Star Trek - Timeline - 02-02 von ulimann644 (Captain und Commander) ================================================================================ Kapitel 11: Einsichten und Aussichten ------------------------------------- Am nächsten Abend suchte Valand Kuehn die Counselor auf. Feyquari Lanoi hatte ihn bereits erwartet und deutete auf die Liege. Sie beobachtete den Commander dabei, wie er sich umständlich darauf zurecht legte. Schließlich blickte sie ihn schmunzelnd an und erkundigte sich: „Wie fühlen Sie sich, Commander?“ Valand Kuehn wusste von seiner letzten Sitzung, dass es der Counselor lieb war, wenn er auf diese Frage ganz zwanglos antwortete, ohne dass sie einen speziellen Punkt ansprechen musste. Also begann er: „Nun, mein Zusammentreffen mit Captain Picard entwickelte sich ziemlich positiv. Ich gewann den Eindruck, dass er ganz froh war, einmal nicht mit Jemandem zu reden, der direkt, oder indirekt mit der Schlacht von Wolf 359 zu tun gehabt hat, oder dort schmerzliche Verluste erlitt. Zuerst dachte ich, Captain Picard würde mein Handeln, in Bezug darauf dass ich die Romulaner habe ziehen lassen, verurteilen. Doch er billigte diese Entscheidung, was mich etwas überraschte. Ich vermute fast, dass er sich ebenso mit meinen Berichten über Tomalak beschäftigt hat, wie ich mich mit seinen.“ „Glauben Sie, dass es in dieser Hinsicht eine gewisse Harmonie zwischen ihnen beiden geben könnte?“, warf Feyquari Lanoi ein. Kuehn nickte und antwortete überzeugt: „Ich denke schon. Obwohl Picard natürlich sehr viel erfahrener und reifer ist. Er besitzt eine fast unglaubliche Präsenz, und sein Auftreten erzeugt unwillkürlich Vertrauen. Und gleichfalls einen Respekt, den ich bisher nur in der Nähe meiner Eltern und meiner Schwiegereltern verspürt habe. Mir kam der Gedanke, dass vielleicht er den wahren Tomalak kennengelernt hat und nicht ich.“ Feyquari Lanoi blickte dem Norweger fragend in die Augen. „Was halten Sie von dem Gedanken, dass sowohl Picard, als auch Sie selbst, jeweils nur eine Facette des gesamten Romulaners wahrgenommen haben?“ Valand Kuehn überlegte. Dann antwortete er nachdenklich: „Nach meinem Gespräch mit Captain Picard erscheint mir das am wahrscheinlichsten.“ Er blickte beinahe durch die Betazoidin hindurch, als er leise hinzufügte: „Durch das Gespräch wurde ich wieder an jene Romulanerin erinnert, die für einige Wochen als Austauschoffizier an Bord der ALAMO war, als wir nach Cheron flogen. Wissen Sie, selbst, nachdem ich erfuhr, dass sie den Auftrag hatte mich zu hintergehen fiel es mir schwer, sie als Feind zu sehen. Am Ende, als wir uns verabschiedeten, blieb nur eine Frau, mit der Fähigkeit selbst Menschen zu vertrauen.“ Die Augenbrauen der Counselor hoben sich. „Welche Gefühle bringen Sie mit dieser Frau in Verbindung?“ „Kameradschaft“, antwortete Valand Kuehn, beinahe wie aus der Pistole geschossen. „Wäre sie unter anderen Voraussetzungen aufgewachsen, so wäre sie sicherlich eine tolle Kameradin. Jemand den man gerne zum Freund hat.“ „Nicht mehr?“ Kuehn schüttelte entschieden den Kopf. „Was das betrifft: Bis zu meinem Dienstantritt auf diesem Schiff war ich einige Monate lang mit einer Frau zusammen, die mir in dieser Zeit sehr ans Herz gewachsen ist. Aber eine Fernbeziehung kam für sie nicht in Frage. Andererseits wäre es nichts für mich gewesen, mich zum Stab der Sternenflotte versetzen zu lassen. Darum trennte sie sich von mir, was ich sehr bedauert habe.“ Feyquari Lanoi überlegte einen Augenblick lang, ob sie die nächste Frage stellen sollte. Dann entschied sie sich dafür. „Waren ihre Gefühle für diese Frau ebenso tief, wie die für Ihre verstorbene, andorianische Ehefrau, Commander?