Down Hill 1: Arrival von Sky- (Welcome to Hell) ================================================================================ Kapitel 4: Psychospielchen -------------------------- Mello biss sich auf die Unterlippe und versuchte, seine Wut und seinen Ärger herunterzuschlucken. Ihm wurde erst jetzt das wahre Ausmaß seiner Situation klar. Wenn er sich diesen beiden Irren widersetzte, würden sie nicht nur ihm, sondern auch Matt etwas antun. Und nachdem er schon erfahren hatte, wie lange sein verschollener Freund schon hier gewesen war, wollte er sich lieber nicht vorstellen, was diese beiden Monster ihm bis jetzt alles angetan hatten. Umso mehr war es jetzt seine Pflicht, ihn zu beschützen. „Also dann schieß mal los, Mello. Wie hat Matt es dir besorgt? Die sanfte oder harte Tour?“ „Eher dazwischen.“ „Vorbereiten?“ „Manchmal. Kam ganz drauf an, wie wir beide drauf waren.“ „Spielzeuge?“ „Selten. Nur drei Male, als er mal sauer auf mich war und wir uns in die Haare gekriegt hatten..“ „Und was für welche?“ Dieses bohrende Gefühl der Scham schnürte ihm fast die Kehle zu. Er wollte raus aus dieser Situation und diesem verdammten Sigma eine reinhauen. Noch nie hatte er darüber gesprochen, was Matt mit ihm im Bett alles anstellte. Es ging ja auch niemanden etwas an und wenn er so offen darüber sprechen würde, wäre er sofort als Homo abgestempelt worden. Und ums Verrecken war er nicht schwul! Aber mehr noch als der Gedanke, als Schwuler abgestempelt zu werden, fürchtete er die Konsequenzen, wenn er wieder aufmuckte. Nicht nur für ihn selbst, sondern auch für Matt. „Zwei Mal war es ein Dildo und ein Mal eine Analkette.“ Es kostete ihn immense Überwindung, so etwas zu erzählen und genau das wiederum schien Sigma wirklich Spaß zu machen. Sein Opfer psychisch zu quälen war genau sein Gebiet und er wollte mehr davon sehen. „Warst du dabei gefesselt?“ Mello antwortete mit einem Nicken und kämpfte erneut mit diesen Gefühlen. „Und hat es dir gefallen?“ „Nicht so wirklich.“ „Und wieder lügst du. Aber das lass ich ausnahmsweise noch mal durchgehen. In Wirklichkeit willst du ja nur nicht wahrhaben, dass du auf so etwas stehst. So, da das mit den Spielzeugen und Fesseln ja nun geklärt ist, würde ich gerne noch ein wenig mehr wissen. Erzähl mir doch mal: hattest du neben ihm auch noch andere Typen, mit denen du ins Bett gehüpft bist?“ „Nein“, antwortete Mello wahrheitsgemäß. „Ich hab ansonsten nur was mit Frauen.“ Warum interessierte sich dieser Psychopath denn überhaupt dafür? Gehörte das irgendwie zu seinem kranken Spielchen dazu? Die Antwort darauf war ganz einfach ja. Sigma wusste genau, wie er ihn am besten drankriegen konnte. Und er hasste sich selbst dafür, dass er ein solches Angriffsziel bot. „Und bist du so gekommen, oder musste er dir erst einen runterholen?“ „Wenn er mich gefesselt hat, war es das zweite.“ Dieser elende Mistkerl täte besser daran aufzuhören. Mello brodelte innerlich und wenn er nicht gefesselt wäre, dann hätte er es auf einen Kampf angelegt, aber jetzt in dieser Situation war er diesen beiden hilflos ausgeliefert. Er war an diesem verdammten Stuhl gefesselt, sein Kopf tat ihm weh und die Wunde an seiner Schulter brannte höllisch. Sigma hingegen schien sich sehr zu unterhalten und Spaß an dieser ganzen Sache zu haben. Aufmerksam beobachtete er seinen Gefangenen und dessen Reaktionen auf seine Fragen. Und die Scham und die Wut in seinem Blick zu sehen, bereitete ihm große Genugtuung. Der arme Kerl hatte nicht mal im Ansatz eine Ahnung, was ihm noch alles blühen