Vielleicht irgendwann von Juju ================================================================================ 67. Kapitel, in dem Japan rockt ------------------------------- „Mann, T.K., wo fahren wir denn hin?“, fragte Hikari neugierig zum gefühlt hundertsten Mal. Schon vor Wochen hatte Takeru ihr befohlen, sich dieses Wochenende freizuhalten, da er eine Überraschung geplant hatte. Nur ihre persönlichen Sachen hatte sie zusammenpacken sollen, um alles andere würde er sich kümmern, hatte er gesagt. Hikari wusste nicht so richtig, womit sie rechnete. Sie schätzte, dass Takeru sie noch immer liebte. Ihre einzige Vermutung war, dass er ein romantisches Wochenende für sie beide geplant hatte und nun versuchen würde, sie dazu zu bringen, sich auf eine Beziehung mit ihm einzulassen. Immerhin war die Trennung von Willis und der Verlust des Babys nun fast ein halbes Jahr her. „Wie oft soll ich dir noch sagen, dass es eine Überraschung wird?“, erwiderte Takeru und nahm auf dem Fahrersitz Platz. Er hatte vor ein paar Wochen das Auto seiner Mutter geschenkt bekommen, da sie es, nun, da sie wieder mit seinem Vater zusammenwohnte, nicht mehr brauchte. Schließlich hatte auch Hiroaki ein eigenes neueres Auto. Der kleine Nissan, der nun Takeru gehörte, war zwar alt, tat jedoch noch überwiegend zuverlässig seinen Dienst. „Das ist jetzt nicht dein Ernst“, sagte sie, als er ihr mit einer Handbewegung bedeutete, sich zur Seite zu drehen, damit er ihr die Augen verbinden konnte. „Wie gesagt: Überraschung“, erklärte Takeru schulterzuckend. Widerwillig drehte sie sich zur Seite und er verband ihr die Augen. „Wahrscheinlich entführst du mich jetzt, vergewaltigst mich und verscharrst mich dann im Wald.“ „Bevor ich dich verscharre, bringe ich dich aber noch um“, ergänzte er. „Lebendig begraben werden wäre echt gemein.“ „Und Vergewaltigung wäre nicht gemein?“ „Du willst es doch auch.“ „Sagt wer?“ „Ich.“ Er startete den Wagen. „Verdammt Takeru, du machst mir Angst. Wohin fahren wir?“, fragte Hikari nun drängend. Er lachte. „Lass‘ dich doch einfach überraschen. Es wird dir gefallen.“ „Solange es nichts mit Mord zu tun hat…“ „Hm. Nur indirekt.“ Er spielte am Radio herum und suchte nach einem passenden Sender. Gleichzeitig schien das Auto bereits über die Straßen Tokios zu fahren, hielt hin und wieder an, beschleunigte, bremste und so weiter. Hikari seufzte resigniert und versuchte einfach, sich zu entspannen. Dennoch konnte sie es nicht vermeiden, dass ihr Herz wie wild klopfte. Sie malte sich aus, wie er sie in ein Hotel mit Onsen auf dem Land brachte, wie sie gemeinsam in heißen Quellen badeten und über sich sprachen, wie sie anschließend die Nacht gemeinsam im Hotelzimmer verbrachten und sich dabei viel zu nahekamen… Hikari biss sich auf die Unterlippe und spürte ihre Wangen heiß werden. Ob er wirklich sowas oder sowas Ähnliches vorhatte? Was würde sie davon halten? Sie müsste lügen, wenn sie sagte, sie wäre dem abgeneigt. „Ich hoffe, ich habe die richtigen Klamotten eingepackt“, murmelte sie unsicher. „Wirst du schon. So viele brauchst du eh nicht“, antwortete er lässig. Sie würde nicht viele Klamotten brauchen? Was um Himmels willen hatte er nur mit ihr vor? Sie spielte nervös mit ihren Fingern, die in ihrem Schoß lagen. „Wie lang fahren wir denn?“ „Nicht so lang eigentlich. Vielleicht zwei Stunden.“ „Zwei Stunden?!“, rief sie empört. „Ich muss jetzt zwei Stunden mit einer Augenbinde hier sitzen?