so wäre ich wohl ein Fall für unsere Counselor geworden. Ich habe zwar in der letzten Zeit mit dem Gedanken gespielt, sie zu konsultieren und über mein Gefühlschaos in Bezug auf Christina und Pasqualina zu reden, doch noch fühle ich mich nicht dazu bereit, mit einer fremden Person über so intime Gefühle zu sprechen. Ich warte lieber ab, bis Valand heute Abend, mit der OBERON, hier auf der Station eintrifft. Admiral Tarun hat mich, und zwei weitere Offiziere der ICICLE, für drei Wochen Valand Kuehn überstellt. Nach langer Zeit werden wir also wieder einmal auf eine gemeinsame Mission gehen, von der ich bisher nicht mehr weiß, als dass sie uns in den Gamma-Quadrant führen wird. Vielleicht ergibt sich dabei die Gelegenheit zu einem vertraulichen Gespräch mit meinem Freund. Mit ihm würde ich sicherlich offener über mein momentanes Gefühlschaos reden, als mit Imania Maray. Bis zu unserem Wiedersehen habe ich noch zwei Dinge zu erledigen, genauer gesagt: Ich möchte zwei Entschuldigungen hinter mich bringen. Vor meiner fingierten Flucht mit der ICICLE von dieser Station, vor mehreren Wochen, war ich gezwungen gewesen, handgreiflich gegen zwei MACO´s zu werden. Natürlich gehörte dies ebenfalls zu Taruns Plan, aber dennoch nagt der Gedanke daran in mir. Umso mehr, als dass einer der MACO´s eine junge Frau gewesen war. Allein der Gedanke daran, eine Frau geschlagen zu haben, erzeugt heute noch ein tiefes Unwohlsein in mir. Bei dem efrosianischen Ersten Offizier der Station, Commander No´Leen Ra Taragenar und dem romulanischen Verbindungsoffizier und gleichzeitig Chef der Sicherheit, Enrom Tolaron, habe ich dies bereits gestern, direkt nach der Rückkehr aus meinem Urlaub auf Forlan-Prime, erledigt. Beide schienen noch immer etwas verstimmt zu sein, weil ich ihnen im Büro des Admirals mächtig zugesetzt habe. Da der Chef der MACO´s auf der Station, Commander Lo´Ruun Yr Torakan, und seine Untergebene, die ebenfalls dabei gewesen waren, gestern bis spät in die Nacht Kampfsimulationen abgehalten haben, habe ich entschieden, mich bei ihnen beiden erst heute Morgen zu entschuldigen. Ich hoffe nur, dass mir beide vergeben und einsehen, dass ich nur auf Befehl des Admirals so ausgerastet bin.   * * *   Mit einem kleinen Päckchen in der linken Hand stand der andorianische Captain der 5.Taktischen Flotte, Tar´Kyren Dheran, vor dem Schott zum Quartier von Petty-Officer Miriam Qvist. Er legte seine Rechte auf den Meldekontakt und wartete, bis sich das Schott vor ihm öffnete. Dann trat er ein und blieb zwei Schritte hinter dem Eingang stehen. „Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen, Petty-Officer Qvist“, begann Tar´Kyren Dheran, wobei sich seine Antennen leicht nach hinten bogen. Mit einem schnellen Rundblick verschaffte sich der erfahrene andorianische Offizier einen Überblick und stellte dabei fest, dass die athletische, mittelgroße Frau sehr auf Ordnung bedacht zu sein schien. Alles in ihrem Quartier wirkte peinlich genau ausgerichtet und aufgeräumt. Oftmals waren solche Menschen innerlich ebenso diszipliniert, wusste Dheran. Doch auf die junge Frau, mit den tizianroten Haaren, die nun geradewegs auf ihn zu marschierte, traf dies anscheinend weniger zu, denn das Funkeln in ihren grünen Augen wirkte alles andere, als sanftmütig oder gar beherrscht. Einen Schritt vor ihm stehen bleibend fragte sie mit klirrender Stimme: „Was wollen ausgerechnet Sie hier... Sir?“ Tar´Kyren Dheran, der sich nur allzu gut an eine ganz ähnliche Szene erinnern konnte, kurz nachdem Pasqualina Mancharella sein Erster Offizier geworden war, spannte sich leicht an, mit allem rechnend. Immerhin hatte er dieser Frau in den Magen geboxt und sie ins Gesicht geschlagen, und das nicht gerade mit Samthandschuhen. Sie musste mittlerweile zwar wissen, dass dies auf allerhöchsten Befehl geschah, aber dennoch schien in diesem Moment alles wieder in ihr hoch zu kommen, und Dheran konnte sich ausmalen, was sie nun fühlen mochte. Erst jetzt, da sie unmittelbar vor einander standen wurde offensichtlich, dass die junge Frau bestenfalls Anfang Zwanzig sein mochte. Der um einen halben Kopf höher gewachsene Andorianer gab sich Mühe seine raue Stimme etwas sanfter als gewöhnlich klingen zu lassen, als er antwortete: „Ich bin gekommen, um mich persönlich bei Ihnen zu entschuldigen, Petty-Officer Qvist. Admiral Tarun wird Sie mittlerweile sicherlich davon in Kenntnis gesetzt haben, dass ich auf seinen Befehl hin in seinem Büro ausgerastet bin. Bitte glauben Sie mir, wenn ich ihnen versichere, dass mir das alles wirklich aufrichtig leid tut, Miss Qvist.“ „Darum haben Sie auch mit solcher Begeisterung zugeschlagen, nicht wahr?“, fauchte die junge Frau giftig. Sie hatte ihre schlanken Hände zu Fäusten geballt, und für einen Augenblick erweckte sie den Eindruck, als wolle sie sich auf ihn stürzen. Doch dann wandte sich sich abrupt ab und schritt zum Fenster des Quartiers. Für einen Moment stand Tar´Kyren Dheran etwas ratlos im Raum, bevor er einige Schritte auf sie zu machte und sagte: „Petty-Officer, hatten Sie jemals von mir gehört, bevor es zu der bedauerlichen Szene im Büro des Admirals kam?