Vampir im Wolfspelz von iztfkuz (Kasa, die zu Enola wurde…) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Wir schreiben das Jahr 1951. Der Europarat nimmt Deutschland als vollwertiges Mitglied auf, der Weltbestseller "Der Fänger im Roggen" von J. D. Salinger erscheint, Robin Williams wird geboren, André Gide verstirbt und die Vampire Alice und Jasper leben inzwischen fast ein Jahr bei den Cullens. Isabelle Swan ist noch nicht einmal ein Gedanke und das Abkommen mit den Quileutes ist 5 Jahre jung, das Misstrauen also allgegenwärtig. Sehr bekannt sind die Cullens unter den Vampiren auch noch nicht, weshalb es ab und an zu unangemeldetem Besuch in ihrem Territorium kommt… Mein Atem ging flach, meine Glieder waren schwer wie Blei und meine Brust brannte. Schmerz. 
Es sollte ein Spaziergang werden, schließlich liebte ich den Wald und die Sonne, die heute ausnahmsweise einmal schien, zu sehr um mir diese Chance entgehen zu lassen. Ein unachtsamer Schritt, ein paar Tropfen Blut, nicht weiter schlimm, doch dann war plötzlich er da und er brachte den Schmerz. Es konnte nur ein kurzer Moment verstrichen sein, bis das kalte Wesen von mir weg gerissen wurde und ich zu Boden fiel. Erst dann kam der echte Schmerz. Ich schrie, als der Schmerz sich wie Glut durch meinen Körper fraß und ihn von innen zu zerstören schien. Den kurzen Kampf um mich herum bemerkte ich kaum, hatte Schwierigkeiten mich auf etwas anderes als den Schmerz zu konzentrieren, es auch nur wahrzunehmen. Es waren die Arme meines Bruders, die mich schließlich aufnahmen, seine Brust an die ich mich nur noch wimmernd vor Schmerzen drängte und seine Hand, die ich selbst als ich in meinem Bett lag nicht loszulassen im Stande war. Unzählige Stunden hielt der Schmerz an, Stunden in denen mir nichts Linderung verschaffte und meine Brüder abwechselnd Wache hielten. Doch dann flachte es langsam ab und war endlich vorbei. Ich blinzelte und blickte um mich, verwirrt und absolut überfordert. Ich sah plötzlich so viel mehr! Mein ältester Bruder, Quil, war eingeschlafen und ich hörte seinen ruhigen Herzschlag. Ich hörte auch das Gespräch meines Vaters, der vor der Hütte mit Ephriam sprach, meine Mutter, die ihr Haar bürstete und Schritte, die schnell auf unsere Hütte zukamen. Schneller als gewöhnlich. Kurz darauf wurde die Zimmertür aufgerissen und mein zweiter Bruder Nashoba stand in der Tür. Als er mich ansah, spürte ich einen Hass in seinem Blick, den ich nie zuvor so gesehen hatte. Alles war anders und das nächste, was ich kennen lernte, war der Durst. Es war ein Brennen, das meine Kehle förmlich zu zerreißen schien. Hinzu kam der unglaubliche Geruch meiner Mutter, der durch das Haus sickerte und mir fast den Verstand raubte. Ich wollte nichts sehnlicher als zu ihr, zu diesem Geruch! Nichts auf der Welt wollte ich so sehr wie sie! Jetzt! Als ich den Schmerz meiner brennenden Kehle nicht mehr ertragen konnte, übermannte es mich, das Verlangen. Ich sprang von dem Bett auf, vor dem Nashoba sich in Wolfsgestalt hingelegt hatte und noch bevor er den Kopf heben konnte, war ich durch die Tür gestürmt und dem Geruch gefolgt. Ich musste dort hin! Ich wollte diesen Geruch! Ich sah sie schon, als ein kräftiger Stoß mich zur Seite schleuderte und ich kurz darauf von vier riesigen Pfoten zu Boden gedrückt wurde. Der Rudelführer: Ephriam. Wild wand ich mich unter dem riesigen Wolf, wollte ihn loswerden, meinen Instinkten nachgeben und diesem Geruch folgen… Ich stockte und hielt in meinen Bewegungen inne. Ich musste mich mit aller Kraft konzentrieren um den Gedanken an Schmerz und Verlangen aus meinem Kopf zu vertreiben und mir für einen Moment vor Augen zu führen was ich tat, wonach ich verlangte… Es war das Blut meiner Mutter, der Frau, die mich geboren hatte, die ich liebte. Der gegen den ich mich wand war der Clanführer und das was ich war, war ein Monster. Meine Glieder erschlafften und ich ergab mich dem Wolf mit gesenktem Blick. „Bitte, bringt meine Mutter hier weg“, brachte ich leise mit einer Stimme heraus die meiner Stimme kaum zu gleichen schien, „ich ertrage den Schmerz ihres Geruches nicht!“ Zwei Wölfe geleiteten mich zurück ins Haus und harrten dort mit mir aus bis die Sonne unter gegangen war und sich endlich jemand meiner annahm um mich aufzuklären. Es war mein Vater. Einen kurzen Moment lang wollte ich ihn bitten zu gehen aus Angst dem Drang nach Blut nachzugeben und ihm an die Kehle zu springen, doch dann bemerkte ich plötzlich, dass mir nicht nach seinem Blut gelüstete… Sein Geruch war ganz anders als der meiner Mutter, er war… beinahe Abstoßend. Und nun, da ich darauf achtete, bemerkte ich auch den bestialischen Gestank von meinen Brüdern, die noch immer als meine Wachen fungierten. „Der Rat hat sich seit du gebissen wurdest immer wieder zusammen gesetzt und deinen Fall besprochen“, begann mein Vater schließlich. „Zwar ist es im Reservat nicht bekannt, doch es gib nicht weit von hier entfernt einen Vampir-Zirkel mit dem wir vor ein paar Jahren einen Vertrag abgeschlossen haben. Diese Vampire ernähren sich nicht von Menschen und derjenige, der dich gebissen hat, gehörte auch nicht zu ihnen. Außerdem haben sie sich dazu bereit erklärt dich aufzunehmen bis… du gelernt hast dich zu kontrollieren und keine Gefahr mehr darstellst.