“ „Du wirst es überleben“, grummelte er. Wenn man aufgeregt war und nicht wusste, was einen erwartete, schien die Zeit noch viel langsamer zu vergehen. Takeru machte Hikari damit wahnsinnig, dass er alle paar Minuten nach einem anderen Radiosender suchte. Das Auto fuhr inzwischen schneller und stoppte nicht mehr, weshalb Hikari davon ausging, dass sie sich auf der Autobahn befanden. Takeru plauderte munter vor sich hin, doch Hikari war nicht nach reden zumute. Sie stellte sich weiter Orte vor, die Takeru mit ihr besuchen würde. Vielleicht machten sie ja eine Bergwanderung. Oder sie fuhren ans Meer und würden in einem kleinen Häuschen am Strand wohnen. Oder sie fuhren in einen Vergnügungspark. Nein, das sicher nicht. Dafür hätten sie auch in Tokio bleiben können. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass zwei Stunden so ewig dauern konnten. Dabei standen sie nicht einmal im Stau. Schließlich verkündete Takeru, dass sie gleich da sein würden, während der Wagen langsam wurde und über unebenen Untergrund fuhr. Angespannt rutschte Hikari auf ihrem Sitz herum. Endlich parkte er das Auto und stelte den Motor ab. „Du darfst jetzt die Augenbinde abnehmen“, sagte er. Das ließ sie sich nicht zweimal sagen und riss sich das Tuch herunter. Ihre Augen mussten sich erst einmal an den Sonnenschein gewöhnen, doch sie erkannte schnell, dass sie sich auf einem großen, provisorischen Parkplatz befanden, der auf einer Grünfläche eingerichtet worden war. Ihre Augen huschten hin und her und schließlich entdeckte sie einen Pappaufsteller. „Was? Rock in Japan?“, fragte sie ungläubig. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie hatte schon einmal von dem Festival gehört, war jedoch mit niemandem befreundet, der schon einmal hier gewesen war. Das hier entsprach so gar nicht ihrer Vorstellung von einem romantischen Wochenende zu zweit. Auf Festivals fehlte jegliche Privatsphäre. Fragend wandte sie sich an Takeru, der sie erwartungsvoll ansah. „Hallo? Begeisterung?“, sagte er irritiert und gestikulierte mit den Händen. „‚Wow, voll krass, T.K., hier wollte ich schon immer mal hin! Du erfüllst mir gerade meinen sehnlichsten Traum!‘ So ungefähr.“ Sie grinste. „Ich bin gerade nur… überrascht. Habe nicht damit gerechnet.“ „Womit hast du denn gerechnet? Doch nicht etwa wirklich mit einem Mord?“ Er hob die Augenbrauen. „Keine Ahnung“, log sie. „Komm‘ schon, lass‘ uns mal zum Zeltplatz gehen.“ Sie stiegen aus dem Wagen heraus in die glühende Augusthitze und kramten ihre Sachen aus dem Kofferraum hervor. Nun sah Hikari, dass er auch ein Zelt und zwei Schlafsäcke dabei hatte. Sie beluden sich mit dem Gepäck und folgten den Schildern, die ihnen den Weg zum Zeltplatz wiesen. Während Takeru auf seinem Handy herumtippte, sah Hikari sich um. Glücklicherweise befand sich der Zeltplatz in einer Art lichtem Wald, sodass sie einen schattigen Platz für ihr Zelt finden würden. Es wimmelte nur so von jungen Menschen, die gerade ihre Zelte und Pavillons aufbauten oder schon auf dem Boden oder in Campingstühlen saßen und Bier tranken. Stimmengewirr wehte durch das Wäldchen begleitet vom Zirpen der Zikaden. „Da vorn ist ein Platz frei. Lass‘ uns den nehmen“, sagte Hikari und deutete auf eine größere freie Fläche. „Nee“, antwortete Takeru nur und ging einfach daran vorbei. „Wieso nicht?“, fragte Hikari verdutzt und fühlte sich ein wenig vor den Kopf gestoßen, dass ihr Vorschlag einfach ohne Grund abgelehnt wurde. „Ähm… zu wenig Schatten.“ „Okay…“ Sie war nicht überzeugt, wollte jedoch nicht diskutieren. Sie stapften weiter über den weichen Boden und Hikari sah sich aufmerksam um. „Da können wir auch hin. Da ist auch viel Schatten.