Götterdämmerung von Mieziliger ================================================================================ Kapitel 2: Willkommen in der Fremde ----------------------------------- Ein leiser Laut entkam dem regungslos daliegenden Yugi, ein Laut der fast schon einem Grunzen gleich kam. Sein Kopf dröhnte wie eine Glocke auf die man mehrmals eingeschlagen hatte und ihm war schwindlig. Was war eigentlich geschehen? Er hatte höllischen Durst und seine Haut an den Armen und im Nacken brannte. Vorsichtig bewegte er eine Hand, nur um zu merken, dass der Untergrund auf dem er lag nachzugeben schien. Erneut öffnete er die Lippen um einen Laut auszustoßen und hatte mit einem Mal den Mund voll seltsamer Körner, die zwischen seinen Zähnen knirschten und ihn zum Husten brachten. „Yugi?“ von weit weg drang Joeys Stimme zu ihm, die etwas zittrig und schwach klang, in etwa so zittrig und schwach, wie er selbst sich fühlte. „Yugi!“ erneut erklang sein Name, diesmal deutlich besorgter und Yugi zwang langsam das Leben wieder in seinen matten Körper. Joey machte sich Sorgen, das hörte er, und das wollte er vermeiden. Langsam öffnete er ein Augenlid, nur um es sofort wieder zu schließen, diese Helligkeit um ihn herum stach ihm so ins Auge, dass es tränte. „Warte, ich komme runter!“ rief Joey ihm diesmal laut zu und das nächste was Yugi hörte, war ein seltsamer Knacklaut, ein Fluch und ein lautes Rascheln. Was meinte Joey überhaupt mit „runter?“ Wo war Joey? Und wo zum Henker war er selbst? Einen zweiten Anlauf startend, öffnete Yugi erneut die Augen, langsam hatten sie sich an die Helligkeit gewöhnt und verschwammen nicht sofort. Das Erste was er sah … war Sand. Viel Sand. Und sofort wurde Yugi klar, was das für Körnchen waren die noch immer zwischen seinen Zähnen knirschten. Vor sich hin hustend versuchte er sich aufzurichten, spuckte dabei weiterhin Sand aus und stöhnte leise auf, als sein matter Körper ihm den Dienst zu versagen drohte. Es schien ihm wie eine Ewigkeit, doch endlich fand er sich auf allen Vieren wieder und sah sich um. Zu schnell durfte er den Kopf jedoch nicht drehen, denn mit jeder ruckartigen Bewegung schlug ein imaginärer Hammer auf ihn nieder. Seine violetten Augen suchten die Umgebung ab, nach etwas, dass ihm bekannt vor kam, doch alles hier war fremd und neu. Er lag auf einer Sanddüne, direkt neben einer kleinen, mit Dattelpalmen umpflanzten Oase, während um ihn herum eine weite, unendlich scheinende Wüste erstreckte. Aber wo war Joey? Yugi ließ die neue Umgebung erst einmal Umgebung sein und sah sich nach seinem Freund um, er hatte doch dessen Stimme gehört, wo war er nur? „Joey?“ Wie matt und krächzend seine Stimme doch klang. Jetzt wo er sprach fiel ihm auch auf, welch ungeheuren Durst er hatte. Ihm war noch zu schwindlig als dass er aufstehen konnte, weswegen er nun auf allen Vieren zu dem Wasserloch kroch um dort einen Schluck zu sich zu nehmen. „Hier … oben, Kumpel..“ Gerade als er seine Lippen mit dem kühlen Nass benetzte, hörte er Joeys Stimme ganz nah und zuckte mit dem Kopf nach oben, nur um festzustellen, dass das kein allzu guter Plan gewesen war. Die nächsten Augenblicke war er damit beschäftigt schwarze Punkte vor Augen zu sehen und sich gegen die warme Umklammerung der Ohnmacht zu wehren, die überfallartig in ihm aufstieg. Erst als er einige Male energisch geblinzelt hatte, konnte er die dunklen Schlieren vor seinem Blick vertreiben und zu Joey auflinsen. „Joey? Was zum-…“ Der Anblick verschlug Yugi nun wirklich die Sprache. Da hing Joey nun, in einer der fünf spärlichen Dattelpalmen, mit dem Kopf nach unten, da sich seine Jacke irgendwie im Blattwerk verfangen hatte und fluchte leise vor sich hin. „Geht’s dir gut Yugi?