würde. Jetzt noch gab er sich als starker Kerl, aber Sigma wusste schon, wie er seinen Geist brechen konnte. Dieser Mello würde noch ein hervorragendes Spielzeug abgeben, so viel war sicher. Ein hübsches Gesicht hatte er, wenn nur nicht diese hässliche Brandnarbe an seiner linken Gesichtshälfte wäre, aber andererseits war Scarecrow Jack ja auch keine wirkliche Schönheit. Naja, Jack hatte eh eine kleine Schwäche für Blonde, er würde also noch sehr viel Spaß mit seinem neuen Spielkameraden haben. Aber erst mal wollte Sigma auch noch seinen Spaß mit ihm haben. Immerhin hatte ihr letzter Neuankömmling ja nicht wirklich lange durchgehalten, bevor er durchgedreht war und seinen Kopf so oft und so heftig gegen die Wand geschlagen hatte, bis er gestorben war. Naja, Nachschub gab es hier in Down Hill zuhauf und Mello war in der Hinsicht eben etwas spezieller. Er war eine Kämpfernatur und diese hielten immer am längsten durch. Wer weiß… wenn Jack ihn nicht allzu sehr mit der Machete malträtierte und ihn nicht verbluten ließ, konnte der Kerl vielleicht ein paar Monate durchhalten, im besten Fall sogar ein bis zwei Jahre, bevor er selbst den Verstand verlor. Sensible Heulsusen konnten sie hier nicht wirklich gebrauchen, aber sie verschmähten sie auch nicht. Einen Monat konnte man sie vielleicht bearbeiten und wenn der Widerstand dahin war, konnten sie immer noch gute Sexsklaven abgeben. Im Down Hill, wo sich die Frauen in einer Festung verschanzt hatten und die einzige Frau außerhalb der Schutzmauern eine gefährliche schwer bewaffnete Soldatin war, hatte man kaum Alternativen. Männer waren ja auch nur Männer, die ihren Trieben freien Lauf lassen mussten. Und um diese ständigen Übergriffe irgendwie in den Griff zu bekommen, hatte Sigma sich angeboten, für reichlich Nachschub zu sorgen. Nun gut, es gab zwar immer noch Übergriffe, aber das war nicht sein Problem und die Anfrage nach Sexsklaven war eben hoch. Es gab genügend Insassen, die die Sexsklaven teilweise so brutal durchnahmen, dass sie ihren inneren Blutungen erlagen, manchmal wurden sie totgeprügelt, verendeten an Geschlechtskrankheiten oder nahmen sich das Leben. Und für Sigma war dies nur ein wunderbarer Vorteil. Er führte ein sehr lukratives Geschäft und dabei interessierte es kaum jemanden, wenn er seiner Ware die Augen vorher rausnahm. So hatten sie wenigstens weniger Fluchtmöglichkeiten und man konnte sie besser in Zaum halten. Zuerst spielte er mit dem Gedanken, Mello zu einem Sexsklaven abzurichten, aber so wie er die Sache einschätzte, würde das kaum was werden. Nein, der Kerl hatte zwar schon gewisse Erfahrungen, aber er würde nicht zögern, seinem Kunden sofort in die Kehle zu beißen, wenn er sich ihn auf diese Weise vom Hals schaffen konnte. Er würde bis zum bitteren Ende kämpfen und deshalb hatte er auch etwas anderes für ihn im Sinn. Mello würde Jacksons Spielzeug werden. Dieser besaß die nötige Grausamkeit und Brutalität, um einen solchen Kämpfer wie ihn zu bändigen und abzurichten. Und außerdem hatten sie ihn mit seiner größten Schwäche längst in der Hand. Und das war Matt. Ach es war schon fast wieder zu einfach… In der Hinsicht waren die Leute allesamt doch so durchschaubar und das für jemanden, der fast zwei Drittel seines Lebens im Gefängnis verbracht hatte. „Und hast du ihm auch mal einen geblasen?“ Er sah, wie sein Opfer sich sträubte und genau das wollte er sehen. Er wollte ihn psychisch quälen und ihm zeigen, wie dieses Spiel gespielt wurde. Es würde allein nach seinem Willen ablaufen und Mello würde nichts dagegen tun können. Genau das machte es doch gerade erst so unterhaltsam. Widerwillig antwortete sein Opfer mit „ja“, woraufhin er nachfragte „Aha. Und machst du das auf Kommando?