Dunkler als schwarz von Leira (Shinichi x Ran) ================================================================================ Kapitel 17: Rausch ------------------ Kapitel 17 – Rausch Irgendwann hatte er sich aufgerafft, das Telefon wieder aufgesammelt, den Akku, der herausgefallen war, als er es gegen die Wand geschleudert hatte, wieder eingebaut, widerstrebend. Er war durch mit dieser Welt, für heute. Langsam schlich er ins Badezimmer, machte sich nicht die Mühe, sich im Spiegel anzusehen – er hatte auch so ein gutes Gefühl dafür, was für einen Anblick er abgab - sondern entledigte sich gleich seiner Klamotten, um sich unter die Dusche zu stellen. Sich den Staub dieses Tages abzuwaschen, tat besser, als er geahnt hatte. Er ließ das kalte Wasser über seinen Kopf laufen, in der Hoffnung, nicht nur der Dreck Londons würde von seiner Haut, sondern auch seine Gedanken würden ein wenig aus seinem Kopf gespült werden – und ein wenig erfüllte sich seine Hoffnung sogar. Als er gefühlt ein paar Grad an Körpertemperatur kälter aus der Dusche trat, fühlte er sich deutlich frischer – und abgeklärter. Dennoch, der Kopfschmerz, der vorhin schon eingesetzt hatte, war immer noch da, wenn auch etwas weniger heftig. Er seufzte, rubbelte sich mit seinem Handtuch Körper und Kopf leidlich trocken, schlüpfte in seinen Pyjama und tappte in sein Schlafzimmer. Er hatte keinen Hunger, nach diesem Tag. Müde fiel er ins Bett, grub sich in seine Kissen, atmete tief ein und schloss die Augen. Er fühlte, wie seine Glieder sich langsam entspannten, einfach schwer wurden, sich in die Matratze drückten, hörte nichts mehr außer seinem eigenen, gedämpften Atem und schloss die Augen. Ruhe und Stille. Es tat so gut. Er driftete ab, schneller, als er geahnt hatte, schlief einfach ein. Und fand sich an einem Ort wieder, den er eigentlich hatte vergessen wollen. Es wunderte ihn, dass sein Schädel noch ganz war, als er wieder zu sich kam. Der Schlag gegen die Tischkante hatte sich angefühlt, als hätte jemand versucht, seinen Kopf daran aufzuschlagen, ganz so, wie ein ambitionierter Bäcker es mit den Eiern, die er für seinen Kuchenteig verwenden wollte, am Schüsselrand machte. Immerhin hatte er den Trojaner installiert – jetzt hieß es abwarten und… Shinichi schluckte trocken, kniff die Augen, die er eben einen Spalt weit zu öffnen gewagt hatte, leise stöhnend wieder zu, als das grelle Licht, das auf ihn gerichtet war, ihm die Netzhaut versengen zu wollen schien und seinen Kopfschmerz schier zum Explodieren brachte. Langsam atmete er aus, wollte aufstehen, von wo auch immer er lag – und konnte nicht. Er riss die Augen auf, trotz des Lichts, wollte an sich herabschauen, sich umschauen – und konnte kaum seinen Kopf bewegen, noch seine Hände. Auch nicht seine Beine. Lederne Bänder schnitten in seine Handgelenke, fixierten sie, genauso wie ein Gurt um seine Körpermitte und weitere um seine Knie und Fußgelenke. Er lag auf dem Tisch, ganz ähnlich dem, den er am Tag seiner Ankunft gesehen hatte, und über ihm brannte ihn eine OP-Lampe zu Staub und Asche – oder schien es zumindest zu versuchen. Der Raum allerdings war ein anderer. Die Fliesen waren andere, und auch die Einrichtung unterschied sich. Er war woanders. Er keuchte, versuchte, seine Panik zu verbergen. Geblendet blinzelte er in das Licht, fühlte, wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat. Als er den Kopf drehte, das einzige, was ihm noch möglich war, erkannte er, dass alles um ihn herum in einem diffusen Dämmerlicht lag… nur diese vermaledeite Lampe brannte auf ihn runter, setzte ihn zweifellos spektakulär in Szene. Er schloss die Augen, weil das Licht seine Augen langsam tränen ließ, und die hämmernden Kopfschmerzen, die in seinem Schädel sein Hirn wohl gerade in Trümmer schlugen, immer noch verstärkten - doch nun sah er den beunruhigenden roten Schein durch seine Lider. >Auch nicht signifikant besser.< Er seufzte laut, streckte seine Finger und ballte sie wieder zur Faust, immer wieder, bemerkte dabei nicht, wie ihn seine eigene Nervosität zu dieser Übersprungshandlung trieb. >Guter Gott. Ich bin wohl in Frankensteins Labor angekommen. Was haben die vor…? Ist es nicht sinnlos, an mir herumzudoktern, wo sie doch wohl schon alles über APTX herausgefunden haben?