“ fragte das baumelnde Etwas schließlich, was Yugi trotz seines jämmerlichen Zustands zum Lächeln brachte. Joey mochte noch so in Schwierigkeiten stecken, immer kümmerte er sich erstmal um seinen Kumpel. Das war es, was Yugi so an ihm schätzte. „Danke, geht schon. Und was ist mit dir, Joey?“ Seine Stimme klang noch immer heiser und matt und strafte seinen Worten Lügen, aber seit er sich in den Schatten der Palmen zurückgezogen und ein paar Schlucke Wasser zu sich genommen hatte, fühlte Yugi sich wirklich ein wenig besser. „Brauchst du Hilfe?“ rief, nein, krächzte er seinem besten Freund zu, der vor sich hin schnaubte. „Pff, ich werde doch noch von so einer scheiß Palme runter kommen!“ „Joey bitte pass auf…“ „Ach was, Kindergarten hier..“ „Sei doch vorsichtig…“ „Und hepp .. und hepp.. und.. WAAAAH!“ „Joey!“ Das laute „Poff“ mit dem Joey in der Sanddüne eintauchte wurde untermalt von einer netten kleinen Staubwolke und während Yugi erschrocken auf seinen Kumpel zu kroch lag der wie ein geplätteter Skorpion im Sand. „Joey, sag schon was“ vorsichtig stupfte Yugi den regungslos Daliegenden an, der mit einem Mal nach oben schnellte, den Mund voll Sand ausspuckte und hastig nach Atem rang. „Scheiße, jetzt dachte ich echt das wärs gewesen..“ hustete er vor sich hin und ließ sich dann ermattet in den Schatten der nun etwas lädiert aussehenden Palme fallen. „Ist bei dir alles okay, Kleiner?“ fragte er schließlich leise und nickte erleichtert, als Yugi einen zustimmenden Laut von sich gab. „Scheiße Mann…“ leise kam der Fluch über Joeys Lippen, während er mit der Faust in den Sand unter sich schlug. „Wo sind wir? Und was ist passiert?“ ~oOo~ „Es gibt Probleme auf der Baustelle.“ „Hm, das sind keine guten Nachrichten. Der Pharao wird darüber nicht erfreut sein.“ „Das weiß ich selbst Mahad, aber durch diese ständigen Scharmützel mit Unterägypten haben wir nicht genug Sklaven zur Verfügung, da wir alle zur Versorgung des Heeres abkommandiert haben. Was soll ich tun, selber Steine ziehen und die Arbeiter zur Sklavenarbeit einteilen?“ Auch wenn das Gespräch leise gewispert war, mangelte es ihm nicht an Schärfe. Priester Seto war ohnehin dafür bekannt schnell eine zynische Zunge zu benutzen. Dennoch hielt der Pharao große Stücke auf ihn und hatte ihn mit dem Bau seines Totentempels betraut. „Natürlich nicht, Seto.“ Der Priester und Magier Mahad hob eine Hand um zu zeigen, dass er nicht an einem Streit interessiert war. „Gibt es keine Möglichkeit die Probleme zu beheben ohne sie direkt dem Pharao unterbreiten zu müssen?“ Seto schwieg auf diese Frage hin, er hatte sich das selbst oft genug gefragt und es wäre ihm sicher am liebsten so, doch dann schüttelte er den Kopf und wandte sich von dem Magier ab um den Flur entlang zu gehen. „Nein. Ich muss es ihm sagen, es ist schließlich sein Totentempel, also sollte er auch unterrichtet werden.“ Mahad zuckte leicht mit den Schultern und holte Seto mit drei schnellen Schritten ein. „Ich gehe mit dir.“ Im Thronsaal selbst saß der Pharao unter der steinernen Statue der Isis, die schützend ihre Flügel über ihren Sohn ausbreitete. Links neben dem vergoldeten Thron lag eine sandbraune Löwin, deren muskeldurchzogener Körper entspannt auf den Stufen lag, während rechts des Thrones zwei Bedienstete saßen. Eine fächerte dem Sohn der Götter mit einem riesigen Fächer Luft zu, während die zweite ein Tablett mit Krug und Wasserbecher hielt. Der Pharao selbst saß hoch aufgerichtet unter den Flügeln Isis’ gekleidet in seine weiße Tunika, geschmückt mit der Milleniumskette und der weißen Krone Oberägyptens auf deren Front der Geier als Abbild der königlichen Schutzgöttin Nechbet prangte. Ein durchdringender Geruch von Lilien lag in der Luft, denn da diese Blume die Wappenpflanze Oberägyptens darstellte, wurden die Räume in denen sich der Pharao aufhielt beständig damit geschmückt. „Edler Pharao.