Screen Time von OtakuCifer (-- Die andere Dimension --) ================================================================================ Prolog: I died, before I lived - Ich starb, bevor Ich lebte ----------------------------------------------------------- Prolog: I died, before I lived - Ich starb, bevor Ich lebte "Der Tod kommt nur einmal, und doch macht er sich in allen Augenblicken des Lebens fühlbar. Es ist herber, ihn zu fürchten, als ihn zu erleiden." von Jean de La Bruyère 16.02.2022 - Japan - Tokyo - Bezirk Nakano - Nakasugi-Straße 11 Wann habe ich damit angefangen? Ist es eine Woche her? Oder einen Monat, vielleicht sogar Jahre? An ein Leben vor dieses kann ich mich jedenfalls nicht erinnern. Es ist wie eine Sucht geworden, die mich innerlich immer weiter auffraß. Doch ich denke äußerlich bin ich immer noch derselbe geblieben, sah man von den tiefschwarzen Augenringen ab. Ich habe tagelang meine Wohnung nicht mehr verlassen. Die ganze Zeit tippe ich auf die Tasten meines Laptops. Ich fühle mich leer. Meine Augen schmerzen, was sich sicherlich darauf zurückführen ließ, dass ich jetzt schon stundenlang in der Dunkelheit meines Zimmers vor meinem Laptop hockte. Wenn ich dann mal doch eine Pause mache, schlief ich auch nicht besonders lange. Ich hole mir eine Tüte Chips aus dem Schrank und eine Flasche Eistee aus dem Kühlschrank. Dann setze ich mich wieder an meine Arbeit. Mein Projekt, so nannte ich es. Ich würde wahrscheinlich spätestens morgen wieder einkaufen gehen müssen. Der Supermarkt ist bei mir nur um die Ecke. Wenn es einen Gott gibt, so bedanke ich mich bei ihn dafür. Wie ich das aushalten kann? Wie ich es bloß schaffe, über die Runden zu kommen auf diese Weise? Die Antwort ist wohl schwerer, als sie sich anhört. Ich dachte nicht daran. Denn ich starb schon vor langer Zeit. Geld habe ich genug. Wenn ich wollte, könnte ich mir ein Haus kaufen, vielleicht noch ein schickes Auto. Ich könnte jemanden kennen lernen und mit ihm eine Familie gründen. Doch das war es nicht, was ich wollte. Ich hatte andere Ziele. Diese Lebensweise Tag ein Tag aus ist sicherlich nicht die Komfortabelste. Das sollte allerdings auch nicht meine Absicht sein. Meine Zeit ging mir aus. Ich wollte nie so leben wie der Durchschnittsmensch. Eine Festanstellung bekommen und den sicheren Weg gehen. Etwas für die Gesellschaft leisten und "aktiv" sein. Freunde finden und darüber reden, was für einen Mist unsere Politiker denn schon wieder vollbracht hatten. Ich klinge für euch jetzt wohl wie ein Freak. Wahrscheinlich bin ich das auch. Doch wenn ich eins nicht bin, dann faul und nicht "aktiv". Ich hatte mir sehr wohl etwas vorgenommen. Ich sprach schon davon, oder? Meinen Zielen. Ich bin wohl so etwas, was man einen Visionär nennt. Ich gebe mich nicht mit kleinen Dingen zufrieden und strebe immer nach etwas Größeren. Denn nur so kann ich die Welt verändern. Ok, jetzt hab ich es wohl verraten. Ja, ich will die Welt verändern. Es klingt kitschig? Unrealistisch? Vielleicht. Aber was war falsch daran? Wer sagt uns, was realistisch ist? Sind es Wahrscheinlichkeiten? Ist Talent, was wir benötigen? Glück und eine ordentliche Portion harter Arbeit und Fleiß? Wer weiß das schon? Ich möchte nicht dafür leben, über Chancen und Realismus zu philosophieren. Stattdessen möchte ich viel lieber etwas bewegen. Ich möchte endlich leben. Die Welt besteht aus einer Reihe an Systemen. Große Firmen streichen den Reichtum ganzer Nationen ein. Dazu kommt noch, dass korrupte Politiker uns regieren und uns davon erzählen, dass sie für uns sprechen. Und wir akzeptieren das. Wir hinterfragen nicht, was uns die Medien erzählen. Das wollen wir auch gar nicht. Es wäre ja auch viel zu umständlich. Leichter ist es, nichts zu sagen