< Kaum hatte er den Gedanken zu Ende gedacht, hörte er Schritte. Lange Schritte, die ein lautes Klack-Klack begleitete, ihren entschlossenen Gang akustisch untermalte. Shinichi drehte den Kopf soweit es ging, machte die Augen wieder auf – und wie erwartet erschien Sharon im Blickfeld, verdunkelte seine Sicht. Und obgleich ihr Gesicht kaum erkennbar war, weil es im Gegenlicht lag, meinte er zuerst fast, jetzt doch gestorben zu sein. Sie sah aus wie ein Engel – ihre Haare an ihren Konturen von der Lampe angestrahlt und golden leuchtend, das Licht selbst wie eine Aureole um ihren Kopf. >Aber was für ein Himmel wäre das denn, bitteschön… < Er fühlte eine kalte Hand in seinem Gesicht. „You are the biggest fool I’ve ever met. I wouldn't have warned you, had I known that you are up to such bollocks, you senseless stupid. The result would have been just the same - or better.“ Shinichi schluckte trocken. „Ich wäre tot jetzt.“ „Which would have been definitely the more attractive option of those two choices you had.“ Ihre Stimme klang giftig und harsch. „I wanted you to hide yourself, I wanted you to hide angel... not Sherry…!“ „Sie hat…“ „…earned everything that awaits her.“ Er hatte Sharons Stimme noch nie so kalt gehört. So völlig emotionslos. „But you'll have to endure now what he'll do to you, and believe me, this won't be easy at all. I cannot help you here.“ Shinichi zog fragend eine Augenbraue hoch, stöhnte dann leise auf, als sogar dieser minimale Muskeleinsatz seinen Kopf mehr strapazierte, als er derzeit auszuhalten bereit war. „You’ve made him so curious with all your promises in that video. He is so immensely looking forward to have a chat with you… or two or three. He seldom finds a mind that matches his intellect so well. But he’ll force it from you. He’ll try to break into your mind, he will turn you inside out…” Shinichi starrte sie an, schluckte hart. „Wie kann er von mir etwas erfahren, das ich nicht sagen will? Gibt es denn wirklich noch etwas Schlimmeres als die Tortur von gestern? Es war doch gestern, oder?“ Sie hörte ihn lachen, hohl, resignierend. „Irgendwie mag ich das kaum glauben. Und ich bin keiner, der…“ „Shinichi…“ Sie lächelte fast spöttisch über so viel Heldenmut und Opferbereitschaft. Über so viel pure Dummheit. „There are other means than force and pain, and you should know this. He wants to break into your mind, drag out every single thought, every small feeling that is in there. He wants to learn about your fears and your hopes, and so he'll get to know which poison to use on you to destroy you. Everybody has such a weak spot... and once he has found it he’ll tear you apart… until there is nothing more left of you than shattered pieces." Sie lächelte immer noch, wenn auch deutlich dünner. Und in ihm schrie Panik auf. >Ran!< Dann drehte sie ihren Kopf, als sie Schritte hörten, die sich ihnen näherten. „Silver bullet…“, flüsterte sie, beugte sich nahe an sein Ohr. „Do never forget… no matter what you'll see, it is not real. It is not happening. I swear, I’ll keep her safe… I'll try, at least.“ Und das war der Moment, in dem er Angst bekommen hatte. Wirkliche Angst. Dann waren sie gekommen. Er hatte sie anhand ihrer Umrisse erkannt. Gin. Wodka. Bourbon. Anokata. Und mit ihnen war eine weitere Frau gekommen, ihm unbekannt. Mit einem Tablett, auf dem eine Injektion lag. Bei dem Anblick war in ihm pures Entsetzen ausgebrochen, hatte seinen Fluchtinstinkt, den er für gewöhnlich so gut im Griff hatte, angefacht – die Vorstellung, wozu dieses Instrument gut war, die Unwissenheit über das, was folgen würde, zerrte an seinen Nerven, gab seiner Angst neues Feuer. Er zog an seinen Fesseln, wollte sich freiwinden, hörte sie nur lachen – es klang laut in seinen Ohren, und schmerzhaft. Schnell merkte er, wie sinnlos das alles war, ließ es wieder bleiben, schluckte nur hart. Normalerweise hatte er sich besser im Griff und er wollte sich nicht anmerken lassen, wie furchteinflößend das hier auf ihn war. Davor hatte ihn keiner gewarnt. Und egal was jetzt kam, er würde es aussitzen müssen. Er saß in der Falle. „Hallo, junger Freund.“ Anokatas Stimme hallte durch den Raum, und das seltsame Gefühl, dass ihn ergriffen hatte, als er sie das erste Mal gehört hatte, stellte sich auch nun wieder ein. Ernst klang sie, bedauernd fast, und dennoch eiskalt. „Ich muss gestehen, ich bin enttäuscht. Wenn auch nicht überrascht…“ Er trat näher, ein schwarzer, scharf umrissener Schatten eines Mannes im Anzug, hochgewachsen und schlank, scheinbar alterslos. „Aber gut, da du recht deutlich gemacht hast, dass du dich vernachlässigt fühlst, werde ich mich, meiner Rolle als Gastgeber folgend, nun etwas eingehender um dich kümmern.