Star Trek - Timeline - 02-01 von ulimann644 (Das Sonneninferno) ================================================================================ Kapitel 3: Andorianische Herzen ------------------------------- Persönliches Logbuch Ensign Valand Kuehn Sternenzeit: 36254.5   In den letzten drei Monaten habe ich, in Bezug auf Ahy´Vilara Thren, das Gefühl gehabt, auf der Stelle zu treten. Zwar sehen wir uns seit drei Monaten regelmäßig, und ich habe dabei auch den Eindruck gewonnen, dass sie mich mag. Dennoch sind wir uns während dieser Zeit kaum näher gekommen. Vielleicht war der Rat von Miranea doch nicht so gut, wie er mir zunächst vorkam, und ich sollte aktiver werden. Andererseits möchte ich das gute, kameradschaftliche Verhältnis zu Ahy´Vilara nicht leichtfertig auf´s Spiel setzen. Doch es muss etwas geschehen, oder ich werde noch wahnsinnig. Denn mittlerweile steht fest: Ich bin mit jeder Faser meines Herzens in diese Andorianerin verliebt. Und der Gedanke, sie vielleicht niemals für mich zu gewinnen, bereitet mir fast körperliche Schmerzen. Vor einigen Wochen habe ich mich meinem Mentor, Commander Veron, anvertraut, und ihm mein Herz ausgeschüttet. Sein Rat an mich unterschied sich im Grunde nicht von dem, was mir auch Miranea geraten hat. Es ist nicht so, dass ich Allorans Rat nicht vertrauen würde, aber mein Instinkt sagt mir, dass Ahy´Vilara auf irgend etwas wartet. Und ich habe keine Ahnung worauf... Heute Nachmittag haben wir uns wieder zum Training verabredet. Ahy´Vilara deutete das letzte Mal an, dass sie ein anderes Trainingsprogramm mit mir absolvieren will. Ich bin schon sehr neugierig darauf, worum es sich dabei handelt.   * * *   „Ein Ushaan?“ Etwas verwundert blickte Valand Kuehn in Ahy´Vilaras tiefblaue Augen, deren Farbe ihn an die See vor der norwegischen Küste erinnerte. Die Andorianerin nickte ernsthaft. „Sie erwähnten einmal, dass Sie sich für den Fechtsport begeistern, Ensign. Das Ushaan wird ebenfalls mit Klingen ausgefochten, auch wenn diese sich in Größe und Form von dem Unterscheiden, was Sie in dieser Hinsicht gewohnt sein dürften. Ich dachte mir, es könnte ihnen gefallen. Zumal es auch eine taktische Herausforderung für Sie sein dürfte.“ „Aber es gibt allein 12.000 Ergänzungen zu den Regeln“, wandte Valand ein. „Und ich kenne keine einzige davon. Ich weiß nur, dass ein Ushaan auf Leben und Tod ausgetragen wird. Sie wollen doch damit nicht etwa etwas Bestimmtes andeuten?“ Zum ersten Mal, seit Wochen, lächelte Ahy´Vilara ihn offen an, und der Norweger war in diesem Moment der Meinung, dass sich ihr heutiges Treffen allein dafür schon gelohnt hatte. Wie hätte er auch ahnen können, wie sich dieses Treffen noch entwickeln sollte... Ahy´Vilara sagte schließlich: „Mehr müssen Sie bei einem Ushaan auch nicht wissen. Der Rest wäre nur dann interessant für Sie, falls ich Sie ernsthaft zu einem Ushaan herausfordern würde. Dennoch sollten Sie diesem Ritual den nötigen Respekt erweisen, Ensign.“ Wie Kuehn es mittlerweile gegen den Strich ging, dass Ahy´Vilara ihn permanent bei seinem Rang nannte. Zwar hielt er selbst auf Höflichkeit, aber er war der Ansicht, dass ihm Lieutenant Thren mittlerweile wenigstens hätte anbieten können, sie beim Vornamen zu nennen. Da sie ranghöher war, als er, kam es nicht in Frage, dass er diesen Vorschlag machte. Das zählte zu den ungeschriebenen Gesetzen des Offizierskorps der Sternenflotte. Ahy´Vilara hatte mittlerweile ihr privates Trainingsprogramm aktiviert und kam mit zwei metallenen, silbern glänzenden Schonern für die linke Hand, die mit einer unzerreißbaren Metallschnur verbunden waren, zu ihm. Des Weiteren hatte sie zwei, ebenfalls