Corrupt Me! von Sky- ================================================================================ Epilog: The Journey Begins -------------------------- Es war ein ziemlich warmer und sonniger Tag. Das perfekte Wetter für eine Tour. Etwas ungeduldig wartete Christoph am vereinbarten Treffpunkt und fragte sich, wo Raphael denn blieb. Zwar hatte dieser eine SMS geschrieben, dass er sich wohl etwas verspäten würde, weil er noch etwas zu erledigen hatte, aber seitdem hatte er nicht mehr auf irgendwelche Nachrichten reagiert. Vor allem fragte sich Christoph, was Raphael am Flughafen wollte. Naja, er würde es ja noch herausfinden, wenn sein Freund hier war und er ihn somit fragen konnte. Plötzlich klingelte sein Handy und als er nachschaute, sah er, dass es Raphael war. Sofort nahm er das Gespräch an und hielt sein anderes Ohr zu, um sich nicht von den Umgebungsgeräuschen ablenken zu lassen. „Raphael? Wo bist du denn und was wolltest du am Flughafen?“ „Entschuldige, aber Dr. Wernicke hat mich darum gebeten, jemanden vom Flughafen abzuholen. Zwei Fachärzte aus Japan. Eigentlich sollte er das für Prof. Hauser erledigen, aber er ist wohl kurzfristig krank geworden.“ „Was hat dieser Schwachkopf denn jetzt schon wieder?“ „Offiziell eine Magendarminfektion.“ „… darf ich raten? Er hat sich mal wieder was bei einer Nutte eingefangen.“ „So schaut es aus. Und da er keinen anderen kannte, der Japanisch spricht, hat er mich darum gebeten. Ich dachte, ich schaffe es rechtzeitig, aber der Flug hatte jetzt Verspätung und ich musste auf Dr. Heian und Dr. Sagano warten. Ich hab sie jetzt zum Hotel gebracht und mach mich auf den Weg. Wollte nur Bescheid sagen, dass ich gleich da bin.“ „Ist gut.“ Dieser verdammte Wernicke, dachte sich Christoph und bekam nicht wenig Lust, zu diesem Idioten hinzufahren und ihm die Meinung zu geigen, nur weil der Trottel zu dumm war, um an Verhütung zu denken und sich deswegen ständig irgendetwas bei den Bordsteinschwalben einfing. Und andere durften seine Blödheit ausbaden. Aber das würde der Kerl noch büßen. Spätestens nach dem Urlaub. Und ausgerechnet Raphael hatte es erwischen müssen, wo er doch Urlaub hatte. Naja… wenn man bedachte, dass jemand gebraucht wurde, der Japanisch verstand, dann konnte man nichts machen. Trotz seiner Latino-Erscheinung hatte er immer noch japanische Wurzeln und beherrschte die Sprache seines Geburtslandes noch halbwegs. Wenig später traf Raphael ein und schien sich ziemlich beeilt zu haben. Seine Sachen hatte er bereits alle dabei und sah auch abreisebereit aus. Christoph hatte sich während der Wartezeit schon mal eine Zigarette genehmigt und sich auf die Weise wieder etwas beruhigt. Er hob zum Gruß die Hand und Raphael stieg von seiner Harley ab. „Was für ein Scheiß“, grummelte der 29-jährige und nahm den Helm ab. Jetzt brauchte er selbst erst mal eine Zigarette. „Erinnere mich daran, dass ich diesem verdammten Wernicke den Arsch aufreiße, wenn wir wieder zurück sind.“ „Lass mir auch noch was übrig. Ist ja nicht das erste Mal, dass so etwas passiert und garantiert auch nicht das letzte Mal. Schon als er eigentlich meine Vorlesung übernehmen sollte, damit ich bei deiner Gerichtsverhandlung dabei sein konnte, hat er sich krank melden müssen. Wäre Newton nicht eingesprungen, hätte ich es gar nicht geschafft.“ Nun genehmigte sich Raphael auch erst mal eine Zigarette. Die Zeit konnten sie sich noch nehmen, bevor ihre Reise losging. „Und wer genau sind die beiden Fachärzte, die du abholen solltest?“ „Kein Plan. Vermutlich Bekannte von Prof. Hauser. Irgendwie hatte er doch mal ein Projekt an der Universität in Tokio gearbeitet. Naja, zum Glück ist alles reibungslos über die Bühne gegangen. Wie es aussieht, will Dr. Heian dauerhaft hier bleiben und Dr. Sagano soll wohl geschäftlich hier zu tun haben. Es hat mich überrascht, dass dieser Heian fließend Englisch spricht. Im Grunde hätte jeder x-beliebige andere Heini die beiden abholen können. Aber… es ist halt wie es ist. Konnte ja keiner ahnen, dass einer der beiden die Landessprache beherrscht. Zumindest konnten wir uns ganz gut unterhalten. Mein Japanisch ist ja auch schon so ziemlich eingerostet.“ „Man muss ja auch kein Sprachtalent sein.“ „Das stimmt schon. Nur nervt es halt, wenn man immer für einen Mexikaner gehalten wird und man ständig auf Spanisch angesprochen wird, obwohl ich kein Wort verstehe.