und zu hoffen, dass man in Ruhe weiterleben kann. Ich verstehe das sehr wohl. Jeder wünscht sich Frieden. Nur missverstehen diese Menschen, dass das kein Frieden ist, in dem wir leben. Es ist eine von uns akzeptierte Diktatur. Vielleicht übertreibe ich es. Vielleicht aber auch nicht. Das Projekt an dem ich arbeite...ich sehe es als eine letzte Hoffnung für die Menschheit. Die Welt kann sich nur verändern, wenn die Menschen die Wahrheit erkennen. Und ich werde diese den Menschen zeigen. Natürlich nicht alleine. Ich wählte 4 Menschen, von denen ich glaubte, dass ich mit ihnen etwas erreichen kann. Der Fortschritt half IHNEN ihre Macht zu festigen. Doch mit UNS wird der Fortschritt das Verhängnis für SIE werden. Ich bin ein Hacker. Mein Name ist Liar. Prolog Ende Kapitel 1: Two Ways - Zwei Wege ------------------------------- Kapitel 1: Two Ways - Zwei Wege "Man kann sich wohl den Weg wählen, aber nicht die Menschen, denen man begegnet." von Arthur Schnitzler 14.02.2022 - 13:44 Uhr - Tokyo - Bezirk Toshima - Gakushūin-Universität - Fakultät für Geisteswissenschaften - Hörsaal 2 "Hoffnung! Hoffnung ist etwas nicht greifbares. Die wohl wichtigste Voraussetzung für Hoffnung ist die Kraft an etwas zu glauben. Jean Jaurès, ein französischer Historiker als auch Politiker sagte, "die größten Menschen sind jene, die anderen Hoffnung geben können." Menschen erleiden im Laufe ihres Lebens viele Schicksalsschläge. Die Verarbeitung von Trauer kann nur dann geschehen, wenn man diesen Menschen Hoffnung gibt. Doch kommen wir auf die Voraussetzung von Hoffnung zurück. Der Glaube. Wie können wir den Glauben eines Menschen stärken? Stellen Sie sich vor, Sie verlieren den Menschen, der Ihnen am meisten etwas bedeutet. Keiner der jemals diesen Schmerz erlebt hat, kann diesen auch nur ansatzweise nachempfinden. Doch die Vorstellung ist etwas allgegenwärtiges. Es ist eine für jeden allzu bekannte Angst, die wir bei diesen Gedanken verspüren. In der Psychologie geht es für uns primär darum die Gedankengänge des Menschen zu verstehen. Verstehen wir diese, so hoffen wir, können wir Methoden finden, um den Glauben eines Menschen einerseits stärken zu können und wenn nötig auch wiederherstellen." Ich hörte dem Dozenten nicht mehr zu. Es war nicht so, dass mich das Thema nicht interessierte. Viel mehr hatte ich das Gefühl nichts zu erfahren, was ich nicht ohnehin schon wusste. Der Schmerz des Verlustes. Hoffnung. Glauben. Man versuchte die Psyche eines Menschen nüchtern zu analysieren. Das ist Psychologie. Irgendwann muss ich den Grund vergessen haben, weshalb ich ausgerechnet dieses Fach gewählt hatte. Durch das Analysieren der Psyche eines Menschen diesen letztlich helfen zu können. Eine schöne Vorstellung. Ich wünschte, es wäre nur so leicht. Es ist nicht so, dass ich den Dozenten, der da vorne stand, irgendwie kritisieren wollte. Schließlich gab er tatsächlich sein Bestes, um uns den Lernstoff beizubringen. Er machte seinen Job. Doch ich hatte das Gefühl, dass irgendwas fehlte. Bevor ich das Studium anfing, dachte ich mir, es wäre interessant zu erfahren, wie man den Menschen helfen kann. Der Mensch lässt sich aber nicht so einfach helfen. Jeder Mensch ist anders. Deswegen so glaube ich, müsste man für jeden Mensch eine für ihn angepasste Therapie entwickeln. Die Psychologie geht meines Erachtens noch nicht weit genug. Zu sehr verallgemeinert man sie. Sicher es gibt Therapien für Kriegsopfer, für misshandelte Menschen oder auch Menschen, welche einfach zu viel Stress ausgesetzt sind. Während ich allerdings immer mehr das Gefühl bekomme, dass mit den aktuellen Methoden nicht allen Menschen geholfen werden kann, erscheint mir auch mein Denkschema durchaus selbstgefällig. Es erscheint unmöglich, jeden Menschen