“ „Nein, auch aus Eigeninitiative.“ „Schon mal im Auto Sex gehabt?“ „Ja…“ „Mensch, das lobe ich mir doch. Siehst du? Wir führen eine nette kleine Unterhaltung und es musste niemand unnötig verletzt werden. Gut für dich, aber vor allem gut für deinen Freund.“ Mello warf Sigma einen hasserfüllten Blick zu und wenn er nicht gefesselt wäre, hätte er ihn schon längst totgeprügelt. So viel war sicher. Doch er beherrschte sich, auch wenn ihm das enorme Mühe kostete. Aber allein der Gedanke, was dieses Monster mit ihm oder Matt sonst anstellen würde, ließ ihn stark bleiben. „Wo ist Matt und was habt ihr mit ihm gemacht?“ „Er hat hier sein kleines hübsches Zuhause und ist ein wirklich treuer Spielkamerad meines kleinen Bruders. Sie haben fast jeden Tag ihren Spaß.“ „Wie bitte?“ fragte Mello fassungslos. „Bring mich sofort zu ihm hin!“ Sigma lachte amüsiert darüber und begann mit dem Skalpell zu spielen, welches er benutzt hatte, um Mello zu bestrafen. „Mein Freund, ich glaube du hast immer noch nicht ganz kapiert, wie der Hase hier läuft. Du bist nicht in der Position, mir etwas zu befehlen. Hier im Westblock habe einzig und allein ich das Sagen und wenn du mir weiterhin so frech kommst, werde ich deinen Freund eigenhändig kastrieren, nachdem ich ihm seine Augen ausgestochen habe.“ „Ist ja gut, ich hab verstanden“, rief Mello gereizt, versuchte aber irgendwie unterwürfig zu klingen um zu signalisieren, dass er sich unterordnen würde. „Ich will nur sehen, ob es wirklich Matt ist und ob er tatsächlich noch am Leben ist.“ Hier gab Sigma Scarecrow Jack eine kurze Anweisung, die Mello nicht ganz verstand und schon verschwand der unheimliche Riese. Wenig später kam er mit etwas zurück, was Mello verdächtig bekannt vorkam: die Fliegerbrille. Er erkannte sie eindeutig als Matts Fliegerbrille wieder, die er ihm damals geschenkt hatte. Nun war für Mello jeglicher Zweifel aus dem Weg geräumt. Matt war tatsächlich hier in Down Hill und er befand sich in der Gewalt dieser beiden Irren. Und das Schlimmste war, er hatte es nicht verhindern können, dass sein bester Freund hier gelandet war. Und als er das Blut an der Brille sah, schnürte sich ihm die Brust zu. Erneut spielten sich vor seinem geistigen Auge Bilder davon ab, was sie Matt alles angetan hatten. „So, ist das Beweis genug?“ fragte Sigma und war zufrieden über Mellos schockierte Reaktion. „Bitte… ich muss zu ihm und ihn sehen“, rief dieser und stemmte sich gegen seine Fesseln. Doch das war vergebliche Mühe. Die Fesseln würde er nie und nimmer mit Gewalt öffnen können. „Das wird leider nicht möglich sein, zumindest jetzt noch nicht“, meinte der Eyeball Killer und lachte. „Mein Bruder teilt sein Lieblingsspielzeug nun mal nicht so gerne mit anderen. In der Hinsicht ist er nämlich sehr besitzergreifend. Wenn du deinen Freund wirklich wiedersehen und ihm helfen willst, dann musst du auch schön erst mal was dafür tun. Immerhin ist das hier keine Kindertagesstätte oder ein Wunschbrunnen, kapiert? Im Gefängnis gilt nämlich die Regel: wer die Macht hat, der macht auch die Regeln. Und du hast hier als Rookie nun mal gar nichts zu melden. Also dann… was kannst du mir oder besser gesagt Jack bieten, dass er sein Lieblingsspielzeug in Ruhe lässt?