Vielleicht irgendwann von Juju ================================================================================ 61. Kapitel, in dem jeder seiner Wege geht ------------------------------------------ Hikaris Eltern hatten mit Schock und Enttäuschung auf die Nachricht ihrer Schwangerschaft und bald anstehenden Hochzeit reagiert, sich jedoch relativ schnell wieder beruhigt und ihr ihre Unterstützung zugesichert. Taichis Reaktion war weitaus schlimmer gewesen. Wäre Mimi nicht dabei gewesen, Hikari war sich sicher, er wäre Willis an die Gurgel gesprungen. Er hasste ihn dafür, dass er Hikari geschwängert hatte und sie ihn jetzt heiraten wollte. Zwei Wochen lang hatte er kein Wort mit ihr geredet und war noch immer der Überzeugung, dass sie einen schweren Fehler beging. Willis war bei ihm fortan unten durch. Hikari selbst war von ständiger Übelkeit geplagt und konnte kaum etwas essen. So lungerte sie ständig nur in ihrem Zimmer im Wohnheim herum und versuchte, über das Internet eine Wohnung zu finden, die sie, Willis und das Baby zu dritt bewohnen könnten. Im Wohnheim konnten sie kaum bleiben, doch die Mietpreise normaler Wohnungen ließen ihr die Haare zu Berge stehen. Außerdem versuchte sie noch, nebenbei die Hochzeit zu organisieren. Eingeladen waren von ihrer Seite ihre Eltern, ihre Großeltern, Tai mit Mimi und Takeru. Nur die Allerwichtigsten. Auf Takeru konnte sie einfach nicht verzichten. Sie wusste, dass er trotzdem kommen würde. Wie viele Personen von Willis‘ Familie kommen würden, wusste sie noch nicht. Immerhin mussten sie aus den USA anreisen. Die Hochzeit selbst sollte ganz einfach stattfinden. Erst die Trauung, dann würden sie alle gemeinsam essen gehen und ein bisschen feiern. Hikari wollte auch kein tolles, prinzessinnenhaftes Kleid, auch wenn sie früher genau davon geträumt hatte. Eigentlich hatte sie immer eine riesige Party zu ihrer Hochzeit veranstalten wollen. Alle Menschen, die ihr auch nur im Entferntesten etwas bedeuteten, sollten kommen. Doch nun verlangten es die Umstände einfach anders. Hikari wurde bang, wenn sie an die Hochzeit und die Geburt ihres Kindes dachte. Es war nicht so, dass sie Willis oder das Kind nicht liebte, doch es fühlte sich auf einmal alles so endgültig an, so unwiderruflich. Als gäbe es keinen Ausweg mehr. Der Rest ihres Lebens war plötzlich vorherbestimmt und das beunruhigte sie. Selbst, wenn sie wollte, gab es keinen Rückzug mehr. Mit einer Tasse Kamillentee hockte sie auf ihrem Bett und versuchte, sich auf eine Hausarbeit zu konzentrieren, doch immer wieder schweiften ihre Gedanken ab. Sie hatte das Gefühl, dass ihr momentan alles zu viel wurde. Ihr Leben entwickelte sich in eine ganz andere Richtung, als sie eigentlich geplant hatte. In einigen Minuten würde Sora hier sein. Hikari hatte sie um ein Gespräch zum Thema Schwangerschaft und Geburt gebeten. Obwohl sie noch fast ein halbes Jahr Zeit hatte, machte sie sich schon viel zu viele Gedanken über die Geburt an sich und darüber, ob sie sich die restlichen sechs Monate auch so elend fühlen würde. Warum sie lieber mit Sora statt mit ihrer Mutter darüber reden wollte, wusste sie nicht so genau. Sie hatte das Gefühl, mit Yuuko würde es auf jeden Fall peinlicher werden. Müde starrte sie auf die wenigen Zeilen, die sie bisher geschrieben hatte. Die letzten Male hatte Takeru ihr immer beim Schreiben geholfen. Er war einfach viel wortgewandter als sie. Hatte er auf seine schriftlichen Arbeiten eigentlich schon einmal etwas anderes als Einsen bekommen? Hikari seufzte tief und lehnte den Kopf gegen die Wand. Sie wünschte sich Takeru herbei. Ihn und die unbeschwerte Beziehung, die sie früher zueinander gehabt hatten, als noch keine Gefühle im Spiel gewesen waren. Es klingelte und Hikari stand schwerfällig auf. Sie trottete zur Tür, öffnete sie und ließ Sora herein. „Hallo“, begrüßte diese sie lächelnd und hielt eine Tüte hoch. „Ich hab‘ dir Kuchen mitgebracht.