zu helfen. Oder ist das auch bloß eine Ausrede? Ich spielte mit einen Kulli und blickte gedankenverloren auf meinen Notizblock. Ich hatte mir da aber nicht wirklich etwas notiert. Stattdessen hatte ich mir einen Fuchs dahingezeichnet. Er streckte die Zunge aus. Mir war langweilig. Um mich herum saß niemand. Ich hatte mich ganz nach hinten in die letzte Reihe des Hörsaals gesetzt. Die Vorlesung wäre gleich sowieso vorbei. Und mein Jahrgang war sowieso etwas klein. Ich kannte meine Kommilitonen bzw. meine Mitschüler so gut wie kaum. Und ich wollte daran auch nichts ändern. "Damit ist die heutige Vorlesung beendet. Bis nächste Woche lest euch bitte "Kapitel 6: Mitleid" durch. Nutzt eure freie Zeit gut!", schloss der Dozent seinen Vortrag ab. Freie Zeit, was? Stimmt, wir haben heute Freitag. Schon wieder zwei freie Tage. Endlich konnte ich meinem Hobby wieder nachgehen. Früher habe ich das Wochenende gehasst. Das lag nicht daran, dass ich nicht Ruhe mochte. Nein, im Gegenteil ich liebe die Stille. Die Stille ist etwas äußerst wertvolles. Mit ihr schaffe ich es meine Gedanken zu ordnen. Doch so sehr ich sie auch mag, stundenlang nichts zu tun, wäre auch nichts für mich. Ich brauchte etwas zu tun. Natürlich etwas, das mich interessierte. Ich hatte die Fakultät verlassen. Sollte ich jetzt schon nach Hause gehen? Ich brauchte erst mal was zu essen. Langsam schlenderte ich durch die "Sugamo-Jizodori-Einkaufsstraße". Wie immer war sie sehr belebt. Was sollte ich mir bloß holen? Ich blieb vor einen kleinen Supermarkt stehen. Nach kurzer Überlegung betrat ich diesen. In den Regalen befanden sich viele Artikel. Ich hatte mir zuvor einen Einkaufswagen geholt, da ich mir genug für die nächsten zwei Tage holen wollte. Doch ich konnte mich nicht so richtig entscheiden. Zuerst etwas zu essen. Ich griff mir 6 Packungen Fertig-Nudelsuppen und legte sie in den Wagen. Ob das reichen wird? Zu Hause hatte ich bestimmt noch etwas. Zu Hause. Ja, so nannte ich meine kleine Wohnung. Ich war vor 2 Jahren nach Tokyo gekommen. Ich wohnte vorher in der Präfektur Fukouka auf der Insel Kyūshū, also quasi am anderen Ende Japans. Meine Mutter wollte immer, dass ich irgendwann nach Tokyo ziehe. Sie meinte, wenn ich etwas erreichen will, dann da, wo Leute aus der ganzen Welt kommen und auf Japan schauen. Tokyo, das Zentrum Japans, eine Weltstadt, so nannte man sie. Was meine Mutter angeht, sie ist vor einiger Zeit verstorben. Sie verstarb ein Jahr, bevor ich nach Tokyo kam. Es war eine Krankheit, die sie dahingerafft hatte. Ich hab lange gebraucht, um ihren Tod zu verkraften. Doch irgendwann musste es ja weitergehen. Man sagt zwar, die Zeit heilt alle Wunden. Ich allerdings glaube, dass Menschen mit der Zeit den Tod eines geliebten Menschen lernen zu akzeptieren. Jedoch gelingt es nicht Jeden. Mein Vater verstarb bereits, da war ich nicht einmal 2 Jahre alt. Lediglich durch alte Bilder weiß ich, wie er ausgesehen hat. Mein Mutter erzählte mir immer, als ich noch klein war, das er an einen Ort wäre, wo wir eines Tages auch hingehen würde. Irgendwann verstand ich dann auch, was das bedeutete. Als ich 12 Jahre alt wurde, fragte ich schließlich meine Mutter, wie mein Vater denn gestorben war. Es war ein Raubüberfall gewesen. Mein Vater arbeitete manchmal bis spät abends. Er wurde letztlich vor unserer eigenen Haustür erschossen. Bis heute sind die näheren Umstände allerdings noch nicht geklärt. Meine Mutter war an dem Tag, wo sie es mir erzählt hatte, danach sehr verschlossen gewesen. Vielleicht war es bereits schon dieser Tag gewesen, an dem ich begann, die Welt zu hassen. Der Mensch ist ohne Frage das Lebewesen auf der Erde, welches den meisten Einfluss auf die Umwelt nehmen kann. Doch er selbst ist leicht