Mein kleines Hündchen von NekoBastet (Als Junge geboren, zum Haustier erkoren...) ================================================================================ Kapitel 14: Nummer Sieben ------------------------- Im *Sunshine*-Café gab es eine Regel. Die Sonnenregel, wie es der Geschäftsführer nannte. „Jeder Mensch, der sich an einem der Tische im *Sunshine* niederlässt, ist ein ruhiger See, dessen Tiefe man nur ergründen muss, um sein Herz zu finden.“ Diesen Satz musste Yuuki nicht nur auswendig lernen, sondern er durfte ihn beim Start jeder seiner Schichten dreimal aufsagen. Und nun spuckte sein Hirn ihm diese Worte in die Gedanken, als ob es sich in seinen Schädel erbrechen wollte. Gemäß dieser Sonnenregel war Yuuki verpflichtet, die Wünsche eines jeden Kunden individuell zu erfüllen, soweit sie zum Konzept des Cafés passten. Dazu gehörte nicht nur, die Kunden möglichst gut zu studieren, sondern auch, sie in die Situation zu versetzen, in der sie nach verborgenstem Wunsch gern wären. Für Yuuki bedeutete das, dass er den Kunden eine kleine Szene vorspielen musste. So sollte er mal ein kleiner Bruder sein, oder ein gewöhnlicher Mitschüler, ein Angestellter, ein niederer Bediensteter und sonst das, was man sich vorstellen konnte. Dafür wurde schon mal ein Glas fallen gelassen und sich hilfesuchend umgesehen, oder mit an den Tisch gesetzt und unterhalten. Das gehörte alles zu seinem Job. Er musste ein flexibler Charakter mit vielen Gesichtern sein. Obwohl Yuuki dieses Prinzip in gewisser Hinsicht seltsam fand, konnte er seine eigene Situation gut darin wiederfinden. Auch im richtigen Leben hatte Yuuki sich dazu entschlossen, eine Maske an Stärke, Schalk und Selbstbewusstsein aufsetzen, um möglichst leicht in der Schule Anschluss zu finden. Dabei war seine Absicht gar nicht so verwerflich: Er wollte lediglich eine friedliche Schulzeit verbringen. Jedenfalls wurden die Vorlieben der Kunden in Kategorien eingeteilt. So gab es die Kleiner-Bruder-Fraktion, Nummer Drei, wie auch die Großer-Bruder-Fraktion, Nummer Vier, die vor allem bei jüngeren Schülerinnen beliebt war. Die verschleuderten dann, wie es Yuuki schien, nahezu ihr ganzes Geld pro Monat in diesem Café. Für ihn und seine Show. Und für den Kuchen, denn der war fantastisch! Es gab jene, die sich -sama oder Master flüstern ließen. Das waren die Einser. Die Einteilung war auf zehn Stufen ausgelegt, obwohl es eigentlich elf gab. Zehner waren die, denen das Prinzip nicht gefiel und nicht zurückkehrten und Elfer waren die Kunden, die sich mehr als nur Kuchen wünschten. Letztere wurden vom Chef hochkant rausgeworfen und kamen ebenso nicht mehr zurück. Akira-kun war eine Sieben. Warum ausgerechnet er? Aber eigentlich war das bei seinem Charakter und seiner Ausstrahlung beinahe zu erwarten gewesen. War überhaupt irgendetwas an diesem Kerl normal? Durchschnittlich? Eher nicht. Kurz bevor Yuuki in die schlecht einsehbare Ecke verschwand, in der Akira-kun saß, blickte er noch einmal zurück an den Tresen, an dem sein Chef stand und ihn mit zwei Daumen nach oben anfeuerte. Er wusste, wenn das gelang, dann würde Akira-kun ein besonders gut zahlender Stammkunde werden. Die Kategorie Sieben zahlte immer am besten. Aber wie hoch war der Preis, den Yuuki dafür erbringen musste? Der Schüler wusste, dass er nun nicht mehr anders konnte und seinem Schicksal in die Augen sehen musste. Er schluckte trocken. Selbst Schuld, denn immerhin war er es gewesen, der Akira-kun in das Café mitgebracht hatte. Es war unwahrscheinlich gewesen, dass Akira-kun nach bloß einem Glas Wasser wieder den Laden verlassen konnte. Nur noch wenige Schritte. Akira-kun sah derweil auf. Er