Star Trek - Timeline - 02-02 von ulimann644 (Captain und Commander) ================================================================================ Kapitel 6: Das Notruffragment ----------------------------- Logbuch der U.S.S. AKIRA Commander Valand Kuehn Sternenzeit: 45025.7   Captain Ramirez-Escobar und ich waren in den letzten beiden Tagen abwechselnd im Zwölfstunden-Rhythmus auf der Brücke präsent. Vor wenigen Stunden gelang es der U.S.S. SUTHERLAND, unter dem Kommando von Lieutenant-Commander Data, einem Androiden im Dienst der Sternenflotte, wie mir berichtet wurde, das Komplott zwischen dem Haus der Duras und den Romulanern aufzudecken. Nach den abschließenden Berichten, die wir vor wenigen Minuten, zusammen mit dem Rückzugsbefehl, von der ENTERPRISE erhielten, stellt sich uns die Lage nun so dar, dass die Duras tatsächlich von romulanischer Seite aus, beim Umsturz der klingonischen Regierung unterstützt wurden. Unter dem Kommando einer Frau namens Selas, von der, während unseres Einsatzes kaum mehr bekannt geworden ist, als dass sie nicht rein-romulanischer Abstammung ist, sondern das Mischlingskind einer Verbindung zwischen einem Romulaner und einer Menschenfrau, erhielt das Haus Duras massive materielle Unterstützung. Jetzt – nachdem diese Zusammenhänge aufgeklärt worden sind, und sich die Romulaner in ihr eigenes Territorium zurückgezogen haben – ist die Macht der Duras gebrochen und Gowron kann als Kanzler des Klingonischen Hohen Rates bestätigt werden. Während sich die Flotte sammelt, um sich in Richtung Sternenbasis-234 zurückzuziehen, trifft man auf der ENTERPRISE bereits letzte Vorbereitungen, sich auf den Weg nach Qo´nos zu machen, um das Einsetzungsritual abzuschließen, welches von Captain Picard überwacht wird. Ich habe den Captain von dem Befehl in Kenntnis gesetzt und bereite nun die AKIRA auf den Rückflug zur Sternenbasis-234 vor.   * * *   Valand Kuehn beendete seinen Rundgang zwischen den verschiedenen Stationen auf der Brücke der AKIRA und ließ sich, mit nachdenklicher Miene im Sessel des Captains nieder. Er war ebenso erleichtert, wie alle an Bord, dass man das Komplott der Duras hatte aufdecken können und es darüber hinaus nicht zu einem militärischen Konflikt mit den Romulanern gekommen war. Captain Ramirez-Escobar hatte, von ihrem Quartier aus, seine abschließende Meldung mit gleichfalls spürbarer Erleichterung entgegen genommen, und ihn darüber informiert, dass er bis zum Abflug zur Sternenbasis-234, gegen Mittag, das Kommando auf der Brücke behalten sollte, bevor sie selbst ihn ablösen würde. Noch gute vier Stunden. Er warf einen Blick zur Seite, als Lieutenant Lanoi, die vor wenigen Augenblicken die Brücke betreten hatte, zu ihm kam, und sich links neben ihn setzte. Sie erwiderte seinen Blick mit einem freundlichen Lächeln und sagte, mit sanftem Tonfall: „Guten Morgen, Commander. Wie geht es Ihnen? Sie und der Captain haben in den letzten beiden Tagen nur wenig Ruhe gefunden.“ „Guten Morgen, Counselor“, erwiderte Kuehn und meinte dann: „Das war nicht so schlimm. Es gab Zeiten, da wäre ich froh gewesen, wenn mein Dienst so ausgesehen hätte.“ Die Betazoidin nickte verstehend. „Sie sehen es von der positiven Seite, Sir. Das finde ich sehr gut.“ „Und Sie sehen es schon wieder von der beruflichen Seite, Lieutenant“, stellte Kuehn trocken fest. „Vergessen Sie eigentlich nie, dass sie Counselor sind?