“ „Nee“, sagte Takeru nur wieder, ohne sich den Platz, auf den sie gezeigt hatte, näher anzusehen. „Und wieso diesmal nicht? Zu viel Schatten?“, fragte sie verärgert. Allmählich wurde ihr ziemlich heiß und sie wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Ja“, antwortete er abwesend und bog plötzlich links ab. „Mann, T.K., wo willst du denn hin? Da drüben sieht es auch nicht anders aus als hier“, quengelte sie und folgte ihm nur widerwillig. „Ich suche eben den perfekten Platz“, erwiderte er bestimmt. „Den wirst du nicht finden. Wir sind schon an zweien vorbeigelaufen.“ „Jetzt vertrau‘ mir doch einfach mal und hör‘ auf, dich zu beschweren“, sagte er ein wenig genervt. Hikari gab ein grummelndes Geräusch von sich, sagte jedoch nichts mehr. Sie stapften weiter an den Zelten vorbei und mit jedem Schritt schwitzte sie ein klein wenig mehr. Als sie schon befürchtete, Takeru hatte eine Wandertour mit ihr geplant, beschleunigte er seinen Schritt ein wenig. „Ah, gefunden. Da seid ihr ja.“ Verwirrt blickte Hikari auf. „Was? Wer ist wo?“ Und dann entdeckte sie zu ihrer Überraschung Taichi und Yamato, die es sich auf Campingstühlen bequem gemacht hatten, Bier tranken und sie angrinsten. „Tai! Matt!“ Sie strahlte über das ganze Gesicht. „Na toll. Über euch freut sie sich mehr als über das Festival“, bemerkte Takeru beiläufig, während sie die beiden Männer umarmte. „War das etwa alles geplant?“, fragte sie ungläubig und sah zwischen den dreien hin und her. „Jap“, antwortete Taichi. „Und anscheinend hast du nichts geahnt.“ „Habe ich wirklich nicht“, sagte sie lachend. „Oh Mann. Wie könnt ihr nur?“ „Es war Tais Idee“, erklärte Yamato und deutete auf seinen besten Kumpel. „Und T.K. hatte die schwierigste Aufgabe. Er musste dich herbringen und durfte dir nichts sagen.“ „Zweimal hätte ich mich fast verplappert“, gab Takeru schief grinsend zu. „Aber es ging zum Glück alles gut.“ „Aber… warum?“, fragte Hikari mit großen Augen, die noch immer nicht so ganz fassen konnte, was hier passierte. „Wir dachten uns, es wäre cool, wenn wir mal wieder was zu viert unternehmen könnten“, antwortete Yamato schulterzuckend. „Und da wir alle einen ähnlichen Musikgeschmack haben, haben wir uns hierfür entschieden.“ „Hier können wir mal ein Wochenende einfach entspannen und feiern“, erklärte Taichi. „Ich glaube, das haben wir alle nötig.“ „Ja. Ich… wow.“ Hikari grinste und sah Takeru an. „Ständig hältst du irgendwas vor mir geheim.“ „Es war für einen guten Zweck“, entgegnete er unschuldig lächelnd und fuhr sich mit dem Handrücken über die verschwitzte Stirn. „Los, lass‘ uns das Zelt aufbauen. Dann können wir uns auch ausruhen.“ „Nix da ausruhen“, funkte Taichi dazwischen. „In einer Stunde spielt die erste Band. Beeilt euch lieber, dass ihr bis dahin fertig seid.“ Zu zweit schafften sie es, das Zelt rechzeitig aufzubauen und konnten dann gemeinsam mit ihren Brüdern zum Eröffnungskonzert gehen. Es war eine regelrechte Pilgerreise vom Campingplatz zu den Bühnen, der die vier sich anschlossen. Die Stimmung der Menschen war ausgelassen, viele waren bereits betrunken und grölten schon die Lieder der Band, die gleich das Festival eröffnen würde. Ein Mädchen strich Yamato im Vorbeigehen über den Hintern und warf ihm über die Schulter einen koketten Blick zu, doch er ging natürlich nicht darauf ein. Eine andere sprach Taichi von der Seite an, hakte sich bei ihm unter und wollte ihn mit sich mitziehen, doch er schüttelte sie ab, sodass sie sich entfernte. Das erste Konzert heizte die feierwütige Menge unglaublich an. Alle sprangen wild durch die Gegend und waren voller