Smile! von kanashimi (It gives your mouth something to do...) ================================================================================ Wenn Blicke vögeln könnten -------------------------- https://www.youtube.com/watch?v=XZ4Ib-7fJqY The Proclaimers - I'm Gonna Be (500 Miles) … “Na? Spätes Nuttenfrühstück?”, erkundigte sich Jeff, als er seinen Ziehsohn an diesem Sonntagmittag rauchend und mit Kaffeetasse im Anschlag auf ihrem kleinen Balkon vorfand und bekam postwendend einen Pantoffelfuß gegen das Schienbein gedonnert. „Du sollst das nicht immer so nennen, alter Sack!“, blökte die beleidigte Leberwurst und der alte Mann zuckte unbeeindruckt mit den Schultern. „Kaffee und Kippe ergibt ein Nuttenfrühstück. Iss einfach was Anständiges und du musst dir den Spruch nicht mehr anhören. Meine Güte. Wir haben den Kühlschrank voller Lebensmittel und du nuckelst an ´nem miefigen Sargnagel rum.“ „Ich ess später. Bin noch nich ganz munter“, nuschelte es dem Bärtigen entgegen und er schnaufte. „Kein Wunder. Wenn man erst um vier Uhr morgens nachhause gewackelt kommt.“ „Hab noch was für die Schule gemacht.“ „Samstagnacht, um vier? Bis Alzheimer bleiben mir noch ein paar Jahre, also denk dir was aus, das nicht total bescheuert klingt.“ „Ich mein das ernst. Ein Gemeinschaftsprojekt und ich hab die Arschkarte gezogen.“ „Möchtest du mich dahingehend noch erleuchten?“ „Keine Zeit. Muss noch Duschen. Bekomm dann Besuch.“ „Und von wem? „Von der Arschkarte.“ … Pünktlich um halb drei hockte Sanji ungeduldig auf dem Sofa und wartete darauf, dass seine persönliche Arschkarte an der Wohnungstür klingelte. Um halb vier lief er zeternd und rauchend auf dem kleinen Balkon auf und ab. Viertel nach fünf zog er sich fluchend seine Turnschuhe an und marschierte die Hintertreppe von Jeffs Restaurants hinunter, über dem sich ihre Wohnung befand. Wahrscheinlich pennte dieses Murmeltier immer noch und verschwendete keinen Gedanken daran, dass sie sich für Punkt 14.30 Uhr bei ihm zuhause verabredet hatten, um noch einmal ihr Glück mit dem Selfie zu suchen. Der Typ würde jetzt sein blaues Wunder erleben! Um zwanzig nach fünf schlug sich Sanji fassungslos die Hand vors Gesicht, während er einem jungen, grünhaarigen Typen dabei zusah, wie dieser, auf der Straßenseite gegenüber vom Restaurant, verwirrt auf und ab rannte. „Hey! Toastbrot! Hier drüben!“, rief er so laut er konnte und fuchtelte wie wild herum. Das Toastbrot reagierte und zehn Minuten später standen beide schnaufend in Jeffs kleiner Diele. Zoro schnaufte, weil er fast vier Stunden angenervt durch die Gegend geirrt war und Sanji schnaufte, weil er einfach nicht begreifen konnte, wie ein Mensch so verpeilt sein konnte. Diese Frage eingängig zu ergründen, würde ihn jedoch viel zu viel Zeit kosten, weshalb er sich wieder auf den Grund ihrer Verabredung konzentrierte. „Hast du ´ne dicke Jacke mit, wie abgemacht?“ „Japp. Ich versteh nur immer noch nicht, wofür ich die brauche. Es ist Mitte Juni.“ Auf diese Feststellung folgte jedoch nicht wie erwartet eine Erklärung, denn Sanji war gerade völlig in seinen neuen Masterplan vertieft. „Zieh sie an und setz das hier auf“ „Ein Stirnband?“ „Genau. Ich hab die passende Mütze dazu. Hat was von Partnerlook. Passt also zur Aufgabe.“ „Und welches Motto kriegt dieses Selfie? Eskimos in der Sahara?