“ Shinichi hielt still. Anokata machte eine Kunstpause. „Nun, du wolltest reden, junger Detektiv, jetzt ist deine Chance. Sprich dich ruhig aus.“ Shinichi schwieg ihn an, wandte den Kopf ab, starrte in die Lampe, versuchte, ihn zu ignorieren. Seine Stimme klang dennoch leise drohend an sein Ohr, biss und bohrte sich in sein Trommelfell. „Ich möchte dich zudem darauf hinweisen, dass du dich nicht mehr im Hauptquartier befindest. Wie auch immer deine Freunde vom Bureau und du es euch ausgedacht hattet, dich wieder aufzugabeln, dieser Plan ist hiermit gescheitert. Wenn du dich nun zierst, zögerst du das hier nur in die Länge – das wird amüsant und unterhaltsam für mich, für dich… eher weniger.“ Shinichi konnte das dünne, sarkastische Lächeln auf seinen Lippen nicht sehen – wohl aber glaubte er, es herauszuhören. „Nun, entscheide. Willst du das hier bedeutend abkürzen oder unser Match über die volle Distanz gehen lassen?“ Shinichi schluckte hart. „Ich bin Fußballspieler. Meine Kondition ist damit recht gut.“ „Hah!“ Laut hallte das Gelächter Anokatas von den Wänden wieder, selbstsicher, amüsiert… triumphierend. „Nun gut; mal sehen, was dir das bringt. Eine Kampfsportart wäre wohl die bessere Wahl gewesen… oder Poker.“ Shinichi drehte den Kopf, schaute das Gesicht im Schatten an, versuchte, herauszufinden, wer es war. Nur ein paar Gesichtszüge zu erhaschen wäre schon ein Gewinn gewesen – aber Anokata tat ihm den Gefallen nicht. >Poker?< „Also gut. Runde eins. Wohin, mein schlauer Freund, hast du Sherry bringen lassen? In welchem Loch versteckst du die kleine Verräterin denn?“ „Keine Ahnung, wer das ist.“ Shinichi versuchte, gelassen zu klingen. Ungerührt. „Ach komm…“ Er hörte ihn leise lachen. „Komm, Detektiv, wo sind deine Manieren… natürlich weißt du, wer das ist. Sie hat dir deinen Zustand eingebrockt. Ihr wart zusammen in einer Klasse an der Teitan, und dort sah man euch fast immer miteinander „abhängen“, wie man in eurer Jugendsprache sagt. Das zumindest bestätigen deine kleinen Freunde auf freundliche Nachfrage dieser hübschen Dame hier.“ Er nickte zu Sharon, lachte leise. „Ai Haibara lautete ihr Name… wie sieht’s aus, klingelt’s da bei dir?“ Shinichi zuckte unwillkürlich zusammen. „Ganz richtig. Das wissen wir bereits. Also… kein Grund, weiter den Helden zu spielen. Du hast sie weggeschickt, bevor du dich schnappen hast lassen. Das war sehr nobel von dir, aber zwecklos, nichtsdestotrotz. Wo ist sie?“ Er trat näher. Shinichi blinzelte, als ihm die Augen zu Tränen anfingen, erneut. Die OP-Lampen brannten immer ärger in seinen Augen, und er fürchtete, dass er dieses Nachbild nie mehr loswerden würde. „Und du weißt auch, wer hier drin ein Maulwurf ist. Das zumindest hast du behauptet…“ „Vielleicht war das gelogen…“, erwiderte der junge Detektiv schnippisch. Der Boss lachte immer noch. Shinichis Beunruhigung wuchs. „Nun. Wie auch immer, wir werden es herausfinden – und selbst wenn das alles nur eine riesige Blase aus Lügen ist, die du uns hier aufgetischt hast, um Sherry zu schützen… was offen gestanden niemand glaubt, immerhin wusstest du diese Adresse…- du wirst uns dennoch von Nutzem sein.“ Sein Lachen verstummte. Stattdessen winkte er der jungen Frau, die die Spritze vom Tablett nahm, sich ihm näherte. „Das ist Lillet. Sie wird deinem Gedächtnis mit Freuden etwas auf die Sprünge helfen.“ Shinichi sah, wie ein Tropfen auf der Spitze der Nadel im Scheinwerferlicht glomm, aufblitzte. „Ach ja. Und wie? Ich glaube kaum…“, fing er an, als seine Stimme auch schon wieder erstarb, als jemand seine Hand griff und mit der Handfläche nach unten auf den Tisch drückte. Er bemerkte, wie die Aufmerksamkeit aller auf die junge Frau geschwenkt war, und auch er kam nicht umhin, mit unruhigem, unstetem Blick zu verfolgen, wie sie sein Handgelenk mit Alkohol säuberte. Er merkte, wie ihm der Schweiß auf die Stirn trat – Angstschweiß, oder Schweiß, den ihm das zunehmend heiß werdenden Licht aus den Poren drückte, beides, schätzte er – und als sie sich mit der Nadel näherte, hing sein Blick daran wie hypnotisiert. Als er beobachtete, wie die Stahlspitze in seinem Fleisch versank, hielt er den Atem an, atmete scharf aus, als er den Einstich spürte. Dann hob er den Blick, suchte Sharon, schluckte trocken. Er konnte ihren Blick auf sich fühlen, auch wenn er ihren Gesichtsausdruck nicht sah. Im nächsten Moment verließ ihn jegliches Gefühl in Armen und Beinen – er schnappte entsetzt nach Luft, rang nach Atem, merkte, wie sein Gehirn panisch seinen Gliedmaßen Befehle erteilen wollte, sich dich gefälligst zu melden, zu rühren. Und diese Stimme wurde immer leiser. Er fühlte, wie etwas die Kontrolle übernehmen wollte, sich etwas über seine Gedanken legte, sie alle einsammelte und in einen dunklen Sack stopfte, die Schnur zuzubinden schien… Er wollte sich wehren, wollte wach bleiben, das nicht zulassen, als er merkte, wie ihm die Kontrolle nicht nur über seine Gliedmaßen, sondern über sich selbst entglitt. >Nein! Was ist das… was ist das…?!