zerbrechlich und das innerlich, als auch äußerlich. Ich hatte mir noch einige Flaschen Wasser und Eistee genommen, alle Sachen dann bezahlt und gerade eben den Laden verlassen. Es war erst 10 vor 3. Sollte ich schon nach Hause gehen? Ich könnte zumindest mal die Sachen dort ablegen. Zwar ging ich im Bezirk Toshima zur Uni, wohnte aber selbst im Bezirk Kita. Ich musste also erst mal die Tōkyō Metro nehmen, um dorthin zu gelangen. Und das hieß einen gewissen Fußweg. Ich trug meine Tasche auf den Rücken und die eingekauften Sachen in einigen Tüten mit den Händen. Zwar war ich körperlich nicht gerade schwach, aber damit herumzulaufen war auf Dauer ermüdend. Als ich nach Tokyo kam, war ich noch sehr aufgeregt. Die neue Stadt, das neue Umfeld und das Ungewisse damit verbunden. Wie würden die Menschen hier sein? Ich realisierte schnell, dass die Menschen in Tokyo leider insbesondere eins waren, nämlich verschlossen. Jeder schien immer nur an sich selbst zu denken. Im Nachhinein hätte ich mir das aber auch denken können. Die Menschen die nach Tokyo kamen und die, die hier schon immer gewohnt hatten, dachten lediglich daran Karriere zu machen. Mitleid, Nächstenliebe und Zusammenhalt. Alles schöne Werte. In der Weltstadt Tokyo allerdings, alles Dinge, die zwar immer wieder betont wurden, aber in Echt keine Rolle spielten. Ich fand nach längerer Suche dann etwas, was mich interessierte. Capoeira, eine recht interessante Kampfsportart, wie ich finde. Die Mischung aus Kampf und Tanz. Ich fand sie faszinierend. Einmal die Woche ging ich zum Verein. Nebenbei ging ich hin und wieder früh morgens joggen. So hielt ich mich fit. Sport ist allgemein auch etwas ganz gutes, um ab und zu etwas abzuschalten und die Dinge um einen herum zu vergessen. Kaum war ich am Bahnhof "Komagome" angekommen, schon kam die U-Bahn, die ich nehmen musste. Ich stieg in den Zug der "Namboku-Linie" ein und sah mich um. Es war voll. Kein Sitzplatz war mehr übrig. Ich blieb stehen. Ich erblickte ich eine Gruppe von Mittelschülern. Sie trugen die typische Schuluniform. Es waren drei Jungs und ein Mädchen. Die Jungs trugen jeweils eine schwarze Hose und ein weißes Hemd. Darüber dann noch ein passend schwarzes Jackett, auf welchen das Schullogo abgedruckt war. Das Mädchen trug einen grauen mittellangen Rock und ein hell-braunes Oberteil mit einer roten Schleife. Nicht unüblich. Japan ist ein sehr traditionelles Land. Dazu gehörten nun mal auch Schuluniformen. Es gab allerdings durchaus auch Schulen, die auf so etwas verzichteten. Diese waren jedoch stark in der Minderheit. Auch in meiner Schulzeit musste ich stets eine Uniform tragen. Es hieß stets, die Etikette zu wahren. Um ehrlich zu sein, es war mir egal. Mit oder ohne Uniform, es änderte aus meiner Sicht nichts gravierendes. Jeder soll da denken, was er will. Ich denke, es gibt da wichtigere Dinge über die es zu sprechen galt. Da wäre zum einen die immer weiter wachsende Arbeitslosigkeit in Japan. Zum Anderen verbunden mit dieser ebenso die wachsende "Hikikomori-Kultur". Menschen finden keine Arbeit und schließen sich schließlich Stück für Stück weiter zu Hause ein. Sie sind auf das Geld ihrer Eltern angewiesen. Der Druck, den die Gesellschaft auf den Menschen ausübt, ist ein Problem, welches nach wie vor nicht wirklich beachtet wird. Auch der Stress bei der Arbeit fällt immer weniger Menschen leicht. Der zahlenmäßige Anstieg von Leuten, die Suizid begehen, zeigt eigentlich deutlich genug, dass es diesen Land nicht so gut geht, wie oft behauptet wird. Die Bahn hielt an. "Ōji" hieß die Station. Ich war schon im Bezirk "Kita". Ich musste allerdings noch zwei Stationen fahren. Eine menge Menschen stiegen aus. Es wurde leer. Ich setzte mich dann auf einen freigewordenen Platz. Meine