“ Ohne sich dabei umzudrehen antwortete die Frau: „Ja, Sir. Seit dem Dominion-Krieg sind Sie innerhalb der Föderation, und wohl auch darüber hinaus, vielen Leuten ein Begriff. Besonders natürlich Angehörigen der Flotte.“ Der Andorianer beobachtete, wie sich die junge Frau langsam zu ihm umwandte. Wut und Enttäuschung lagen gleichermaßen in ihrem Blick. „Sir, als ich in West-Point als MACO ausgebildet wurde, da wurden einige Ihrer Einsätze im Dominion-Krieg dort diskutiert. Zu dieser Zeit waren Sie so etwas wie ein Held für mich. Doch jetzt...“ Sie brach ab und Tränen glitzerten in ihren Augen. Der Andorianer räusperte sich, bevor er ungewohnt leise sagte: „Ein irdischer Dichter namens Rilke sagte einmal: Ein Mensch ist nicht der, der er bei seiner letzten Begegnung mit dir war, sondern der, der er schon immer gewesen ist. Ich würde sagen, auch auf Andorianer und die meisten anderen Angehörigen diverser Spezies trifft dies zu, meinen Sie nicht?“ Die Rothaarige zögerte einen Moment, bevor sie schließlich widerstrebend zugab: „Es könnte sein, Captain.“ Für einen Augenblick herrschte unangenehmes Schweigen, bevor Dheran seine Hand ausstreckte, die das kleine Päckchen hielt. „Das habe ich Ihnen als kleine Wiedergutmachung mitgebracht, Petty-Officer.“ Miriam Qvist trat einen Schritt auf den Andorianer zu und nahm das eingepackte Päckchen zögerlich in die Hand. „Was ist das?“ „Machen Sie es auf, Miss Qvist.“ Mit einem letzten neugierigen Blick auf den Andorianer entfernte sie schließlich das Papier und öffnete das dunkelblaue Kästchen. Für einen Moment starrte sie sprachlos auf den golden funkelnden Stein, der im weiß-goldenen Anhänger einer ebenfalls weiß-goldenen Kette eingefasst war. Er schien von Innen heraus zu glühen. Dann richtete sich der verwunderte, fragende Blick der jungen Frau wieder auf den Andorianer. Tar´Kyren Dheran erklärte mit feinem Lächeln: „Das ist eine Träne Rakaris. Diese Steine findet man nur tief unter der Oberfläche Andorias. Es dauerte eine Weile, bis Miriam Qvist endlich wieder etwas sagen konnte. „Aber diese Steine sind doch bestimmt kostbar?“ Dherans Lächeln wurde etwas breiter. „Nun, sie sind bei Weitem nicht so kostbar, wie ihre blau strahlenden Gegenparts, die wir Kumaris Tränen nennen. Aber selbst unter Freunden würde dieser Stein sicherlich drei Blocks in Gold gepresstes Latinum einbringen.“ Die junge MACO glaubte zuerst, sich verhört zu haben. Dann entgegnete sie schnell: „Aber das kann ich nicht annehmen, Sir.“ Das Lächeln des Andorianers gefror auf seinen Lippen. Seine Antennen ruckten vor und richteten sich wie Dolche auf die Frau. „Wenn Sie diese Gabe ablehnen, dann ist das eine tödliche Beleidigung, und in diesem Falle müsste ich Sie zu einem Ushaan auf Leben und Tod fordern, um meine Ehre wiederherzustellen, Petty-Officer.“ Ungläubig blickte die MACO in die undurchdringlich blickenden bläulich-violetten Augen des Andorianers und sie war unsicher, ob er seine Worte ernst gemeint hatte, oder nicht. Langsam schloss sie das Kästchen und sagte dann: „Unter diesen Umständen nehme ich die Kette an, Sir.“ Dheran nickte zufrieden. „Nichts anderes wollte ich hören, Miss Qvist.“ Er reichte ihr seine Hand. „Ich hoffe aufrichtig, Sie werden mir verzeihen.“ Die junge Frau ergriff die angebotene Hand und drückte sie. Dabei erklärte sie: „Ich dachte bisher immer, dass Andorianer kalte Hände haben würden.“ Dheran lächelte entsagungsvoll. „Sie glauben gar nicht, wie oft ich das in der letzten Zeit zu hören bekomme, Miss Qvist. Sie entschuldigen mich nun bitte.“ „Sicher, Captain.“ Der Andorianer wandte sich ab und verließ das Quartier der MACO. Drinnen blickte Miriam Qvist dem Andorianer sinnend hinterher, bevor sie zu einem der beiden Wandspiegel eilte, die Kette aus dem Kästchen nahm, und sie anlegte. Sich vor dem Spiegel hin und her drehend fuhr sie mit den Fingern über den Anhänger der Kette und dachte dabei: Wenn Sie hinterher immer mit einem solchen Präsent kommen, dann lasse ich mich ab jetzt jede Woche auf eine Schlägerei mit Ihnen ein, Captain Dheran.   * * *   Schwitzend, die langen, schwarzen Haare ausnahmsweise zu einem Zopf geflochten, lag Commander Pasqualina Mancharella unter einer der Wandkonsolen auf der Brücke der U.S.S. ICICLE, mit dem Oberkörper halb in der Wartungsöffnung verschwunden. Dabei hatte sie sich bereits ihrer Uniformjacke entledigt, die sie quer über die Taktische Konsole geworfen hatte. Zusammen mit Lieutenant-Commander Rick McMahan, dem Leitenden Ingenieur des Schiffes, installierte sie die am Morgen frisch eingetroffenen, neuen Gel-Packs und verband sie mit den ODN-Leitungen, zu den Schiffssystemen. Der Chief, der schnaufend neben ihr in der Öffnung lag, hatte sie um ihre Mithilfe gebeten. Wegen ihrer schlanken Hände, die besser an enge Stellen heran kamen, wie er gesagt hatte. Überall sonst auf dem Raumschiff wurde gleichfalls fieberhaft daran gearbeitet, die letzten Reste der Gefechtsschäden zu beseitigen, die während des letzten Einsatzes, durch den Beschuss einer talarianischen Flotte von Kriegsschiffen, entstanden waren. Erst vor zwei Tagen hatte die Spanierin wieder ihren Dienst aufgenommen, und noch in der ersten Stunde war