Die lange Reise in unbekannte Gefilde von Niii ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Welch Fluch hat dich getroffen, liebster Bruder? So sprich doch, Freund, klage mir dein Leid. Was ist mit dir geschehen? Der Jugend Tugend, Mut und Hoffnung haben dich verlassen. Du sitzt einsam, still an diesem Teich, an dem wir oft schon ruhten, nach freundschaftlichem Kampfe. Ein Schatten bist du, hohl und leer. Selbst Speis und Trank verwehrst du deinem Körper, der bald am Ende seiner Kraft. Ach Bruder! Womit soll ich beginnen dir zu klagen all mein Leid? Nur raten kann ich dir, nie zu verlassen unsrer Kindheit Stadt. Nie zu verlassen die dir bekannten Pfade. Ich selbst wandelte zu mir unbekannten Ufern, zu Gestaden, verborgen hinter dem Nebel der Zeit. Ich konnte sie finden, mein Bruder, die Magie, die lang vergessene Kraft, die allen Lebens Anfang ist. Ich sah die Nymphen, den Kindern nah verwandte Geister, mit Körpern, die jeden Mannes Herze stehlen, tanzen im Mondlicht. Ich sah die gehornten weißen Pferde vor mir stehen, grasten grünes saftiges Gras auf einer Lichtung in dunklem Walde, wo Musik ertönte leise. Sie waren voll der Reinheit, kein Makel haftete ihnen an. Den weißen, gehornten Pferden. Trotz all der Wunder die ich mit den Augen, dem Herzen hab vernommen, war ich nicht vorbereitet auf das, was folgte. Nie zu erträumen wagte ich die Gestalt, die ich, ganz in Auroras Gewand gehüllt, vor mir stehen sah. Meine Augen aufgerissen, konnte bald nichts mehr erkennen. Unmöglich, den Freudentränenschleier zu durchdringen. Da spürte ich, oh mein Bruder, zarte, kühle Hände an meinen Wangen. Und weiche Finger strichen mir über die Haut, trockneten die Tränen. Mein Herz, ich verlor meinen Verstand beim Blick in ihre Augen, tiefen Brunnen gleich. Doch nicht schwarz waren sie, doch voll des Lichts, der Güte, wie der schwarze Himmel bei Nacht, erleuchtet von Sternenlicht. Ich wollt bei ihr bleiben, bei der wunderschönen Maid, die herausgestiegen aus den Fluten eines Sees. Mit Haaren, golden wie des Weizen Ähren. Feierlich gelobte ich ihr meine Treue, tiefe Liebe, die mein Herz zerriss und wieder heilte, durch sanften Gesang. Bei Ihr, mein liebster Bruder, verbrachte ich süße Tage, doch merkte ich nicht wie mich die Kraft verließ. Gefangen war ich in ihren Armen, die Liebe ließ mich taumeln gleich einem Schmetterling im Sturm. Und so hab ich nicht vernommen die leise Stimme, warnend, in meinem Kopf. Als schließlich Morpheus Arme mich umschlangen, war ich kraftlos und schwach. Einen letzten Kuss hab ich von ihr bekommen, einen Todeskuss. Ich starb nicht, mein Freund, keine Sorge, doch ich erwachte in einer Welt beraubt all des Lichts. Graue, düstere Pfade brachten mich heim zu dir. An diesen Ort, den schützenden Ort unserer Kindheit. Doch selbst hier bin ich voll der Angst und Grauen bringt mich um den Schlaf. Wohin ich blicke, nur Tot und Verderben. Selbst ich, mein treuer Freund, scheine dir, als wäre lang ich tot. Ich will dich nicht belügen, du von langer Reise Heimgekehrter. Als du wandeltest auf nebligen Pfaden, als du durchschritten hast den Schleier der Zeit, so warst du nicht auf dem Wege, den du dir wünschtest. Nicht ins Reich der Fabeln bist du gereist, obgleich du deren Bewohner sahst. Auf dem Weg ins Reich der Toten hast du dich aufgemacht, und brauchtest viele hundert Jahr, in denen du irrtest umher, bis du endlich heimkehrtest in Gefilde dir bekannt. Du blickst entsetzt, mein liebster Bruder, doch sind dir nicht aufgefallen all die Ruinen auf deinem Weg? All die Häuser, Kathedralen, Burgen die du kanntest zu Lebzeiten, sind verfallen. Vom Zahn der Zeit zermahlen, unerbittlich. Aber gräme dich nicht. Nicht grauenhaft ist dieser Ort, doch friedlich. Kein Leid besteht, keine Kälte, doch Speis und Trank im Überfluss! Im Totenreich du dich befindest, doch siehe, es ist nichts grau in grau! Alle wunderbaren Orte die sahst, all die Fabelwesen sind Teil des Totenreichs. Sieh doch, wie die Rosen blühn, der Garten leuchtet in hellen Farben, selbst in der Nacht. Wirf ab den Schatten, der an dir haftet seit der unheilvollen Begegnung mit dem bösen Weib. Wasch dir ab den Schmutz, mit dem sie dich befleckt, um dir zu rauben deine Reinheit, Unschuld. Nichts Gutes wollte sie dir, dich zu verwirren war ihr Plan, um dich zu hindern an deiner Wiederkehr. Doch nun, endlich bist du da! Rasch, wasch ab dir all den Schmutz, die Pein, das Grauen, wasch dich in dem klaren Weiher ein letztes Mal. Es war, als würde ich nach langer Blindheit endlich sehn. Das heilende Wasser meine toten, müden Augen benetzte. Langsam wurde das wohlvertraute, geliebte Antlitz des vermissten Bruders klarer, schärfer. All die Farben, die ich durch den Schleier nicht vernommen, fluteten meinen Geist, der all die Eindrücke gierig trank. Wiedergeboren, gestärkt und gereinigt watete ich aus dem Wasser und erkannte. Kein Trugbild, kein Zauber verdarb meinen Blick. Durch warme Sommerluft voll goldenen Lichts schwebten Pollen, tanzten Schmetterlinge, feierten das ewige Leben. Vor meinen Augen, das lang ersehnte Himmelreich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)