Tasche legte ich rechts und die Tüten links von mir. Dann atmete ich tief ein und wieder aus. Die Bahn fuhr los. Ich holte mein Handy raus. Dann steckte ich mir meine Kopfhörer in die Ohren. Sie sahen aus wie zwei kleine Ohrstöpsel, da sie keinen Verbindungskabel besaßen. Über Bluetooth hörte ich mir dann Musik an. Es war ein verhältnismäßig altes Lied. "IN THE END" von der Band Linkin Park. Die Band gibt es jetzt schon seit mehr als 20 Jahren. Beim Lied gefiel mir insbesondere der Refrain sehr. Ich glaub, ich kann mit englischer Musik mehr anfangen, als mit japanischer, was nicht hieß, das ich nicht auch japanisch höre. Vielleicht war es auch das Unbekannte, das mich so anzog. Das Lied endete zeitgleich, wie der Zug anhielt. Über Lautsprecher wurde der Name der Haltestelle genannt: "Shimo". Ja, hier wohnte ich. Ich stand auf, nahm meine Sachen und stieg aus. Zu meiner Wohnung war es nur noch ein Katzensprung. Ich ging am "Asukayama-Park" vorbei. Er ist einer der wenigen Sehenswürdigkeiten Kitas. Allgemein ist dieser Stadtbezirk eher durch die vielen Wohngebiete geprägt, die fast 80% des Bezirkes einnehmen. Ich kam oft hierher. Ein schöner Ort zum Entspannen, wie ich fand. Besonders im Frühling war es hier sehr schön, wenn die Kirschblütenbäume anfingen zu blühen. Doch jetzt war es noch etwas kalt und sie fingen erst langsam an zu blühen. Ich stand schon vor meiner Wohnung. Naja, nicht ganz. Ich musste noch ein Paar Treppen hochgehen und dann noch ein kleines Stück an einigen anderen Wohnungen vorbei. Meine war die mit der Zimmernummer 202. Als ich dann vor meiner Wohnungstür stand, stellte ich erstmal die Sachen ab und holte meinen Schlüssel aus der Tasche. Dann öffnete ich dir Tür und betrat meine Bleibe. Es war nicht besonders einfallsreich eingerichtet. Ich sprach vorhin über "Hikikomori", nicht wahr? Die Art und Weise wie ich lebte, unterschied sich nicht entscheidend von einen solchen Hikikomori. Der Unterschied bestand darin, dass ich studierte und mehr oder weniger Ziele im Leben verfolgte. Mein Großvater bezahlte allerdings für mich die Mietkosten und schickte mir wöchentlich Geld. Er war das einzige Familienmitglied, welches mir geblieben war. Ich stand tief in seiner Schuld. Das wusste ich nur allzu gut. Als ich ihm damals gesagt habe, das ich nach Tokyo ziehen wollte, hatte er ohne große Worte, mich in meiner Entscheidung unterstützt. Das Haus meiner Eltern habe ich in seine Obhut gegeben. Er sagte damals lediglich zu mir: "Ich werde mich um das Haus kümmern, bis zu dem Tag an dem du es wieder brauchst." Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung, wo ich heute stehen würde, wenn er nicht gewesen wäre. Ich versuchte meine Wohnung so ordentlich zu halten, wie es eben ging. Doch wer je allein gewohnt hat, weiß bestimmt, dass das alles andere als leicht ist. Für einen selbst ständig kochen zu müssen, die Wäsche zu waschen und all das Zeug. Ich hatte zwar nach dem Tod meiner Mutter auch einiges selbstständig machen müssen, doch war, wie vorhin erwähnt, mein Großvater für mich da und hatte mir die Hausarbeit damals etwas erleichtert. Ich bin jetzt 21. Manchmal sehne ich mich zurück an die Schulzeit. Damals war vieles noch so unbeschwert für mich gewesen. Doch die Zeit bleibt weder stehen, noch lässt sie sich zurückdrehen. Das Leben geht stehts weiter. Ich nahm einer der Nudelsuppen-Packungen und erwärmte sie mit der Mikrowelle. Mein Magen knurrte. Als es fertig war, nahm ich die Packung, öffnete sie und goss den Inhalt in eine Schüssel. Manche aßen die Nudelsuppe in der Packung. Ich mochte es allerdings so mehr. Ich verschlang das Essen schnell in mich hinein. Machte allerdings auch kurz Pause und schaltete meinen Laptop an, den ich aus der Tasche holte. Ich