“ Seto war eingetreten und hatte sich, genauso wie Mahad, demütig vor dem großen König verneigt. Dieser nickte nur leicht und hob die Hand, um die Eingetretenen somit zum Sprechen aufzufordern. „Ich komme wegen dem heiligen Tempel, den Ihr mir aufgetragen habt zu errichten.“ Seto hatte sich wieder aufgerichtet und sah seinem Herrscher ernst, aber auch furchtlos entgegen. Viele wurden durch die Präsenz des Pharao eingeschüchtert, aber Seto kannte ihn schon seit dieser ein kleiner Junge gewesen war. Er war ein aufgeschlossener, neugieriger kleiner Kerl gewesen, mit mehr Schalk im Nacken als es einem Pharaonen-Sohn gut zu Gesicht gestanden hätte. Seto erinnerte sich an das eine Mal als der junge Prinz beinahe die Haupthalle des Tempels geflutet hätte, weil er unbedingt die Schleusen des künstlichen Dammes öffnen lassen wollte um zu sehen was passierte und - … „Sprich.“ Erst jetzt fiel dem Priester auf, dass er eine unnötige Pause eingelegt und sein Gegenüber unangemessen lange warten hatte lassen. Schnell schob er die Gedanken beiseite und konzentrierte sich wieder auf das Gespräch. „Im Grunde kommen wir mit den Bauarbeiten gut voran, die Steine, die wir aus Assuan kommen lassen sind von bester Qualität und der Granit für die Obelisken ist gut zu bearbeiten.“ Die Züge des Pharao ließen keinen Schluss zu, ob ihn diese Nachricht nun freute oder nicht. Seit seiner Krönung hatte sich der junge Mann, dem jetzt ein halbes Land zu Füßen lag, verändert. Er war verschlossener geworden, härter und unnachgiebiger, ja selbst denen gegenüber, denen er früher mit Freude und einem Lächeln entgegen getreten war. „Das einzige Problem, das mir Sorgen bereitet sind die wenigen Arbeiter die wir haben. Die vielen Freiwilligen arbeiten zwar unter Aufbringung all ihrer Kräfte, aber uns fehlen die Sklaven im Hintergrund. Gestattet mir ein paar Sklaven mehr auf die andere Seite des Nils zu bringen, dann ginge es mit dem Bau schneller voran.“ Mahad, der bis dahin stumm daneben gestanden war, seufzte innerlich auf. Er wusste schon wie der Pharao antworten würde und siehe da … Mahad täuschte sich nicht. „Noch mehr Sklaven? Ich weiß nicht wie viele Kräfte ich dir noch zugestehen soll, Priester Seto. Ich benötige jeden Mann an der Front gegen Unterägypten und somit auch die Sklaven, die mein Heer versorgen. Sieh zu, dass du dieses Problem selbst löst, ich habe dir diesen Auftrag gegeben und will ihn in dem Zeitrahmen erledigt haben, den ich dir gewährt habe.“ Die violetten Augen des Königs verdüsterten sich während er sprach. Das Totengedenken war das Wichtigste im Leben aller Pharaonen und er selbst machte da keine Ausnahme. Während im Tal der Könige bereits sein Grab ausgehoben und geschmückt wurde, hatte er Seto mit dem Bau eines großartigen Totentempels beauftragt. Direkt gegenüber des Palastes sollte er liegen, auf der anderen Seite des Nils; in Theben-West wo alles Leben sein Ende fand. Eingeschlagen in die Felsenwand, die das Reich der Lebenden von dem Tal der toten Könige trennte, sollte es eine Linie bilden von seinem Grab, über seinen Tempel, bis hin zu dem Herrscherpalast in dem er jetzt saß. Die Götter würden sich seiner gnädig erweisen in Anbetracht solch architektonischer Meisterleistungen. „Aber … mein Pharao, so glaubt mir. Mit diesen wenigen Arbeitskräften-..“ „Schweig!