wunderte sich im Verborgenen, so war ihm doch die Nervosität seines kleinen Welpen sehr wohl aufgefallen. Ebenso war ihm nicht entgangen, wie Yuuki mit den Gästen dieses Cafés umging. Amüsiert hatte er dieses Spektakel beobachtete, konnte den Blick in keiner Sekunde abwenden und bedauerte es beinahe, dass man ihn an so einen abseits stehenden Tisch gesetzt hatte. Sein kleines Hündchen würde schon lernen, was es bedeutete, einen schwachen Moment von ihm auszunutzen. Gedemütigt hatte Akira-kun es zulassen müssen, dass Yuuki ihn mit sich trug und ihn umsorgte. So schwach war er sicher nicht! Das würde er diesem Yuuki heimzahlen. Dieser stand mittlerweile vor seinem Tisch. Mit zittrigen Händen hob Yuuki das Glas vom Tablett. Er war so unruhig, dass das Glas klapperte, als es auf den Tisch stellte. Mit dem Einschenken des Wassers lief es kaum besser. Ein Tropfen stahl sich entlang des Flaschenhalses hinab und tropfte auf die blanke Platte. Yuuki bemerkte es bedauernd, stellte die Flasche auf dem Tisch ab und fingerte hinter seiner Schürze nach dem Lappen, um den Tropfen wegzuwischen. „E-Entschuldige.“, flüsterte Yuuki. Die Röte stieg ihm ins Gesicht. 'Eine Nummer Sieben', hallte es in seinem Kopf wider. Akira-kun setzte derweil sein süßestes, gleichzeitig bösestes Lächeln auf und Yuuki erkannte die dämonische Aura dahinter, die direkt aus der Hölle kommen musste. Offensichtlich ging es diesem unheimlichen Menschen schon besser, denn er erhob sich leicht und näherte sich Yuuki. „Kann ich dir helfen?“, säuselte er genüsslich seinem Opfer ins Ohr, als er ihm nah genug war. „Du scheinst dich überarbeitet zu haben.“ Ehe sich Yuuki versah, zog Akira-kun den Lappen aus dem Gürtel unter der Schürze. Für den Kleineren fühlte es sich mehr so an, als hätte Akira-kun ihm direkt den Gürtel ausgezogen. Überrascht fiepte er auf und zuckte zurück. Verschreckt und weiterhin unruhig beobachtete er, wie Akira-kun sich wieder niederließ und den Tropfen seelenruhig selbst aufwischte. Kurze Stille. Dann sprach Akira-kun. „Wenn ich schon selbst sauber machen muss und du als Servicekraft nichts taugst, solltest du mir dann nicht wenigstens die anderen Vorzüge dieses Cafés präsentieren?“, fragte er plötzlich. Seine Stimme war so eiskalt und herablassend, dass sie Yuuki das Blut in den Adern gefrieren ließ. Seinen geröteten Wangen tat dies allerdings keinen Abbruch. Es wurde nur zu deutlich, dass Akira-kun keineswegs auf den guten Kuchen hier anspielte. Er hatte das Schauspiel definitiv mitbekommen. Yuuki wusste, dass er Schwierigkeiten bekommen würde, wenn er schon nach Aufforderung dem Motto des *Sunshine*-Cafés nicht nachkam. Jetzt musste er dadurch. Nummer Sieben. Und das bedeutete: Ausprobieren. Denn das war die Schwierigkeit an der Nummer Sieben. Sie war unberechenbar. Sie war jede Kategorie oder mal keine, je nach Tagesform. An dem einen Tag konnte eine Nummer Sieben positiv auf das Anhängsel -sama reagieren, an einem anderen Tag jedoch lieber überhaupt keine Show haben. An wieder anderen Tagen wäre er gern ein großer Bruder, oder doch wieder jemand, der bemitleidet werden wollte, das wäre eine Nummer Acht. Ausschließlich bei der Kategorie Sieben kam es auch vor, dass ein Kunde auf verschiedene Spiele unterschiedlich stark reagierte. Yuuki hoffte, dass ihm dieses 'Glück' heute nicht vergönnt sein würde, dann solche Kunden konnten sehr launisch und schwierig zu definieren sein. Vielleicht hatte Akira-kun heute auch einen sogenannten Zero-Day, einen neutralen Tag, und Yuuki würde sich umsonst zum Affen machen... Schließlich gab sich der Junge einen Ruck. Es musste sein! Bedauernd senkte er den Kopf. „Hai. I- Ich sollte das machen... Akira...