“ Stumm nickte ich. Sie wollten, dass ich ging, je weiter weg desto besser. Wenn die Kriterien für meine Rückkehr hierher Kontrolle und Harmlosigkeit waren, würden sie mich wohl nie wieder in ihrer Mitte akzeptieren. In den nächsten Stunden verlor ich die Geduld vollkommen. Der Schmerz war allgegenwärtig und raubte mir den Verstand! Das ganze Haus roch nach Mensch, auch wenn der Gestank der Wölfe viel verdeckte. Zudem waren auch die anderen Menschen des Reservats nicht weit, zumindest nah genug um ihre Geräusche auszumachen. Jede Faser meines Körpers wollte mich aufrütteln, die Wölfe hinter mir lassen und den Brand in meiner Kehle löschen! Alles andere war nebensächlich! Einige male war es so weit: Jemand kam dem Haus zu nah und ich hatte mich nicht mehr unter Kontrolle, stürmte los und wurde von den Wölfen zurückgedrängt. Was hätte ich für einen Tropfen roten Blutes getan? Erst Stunden später, viele Stunden später, es war bereits wieder Abend geworden, brachten die Wölfe mich an die Grenze unseres Territoriums, wo sieben Blutsauger warteten. Inzwischen hatte ich die Kontrolle fast vollkommen verloren, schrie, wenn das Brennen in meiner Kehle zu quälend wurde und hatte jede Fluchtgelegenheit erfolglos genutzt. Nur mit den größten Anstrengungen hatten die Wölfe mich zu dem Treffpunkt eskortieren können und taten sich noch immer schwer damit mich weitestgehend zu bändigen. Doch was sollte ich tun? Was konnte ich tun? In meiner Hilflosigkeit mir selbst gegenüber machten meine Panik und der quälende Schmerz es mir unmöglich klare Gedanken zu fassen. Von dem Wortwechsel zwischen den beiden Parteien bekam ich nur Bruchstücke mit, hörte wie einer der Bleichgesichter einem anderen sage ich sei zu wild, hätte Panik und sei verzweifelt. Ein anderer sagte, ich hätte Durst und würde schmerzen leiden, die Worte der Wölfe nahm ich nicht einmal oberflächlich war. "Es ist noch zu früh… ihr müsst ein paar Stunden warten", sagte einer der Blondschöpfe gerade. "Sie braucht jetzt Blut! Seit ihrer Verwandlung vor über 48 Stunden hat sie noch keinen Tropfen Blut zu sich genommen!“ „Würde sie von einem Wanderer ablassen können?“ „Nein. Aber ihr Durst bringt sie noch zum durchdrehen! Wir nehmen eine Wandererfreie Zone und dann muss sie jagen! Jasper kommt mit, er kennt sich mit Neugeborenen aus und kann sie wenn nötig beruhigen, ich hab ein Auge auf ihre Gedanken und Emmett wird sie schon irgendwie im Griff halten.“ Einer der Blutsauger packte mich grob am Arm, es war der große. Wütend fuhr ich herum, griff nach seiner Hand und fauchte ihm entgegen, „fass mich nicht an!“ Ich erwartete schon einen Schlag oder etwas ähnliches, doch der Vampir regte sich nicht. Um genau zu sein bewegte sich keiner seiner Muskeln. Vorsichtig ließ ich das Handgelenk des Großen los und starrte ihn nur verwirrt an, als er einen Satz zurück machte, schnaubte, meinen Blick erwiderte und schließlich lachte. „Wow…“, war das einzige was er heraus brachte. Drei der vier männlichen Vampire führten mich ca. 25 Meilen nordwärts, dann hielten wir Ausschau nach Tieren und fanden auch bald ein Reh, das ich erlegte und anschließend meine Zähne in seine Kehle versenkte. Das Blut war das wohltuendste, was ich je erlebt hatte. Es war wie kühles Wasser auf einer Verbrennung nur viel mehr, denn meine „Verbrennung“ war schlimmer als jedes Feuer und das Blut linderte den Schmerz wie eine heilende Salbe. Kaum hatte ich jedoch von dem Tier abgelassen, spürte ich wie meine Kehle erneut zu brennen begann. Es war kein so schmerzhaftes Brennen wie zuvor, jedoch zu schlimm um es einfach zu ignorieren. „Du wirst dich daran gewöhnen“, beantwortete derjenige der drei, der auch zuvor schon gesprochen hatte, meine ungestellte Frage. Mit fragendem Blick sah ich zu ihm auf. Woher wusste er was ich wollte? Daraufhin lächelte der Vampier mit den bronzefarbenen Haaren. „Ich kann deine Gedanken hören, das ist meine Fähigkeit“, erklärte er schließlich. „Jasper“, er nickte zu dem blonden herüber, „kann Gefühle anderer wahrnehmen und manipulieren, Alice kann in die Zukunft sehen und du kannst andere anscheinend lähmen.“ Sie brachten mich zu ihrem Wohnsitz, einem einsamen Haus in der Nähe von Hoqiuam. Dort wurden mir das erste mal alle vorgestellt. Der Anführer dieses „Zirkels“ war Carlisle, ein blonder Mann mit einem für einen Blutsauger recht gütigen Blick. Seine Frau hieß Esme und wirkte in erster Linie relativ charakterlos, aber freundlich. Dann gab es noch Jasper, den ebenfalls blonden Vampir mit seiner etwas flatterhafte Freundin Alice und den Großen, Emmett, an dessen Arm die blonde, unverschämt gut aussehende Rosalie hing, die mich abschätzig musterte. Schließlich war da also noch der Gedankenleser, Edward, der meine Gedanken zu seiner „Familie“ anscheinend als recht amüsant empfand. Doch dann kam der Moment in dem ich mein Spiegelbild in einer der Fensterscheiben erblickte und erstarrte. Diese Frau im Spiegel sah furchtbar schön aus, aber in erster Linie furchtbar. Von meiner satten, goldene Haut war nur noch ein bleicher Hauch