zog die Vorhänge zu und gab dann mein Passwort ein. Während ich hin und wieder etwas aß, las ich mich durch einige Foren durch. Ich ging auf eine News-Seite und sah mir die aktuellen Geschehnisse in der Welt an. "Präsident der Vereinigten Staaten beim Besuch in Südkorea" war unter anderen eine Schlagzeile. Ich überflog den Artikel leicht. Nichts interessantes. Ich glaubte gewiss nicht an alle Dinge, von denen in den Medien berichtet wurde. Jedoch wollte ich zumindest wissen, was in der Welt so vor sich ging. Zuletzt ging ich dann noch auf meine E-Mail. Danach würde ich noch etwas rausgehen. Es war zu einer Routine geworden. Erst las ich ein paar Beiträge in Foren, in denen ich aktiv war, dann einige Nachrichten und zuletzt checkte ich meine E-Mail. Diese Routine bestimmte mein Leben. Ich würde dann, wenn ich später zu Hause war, meiner anderen "Leidenschaft" nachgehen. Abgesehen von Capoeira war sie etwas, was mich wirklich begeistert hatte. Da ich nicht nebenbei arbeiten gehe und mich so nur auf mein Studium konzentrieren musste, besaß ich eine Menge Freizeit. Bevor ich meine "Leidenschaft" gefunden hatte, führte ich ein recht langweiliges Leben. Es war schwer etwas interessantes zu finden. Mein Studium fand ich zwar anfangs noch recht interessant, doch am liebsten würde ich es jetzt wieder abbrechen. Ich tat das allerdings meinen Großvater zu Liebe nicht. Ich wollte nicht, dass er sich schon wieder um mich Sorgen machen musste. Ich scrollte gelangweilt durch meine E-Mails. Nichts interessantes dabei. Ich wollte gerade meine Browser schließen, als mir eine E-Mail ins Auge sprang. Der Betreff lautete: "Neue Welt". Hat mir schon wieder irgendeine Sekte, irgendwas geschickt? Ich sollte wohl gar nicht erst hineinsehen. Doch meine Neugier überwältigte mich. Ich öffnete sie: "Hallo, ich habe lange gezögert, dir zu schreiben. Ich wusste nicht, wie du darauf reagieren würdest. Doch ich habe mich entschieden. Du sollst Teil meines Projektes werden. Ich weiß, dass klingt alles sehr verwirrend, doch ich werde dich aufklären. Ich weiß, wer du bist und was du tust." Ich hielt inne. Was meinte er? Sollte er etwa wissen, dass...? Nein, ausgeschlossen. Ich habe nie Spuren hinterlassen. Ich sollte aufhören das zu lesen. Wahrscheinlich geht es um etwas religiöses. Das ist bestimmt nur wieder einer dieser Tricks. Menschen, die etwas schreckliches begangen haben, besitzen stets die Angst, dass die Wahrheit über sie ans Licht kommt. Der Typ weiß nichts über mich. Er will mir nur Angst machen. Ich wollte den Laptop schließen, doch brachte ich es nicht zu Ende. Ich las weiter: "Du brauchst keine Angst zu haben. Ich habe nicht vor, es jemanden zu erzählen. Ich will dich damit auch nicht erpressen. Mir geht es um etwas anderes. Ich brauche dich. Diese Welt ist eine Illusion. Die Menschen versuchen diese Illusion als eine Realität darzustellen, die sie nicht ist. Ich möchte den Menschen die Augen öffen. Du bist nicht der Einzige, den ich für dieses Projekt brauche. Ich habe bereits 3 Andere um Hilfe gebeten. Du bist der Letzte, der noch fehlt. Deine Fähigkeiten sind für dieses Projekt unerlässlich. Du bist auf der Suche. Du suchst etwas, was dich interessiert und womit du deine Zeit vertreiben kannst. Ich kenne dieses Gefühl nur allzu gut. Ich biete dir etwas. Verändere mit mir zusammen die WELT! Wenn du dich entscheiden solltest mitzumachen, wirst du alles erhalten, was du benötigst. Du brauchst dir keine Sorgen mehr um Geld zu machen. Du wirst mehr haben, all du brauchen wirst und du musst nicht mehr deine dir geliebte Person weiterhin belasten. Dir bleibt allerdings natürlich auch die Wahl. Ich will dich zu nichts zwingen. Ich will dich lediglich zu etwas bewegen, was dein ganzes Leben von Grund