“ „So etwas darf eine Counselor nicht vergessen“, entgegnete die Frau gelassen und ihre dunklen Augen funkelten dabei beinahe verschmitzt. Dann wechselte sie übergangslos das Thema und erkundigte sich: „Wie kommen Sie hier an Bord mit der Tatsache zurecht, dass sie nach so langer Zeit wieder einen vorgesetzten Offizier haben, mit dem Sie zusammenarbeiten?“ Valand Kuehn zögerte etwas, bevor er zugab: „Nun, ich hatte es mir vorher etwas einfacher vorgestellt. Mir war nicht bewusst, dass ich mich bereits so sehr daran gewöhnt hatte, selbst zu kommandieren.“ Die Counselor nickte verstehend. „Die Jahre an Bord der ALAMO waren sicherlich prägend für Sie, Commander. Auch in dieser Hinsicht. Ich schätze Sie jedoch so ein, dass Sie im Laufe der Zeit besser damit klarkommen werden.“ „Ja, das denke ich auch.“ Die Counselor erhob sich. „Sie entschuldigen mich nun. Vergessen Sie nicht, dass wir morgen Nachmittag den nächsten Termin haben, Commander.“ „Wie könnte ich das, bei einer so reizenden Frau“, erwiderte Kuehn augenzwinkernd. Er wurde abgelenkt, als der efrosianische Lieutenant, To´Raan Yr Paragon, von der Taktischen Konsole aus meldete: „Commander, unsere Langstrecken-Scanner fangen schwache Muster einer merkwürdigen Subraumanomalie auf.“ „Zur Wissenschaftlichen Station überspielen“, befahl Kuehn knapp. Dann wandte er sich an Lieutenant-Commander Senak, und fragte: „Können Sie etwas zur Art der Anomalie sagen, Mister Senak? Worum könnte es sich handeln?“ „Unbekannt“, antwortete der Vulkanier und nahm gleichzeitig einige Einstellungen an den Scannern vor. Dann erklärte er: „Commander, ich habe solche Subraummuster noch nie zuvor gesehen; alles was ich feststellen kann ist die ungefähre Richtung aus der sie kommt. Nach meiner Analyse haben wir lediglich einige schwache Ausläufer der Anomalie angemessen. So, wie es scheint, handelt es sich um ein kaskadenartiges Phänomen, dass ihren Ursprung in mehr als siebenundvierzig Lichtjahren Entfernung hat. Es liegt genau im Niemandsland zwischen dem Klingonischen Reich und dem Romulanischen Sternenimperium, ganz in der Nähe eines roten Zwergsterns der WR-Klasse. „Hm“, machte Kuehn. „Ein Stern mit ungewöhnlich heißer Oberfläche also.“ „Das ist korrekt, Commander.“ „Danke, Lieutenant-Commander. Ich...“ Valand Kuehn wurde erneut von dem Efrosianer unterbrochen, der, entgegen der weitverbreiteten Mode auf seinem Heimatplaneten, keinen Schnurrbart trug. „Commander, die ENTERPRISE ruft uns.“ „Öffnen Sie einen Kanal, Mister Yr Paragon.“ Einen Moment später bestätigte der Efrosianer: „Verbindung steht.“ „Auf den Hauptbildschirm.“ Bereits im nächsten Augenblick manifestierte sich das Abbild eines Sternenflotten-Captains auf dem großen konkaven Bildschirm. Seine gesamte Haltung drückte Autorität und Selbstsicherheit aus, als er das Gespräch begann, indem er sagte: „Hier spricht Captain Jean-Luc Picard, von der ENTERPRISE. Sie sind Commander Valand Kuehn, der Erste Offizier der AKIRA nehme ich an.“ „Das ist richtig, Sir.“ „Hören Sie, Commander: Unsere Scanner haben schwache Ausläufer einer seltsamen Subraumanomalie aufgefangen. Ich wünschte, wir könnten uns selbst um dieses Phänomen kümmern, aber die ENTERPRISE wird in Kürze über Qo´nos erwartet.“ „Wir haben diese Anomalie ebenfalls angemessen, Captain“, warf Valand Kuehn ein. Picard nickte knapp. „Um so besser, Commander. Da ich momentan noch die Kommandogewalt über die Flotte besitze, werde ich hiermit anweisen, dass sich die AKIRA dem Ursprung der Anomalie vorsichtig nähern soll um herauszufinden, worum es sich dabei handelt. Sobald Sie herausgefunden haben, was dort vorgeht fliegen Sie zu Sternenbasis-234 und erstatten dort Bericht.“ „Verstanden, Captain Picard.