geblieben, mein ganzer Körper ähnelte mehr einer Puppe als dem Menschen, der ich einst gewesen war und meiner Augen… meine Augen waren das schlimmste: es waren die roten Augen eines Monsters, des Monsters, das ich jetzt war. Außer mir vor Wut und Hass stürmte ich auf das Fenster zu und wollte es zerstören…! Doch noch bevor ich es erreichte, hielten Jasper und Edward mich auf. Während ich spürte wie Jasper mich, so weit es ihm möglich war, zu beruhigen versuchte, stellte Carlisle sich vor mich und redete beruhigend auf mich ein. Er sprach davon, dass ich versuchen sollte die Kontrolle zu bewahren und, dass es leichter werden würde, dass ich auch als Vampir glücklich werden könnte… „ich habe gesehen wie du in Gegenwart deiner Brüder um die Fassung gekämpft hast, Kasa, das darf nicht umsonst gewesen sein.“ Schließlich ergab ich mich, woraufhin Edward und Jasper, an deren Schultern ich mich gekrallt hatte, aus der Starre erwachten, in die ich sie versetzt hatte. Es war die Trauer, die mich übermannt hatte und mich dazu verleitet hatte den Blutsaugern um mich herum nachzugeben. Kasa… Die nächsten Monaten verbrachte ich fast ausnahmslos in dem Zimmer, das man mir zugeteilt hatte. Zu der Jagd entwickelte ich eine Hassliebe. Ich liebte Blut, ich liebte das Gefühl wie es den unendlichen Durst für einen kurzen Moment auslöschte, doch ich hasste mich dafür, dass es nötig war und ich mich den Instinkten eines Monsters hingab. Meist jagte ich mit Jasper und Edward, da ich mich mit der Zeit zwar etwas mehr unter Kontrolle bekam, man mir jedoch noch nicht ganz vertrauen konnte. Ein Jahr, hatten sie gesagt, würden meine zusätzliche Stärke und die Wutausbrüche noch anhalten. Bis dahin würde ich meine Familie aus Sicherheitsgründen nicht wieder sehen. Auf ein Gedankenexperiment hin, bei dem Edward mitgehört hatte, erklärte er mir, dass Suizid für uns kaum möglich war. Kein Berg war so hoch, dass der Sturz uns umbringen würde, kein Gift konnte unserem Körper etwas anhaben und keine Klinge unsere Haut durchdringen. Die einzigen, die dazu im Stande waren uns zu töten waren die Wölfe und andere Vampire. Und die einzigen Vampire die uns ohne weiteres töten würden, waren die Volturi, uralte Vampirlords aus Italien. „Obwohl… vermutlich würden sie es bei dir drauf ankommen lassen“, fügte Edward noch hinzu. „Was meinst du?“, wir saßen in einer Bibliothek in einem der oberen Räume des Hauses; inzwischen schon Stunden. „Sie haben noch keinen wie dich. Alec betäubt andere zwar auch auf seine Weise, doch ich nehme an, sie würden dich eher dazu überreden wollen, dich ihnen anzuschließen, Kasa.“ Stumm schüttelte ich bei dem Klang meines Namens den Kopf. „Bitte nenn mich nicht so.“ Fragend sah Edward mich an, aber ich schüttelte nur den Kopf und versuchte nicht daran zu denken. So komisch es auch klang, schämte ich mich dafür. „Wie soll ich dich sonst nennen?“ Ich zuckte mit den Schultern, verschränkte die Arme vor der Brust und antwortete schließlich: „Enola“ Unaufgefordert begannen auch die anderen mich Enola zu nennen. Es war ein ziemlich hellhöriges Haus… Rosalie, Emmett, Edward und Alice hatten sich in einem Collage eingeschrieben und gingen Tagsüber zur Schule während Jasper und ich im Haus blieben oder auf die Jagd gingen. Von allen Cullens mochte ich ihn am meisten. Einerseits weil er ruhiger als die anderen war, andererseits aber auch weil er mir das Gefühl gab verstanden zu werden. Er war erst ein Jahr länger hier als ich und dementsprechend auch noch nicht an das Tierblut gewöhnt wie die anderen. Ihn musste der Durst noch ganz ähnlich quälen wie mich. Zudem würden wir es vermutlich ähnlich lange in einem Raum voller Schüler aushalten. Wie die anderen die Kontrolle behalten konnten, insbesondere Carlisles, der tagtäglich Menschen aufschnitt und mit ihrem Blut hantierte wie manch anderer von uns mit Wasser, war für mich ein absolutes Rätsel. Es war nach dem ersten Schnee, gut ein halbes Jahr nach meiner Verwandlung, als Quil plötzlich im Cullen Territorium auftauchte. Nur Jasper und ich waren da und beide hatten wir den Geruch sofort in der Nase. Keine Frage: Es war mein Bruder und er musste meinetwegen gekommen sein. Ich lief los, Jasper folgte mir und wenige Minuten später waren wir da und standen meinem Bruder gegenüber. Es war allein gekommen. Ungläubig starrte er mich an. Zwar hatte er mich bereits in dieser Form gesehen, doch heue war ich nicht mehr die Wilde, die ich noch vor wenigen Monaten gewesen war. „Kasa…“, er kam näher an mich heran, musterte mich eingehend und suchte das Mädchen von damals in meinen beinahe schwarzen Augen. Bald musste ich wieder jagen gehen… „Wir vermissen dich alle“, brachte mein Bruder schließlich heraus, „besonders Vater. Er hat ein furchtbar schlechtes Gewissen weil er dich einfach so… weggegeben hat…“ Sanft schüttelte ich den Kopf und legte eine Hand an die Wange meines Bruders. „Ihr habt damals das beste getan was ihr tun konntet!“, versicherte ich Quil und lächelte matt. „Hätte ihr mich noch länger bei euch behalten, wäre ich durchgedreht und hätte solange getötet bis ihr mich getötet hättet. Das weißt du; das wisst ihr alle.