silbern schimmernde, gefährlich wirkende Ushaan-tors dabei, die entgegen der gebogenen, unterarmlangen Klinge, einen Griff besaßen. Die Schneide selbst war am Rand gezackt und messerscharf, wobei sie an den Enden spitz zulief. Kuehn wusste, dass es sich bei diesen Klingen im Grunde nicht um eine Waffe handelte, sondern um ein traditionelles Werkzeug der andorianischen Eisarbeiter. Mit diesen gefährlich anmutenden Instrumenten waren schon in grauer Vorzeit Stollen unter der Oberfläche von Andoria ins ewige Eis getrieben worden. Obwohl diese beiden Holo-Klingen, bei eingeschalteten Sicherheitsprotokollen des Holodecks, keinen Schaden anrichten konnten, jagte der Gedanke daran, dass es selbst heute noch auf Andoria Duelle gab, die mit derlei Klingen ausgefochten wurden, Valand Kuehn einen leisen Schauer über den Rücken, und er spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. Ahy´Vilara Thren half ihm dabei, den Schoner über den linken Arm zu streifen. Eine Art nachgiebiges Futteral im Innern sorgte dafür, dass der Schoner, der über den halben Unterarm reichte, sich eng anschmiegte, und nicht verrutschte. Nachdenklich packte er die Klinge in seiner rechten Hand etwas fester, als auch die Andorianerin soweit war, und soweit auf Abstand zu ihm ging, bis sich die metallene Schnur zwischen den Schonern spannte. Mit leicht ausgestreckten Armen standen sie sich nun auf zwei Schritt Abstand gegenüber und maßen einander. Während die Andorianerin ihr Ushaan-tor etwa auf Schulterhöhe angehoben hatte, und ihren Arm dabei zurückgezogen hatte, hielt Valand Kuehn seine Klinge in Hüfthöhe, eher einem Degen gleich, wenn er eine Einladung machte. „Sind Sie bereit, Ensign?“ „Ich bin bereit!“ Im nächsten Moment stieß Ahy´Vilara einen gellenden Kriegsschrei aus und kam blitzschnell auf ihn zu, wobei sie sich zusätzlich Schwung verschaffte, indem sie fest an der Schnur zog, um zu dem Norweger zu gelangen. Dabei schoss ihre Klinge blitzartig nach vorne, und nur knapp, dank seiner beim Fechten antrainierten Reflexe, gelang es ihm, die Klinge gerade noch im letzten Moment mit dem Schoner abzulenken. Dabei unterlief ihn die Andorianerin jedoch und rammte ihm hart ihr rechtes Knie in die Magengrube. Mit einem schmerzhaften Aufstöhnen, blickte Kuehn die Andorianerin, die wieder auf Abstand gegangen war, und ihn nun umschlich, wie eine hungrige Raubkatze, halb wütend, halb fassungslos an. „Das Ushaan ist kein Spiel!“, schrie ihn die Andorianerin wild an, bevor er zu Wort kam, und so etwas wie Zorn lag dabei in ihrem Blick. „Bei einem Ushaan geht es um Ihr Leben, Ensign! Und es gibt keinen Applaus für den Zweiten Platz!“ Valand Kuehn erkannte die, bislang stets ruhig und beherrscht wirkende, Andorianerin nicht mehr wieder. Die Ärztin schien sich auf geradezu unheimliche Art und Weise verwandelt zu haben. Natürlich wusste er um die andorianische Leidenschaft, und mitunter war sie auch bei seinem Freund Tar´Kyren aufgeblitzt. Aber das stand in keinem Verhältnis zu dem, was er hier und jetzt erlebte. Mit einem Mal schien ihm diese andorianische Ärztin unsagbar fremd. Er spürte dabei, wie sich Zorn in seinem Innern breit machte, und mit funkelnden Augen machte er sich für ihren nächsten Angriff bereit – entschlossen sich kein weiteres Mal derart überrumpeln zu lassen. Während sie sich langsam umkreisten und lauernd musterten, zog Ahy´Vilara herausfordernd an der Schonerschnur. Doch diesmal war Valand Kuehn auf der Hut und zerrte wild zurück, was der Andorianerin ein herausforderndes, kaltes Lächeln entlockte. „Gut, Ensign“, knurrte sie heiser. „Ihnen scheint also doch noch bewusst geworden zu sein, worum es bei einem Ushaan geht.