“ Der Captain der ENTERPRISE musterte Kuehn einen Moment lang intensiv, bevor er meinte: „Viel Glück, Commander. Picard, Ende.“ Gleich darauf verschwand das Abbild des Captains vom Bildschirm und machte wieder dem Frontsektor des umgebenden Weltalls platz. Im nächsten Moment handelte Kuehn. In diesem Moment fühlte er sich endgültig wieder ganz in seinem Element. „Mister Cunningham: Setzen Sie einen Kurs. Mister Adelar: Kurs folgen, mit Warp-9.“ Die beiden angesprochenen Offiziere bestätigten, während sich der Commander bereits zum Taktischen Offizier umwandte. „Mister Yr Paragon, Sie bleiben wachsam und melden sofort, wenn irgend etwas das Schiff zu gefährden drohen sollte. Permanente Bereitschaft für Schilde und Waffen.“ „Aye, Sir.“ In den tiefblauen Augen des Efrosianers konnte man erkennen, dass ihm der Befehl Picards zu gefallen schien. Lieutenant-Commander Senak, der sich bislang im Hintergrund gehalten hatte wandte sich nun an Kuehn. „Sollten Sie nicht den Captain informieren, Sir?“ Kuehn wandte sich zu dem Vulkanier um und erklärte: „Es besteht keine unmittelbare Gefahr für das Schiff, Mister Senak. Und der Flug zu dem WR-Klasse-Stern wird mindestens sechsunddreißig Stunden betragen. Warum also den Captain um die verdiente Nachtruhe bringen?“ Senak schwieg und hob lediglich leicht seine Augenbrauen, während Valand Kuehn sich abwandte und erneut im Sessel des Captains Platz nahm.   * * *   „Verdammt, warum informieren Sie mich erst jetzt, Commander!“ Mit in den Hüften abgestützten Fäusten stand Marina Ramirez-Escobar, wie ein Racheengel, vor dem Arbeitstisch in Valand Kuehns Bereitschaftsraum und funkelte ihn mit ihren dunklen Augen wütend an. Valand Kuehn blieb relativ gelassen, da er wusste, dass er sich an die Protokolle der Sternenflotte gehalten hatte. Da sich das Schiff, vom Marschbefehl Picards an, bis zum jetzigen Zeitpunkt, nicht in unmittelbarer Gefahr befunden hatte, und das Ziel noch einen Tag entfernt war, gab es für den diensthabenden Kommandierenden Offizier auf der Brücke keinen Grund vorzeitig die Pferde scheu zu machen. Natürlich wusste Kuehn gleichfalls, dass es Kommandanten gab, die über alles sofort informiert werden wollten, aber dies lag im Ermessensspielraum des diensthabenden Offiziers. „Captain, das Schiff befand sich zu keinem Zeitpunkt in unmittelbarer Gefahr“, erklärte Valand Kuehn deshalb ruhig. „Und das Ziel ist weit genug entfernt, dass man sagen kann, die Zeit reicht völlig aus, um Sie umfassend zu informieren, bevor wir es erreichen.“ Die Kolumbianerin wusste, dass Kuehn recht hatte. Das, und seine geradezu aufreizende Ruhe, brachte sie nur noch mehr in Fahrt. „Ach, meinen Sie! Ich will Ihnen etwas sagen, Commander: Sie sind noch lange nicht erfahren genug, um alle Eventualitäten einer Situation richtig einschätzen zu können! Darum wäre es nicht verkehrt gewesen, mich zu informieren, nachdem Picard den Befehl erteilte!“ „Was ist mit Ihnen, Captain?“, fragte der Norweger gelassen. „Was soll mit mir sein?“ „Nun, sind Sie erfahren genug, um mit wirklich jeder Situation richtig umzugehen? Oder liegt es im Bereich des Möglichen, dass es Situationen geben könnte, die auch Sie vor unüberwindbare Schwierigkeiten stellen könnte?“ Die Latina öffnete ihren Mund um etwas zu erwidern, doch im Moment fiel ihr beim besten Willen nicht ein, was. Also schloss sie ihren Mund wieder, funkelte Kuehn giftig an und zischte schließlich: „Verlassen Sie augenblicklich meinen Bereitschaftsraum!