“ Laut und herrisch donnerte die dunkle Stimme des Königs durch den Thronsaal und brachte die Dienerinnen dazu zusammen zu zucken. „Wie du diese Aufgabe meisterst ist rein dir überlassen, Priester Seto. Wenn es zu wenige Arbeitskräfte sind, dann sieh zu wie du welche bekommst! In fünf Jahren soll der Bau vollendet sein, wie du diese Frist einhältst ist deine Bürde.“ In einer wütenden Bewegung fegte der Pharao den Wasserkrug vom Tablett der Bediensteten als er aufstand und die Stufen vor seinem Thron herunter schritt. „Verlasst nun den Saal.“, herrschte er seine beiden Priester an, dabei versehentlich an der Kette ziehend die zu dem roten Halsband seiner Löwin führte. „Ruhig, Schesemtet“ raunte er der großen Raubkatze zu, die einen unwilligen Laut von sich gab und legte seine mit Ringen geschmückte Hand auf den großen, sandfarbenen Tierkopf. „Nun, zumindest hast du es versucht, Seto.“ Murmelte Mahad vor sich hin, als beide den Thronsaal verlassen hatten und seufzte leise. Der angesprochene Priester antwortete gar nicht, seine Augen blitzten nur wütend auf. Was war nur mit dem Pharao los? Natürlich musste er als Herrscher Oberägyptens streng sein und auch hart durchgreifen, doch das war nicht mehr der König der vor einigen Jahren den Thron bestiegen hatte. Die Zeit des Pharaonen Daseins hatte ihn verändert … und das nicht unbedingt zum Positiven. ~oOo~ „Okay, lass uns noch mal rekapiti-… rekai-… nachdenken.“ Joey, der mit dem Wort „rekapitulieren“ scheinbar leichte Probleme hatte, warf Yugi ein paar Datteln zu, die er von einer der Palmen gepflückt hatte. „Also, wir haben ganz normal Duell Monsters gespielt, plötzlich war alles hell und das nächste was ich weiß ist, dass ich auf einer Palme wach wurde und du Sand in der Fresse hattest.“ Yugi seufzte und verzog das Gesicht als hätte er Zahnschmerzen. Jetzt wo Joey ihn daran erinnerte fiel ihm auf, dass es immer noch knirschte sobald er sein Kiefer bewegte. Hastig schöpfte er etwas Wasser in seine hohle Hand und schlürfte es, in der Hoffnung endlich diese Sandkörner zwischen seinen Zähnen heraus zu bekommen. Während er das tat, scharrte er mit seinem Unterarm aus Versehen an einem Stein entlang, der aus dem Wasserloch ragte und zuckte heftig zusammen. Dadurch, dass er so lange Zeit bewusstlos in der Sonne gelegen hatte, waren seine Arme, wie auch sein Nacken vom Sonnenbrand krebsrot gezeichnet. Zum Glück war der Rest seines Körpers von Kleidung bedeckt und sein Gesicht durch den Sand geschützt worden, so dass er wenigstens dort keinen Sonnenbrand hatte. Joey sah nicht besser aus. Im Gegensatz zu Yugi, der mit seinem Landeplatz im Sand direkt noch Glück hatte, war er in einer Palme fest gehangen und hatte sich das gesamte, ungeschützte Gesicht verbrannt. „Wenn ich nur wüsste wo wir sind.“ murmelte Yugi nun vor sich hin und robbte wieder zu Joey um sich neben diesem gegen die Palme zu lehnen. „Kein Plan, alter Kumpel. Echt nicht. Du bist doch der Logiker unter uns.“ Joey zuckte nur müde mit den Schultern und starrte in die endlose Weite hinaus, die aus nichts als Sand zu bestehen schien. Nur am Horizont schienen sich einige Berge zu spannen. „Hey Yugi, meinst du wir sollten mal versuchen da hin zu kommen? Vielleicht ist hinter diesen Bergen was, das scheint nicht allzu weit weg zu sein.“ Yugi zögerte, er hatte nicht wirklich Lust darauf, durch diese unwegsame Wüste zu schlendern, nur um dann festzustellen, dass sich hinter den Hügeln noch mehr Wüste ausbreitete. „Ich weiß nicht …“ „Na wir können auch nicht hier bleiben und nichts tun.“ „Hm.