“ Daraufhin schwieg Quil. „Und so lange ich mich nicht vollkommen unter Kontrolle habe, werde ich nicht zu euch kommen.“ Diesmal nickte er und lächelte leicht. Schmerz und Trauer waren ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Seine Schwester war nun ein kaltes Wesen, der Feind, eine Gefahr… Plötzlich schlang Quil seine Arme um mich und drückte mich fest an seine Brust. „Aber du wirst es kontrollieren und du wirst zurückkommen!“, sagte er, doch ich hörte es nur noch wie aus weiter ferne… Angst überkam mich. Angst vor der Hauptschlagader direkt unter meinen Lippen und dem schlagenden Herzen, das ich nun nicht nur hören, sonders spüren konnte… Eine Woge des Durstes überrollte mich und ich spürte mich schon den Mund zum Biss öffnen… Schnell machte ich einen Satz zurück. Quil starrte mich perplex an und kam wieder auf mich zu. Dieses mal griff ich nach seiner Hand bevor er mir wieder zu nah kommen konnte. "Es tut mir Leid", sagte ich leise, "aber ich bin zu durstig um…" Ich hielt inne. Irgendetwas stimmte nicht, etwas fehlte… "Lass ihn los!", Jasper stieß mich beiseite und Quil sank zu Boden. "Lauf Nachhause! Ruf Carlisle an!" rief Jasper hastig, dann begann er in gleichmäßigem Takt auf die Brust meines Bruders zu drücken. Ich konnte noch immer nicht fassen was gerade geschah. Doch ich lief los. Sie brachten ihn ins Krankenhaus und es war meine Schuld. Carlisle erklärte mir später, dass meine Fähigkeiten anscheinend nicht einfach lähmte sondern alle Muskeln im Körper an jeglicher Bewegung hinderte. Bei Vampiren hatte das keine weiteren Auswirkungen, wenn ich allerdings das Herz eines Menschen daran hinderte zu schlagen… sah es anders aus. Er würde alles tun was in seiner Macht lag um meinen Bruder das Leben zu retten, hatte Carlisle versprochen und verbrachte von da an Tag für Tag in der Klinik. Ich konnte hingegen nur warten. Unfähig zu weinen um Angst und Trauer Ausdruck zu verleihen, verbrachte ich Stunden und Tage damit in meinem Zimmer zu sitzen und die Wand anzustarren. Es war der Durst, der immer schlimmer wurde, je länger ich in Untätigkeit verharrte und dem ich nach viel zu langer Zeit endlich nachgab indem ich mich von Jasper überreden ließ ihn auf die Jagd zu begleiten. Wir liefen weiter als sonst und rissen schließlich Bären. Auf dem Rückweg hielt Jasper plötzlich an. Beunruhigt sah ich mich um, entspannte mich aber sofort wieder, wofür Jasper verantwortlich sein musste. "Es tut mir Leid", sagte Jasper schließlich ernst. "Ich hätte früher eingreifen sollen. Ich war naiv genug zu glauben der Wolf sei kein Problem… aber das war er." Kurz sah ich Jasper nur an und erblickte den Schmerz in seinem Gesicht, den auch ich durchlebte, dann schüttelte ich sacht den Kopf. "Es hätte gereicht ihn wegzuschieben und darum zu bete nicht so nah zu kommen, aber ich habe Panik bekommen und sein Herz angehalten…" "Ich spüre jedes Gefühl jeder Person in meiner Umgebung, auch deins. Ich weiß wie viel Hass du in dir hast und wie sehr du unter dem Schicksal deines Bruders leidest. Und ich nehme deinen Hass an, denn du hast Recht: Es war ein fataler Fehler." Wieder schüttelte ich den Kopf dieses mal energischer. "Der Hass, von dem du sprichst, ist nicht gegen dich gerichtet sondern einzig und allein gegen das Monster, das einmal eine stolze Quileute war und inzwischen nicht einmal mit ihrem Bruder sprechen kann ohne ihn umzubringen!" Wütend wandte ich mich von Jasper ab. "Weißt du was der Name Kasa bedeutet?“, fragte ich ohne eine Antwort zu erwarten, „Er bedeutet in Fell gekleidet. Ich habe diesen Namen immer mit stolz getragen, denn als ich geboren wurde hieß es, ich würde das erste Mädchen des Clans werden, das sich Verwandelt. Ich habe immer darauf gewartet, dass ich zu einer von ihnen werde! Jahr um Jahr habe ich gewartet, schließlich war ich 19 Jahre alt und wartete noch immer und dann kam ein Blutsauger, ein Feind, biss mich und machte mich zu einer von ihnen! Von Euch! Und nicht nur, dass ich mich nicht unter Kontrolle bekomme, ich bin auch noch unfähig diese jämmerliche Existenz zu beenden! Alle, die ich liebe, leben nicht einmal eine Stunde von mir entfernt und ich kann nicht zu ihnen weil ich sie versehentlich umbringen könnte!" Kurz hielt ich inne und spürte wie ich mich beruhigte, mich entspannte… "Das ist nicht fair…" Quil überlebte und war bald wieder auf den Beinen, doch ich konnte ihn nicht wieder treffen. Weder ihn noch irgendjemand anderen, den ich zu sehr liebte um ihm weh zu tun. Ich setzte in den nächsten Monaten alles daran meine Selbstkontrolle zu verbessern, hielt es jedoch kaum mehr in dem Haus der Cullens, so nah an dem Reservat, aus. Im Alter von 20 Monaten verließ ich die Cullens und begann, hingegen des eindrücklichen Rates der Cullens, meine Reise nach Europa. Da ich inzwischen zwar im Stande war mich begrenzt unter Menschen zu bewegen, es aber nicht darauf ankommen lassen wollte, reiste ich zu Fuß. Ohne Müdigkeit und mit einer konstanten Geschwindigkeit, nur unterbrochen von der Jagd, kam ich recht zügig voran. Bevor ich meine Reise über den Atlantik antrat, jagte ich mehr als üblich und hoffte, dass mir das helfen würde. Ich schwamm sehr lange und kam am