< Er kämpfte, blinzelte angestrengt in die Lampe, die sich immer mehr zu dimmen schien, sah die Schatten, die sich um ihn versammelten und ihm bei seinem Kampf um sein Bewusstsein zusahen, konnte ihre Neugier, ihre Anspannung spüren, die ihr Netz über ihn webte, um ihn darin einzuhüllen. Er versuchte, ruhig zu atmen, das war es doch, was sonst auch half, wenn man ohnmächtig zu werden drohte – nicht hyperventilieren, denn das raubte einem den Sauerstoff und beschleunigte die Ohnmacht. Und doch, das ahnte er, hatte er keine Chance. Was auch immer es war, das durch seine Adern kroch, jeden Nerv auf seinem Weg einzeln lahmlegte, schaltete auch seinen Kopf zuverlässig aus, bis auf die wenigen Funktionen, die ihn am Leben hielten. Atmung, Herzschlag. Und das… hörte, spürte er überdeutlich. Ein dumpfes Domm-domm, sein Herz, das gegen sein Brustbein klopfte, untermalt von unnatürlich lautem Rauschen, als er mühsam Luft holte, sein Atem seine Lungen verließ, neue Luft zurückströmte. Dann wurde es dunkel. Nicht für lange, allerdings. Er war sich nicht sicher, ob er träumte oder wach war – es schien hier alles so erstaunlich real. Der Wind in seinen Haaren, der Geschmack des Flusses auf seiner Zunge, der Geruch von Abgasen in seiner Nase. Verwirrt blickte er um sich, drehte sich einmal um die eigene Achse. Die Houses of Parliament, das London Eye, die Westminster Bridge. Rote Doppeldeckerbusse, schwarze Taxen. Kein Zweifel. >London?!< Und dann war sie da. Plötzlich, wie aus dem Nichts stand sie da, in ihren Augen diesen anklagenden Blick, das wässrige Glitzern, das ihre Tränen ankündigte, Tränen aus Wut – auf ihn, weil er sie so getäuscht hatte, angelogen hatte, was tat er schließlich auch hier?! Sie machte sich die Mühe und Gedanken, für ihn möglichst viele Souvenirs zu sammeln und er sagte ihr nicht, dass er selbst hier war? – und auf sich, weil sie es immer zuließ, vor ihm so dermaßen schwach zu werden. So tough sie sich ihm gegenüber auch immer gab – in Wirklichkeit hatte sie ihm nie etwas entgegenzusetzen. Er zog ihr den Boden unter den Füßen weg, jedes Mal wenn er sie nur ansah, und war doch der einzige, der sie auffangen, der ihr Halt geben konnte, wie kein anderer. Und so stand sie da und zitterte, das Herz schlug ihr bis zum Hals. Hinter ihnen schlug der Big Ben vier Uhr nachmittags, ließ die so bekannte Melodie seines Glockenspiels erklingen – sie ging ihnen beiden zum einen Ohr rein und zum anderen raus, ohne dass sie weiter Notiz davon nahmen. An ihnen liefen die Menschen vorbei, schauten teils verwundert, als sie den aufgelösten Zustand des asiatischen Mädchens bemerkten, das mit brennenden Blick den Jungen anstarrte, der vor ihr stand – aber auch das ging an ihnen komplett vorbei. Ran starrte ihn einfach nur an, eine einzelne Träne lief ihr immer noch über die Wange. Er wagte nicht, die Hand zu heben, um sie ihr weg zu wischen. Starr blickte sie ihn an. „Shinichi, wenn du wirklich so ein großer Detektiv bist, sollest du wissen, wie es in meinem Herzen aussieht!“ Unüberlegt schmetterte sie ihm diese Worte ins Gesicht – es war einfach zuviel, es war genug, es… es reichte. Sie konnte nicht mehr. Sie hatte genug der Geheimnistuerei, genug des Versteckspiels, und dieses Gefühl von Übersättigung all dieser Gefühle, die sich in ihr mischten, ihr den Kopf verdrehten, wenn es um ihn ging, noch dazu, wenn er vor ihr stand – vor ihr stand! – ließ sie diese Worte äußern, die sie in nüchternem, ruhigerem Zustand niemals über die Lippen gebracht hätte. Und im nächsten Moment bereute sie es. Sie wurde blass, schlug sich die Hand vor den Mund, schaute ihn mit großen, blauen Augen erschrocken an. Sie hatte ihm gestanden, dass sie ihn liebte, in ihrer Rage. Ihre Beine gaben fast nach. Seine wohl auch. Er starrte sie an, fühlte sich wie von einem dieser Doppeldeckerbusse erfasst. >Ran!?