“ Eigentlich hatte Joey Recht. Sie konnten hier bleiben und warten bis sie gefunden wurden oder sie mussten es wagen. Nach einem weiteren, tiefen Seufzen gab Yugi nach. Sie hatten ja doch keine andere Wahl. Sie warteten bis die Sonne am Untergehen war, denn in dieser glühenden Hitze war es praktisch Selbstmord eine solche Exkursion zu wagen. Was sie jedoch nicht bedacht hatten war die Tatsache, dass es des Nachts in der Wüste verdammt kalt werden konnte. Schon nach wenigen Schritten froren sie erbärmlich. Joey trieb Yugi unbarmherzig vorwärts, sie mussten in Bewegung bleiben, denn ohne Feuer war es zu kalt sich hier niederzulassen und vor allem mussten sie vor Sonnenaufgang in einer Gegend sein in der es irgendwo Schatten gab, sonst würde sie spätestens die Mittagshitze zu Boden bringen. Sie sprachen wenig bis gar nichts, der lange Marsch durch den ständig nachgebenden Sand kostete sie ihre ganze Kraft. Als der Mond zu sinken begann und die ersten roten Strahlen am Horizont den Sonnenaufgang ankündigten, hatten sie nur noch eine kurze Strecke vor sich. „Ich kann nicht mehr, Joey…“ murmelte Yugi ermattet, jeder Schritt war eine neuerliche Überwindung, da jeder Muskel in seinem Körper nach Schlaf schrie. Jetzt wo die Sonne am Aufgehen war und langsam die Wärme über die Wüste hinweg zo,g wurde die Reise noch schwieriger als vorher. Ein paar Schritte ging er sich noch vorwärts, doch dann brach er mit einem erschöpften Laut in die Knie. Er würde hier einfach liegen bleiben, keinen Millimeter wollte er sich jetzt noch bewegen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wäre er hier liegen geblieben bis die Aasgeier um ihn kreisten, aber er hatte nicht mit Joey gerechnet. „Nix da, Aufgeben gibt’s nicht. Komm schon, es ist wirklich nicht mehr weit!“ Energisch zog er seinen müden Freund vom Boden hoch, legte seinen Arm um dessen Schulter und zog ihn einfach mit sich. „Lass mich … ich bin einfach nur müde.“ „Halt die Klappe Yugi.“ Joey wollte eigentlich noch mehr sagen, aber das Mehrgewicht, das er nun mit sich zu schleppen hatte kostete ihn so viel Kraft, dass er das Reden einstellen musste. Die Schritte setzten sich nur schwer in diesen höllischen Sanddünen, mehr als einmal rutschte Joey aus und fing sich nur im letzten Moment. Das Einzige was ihn noch antrieb waren die Berge, die stetig aber langsam näher kamen. Die Sonne stieg immer höher und brannte schon in den frühen Stunden erbarmungslos auf die Wüste nieder, die sich sofort glühend aufheizte. Auch Joey kam langsam ans Ende seiner Kräfte, doch zwang er sich immer wieder dazu noch einen Schritt zu machen. Und danach noch einen. Und noch einen. Und mit einem Mal … spürte er die Kühle um sich. Sie hatten es geschafft! Sie hatten den Schutz der Kalkberge erreicht! ~ oOo ~ Erschrocken fuhr Ishizu zusammen als Mahad das Zimmer betrat und die Türe hinter ihm ins Schloss fiel. „Nanu, man sollte davon ausgehen, dass man die Trägerin der Milleniumskette nicht erschrecken kann?“ lachte der Magier leise und trat näher „Aber du siehst nachdenklich aus Ishizu, sag mir, was hast du gesehen?“ Die Priesterin zögerte etwas, doch dann zuckte sie mit den Schultern und erhob sich von dem Hocker auf dem sie eben gesessen hatte „Die Frage ist eher, was habe ich NICHT gesehen.“ An Mahads Gesichtsausdruck war deutlich zu erkennen, dass er nicht ganz verstand was sie ihm damit sagen wollte. Ishizu bemühte sich zu einem Lächeln. „Es ist … seltsam, Mahad. Wenn ich versuche in die Zukunft des Pharao zu blicken, sehe ich nur ein paar Szenen, ehe alles hinter dunklen Schleiern verschwindet. Ich kann es nicht deuten, aber es ist kein gutes Omen.“ „Können wir irgendetwas tun?“ „Nein, ich glaube vorerst sind uns die Hände gebunden. Aber ich werde versuchen die Götter um Rat zu fragen.