“ „Verkenne ja nicht mein Genie. Ich hab recherchiert. Alle, die bisher ein Foto hochgeladen haben, sind in Sommerklamotten vor irgend ´ner Außenkulisse zusehen.“ „Macht auch irgendwie Sinn…so im Sommer.“ „Schon, aber das sieht alles so gleich aus. Wir werden aus der Menge herausstechen, also komm mit.“ Zoro fand sich in einem Jugendzimmer wieder. Ein, für männliche Verhältnisse, sehr ausdekoriertes Jugendzimmer. Es war Sommer. Es war heiß. Und er stand mit dem blonden Genie, in Wintermontur, in einem Männermädchenzimmer. „Wir können ein blaues Bettlaken über den Kleiderschrank werfen und schon haben wir ein Set“, erklärte Sanji und wühlte in seinem Bettkasten. “Kannst du mir folgen?“ „Wohin? In die Klappsmühle?“, Zoro war sich nicht sicher, ob er da wirklich schon hin wollte, erntete aber nur ein genervtes Schnaufen. „Verstehst du denn nicht?“ Nein, irgendwie hatte der Grünhaarige das Gefühl, dass ihm diese Gedankenkette etwas zu hoch hing und er schüttelte den Kopf. Was wiederum den Blondschopf animierte glasklare Logik auszupacken. „Vor zwei Monaten hat doch diese neue Indoor-Skihalle am Stadtrand aufgemacht. Es ist Sommer, es ist heiß und wir machen was Außergewöhnliches. Unser Motto lautet also? Na? Na?“ „Welcome to Meisenheim?“ „Skifahren im Sommer!“ „In deinem Zimmer?!“ Sanji stemmte die Hände in die Hüften. „Wenn der werte Herr mal pünktlich zu unserer Verabredung gekommen wäre, hätten wir mit der Straßenbahn, die gleich an der Kreuzung hier hält, auch dahin fahren können. Da der werte Herr es aber vorzog, wie ein Gestörter an den Nachbarhäusern hin und her zu rennen, haben wir dafür keine Zeit mehr. Ich muss in spätestens ´ner Stunde runter ins Restaurant. Es ist Sonntag. Da ist viel los und ich helfe beim Kellnern aus. Darum erledigen wir das jetzt hier an Ort und Stelle.“ „Aber natürlich!“, frotzelte der Grünhaarige. „Ein bisschen Kunstschnee hier, ein paar Wattebäuschchen da…Glaubst allen Ernstes, dass ein blaues Laken über deinem Kleiderschrank dein Zimmer in eine moderne Indoor-Skianlage verwandelt?“ „Das Ding dient als Bluescreen, du Spaßvogel! Ich fahr morgen nach der Schule zur Halle und knips ´nen passenden Hintergrund. Den Rest mach ich am PC. “ „Und warum fahren wir nicht einfach morgen zusammen zu dieser Skihalle und machen das Foto da?“ „Oh nein! Ich will das jetzt ein für alle Mal hinter mich bringen. Und jetzt konzentrier dich mal und lächle.“ Zoro zuckte mit den Schultern, holte einmal tief Luft, zwang seine Mundwinkel nach oben und der Blondschopf starrte entgeistert auf das Ergebnis. Das Ganze hatte ungefähr den Charme eines Halloweenkürbises, der mit einem stumpfen Messer bearbeitet worden war. „Neuer Versuch“, bestimmte er ungeduldig und der Grünhaarige versuchte mal. Eine halbe Stunde später hockte Sanji kopfschüttelnd auf seinem Teppich und verfluchte alles und jeden. Zoro schien sie alle drauf zu haben: Den Joker aus Batman, Chucky die Mörderpuppe, Hannibal Lecter… Half nur leider nichts, wenn man versuchte sympathisch rüberzukommen. Im nächsten Hollywoodhorroschocker hätte der Kerl sicher sofort die Rolle des Psychopathen ergattert. „So wird das nichts. Komm mal mit!