sie bereits wieder mit Tar´Kyren Dheran aneinander geraten, weshalb sie schon jetzt wieder voll unter Strom stand. Das Ganze hatte angefangen, als sie nach ihrer Rückkehr von ihrem letzten Einsatz, auf Forlan-Prime mit dem Andorianer darüber gesprochen hatte, wie weit er während dieses Einsatzes zu gehen bereit gewesen wäre. Seine Antwort hatte ihr nicht gefallen, und im Zuge der Unterredung hatte sie ihm vorgeworfen über Leichen zu gehen. Seitdem hatte sie einige Male über ihre und seine Worte nachgedacht, aber stets kam sie zu dem Ergebnis, dass der Andorianer ihr mehr hätte vertrauen können – Befehl des Admirals hin oder her. Dann war da noch der Besuch von Commodore Christina Carey gewesen, die den Captain während des zweiwöchigen Urlaubs auf dem Planeten, um den STRATEGICAL STARBASE 71 auf einer geostationären Umlaufbahn kreiste, besucht hatte. Sie glaubte beobachtet zu haben, dass zwischen den beiden eine Vertrautheit herrschte, die sie bisher nicht zwischen ihnen hatte beobachten können. Oder hatte sie es nur nicht bemerkt? Die Spanierin erinnerte sich wieder an die Siegesfeier der Sektorenmeisterschaften im Degenfechten. Dort hatten Christina Carey und Tar´Kyren miteinander getanzt. Und auch zuvor hatten sich beide bereits zum Essen getroffen. Pasqualina Mancharella spürte tief in ihrem Innern eine heiße Welle der Eifersucht aufsteigen. Hatten Tar´Kyren und Christina Carey vielleicht längst wieder zu einander gefunden, und der Andorianer hatte ihr nur noch nichts davon erzählt. Dieser Gedanke quälte sie und er machte sie gleichfalls wütend. Als Tar´Kyren ihr dann gestern Abend erklärt hatte, sie würde für die nächsten drei Wochen das Kommando über die ICICLE führen, kurz, prägnant und ohne irgendeine weiterführende Erklärung, da hatte sie allergisch reagiert. Dass Tar´Kyren Dheran ihr, in neutral dienstlichem Tonfall, erklärt hatte, er dürfe nicht darüber reden warum er ihr für diese drei Wochen das Kommando übergab, hatte es nur noch verschlimmert. Dabei war sie selbst es gewesen, die dem Andorianer auf Forlan-Prime erklärt hatte, sie würde in der nächsten Zeit nur dienstlich mit ihm verkehren. Hatte sie damit vielleicht den entscheidenden Fehler gemacht und ihn in Christina Careys Arme getrieben? Wütend überlegte sie, was Tar´Kyren eigentlich von einer Frau wollte, die drei Jahre älter war, als er. Sie selbst war fast zehn Jahre jünger, als die Irin. Natürlich war ihr dabei klar, dass bei dem aktuellen Stand der irdischen Medizin noch Jahrzehnte vergehen würden, bevor man diesen Unterschied äußerlich auch nur ansatzweise bemerkte. Was die Spanierin zusätzlich wütend machte war die Tatsache, dass Commodore Christina Carey, solange sie den Captain vertrat, ihre unmittelbare Vorgesetzte war. So konnte sie nicht einfach mit der Tür ins Haus fallen und ihr vorwerfen, sie würde ihr den Freund ausspannen. Dabei hätte es sie sehr erleichtert genau das zu tun. Nachdem sie und McMahan das letzte Gel-Pack installiert und an die Systeme der ICICLE angeschlossen hatten, blickte Pasqualina den Kanadier, zwischen den Leitungen des EPS-Verteilers hindurch, an und meinte zufrieden grinsend: „Das hätten wir, Chief. Wenn Sie erlauben, dann würde ich Sie gerne in den Maschinenraum schicken - das Anschließen der restlichen ODN-Leitungen schaffe ich auch allein.“ Der baumlange Kanadier lächelte erleichtert. Nicht, weil er Pasqualina Mancharella nicht gemocht hätte, sondern weil es in dieser Öffnung qualvoll eng war für einen Mann seiner Konstitution. Außerdem brannte er darauf sein Hauptaugenmerk wieder dem Maschinenraum zuzuwenden, auch wenn er ihn beim tellaritischen Junior-Lieutenant, Tearash Corin, in fähigen Händen wusste. „Danke, Commander. Wissen Sie, ich bin froh, dass wir das Schiff schon bald wieder hinbekommen haben werden. Wenn Sie Captain Dheran das nächste Mal sehen, dann sagen Sie ihm bitte, er soll zukünftig besser auf mein Schiff achten.“ Die Spanierin nickte mit säuerlicher Miene. Der Chief hatte sie wieder an den Andorianer erinnert, an den sie gerade im Moment nicht denken wollte. Aber woher hätte McMahan das wissen sollen? Darum erwiderte sie lediglich: „Ich kann es ihm ausrichten, aber dann reißt er Ihnen den Kopf ab, weil Sie sein Schiff als Ihr Schiff bezeichnet haben.“ Seufzend arbeitete sich der Kanadier aus der Öffnung und von draußen hörte Pasqualina ihn sagen: „Vergessen Sie es einfach, Commander.