“ Hikari würgte und hob abwehrend die Hände. „Hey, so schlecht bin ich gar nicht im Backen“, erwiderte Sora gespielt beleidigt und stemmte die Hände in die Hüften. „So war das ja auch gar nicht gemeint. Ich bin nur in letzter Zeit nicht wirklich hungrig“, meinte Hikari und ließ sich wieder auf ihr Bett fallen. „Du musst was essen. Dein Kind braucht Nahrung“, tadelte Sora sie, zog sich den Schreibtischstuhl heran und setzte sich. „Aber mir ist so schlecht“, jammerte Hikari und legte sich vorsichtig die Hände auf den Bauch. „Ich muss mich andauernd übergeben.“ Sora sah sie mitleidig an. „Das klingt wirklich nicht gut. Hast du das deiner Ärztin gesagt?“ „Ja, die hat aber auch nur das Gleiche gesagt wie du. Und dass ich einfach essen soll, worauf auch immer ich Appetit habe.“ „Ach, du Ärmste. Aber sicher bist du bald aus dem Schlimmsten raus. Diese Übelkeit dauert meist nur drei Monate an.“ „Dann müsste es ja bald vorbei sein“, murmelte Hikari wenig hoffnungsvoll. „Das wird schon.“ Sora lächelte zuversichtlich. „Und spätestens, wenn du dein Kind nach der Geburt im Arm hältst, vergisst du sowieso all die Qualen und Strapazen. Das war es dann einfach wert.“ „Aber es sind neun Monate, die ich bis zu diesem Moment überstehen muss. Und ich habe solche Angst vor der Geburt“, seufzte Hikari und verzog das Gesicht. „Ich weiß nicht, wie ich das durchstehen soll.“ „Das schaffst du schon“, erwiderte Sora und griff nach ihrer Hand. „Es ist eigentlich halb so wild.“ „Wie fühlt es sich an? Die Geburt, meine ich.“ Ängstlich musterte Hikari Sora. „Hm“, sie dachte einen Augenblick nach, „kennst du die Krämpfe, die man während seiner Regel hat?“ „Ja, klar.“ „Ungefähr so fühlen sich auch Wehen an. Nur stärker“, erklärte Sora. „Und sie werden natürlich auch zunehmend stärker während der Geburt.“ „Oh Gott.“ „Das geht schon“, meinte Sora abwinkend. „Und wie lange dauert die Geburt?“ „Das kann ganz unterschiedlich sein. Bei mir hat es insgesamt acht Stunden gedauert. Vormittags hatte ich die ersten Wehen und am Abend war Yuki dann da.“ Sie lächelte verträumt und schien in glücklichen Erinnerungen zu schwelgen. „Du siehst aus, als wäre die Geburt etwas total Tolles“, stellte Hikari fest und hob eine Augenbraue. „Es ist ja auch etwas Tolles. Es war wirklich unglaublich, mit anzusehen, wie ein neuer Mensch geboren wird. Das ist ein unbeschreibliches Gefühl. Mit nichts zu vergleichen.“ „Hm“, machte Hikari und strich sich mit beiden Händen über ihren Bauch. Sie konnte bereits eine leichte Wölbung spüren, die jedoch von außen kaum sichtbar war und nicht für einen Babybauch gehalten wurde. Wie sie wohl in ein paar Monaten aussehen würde? „Du solltest dich wirklich nicht so verrückt machen, Kari“, sagte Sora sanft. „Ich habe dir mein Schwangerschaftsalbum mitgebracht. Möchtest du es dir anschauen?“ „Dein Schwangerschaftsalbum?“, fragte Hikari verwundert. Zur Antwort griff Sora in ihre Tasche und zog ein Fotoalbum mit einem hübsch dekorierten Cover heraus. Sie rutschte neben Hikari aufs Bett, legte sich das Album auf den Schoß und schlug es auf. „Ich habe es angefangen, als ich herausgefunden habe, dass ich schwanger bin. Es ist nicht nur ein Fotoalbum. Ich habe alles Mögliche festgehalten, was mich so bewegt hat: meine Gedanken und Gefühle, meinen sich verändernden Bauch, mein körperliches Wohlbefinden, aber auch so etwas wie Babybetten und Kinderwagen, die ich vielleicht kaufen möchte und süße Babykleidung.