“ „Wir befinden uns in meinem Bereitschaftsraum“, konterte der Commander kühl. „Wie? Ach so, ja“, murmelte Marina Ramirez-Escobar in Gedanken, bevor sie ihre Stimme wieder anhob: „Dann verschwinde ich eben! Aber lassen Sie sich eins von mir sagen, dazu ist das letzte Wort noch nicht gesprochen!“ Damit machte sie auf dem Absatz kehrt und schoss förmlich davon, so dass es beinahe einem Wunder gleichkam, dass sie nicht gegen das Schott prallte, bevor es sich vor ihr geöffnet hatte. Kuehn blickte ihr nach und spürte, wie seine zur Schau gestellte Gelassenheit einem wütenden Magengrummeln Platz machte. Was wollte diese Frau von ihm? Er wusste, dass er besser hierbleiben sollte, doch gleichzeitig wollte er diese hitzige Debatte jetzt gleich mit dem Captain klären. Auf der Brücke wandte sich Tia´Lanai Dharell, die den Leitenden Taktischen Offizier abgelöst hatte, um, als Marina Ramirez-Escobar aus Valand Kuehns Bereitschaftsraum stürmte und in ihrem eigenen Bereitschaftsraum verschwand. Als kurz darauf der Commander hinterher eilte, seine Hand auf den Meldekontakt legte, und den Bereitschaftsraum des Captains betrat, kaum dass sich das Schott geöffnet hatte, begannen ihre Antennen sich unruhig in sämtliche Richtungen zu bewegen. Etwas konsterniert blickte sie zu Dorian Adelar, der herüber blickte und achselzuckend meinte: „Dicke Luft.“ Im Bereitschaftsraum der Kolumbianerin blieb Valand zwei Schritt hinter dem Schott stehen und blickte die Frau scharf an, bevor er fragte: „Welches Problem haben Sie mit mir, Captain? Ich habe mich exakt an die Vorschriften gehalten.“ Die Latina, die am Replikator stand, und eben einen starken Kaffee geordert hatte, machte zwei schnelle Schritte auf ihn zu. „Ja, das haben Sie, zum Teufel nochmal, aber...!“ Sie verstummte, schloss ihre Augen und atmete tief durch, da sie spürte, dass dieses Gespräch im Begriff war, einen Verlauf zu nehmen, den sie später bedauern würde. Als sie ihre Augen wieder öffnete sagte sie, mühsam beherrscht: „Hören Sie, Commander: Es gibt wesentlich mehr, als nur die Protokolle der Sternenflotte, wenn es um die Kommunikation zwischen den beiden höchsten Offizieren dieses Schiffes geht. Wir beide – Sie und ich – tragen die Verantwortung für vierhundertundfünfzig Männer und Frauen, und wenn wir zwei Fehler machen, weil wir es nicht schaffen einander zu vertrauen, und vernünftig mit einander zu kommunizieren, dann sterben möglicherweise Besatzungsmitglieder. Aber das sollten Sie eigentlich wissen. Es gibt so etwas wie ungeschriebene Protokolle an Bord eines Raumschiffs, und eins der wichtigsten davon lautet, dass man den Captain in wichtigen Angelegenheiten nicht übergeht. Und jetzt, Commander, lassen Sie mich bitte allein, oder diese Unterhaltung nimmt möglicherweise einen höchst unschönen Verlauf. Ach, und noch eins, Mister Kuehn: Denken Sie gut über meine Worte nach.“ Valand Kuehn, der sich eben noch im Recht gefühlt hatte, merkte tief in sich, wie die Worte der Frau etwas in ihm auslösten. Etwas – das ihn nachdenklich stimmte. Er schluckte und antwortete: „Aye, Captain.“ Dann wandte er sich ab und verließ in einer seltsamen Stimmung den Bereitschaftsraum des Captains. Ohne dabei zur Seite zu blicken, verschwand er in der Kabine von Turbolift-2 und fuhr hinunter zu Deck-4. Beinahe geistesabwesend suchte er sein Quartier auf und schritt zu einem der Fenster hinüber. Die Hände auf den Rücken legend starrte er eine Weile zu den vorbeirasenden Sternenstreifen hinaus, ohne sie wirklich zu sehen. Dabei hallten die Worte der Kolumbianerin in seinem Kopf nach. Tief in sich spürte er Betroffenheit, weil sich das Gefühl in ihm breit machte, dass sie absolut Recht