“ Die Spanierin hörte, wie sich der baumlange Lieutenant-Commander von der Brücke entfernte und sie machte sich daran, die weiß leuchtenden ODN-Leitungen anzuschließen, die momentan noch vor ihrem Gesicht baumelten. Dabei seufzte sie schwach, als sie an sich herunter sah. Ihr zuvor makellos sauberer, roter Uniformpulli war über und über von dunklen Flecken übersät. Außerdem widerte sie der Schweißgeruch an, den er nun, nach stundenlanger Arbeit in dieser engen, unangenehm warmen Umgebung, verströmte. Sie freute sich bereits jetzt auf eine Dusche und eine frische Uniform. Zwar hatte sie keinerlei Probleme damit hart zu arbeiten oder sich die Hände schmutzig zu machen, aber schmutzig zu sein, oder unangenehm zu riechen, war kein Zustand, den sie sonderlich mochte. Während die Dreiunddreißigjährige nach einer der Leitungen griff, begannen, ausgelöst durch die Worte des Kanadiers, sich ihre Gedanken unwillkürlich um Tar´Kyren Dheran zu drehen. Sie fragte sich ernsthaft, wohin ihre Beziehung führen mochte. Alles hatte mit diesem Verhängnisvollen Kuss begonnen – weit außerhalb der Milchstraße, nachdem sie durch ein Transwarp-Portal der Cryllianer in die Kleingalaxis Fornax transferiert worden waren, um eine mögliche Invasion der Milchstraße abzuwenden. Dabei waren Dheran und sie zwischenzeitlich gefangen genommen worden. Und irgendwie war es dabei passiert. Sie und der Andorianer waren sich emotional näher gekommen, als es unter normalen Umständen der Fall gewesen wäre. Sie hatte das seltene Privileg genossen einen kleinen Ausblick auf den wirklichen Tar´Kyren Dheran zu erhaschen, abseits des Mantels aus kühler Distanz, Ironie und groben Sprüchen, mit dem er sich gerne umgab. Für einen kurzen Augenblick hatte sie hinter die Fassade des kalten Kriegers blicken können, und dieser kurze Moment hatte ausgereicht, sich in diesen wirklichen Dheran zu verlieben. Als die ICICLE im August des Jahres zur Erde geflogen war, weil Tar´Kyren Dheran und zwei weitere Captains der 5.Taktischen Flotte an der Sternenflottenakademie als Gastredner das Prinzip der Taktischen Flotten vorstellen sollten, hatte es sich ergeben, dass die drei Captains als Gäste im Haus ihres Vaters übernachtet hatten. Und dabei war es dann passiert. Sie hatte eine leidenschaftliche Nacht mit dem Andorianer verbracht. Seitdem waren sie zusammen. Doch das wusste niemand an Bord der ICICLE, da sie beschlossen hatte, diese Tatsache vorerst für sich zu behalten. Obwohl sie selbst, ebenfalls wie Dheran, der Meinung war, dass es besser sei Dienstliches und Privates zu trennen, gefiel ihr dieses Versteckspiel nicht sonderlich. Außerdem hatte sie mittlerweile erfahren müssen, dass es mitunter nicht eben leicht war, mit seinem direkten Vorgesetzten eine private Beziehung zu führen, da immer die Gefahr bestand, dass die dienstlichen Notwendigkeiten mit den privaten Bedürfnissen kollidierten. Seufzend installierte die Spanierin die Leitung und wandte sich der nächsten zu. Gerade bei ihrem letzten Einsatz hatte sie dies mehr als deutlich zu spüren bekommen. Admiral Tarun im Allgemeinen und Dheran im Besonderen hatten für diesen Einsatz ihre privaten Gefühle in das taktische Kalkül mit einbezogen. Sie hatten den Anschein erweckt, Tar´Kyren Dheran sei ein Verschwörer und darauf gehofft, dass ihre Gefühle für den Andorianer und ihre Loyalität zu ihm größer sein würden, als ihr Pflichtgefühl gegenüber der Sternenflotte. Und das machte sie wütend, gab es ihr doch das Gefühl, zumindest bis zu einem gewissen Grad, benutzt worden zu sein. Auch wenn sie sich eingestand, dass es in diesem Fall eine taktische Notwendigkeit gewesen war. Düster dachte Pasqualina Mancharella darüber nach, ob es unter diesen Umständen überhaupt möglich sein würde, die Beziehung mit Tar´Kyren auf Dauer weiterzuführen. Und dann war da letztlich auch noch die Ex-Freundin des Andorianers, Commodore Christina Carey, die wiederum Dherans direkte Vorgesetzte war. Einen spanischen Fluch zwischen den Zähnen zerquetschend schloss sie die letzte Leitung an, überprüfte die Funktion der Systeme und arbeitete sich dann, zufrieden mit ihrem Werk, aus der Öffnung heraus. Während sie die Wartungsklappe wieder ordnungsgemäß anbrachte, zeugte ein Zischen hinter der Spanierin davon, dass eines der Turboliftschotts sich öffnete. Die Spanierin wandte sich um und erkannte Commodore Christina Carey, die mit energischen Schritten die Brücke der ICICLE betrat. Wenn man an den Teufel denkt, dann steht er bereits hinter einem, dachte die XO der ICICLE frustriert. Laut sagte sie: „Willkommen auf der Brücke der ICICLE, Commodore.“ Die schwarzhaarige Irin lächelte verbindlich. „Danke, Commander. Ich bin hier, um mich nach dem momentanen Status des Schiffes zu erkundigen.“ Hoch aufgerichtet blickte die Spanierin Christina Carey in die Augen und meldete: „Die Außenhülle ist bereits wieder voll intakt. Die Reparaturarbeiten an der beschädigten Backbord-Warpgondel sind abgeschlossen und die Teams des Chiefs ziehen neue ODN-Leitungen. Danach werden wir endlich in der Lage sein auch ein neues EPS-Verteilersystem einzubauen. Das Schiff wird in voraussichtlich fünf Tagen in der Lage sein, die ersten Testflüge zu absolvieren, damit wir feststellen können, ob wirklich alles so einwandfrei funktioniert wie in den bisherigen Simulationen, Commodore.“ Christina Carey nickte zufrieden. „Danke, Commander. Die Crew der ICICLE leistet unter ihrem Kommando hervorragende Arbeit. Wenn die Arbeiten abgeschlossen sind, sollen die Männer und Frauen zwei Tage Urlaub machen. Danach werden die Testflüge durchgeführt. Ich werde dabei an Bord sein, und mich persönlich von der Funktionalität des Schiffes überzeugen, da Captain Dheran zu diesem Zeitpunkt nicht verfügbar sein wird. Bis zum Ende der Tests werden die vierzig neuen SKORPION-Jäger bereitstehen, Sie können also Ihren CAG, Mister Kunanga, beruhigen.