-s-...-sama.“ Natürlich wählte er den Master-Titel zuerst. Seinem Feind müsste es gefallen, wenn man nach seinem sonstigen Verhalten urteilen konnte. Yuuki griff nach dem Lappen, auf dem noch immer Akira-kuns Hand ruhte. In seinem Inneren wehrte er sich dagegen, ihm absichtlich näher zu kommen. Alles in ihm sträubte sich, solch eine Demut diesem Tyrannen gegenüber an den Tag legen zu müssen. Doch Job war Job und ohne das Geld würde er die Schule nicht mehr bezahlen können. Dann war es soweit. Yuukis kalte Fingerspitzen berührten Akira-kuns warmen Handrücken und wollten den Lappen aus den Fängen des Teufels befreien. Aber als er Akira-kuns Haut unter seinen Fingern spürte, zuckte er zurück, als hätte er sich verbrannt. Schlechter Versuch... 'Abbruch, Rückzug!', schlugen Yuukis Gedanken instinktiv Alarm. Sein Körper erinnerte sich zu gut an das Leid, das dieser Mensch ihm angetan hatte. Er wollte jegliche Nähe tunlichst vermeiden. Dagegen regte Akira-kun sich kaum. Er starrte ihn nur an und grinste diabolisch. „Wie hat du mich genannt?“, forderte er, es noch einmal zu hören. „Akira...-sama.“, gehorchte Yuuki brav und verneigte sich ein Stück weit. Er biss sich dabei schmerzhaft auf die Unterlippe, um seinen Ärger über die Situation zu betäuben. Das war einer der schlimmsten Tage seines Lebens. Sein Erzfeind saß vor ihm und genoss es, sich von ihm als höhergestellte Person behandeln zu lassen. Wie er Akira-kun kannte, würde er das in vollen Zügen ausnutzen, obwohl Yuuki tatsächlich nicht einschätzen konnte, ob Akira-kun nun die Anrede mochte, oder ihn einfach nur ärgern wollte. Auch, als er sich wieder aufrichtete, wurde Yuuki von Akira-kun mit diesem überlegenen Grinsen angestarrt. Yuuki verengte die Augen. „Wenn du den Lappen schon behalten willst, dann wisch dir wenigstens dein widerliches Grinsen aus dem Gesicht.“, zischte er leise zwischen den zusammengebissenen Zähnen hindurch. Akira-kun antwortete mit einem Kopfschütteln. „Behandelt man so etwa seine Kunden, du nichtsnutziger Köter?“ Er deutete auf seine Hand auf dem Tisch und knüllte den darin befindlichen Lappen zusammen. „Das könnte dein Hals sein.“, flötete er und lachte dabei, als wäre es der beste Einfall des Tages gewesen. „Denkst du nicht auch?“ Gespannt wartete er auf Yuukis Reaktion. Bei dem hingegen war der Kampfeseifer ausgebrochen. Mutig lehnte er sich leicht über den Tisch und nahm nun tatsächlich Akira-kuns Hand in seine. Er bohrte seinen Daumen in dessen Faust und zwang ihn erfolgreich dazu, den Lappen freizugeben. Demonstrativ wischte Yuuki damit noch einmal über die Stelle, an der der Tropfen auf den Tisch gekommen war. Er sah sich immer mehr in die Ecke gedrängt. Wenn das so weiter ging, würde er es nicht eine Minute länger aushalten, Akira-kun wie einen gewöhnlichen Kunden zu bedienen. Andererseits musste er es doch. Die Alternative war, an seine vorige Schule zurückzukehren. Das konnte er nicht riskieren! „Wenn mein Hals so schrumpelig sein soll, dann hast du einen Sehfehler.“, konterte Yuuki schwach. Schon als er die Worte aussprach, kam er sich dämlich vor angesichts eines solchen Kommentars. Offenbar gefiel Akira-kun die Provokation nicht. Blitzschnell packte er Yuuki am Handgelenk. Ein Ruck ging durch dessen kleinen Körper, als Akira-kun an seinem Arm zog. Er sah ihn dabei nicht an, aber Yuuki erkannte, dass sein 'Kunde' unzufrieden war. Derweil hatte Akira-kun ihn so weit am Arm über den Tisch gezogen, dass Yuuki halbwegs darauf lag. Nur schwer konnte er sich von der Kante abstützten. Währenddessen lachte sein Peiniger ungerührt. „Ich glaube, dahinten musst du auch noch sauber machen.