Vorfreude auf das Wochenende. Hikari wurde ständig angerempelt und zweimal versuchte ein Typ, mit ihr zu flirten, doch darauf hatte sie keine Lust. Sie wollte sich auf das Konzert konzentrieren und beobachtete die Band auf der Bühne, die genauso gut gelaunt wirkte wie das Publikum. Tausende Menschen tummelten sich auf dem Platz und feierten, als hätten sie jahrelang nur auf diesen Moment gewartet. Noch ein weiteres Konzert sahen die vier sich auf dieser Bühne an, bevor sie die Bühne wechselten. Auch hier war es mit der Stimmung nicht anders, doch nach zwei weiteren Stunden war Hikari erschöpft. Inzwischen stand die Sonne kurz über dem Horizont und der Himmel erstrahlte in seinen schönsten Farben. „Wollen wir was essen gehen? Ich habe Hunger“, fragte Hikari in die Runde und rieb sich den Bauch. „Ja, ich bin auch dafür“, stimmte Yamato ihr zu. Sie begaben sich zu einem der Essensstände, die sich überall auf dem Gelände befanden, und kauften sich etwas. Anschließend ließen sie sich auf einer Bank nieder, um zu essen. „Also bisher ist es echt cool. War eine super Idee von euch“, lobte Hikari die Jungs grinsend. „Ja. Matt hätte schon mindestens hundert Mädels abschleppen können“, stimmte Taichi zwinkernd ein. „Und ein paar davon sahen gar nicht mal schlecht aus.“ „Kein Bedarf“, meinte Yamato trocken und machte eine wegwerfende Handbewegung. „T.K. wurde auch einmal sehr eindeutig angeflirtet“, erzählte Hikari und stieß Takeru spielerisch mit dem Ellbogen in die Seite. Dieser grummelte nur etwas vor sich hin. „Ich glaube, wenn man auf einem Festival vögelt, fängt man sich nur irgendwas ein“, meinte Taichi nachdenklich. „Jap. Da nimmst du alles mit nach Hause, nur die Alte nicht“, stimmte Yamato zu. Die Jungs lachten, Hikari runzelte angewidert die Stirn. „Ihr seid eklig.“ „Daran solltest du doch gewöhnt sein“, meinte Takeru lässig. „Daran, dass ihr euch Geschlechtskrankheiten holt?“ Wieder lachten sie und Hikari schüttelte den Kopf. Die waren einfach unverbesserlich.   Es war bereits vier, als alle endlich völlig erschöpft, angetrunken und glücklich in ihren Zelten lagen. Hikari kuschelte sich in ihren Schlafsack und konnte nicht länger gegen die Müdigkeit ankämpfen. Ihre Augen fielen zu und sie wartete darauf, dass der Schlaf sie übermannte, doch in dem Moment meldete sich ihre Blase. Nein, das durfte doch nicht wahr sein. Der Weg zur Toilette war so weit und sie so müde. Lang würde sie ohnehin nicht schlafen können. Mit Sicherheit hielt sie es auch die wenigen Stunden bis zum Aufstehen aus. Jetzt wollte sie einfach nur schlafen. Zehn Minuten später beschloss sie, dass sie es nicht mehr aushielt. Wenn sie jetzt nicht auf die Toilette ging, würde sie morgen in einem nassen Schlafsack aufwachen. „Keru?“, murmelte sie. Keine Reaktion. „Keru?“, sagte sie nun etwas lauter und rüttelte ihn am Arm. Noch immer keine Reaktion. „Keru!“ Kräftigeres Rütteln, worauf ein Stöhnen und eine Bewegung folgten. „Was denn?“, brummte er und sah sie aus halb geöffneten Augen an. „Ich muss mal.“ „Dann geh‘ doch“, antwortete er und schloss die Augen wieder. „Kannst du bitte mitkommen?“, bat sie in ihrer weinerlichsten Stimmlage. Er stöhnte erneut. „Ernsthaft? Ich will schlafen.“ „Aber ich muss echt dringend. Ich mach‘ mir gleich schon in die Hose“, quengelte sie unnachgiebig. „Warum gehst du nicht einfach allein?“, meckerte er und warf ihr einen finsteren Blick zu. „Ich hab‘ Angst“, antwortete sie. „Hier sind so viele komische Leute und der Weg zum Klo ist so weit. Was, wenn mich zwischendurch einer wegfängt?“ „Dann lauf‘ schnell weg.