“ Sie verbrachten über eine Stunde damit, das Album durchzublättern. Hikari lauschte Soras Erläuterungen zu den einzelnen Seiten, betrachtete die Fotos, die Ultraschallbilder und all die Kleinigkeiten, die Sora dort festgehalten hatte. Die letzte Seite des Albums bildete das erste Foto der kleinen Familie: Yamato und Sora mit Baby Yuki auf dem Arm. Ergriffen betrachtete Hikari das Foto. Sora sah darauf ziemlich erschöpft aber auch sehr glücklich aus. In ihren Armen hielt sie die winzige Yuki, deren Augen fest geschlossen waren. Yamato strahlte nur so in die Kamera und hatte einen Arm um Sora gelegt. Unwillkürlich musste Hikari lächeln beim Anblick dieser glücklichen Familie.   Das Gespräch mit Sora hatte Hikari zumindest ein bisschen geholfen und beruhigt. Sie hatte nicht mehr allzu viel Angst vor der Geburt ihres eigenen Kindes und sah auch dem Rest ihrer Schwangerschaft optimistischer entgegen. Es tat außerdem gut, mit Sora jemanden an ihrer Seite zu wissen, der sie unterstützte, wenn sie Fragen oder Probleme hatte. „Wie war das Gespräch?“, fragte Willis und setzte sich zu ihr. Er war vor fünf Minuten gekommen, um die Nacht bei ihr zu verbringen. „Gut. Ich glaube, es geht mir jetzt besser“, antwortete Hikari lächelnd. „Das freut mich zu hören“, erwiderte er und streichelte ihr über den Rücken. „Und was macht das Kleine? Alles in Ordnung?“ „Ja, ich denke schon“, murmelte sie und strich sich geistesabwesend über den Bauch. „Jedenfalls war mir heute wieder den ganzen Tag übel. Also scheint es wohl zu wachsen und zu gedeihen.“ Er grinste und tätschelte ebenfalls ihren Bauch. „Bring‘ bloß nicht deine Mutter um, du Partylöwe.“ Dann küsste er Hikari sanft auf den Mund. „Wir können ja einfach eine Gegenparty starten“, raunte er und drückte sie in eine liegende Position zurück auf ihre Kissen. Zärtlich begann er, ihren Hals zu küssen, doch Hikari seufzte und schob ihn vorsichtig von sich. „Ich würde ehrlich gesagt lieber gleich schlafen“, murmelte sie müde und rieb sich die Augen. „Bin nicht so in Stimmung.“ „Soll ich versuchen, dich in die richtige Stimmung zu bringen?“, fragte er und lächelte schief. „Willis, bitte. Ich möchte wirklich einfach schlafen“, nuschelte sie. Ihre Augenlider fühlten sich auf einmal viel zu schwer an, um noch länger gegen die Müdigkeit anzukämpfen. „Ist in Ordnung“, erwiderte Willis und küsste sie auf die Wange. „Dann lass‘ uns schlafen gehen.“   _   Takeru war gerade auf dem Weg zu seiner Mutter. Es war Wochenende und sie wollten endlich einmal wieder zusammen zu Abend essen. Er hatte noch eine Hausarbeit beenden und abgeben wollen, bevor er zu ihr kam, allerdings war er damit schon zwei Stunden eher fertig geworden als erwartet. Er war sich sicher, dass seine Mutter nichts dagegen hatte, wenn er schon eher kam, ganz im Gegenteil. Und sollte sie gerade nicht zu Hause sein, würde er halt auf sie warten. Auch kein Problem. Er schloss die Wohnungstür auf, schlüpfte aus seinen Schuhen und trat ein. Zielstrebig ging er ins Wohnzimmer und blieb wie angewurzelt im Türrahmen stehen. Was er sah, verschlug ihm den Atem. „Mama?!“, rief er fassungslos. Sein Mund blieb vor Überraschung offen stehen. Seine Mutter saß dort auf der Couch. Nackt. Auf seinem Vater. Und erwiderte seinen Blick ebenso geschockt. „T.K.!“ Bevor sie mehr sagen oder irgendetwas tun konnte, hatte Takeru sich schon umgedreht und stolperte zurück zur Tür. „Ich komme dann später wieder!“ Mit hochrotem Kopf verließ er die Wohnung wieder und stürmte die Treppe hinunter. Er konnte sich nicht erinnern, jemals etwas Peinlicheres erlebt zu haben. Ja, Hikari hatte ihn und Mimi schon einmal beim Sex erwischt, doch selbst das war nicht so peinlich gewesen, wie die eigene Mutter dabei zu sehen. Und dann auch noch mit dem eigenen Vater, von dem sie eigentlich geschieden war. Er hielt am nächstbesten Café an, holte sich einen Becher Kaffee und ging zum Strand. Unterwegs kramte er sein Handy heraus, suchte nach der Nummer seines Bruders und rief ihn an. „Ja?