“, grollte er, krallte fest um Yuukis Handgelenk und zwang ihn, mit dem Lappen die gegenüberliegende Seite des Tisches zu wischen. Yuuki zog es in der Schulter. Dass er trotz seiner Verletzung im Café arbeitete, war schon Belastung genug, aber jetzt auch noch erneut den Strapazen Akira-kuns ausgesetzt zu sein, gab ihm den Rest. „Ah, Akira-kun... Du tust mir weh.“, beschwerte Yuuki sich ächzend. Daraufhin zögerte Akira-kun kurz. „War ich nicht eben noch Akira'-sama'?“, erkundigte er sich. Das klang beinahe wie Neugier. Seine Augen allerdings hatten einen irren Blick. Die Tortour schien gerade erst begonnen zu haben und machte diesem Fiesling jetzt schon zu viel Spaß. Aber hatte die Anrede bei ihm gewirkt, oder warum fragte er so vehement danach? „Red' dann doch so mit mir und frag, was dein Master sich wünscht. Ist das nicht dein Job?“, fragte er verhöhnend. Yuuki versuchte, den gesteuerten Wisch-Bewegungen von Akira-kun zu folgen, damit er ihm weniger Schmerzen zufügte. Zugleich wusste er, dass das nicht enden würde, wenn er nicht Akira-kuns heutige Stimmung treffen würde. Denn auch, wenn er ihn damit ärgern wollte, so würde er auf der richtigen Ebene zumindest erwartungsgemäß ruhiger werden. Verzweifelt versuchte es Yuuki noch einmal. „Es... Es tut mir weh... Master Akira.“ Es änderte sich nichts. Wahrscheinlich hatte Akira-kun einfach nur Spaß daran, sich höher stellen zu lassen und gleichzeitig Yuuki zu demütigen. Aber das war heute nicht sein wunder Punkt. Also vielleicht... „Was kann ich tun, damit du aufhörst, Ryuji...-chan?“ Yuuki kniff die Augen zusammen. Nun war es raus. Die Niedlichkeits- oder auch 'Besonders gute Freunde'-Show, die immer inklusive Vornamen gespielt wurde. Akira-kuns Vorname lag Yuuki wie Gift auf der Zunge. Es war ihm zuwider, so viel persönliche Nähe auch nur vorzuspielen. Hilfesuchend neigte Yuuki den Kopf zu seinem Feind und sah ihn aus großen, glasigen Augen an. Würde es funktionieren? Konnte Akira-kun überhaupt eine solche Laune haben? Wenn er wirklich eine Nummer Sieben war, dann könnte es durchaus sein. Und dann endlich. Ein Zucken ging durch Akira-kuns Körper, er riss weniger am Arm und hörte auf, Yuuki über den Tisch zu zerren. Aber er ließ nicht los. Er verzog nur das Gesicht angewidert. „Wie krank bist du, dass du denkst, du dürftest mich so nennen?“, fauchte er. Er quetschte Yuukis Handgelenk, das er nicht vorhatte loszulassen. Diesen filigranen, elfenhaften Knochen, welche er so leicht brechen könnte, wenn er wollte, würde er nicht so schnell die Freiheit schenken. Genüsslich betrachtete Akira-kun sein Spielzeug, wie es hilflos auf dem Tisch lag, als wäre ihm ein besonders schönes Stück rohes Fleisch serviert worden. Yuuki dagegen befand, dass dieses 'Spiel' sich mittlerweile viel zu lang hinzog. Sein Schulterbereich zog vom Gelenk bis in den Nacken und er sorgte sich darum, dass die Wunde wieder aufriss. Er musste das hier beenden. Das Stützten von Akira-kun vorhin hatte ihn schon genug geschwächt, aber er würde bald seine Schicht nicht beenden können, wenn die Schmerzen schlimmer wurden. „R-Ryuji-chan... Bitte, es tut weh.“, jaulte Yuuki auf. Es wäre unmöglich gewesen, nicht zu bemerken, dass Akira-kun auf diesen Namen reagierte. Und doch verließ Yuuki das Gefühl nicht, dass sein Feind gleichzeitig eine gewisse Macht wünschte. Konnte er Akira-kuns Reaktion auf die Kategorien etwa noch verstärken? „Was kann ich tun, damit ihr aufhört? Ich will, dass es nicht mehr wehtut, Ryuji-sama.