hatte. Er hatte Marina Ramirez-Escobar tatsächlich bewusst übergangen, und sie war wohl zurecht aufgebracht deswegen. Wann bist du so überheblich geworden, hörte er die Stimme von Ahy´Vilara in seinen Gedanken. Zumindest stellte er sich vor, es sei ihre Stimme. Sie ist verdammt nochmal dein Captain, und du solltest ihr mit all deiner Kraft zur Seite stehen, statt gegen sie zu arbeiten. Du bist ihr Neelan-tor, und sie muss sich völlig auf dich verlassen können. Mit geballten Fäusten – wütend auf sich selbst – wandte sich Valand Kuehn ab und schritt zur Vitrine hinüber. Für eine Weile sah er auf das Neelan-tor und er rief sich in Erinnerung wofür es stand. Für Mut und Treue. Und gleichfalls für Loyalität. Unmittelbar danach fiel sein Blick auf das kleine, mit dunkelblauem Samt ausgeschlagene, Kästchen, dass er vor einem Tag zusätzlich in die Vitrine gestellt hatte und das sein RED-SQUAD-Abzeichen enthielt. Ein Symbol für die besten der besten angehenden Sternenflottenoffiziere. Aufgewühlt ging er zu seinem Arbeitstisch und nahm ein Padd mit Bildern von seiner verstorbenen Frau zur Hand. Während er Bild für Bild abrief dachte er inbrünstig: Sie hat Recht, Ahy´Vilara. Das mindeste, was sie von mir erwarten kann, ist meine uneingeschränkte Loyalität. Und die wird sie zukünftig haben, das schwöre ich dir. Für eine Weile betrachtete er die Bilder und als er das Padd schließlich wieder zur Seite legte lag ein entschlossener Ausdruck in seinen Augen.   * * *   Als Valand Kuehn am späten Nachmittag wieder auf der Brücke erschien, da wirkte er wieder völlig gelöst. Die einsichtigen Gedanken am Morgen und der anschließende Schlaf hatten Wunder gewirkt. Daran gewöhnt, Probleme nicht auf die Lange Bank zu schieben, begab er sich zu Marina Ramirez-Escobar, die in der Nähe der Taktischen Konsole stand, und fragte in gedämpftem Tonfall: „Könnte ich Sie bitte für einen kurzen Moment unter vier Augen sprechen, Captain?“ Die Frau blickte fragend zu ihm auf, und deutete dann in Richtung ihres Bereitschaftsraums. Nachdem sie ihn betreten hatten, kam der Norweger ohne Umschweife zur Sache: „Captain, sie hatten heute Morgen vollkommen Recht. Ich hätte Sie umgehend informieren sollen. Ich wollte bestimmt nicht respektlos sein, es war aber möglicherweise etwas überheblich.“ „Etwas?“ Kuehn grinste schief. „Etwas sehr, Captain.“ Ein anerkennender Zug lag auf dem Gesicht der Kolumbianerin, als sie schließlich erwiderte: „Nur den wenigsten Personen gelingt es, mich zu überraschen, Commander. Ihnen ist es heute gleich zweimal gelungen.“ Ihre Züge wurden fraulich weich, als sie fortfuhr: „Ich rechne ihnen hoch an, dass Sie Einsicht zeigen, und sich entschuldigt haben. Darum schlage ich vor, wir ziehen einen dicken Strich unter die letzten beiden Tage und beginnen beide noch einmal von Vorne, Commander.“ Kuehn nickte erleichtert. Für einen Moment herrschte unangenehmes Schweigen, bevor die Frau wieder das Wort ergriff. „Kommen wir zurück zur Dienstroutine. Die Subraumanomalien haben in den letzten Stunden an Intensität zugenommen. Mister Senak hat mehrere Planeten ausmachen können, die den WR-Stern umlaufen, und er vertritt die Ansicht, dass die Anomalien von einem dieser Planeten ausgesendet werden.“ Sofort schaltete Valand Kuehn um und konzentrierte sich auf die Sache. Mit fragender Miene erkundigte er sich: „Hat der Lieutenant-Commander schon ermitteln können, was eine so ungewöhnlich flache Energiekurve erzeugen könnte?