Ende auch nicht dort an wo ich geplant hatte meine Reise fortzusetzen, das machte jedoch nichts. Schlimmer waren der Durst und die Touristen von denen ich nicht rechtzeitig ablassen konnte. Ich hatte extra darauf geachtet nicht am Tag am Land zu kommen, aber der klare Mond hatte Mitternachts-Bader angezogen… Doch ich kam nicht umhin, dass ich nie zuvor etwas köstlicheres zu mir genommen hatte… Jedoch war der Geruch des frisch vergossenen Blutes nicht unbemerkt geblieben. Kaum hatte ich von dem jungen Mann abgelassen und das Herz der Frau zum Stillstand gebracht, als ich auch schon den Geruch eines Vampirs wahrnahm. Und dann war er da. "Ich wäre an deiner Stelle vorsichtiger", sagte er und lachte kalt auf, "Das ist Avelines Terrain". Dann nickte er zu der Leiche der Frau herüber und fragte: "Ist die über?" Stumm nickte ich und sah zu wie der Vampir sich über die Kehle der Frau beugte und sich an dem noch warmen Blut labte. Nachdem wir beide unseren Durst gelöscht hatten stellte er sich als Leif vor und ich sagte ihm, er könne mich Enola nennen. Wie es schien, war ich in Großbritannien gelandet, statt in Frankreich, ich hatte die Strömung etwas falsch eingeschätzt. Leif bot mir ein Versteck für den Tag, was ich gerne annahm. Als er fragte wo ich her kam und ich ihm von meiner Reise erzählte, staunte der Vampir nicht schlecht. Er lachte und erklärte mich für verrückt. Er selbst kam aus Nordeuropa, Skandinavien. Sein Haar hatte beinahe die gleiche Farbe wie Edwards Haar, allerdings hatte er seinen etwa schulterlangen Haarschopf zusammengebunden und ein Bart zierte sein Kinn. Die Höhle, die Lief bereits seit einigen Jahrzehnten immer wieder auf der Durchreise bewohnte, war von Außen kaum zu erkennen, weshalb sich auch niemand hinein verirrte. Der nackte Fels war kahl und abgesehen von einigen Felsbrocken, die etwas zu Quadratisch waren um nur zufällig so da zu liegen, gab es keine Möbel oder ähnliches, doch das war auch nicht nötig. Es war nichts weiter als ein Ort an dem man die Stunden überbrücken konnte, an denen das Sonnenlicht uns verraten würde. Ich begleitete Leif einige Monate auf seinen Reisen, wenn auch sein Zeil so ungewiss war wie das Meine. In erster Linie musste es Mitleid sein, was ihn dazu antrieb sich für mich verantwortlich zu fühlen. Nur jagen taten wir getrennt. Ich wusste, dass ich nicht an mich würde halten können wenn er Menschenblut trank und er sagte Tierblut würde grauenvoll schmecken. Nichts desto Trotz schien mein "Geschmack" ihn zu faszinieren und ich ertappte ihn dabei wie er mich wählend der Jagd verfolgte und beobachtete. In seinem ganzen Leben war er nie einer "Vegetariern" begegnet. Als ich eines Morgens, vor Sonnen Aufgang noch Jagen wollte, wurde ich, wie bei meiner Ankunft, von Wanderern überrascht. Dieses mal stand ich jedoch wie erstarrt da. Ich hatte meine Jagd noch nicht wirklich begonnen, war noch nicht in Blutrausch verfallen, nichts desto trotz wurde der Durst brennender und der süße Geruch intensiver, sodass ich Anstalten machte sie anzugreifen, als ich plötzlich Bilder vor meinem inneren Auge sah. Es war das Bild einer glücklichen Familie, welches sich in meinem Kopf ausbreitete. Dann waren da zwei Menschen, die sich liebte, sich küssten und fest die Arme umeinander schlangen… schließlich ein Kind, ein kleines Mädchen, dass mir eine Blume entgegenstreckte… Und bevor ich mich von den Bildern abwenden konnte um mich meiner Beute zu widmen, war Leif an meiner Seite und hielt mich sanft an der Schulter zurück. Unsicher sah ich zu ihm hoch, dann nickte er, nahm meine Hand und wir liefen zurück in den Förster-Unterstand, in dem wir derzeit Schutz fanden. Kurz schloss ich die Augen, nur um mich zu beruhigen und meine Gedanken zu ordnen, dann blickte ich zu Leif, der mich stumm musterte. "Diese Bilder… das warst du", stellte ich vorsichtig fest. Der Vampir nickte und vor meinem inneren Auge erschien das Bild von einem triefend nassem Vampir über den nackten Leichen zweier Menschen: Unsere erste Begegnung. Ich trat näher an Leif heran und legte ihm meine Hand auf den Unterarm. "Ich habe auch eine Fähigkeit, wenn sie bei Vampiren auch nicht ansatzweise so spektakulär wie bei Menschen ist…", erzählte ich und sah in Leifs erstarrtes Gesicht, dann ließ ich ihn wieder los. "Meinen Bruder habe ich so beinahe umgebracht… es ließ sein Herz stillstehen." Leif blinzelte und bewegte seine Arme etwas, wie um zu probieren ob es wieder funktionierte, "Wenn du noch so große Probleme hast Menschen auch nur auf mehrere Meter zu riechen ohne sie anzugreifen, wie kamst du dann so nah an deinen Bruder heran ohne ihn umzubringen?" Ich zögerte, unsicher wie ungefährlich die Information war, lenkte aber schließlich ein und erzählte ihm von meinen Brüdern, meinem Vater, dem Vertrag, den Ephriam mit den Cullens abgeschlossen hatte und meiner vergeblichen Hoffnung auch ein Wolf zu werden. Die Menschen, die er mir in seinen Bildern gezeigt hatte, waren Leifs Familie, wie er daraufhin erzählte. Er hatte eine große Familie und war auch verheiratet, als ein Vampir ihn fand und ihm verwandelte. "Erst hielten sie es für eine schreckliche Krankheit, schließlich