auf verändern wird. Die Entscheidung liegt bei dir. Ich erwarte deine Antwort. Liar" Ich weitete meine Augen. Zu viele Dinge schwirrten mir auf einmal durch den Kopf. Ich las noch einige Male die Mail komplett durch, bis ich dann realisiert habe, was da eigentlich stand. "Liar". Ich kenne diesen Namen. Er ist ein Mythos. Er ist ein Hacker. Und nicht irgendeiner. Vielleicht der Beste auf der ganzen Welt. Man sagt, es gäbe kein Sicherheitssystem in der Welt, welches er nicht überwinden könnte. Allein sein Name hat schon für zahlreiche Schlagzeilen gesorgt. Manche meinen, er würde ein Mitglied von "Anonymous" sein. Andere meinen wiederum behaupten, er hätte diese Bewegung sogar ins Leben gerufen. Es gibt sogar welche, die denken, dass er gar nicht existiert. Letztlich blieb das Rätsel rund um das Pseudonym "Liar" erhalten. Und jetzt sollte eben dieser ihn anschreiben? Er meinte, er weiß, wer ich bin... Ich atmete tief durch. Ob das nun wirklich "Liar" ist, oder jemand, der sich für diesen ausgibt, lässt sich nicht sagen. Das ist aber nicht das Entscheidende! Er weiß von der Unterstützung, die ich durch meinen Großvater bekomme. Dieser Bastard! Er konnte alles, was er braucht, um mich zu erpressen, in Erfahrung bringen. Zwar meinte er, dass er mir die Entscheidung lässt bei diesen seltsamen Projekt mitzumachen oder nicht. Doch es gibt keinen Grund für mich, ihn zu vertrauen. Obwohl...wenn er weiß, wer ich bin, hätte er mich längst den Behörden ausliefern können. Er müsste das nicht mal selbst tun. Er könnte meine Identität durch das Internet aufdecken. Und ich könnte nichts dagegen tun. Was wäre, wenn ich versuchen würde herauszufinden, wer er ist? Doch ich habe keinen Anhaltspunkt. Ich weiß noch nicht mal, ob er Japaner ist oder aus dem Ausland kommt. Einen Text in einer anderen Sprache zu verfassen, ist heutzutage nicht wirklich schwer. Während früher Übersetzungsprogramme noch sehr fehleranfällig waren, funktionieren sie mittlerweile fast perfekt. Ich hab angefangen mich im Kreis zu drehen. "VERDAMMT!", schrie ich. Mich würde eh keiner hören. Die beiden Wohnungen neben mir stehen leer. Und man konnte auch nicht erwarten, dass diese demnächst besetzt sein würden. Mietwohnungen sind in Tokyo sehr teuer. Meine Gedanken schweifen ab. Vielleicht ist das besser so. Einfach nicht daran denken. Doch ich muss antworten. Vielleicht sagt er die Wahrheit. Vielleicht mach ich mir unnötig Sorgen. "Argh! Es bringt nichts!", sprach ich mit mir selbst. Ich stand auf und nahm meine Schlüssel. Ich brauchte frische Luft. Vielleicht kam ich dann auf andere Gedanken. Ich zog mir meine schwarze Jacke drüber und ging raus. Ich kann mich nicht erinnern, wie ich hergekommen war. Meine Beine hatten mich wohl unbewusst her getragen. Der Asukayama-Park. Ich hab es schon mal erwähnt, oder? Ich kam immer hierher, um zu entspannen und auf andere Gedanken zu kommen. Gerade jetzt war es genau das, was ich brauchte. Der Park war menschenleer. Genauso wie die Kirschblütenbäume, welche nach wie vor so gut wie kahl waren. Im Gegensatz dazu standen meine Gedanken. Ich wusste nicht an was ich denken sollte. Das alles war viel zu viel. Ich spürte, wie etwas leichtes auf meinen Kopf fiel. Ich griff mit der rechten Hand danach. Es war ein Kirschblütenblatt. Erschrocken schaute ich nach oben. Das konnte doch gar nicht sein. Der Baum blühte doch noch nicht mal richtig. Man sah an einigen Stellen zwar Knospen, aber... Doch das Blatt hat mir geholfen. Mir ist jetzt klar, dass es nichts bringen wird, sich den Kopf so zu zerbrechen. Als ich damals mit meiner Leidenschaft anfing, schwor ich mir, dass selbst wenn ich geschnappt werde, ich es nicht bereuen werde. Sollte Liar tatsächlich wissen, wer ich bin und mich verraten, werde