“ Eine Weile herrschte nun Schweigen zwischen dem Magier und der Priesterin, ehe Mahad sich mit einem leichten Nicken umwandte. An der Tür blieb er noch einmal stehen und sah zu Ishizu zurück. „Behalte das vorerst für dich. Versuche herauszufinden was dieses Omen bedeutet und komm dann zu mir. Wir sollten erst mit dem Pharao sprechen wenn wir genau wissen was wir ihm eigentlich sagen sollen. Bis dahin werde ich die Wachen im Palast verstärken … reine Vorsichtsmaßnahme.“ Als die Türe hinter ihm ins Schloss fiel, seufzte Ishizu leise auf. ’Versuch herauszufinden was dieses Omen bedeutet’… das sagte er so leicht. Natürlich versuchte sie das, sie versuchte das schon eine ganze Weile, doch irgendetwas verwehrte ihr den Zugriff. Eigentlich konnten nur die Götter selbst den Blick der Milleniumskette trüben, denn die Magie der Milleniumsgegenstände war so stark, dass es keinen Magier auf dieser Welt geben dürfte, der dagegen ankäme. Doch wenn die Götter sich einmischten … was sollte sie dann tun? ~ oOo ~ Es dauerte eine ganze Weile bis Joey und Yugi wieder in der Lage waren ihre Umgebung wahrzunehmen. Fast zwei Stunden lagen sie nur im Schatten und hielten die Augen geschlossen um ihren rebellierenden Körpern ein wenig Ruhe zu gönnen. Erst als die Sonne den Zenit überschritten hatte, kam wieder Leben in die Beiden. Großer Hunger und noch viel größerer Durst quälte sie, denn außer ein paar Datteln hatten sie nichts als Wegzehrung mitnehmen können. „Tja … und nun?“ murmelte Joey matt vor sich hin. Es war seine Idee gewesen hier her zu kommen und bis dato hatte er sie auch als sehr gut empfunden, doch jetzt wo sie hier in einer Spalte nackten Kalksteines lagen, stiegen starke Zweifel in ihm auf. Hier gab es nirgendwo Wasser oder etwas Essbares, vielleicht hätten sie doch besser in der Oase bleiben sollen. „Ich weiß es nicht Joey. Zumindest sind wir -…“ Mitten im Satz brach Yugi ab und richtete sich auf. Hatte er gerade ein Lachen gehört? „Was ist denn lo-…“ „Psst, sei mal still…“ Er lauschte noch einmal angestrengt und … tatsächlich! Da lachte jemand! So schnell er in seinem Zustand konnte, rappelte Yugi sich auf und kroch den Spalt entlang, bis er auf einem Plateau ankam. Vorsichtig streckte er den Kopf darüber um hinunter zu sehen – und erstarrte. Ein großes Tal aus leblosem Gestein erstreckte sich unter ihm. Und in diesem Tal wuselte es vor Menschen. Er kannte dieses Tal, er hatte es schon mal gesehen … auf Bildern und in Büchern, es war das -… „Mensch Yugi, was ist DAS denn?“ Unbemerkt war Joey hinter ihm her gerobbt und sah ihm jetzt über die Schulter, doch im Gegensatz zu Yugi, der das gesamte Ausmaß des Ausblicks erkannte, sah Joey nur den brodelnden Topf über einem der Lagerfeuer. „Alter, die haben was zu futtern! Los, lass uns runter!“ „Warte Joey!“ Yugis Stimme klang so panisch, dass Joey tatsächlich inne hielt und seinen Freund anstarrte. „Was ist denn los?“ „Weißt du … weißt du wo wir sind, Joey?“ „Nein Mann, weißt du es denn?“ „Das hier … ist das … Tal der Könige.“ Fasziniert sah Joey sich um. Das Tal der Könige war auch ihm ein Begriff und selbst wenn er gerade noch nicht so ganz damit klar kam wie zum Teufel sie hier her gekommen waren, so war die Tatsache, DASS sie hier waren wiederum äußerst faszinierend für ihn. „Das Tal der Könige…“ wiederholte er ehrfürchtig „ das ist echt krass, Alter. Wobei ich es mir immer anders vorgestellt habe. Mit viel mehr Staub und viel verfallener…“ „Joey…“ Yugis Gesichtsfarbe glich mittlerweile dem fahlen Stein des Kalkberges und als er weiter sprach, spürte auch Joey wie er selbst erblasste. „… das hier ist nicht das Tal der Könige in unserer Zeit.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)