schrie ich Tage lang. Als ich mich dann aber verwandelt habe, habe ich die Mutter meiner Frau getötet und meinen Durst an ihr gestillt, dann bin ich geflohen. Ich kam fünf Jahre später wieder und… da war ein kleines Mädchen von beinahe Fünf Jahren… Ich wusste zwar, dass ich nicht bei ihnen bleiben konnte, aber ein letztes Mal wollte ich sie noch sehen." Ich nickte trübsinnig bei dem Gedanken an den Abschied, den ich nicht genommen hatte und daran, was bei meinem letzten Treffen mit Familie geschehen war. Irgendwann musste ich zu ihnen kommen und einen Fehler wieder gut machen. "Wie lange ist das her?" fragte ich schließlich ohne aufzusehen. "182 Jahre." Ein immer aktuelles Thema war das Blut. So allgegenwärtig wie der Durst in unseren Kehlen schien dieses Thema auch in unseren Gesprächen Einkehr zu finden und war nicht selten die Ursache eines Streits. Nach einem besonders intensiven Streit ging Leif zum jagen in die nächste Stadt, während ich im Wald Wild riss. Als ich bereits wieder auf dem Rückweg zu unserer derzeitigen Bleibe war, bemerkte ich den ungewöhnliche Geruch in der Luft und wurde einen kurzen Moment später Zeuge, wie zwei atemberaubende Frauen, zweifellos Vampire, vor mir aus dem Dickicht traten. Sie musterten mich kurz, dann machten sie einen Satz auf mich zu, bekamen beide einen meiner Arme zum fassen und erstarrten augenblicklich. Unsicher was zutun war, beobachtete ich die beiden Vampire genau und entschied mich schließlich dafür einfach zu warten. Meiner Erfahrung nach war meine Fähigkeit an keine Zeit gebunden und wenn Leif sich beeilte, würde er mich in den nächsten Stunden hier draußen finden. Lichtgeschützt war der Wald zu dieser Jahreszeit auch… …und wie es schien war das auch von Nöten, denn Leif ließ sich anscheinend Zeit. Es dauerte rund 46 Stunden bis er mich mit den beiden erstarrten Vampiren fand. Kaum hatte ich seinen Geruch wahrgenommen, flackerte auch schon eins seine Bilder vor meinem inneren Auge und er erschien neben mir. Seinem Bild folgend ließ ich einer der beiden Vampire los, die augenblicklich von Leif ergriffen wurde. "Ihr tragt beide Avelines Geruch", stellte mein Begleiter scharf fest. "Wenn ihr meiner Gefährtin etwas antut, wird das Konsequenzen haben!" Von Aveline hatte Leif mir erzählt. Sie war eine Vampirin, die sich alle paar Jahrzehnte ein Mädchen aussuchte deren meist tyrannischen Mann sie beseitigte und die sie anschließend in eine von uns verwandelte. Bis sie eine neue gefunden hatte, blieb das Mädchen dann meist bei ihr, musste jedoch gehen, sobald die "neue" keine Neugeborene mehr war, damit Avelines Zirkel nicht zu groß wurde und keine Aufmerksamkeit erlangte. Es gab anscheinend auch das Gerücht, dass einige der von Aveline gezeugten Vampire gerne Jagd auf andere Vampire, besonders Frauen, machten, bis heute war das jedoch nur Gerede gewesen… "Wir ziehen uns zurück!", zischte diejenige der beiden, die sich bewegen konnte, woraufhin sie sich entfernte und ich schließlich auch die zweite losließ. "Danke." Für einen Moment der kürzer kaum hätte sein können huschte mein Blick zu Leifs noch immer versteinerter Miene, dann senkte ich den Blick. Ich wusste nicht weshalb ich mich so schuldig fühlte, schließlich waren sie es gewesen, die mich angegriffen hatten und nicht umgekehrt… "Was hättest du getan wenn ich nicht gekommen wäre?", fragte Leif schließlich ernst und sah mir ins Gesicht. Kurz dachte ich über seine Frage nach, bevor ich den Kopf schüttelte und seufzte. Vielleicht wäre ich irgendwann gerannt und hätte gehofft schneller zu rennen als die anderen, doch das wäre nur eine wage Hoffnung gewesen. Ich hatte gewusst, dass er kommen würde. Er kam immer. Schließlich griff er nach meiner Hand und wandte seinen Blick ab, "lass uns weiterziehen." "Wohin?", vorsichtig versuchte ich einen Blick auf Leifs Miene zu erhaschen um sie zu ergründen, doch mein Begleiter ließ sich nicht durchschauen. "Weg. Raus aus den Territorien anderer Vampire. Nach Norden, oder Osten, vielleicht Westen, nicht Süden. Hauptsache weg", sagte er während er los lief und mich mit sich zog. "Wieso nicht Süden?", fragte ich und gab mir Mühe mit Leif mitzuhalten. Seine Antwort war kurz: "Italien. Volterra." Norden. Wenig Sonne, wenige Menschen, noch weniger Vampire. Es war eine ruhige Zeit in der Leif von Tag zu Tag missmutiger wurde und ich mich mal um mal fragte weshalb wir hier her gekommen waren. Wenn ich Leif diese frage stellte antwortete er meist, es sei hier sicherer und Vampire könnten sich freier Bewegen. Zudem war Italien und damit Volterra zu weit entfernt um sich für ein paar versprengte Einzelgänger zu interessieren. Ich nutzte die Zeit und trainierte meine Kontrolle wenn ich auf Menschen traf. Es dauerte ein paar Jahre, doch irgendwann war ich endlich in der Lage Leif bei seiner Jagd auf Abstand zu begleiten. Zumindest wenn der Durst nicht zu stark war. Zu Feuer hatte ich eine ähnliche Hassliebe wie zum Durst. Ich fürchtete es, es war in der Lage mich zu vernichten, trotzdem liebte ich es meine Finger in die Flammen zu halten. Es machte mich menschlich, der Schmerz. Abends entfachte ich gerne ein Feuer, auch wenn wir weder das