“ Für einen Moment zögerte Valand Kuehn mit der Antwort, bevor er zugab: „Nein, was ich mit Ahy´Vilara teilte war etwas ganz besonderes. Manchmal glaube ich, dass es sogar etwas Einmaliges war.“ Die Counselor hatte den seltsamen Blick in die Ferne, als Kuehn dies sagte wohl bemerkt und schnell hakte sie ein: „Aber da gibt es Jemanden, bei dem sie vielleicht das Gefühl haben, dass es doch nicht so einmalig bleiben könnte?“ Valand Kuehn rutschte unruhig auf der Liege hin und her. Dabei sagte er etwas unsicher: „Noch bin ich im Zweifel, ob das zutrifft. Aber es ist so, dass mir eine Kameradin von der ALAMO, nach der Havarie sehr ans Herz wuchs. Wir arbeiteten an Bord tagtäglich eng zusammen und ihre Nähe wurde etwas so Selbstverständliches für mich, dass mich die Trennung von ihr irgendwie überraschte. Und nun versuche ich seit einiger Zeit herauszufinden, was es ist, das ich für sie empfinde. Ich weiß nur, dass da eine gewisse Leere in mir ist seit wir einander nicht mehr gesehen haben.“ Die Counselor beugte sich im Sessel vor und fragte sehr behutsam: „Wer ist es, von dem wir hier sprechen, Commander. Sprechen Sie völlig frei ihren Namen aus. Valand Kuehn atmete tief durch. Dann sagte er: „Sylvie LeClerc.“ Nachdem er es endlich ausgesprochen hatte, fühlte er einen Druck schwinden, der zuvor auf seiner Seele gelegen hatte, ohne dass er sich dessen bewusst war. Für einen kurzen Augenblick verwunderte ihn das, was er sich eben das erste Mal selbst eingestanden hatte. Verwirrt blickte er in die dunklen Augen der Betazoidin. „Das ist seltsam, Miss Lanoi. Ich kenne Sylvie seit meinem dritten Jahr an der Akademie. Damals habe ich nie mehr in ihr gesehen, als eine gute Kameradin. Vielleicht konnte ich mir auch nur nicht vorstellen, dass es da mehr geben könnte, weil wir gemeinsam in der RED-SQUAD waren. Gegen Ende meiner Kadettenzeit, da keimte zwar kurzzeitig der Gedanke in mir auf, dass da mehr sein könnte, aber aus irgendeinem Grund habe ich das damals zur Seite geschoben.“ „Sie waren damals beide noch sehr jung, Commander“, gab Feyquari Lanoi behutsam zu bedenken. „Vielleicht war da irgendwo der Gedanke in ihnen, dass sie beide noch alle Zeit der Welt zur Verfügung hätten. Durch die Havarie der ALAMO haben Sie hingegen erfahren müssen, dass dies vielleicht nicht der Fall ist. Doch auch da waren Sie in Trauer und Sylvie permanent in Ihrer Nähe. Möglicherweise ist Ihnen deshalb erst nach der Rückkehr der ALAMO und der Trennung von ihr bewusst geworden, was Sie mit ihr wirklich verlieren.“ Ein Zug unbeschreiblicher Verwunderung lag auf dem Gesicht des Norwegers, als er sich beinahe wie in Zeitlupe aufsetzte und leise fragte: „Wäre es wirklich denkbar, dass ich all die Jahre, seit Ahy´Vilaras Tod, so blind gewesen bin?“ Die Counselor lächelte verbindlich. „Das werden nur Sie selbst beantworten können, Commander. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung überhaupt die Frage zu stellen. Ich würde sagen, dass wir für heute gute Fortschritte gemacht haben, Sir. Wenn Sie sonst nichts Dringendes haben, schlage ich vor, dass wir uns in einer Woche wieder hier treffen.“ „Ja, sicher“, entgegnete Kuehn etwas abwesend und verabschiedete sich schnell von der Betazoidin. Er musste nun über einige Dinge nachdenken.   * * *   Gemeinsam flogen die AKIRA und die ENTERPRISE Sternenbasis-234 an. Als sie noch etwa einen halben Tag von der Station entfernt waren, trat Captain Ramirez-Escobar wieder ihren Dienst an. Sie hatte sich hartnäckig geweigert noch länger auf der Krankenstation zu bleiben, und schließlich hatte Joran Glinar ihr nachgegeben. In den vergangenen zwei Tagen hatte Valand Kuehn sie, jeweils nach seinem Dienstende kurzzeitig besucht. Beide hatten es dabei vermieden, über die Ereignisse zu sprechen, die sich bei der letzten Außenmission ereignet hatten. Kuehn vermutete jedoch, dass Marina Ramirez-Escobar dieses Thema noch nicht als erledigt ansah, sondern lediglich damit warten wollte, bis sie wieder vollkommen hergestellt war. Während der letzten beiden Tage hatte er gleichfalls einige Male an das Gespräch mit Captain Picard gedacht. Jetzt, da er ihn kennengelernt hatte schien es ihm nicht mehr ganz so verwunderlich, dass sich der Captain der ENTERPRISE ein etwas anderes Bild von den Romulanern im Allgemeinen und Tomalak im Besonderen gemacht hatte. Was ihm zudem in dieser Hinsicht half, war das Gespräch vom vergangenen Tag, mit Feyquari Lanoi. Nachdem die Kolumbianerin und der Norweger den halben Vormittag auf der Brücke zugebracht hatten, wobei sie zwischenzeitlich dienstliche Obliegenheiten erörtert hatten, blickte die Frau schließlich zu ihrem Ersten Offizier und übergab ihm die Brücke, bevor sie ihren Bereitschaftsraum aufsuchte. Eine halbe Stunde später, ließ sie ihn zu sich kommen, und während Kuehn sich erhob und Senak das Kommando übergab, dachte er bei sich: Jetzt geht der Tanz also los. Nachdem er den Bereitschaftsraum betreten hatte, wappnete er sich innerlich auf das, was nun wohl folgen würde. Er hatte wissentlich gegen einen Befehl verstoßen, auch wenn ihn Marina Ramirez-Escobar ausgesprochen hatte, nachdem sie schwer verletzt worden war. Aber das Argument, dass sie zu diesem Zeitpunkt möglicherweise nicht mehr Herrin ihrer Sinne gewesen war, kam ihm selbst etwas fadenscheinig vor. Die Kolumbianerin stand mitten im Raum. Ihre Arme hatte sie unter der Brust verschränkt und sie blickte ihn mit undurchdringlicher Miene an. Einen Moment ließ sie ihn zappeln, bevor sie düster meinte: „Na, auf den folgenden Bericht von Ihnen bin ich schwer gespannt, Commander. Dann legen Sie mal los und informieren mich.“ Die Haltung des Mannes spannte sich. Er berichtete, was sich ereignet hatte, während die Latina bewusstlos gewesen war. Als er erwähnte, sie gemeinsam mit Kevek aus der Höhle geschleppt zu haben, da sah die Kommandantin ihn erstaunt an, sagte aber nichts. Erst nachdem er geendet hatte, trat sie dicht vor ihn und sagte: „Commander, ich gab ihnen auf dem Planeten den direkten Befehl auf meine Rettung zu verzichten und die AKIRA in Sicherheit zu bringen. Diesen Befehl haben Sie verweigert!“ „Der Befehl war unverständlich, Captain.“ Etwas lauter fügte die Frau hinzu, ohne sich um den Einwand zu scheren: „Und Sie haben einen untadeligen Offizier dazu überredet, diese Befehlsverweigerung zu unterstützen, Commander! Zudem haben Sie gegen meinen Befehl diese Romulaner an Bord gebracht.“ „Wir befanden uns auf einem humanitären Einsatz“, brachte der Norweger in Erinnerung. „Und mit allem gebotenen Respekt, es wäre inhuman gewesen, sie auf dem Planeten ihrem Schicksal zu überlassen.“ Ein gefährliches Feuer erschien in seinen Augen, als er fortfuhr: „Was nun Ihre Rettung betrifft, Captain, so lassen Sie sich sagen, dass ich glaube, Sie umarmen den Tod etwas zu schnell und zu leichtfertig. Ich weiß verdammt nochmal sehr gut, wie Ihnen zumute sein muss, denn ich selbst habe mich damals auf der ALAMO in einer ganz ähnlichen Lage befunden. Aber das gibt Ihnen nicht das Recht, sich so einfach aus der Verantwortung zu ziehen.“ „Commander...