“ „Sie werden sich wundern wie schnell ich in der Lage bin Dinge zu begreifen!“, fauchte der Norweger, wider seiner Natur, herausfordernd zurück, wobei er erneut wild an der Schnur zerrte. Er spürte, wie das Adrenalin durch seinen Körper jagte, und es berauschte ihn beinahe. Doch auch Ahy´Vilara Thren war vorbereitet, und grinste lediglich sardonisch. Dann griff sie erneut an, und nur mit Mühe konnte der Norweger den Hieb des Ushaan-tor abwehren und dabei gleichzeitig schnell genug wieder auf Distanz gehen. Ihm war klar, dass ihm die Andorianerin an Wendigkeit und Schnelligkeit überlegen war. Wie er durch seinen Freund, Tar´Kyren Dheran, erfahren hatte, besaßen Andorianer auch eine bessere dreidimensionale Wahrnehmung als Menschen. Alles worauf er selbst bauen konnte, waren Kraft und Ausdauer. Zu Akademiezeiten hatte er regelmäßig mehrere Stunden am Tag trainiert – mehr, als es sein Dienst an Bord zuließ. Möglicherweise war es ein Vorteil, dass die Andorianerin länger als er von der Akademie weg war, und bei ihrem Dienstplan nicht mehr Zeit zum trainieren hatte, als er selbst. Vielleicht konnte er sie müde kämpfen. Die Schnelligkeit und Gewandtheit, mit der Ahy´Vilara ihren nächsten Angriff vortrug machten diese Hoffnung schnell zunichte. Nein – diese Andorianerin befand sich konditionell mit ihm auf Augenhöhe. Mindestens das. Er würde also nur über den Kampf zum Erfolg kommen können, und in dieser Hinsicht lagen die Vorteile ebenfalls bei ihr, denn sie kannte diese Kampftechnik – im Gegensatz zu ihm. Doch aufgeben war keine Option. Er würde kämpfen, mit aller Kraft und Geschicklichkeit, die er im Stande war aufzubieten. Er verlegte sich nicht länger darauf, nur die Angriffe der Andorianerin abzuwehren, sondern er beobachte, lernte, und begann damit, eigene Angriffsstrategien zu entwickeln. Eine Viertelstunde lang wogte der Kampf hin und her, und Kuehn spürte, wie seine Kräfte, bei dieser schnellen und kraftvoll geführten Kampfart langsam zu schwinden begannen. Doch auch die Angriffe der Andorianerin hatten etwas an Tempo verloren, und Kuehn schöpfte erneut Hoffnung. Das gab ihm zusätzlich Kraft. Das – und sein fester Wille, nicht nachzugeben und siegreich zu sein. Attacken und Finten, sowohl mit dem Ushaan-tor, als auch beim Einsatz der Schonerschnur wechselten in schnellem Rhythmus. In einer Phase, in der sie sich wieder eine Weile belauerten lachte Ahy´Vilara ihm höhnisch ins Gesicht und zischte ihm herausfordernd zu: „Warum geben Sie nicht auf, Ensign. Glauben Sie wirklich, Sie hätten auch nur die geringste Chance auf den Sieg?“ Der Spott zeigte Wirkung. Das Gesicht des Norwegers rötete sich sichtlich und er spürte unaufhaltsam wie sein Zorn drohte, die Oberhand zu gewinnen. Doch diesmal unterdrückte er ihn nicht länger, sondern ließ ihm freien Lauf. Er hatte während der letzten Angriffe von Ahy´Vilara, eine Art Muster darin erkannt. Sie griff zumeist zweimal seine linke Seite an, bevor sie einen Versuch auf der rechten Seite unternahm. Nicht immer, aber einige Male hatte sie es getan, und Kuehn dachte: Warte nur – wenn du das diesmal wieder machst, Mädchen, dann wird es dir schlecht bekommen. Er hatte Glück. Auch diesmal erfolgte ihr Angriff auf seiner rechten Seite, und als Kuehn dies erkannte, handelte er umgehend. Mit einem kräftigen Ruck zog er seine Linke, mit dem Schoner zu sich heran. Einen überraschten Laut ausstoßend schoss die Andorianerin förmlich auf Kuehn zu, der etwas die rechte Schulter nach hinten zog, nachdem er ihre Klinge nach unten, statt wie bisher, zur Seite, abgelenkt hatte. Mit einer schnellen Bewegung warf er die Schonerschnur um ihren angelegten