“ So langsam ahnte Mello, worauf das Ganze hinauslief und innerlich verkrampfte sich bei ihm alles. Dieser verdammte Dreckskerl verlangte allen Ernstes von ihm, dass er Matts Platz einnahm. Und das Schlimme an der ganzen Situation war, dass er kaum eine Alternative hatte. Wenn er sich weigerte, würde Matt das bezahlen müssen. Wenn er sich auf den Deal einließ, würde er noch das Spielzeug dieses Irren werden. Was also sollte er tun? Etwa riskieren, dass sie Matt noch mehr antun würden als ohnehin schon? Konnte er seinem besten Freund so etwas wirklich zumuten und ihn dermaßen im Stich lassen? Nein, dachte er sich und senkte den Blick. Ich habe Matt schon einmal so mies behandelt, da kann ich ihn doch jetzt nicht im Stich lassen. Immerhin hab ich damals in Wammys House versprochen, für ihn da zu sein und auf ihn aufzupassen. „Also gut“, sagte er leise und mit gesenkter Stimme. „Ich mache es.“ Der Fernseher lief laut und als würde dort schon nicht genug gesungen werden, summte Clockwise fröhlich die Musik mit, während er an der kleinen Herdplatte stand und aus den wenigen Lebensmitteln irgendetwas zu zaubern versuchte. Dieses Mal hatte er Glück gehabt, dass er einen recht guten Preis machen konnte. Er hatte sogar Gewürze bekommen, was nun eine absolute Seltenheit war. Dafür hatte er aber auch einiges mehr zahlen müssen. Vier Koffer um genau zu sein, aber die Investition hatte sich wirklich gelohnt, zumindest in seinen Augen. Und „Hey Clockwise“, hörte er Kaonashi rufen, der gerade wieder zurück war. „Dreh mal die Lautstärke runter. Ich hab keine Lust, mir dieses Geträller von Cinderella anzuhören.“ „Was denn?“ rief Clockwise und schaltete den Fernseher aus. „Ich liebe diese Filme eben.“ „Gib doch zu, dass du selber gerne eine Märchenprinzessin wärst.“ „Ja stichle du nur, Kao. Das bringt mich auch nicht aus meiner guten Laune raus.“ „Das sehe ich. Wir sind im ausbruchsichersten Gefängnis weltweit und du kannst noch zu Walt Disney mitsingen. Aber jetzt verrate mir mal, was das werden soll.“ Damit verwies der Maskierte auf die Kochplatte. „Ich hab dir doch gesagt, du solltest das Kochen sein lassen. Während du in deinem rosaroten Regenbogeneinhorntraumland bist und auf deinen Traumprinzen wartest, lässt du sogar das Wasser anbrennen. Lass mich das machen.“ Damit legte Kaonashi seinen Mantel ab und krempelte die Ärmel seines Shirts ein wenig hoch und stellte sich an den Herd. „Deine Disneyliebe in Ehren Clockwise, aber vom Kochen hast du doch eh keine Ahnung.“ Dem konnte der blondhaarige Schauspieler nur zustimmen. Also setzte er sich stattdessen an den Tisch und schaltete wieder den Fernseher ein, um den Film zu Ende zu sehen. Egal wie oft er sie auch anschaute, von Walt Disney Märchenfilmen konnte er nie genug kriegen. Das wussten sowohl Kaonashi als auch Horace und Erster machte sich oft einen Spaß daraus, ihn mit seiner Liebe für diesen Kitsch aufzuziehen. Wieder wurde die Tür geöffnet und wie aufs Stichwort kam Horace herein. „Hey ihr zwei. Na Clocky, träumst du von deinem Leben als Cinderella?“ „Ach Horace, ich hab dir schon hundert Mal gesagt, dass du mich nicht Clocky nennen sollst. Das klingt dämlich. Und lass mir doch meine Leidenschaft!“ „Nenn mir einen Mann, der nicht Sklave seiner Leidenschaft ist und ich will ihn im Kern meines Herzens tragen.“ „Kein Grund, gleich hier den Hammel rauszulassen“, kam es von Kaonashi, der noch am Herd beschäftigt war. Beleidigt zeigte Horace ihm die kalte Schulter. „Das heißt Hamlet und nicht Hammel.“ „Scheint so, als wäre er wieder schlecht gelaunt“, meinte Clockwise und goss sich etwas Wasser in seinen Becher. „Wie ist denn eigentlich das Gespräch mit Nine und Eleven verlaufen? Und was ist denn jetzt mit diesem Rookie?