Licht noch die Wärme brauchten. Es war beruhigend und oft genug wünschte ich mir bei dem flackernden Licht einschlafen zu können, wie ich es in meinem alten Leben so oft getan hatte. Heute war einer dieser Abende, doch Leif kam erst nach Anbruch der Nacht von der Jagd zurück. Er setzte sich zu mir an das Feuer, als ich ihn freundlich dazu aufforderte, doch seine Miene hatte einen verstörten, beinahe verzweifelten Ausdruck angenommen. Sanft strich ich über seine Wange und suchte seinen Blick. "Was ist geschehen?", fragte ich vorsichtig. Einen Moment lang erwiderte Leif meinen Blick und wandte sich dann dem kleinen Feuer zu. "Ich habe einen jungen Mann im Wald getroffen und wollte ihn schon… Ein Mädchen kam näher, ich habe es zu spät bemerkt. Es musste mit ansehen wie ich seinem Vater das Blut aus der Kehle gesaugt habe…" Stumm schüttelte ich den Kopf. Es hatte so kommen müssen, irgendwann. Und zweifellos würde es wieder geschehen wenn Leif nicht damit aufhörte Menschen zu töten… Doch die Verzweiflung hinterließ einen Ausdruck in seinen Zügen, die mich dazu bewegten näher zu rücken, sein Gesicht in meine Hände zu nehmen und sanft mit den Daumen über seine Wangenknochen zu streichen. Es war das tiefe und ehrliche Mitleid in Leifs Augen, das mich in seinen Bann zog. Niemals hatte er schöner aus gesehen als in diesem Augenblick. Es machte ihn menschlicher denn je. "Hätten wir uns doch nur vor langer Zeit kennengelernt…", murmelte ich und musste beinahe lächeln. "Damals, als wir noch keine Monster waren, hätte ich dich festgehalten und niemals wieder losgelassen." "Ich hatte eine Familie…", sagte Leif leise, entzog sich mir aber nicht. "Ich hatte einen Clan. Trotzdem hätte ich dich geliebt", erwiderte ich sicher, "aber heute…" "Ich will es versuchen. Keine Menschen. Aber ich werde deine Hilfe brauchen…" Das reichte mir. Erst ganz vorsichtig strichen meine Lippen über seine, dann ließ ich mich zu einem Kuss hinreißen und spürte wie Leif seine Arme um mich schlang, mich auf seinen Schoß zog und den Kuss intensivierte. Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass es so ein atemberaubendes Gefühl sein konnte… Wir reisten einige Jahre gemeinsam, doch auch wenn ich sie zu verdrängen versuchte, kamen die Gedanken an meinen Clan immer wieder. In stillen Momenten erzählte ich Leif von ihnen, von all den Menschen und Wölfen, die ich so geliebt hatte und schließlich schlug er vor noch einmal über den Atlantik zu reisen. Wir taten es, jagten davor ausgiebig (Leif schmeckte Tierblut zwar noch immer nicht, er trank es aber trotzdem) und traten dann eine lange Reise an. Unserer Reise endete erst, als wir zu dem leeren Haus der Cullens kamen und Alice uns abfing. Etwas skeptisch musterte sie erst mich und anschließend Leif, der besitzergreifend einen Arm um meine Taille geschlossen hatte. Seit Jahren trugen wir die gleiche Kleidung mit der wir und schließlich noch durch die Fluten des Atlantiks gekämpft hatten… "Du hast uns kommen sehen", stellte Leif noch immer misstrauisch fest. Ich hatte ihm von jedem von ihnen erzählt. "Ja. Und ihr werdet auch mit zu Carlisle kommen. Aber habt ihr euch mal im Spiegel gesehen? Ihr seht aus wie Obdachlose…", fügte die gut gekleidete Vampirin zu ihrer Antwort hinzu und verzog das Gesicht. "Habt ihr mal an den Fetzen gerochen?" "Wir bewegen uns nicht unter Menschen", versuchte ich das Thema zu beenden. "Das heißt, eure Ernährung ist…" "Tiere. Aber Leif ist macht das erst seit etwa 15 Jahren und ich habe auch noch Schwierigkeiten mich unter Menschen zu bewegen. Bring uns zu den andern", fügte ich schnell hinzu, woraufhin Alice endlich nickte und schweigend die Spitze übernahm. Sie lebten nun etwas weiter außerhalb und schienen uns bereits erwartet zu haben. Kaum waren wir jedoch angekommen zog Alice uns mit sich, ließ uns ein Bad ein und legte frische Kleidung zurecht. Gewaschen und neu eingekleidet saßen wir schließlich mit den Cullens in deren Wohnzimmer und schwiegen uns an. Leif war sichtlich angespannt. Soweit ich wusste, war ich der einzige Vampir gewesen mit dem er jemals gereist war, vorher waren andere Vampire immer Konkurrenten oder sogar Feinde gewesen. Nun die Blicke von sieben Vampiren auf sich zu spüren, machte in unsicher. "Habt ihr vor länger zu bleiben?", fragte Carlisle schließlich freundlich. Ich schüttelte den Kopf und rang mir ein Lächeln ab. "Wir reisen viel… Hierher kamen wir nur weil…", ich wusste nicht wie es es richtig formulieren sollte… Mein ganzes, riesigen Vampirgehirn reichte nicht aus. Ich vermisste sie, aber das war nicht alles, ich fürchtete um sie… ich… ich… Plötzlich spürte ich wie meine Angespanntheit sich zu lösen begann und Ruhe durch meinen Körper zu strömen schien… Danke, Jasper… „Du hast Recht“, sagte Edward ruhig, nachdem er meine Gedanken anscheinend so weit ergründet hatte um sie so zu ordnen wie es mir nicht möglich gewesen war. „Wir wissen nicht wie lange es her ist, seit deine Brüder sich entschlossen haben zu altern. Aber falls sie bereits seit deiner Abreise altern sollten, ist es höchste Zeit, wenn du sie noch einmal sehen willst.