“, meldete Yamatos verwunderte Stimme sich. „Matt“, brachte Takeru atemlos hervor, „du glaubst nicht, was ich gerade gesehen habe.“ „Ein Ufo?“, riet Yamato. „Ich glaube, ein Ufo hätte mich weniger überrascht. Ich habe Mama beim Sex erwischt.“ „Irks“, machte Yamato trocken. „Rate mal, mit wem.“ „Boah, keine Ahnung. Wird das hier eine Quizshow? Ich weiß es nicht. Barrack Obama? Dem Kaiser? Scarlett Johansson? Dem Nachbarsjungen?“ „Scarlett Johansson?“, fragte Takeru verwirrt und runzelte die Stirn. „Warum überrascht Scarlett dich mehr als der verheiratete Obama?“ „Vielleicht weil… über was reden wir hier eigentlich? Es war Papa.“ „Papa?!“ Zu Takerus Befriedigung klang Yamato überrascht. Offensichtlich hatte auch er davon nichts gewusst. „Bist du sicher?“ „Ja, leider bin ich sicher“, grummelte Takeru. „Oh Gott…“ Takeru nippte an seinem Kaffee und für einen Augenblick schwiegen sie beide. Immerhin brauchte Yamato ein paar Sekunden, um diese Information zu verarbeiten. „Ich bin gelinde gesagt irritiert“, meinte dieser schließlich. „Du hast also auch nicht gewusst, dass sich da was anbahnt?“, schlussfolgerte Takeru. „Nein. Ich muss aber auch gestehen, dass ich sie seit Wochen nicht gesehen habe. Hatte hier alle Hände voll zu tun mit Studium und Kind.“ „Ich glaube, das könnte gleich ziemlich peinlich werden, wenn ich mit ihr rede. Wir wollten eigentlich nur zusammen essen, Mama und ich.“ „Oh ja. In deiner Haut will ich gerade nicht stecken.“ Er hörte Yamato lachen. „Aber versuch‘ mal, herauszufinden, was genau da zwischen ihnen ist.“ „Ja, werde ich.“ „Guter Junge. Ruf‘ mich dann an, ja?“ Takeru runzelte die Stirn. „Klar.“ Sie redeten noch einige Minuten, dann setzte Takeru sich für eine Weile auf eine Bank am Strand und trank in Ruhe seinen Kaffee. Trotz der peinlichen Situation konnte er nicht anders, als sich ein klein wenig darüber zu freuen. Vielleicht fingen seine Eltern ja wieder etwas Ernstes miteinander an. Vielleicht würde er jetzt als Erwachsener doch noch seine heile Familie bekommen. Eine gute Stunde, nachdem er die Wohnung fluchtartig verlassen hatte, kehrte er wieder zurück. Zögerlich betrat er die Wohnung und schlich nahezu ins Wohnzimmer, als erwartete er, seine Eltern könnten sich noch immer dort auf dem Sofa vergnügen. Doch das Wohnzimmer war leer. „Ich bin in der Küche“, hörte er Natsuko rufen. Langsam ging er in die Küche, blieb unschlüssig im Türrahmen stehen und sah sie an. Sie räumte gerade den Geschirrspüler aus. Von Hiroaki war keine Spur. Ihr Gesicht war so rot, wie seines vorhin gewesen sein musste. Hastig wich sie seinem Blick aus und fuhr fort, Besteck in die Schublade einzusortieren. „Ich hatte nicht so früh mit dir gerechnet“, eröffnete sie das Gespräch kleinlaut. „Das habe ich gesehen“, erwiderte er. „Es tut mir wirklich leid, T.K.“, murmelte sie. „Ich wollte nicht, dass du das siehst.“ Takeru zuckte nur mit den Schultern. Nun war es ja ohnehin zu spät. Er hatte Dinge gesehen, die er nie hatte sehen wollen. „Hast du gar keine Fragen?“, fragte Natsuko nach einer längeren Redepause. „Ähm… also du und Papa seid…“ „Naja, das ist nichts Offizielles irgendwie. Deswegen haben wir dir und Matt auch lieber nichts davon gesagt“, gestand sie. Takeru nickte. „Verstehe. Wie lange habt ihr denn schon ‚nichts Offizielles‘?“ „Hm.“ Sie schien nachzudenken. „Seit einem halben Jahr.