“ Auch das noch, dachte die Spanierin mürrisch, als die Irin erwähnte, sie wolle an Bord die Testflüge mitmachen. Laut sagte sie hingegen: „Sie sind uns stets willkommen auf der ICICLE, Commodore.“ Christina Carey lächelte verbindlich, bevor sich ihre Gesichtszüge anspannten. Ihr Blick bekam eine nachdenkliche Note und schließlich erkundigte sie sich: „Ich hörte, dass Ihr persönliches Verhältnis zum Captain dieses Raumschiffs momentan etwas angespannt ist. Sie sollen wissen, dass Sie jederzeit mit mir darüber reden können, Commander.“ Pasqualina Mancharella spürte ein Grummeln in der Magengegend, als die Irin auf dieses Thema zu sprechen kam. Eingedenk ihrer Überlegungen, die sie Minuten zuvor erst angestellt hatte, war es unschwer zu übersehen, von wem Commodore Carey davon erfahren haben mochte. Es schien ganz so, als würde Tar´Kyren Dheran nichts Besseres zu tun zu haben, als mit seiner Ex-Freundin über ihr Privatleben zu tratschen. Allein dieser Gedanke brachte ihr kastilisches Blut in Wallung. Dazu kam die Vorstellung, unter welchen Umständen dieses Gespräch möglicherweise geführt worden war, und Eifersucht gesellte sich zu ihrem Zorn auf Tar´Kyren Dherans offensichtliche Indiskretion. Mit mühsam zurückgehaltenem Ärger antwortete sie: „Das betrifft nur Privates, Commodore. Unser Arbeitsverhältnis ist ausgezeichnet.“ „So sollte es sein, Commander“, erwiderte die Irin, wobei ihre blauen Augen die XO der ICICLE aufmerksam musterten. Sie musste zugeben, dass die hochgewachsene Spanierin irgendetwas an sich hatte, das man nicht mit Worten definieren konnte. Etwas, das Männer allgemein gerne als das gewisse Etwas bezeichneten. Jetzt, da sie vor der Spanierin stand, verstand sie, warum Tar´Kyren so sehr Gefallen an ihr gefunden hatte. Bei ihren bisherigen kurzen Gesprächen miteinander hatte Christina Carey es nicht wirklich realisiert, aber in diesem Moment wurde ihr klar, dass diese hübsche und obendrein intelligente Frau, in Bezug auf Tar´Kyren, eine ernstzunehmende Rivalin war. Diese Erkenntnis kam seltsamerweise unerwartet, und die Irin gestand sich ein, dass sie sich des Andorianer stets irgendwie sicher gewesen war. Jetzt kam eine Ungewissheit hinzu, die ihr gar nicht gefiel, und der Gedanke, vielleicht zu lange gewartet zu haben und Tar´Kyren möglicherweise für immer an diese Frau zu verlieren bereitete ihr Magenschmerzen. Christina Carey verscheuchte diese unerfreulichen Gedanken. Gegen ihre sonstigen Gewohnheiten sagte sie, ohne darüber nachzudenken: „Es ist meiner Meinung nach ohnehin besser, Dienstliches und Privates zu trennen, Commander. Alles Andere führt nur zu unerwünschten Komplikationen.“ Pasqualina Mancharella spürte, wie der Zorn auf die Irin anwuchs. Was bildete diese Frau sich ein, sich ungefragt in ihr Privatleben einzumischen? Bevor sie sich innerlich zur Ordnung mahnen konnte, antwortete sie spitz: „Das war wohl der Grund, warum Sie sich von Tar´Kyren getrennt haben, nicht wahr?“ Beide Frauen funkelten sich taxierend an, wobei Christina Carey die Spanierin mit einem beinahe mörderischen Blick bedachte und korrigierend sagte: „Von Captain Dheran, Commander.“ Die Irin warf ihr langes Haar zurück und fügte etwas weniger bissig hinzu: „Sie haben ganz Recht, Commander. Die Trennung war notwendig, weil eine Beziehung zu großen Einfluss auf unser beider Karrieren gehabt hätte.“ „Das mag vielleicht Ihre Ansicht sein, Commodore“, entgegnete Pasqualina Mancharella kühl. „Aber ich würde meine Karriere niemals über meinen Freund stellen. Und ich bin sicher, dass mein Freund und ich mit dem Problem klarkommen. Vielleicht besser, als andere Leute.“ Sie zögerte einen kurzen Moment lang, bevor sie ein übertrieben zackiges Sir hinzufügte. Die Wangen der Irin röteten sich um eine Nuance. Kalt konterte sie: „Ich hoffe nur, dass auch Captain Dheran an mehr interessiert ist, als lediglich an eine leidenschaftliche Zeit mit Ihnen, denn nur dann lohnt sich Ihre Einstellung wirklich, Commander.“ Dann wurde die Stellvertreterin des Admirals übergangslos dienstlich und erklärte: „Ich erwarte Ihren ausführlichen täglichen Zwischenbericht um 12:00 Uhr. Dann aber bitte wieder in korrekter Uniform, wenn ich bitten darf. Das wäre vorläufig alles, Commander Mancharella.“ Die Spanierin bestätigte und beobachtete die Irin dabei, wie sie förmlich von der Brücke der ICICLE rauschte, und ein grimmiges Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Dabei dachte sie: Wenn du mir Tar´Kyren ausspannen willst, Herzchen, dann lauf dich schon einmal warm, denn das wird der härteste Kampf für dich werden, den du je erlebt hast.   * * *   Zufrieden mit seinem ersten Teilerfolg suchte Dheran sein vorübergehendes Quartier auf STRATEGICAL STARBASE 71 auf und nahm dort ein weiteres vorbereitetes Päckchen an sich. Dieses war unterarmlang und von knapp zehn Zentimetern Kantenbreite. Mit diesem Päckchen in seiner Armbeuge machte sich Dheran wieder auf den Weg. Von Christina Carey hatte er den Tipp bekommen, dass der Efrosianer vor etwa zwanzig Minuten das Arboretum betreten hatte. Er verbrachte dort regelmäßig seine Mittagspausen, so dass sich der Andorianer gute Chancen ausrechnen konnte ihn dort anzutreffen. Dheran war ganz froh darüber allein in der Liftkabine nach oben zu fahren. Allzu oft passierte dies nämlich nicht, und es ersparte ihm in diesem Fall Konversation zu machen, denn dazu war der Andorianer auf gar keinen Fall aufgelegt. Als Tar´Kyren Dheran bereits dachte er habe Glück gehabt, hielt der Lift und Enrom Tolaron betrat die Liftkabine. Dheran machte das Beste aus der Situation und grüßte den romulanischen Chef der Stationssicherheit freundlich. Enrom Tolaron beließ es bei einem distanzierten Kopfnicken. Während der Fahrt nach oben ließ er den Andorianer nicht aus den Augen, und den Captain beschlich das Gefühl, dass der Romulaner ihm auch nach der Klärung der kürzlich stattgefundenen Ereignisse noch immer nicht recht über den Weg traute. Etwas befremdet horchte Tar´Kyren Dheran auf, als der Romulaner schließlich entschlossen sagte: „Lift, anhalten.“ Enrom Tolarons Miene wirkte undurchdringlich, als er zu dem Andorianer sagte: „Auf ein Wort, Captain. Hier können wir uns ungestört unterhalten.“ Der Andorianer konnte sich nicht vorstellen, dass Enrom Tolaron noch einmal die Ereignisse thematisieren wollte, wegen derer er sich am Vortag nochmals persönlich bei ihm entschuldigt hatte. Doch er konnte sich nicht recht vorstellen was, weshalb sich seine Antennen vor Neugier in alle Richtungen zu bewegen begannen. Tolaron, dessen Ausbildung beim Tal´Shiar umfassend gewesen war, bemerkte diese kleinen Anzeichen und erklärte rasch: „Es handelt sich um den bevorstehenden Einsatz, für den der Admiral Sie der Sektorenflotte-Bajor überstellt, Captain. Oder vielleicht sollte ich besser sagen, dass man Sie dem Sternenflottengeheimdienst überstellt, denn immerhin führt Ihr Freund Valand Kuehn das Kommando, habe ich Recht?“ Für einen kurzen Augenblick glaubte Tar´Kyren Dheran, sich verhört zu haben, bei den letzten Worten des Romulaners. Gleichzeitig drängten sich einige der Ereignisse des letzten Einsatzes unwillkürlich wieder auf. Er versuchte, sich Tolaron gegenüber nichts anmerken zu lassen. Doch dessen Gesicht drückte in diesem Moment so etwas wie Nachsicht und Verwunderung gleichzeitig aus. Enrom Tolaron, der die Reaktion des Andorianers sehr genau beobachtet hatte, wurde in diesem Moment klar, dass er sich in einem Punkt irrte, den er bisher stets genau zu kennen geglaubt hatte, da er um die Freundschaft zwischen Kuehn und Dheran wusste. Doch nun wurde dem Romulaner klar, dass der Konteradmiral nicht einmal seinen besten Freund eingeweiht hatte, und leise stellte er fest: „Sie wissen es nicht, oder?“ Tar´Kyren Dheran, dessen Gedanken sich jagten, blickte sein Gegenüber unwillig an und einen Bluff riskierend, entgegnete er heiser: „Heraus mit der Sprache, Sub-Commander. Was weiß ich nicht? Wenn Sie darauf anspielen, dass mein Freund für den Sternenflottengeheimdienst arbeitet, dann liegen Sie falsch.“ Diesmal war die Reihe an Enrom Tolaron für einen kurzen Augenblick die Maske fallen zu lassen, und der Andorianer beherrschte sich mustergültig, bei seiner Reaktion. Tolaron hüstelte schwach, bevor er zugab: „Ich hätte für einen Moment schwören können, dass Ihnen der Umstand nicht bekannt war. Nun, anscheinend ein Irrtum meinerseits, Captain Dheran.“ Auch diesmal beobachtete der Romulaner genau die Reaktion seines Gegenübers, doch diesmal hatte sich der Andorianer fest im Griff und nichts an ihm verriet, wie es in ihm aussah. Tar´Kyren Dheran, der sich nun innerlich gewappnet hatte, fragte drängend: „Aber deswegen wollten Sie mich nicht sprechen, nicht wahr?“ Es sprach für Tolarons Instinkt, der ihm sagte, dass es ihm kein weiteres Mal gelingen würde, den Andorianer zu überraschen, dass er umgehend das Thema wechselte und bestätigte: „Sie haben Recht, Captain. Warum ich Sie sprechen möchte ist die Tatsache, dass Sie in den Gamma-Quadranten aufbrechen, um cardassianische Kriegsgefangene zu befreien. Da Sie dazu dasselbe Internierungslager infiltrieren müssen, welches bereits während des Krieges erfolglos von einem romulanischen Kommandotrupp angegriffen wurde, als dort noch Romulaner gefangen gehalten wurden, möchte ich Sie davor warnen, das Lager, egal wie, direkt anzufliegen. Es wird durch umliegende Geschützstellungen gesichert, die eine halbe Taktische Flotte abwehren könnten. Selbst ein Tiefflugangriff wäre Selbstmord.“ Dheran kniff seine Augen zusammen und seine Antennen zuckten noch vorne. „Sie sind ungewöhnlich gut informiert, Mister Tolaron. Ich nehme jedoch nicht an, dass Sie ihr Wissen von Admiral Tarun bezogen haben.“ Der Romulaner grinste beinahe spitzbübisch. „Ich habe meine eigenen Quellen, Captain. Als Sicherheitschef dieser Station ist das unerlässlich. Aber lassen Sie mich fortfahren. Es gibt zehn Kilometer von dem Lager entfernt eine hufeisenförmige Hügelkette. Wenn sie den Anflug gut planen und tief anfliegen, dann sollte es kein Problem sein, mit einem kleinen Raumschiff, oder einem Shuttle dort einzufliegen und einen Stoßtrupp abzusetzen. Dieser Ort hat den zusätzlichen Vorteil, dass er einerseits außerhalb der Transporterscrambler liegt, und andererseits ein schmaler Canyon, der sehr gute Deckung bietet, bis dicht an die großen Abwasserkanäle des Lager heranführt. Leider entdeckte die Crew des Landeschiffes unseres Kommandotrupps dies erst, als das Schiff vor den Raiders der Jem´Hadar fliehen musste. Bevor es zu einem zweiten Einsatz kommen konnte, war der Krieg beendet.