“, bohrte Yuuki nach und wechselte damit die Taktik. Es musste ein Mix, die schwierigste Anomalie von Nummer Sieben, sein. Akira-kuns Laune schien einer Mischung aus Beziehung und Macht zu entsprechen. Und es wirkte. Der Griff um Yuukis Handgelenk lockerte sich weiter, wurde aber noch immer nicht gelöst. Stattdessen fuhr Akira-kun sanft, aber kontrollierend über Yuukis Arm auf und ab. Es fühlte sich an, als würde er versuchen, ihn mit einer rasiermesserscharfen Klinge zu streicheln. Währenddessen lockerte Yuuki ein wenig seine Schulter auf und runzelte die Stirn. Dieses Verhalten kam ihm bekannt vor. Ehe Akira-kun noch einmal beinahe liebevoll über seinen Arm streicheln konnte, fiel es Yuuki wie Schuppen von den Augen. Erschreckenderweise schien Akira-kun heute zusätzlich zur Helden-Kategorie zu tendieren, die nur dann hervorkam, wenn er einer ihm sympathischen Person helfen wollte. Der Held, die Nummer Drei, die Retter-Figur. Eine explosive Mischung, wenn man die übrigen Kategorien betrachtete. Gepaart mit der grundsätzlich herausfordernden Ader der Nummer Sieben und dem üblen Charakter dieses unmenschlichen Kerls bedeutete eine Nummer Drei, dass Yuuki erst in eine Notsituation gebracht werden musste, um dann gerettet zu werden – sei es auch vor dem Helden selbst. Wenn Yuuki es also schaffte, überzeugend leidend zu wirken, würde er Akira-kun zumindest innerhalb des Cafés zufrieden stimmen. Hoffentlich. Dabei durfte er aber nicht vergessen, dass die Nummer Drei auch gern mit der Nummer Eins, dem Master, in Verbindung stand. Deshalb auch die missverständliche Reaktion. Und ebenso musste Yuuki immer eine freundschaftliche Atmosphäre beibehalten, denn das war der einzige Punkt, der Akira-kun davon abhalten konnte, Yuuki doch 'ausversehen' umzubringen. Ziel war es also, dass Yuuki seinem 'höhergestellten Freund Ryuji-sama' ein respektvoller, guter, aber hilfsbedürftiger Diener war. Was für ein Spießrutenlauf. Yuuki atmete kurz auf und war froh, dass er seinem Chef immer aufmerksam zuhörte, wenn dieser von den Schwierigkeiten der Kategorien erzählte. Auch die Erfahrungen der anderen Kollegen waren meist lehrreich. Dennoch konnte man davon ausgehen, dass man mit Akira-kun einen schwierigen Kunden abbekommen hatte. Nein, keinen Kunden! Am liebsten hätte Yuuki sich die Haare gerauft. Akira-kun – war - kein - Kunde! Er war sein brutaler Erzfeind, der eine perfide Freude daran empfand, ihn selbst – Yuuki - zu quälen! Das war kein Kunde. Und auch kein potentieller! Das durfte nicht passieren. Yuuki verzweifelte, wenn er die Situation betrachtete, in der er noch immer halbwegs auf dem abseits stehenden Café-Tisch lag und schwer atmend versuchte, seine Schmerzen unter Kontrolle zu bringen. 'Tja, Verzweiflung steht bei der Nummer Sieben eben mit auf der Tageskarte.' Yuuki fauchte innerlich die Stimme des Sarkasmus an. Das war nicht das, was er jetzt brauchte. Sollte er nun also Akira-kun korrekt behandeln und riskieren, dass er damit sehr wahrscheinlich freiwillig wieder ins *Sunshine*-Café kam, oder sollte er sich den Anweisungen des Chefs widersetzen und Akira-kun loswerden? Damit würde er aber riskieren, dass keiner von ihnen beiden jemals wieder hierher kämen. Es war wohl Zeit, in den sauren Apfel zu beißen und Akira-kun eine gute Show zu bieten. Wenn schon blamieren, dann aus vollster Seele! Entsprechend ließ Yuuki seinen ohnehin schon angebahnten Tränen freien Lauf. Obwohl er nicht weinen wollte, fiel es ihm dank der Schmerzen besonders leicht. Aber war das wirklich nur Show? Schließlich litt er wirklich, hatte Schmerzen und war in einer Notlage. Aber Akira-kun, der Held? Das konnte Yuuki sich nicht vorstellen. Dennoch musste er das durchziehen. Er spürte Akira-kuns Hand über seine eigene streicheln, während Yuuki vom Tisch aufstand. Den Kopf hielt er gesenkt, aber ihm war auch in Wirklichkeit nicht danach, einen tapferen Eindruck zu machen. Wenn Akira-kun der herrschaftliche Held sein wollte, dann könnte Yuuki immerhin einmal die Schwäche zeigen, die er all die Zeit im Verborgenen hielt, und am Ende alles als Show abtun. Das war die Gelegenheit! Schließlich kam er schwankend wieder auf die Beine, wischte aber noch vorsichtig die letzten Schlieren weg, die der kleine Kampf zwischen den Feinden verursacht hatte. „Habt Dank, Ryuji-sama, dass ihr mich habt gehen lassen.