“ „Seit einem halben Jahr“, wiederholte Takeru ungläubig. Wie hatte er in all der Zeit nichts davon mitbekommen können? „Ja. Es kommt mir nicht so lang vor. Aber es ist irgendwie echt nett so, wie es ist. Wir treffen uns hin und wieder, reden, gehen zusammen essen oder ins Kino…“, zählte sie auf und zuckte mit den Schultern. „Es ist wirklich schön.“ Takeru lächelte leicht. Seine Mutter machte auf ihn tatsächlich einen glücklichen Eindruck. Sie schien zufrieden zu sein mit der Situation, wie sie war. Und eigentlich waren Eltern, die eine Affäre miteinander am Laufen hatten, doch auch viel besser als Eltern, die sich nicht sehen konnten, ohne sich anzuschreien und sich gegenseitig Vorwürfe zu machen. Dennoch konnte er nicht ganz glauben, dass er tatsächlich ein halbes Jahr lang nicht gemerkt hatte, dass seine Mutter und sein Vater eine Art Paar waren. Natsuko schloss die Spülmaschine und sah ihn erwartungsvoll an. „Wollen wir mit dem Kochen anfangen?“ „Sehr gern.“ Gemeinsam machten sie sich an die Vorbereitung ihres Abendessens und Takeru war die Situation schon nicht mehr ganz so peinlich. Zumindest konnten sie sich wieder normal miteinander unterhalten über ganz alltägliche Dinge wie Arbeit und Studium. Die Stimmung lockerte sich zusehends. „Ah, mir fällt ein, ich habe übrigens dein Buch gestern fertig gelesen“, verkündete Natsuko schließlich und warf Gemüse in eine Pfanne auf dem Herd. „Oh“, machte Takeru. „Und? Was sagst du?“ „Ich finde es wirklich gut. Eine tolle Geschichte und du schreibst echt super. Dein Ausdruck ist toll“, lobte Natsuko ihn. „Ich wusste ja, dass du wortgewandt bist, aber so?“ „Danke“, erwiderte Takeru verlegen lächelnd. „Eine Frage habe ich aber“, fuhr sie fort. „Warum sind die beiden am Ende nicht zusammengekommen? Sie haben doch Gefühle füreinander.“ „Sie wollten ihre Freundschaft nicht aufs Spiel setzen. Das wird doch erklärt“, antwortete Takeru verwirrt. „Schon, aber wenn sie so offensichtlich ineinander verliebt sind, können sie es doch ruhig versuchen“, meinte Natsuko locker. „Nein. Vielleicht wäre es schief gegangen und dann hätten sie hinterher den Freund verloren, der ihnen das Leben gerettet hat. Das hätte sie doch in die nächste Krise gestürzt“, erwiderte Takeru kopfschüttelnd. „Oder es hätte sie total glücklich gemacht und vor jeder weiteren Krise bewahrt.“ Natsuko schien überzeugt zu sein von ihrer Idee. „Ich würde an deiner Stelle noch einmal über das Ende nachdenken. Die Charaktere haben es nicht so leicht, da könntest du ihnen wenigstens ein glückliches Ende verpassen.“ „Sie haben doch ein glückliches Ende mit ihrer Freundschaft“, entgegnete Takeru verständnislos. „Freunde zu haben ist doch auch viel wert.“ „Wenn man sich liebt, sollte man zusammen sein und es einfach versuchen. Sonst wird einem doch immer etwas fehlen im Leben.“ Er seufzte resigniert. „Es läuft aber im Leben nicht immer alles so, wie man es gern hätte. Dann sollte man dankbar sein für gute Freunde und nicht zu viel wollen. Sonst hat man am Ende gar nichts mehr.“ „Das sind ganz schön verbitterte Ansichten für dein Alter“, stellte sie fest und musterte ihn prüfend. „Das hat aber nichts mit Kari zu tun, oder?“ „Nein“, antwortete er, ohne zu zögern. „Das hat nicht das Geringste mit Kari zu tun. Das ist nur eine Geschichte mit zwei ausgedachten Figuren.“ „Schon gut. Ich wollte dich ja auch nicht weiter bedrängen“, erwiderte sie abwinkend. „Ich finde, du solltest es ruhig mal an einen Verlag schicken. Ich denke, du hast durchaus eine Chance. Vielleicht auch gerade wegen des Endes. Es ist mal etwas anderes. Vermutlich würde jeder schon beim Lesen der Inhaltsangabe erwarten, dass aus den beiden ein Paar wird.“ „Glaubst du?“ „Ja.“ Sie nickte bekräftigend. „Sei mutig. Versuch‘ es einfach mal. Mehr als dich ablehnen können sie nicht.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)