“ „Manchmal hat man wirklich Pech“, kommentierte der Andorianer Tolarons Worte mit ironischem Gesichtsausdruck. „Wenn diese Informationen tatsächlich auf Wahrheit beruhen, dann muss ich Ihnen wohl dankbar sein, Sub-Commander.“ Tolarons Gesicht nahm beinahe einen beleidigten Zug an, als er sich gefährlich leise bei dem Andorianer erkundigte: „Sie glauben doch nicht etwa, ich würde Ihnen in dieser Angelegenheit falsche Informationen zuspielen, um mich auf diese Weise für den Vorfall im Büro des Admirals zu rächen?“ „Der Gedanke kam mir in der Tat“, gab Dheran offen zu, wobei sich seine Antennen leicht nach Innen krümmten. Tolaron maß sein Gegenüber einen Moment lang, bevor sich seine Lippen zu einem fast jungenhaften Lächeln verzogen. „Captain, wenn ich mich für diesen Vorfall irgendwann rächen sollte, dann werde ich bestimmt dafür sorgen, dass ich dabei ihr Gesicht sehen kann.“ „Sie werden mir mit jedem Tag sympathischer“, entgegnete der Andorianer ironisch und deutete dabei eine Verbeugung an. Tolaron quittierte es mit einem verbindlichen aussehenden Nicken, wobei seine Mundwinkel jedoch verdächtig zuckten. Dann gab er der Steuerautomatik des Lifts den Befehl die Fahrt fortzusetzen. Tar´Kyren Dheran war erleichtert, als der Romulaner einige Decks höher die Liftkabine verließ, denn innerlich war er zutiefst aufgewühlt, nach ihrem Gespräch. Immer wieder gingen ihm Tolarons Worte in Bezug auf Valand und den Sternenflottengeheimdienst durch den Kopf. Sollte ihm sein Freund diesen wichtigen Punkt seines Lebens wirklich verschwiegen haben und für den Sternenflottengeheimdienst arbeiten? Wieder fielen ihm dabei die Worte jenes Sternenflottenagenten ein, der ihm und seiner Kommandocrew, vor wenigen Wochen bei ihrem Einsatz in talarianischem Raum, das Leben gerettet hatte. Dieser Betazoide hatte ihm die telepathische Nachricht zukommen lassen, dass Valand Kuehn ihn, und seine Kollegin, geschickt hatte. Schon zu diesem Zeitpunkt waren ihm abwegige Gedanken zu Valand durch den Kopf gegangen, doch er hatte sie nicht weiterverfolgt, da auch Admiral Tarun der Meinung gewesen war, Kuehn habe lediglich die Befehle an den Agenten weitergeleitet. Jetzt waren diese Überlegungen wieder da, und Dheran fragte sich misstrauisch, ob genau das vielleicht die subtile Rache Tolarons war. Zumindest würde es genau zur romulanischen Art passen, durch gezielte Desinformation Misstrauen zwischen den Freunden zu schüren. Das war schon immer ein probates Mittel des Tal´Shiar gewesen. Der Lift hielt endlich, und der Andorianer verließ die Liftkabine, wobei er seine finsteren Gedanken zunächst zur Seite schob. Er würde später mit seinem Freund reden, und er würde ihm dabei wohl einige unangenehme Fragen stellen. Über einen breiten Weg schritt der Andorianer durch die anheimelnde Parklandschaft. Er wusste, dass es in regelmäßigen Abständen, entlang der Kuppelperipherie sieben weitere solcher Hauptwege gab – dort, wo die Turbolifts auf dieser Ebene endeten. Fasziniert blickte er sich um. Über dem Andorianer spannte sich die transparente Kuppel aus Panzer-Duralum, die durch Duraniumstreben eine Wabenstruktur aufwies. In diesen Streben befanden sich die Tiefenstrahler, die jedes Lichtspektrum erzeugen konnten. Dheran wusste, dass es in den Arboretums einen irdischen Tag und Nacht Rhythmus gab, die von Arboretum zu Arboretum im Abstand von acht Stunden wechselten, so dass in einem von dreien stets Dunkelheit herrschte. Für die Entwicklung und Erhaltung der Pflanzen war dies unabdingbar. In diesen Streben waren außerdem Holoemitter integriert, um im Park eine entsprechende Fauna zu erzeugen, was von den meisten Besuchern als sehr angenehm empfunden wurde. Tar´Kyren Dheran hatte erst ein einziges Mal ein Arboretum dieser Station aufgesucht, doch nach seiner Kenntnis gab es im Zentrum einen großen Teich, der von einem schmalen Wanderweg umlaufen wurde. Christina Carey hatte ihm verraten, dass Commander Yr Torakan für gewöhnlich dort zu finden war, wenn er eines der Arboretums aufsuchte. Unter hohen Bäumen schritt er zügig auf diesen Bereich zu. Sie lichteten sich etwas, als er den Teich erreichte und den ihn umlaufenden Wanderweg betrat. Der Andorianer hatte Glück. Er entdeckte den Efrosianer auf einer etwas abseits gelegenen Parkbank; in Gedanken versunken auf den Teich hinaus blickend, auf dem sich holografische Wasservögel verschiedener Gattungen tummelten. Als Lo´Ruun Yr Torakan zufällig in seine Richtung blickte, spannten sich seine Gesichtszüge, und unbewusst erhob er sich von der Bank. Das Päckchen in seiner Armbeuge fester packend erkannte Tar´Kyren Dheran den Gemütszustand des Efrosianers und er setzte ein freundliches Gesicht auf. Als er den Commander und gleichzeitig Kommandierenden Offizier aller MACO´s dieser Station, erreichte, sagte er ohne Umschweife: „Ich habe Sie gesucht, Commander. Was vor einigen Wochen im Büro des Admirals passiert ist, das ist mir wirklich sehr unangenehm, und ich bin gekommen, um mich dafür noch einmal persönlich bei Ihnen zu entschuldigen.