rechten Arm und zog sie mit der um sie gelegten Linken rasch zu sich heran, wobei sie schmerzhaft zusammenprallten. Seine Klinge mit einem beinahe mörderischen Blick hochreißend durchschnitt er, mit einer zornigen Handbewegung, ihre Halsschlagader. Natürlich verletzte Valand Kuehn die Andorianerin mit der holografischen Klinge nicht, aber im Moment wirkte er beinahe so, als wäre ihm diese Tatsache egal. Einen Moment lang maß er die Frau, die sich gegen seinen festen Griff sträubte, bevor er, wütend über sich selbst, das Ushaan-tor in die nächste Ecke warf und sie aufgebracht anschrie: „Ist es das, was Sie wollten...?!“ Für einen scheinbar endlos langen Augenblick musterten sie einander - wie Feinde, bevor sich die Andorianerin langsam in Kuehns Arm entspannte. Achtlos ließ sie ihre eigene Klinge fallen und ihre harten Gesichtszüge wurden, auf beinahe wundersame Weise, fraulich weich. Der Schatten schwand aus ihrem Blick und sie begann vage zu lächeln. Dabei wand sie vorsichtig ihren rechten Arm aus der Schnurschlinge und legte ihn sanft um die Hüfte des Norwegers, dessen Haltung sich nur zögerlich entspannte. Leise sagte sie: „Ja, Valand. Das war es was ich wollte. Ich musste wissen, ob du im Herzen stark genug bist. Vergiss bitte nicht, dass ich Andorianerin bin, und ich würde mich niemals mit einem schwachen Mann auf Lebenszeit binden.“ Der Norweger, der seinen Ohren nicht trauen wollte, blickte die Andorianerin, die er immer noch fest umarmt hielt, in grenzenloser Verwunderung an. „Binden? Auf Lebenszeit?“ Ahy´Vilara blickte ihm direkt in die Augen und erklärte ernsthaft: „Dass du Dich in mich verliebt hast, das ist mir nicht entgangen, Valand. Schon nach unserem ersten Treffen wusste ich das. Und auch mein Herz fühlt so für Dich. Aber ich bin keine Menschenfrau, bei mir gibt es kein wildes Herumprobieren. Es mag bei verschiedenen Andorianern vorkommen, aber es ist allgemein nicht unsere Art.“ Sie beugte sich zu ihm hin, bewegte ihr Gesicht leicht vor, und im nächsten Moment lagen ihre Lippen auf seinen. Beide streiften, während sie sich leidenschaftlich küssten, den Armschoner ab. Beinahe wild und zügellos umarmten sie einander fester und küssten sich immer wilder und leidenschaftlicher werdend. Erst als sie kaum noch Luft bekamen lösten sie sich widerstrebend von einander und blickten sich in die Augen. Erst jetzt schien Valand die vorangegangenen Worte der Andorianerin richtig erfasst zu haben. Noch immer verwirrt, blickte er sie liebevoll an und fragte rau: „Willst du etwa andeuten, dass du bisher nie... Ich meine, überhaupt noch nie... Ahy´Vilara schüttelte stumm den Kopf. Dann sagte sie fast heiser: „Du bist auch der erste Mann, den ich geküsst habe. Und du sollst der einzige sein.“ Ihr Blick verfinsterte sich beinahe übergangslos, als sie hinzufügte: „Solltest du ab heute jemals eine Andere anschauen, dann werde ich Dich erneut zum Ushaan fordern. Aber dann nicht mit Holowaffen.“ Valand streichelte zärtlich ihre Wange. „Ich will ja gar keine andere Frau anschauen, Ahy´Vilara.“ Damit küsste er sie erneut sanft auf die Lippen. Nachdem sie sich wieder von einander gelöst hatten blickte er sie liebevoll an. „Ich bin mir im Herzen ganz sicher, dass du die Frau bist, mit der ich den Bund für´s Leben eingehen will. Allerdings bist du nicht meine erste Freundin, denn ich bin kein Andorianer, sondern ein Mensch.“ Ahy´Vilara schmiegte sich eng an ihn und sie kam seinem Gesicht ganz nah, bevor sie leise und mit Überzeugung in der Stimme sagte: „Mag sein, dass du als Mensch geboren worden bist, Valand, aber im Herzen bist du Andorianer...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)