“ „Och Keru, komm‘ schon! Ich würde das auch für dich machen“, jammerte sie und setzte sich auf. „Ich kann aber allein aufs Klo gehen!“ „Du bist ja auch ein Mann und kannst dich viel besser verteidigen. Du bist groß und stark und schnell und ich bin…“ „Ist ja schon gut“, seufzte er und setzte sich widerwillig ebenfalls auf. Nacheinander kletterten sie aus dem Zelt und schlurften über den Zeltplatz zu den Sanitäranlagen. In vielen Zelten herrschte Ruhe, doch hier und da saßen noch Leute vor ihren Zelten zusammen und ließen die Nacht ausklingen. Andere vergnügten sich für alle hörbar in ihren Zelten. Der Himmel ging bereits von einem dunklen Nachtblau in ein helleres Blaugrau über. „Danke, dass du mitkommst“, murmelte Hikari. „Schon gut.“ Sie kamen an einem Zelt vorbei, aus dem lautes, lustvolles Stöhnen drang, und Hikari warf Takeru einen verachtenden Blick zu. „Man könnte sich ja mal ein bisschen zurückhalten, mein Gott. Voll übertrieben. So gut kann der doch gar nicht sein.“ Takeru lachte leise. „Wer weiß. Vielleicht ja doch.“ „Unsinn.“ Sie winkte ab. Endlich erreichten sie die Sanitäranlagen und Hikari huschte zur Damentoilette. Nein, bis zum Morgen hätte sie es definitiv nicht ausgehalten. Erst eine gefühlte Ewigkeit später stieß sie erleichtert wieder zu Takeru, der sich gerade mit einem Mädchen unterhielt. Sie trug Hotpants und ein zu weit ausgeschnittenes Top. „Aus Tokio? Cool, ich komme aus Osaka“, sagte sie gerade. „Und was machst du? Studierst du?“ „Ja, genau. Journalistik.“ „Oh, klingt interessant. Ich mache Jura und werde nächstes Jahr fertig.“ „Echt? Ich werde auch nächstes Jahr fertig“, erwiderte Takeru. „So ein Zufall!“ Das Mädchen drehte sich eine Strähne ihres langen Haars um den Finger, während sie mit Takeru redete. Dabei war ihr Blick nur auf ihn gerichtet und sie sah aus, als würde sie ihn mit ihren Blicken verschlingen wollen. Hikari räusperte sich laut, stellte sich dicht neben ihn und griff bestimmt nach seiner Hand. „Bin fertig, wir können wieder ins Zelt gehen.“ Das Mädchen musterte Hikari abschätzig und sie hielt ihrem Blick stand. „Tja, dann mach’s gut“, sagte Takeru schulterzuckend zu der Fremden. „Man sieht sich“, erwiderte diese und Hikari zog ihn weg. „Was war das denn? Bist du etwa eifersüchtig?“ Verschmitzt lächelnd sah er sie von der Seite an. „Die wollte dich nur abschleppen“, meinte Hikari und reckte das Kinn. „Ich glaube, man muss eher auf dich aufpassen, wenn du nachts aufs Klo gehst, und nicht auf mich. Offenbar wirst du eher weggefangen.“ „Klar. Die wollte mich sicher wegfangen“, erwiderte er sarkastisch. „Gut, dass du dazwischengegangen bist. Sie war schon kurz davor, ihre Krallen auszufahren und mich zu zerfleischen.“   Als sie am nächsten Morgen wieder aufstanden, nieselte es ein wenig, doch das störte nicht weiter. Zunächst wuschen sie sich alle unter der Dusche den Schweiß des gestrigen Tages ab und holten sich Frühstück aus dem nahegelegenen Supermarkt. Den ganzen Tag verbrachten sie damit, hin und wieder eines der Konzerte zu besuchen oder zusammenzusitzen, zu reden und zu trinken. Sie plauderten über alles Mögliche, erinnerten sich an alte Zeiten und fantasierten von der Zukunft. Es fühlte sich wieder genauso an wie früher, als sie oft unbeschwert gemeinsame Abende verbracht hatten. Je mehr Alkohol sie dabei tranken, desto mehr lachten sie und desto absurder wurden ihre Gespräche. Doch das machte Hikari nichts aus. Sie liebte diese sinnlosen, albernen Gesprächsthemen. Der Regen wurde im Laufe des Tages stärker, doch das störte kaum jemanden. Eher im Gegenteil. Es war noch immer so heiß, dass er eine kleine Abkühlung darstellte und die Hitze erträglicher machte. Im Nu liefen viele in Bikinis und Badehosen oder völlig durchweichter Kleidung durch die Gegend, veranstalteten Schlammschlachten, da der Boden des Festivalgeländes sich zusehends aufweichte, und suhlten sich im Dreck. Hikari reichte es, nass zu sein. Den Schmutz brauchte sie nicht. „Warum war ich heute Morgen eigentlich duschen?