< Sein Puls beschleunigte sich, trieb seine Atemfrequenz in die Höhe, schaltete seinen Kopf aus. Alles, was er ihr hatte gerade erklären wollen, jede noch so fadenscheinige Ausrede, was zum Henker er hier suchte und wie er nach London kam, war mit einem Mal weg. Weg. Shinichi holte Luft, blinzelte. „Sag mal, geh’s noch? Wie denkst du, soll ich das schaffen? Du bist… du bist schlimmer als jeder verdammte Fall, den ich je zu lösen hatte! Selbst wenn ich so gut wäre wie Holmes, wie soll ich dieses Rätsel lösen können, das du bist, für mich, mit all diesen…“ Er schluckte hart. „… Gefühlen.“ Kurz stockte er, merkte, wie ihm heiß wurde, das Blut ins Gesicht geschossen war. „Ich meine, das Herz, des Mädchens, das man liebt… wie soll man denn herausfinden, wie es in ihm aussieht…? In diesem Chaos… sieht man doch nichts…!“ Er straffte die Schultern, schüttelte entschieden den Kopf. „Und was dieses Liebe ist Zero-Gedöns angeht… Null ist doch er Ort, wo alles beginnt, mit Null fängt man immer an! Ohne Null gäb es keinen Punkt, an dem man beginnen kann…“ Shinichi atmete schwer, stopfte seine Hände unwirsch in seine Hosentasche, wagte nicht, sie anzusehen. Er hatte viel gesagt, in nicht einmal einer Minute, und langsam wurde ihm klar, dass er nichts mehr würde zurücknehmen können… kein einziges Wort. Jetzt hieß es warten, auf ihre Reaktion. Er schluckte, ließ seine Hand sinken, fühlte das Blut in seinen Wangen pochen. Konnte sich vorstellen dass sie glühten vor Nervosität, Aufregung und Scham und hasste es, dass er sich nicht besser im Griff hatte. So hatte er sich das eigentlich auch nicht vorgestellt. „Das Mädchen, das man liebt… Shinichi?“ Leise drang ihre Stimme an sein Ohr. Er sah auf, unsicher. Ran schaute ihn an, ihre Unterlippe zitterte leicht. „Das Mädchen, das du… liebst?“ Er nickte nur; zu einer anderen Reaktion war er nicht mehr imstande. Ran starrte ihn an, schluckte trocken, fuhr sich mit zitternden Fingern durch die Haare. Shinichi stand da - ihr Shinichi! - und seine Unsicherheit stand ihm quer übers Gesicht geschrieben, als er auf ihre Reaktion wartete. Sie hatte ihn nie so erlebt. Zitternd atmete sie ein, versuchte, ihr nervös flatterndes Herz zu beruhigen, als die Erkenntnis über die Bedeutung seiner Worte sie endlich aufweckte. „Also…“, begann sie leise. „Also.“, murmelte er nur. „Dann… dann hatten wir… die gleichen Schlussfolgerungen…?“ Rans Stimme zitterte immer noch. „Scheint so.“ Er blinzelte, merkte, wie langsam die Wärme in seine Gliedmaßen zurückkehrte. Er schaute sie an, merkte, wie ihr eine zarte Röte auf die Wangen geschlichen war. Das Glücksgefühl, das sich langsam in seinem Kopf ausbreitete, seine Gedanken umnebelte, war unbeschreiblich. Vergessen war die Tatsache, dass da immer noch sein kleines Größenproblem war, vergessen war all die Aufregung von gerade eben, vergessen war sogar die Organisation. Jetzt, in diesem Moment zählte nur das Lächeln in ihrem Gesicht, das langsam auf ihren Lippen erblühte, als sie ihn schüchtern ansah. Er merkte, wie er es erwiderte, ganz automatisch, fühlte diese unglaubliche Last von sich abfallen, dieses Geheimnis mit sich herumzutragen, fühlte dieses Hochgefühl, endlich etwas richtig gemacht zu haben, sie endlich glücklich gemacht zu haben. Er traute sich fast nicht, die Hand auszustrecken, und tat es doch – wischte ihr unendlich zärtlich die letzte Träne von der Wange, spürte ihre warme, weiche Haut unter seinen Fingern, genoss das Gefühl. Kurz nur – denn nun kam auch in sie Bewegung, und Ran war deutlich weniger zögerlich. Sie trat einen Schritt auf ihn zu, zog ihn an sich, legte ihre Arme um ihn und schmiegte ihren Kopf an seine Brust, atmete tief ein. Er spürte, wie sie ihre Finger in sein Hemd grub, fühlte, wie sein Herz raste, einmal mehr, als er ihre Umarmung erwiderte, ihren Kopf langsam auf ihren sinken ließ, den Duft ihrer Haare einatmete… Mit einem Ruck wachte er auf. Desorientiert blinzelte er in die Lampe, die immer noch über ihm hing, schluckte, oder wollte es zumindest. Sein Mund fühlte sich trocken an, seine Zunge klebte am Gaumen, und halb war er noch in London, auf dieser Brücke, hatte den Geruch ihres Shampoos in der Nase. Er seufzte, der Schleier über seinen Gedanken hob sich nur langsam. Er fühlte, dass seine Finger kalt und nass waren, spürte sein Herz gegen seinen Brustkorb schlagen, schnell, zu schnell, immer noch. Sie war nicht hier. >Ran…?