“ „Sie handelten auf Befehl, Captain“, erwiderte der Commander kühl, doch seine intensiv blauen Augen drückten nur allzu deutlich aus, wie es wirklich um seine Gemütslage bestellt war. Mit beinahe feindseligem Blick musterte er den Andorianer. Dherans Antennen bogen sich etwas nach Innen, als er sich vorsichtig erkundigte: „Aber da ist etwas, das Ihnen sauer aufstößt, nicht wahr Commander? Und ich habe den Eindruck, dass es nicht allein die Tat ist.“ „Sie haben nicht nur gleichzeitig mich und meine Untergebene eingeseift, sondern es nebenbei auch noch mit dem Ersten Offizier der Station und seinem Stellvertreter aufgenommen, gerade so, als wäre es nichts“, schnaubte Yr Torakan und blickte über die Schulter des Andorianers hinweg in die Ferne. Dann sah er den Captain wieder an. „Wissen Sie, normalerweise sollte man von einem MACO erwarten können, dass er eine wild gewordene Person zu bändigen weiß, besonders wenn er der Chef der MACO´s ist. Aber ich hatte eher das Gefühl, dass Sie ohne die Intervention des Admirals, mit uns allen Vieren fertig geworden wären. Dabei hätte ich allein mit Ihnen fertig werden sollen.“ Es dauerte einen Moment, bis der Andorianer begriff. Der Efrosianer schien seit der Begebenheit an seinen Fähigkeiten zu zweifeln und war im Begriff, seinetwegen Minderwertigkeitskomplexe zu entwickeln. Eindringlich blickte er den Commander an und erklärte: „Vielleicht wissen Sie es nicht, Mister Yr Torakan, aber als Andorianer habe ich ein wesentlich besseres räumliches Wahrnehmen, als jede andere bekannte, humanoide Lebensform. In freier Natur wirkt sich dies kaum aus. In geschlossenen Umgebungen hingegen, besonders wenn sie so überschaubar sind, wie etwa das Büro des Admirals, gibt mir das im Nahkampf einen signifikanten Vorteil an Übersicht und damit gleichfalls an Geschwindigkeit. Selbst ein ungeübterer Andorianer, als ich, hätte Ihnen dort drinnen die Jacke voll gehauen, Commander. Gegen einen trainierten Nahkämpfer wie mich hatten Sie, in dieser Umgebung, nicht den Hauch einer Chance, und das liegt nicht daran, dass Sie kein guter Kämpfer wären. Zudem habe ich Sie und Ihre Kollegin überrascht. Hätten Sie von meinen Intentionen gewusst, dann hätte ich einen wesentlich schwereren Stand gehabt.“ Yr Torakan musterte Dheran intensiv und sagte nach einigen Sekunden nachdenklich: „Einiges davon wusste ich tatsächlich nicht. Jetzt wird mir langsam klar, warum sich im Dominion-Krieg, die Jem´Hadar nicht lange auf Andoria halten konnten.“ Der Andorianer grinste offen. „Ja, weil mein Vater die Verteidiger anführte. Das bringt mich auf das Päckchen hier. Es ist für Sie - sozusagen als Friedensangebot.“ Der Efrosianer nahm das Päckchen entgegen und fragte: „Was befindet sich darin?“ „Schauen Sie nach.“ Lo´Ruun Yr Torakan folgte der Aufforderung. Als er schließlich die gedrehte Flasche mit der klaren Flüssigkeit zutage gefördert hatte und einen Blick auf das Etikett warf, lag ein Zug von Verwunderung auf seinem Gesicht. Er hielt die Flasche gegen das Licht, wobei die Flüssigkeit das unverkennbare, bläulich-violette Schillern aufwies, welches durch natürliche Aromastoffe, die sich nicht replizieren ließen, im Getränk erzeugt wurde. „Das ist echter, andorianischer Eisbrandy des Jahrgangs 2373. Aber ich dachte bisher, der gesamte Vorrat sei bei der Besetzung Andorias, durch die Jem´Hadar, vollständig vernichtet worden.“ Tar´Kyren Dheran nickte amüsiert. „Das denken die Meisten. Tatsächlich hat sich jedoch Folgendes zugetragen: Einige Stunden, bevor die Flotte des Dominion Andoria erreichte, richtete mein Vater das Hauptquartier der Andorianischen Kommandoeinheiten in genau dem Lagerhaus ein, in dem die gesamten Vorräte dieses Jahrgangs lagerten. Man hatte angenommen, das Lager sei längst geräumt worden und somit leer. Sie können sich also ansatzweise die Überraschung der andorianischen Verteidiger vorstellen, als sie vor einer Unzahl von Kisten standen, voll mit Andorianischem Eisbrandy. In einer Aktion ohnegleichen gelang es den Männern und Frauen der Andorianischen Kommandoeinheiten die Kisten in Sicherheit zu bringen. Es versteht sich dabei von selbst, dass davon kein Sterbenswort an die Öffentlichkeit gelangte.“ Der Efrosianer, der mit wachsendem Erstaunen zugehört hatte, lachte auf. „Das kann ich mir nur allzu lebhaft vorstellen, Captain. Ich vermute, dass in den Kellern diverser andorianischer Kommandooffiziere, immer noch die ein oder andere Flasche zu finden ist.“ „Sie vermuten wohl richtig“, schmunzelte Dheran. „Aber das habe ich natürlich nie gesagt, Commander.“ „Natürlich nicht, Captain.“ Der Andorianer wurde wieder eine Spur ernster. „Sie nehmen also meine Entschuldigung an, Commander?“ Lo´Ruun Yr Torakan, der die Flasche vorsichtig wieder einpackte, nickte knapp: „Natürlich, Captain. Wir stehen auf derselben Seite. Ich danke Ihnen darüber hinaus für die Aufklärung in Bezug auf andorianische Fähigkeiten.“ Sie reichten sich die Hände, und Tar´Kyren Dheran war hoch zufrieden mit dem bisherigen Verlauf des Morgens. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)