“, fragte Taichi sich mit einem Blick in den grauen Himmel, der allmählich dunkler wurde. „Das frage ich mich auch.“ Yamato strich sich mit einer Hand die nassen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ein paar Festivalgäste nutzten den Regen tatäschlich als Dusche und rieben sich Shampoo ins Haar oder seiften ihre Körper ab, nur um kurz darauf von ihren Freundin grölend mit Schlamm beworfen zu werden. „Wehe, jemand wirft Schlamm nach mir“, sagte Hikari, die das Geschehen argwöhnisch beobachtete. „Ich pass‘ auf“, meinte Takeru großzügig. „Wir werden dich rächen“, versprach Taichi ihr. „Wow. Ich fühle mich wieder wie in der Grundschule mit meinen persönlichen Bodyguards“, scherzte sie und musste lachen. „Manche Dinge ändern sich eben nie“, meinte Yamato lächelnd. Sie besuchten ein Konzert und währenddessen verwandelte sich der Regen in einen regelrechten Wolkenbruch. Plötzlich schüttete es nur so, der guten Stimmung tat das jedoch keinen Abbruch. Auch Hikari tanzte ausgelassen zur Musik der Band, wirbelte durch die Gegend und nippte hin und wieder an ihrem Bier. Ihr T-Shirt und ihre Shorts klebten klitschnass an ihrem Körper, doch das machte ihr nichts aus. Sie hatte noch genügend trockene Sachen dabei. „Komm‘ schon, tanz‘ mit!“, rief sie Takeru zu, der sich kaum von der Stelle rührte. „Ich will ja nicht aussehen wie du“, antwortete er grinsend. „Musst du mich eigentlich immer beleidigen?“, erwiderte sie gespielt gekränkt und wandte sich von ihm ab. „Ich beobachte lieber Menschen.“ „Suchst du deine Klofreundin?“, stichtelte sie. „Nö, die tanzt ja gerade neben mir.“ „Was? Hallo? Ich bin nicht deine Klofreundin!“ „Du bist meine Freundin und ich musste mit dir zusammen aufs Klo gehen, weil du dich allein nicht getraut hast. Also bist du meine Klofreundin.“ Er sah sie herausfordernd an. „Du und dein messerscharfer Verstand“, witzelte sie. „Jetzt tanz‘ endlich!“ Sie warf die Arme um ihn und wollte ihn mit sich reißen, verlor dabei jedoch das Gleichgewicht, sodass sie fast umfielen. Es gelang Takeru gerade noch, sie beide zu halten. Hikari lachte, ohne ihn loszulassen. „Gut reagiert!“ Ihre Hände glitten zu seinen Wangen und amüsiert betrachtete sie ihn. „Du siehst aus, als wärst du gerade durch den See geschwommen.“ „Hast du dich mal gesehen?“, fragte er belustigt und strich ihr eine nasse Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie kicherte und genoss das Gefühl, wie der Regen auf sie herab prasselte. „Also hältst du nicht nach diesem Mädchen vom Klo Ausschau?“ „Warum sollte ich?“ Er runzelte fragend die Stirn. Ihr Herz schlug schneller gegen ihre Brust. Noch immer waren sie sich so nah, noch immer lagen ihre Hände auf seinen Wangen. Sie sah ihm in die blauen Augen. „Keru“, begann sie nun ernster. „Ja?