“ Die Latina schüttelte den Kopf. „Nein, Commander. Mister Senak versicherte mir, dass er so etwas noch niemals zuvor gesehen hat. Auch ein Abgleich mit der wissenschaftlichen Datenbank brachte nur negative Ergebnisse. Wir sehen uns hier einem völlig neuartigen und uns unbekannten Phänomen gegenüber. Und wir wissen nicht einmal, um was für eine Art Phänomen es sich dabei handeln könnte.“ „Wann genau werden wir das System erreichen, Captain?“ „Morgen Vormittag.“ Die Frau lächelte und meinte ergänzend: „Sie haben die Fahrtstufe gut gewählt, Commander. Ich habe sie daher beibehalten. Ich schlage vor, dass Sie das Kommando gegen Abend Lieutenant To´Raan Yr Paragon übergeben, damit Sie morgen Früh fit sind, wenn wir uns dem System nähern.“ „Aye, Captain.“ Das Lächeln der Frau bekam einen beinahe verschmitzten Zug, als sie gespielt grob erwiderte: „Was stehen Sie noch hier herum, Commander? Scheren Sie sich auf die Brücke und sammeln sie Erfahrung.“ Sie amüsierte sich über den verdutzten Blick des Commanders und blickte ihm sinnend nach, als er den Raum verließ. Dabei dachte sie: Entweder werden wir beide uns irgendwann hervorragend verstehen, oder es gibt Mord und Totschlag.   * * *   Auf der Brücke fiel Valand Kuehn auf, dass die Mienen aller Anwesend gleichermaßen angespannt wirkten. Selbst Senak vermittelte den Eindruck, als würde er auf etwas Bestimmtes warten. Es dauerte einen Augenblick, bis dem Norweger bewusst wurde, weswegen dies so war. In die Runde blickend meinte er amüsiert: „Der Krieg findet nicht statt, meine Damen und Herren.“ Teils erleichtert, teils peinlich berührt wandte sich die Brückencrew ihren Instrumenten zu. Als Captain Ramirez-Escobar kurze Zeit später ihren Bereitschaftsraum verließ, um ihr Quartier aufzusuchen, wagte niemand aufzublicken, und fragend sah die Kolumbianerin zu Kuehn, der schmunzelnd die Schultern zuckte und ihr zunickte. Nachdem sie die Brücke verlassen hatte begab sich Kuehn von Station zu Station. Als er bei Senak stehen blieb, und ihm bei seinen Analysen über die Schultern blickte, sah der Vulkanier nach einer Weile schließlich auf und meinte: „Commander, ich werde nicht schneller zu Ergebnissen kommen, wenn Sie mir dabei über die Schulter blicken.“ Valand Kuehn nickte seufzend und erwiderte: „Stimmt, Mister Senak. Wenn man in den Kochtopf schaut, dann kocht das Wasser nie.“ „Das ist so nicht korrekt, Sir“, widersprach der Vulkanier mit ruhiger Stimme. „Ausgehend davon, dass eine, zum Erhitzen einer bestimmten Wassermenge, ausreichende und konstante Energiezufuhr erf...“ „Lassen Sie es gut sein, Lieutenant-Commander“, bat Kuehn entsagungsvoll. „Es ist nur ein geflügeltes Sprichwort.“ „Ah. Ich verstehe, Commander.“ Kuehn beließ es bei einem zweifelnden Blick und einem schiefen Grinsen. Dann wandte er sich amüsiert ab und schritt weiter. Auf dem Weg zum Sessel des Captains, meldete To´Raan Yr Paragon: „Sir, ich fange einen verstümmelten Subraumspruch auf. Durch die Anomalien wird er jedoch vollkommen unverständlich.“ Valand Kuehn wandte sich zu dem Efrosianer um. „Geben Sie ihn auf die Lautsprecher, Lieutenant. Und nehmen Sie alles auf, vielleicht bringt eine spätere Analyse mehr, als das, was wir verstehen können.“ „Aye, Commander.