< Und er wusste nicht, ob er erleichtert sein darüber sollte, oder enttäuscht. Sein Puls raste immer noch, seine Finger prickelten, unter ihren Spitzen spürte er immer noch die Wärme ihrer Haut, nicht das blanke, kühle Metall des Tischs, auf dem er lag. Was war das gewesen? Träge schwammen seine Gedanken in seinem Hirn, wie die Nudeln in Instant-Ramen, nur mühsam gelang es ihm, Traum und Realität auseinander zu sortieren, merkte, wie irrationale Enttäuschung sich in ihm breitmachte, als er erkannte, dass er nur geträumt hatte. Dass sie nicht da war, niemals dagewesen war, dass dieses Gespräch auf der Brücke nie so geendet hatte, sie nicht… Und langsam realisierte er, wo er war. Und mit der Erkenntnis kam die Anspannung zurück. Anspannung, die sich intensivierte, als er das hämische Lachen auf Gins vernahm – und er war nicht der einzige, der lachte. Dann hörte er seine Stimme. „Ah. Nun wird es… interessant.“ Shinichi blinzelte träge. Anokata klang zufrieden, zumindest soviel bekam er mit. Irgendetwas hinderte seinen Kopf immer noch daran, in normaler Geschwindigkeit zu denken, dennoch, die Unruhe wuchs. Wenn sich dieser Mann über etwas freute, konnte das nichts Gutes bedeuten, für ihn. „Gibt es da etwa ein Mädchen in deinem Leben, Detektiv?“ Die Stimme schlich sich an, leise und lauernd. Und in Shinichi explodierte die Angst. >Ran! Ich hab geträumt – von ihr! Ich hab doch wohl nicht, bitte, ich hab nicht… Ich darf nicht…< Seine Augen starrten ihn angsterfüllt an, suchten Gesichtszüge in der schemenhaften Gestalt um herauslesen zu können, wie viel er verraten hatte. Was er nun dachte. Er sah nichts. Er hörte ihn nur lachen, erneut, leise und heiser, durch und durch hocherfreut. „Dass du dir diesen Luxus leisten magst, mein Freund? Ich dachte, du wärst schlauer…“ Stille herrschte. „Menschen, die wir lieben, sind unsere Schwachstelle, das weißt du, nicht wahr? Das weißt du…“ Das Lachen ertönte erneut, lauter, stechender, diesmal. „Und je mehr wir sie lieben, desto mehr würden wir geben, um sie zu schützen…“ Shinichis Gedanken rasten, überschlugen sich. >Gott, wie viel haben die gehört? Was hab ich gesagt? Woher…< Und diesmal sah er das Grinsen fast auf den Lippen der Schattengestalt. „Du liebst sie sehr, nicht wahr? Fang gar nicht an, es abzustreiten, du hast dich verraten… Wie war das doch gleich?“ Er schien zu überlegen, tat grübelnd, genoss zusehends, seinen Delinquenten auf die Folter zu spannen. „Ich meine, das Herz, des Mädchens, das man liebt… wie soll man denn herausfinden, wie es in ihm aussieht…? In diesem Chaos… sieht man doch nichts…!“ Er hörte, wie Gin wieder leise zu lachen anfing, merkte, wie ihm die Schamesröte ins Gesicht stieg. Sie hatten wohl so gut wie alles gehört. Alles. >Nein…!< „Sehr poetisch. Des Sohnes eines Schriftstellers würdig, würde ich meinen.“ Shinichi fing an zu zittern. Er wusste nicht, woher das rührte, fühlte kalten Schweiß auf seiner Stirn, stöhnte leise auf, als sein Herz spürbar gegen seinen Brustkorb schlug, sein Puls an Geschwindigkeit zulegte, ohne dass er etwas dazu tat, merkte, wie seine Sicht flimmerte, als ihm der Gestank vom kalten Rauch ekelhafter Zigarren in die Nase stieg. >Gin.< Er blinzelte angestrengt, und konnte doch schon nichts mehr sehen, hörte nur wie durch Watte, was er sagte, in seine Ohren wisperte. „Ich dachte nicht, dass es so einfach werden würde, dich bei den Eiern zu kriegen, Kudô… warte nur ab, was wir machen werden, wenn wir sie erst…“ Leises Gelächter, kaum mehr als heißer Atem an seinem Ohr, in seinem Gesicht. „Gin.“ Anokatas Stimme schnitt ihm das Wort ab. Gin schwieg, trat zurück. „Ach, Detektiv…“ Säuselnd erreichte sein Name sein Ohr. „Du hast noch nichts zu befürchten, noch nicht. Solange du uns nur ein wenig erzählst…“ Er war nahe gekommen; Shinichi schluckte, als ihm ein bisher fremder Geruch in die Nase stieg. Ein Aftershave, schätzte er; herb, aromatisch, schwer. „Mein lieber Junge, das liegt dir schon lange auf dem Herzen, nicht wahr? Ihr zu sagen, was du für sie fühlst, für dieses Mädchen… und konntest es doch nicht, noch nicht, nicht wahr? Wir wissen ja warum, du warst in einer etwas… misslichen Lage. Conan konnte keine Liebeserklärungen machen, nicht wahr? Und deswegen musstest du so lange warten, und von Tag zu Tag wurde es schwerer, hab ich Recht? Tu dir keinen Zwang an, junger Freund, sprich dich aus… wir hören dir zu…“ Lauernd und lockend schmeichelte sich die dunkle Stimme in sein Ohr, schien in seinem Kopf nach den dazu passenden Gedanken zu suchen. Shinichi stöhnte auf, versuchte, sie auszusperren, doch es fiel ihm schwer – hatte sie doch Recht. Sie hatte so Recht. Und er dachte an Ran, Ran, der er nicht hatte sagen können, was er für sie empfand, Ran, die es vielleicht nie hören würde. Kurz flackerte ihr Gesicht vor seinem Auge. Dann griff Dunkelheit erneut nach ihm, aber mit ungleich viel mehr Gewalt als der sanfte Schlaf von vorhin. Und mit ihr wuchs die Angst, vor dem, was jetzt kam. Er durfte nicht reden, wenn er ohnmächtig wurde oder schlief, was auch immer das war. Er durfte nichts sagen, keinesfalls den Namen nennen. Niemals den Namen, wenn er schon… >Ran…< „Sag uns, wer ist denn die Glückliche…?