“ Valand Kuehn ließ sie nicht aussprechen. „Auf der ALAMO habe ich geschworen, dass ich niemanden mehr sterben sehen will, und ich werde mein Möglichstes tun, diesen Schwur zu halten. Ich habe ihnen das Leben gerettet, Sir. Ich habe gleichfalls die überlebenden Romulaner an Bord genommen und sie auf das Flaggschiff der Romulaner zurückgeschickt. Niemand kam zu Schaden. Wenn Sie es für nötig halten, dann bringen Sie mich dafür vor ein Kriegsgericht. Aber ich würde es jederzeit wieder so machen.“ „Commander...!“ Kuehn wollte mit seiner Tirade fortfahren, doch die Kommandantin der AKIRA hinderte ihn daran, indem sie ihn fest, in der Nähe des Kragens, am Uniformpullover packte und ein Stück zu sich hinunter zog. Kuehn, der im ersten Moment fassungslos der Überzeugung war, die Latina würde sich nun vergessen und ihn ohrfeigen blickte sie nur aus größer werdenden Augen an. Im nächsten Moment drückte Marina Ramirez-Escobar dem Hünen einen sanften Kuss auf die linke Wange und erklärte leise: „Ich möchte mich bei Ihnen bedanken, dass Sie mich nicht aufgegeben haben.“ Dann ließ sie den Commander schnell wieder los und trat einen Schritt zurück. Etwas zögerlich sagte sie dann: „Entschuldigen Sie bitte meine Emotionalität, Commander. Aber ein einfaches Danke schien mir unangemessen.“ Valand Kuehn, der nicht wusste, was er sagen sollte, beobachtete, dass seine Vorgesetzte sichtlich damit zu kämpfen hatte, die Haltung zu wahren. Er sah kurz hinüber zum Fenster, um ihr Gelegenheit zu geben sich wieder zu sammeln. Als sie sich wieder in die Augen sahen, schluckte die Latina und meinte: „Unten auf dem Planeten, da gab es wirklich einen kurzen Augenblick der Schwäche in dem ich dazu bereit gewesen bin, mich einfach fallenzulassen und ich schäme mich dafür. Aber Sie irren, wenn Sie glauben, dass ich bewusst den Tod suchen würde, Commander.“ Der Norweger blickte seine Vorgesetzte prüfend an. Dann entspannte sich seine Haltung und er erwiderte: „Das freut mich zu hören, Captain.“ Für einen Augenblick herrschte unangenehmes Schweigen, bevor Marina Ramirez-Escobar auf das Sofa der Sitzecke deutete und sagte: „Nehmen Sie doch Platz, Commander. Ich wollte noch über etwas anderes mit Ihnen sprechen. Kann ich Ihnen vielleicht etwas zu trinken anbieten?“ „Ein Andorianischer Tee wäre nicht schlecht.“ Die Kommandantin der AKIRA begab sich zum Replikator und kehrte kurze Zeit später zu der Sitzecke zurück. Einen Andorianischen Tee und ein Altair-Wasser auf den Tisch stellend setzte sie sich in einen der beiden Sessel. Nachdem sie beide einen Schluck von ihren Getränken genommen hatten, ergriff die Frau das Wort: „Commander, zu unserem etwas holprigen Start möchte ich nur noch eines sagen, und danach werden wir uns die Hand reichen und nie wieder darüber reden. Fakt ist: Ich hatte Vorbehalte Sie als meinen neuen XO an Bord zu bekommen, ohne Sie zu kennen. Es passte mir nicht, und deshalb war ich Ihnen gegenüber reservierter, als ich es hätte sein sollen. Fakt ist aber gleichfalls, dass auch Sie es mir anfangs nicht gerade leicht gemacht haben, mit Ihnen zurecht zu kommen. Und so kam eins zum anderen. Sehen Sie, Commander, die Zeit auf der ALAMO hat Sie, trotz, oder vielleicht gerade wegen, ihres jungen Alters zu einem Offizier gemacht, für den bereits viele Dinge selbstverständlich sind, die sich so mancher erfahrenere Erste Offizier mühsam erarbeiten muss. Vielleicht hatte ich Angst einen so kompletten Ersten Offizier zu bekommen, der möglicherweise mir mehr beibringen kann, als ich ihm.“ Valand Kuehn ergriff ihre Hand, als die Latina sie ihm reichte, und beeindruckt von ihrer Offenheit gab er zu: „Das wäre das Letzte gewesen, womit ich bei unseren anfänglichen Problemen gerechnet hätte. Ich dachte immer, es wäre ein Vorteil für einen Captain, wenn er einen XO zur Seite hat, der eigenständig arbeiten kann. Dass es gleichfalls für Verunsicherung sorgen könnte, war mir dabei nicht bewusst.