“ Kaonashi schwieg erst, während er damit beschäftigt war, das wenige Gemüse anzubraten und etwas halbwegs Anständiges auf den Tisch zu bringen. Von ihnen dreien war er nämlich der Einzige, der vernünftig kochen konnte. Clockwise war eher ein guter Arzt und Schauspieler und Horace ein Poet, aber von der Küche hatten sie keinen blassen Schimmer. „Tja, wie es aussieht, ist dieser Mello weder ein Schlüssel, noch ein M.O. Aber so wie ich gehört habe, gehört er offenbar zu diesen Kindern, die damals dafür ausgebildet wurden, eines Tages zum nächsten L zu werden.“ „Ja schön… und was interessiert uns das?“ „Das hab ich Nine auch gefragt. Aber er meinte, wir sollten diesen Kerl ein wenig im Auge behalten. Womöglich können wir ihn dazu benutzen, um an Helmstedter zu kommen und herauszufinden, was er vorhat. Wir können die ganze Arbeit schlecht auf Rhyme abwälzen. Ich frag mich ohnehin, wie lange er das noch durchhält.“ Verständnisvoll nickten die beiden und Clockwise senkte gedankenvoll den Blick. Er wusste, dass Kaonashi sich große Sorgen um Rhyme machte, auch wenn er es sich vielleicht nicht anmerken ließ. Aber er war nun mal der Anführer ihrer Gruppe und als solcher war es seine Aufgabe, die Entscheidungen zu treffen und zu tun, was nötig war. Und sie hatten alle ihr Ziel klar vor Augen und dazu mussten auch Opfer gebracht werden. So hart das auch klang. Sie alle wussten es und jeder rechnete damit, im schlimmsten Fall in Down Hill zu sterben. Und da Kaonashi der Stärkste unter ihnen war, fiel automatisch ihm das Kommando zu. „Sag uns, was wir tun sollen.“ „Wir werden den Untergrund verschärft beobachten und uns bereithalten. Insbesondere du, Horace. Zwar haben wir einen der drei Schlüssel bei uns und einer läuft noch frei herum, aber wir wissen immer noch nicht mit fester Gewissheit, wer der dritte Schlüssel ist und vor allem was es mit Umbra auf sich hat und ob es sich um einen weiteren M.O. handelt. Das lässt sich erst sagen, wenn wir endlich herausfinden, an wen Helmstedter damals geforscht hat und was dann genau passiert ist. Außerdem müssen wir in Erfahrung bringen, was Helmstedter in Down Hill zu suchen hat und was er im Schilde führt. Wir dürfen nicht zulassen, dass er nach draußen kommt, geschweige denn sein Gefolge. Und da der Untergrund mit ihm zusammenarbeitet, müssen wir besonders aufpassen. Deshalb denkt also dran: gebt niemanden euren Namen preis. Unser Aussehen zu verändern reicht nicht allein. Und meidet möglichst den Kontakt zum Untergrund.“ „Schon klar, das hast du uns oft genug eingeschärft“, seufzte Clockwise. „Aber ich kapier nicht, wieso wir uns mit unseren Decknamen anreden müssen, wenn wir doch sowieso allein sind.“ „Weil wir nicht mit Gewissheit sagen können, ob die ganze Anlage nicht doch noch überwacht wird“, erklärte Horace. „Solange wir nicht genügend Infos haben, müssen wir eben aufpassen und auf Nine und Eleven allein können wir uns auch nicht verlassen. Und wenn sie die Identitäten der anderen M.O.s aufdecken, dann ist Schluss mit lustig. Entweder wird Helmstedter etwas drehen, oder aber er hetzt den Untergrund auf und das können wir ja nun wirklich nicht gebrauchen. Stimmt doch, Kao?“ Der Maskierte nickte und begann nun damit, die Soße abzuschmecken. Dazu schob er seine Maske so weit hoch, dass sein Mund freilag. Aber er selbst nahm sie niemals gänzlich ab. Nicht einmal wenn er schlief oder er alleine war. „Und was hast du noch vor?