“ Und mit einem Ruck fuhr er hoch. Fühlte die Scham in seinem Gesicht brennen, immer noch. Keuchend atmete er aus, schaute desorientiert um sich, sah nichts als die Finsternis in seinem Schlafzimmer. Mit fliegenden Fingern strich er sich übers Gesicht, über die Augen, versuchte zu schlucken, und merkte, dass es ihm wie im Traum nicht gelingen wollte. Nur ein Traum… Shinichi kämpfte sich aus dem Bett, taumelte in die Küche, drehte den Wasserhahn auf, ließ das kühle Nass in seine Hände laufen, klatschte sich eine Ladung ins Gesicht, ehe er etwas davon in der hohlen Hand auffing und ein paar Schlucke trank. Schwer atmend stützte er sich am Spülbeckenrand ab, sortierte sich. Anokatas Lachen klang immer noch in seinen Ohren, trieb ihm auch heute noch die Schamesröte ins Gesicht, wenn er daran dachte, was er wohl preisgegeben hatte, in diesen Minuten und jedesmal wieder, wenn sie ihm das Zeug verabreicht hatten. Müde wischte er sich über die Augen. Er hatte von seinem ersten Rausch geträumt. Aber warum? Wegen der Ereignisse heute? Wegen Ran? Unwirsch drehte er das Wasser wieder ab. Kann das nicht einfach mal ein Ende haben? Langsam wird es richtig nervig… Er erinnerte sich unerfreulich klar an jenen Tag, als er zum ersten Mal die Bekanntschaft mit HLZG 0405 gemacht hatte. An dieses so reale Glücksgefühl, das er gespürt hatte, viel intensiver noch als gerade eben schon. Und er erinnerte sich an das Gefühl von Scham, das ihn jedes Mal gepackt hatte, als er sie hatte lachen hören, allen voran, ihn. Anokata. Und an die Wut, die ihn ergriffen hatte, jedes Mal, hinterher, über sich selber – dass er es zuließ, dass er sich schämte, weil er sie liebte. Dass er das mit sich machen ließ, dass er nicht darüber stand, dass er nicht stärker war. Auch wenn er immer gegen dieses Gefühl gekämpft hatte, wusste er doch, dass sie es provozierten, er hatte sich verachtet, hinterher. Für seine Schwäche. Er erinnerte sich nur zu gut an die Angst vor jedem neuen Rausch, weil er befürchtete, ihnen einmal doch zu viel preiszugeben, mehr noch, als er ohnehin schon erzählte, was in seinen Augen schon viel zu viel war, auch wenn er schnell gelernt hatte, es einzudämmen, zumindest. Jedes einzelne Wort, das er redete, war eins zu viel gewesen. Jedes Lächeln auf seinen Lippen war zu viel gewesen. Es war niemals für andere zu hören bestimmt gewesen, was er empfand, nur für sie. Seine Gefühle gegen ihn zu verwenden, ihn nur damit schon zu verletzen, zu foltern, war grausam genug gewesen. Die Angst davor, dass sie sie holten, ihr wirklich wehtaten, wegen ihm, ein schier unerträglicher Gedanke. Und all das war Tag für Tag, Mal für Mal, so real gewesen. Jedes Glücksgefühl, jedes Schamgefühl, jede Angst. Und die Angst… war mehr als berechtigt gewesen. Shinichi ballte die Hände zu Fäusten, entspannte sie langsam wieder. Es hatte sich so echt angefühlt, jedesmal wieder, aber kaum ein Traum war ihm so im Gedächtnis haften geblieben wie dieser. Wahrscheinlich, weil es der Londonfall gewesen war – er hatte Wochen danach noch nachgedacht darüber, was auf dieser Brücke wirklich passiert war, was sich geändert hatte, zwischen ihnen. Ob sich etwas geändert hatte, zwischen ihnen. Wie er es besser, anders machen würde, hätte er eine zweite Chance dafür bekommen. Die, die er heute gekriegt hatte, hatte er nicht wirklich gut genutzt. Er schluckte, seufzte. Mittlerweile war Shinichi hellwach – und sonderbarerweise meldete sich nun auch sein Magen knurrend zu Wort. Kapitulierend zuckte er mit den Schultern, schaltete das Licht in der Küche an und zog seine Vorratsschranktür auf, um zu sehen, was er hergab – bis auf ein angebrochenes Päckchen Reis und eine Schachtel Glasnudeln gähnte ihn schwarze Leere an. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, um ins hinterste Eck spähen zu können, meinte, etwas in der Dunkelheit ausmachen zu können, fischte mit seiner Hand hinein – und zog ein Päckchen Instant-Ramen heraus. Na, damit lässt sich doch arbeiten. Er schmiss den Wasserkocher an, füllte die Kanne mit frischem Wasser voll und riss das Päckchen auf, schüttete den trockenen Inhalt in eine kleine Suppenschüssel, angelte im gleichen Zug nach einer Tasse und Tee. Und als er darauf wartete, dass das Wasser kochte, wanderten seine Gedanken zum heutigen Nachmittag zurück. Diese Brücke… Scheint unser Schicksalsort zu sein, was, Ran? Ein leises Seufzen rang sich aus seiner Kehle, als er sachte den Kopf schüttelte. Er hatte es unterschätzt. Der Wunsch, bei ihr zu sein, war stärker, als alles, was passiert war. Allein ihr Lächeln ließ ihn die fünf Jahre vergessen, in denen er gelitten hatte unter der Schuld, ihr den Tod gebracht zu haben, ließen ihn den Schmerz vergessen, den ihr Verlust ihm bereitet hatte, die Wut auf ihren Vater, der ihn angelogen hatte, die Demütigung, weil sie sich lustig gemacht hatten, darüber, weil er so empfand für jemanden. Dieses Gefühl war stärker als all das. Weil es die Wahrheit ist. Ein bitteres Lächeln umspielte seine Lippen. Doch die Wahrheit selbst kann genauso wehtun… So Unrecht hatte Holmes nicht, was die Frauen betraf, wenn auch aus anderen Gründen. Ran, ich wünschte… das hier wär anders gelaufen. So wie du mich das alles vergessen lässt, genauso erinnerst du mich daran. Es fegte alles andere aus seinen Gedanken, zumindest für einen Augenblick. Vergessen kann ich es nur für einen kurzen Moment, das weißt du… denn ich weiß doch, sie sind noch da. Und sie haben dich… schon einmal gegen mich verwendet. Meine Gefühle für dich gegen mich verwendet. Und es hat so unglaublich gut funktioniert. Ich hätte nie geglaubt… Ich hätte nie gedacht, so verletzbar zu sein. Allein den Gedanken, dass man dir etwas antut, schon so wenig ertragen zu können. Seine Mundwinkel verzogen sich. Es ist unfair, dass… ausgerechnet du es bist, mit der man mich kleinkriegt. Dir das aufzubürden ist nicht gerecht… wo ich doch weiß, dass der Gedanke dir unerträglich sein würde, wüsstest du um meine Schwäche. Ich weiß, dasss du dir dasselbe für mich wünschst wie ich mir für dich. Glück. Er seufzte, griff nach der Kanne des Wasserkochers, als er das Klacken des Einschaltknopfes vernahm, der ankündigte, dass das Wasser nun kochte, goss den Tee und die Instantnudeln auf und setzte sich damit an den Tisch, wartete, bis beides etwas abgekühlt war. Der Tag war irr gewesen. Und er fragte sich, wie es Ran ging – wahrscheinlich konnte sie genauso wenig schlafen wie er. Kurz fiel sein Blick auf das Telefon, das vor ihm auf dem Tisch lag – dann verwarf er den Gedanken wieder. Er seufzte, hob die Tasse an die Lippen, trank vorsichtig die heiße Flüssigkeit. Er würde mit ihr noch einmal reden müssen, dessen war er sich sicher. Und wenn Ran immer noch der Sturkopf war, der sie gewesen war vor fünf Jahren, dann würde das bald sein. Ein schmales Lächeln umspielte seine Lippen. Wenn morgen irgendetwas in der Zeitung stand, was er stark befürchtete, noch eher. Er runzelte die Stirn, verfluchte einmal mehr die Presse. Dennoch, das musste er sich eingestehen, war es schön gewesen, sie zu sehen. Ihre Stimme gehört zu haben, sie im Arm gehalten zu haben, gefühlt zu haben, dass sie immer noch da war, ihn immer noch… liebte. Ein so schönes Gefühl ist das… Hätte Holmes seine Meinung geändert, hätte er es einmal spüren dürfen? Shinichi seufzte leise. Ach Ran… _____________________________________________________________________ Hallo Leute! Dankeschön für die Kommentare zum letzten Kapitel :) Nun – in der Umfrage kam recht deutlich zum Vorschein, dass ihr gern wöchentlich lesen wollt. Ich mach das, kein Thema, aber gebt mir noch bis Ende September, bevors losgeht; sprich, das nächste Kapitel in 2 Wochen, dann wöchentlich. Und ich möchte an der Stelle schon anbringen, dass sich das wieder aufhört, wenn wieder so große gähnende Stille hier herrscht; denn jeder, der eine Geschichte schreibt, weiß, wieviel Arbeit das ist, und jeder, der noch keine Geschichte geschrieben hat, dem sei gesagt: es ist verdammt viel Arbeit. Und sehen wir der Wahrheit ins Gesicht – wir publizieren hier, um die Reaktion des Publikums zu lesen. Also scheut euch nicht und tut mir den Gefallen – jeder Kommentar, und sei es nur ein kurzer Satz, tut einfach unglaublich gut! An die ausführlichen Kommieschreiber möchte ich an der Stelle mal meinen Respekt ausdrücken – der schiere Wahnsinn, was ihr macht. Und ich danke euch so sehr dafür, denn euer Lob beflügelt mich und eure Kritik hilft ernsthaft weiter. Oft bestätigt ihr mir, was ich auch schon dachte, und lasst mich den Mut finden, was zu ändern. In diesem Sinne, viel Spaß, bis nächste Woche – dann kommt Kogorô… jaaaaa… und ein neuer, bezaubernder Artikel von Miss Shelley ;) Eure Leira Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)