“ Er erwiderte ihren Blick. „Ich muss mich noch bedanken, dass du mich hierher gebracht hast“, sagte sie. „Ach was, das war eigentlich Taichis und Yamatos Idee. Die haben das hier organisiert und für uns…“ Weiter kam er nicht, denn Hikari hatte plötzlich die Lippen auf seine gepresst und verwickelte ihn nun in einen Kuss. Sie spürte seine Hände in ihrem Lendenbereich und wie er sie an sich zog. Ihr Herz schien aus ihrer Brust springen zu wollen und hundert Schmetterlinge flatterten in ihrem Bauch. „Du machst mich wahnsinnig, wenn du immer damit anfängst“, murmelte er, sodass sie Schwierigkeiten hatte, ihn zu verstehen. Sie lächelte und küsste ihn erneut, legte eine Hand in seinen Nacken, um ihn noch näher an sich zu ziehen. Der Kuss war so feucht, was daran lag, dass es schüttete wie aus Eimern. Als sie sich enger an ihn presste, spürte sie, wie sein Körper bereits auf sie reagierte. „Nehmt euch’n Zimmer!“ Sie fuhren auseinander, wandten sich um und blickten in die vielsagenden Gesichter ihrer Brüder. Yamato lächelte wissend und Taichi grinste dreckig. „Lasst euch nicht stören. Macht ruhig weiter“, sagte Yamato auffordernd. „Wenn ihr schon mal dabei seid…“ „Ach, halt‘ doch die Klappe“, grummelte Takeru sichtlich genervt. „Ihr seid echt dämlich, alle beide“, tadelte Hikari die beiden älteren Brüder peinlich berührt. Mussten die denn ausgerechnet im falschen Moment hinschauen? In diesem Moment lenkte zum Glück der Sänger der Band die Aufmerksamkeit wieder komplett auf sich, indem er eine Ansage machte und somit drehten Taichi und Yamato sich wieder um. Fragend sahen Hikari und Takeru einander an. „Wollen wir…“, begann Takeru, musste seine Frage jedoch gar nicht beenden. „Ja“, unterbrach Hikari ihn und griff nach seiner Hand. Sie machten sich durch den Schlamm auf den Weg zurück zum Zeltplatz. Keiner von ihnen sagte ein Wort. Hikari wusste nicht, ob es am Alkohol oder an der ungewohnt unbeschwerten Atmosphäre des Festivals lag, doch sie wollte gerade einfach nur mit ihm allein sein. Über Dinge reden, über die sie sonst nicht reden konnten. Dinge tun, die sie sonst nicht taten. Sie kletterte zuerst ins Zelt, er folgte ihr und zog den Reißverschluss zu. Sofort befreite er sich aus seinem klitschnassen T-Shirt und wandte sich Hikari zu. „Weißt du eigentlich, wie heiß du in nassen Klamotten bist?“, raunte er und betrachtete unverhohlen ihren Körper. Hikari kauerte halb zwischen den beiden flachen Matratzen und Schlafsäcken und sah an sich herab. Ihr T-Shirt war ohnehin schon eng geschnitten, betonte nun jedoch noch mehr die Konturen ihres Körpers. Sie begegnete seinem glühenden Blick. „Soll ich sie anlassen?“, fragte sie. Langsam schüttelte er den Kopf. Sie lächelte und schälte sich zur Antwort langsam aus ihrem T-Shirt. Er beugte sich über sie und setzte dazu an, sie zu küssen, stoppte jedoch kurz vorher, als ihre Lippen sich schon fast berührten. „Warum kommen wir ständig in solche Situationen?“, murmelte er. „Ich… keine Ahnung“, erwiderte sie und schluckte hart. „Wird das hier eine einmalige Sache?“, wisperte er gegen ihre Lippen. „Wenn wir es tun, ist es keine einmalige Sache mehr, weil es schon mal passiert ist“, flüsterte sie. Langsam ließ sie ihre Finger seine Brust hinab über seinen Bauch wandern. „Sollten wir das hier tun?“, fragte er ein wenig atemlos. Für einen Augenblick sahen sie sich in die Augen, dann zog Hikari ihn an sich und küsste ihn statt einer Antwort. Ein Kuss sagte in dieser Angelegenheit schließlich mehr, als Worte es jemals könnten. Vorsichtig schob sie ihre Hand in seine Hose und begann, ihn zu massieren. Sie glaubte nicht, dass es nötig war, ihn überhaupt noch weiter vorzubereiten, doch sie wollte ihn berühren. Er keuchte leise in den Kuss hinein, griff etwas umständlich hinter ihren Rücken und öffnete den Verschluss ihres BH. Sanft biss er ihr in die Unterlippe, während er ihr das Stück Unterwäsche abstreifte. Dann griff er nach