“ Ja, das war ein kleines Dauerproblem und auch schon fast ein Running Gag, wenn man es so betrachtete. Und irgendwie passierte dies Raphael ständig und das auch schon seit seiner Kindheit. Immerzu hielt man ihn für einen Mexikaner, weil sein asiatisches Erbteil überhaupt nicht bei ihm durchgekommen war. Zumindest wirkte er nicht mehr so einschüchternd und bedrohlich auf andere so wie vor knapp eineinhalb Jahren noch. Zwar gab es immer noch einige, die sich von seiner Körpergröße einschüchtern ließen, aber dank der Aggressionstherapie, die ihm das Gericht damals aufs Auge gedrückt hatte, war er deutlich entspannter geworden und regte sich nicht mehr so schnell auf wie früher. Auch sonst war er nie wieder gewalttätig geworden. Naja… zumindest nicht bis auf das eine Mal, als er mal wieder in Johnny’s vorbeigeschaut hatte und es dabei eine Prügelei gab, bei der auch eine Frau verletzt wurde. Und Raphael, der nichts mehr hasste als Gewalt gegen Frauen, war sofort dazwischen gegangen. Zum Glück war es nicht weiter eskaliert und es hatte keinen weiteren Ärger gegeben. Ansonsten war Raphael deutlich umgänglicher geworden und man konnte ihn schon fast als normal bezeichnen. Wären da nicht sein abstruser Stammbaum, seine enorme Körpergröße und seine Vorliebe für BDSM. Aber auch wenn er in den letzten Monaten deutlich umgänglicher geworden war, so besaß er immer noch eine andere Seite, die er nur wenigen Menschen zeigte. Nämlich die eines Sadisten, der es liebte, andere zu unterdrücken und dabei die Ausstrahlung eines gefährlichen Raubtieres hatte. Und das war es auch, was Christoph am meisten an ihn liebte. Diese Ausstrahlung und seine Fähigkeit, im einen Moment ein ruhiger, aufmerksamer und starker Beschützer zu sein und im nächsten Moment ein dominanter und kompromissloser Sadist, der seine Sache durchzog und sich von niemandem etwas sagen ließ. Man konnte schon sagen, dass Christoph einen sehr exotischen Geschmack hatte. „Hm… was meinst du, wie lange wir bis zu unserem ersten Ziel brauchen?“ fragte der 25-jährige schließlich und warf seine Zigarette zu Boden, die er anschließend austrat. Raphael tat es ihm gleich und überlegte kurz. „Also… wenn wir ohne Zwischenstopps durchfahren, müssten wir das Hotel in gut zwei Stunden erreichen. Also dann… sollen wir los?“ Damit stieg Raphael wieder auf sein Motorrad und wollte gerade seinen Helm aufsetzen, doch da hielt Christoph ihn kurz zurück und küsste ihn. „Danke, Raphael. Ich glaube, ich kann dir nicht oft genug sagen, wie froh ich bin, dass du…“ Hier aber unterbrach der 29-jährige ihn, indem er ihm einen leichten Klaps auf den Kopf gab. „Jetzt werde mir bloß nicht sentimental, sonst krieg ich noch Sodbrennen. Mag sein, dass wir jetzt zusammen sind, aber das heißt nicht, dass ich hier irgendwie weichgespült werde. Und wenn du weiterhin solchen Kitsch von dir gibst, werde ich dir wohl wieder „Nachhilfestunden“ geben müssen.“ Ja, da hat er auch wieder Recht, dachte sich Christoph und stieg nun ebenfalls auf sein Motorrad. Wir beide wissen, wie wir füreinander fühlen. Da muss man noch lange nicht wie ein liebeskrankes Paar reden und sich schlimmstenfalls noch irgendwelche Kosenamen geben. Allein der Gedanke ist schon schaurig genug. Gemeinsam starteten sie die Motoren und Raphael rollte ein Stück vor, sodass er nun direkt neben ihm stand. „Aber weißt du was?“ rief der Student ihm durch den Motorenlärm zu. „Eine Sache habe ich durch dich gelernt: das Leben mag manchmal ein verdammt ungerechtes und mieses Arschloch sein. Aber das heißt noch lange nicht, dass man sich von so einem miesen Bastard ficken lassen sollte.“ Bei der etwas groben Wortwahl, die auch wiederum ein wenig typisch für den ehemaligen Tätowierer war, musste Christoph lachen und nickte zustimmend. „Da hast du wohl Recht.“ „Klar hab ich das. Und jetzt lass uns endlich losfahren, bevor einer von uns noch mehr Weibergewäsch von sich gibt.“ Damit fuhren sie nun los und traten ihre erste lange gemeinsame Reise an. Das Leben schreibt manchmal die merkwürdigsten Geschichten und es hat oftmals die Angewohnheit, Menschen auf die seltsamste Art und Weise zusammenzubringen. Mochte es ein simpler Zufall oder vielleicht das Schicksal gewesen sein, das Christoph vor mehr als eineinhalb Jahren in Raphaels Tattoostudio geführt hatte, um einen Ausweg aus seiner Frustration und Unausgeglichenheit zu finden. Letzten Endes hatte ihr Treffen sie beide verändert. Mochte es zum Guten oder zum Schlechten sein. Im Grunde hatten sie beide erkennen müssen, dass sie beide je auf ihre eigene Weise in einer Sackgasse steckten und einander brauchten. So viele Gemeinsamkeiten wie sie hatten, so hatten sie auch genauso viele Gegensätze. Sie beide waren auf ihre Weise gesegnet und verflucht gewesen und hatten sich in vollkommen verschiedene Richtungen entwickelt. Und sie beide wussten, dass die Zukunft nicht einfach für sie werden würde. Das Leben verstand es nämlich, jeden Einzelnen auf die Probe zu stellen. Doch das machte ihnen nichts aus, denn sie hatten für sich ihren Leitfaden gefunden, nachdem sie jahrelang ziellos umhergeirrt hatten: Folge deinem wahren Willen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)