“ Marina Ramirez-Escobar ließ die Hand des Commanders los und erwiderte: „Dann schlage ich vor, dass wir ab jetzt immer so offen mit einander umgehen, um zukünftig Verunsicherungen und Missverständnisse zu vermeiden.“ Wieder tranken sie und blickten sich an. Nach einem Moment fragte die Kommandantin des Schiffes: „Etwas anderes hat mir in den letzten Tagen gleichfalls keine Ruhe gelassen, Commander. Und zwar diese seltsame Statue in dem planetaren Stützpunkt. Die Haltung wirkte so überlegen – der Blick so grausam. Wer mag das alles vor so langer Zeit geschaffen haben, und wo sind die Erbauer dieses Stützpunktes geblieben?“ Kuehn meinte zustimmend: „Dasselbe habe ich mich ebenfalls gefragt. Was Mister Senak mittlerweile anhand der mitgebrachten Daten herausfand ist, dass es sich bei dem Galaxienabbild nicht um eine Darstellung der Milchstraße gehandelt hat. Es stellte sich heraus, dass es ein Abbild des Dreiecksnebels gewesen ist.“ „Triangulum?“ Die Frau blickte Valand Kuehn überrascht an. „Aber wozu?“ Der Commander machte eine vage Geste. „Halten Sie mich ruhig für verrückt, Captain, aber jedesmal wenn ich darüber nachdenke, dann frage ich mich, ob die Wesen, welche diesen Stützpunkt erbauten, nicht vielleicht von dort kamen.“ Der Mund der Frau öffnete sich. Erst nach einigen Augenblicken erwiderte sie ungläubig: „Sie meinen, über den gewaltigen Abgrund, zwischen den Galaxien hinweg? Das ist für mich wirklich schwer vorstellbar. Aber falls das stimmen sollte, würde das bedeuten, dass es dort gleichfalls Menschen gibt. Menschen mit einem sehr grausamen Blick.“ Valand Kuehn trank sein Glas aus. Nachdem er es auf den Tisch gestellt hatte, antwortete er: „Vielleicht ist der Blick dieser Statue lediglich der künstlerischen Freiheit des Erschaffers zuzuschreiben. Möglicherweise wurde sie nicht einmal von Menschen geschaffen, sondern sollte lediglich vor ihnen warnen.“ Ungläubig sah die Kolumbianerin zu Kuehn. Dann schüttelte sie den Kopf und erklärte: „Vermutlich werden wir nie auf die richtige Antwort kommen. Zumindest wird es kein Wesen dieser Galaxis zu unserer Lebzeit erfahren.“ Marina Ramirez-Escobar erfuhr nie, dass sie sich in beiden Annahmen irren sollte...   * * *   Als Marina Ramirez-Escobar und Valand Kuehn später wieder gemeinsam die Brücke betraten, da konnten sie die Anspannung der anwesenden Besatzungsmitglieder beinahe mit den Händen greifen. Amüsiert blickten sie sich an und leise raunte die Frau: „Sehen Sie sich einmal unsere Helden an. Die haben mit Mord und Totschlag gerechnet, wollen wir wetten?“ „Ich wette nie mit vorgesetzten Offizieren“, raunte Kuehn ebenso leise zurück. „Aber ich glaube, Sie haben Recht, Captain.“ Beide schritten zu ihren Sesseln und nahmen darin Platz. Dabei lehnte sich die Kommandantin etwas zu Valand Kuehn hinüber und meinte neugierig: „Eins müssen Sie mir noch erklären, Commander: Ich habe den Bericht gelesen, wie Sie die Romulaner dazu gebracht haben, sich zurückzuziehen. Warum haben Sie die Schussdauer der Phaser auf jeweils eine halbe Sekunde begrenzt?“ Valand Kuehn erlaubte sich ein schelmisches Grinsen. „Es hat seine Vorteile, wenn man seine Karriere als Taktischer Offizier beginnt. Während meiner Ausbildung an der Akademie habe ich gelernt, dass man die Frequenz eines Partikelstrahls erst ab einer gewissen Dauer genau ermitteln kann. Durch die Begrenzung auf eine halbe Sekunde, habe ich erreicht, dass die Romulaner nicht wissen, warum unsere Phaser ihre Schilde durchschlagen haben. Für sie stellt es sich so dar, dass die AKIRA ein vollkommen neuer Schiffstyp ist, dessen Waffen in der Lage sind, drei ihrer Warbirds außer Gefecht zu setzen, als wäre es nichts.