“, entschied Sanji dann und packte sein widerwilliges Opfer am Jackenärmel. Zoro fand sich in einem Badezimmer wieder. Es war Sommer. Es war heiß. Und er stand mit dem blonden Genie, in Wintermontur, in einem rosafarbenen Bad. "Ihr wohnt hier zu zweit?" "Ja, wieso?" "Nur du und dein Ziehvater?" "Ja! Wieso?!" "Warum habt ihr als Kerle ein rosa Bad?" "Das is doch nich Rosa. Das is Pfirsich! Die ganze Wohnung ist durchgeplant. Der Flur is Avocadogrün, das Wohnzimmer Biskuitbeige, die Küche Kirschrot, mein Zimmer ist seit kurzem Vanillecreme und das von Jeff Maisgelb. Wir leben Lebensmittel!", grinste Sanji und Zoro schüttelte wortlos den Kopf. Solche Nahrungsmittelextremisten waren ihm auch noch nicht untergekommen. „Konzentration! Wir üben das jetzt einfach mal vor dem Spiegel“, bestimmte der Blondschopf ungeduldig, positionierte den Grünhaarigen so vor dem halbhohen Spiegel über dem Waschbecken, dass dieser sich problemlos selbst dümmlich anglotzen konnte und stellte sich mit all seiner Grazie daneben in Positur. „So. Und jetzt guckst du solange in den Spiegel, bis dir einfällt wie man lächelt. Wenn du glaubst soweit zu sein, drückst du den Auslöser. Wir wiederholen dann das Ganze in meinem Zimmer, ich bastel mit Photoshop ´nen passenden Hintergrund dazu und jeder kann wieder seiner Wege gehen. Und mach mal das Victoryzeichen, das kommt lässig.“ Zoro starrte erst auf das Mobiltelefon, dann in den Spiegel, lunzte mit hochgezogener Augenbraue zur Seite, betrachtete wortlos das Grinseäffchen zu seiner rechten und drückte auf den Auslöser. „Das is kein Lächeln“, nuschelte der Blondschopf mit zusammengebissenen Zähnen um seine Pose nicht zu verlieren.“ „Is mir auch klar“, murmelte der Grünhaarige zurück und starrte stoisch auf Sanjis Smartphone. Nun rauschten dessen Mundwinkel doch nach unten und er zog die Augenbrauen zusammen. „Was´n jetzt schon wieder?“ „Wenn du nich willst, dass ich dich jetzt mitten auf den Fliesen besteige, dann grabbel mich nich an.“ Verdutzt glotzte der Blonde auf ihr Spiegelbild, das seltsamerweise behauptete er hätte diesem Miesmuffel seine Hand um die Taille gelegt. Erschrocken zog er sie zurück und fixierte seinen merkwürdigen Verehrer. „Können wir uns nicht einfach wieder streiten und uns ab und an auf´s Maul hauen, so wie früher?“, seufzte er dann und wartete händeringend auf Zoros Zustimmung. Zustimmung begann leider niemals mit Kopfschütteln und mit den nächsten Sätzen zerplatzen all seine Hoffnungen. „Würd ich gern. Is aber nich. Ich will dich flachlegen.“ Es traf eben doch immer die Besten. „Wenn du nicht sofort damit aufhörst, schleif ich dich zum nächstbesten Tierarzt und lass dich kastrieren!“ Mit geschlossen Augen, geballten Fäusten und den Nerven am Ende, ließ sich der Blondschopf auf den Klodeckel sinken und schnaufte. „Lass “ihn“ da raus! Er hat dir nichts getan!“, verteidigte der Grünhaarige empört sein bestes Stück und Sanji lief vor Wut dunkelrot an. „ER ist die Wurzel allen Übels!“, schrie er dann und deutete mit zitterndem Zeigefinger genau auf Zoros Körpermitte. Dieser sah leicht erstaunt und ungläubig an sich herunter. „Also eigentlich isser ganz nett. Der beißt nicht. Der will nur Spielen.“ „Mir reicht’s!“, blaffte der Blonde und stapfte wutschnaubend aus dem Badezimmer. „Wo willst du denn jetzt hin?“, rief Zoro ihm noch nach, doch die Antwort gefiel ihm gar nicht: „Tierarzt suchen!“ Es traf doch immer die Besten. … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)