“ Alles was zunächst zu hören war, war ein abgehacktes Störgeräusch. Dann wurde es zwischenzeitlich unterbrochen von Stimmenfragmenten, die trotz des zwischengeschalteten Universalübersetzers unverständlich blieben, so dass sich nicht einmal ein kleiner Anhaltspunkt ergab. Dennoch lauschte Kuehn angestrengt, während sie sich alle so still verhielten, dass ansonsten nur das leise Summen der Instrumente zu vernehmen war. Als es Valand Kuehn schon fast aufgeben wollte drang plötzlich etwas an sein Ohr, das eine Saite in ihm zum Schwingen brachte. Es war weniger ein Begriff, als ein Name: Kevek. Es dauerte nur einen kurzen Augenblick, bis Valand Kuehn etwas mit diesem Wort anzufangen wusste. Es war ein romulanischer Name, und er gehörte einem Subcommander der I.R.W. TERIX, einem gewaltigen Warbird der Romulanischen Raumflotte. Gerade, als Kuehn den Begriff identifiziert hatte, krachten verständliche Sprachfetzen aus den Lautsprechern: „...sind wir in... üner Wirb... aten... Comman... vek... Subrau... Schaden erlitt... No... I.R.W. KASREM ist... zweit... lanet...“ Danach verstummte die Stimme und es blieb nur das Rauschen – bevor auch das verschwand. Gleichzeitig meldete der efrosianische Taktische Offizier: „Kontakt verloren, Commander.“ „Danke, Lieutenant. Geben Sie gelben Alarm.“ Gleichzeitig mit dem Aufflammen der Alarmpaneele, tippte Valand Kuehn auf seinen Kommunikator und informierte Captain Ramirez-Escobar von den Vorkommnissen. Nachdem die Latina ihr umgehendes Erscheinen angekündigt, und die Verbindung unterbrochen hatte, wandte sich Kuehn nochmal an den Efrosianer: „Lieutenant, laden Sie die Waffensysteme der AKIRA und halten Sie sich bereit, jederzeit die Schilde zu aktivieren. Zusammen mit der Bestätigung des Efrosianers öffnete sich das Schott zu Turbolift-1 und die Kommandantin kam schnell zu ihm hinunter. „Sie kann man aber auch keine fünf Minuten aus den Augen lassen“, spöttelte sie augenzwinkernd und fragte dann ernst: „Sind Sie wirklich sicher, dass sie einen romulanischen Notruf aufgefangen haben, Mister Kuehn?“ Der Norweger nickte. „Ja, Captain. Und ich bin sicher, den Namen Kevek identifiziert zu haben. Ich habe im Jahr 2365 einen Romulaner dieses Namens kennengelernt. Er war Subcommander auf Commander Tomalaks Warbird: TERIX. Dieses Schiff muss jedoch ein anderes Kriegsschiff sein, es fiel die Bezeichnung: I.R.W KASREM. Möglicherweise wurde Kevek befördert. Möchten Sie die Meldung hören, Captain?“ „Ja, bitte.“ Kuehn gab Ta´Roon Yr Paragon ein Zeichen und der Efrosianer startete die Aufzeichnung. Nachdem Marina Ramirez-Escobar sich alles angehört hatte, wandte sie sich wieder zu Kuehn und meinte: „Sie haben Recht, Commander, das klingt ganz danach, als wäre es ein Notruffragment, und als habe der zweite Planet des Systems etwas damit zu tun. Nach dem, was ich sonst noch heraushören konnte, scheint er einen grünen Wirbel zu erwähnen, was denken Sie?“ „Es klang zumindest ähnlich“, gab Kuehn nachdenklich zu. „Natürlich könnte es auch eine Falle der Romulaner sein. In Anbetracht der Tatsache, dass es gleichfalls zu Subraumanomalien in demselben Sektor kam, halte ich das aber für unwahrscheinlich.“ „Und trotzdem haben Sie Gelbalarm gegeben, Commander?“ Kuehn lächelte freudlos. „Nun, es könnte immerhin sein, dass ich mich irre, Captain.“ Die Kolumbianerin nickte zufrieden. „Richtig. Gute Arbeit, Mister Kuehn.“ Sie setzten sich gemeinsam auf ihre Plätze und die Frau sagte entschlossen: „Was immer dahinter steckt, wir werden es herausfinden. Dann wandte sie sich zu Lieutenant Yr Paragon und befahl: „Spruch nach Sternenbasis-234 absetzen. Informieren Sie die Basis, dass wir einem romulanischen Notruf folgen und nennen Sie denen auch unser Ziel.“ „Verstanden, Captain“, schnarrte der Efrosianer. „Spruch geht raus.“ Vor ihm saßen der Captain und der XO des Schiffes und beide dachten in diesem Moment: Jetzt wird es sich zeigen, ob wir ein gutes Gespann sind. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)