Vielleicht irgendwann von Juju ================================================================================ 5. Kapitel, in dem sich besser niemand mit Hikari anlegen sollte ---------------------------------------------------------------- „Schaut mal, das sind meine neuen Ballettschuhe“, sagte Hikari mit leuchtenden Augen und zeigte ihren Freundinnen Momoko und Kazumi stolz die Schuhe, die sie am Vortag von ihren Eltern zum neunten Geburtstag bekommen hatte. Die alten waren so abgenutzt gewesen, dass sie sich schon fast geschämt hatte, mit diesen in der Ballettstunde zu erscheinen. Außerdem wurden sie ihr ohnehin allmählich zu klein. „Wow, die sind voll schön“, schwärmte Momoko und ließ ihren Zeigefinger über den seidigen Stoff der rosafarbenen Schuhe gleiten. „Ziehst du sie heute zum Training schon an?“, fragte Kazumi. „Klar“, antwortete Hikari. Sie konnte es kaum erwarten, dass der Unterricht endlich vorbei war und sie zum Training gehen konnte. Plötzlich, ohne dass sie es verhindern konnte, wurden ihr die Schuhe aus der Hand gerissen und sie hörte ein nur allzu bekanntes Lachen. „Was sind das denn für hässliche Schuhe? Und wie sehen die überhaupt aus?“ Es war Kenta, ein Junge aus der vierten Klasse, der es sich mit seinem besten Kumpel Ryuichi zur Lebensaufgabe gemacht hatte, alle anderen Schüler zu schikanieren. Hikari war zusammengezuckt, als er ihr die Schuhe aus der Hand geschnappt hatte und auch nun stand sie stocksteif auf der Stelle und wusste nicht, was sie tun sollte. „Hat deine Mami dir die geschenkt?“, höhnte Ryuichi und nahm Kenta einen Schuh aus der Hand. „Gib sie mir zurück“, sagte Hikari wenig überzeugend. „Die gehören Kari“, mischte sich nun auch Momoko ein, doch auch ihre Stimme klang zu hoch und zu piepsig, um den Jungs Angst zu machen. „Pech, jetzt nicht mehr. Jetzt gehören sie uns“, erwiderte Kenta spöttisch, warf den Schuh in die Luft und fing ihn wieder auf. Aus den Augenwinkeln bekam Hikari mit, wie Kazumi plötzlich wegrannte. Na toll. Ihr war auch nach Wegrennen zumute, doch dann würde sie ihre Schuhe erst recht nicht mehr zurückbekommen. „Ich würde sagen, sie kann ihre Schuhe wiederhaben, wenn sie uns dafür bezahlt“, schlug Ryuichi vor. „Gute Idee“, stimmte Kenta zu und nickte. „Was sollen wir verlangen?“ „Ich habe aber nur einhundert Yen dabei“, warf Hikari kleinlaut ein. Von dem Geld hatte sie sich eigentlich ein Eis in der Cafeteria kaufen wollen, doch ihre Schuhe waren wichtiger. Kenta und Ryuichi sahen sich an und brachen dann beide in Gelächter aus. „Ich würde eher sagen, du musst uns eine Woche lang die Schuhe putzen“, sagte Kenta und verschränkte die Arme vor der Brust. Er streckte wie zur Demonstration ein Bein aus. „Und unsere Hausaufgaben machen“, fügte Ryuichi hinzu. Hikari weitete erschrocken die Augen. Den Jungs die Schuhe putzen? Ihre Hausaufgaben machen? Aber sie war ein Schuljahr unter ihnen! „Und du musst uns das ganze Schuljahr lang Süßigkeiten mit in die Schule bringen“, sagte Kenta schließlich grinsend. Hikari presste die Lippen zusammen und musste die Tränen zurückhalten. Diese ganzen Dinge wollte sie bestimmt nicht für die Jungs machen, aber was hatte sie schon für eine Wahl, wenn sie ihre Schuhe haben wollte? Und wie sollte sie ihrer Mutter erklären, dass sie plötzlich Süßigkeiten mit in die Schule nehmen wollte? Sie zog die Nase hoch und blinzelte angestrengt Tränen weg. „Oh, heulst du jetzt etwa?“, spottete Ryuichi. „Nee, aber ihr heult gleich.“ Überrascht wirbelten sie alle herum und erblickten Taichi und Yamato, schräg hinter ihnen Kazumi. Mit finsteren Gesichtern starrten sie Kenta und Ryuichi an, die beide einen Schritt zurückgewichen waren. Kein Wunder. Taichi und Yamato gingen schon in die sechste Klasse und waren beide größer als Kenta und Ryuichi. Beide Jungs gehörten zu der Sorte Kinder, die man in der Schule nicht zum Feind haben wollte. Taichi, weil er einfach bei allen beliebt war und Yamato, weil er als Rowdy bekannt war, der Konflikte gern mit den Fäusten löste. Außerdem waren ein paar Mädchen in ihn verliebt. Vor so jemandem hatten die anderen Jungs meist großen Respekt. „Ihr habt genau drei Sekunden, ihr die Schuhe wieder zurückzugeben“, zischte er und starrte Karis Peiniger so verachtungsvoll an, dass sie zu erstarren schienen. Keiner von beiden bewegte sich. Kari hingegen war erleichtert und beobachtete die Szene einfach nur noch. Jetzt war sie sich sicher, dass sie ihre Schuhe zurückbekommen würde. Ruckartig packte Yamato Ryuichi am Kragen und zog ihn zu sich heran. „Ich hab' gesagt, ihr habt genau drei Sekunden, ihr die Schuhe zurückzugeben. Seid ihr taub, oder was?“ Er stieß ihn so hart von sich, dass Ryuichi zu Boden fiel, sich aber schnell wieder aufrappelte. Hastig gaben die beiden Kari ihre Ballettschuhe zurück, bevor sie sich grummelnd aber sichtlich eingeschüchtert entfernten. „Wenn ihr ihr noch mal zu nahe kommt, hauen wir euch eine rein, kapiert?“, rief Taichi ihnen hinterher. Kari presste ihre Schuhe an sich und strahlte Taichi und Yamato an. „Wenn die noch mal sowas machen, sagst du gleich Bescheid, ja?“, sagte Taichi. Hikari nickte. „Danke. Ich dachte schon, ich müsste heute barfuß tanzen.“ Von diesem Tag an traute sich kein Schüler mehr, Hikari zu ärgern. Es war wirklich ein großer Vorteil, zwei große Brüder zu haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)