“ Ich nickte stumm. Nur ein paar Tage, wollte ich noch bei den Cullen bleiben, auch wenn es Tage waren, in denen Leif mir nicht von der Seite wich. Als an einem Tag Jasper zu Leif und mir auf den Balkon kam und um eine Gespräch mit mir bat, brauchte es eine Weile und viel Überredungskunst um ihn davon zu überzeugen mit Emmett und Alice auf die Jagd zu gehen. „Er hat Angst um dich“, sagte Jasper, als wir schließlich allein waren. „Unbegründet“, versicherte ich Jasper lächelnd. „Ich bin durchaus in der Lage auf mich aufzupassen.“ Doch Jaspers Miene blieb ernst. „Alice kann deine Zukunft nicht sehen“, sagte er schließlich mit Nachdruck. „Deine Zukunft war für sie von immer schwer auszumachen und nie offensichtlich weil du den Wölfen zu nah bist und Alice die Wölfe nicht sehen kann, aber jetzt, ist deine Zukunft für sie ein einziger schwarzer Fleck.“ „Weil ich den Beschluss gefasst habe zu meinen Brüdern zu gehen…“, versuchte ich es mir selbst zu erklären. Ich spürte wie etwas Angst in mir hochkam, aber es war nicht meine eigene. Jasper wollte, dass ich die Angst spürte, da war ich mir sicher. Er glaubte, ich sei mir der Gefahr nicht bewusst. „Gibt es sonst noch etwas?“ Jasper seufzte und sah mich aus den Augen des leidenden Mannes, der er seit ich ihn kannte zu seien schien, an. „Bist du glücklich?“, fragte er schließlich leise. Fragend runzele ich die Brauen und erwiderte Jaspers Blick. „Du solltest es am besten wissen…“ „Du bist es nicht. Er bewahrt dich vor dir selbst und deinen Dämonen, aber du bist nicht glücklich." "Niemals ohne meinen Clan…" Vorsichtig drangen Leif und ich in das Terrain meines Clans vor. Leif hatte versucht mit seiner Fähigkeit meine Brüder zu erreichen und ihnen meine Ankunft in Bildern vorherzusagen, doch er wusste nicht, ob es funktioniert hatte, zumal er seine Fähigkeit niemals auf eine so weite Distanz angewandt hatte. Langsam bewegten wir uns durch Wälder, die ich besser kannte, als ich mir zugetraut hatte. Die Sonne schien an diesem Tag so schön, wie sie es an dem Tag getan hatte, als ich das letzte mal durch diesen Wald gewandert war. "Was wenn sie nicht kommen?", fragte Leif nach einer Weile. "Wirst du in dein altes Dorf gehen?", aber ich schüttelte vehement den Kopf. Das Dorf war tabu! Dann stieg mir plötzlich ein altbekannter Geruch in die Nase und ich jagte davon, bis ich zu einer Lichtung kam, auf der Nashoba stand, mein Bruder. Während ich langsam auf die Lichtung trat, beobachtete ich ihn genau. Er war seit ich ihn das letzte mal gesehen hatte, um nicht mehr als vielleicht 10 Jahre gealtert. Erst als ich bereits fast bei meinem Bruder war, merkte ich, dass Leif am Rand der Lichtung im Schutz der Bäume stehengeblieben war. "Kasa", murmelte mein großer Bruder nur. "Du bist es wirklich…" Ich nickte und blieb gut zehn Meter vor ihm stehen. "Du hast dich kaum verändert…", brachte ich endlich heraus. "Du schon", antwortete mein Bruder und ließ die Worte kurz zwischen uns stehen. "Und gar nicht", fügte er schließlich noch hinzu. "Wie geht es Quil? Und Vater? Und dem Clan?" Sie alle hatte ich verletzt. Quil, dessen Herz ich angehalten hatte, mein Vater, dessen Herz ich gebrochen hatte und der Clan in dem ich mein Herz zurückgelassen hatte. Nicht mein ganzes Herz; die zusammengekratzten Reste hatte ich Leif geschenkt… "Quil hat schon nachdem du ihn das letzte mal getroffen hast aufgehört sich zu verwandeln. Er ist inzwischen ein alter Mann, hat Kinder und Enkel… Seine älteste Tochter hat er nach dir benannt, der Schwester, die vor 46 Jahren von einem Vampir zerfetzt wurde." Ich versuchte den Klos in meinem Hals herunterzuschlucken und nickte. Ich hätte wissen müssen, dass sie mich für tot erklären würden. Mich wieder in den Clan zu integrieren war niemals der Plan gewesen. "Und Vater ist tot?", fragte ich weiter, obschon ich die Antwort bereits kannte. "Schon seit 12 Jahren." Als mir mit einem mal ein neuer Geruch in die Nase stieg, wandte ich mich mit gefletschten Zähnen um. Der penetrante Wolfsgestank war überall. Leif hatte ihn auch wahrgenommen und sah alarmiert zu mir, dann waren sie auch schon da. Leif wollte zu mir, doch einer der Wölfe stand zwischen uns und knurrte meinen Gefährten an. Ich machte einen Satz auf den Wolf zu. "Fass ihn nicht an!", fauchte ich und war fast bei dem riesigen Wolf, als ich nur im Augenwinkel einen zweiten Wolf sah und den Schmerz spürte… Einer der kleineren Wölfe war herangestürmt um seinen Ruderführer Quil II vor dem zweiten Blutsauger zu beschützen. Er mach einen Satz über die Frau hinweg und riss ihr im Sprung den steinernen Kopf von den Schultern. Als der andere Vampir das sah, begann er zu toben und stürmte auf Quil zu. Erst die vereinte Kraft der zwei Rudelwölfe und des aus dem „Ruhestand“ zurückgekehrten Nashoba schafften es den Vampir zu besiegen und seinen Kopf von dem sich windenden Körper zu trennen. _________ Danke fürs Lesen! Ich würde mich wirklich sehr über eine Review freuen! Eigentlich bin ich kein Twilight-Fan, es hat mich immer ein bisschen geärgert, dass immer alles irgendwie gut läuft. Ich hoffe ihr könnt der Geschichte trotz des wahrscheinlich eher ernüchternden Endes etwas abgewinnen :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)