“ Bei seinen letzten Worten zwinkerte er kurz. „Und ich vermute, sie haben diesen Umstand Tomalak gegenüber genutzt.“ Der Norweger grinste nun ganz offen. „Natürlich, Captain. Ich gab ihm mit auf den Weg, dass bei einem neuerlichen Eindringen in unser Territorium möglicherweise einige Dutzend Raumschiffe dieser Klasse hier auf ihn und seine Kameraden warten werden. Darüber wird ein Mann, wie Tomalak, bestimmt einige Zeit nachdenken.“ „Erinnern Sie mich daran, niemals mit Ihnen zu pokern, Commander“, meinte die Kommandantin kopfschüttelnd. „Aber glauben Sie wirklich, dass dieser Commander Tomalak Ihren Bluff nicht irgendwann durchschauen wird?“ „Die Möglichkeit besteht“, gab Valand Kuehn zu. „Allerdings muss er erst einmal darauf kommen, dass es einer war, und wie sich alles abgespielt hat. Und so lange kann er sich nicht das Risiko leisten, meine Warnung einfach zu ignorieren.“ Amüsiert grinsend gab die Frau zurück: „Ich werde Sie mitnehmen, wenn ich Vizeadmiral Shanthi nachher Bericht erstatte. Ich bin jetzt schon gespannt darauf, was sie zu Ihren Ausführungen sagen wird.“ „Bevor, oder nachdem sie mich wieder zum Ensign degradiert hat?“ Sie lachten, und spätestens jetzt fiel auch vom letzten Anwesenden auf der Brücke die vorherige Spannung ab. Nach einer Weile erkundigte sich Valand Kuehn: „Wissen Sie schon, wohin die Reise der AKIRA gehen wird, sobald wir auf Sternenbasis-234 fertig sind, Captain?“ „Ja“, bestätigte Marina Ramirez-Escobar. „Bevor ich Sie zu mir rufen ließ bekam ich eine Nachricht vom Sternenflottenkommando. Wir werden in den cardassianischen Grenzbereich abkommandiert. Es gibt Gerüchte, dass die versprengten Bajoraner dort gegen unsere Kolonien aktiv werden könnten. Noch ist alles ruhig und der Flottenstab schickt uns dorthin, damit es auch so bleibt.“ „Also Patrouillendienst“, ächzte der Norweger. „Und wie lange?“ „Ich würde sagen, Karneval auf Risa können Sie getrost vergessen“, lachte die Kommandantin, erheitert über Kuehns Leidensmiene. „Aber dafür sind wir auch nicht der Sternenflotte beigetreten, nicht wahr?“ „Wenn Sie es sagen, Captain.“ Marina Ramirez-Escobars Augen wurden zu schmalen Schlitzen. Mit misstrauischem Blick meinte sie: „Sie hatten wohl schon mit dem Gedanken gespielt, ich würde auf Risa, in einer schummerigen Bar, spärlich bekleidet, mit einer weißen Boa über der Schulter, mit lasziven Bewegungen auf dem Tisch tanzen? Und den Tequila, an einem meiner nackten Beine hinunter, direkt in ihre Kehle laufen lassen?“ „Ein verlockender Gedanke“, erwiderte Valand Kuehn trocken und überspielte damit seine momentane Verlegenheit, da er sich für einen Augenblick wirklich vorgestellt hatte, wie sein Captain in einem typisch brasilianischen Tanzkostüm aussehen würde. Etwas melancholisch blickte der Norweger schließlich auf den Bildschirm und dachte daran, dass er durch diesen Einsatzbefehl erst einmal keine Aussichten auf ein schnelles Wiedersehen mit Sylvie LeClerc haben würde. Doch dann sagte er sich, dass sich dazu schon noch eine Gelegenheit ergeben würde. Zunächst einmal würde er ihr via Federation-Skynet eine Nachricht zukommen lassen, und in der Folgezeit dafür sorgen, dass der Kontakt mit ihr nicht abriss. Alles Andere würde sich dann schon finden. Er blickte kurz zu Marina Ramirez-Escobar, die sein gelöstes Lächeln erwiderte, und in diesem Moment wusste er, dass seine Entscheidung, das Kommando auf der AKIRA anzunehmen, richtig gewesen war und sie fortan ihre Aufgabe, als Captain und Commander, in der richtigen Weise erfüllen würden.     ENDE Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)