ihrem Handgelenk und zog es von sich weg. Seine Lippen schlossen sich um ihre Brustwarze und saugten sanft daran, während seine Hand unter ihren Slip glitt. Sie spürte, wie leicht er mit zwei Fingern in sie eindringen konnte, und entlockte ihr damit ein leises Stöhnen. Auch sie brauchte nicht viel Vorbereitung. Dennoch trieb er sie in wenigen Minuten bis an die Spitze ihrer Erregung. „Keru“, stöhnte sie, als sie spürte, dass es gleich vorbei sein würde. Er hielt inne und gönnte ihr eine Verschnaufpause. Schwer atmend versuchte sie, sich zu entspannen. „Ich hab‘ keine Kondome dabei“, riss seine Stimme sie aus ihrer Ekstase. „Ich aber.“ Sie richtete sich ein wenig auf und drehte sich um, um in ihrer Tasche zu kramen. Schnell fand sie, wonach sie suchte, und riss das quadratische Päckchen auf. Als sie sich wieder zu ihm umdrehte, begegnete sie seinem verdutzten Blick. Er fragte jedoch nicht weiter nach, sondern befreite sich aus seiner Hose und streifte sich das Kondom über. Auch Hikari strampelte hastig ihre letzten Kleidungsstücke ab und spreizte die Beine, als er sich über sie legte. Forsch drang er in sie ein und begann sofort mit einem schnellen Rhythmus. Hikari stöhnte auf und hielt sich an seinem Rücken fest. Sie winkelte die Beine an, um ihn tiefer in sich spüren zu können. Sie konnte sich nicht erinnern, schon einmal in ihrem Leben so erregt gewesen zu sein. Es war der erste Sex für sie seit über einem halben Jahr. Nur wenige Minuten später ließ ihr Höhepunkt ihren ganzen Körper erbeben. Ihre Fingernägel krallten sich in seinen Rücken, doch das bekam sie kaum mit. Mit ihrem Stöhnen versuchte sie, das überwältigende Gefühl zu erleichtern, doch nach einigen wundervollen Sekunden verebbte es ohnehin. Takeru kam nur kurz darauf und erstickte sein Stöhnen damit, dass er seine Lippen auf ihre presste. Liebevoll streichelte sie seinen Rücken, während seine Stöße sich verlangsamten und er schließlich innehielt. Einige Minuten verharrten sie so und kamen beide langsam wieder zu Atem. „Wir haben es voll drauf“, seufzte Hikari schließlich und gähnte. Er stützte sich auf seine Ellbogen, sodass er sie ansehen konnte. „Jap. Finde ich auch.“ Sie grinsten verlegen und schließlich legte er sich neben sie. In seiner Tasche kramte er nach einem Taschentuch, um sich zu säubern. Unterdessen kuschelte Hikari sich in ihren Schlafsack. Takeru drehte sich auf die Seite und legte einen Arm um sie. „Wieso hast du eigentlich Kondome dabei?“, nuschelte er in ihr Haar. „Wieso hast du keine dabei?“, erwiderte sie seine Frage. „Naja, wollte gar nicht erst in Versuchung kommen, hier irgendwelche Dummheiten zu machen“, gestand er kleinlaut. „Hat ja gut geklappt.“ Er lächelte. „Du bist keine Dummheit.“ Gedankenverloren streichelte Hikari seinen Arm. Sie genoss seine Nähe und Wärme, obwohl es beim besten Willen schon warm genug war. „Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.“ Nun lief sie rot an. „Ähm… also ehrlich gesagt…“, sie druckste herum, „ich dachte, wir würden das Wochenende irgendwo zu zweit verbringen.“ Er hob den Kopf, um ihr ins Gesicht sehen zu können. „Du hast geplant, mit mir zu schlafen?“ Er hob eine Augenbraue. „Nein… nein. Natürlich nicht. Aber sicher ist sicher“, antwortete sie ausweichend. Zum Glück erwiderte er nichts, sondern ließ sich zurück in seinen Schlafsack sinken. Hikari drehte ihm den Rücken zu und kuschelte sich eng an ihn. Vom Bühnengelände her drang Musik zu ihnen, doch das störte sie nicht weiter. Die Müdigkeit übermannte sie schnell. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)