“, flüsterte Yuuki. Dieser Teil gehörte nicht zu seiner versteckten Schwäche und es war anstrengend, sich so gewählt auszudrücken. Aber hohe Positionen verlangten nach hochgestochener Formulierung. Akira-kun sagte nichts und Yuuki wagte einen Blick. Da saß er, lehnte sich in der Sitzecke zurück und bettete seine beiden Arme links und rechts auf den Schulterpolstern. Ruhig betrachtete Akira-kun den zerstreuten Yuuki vor sich, der sich abmühte, es ihm recht zu machen. Was für ein verfluchter Macho! Trotz allem war Akira-kun stolz auf sich, dass er Yuuki losgelassen hatte. Nach diesen Spielereien hätte er das eigentlich nicht verdient, befand er, hatte aber heute einen überraschend großzügigen Tag. Obwohl sein eigener Kopf pochte, konnte er es nicht lassen, sein Spielzeug auf dessen Haltbarkeit zu testen. Dazu gehörte doch auch, dass man es ein paar Mal frontal auf den Tisch schlug, etwa nicht? Derweil versuchte Yuuki, aus den Augen Akira-kuns zu lesen. Es war schwierig, Akira-kun nach den Anforderungen des *Sunshine*-Cafés zu bedienen, da nicht zu erwarten war, dass er mitspielte. Viele Kunden ließen sich auf ihre Kategorie ein, nannten Yuuki selbst ihren kleinen Bruder, oder übernahmen seine Arbeit, wenn sie die Helden spielen wollten. Doch der einzige Anhaltspunkt, den Akira-kun dafür bot, dass man seine Laune getroffen hatte, war, dass er ruhiger wurde. Er würde Yuuki weiterhin provozieren, ihn quälen, ihn ausnutzen und verhöhnen, aber es fände in einem erträglichen Rahmen statt. Schließlich wollte er letztendlich der Held sein. Eigentlich eine undankbare Aufgabe, eine solche Show bloß für die eigene Sicherheit zu veranstalten. Yuukis einzige Chance, nicht wieder in eine von Akira-kun verschuldete Notlage zu kommen, wäre es, sich selbst in ungefährlichere Notsituationen zu bringen. Aber wie sollte er das anstellen? Yuuki atmete tief durch. Wieder ergriff er das Wort. „Darf ich euch noch etwas bringen, Ryuji-sama?“, fragte Yuuki möglichst höflich. Wenn er nichts tat, stieg die Chance, dass Akira-kun selbst wieder kreativ werden würde. Gefragter lehnte sich wieder vor und trank einen Schluck Wasser. Er wollte es kaum zugeben, aber es tat gut, sich nach all den Strapazen ein wenig zu erfrischen. Auch er litt unter den Folgen des Zwischenfalls, aber ebenso wie dies, hätte er auch nie zugegeben, dass ihn selbst die Spielerei mit Yuuki erschöpft hatte. Doch wie hätte er diese Gelegenheit verstreichen lassen können? „Gibt es hier nicht Kuchen?“, erkundigte sich Akira-kun, bemühte sich aber, desinteressiert zu klingen. Eigentlich aß er kaum Kuchen, aber wenn er schon mal in einem Café war, sollte er das ausnutzen. Yuuki nickte. Endlich hatte er vernünftige Arbeit. Fleißig zählte er die Sorten auf, darauf bedacht, einen möglichst ehrfürchtigen Ton zu wählen. Nach wenigen Aufzählungen wurde er unterbrochen. „Einfach irgendeinen.“, lautete die monotone Auswahl. „Husch husch, Hündchen.“ Damit war Yuuki fürs Erste entlassen. Der Schüler krallte sich in sein Tablett, verbeugte sich tief, verschwand schnellen Schrittes durch das Café und stopfte sich dabei wieder seinen Lappen an den Gürtel. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)