“ fragte Clockwise ihn und stand nun auf, um den Tisch zu decken. „Ich werde nachher im Westblock vorbeischauen, eventuell.“ „Was willst du denn dort? Sigma wird dir noch seinen verrückten Cousin auf den Hals hetzen, wenn er schlecht drauf ist.“ „Soll er ruhig. Jackson kann es sowieso nicht mit mir aufnehmen und das wissen beide. Nein ich will nur nach dem Rookie sehen.“ „Im Ernst? Ausgerechnet du?“ „Ich glaub, ich hab langsam wirklich einen Grund, eifersüchtig zu werden“, meinte Horace und verzog die Mundwinkel. „Wenn Kao wenigstens mal für mich so viel Interesse zeigen würde, als für diesen vorlauten Bengel.“ „Du kannst ja auch auf dich selbst aufpassen, oder nicht?“ Genau diese Antwort hatte Horace irgendwie von Kaonashi erwartet. Manchmal war der Kerl echt kalt wie ein Eisblock. „Mal im Ernst. Ich glaube kaum, dass der Kerl was taugt. Insbesondere nicht für unseren Plan. Er war rotzfrech, vorlaut, vor allem laut, aggressiv und extrem schnell eingeschnappt.“ „Also eigentlich genau wie Kao als kleiner Junge.“ Beide mussten lachen, nur Kaonashi selbst fand das überhaupt nicht witzig und ehe Horace sich versah, hatte dieser ein Messer nach ihm geworfen und es verfehlte nur knapp sein Ziel. Es schlug direkt neben seinem Kopf in der Wand ein. Doch der Psychologe ließ sich davon nicht beirren. Dieses Verhalten war er schon seit damals gewohnt. „Kein schlechter Wurf“, bemerkte er, doch der Maskierte grummelte nur. „Schwachsinn. Eigentlich wollte ich dich treffen.“ „Hattet ihr beide letzte Nacht irgendwie schlechten Sex oder wie darf ich die gereizte Stimmung interpretieren?“ fragte Clockwise und sah abwechselnd zwischen ihnen beiden hin und her. Schließlich stellte Kaonashi den Topf auf den Tisch ab und nahm sich als Erster etwas. „Wenn es wenigstens Sex gegeben hätte“, meinte Kaonashi nur und schob seine Maske wieder genug hoch, dass er etwas essen konnte. Schließlich nahmen sich auch Horace und Clockwise etwas. „Tut mir ja leid“, meinte Horace goss sich etwas Wasser ein. „Aber deine Maske zu sehen ist nicht gerade erotisch.“ „Das war deine Idee gewesen, dass sie so aussieht, damit sie auch abschreckend wirkt. Mit so einer dämlichen Smileymaske wäre ich eine einzige Lachnummer. Und bis wir diese Sache nicht erledigt haben, werde ich die Maske auch nicht abnehmen.“ „Du hast dich echt verändert“, meinte Horace und begann nun ebenfalls zu essen. „Ich mach dir ja keinen Vorwurf deswegen. Es war für uns alle die Hölle und ich weiß, dass du das alles auch für uns tust. Aber manchmal wirkst du wie ein ganz anderer Mensch auf mich und das liegt nicht nur an der Maske.“ „Dinge verändern einen eben“, erklärte Kaonashi. „Du hattest ja Glück gehabt, dass du nicht dasselbe erleben musstest. Ich habe so viele Menschen getötet und ich werde noch mehr töten müssen, um eine weitere Katastrophe zu verhindern. Da verändert man sich eben.“ „Ich muss grausam sein, um eine gute Absicht zu erhalten“, zitierte Horace aus dem Gedächtnis aus dem Stück „Hamlet“. „Der Anfang ist gemacht, aber das Schlimmste steht noch bevor.“ „Wahr ist’s und schade ist, dass es wahr ist. So, ich bin gleich wieder unterwegs.“ „Nimm vorher aber noch deine Präparate“, erinnerte ihn Clockwise und drückte ihm drei Tabletten in die Hand. Kaonashi nahm sie, schluckte sie unzerkaut herunter und trank noch einen Schluck Wasser hinterher. „Mein Körper ist auch schon komplett verkorkst…“ Damit erhob sich Kaonashi nun, legte seinen Mantel wieder an und verschwand durch die Tür. Und so waren Horace und Clockwise wieder allein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)