ich das akzeptieren müssen. Ehrlich gesagt, halte ich von seiner Idee, seinem "Projekt", wie er es nannte, nicht wirklich etwas. Er wollte die Welt verändern? Was für ein Schwachsinn. Die Welt verändert sich nicht. Zumindest nicht durch ein paar einfache Hacker. Ja, ich bin ein Hacker. Das ist mein großes Geheimnis. Meine Leidenschaft. Der Grund, weshalb ich vielleicht in Schwierigkeiten stecke. Es fing an mit ein paar leichten Streichen auf einigen Webseiten an, bis es etwas ausartete und ich eine neue Identität annahm. "Fox" nannte ich mich. Ich kam schon ein paar Mal ins Fernsehen, nachdem ich die Webseiten einiger großer Firmen verunstalte. Ich hinterließ stets ein Symbol zurück. Einen Fuchs, daher der Name. Ein Fuchs, welcher die Zunge herausstreckte der den Großkonzern-Besitzern ihre eigene Unfähigkeit demonstrieren sollte. Was ich erreichen wollte? Nichts. Es ist lediglich ein Zeitvertreib oder sollte ich sagen, es war? Ich blickte nochmal auf das Blütenblatt und schaute in den Himmel. Dann drehte ich mich um und ging zurück zu meiner Wohnung. Es wurde schon langsam dunkel. Wir hatten noch Winter und bei einem Blick auf die Uhr wurde das besonders deutlich: 18:22 Uhr. Als ich meine Wohnung betrat, überkam mich ein komisches Gefühl. Einen Augenblick mal..."Liar" hat doch herausgefunden, dass ich Fox bin. Er wusste aber auch von meinen Großvater...das heißt doch, er weiß, wo ich wohne! Ich schloss die Tür hinter mir und wollte schnell zu meinen Laptop... "Du bist also Fox, hm?" Erschrocken erblickte ich vor mir eine Person. Es war eine junge Frau. Sie hatte...pinke Haare. Sie trug eine schwarze Hose und eine schwarze ärmellose Jacke. Die Jacke war halb geöffnet. Sie trug eine ebenso schwarze dünne Bluse darunter. Der Kragen der Jacke war vorne rot. Ich öffnete meinen Mund, um etwas zu sagen, doch sie unterbrach mich: "Du fragst dich sicher, wer ich bin, oder? Ich komme wegen "Liar"." Meine Augen weiteten sich etwas. Das Ganze wurde immer verwirrender. Sagte sie gerade, "Liar"? "Er hat sich Sorgen gemacht, dass du ihn möglicherweise missverstehen könntest. "Liar" meint, dass was er dir geschrieben hat, wirklich ernst. Er hat nicht vor, dich zu irgendetwas zu zwingen. Doch er braucht dich. Eigentlich hat er mich hergeschickt, um zu verdeutlichen, dass er dich nicht erpressen will. Aber ich bin nicht nur deswegen hier." Ich spannte mich merklich an. Was hatte sie vor? Ich wusste nicht mal, wer sie war. Ich antwortete ihr: "Und was willst du? Mich zwingen mitzumachen? Oder mich kaltstellen, weil ich dich gesehen habe?" Das Mädchen blickte zu Boden. Hatte ich etwa recht? Allerdings sprach sie ruhig und leicht bedrückt: "Liar will die Welt verändern. Und ich glaube daran, dass er das schaffen kann. Nein, nicht er alleine. Wir können es schaffen. Wir brauchen deine Fähigkeiten! Wir brauchen dich." Sie schaute mir in die Augen. Ihre Augen. Sie waren Jade-Grün. Ich verlor mich in ihnen. Dann fragte sie mich: "Willst du deine Fähigkeiten einfach so verschwenden und vor dich weiter vegetieren? Lebe so weiter wie bisher oder hilf uns die Welt und auch dich zu verändern! Ich weiß, du kennst uns nicht und mich erst recht nicht." Sie machte eine Pause. "Menschen vertrauen nun einmal nicht einfach so Fremden. Doch ich bitte dich, mir dein Vertrauen zu schenken. Du wirst es nicht bereuen!" Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Vertrauen war und ist etwas mit dem man nicht spielen sollte. Es ist unbezahlbar. Und wenn einmal zerstört, nicht leicht wiederherzustellen. Dieses Mädchen verlangte von mir, ihr zu vertrauen. Das war unmöglich, doch... "Einverstanden", sagte ich. Das Mädchen schaute mich überrascht an. Ich sprach weiter: "Doch ich werde dir nicht einfach mein Vertrauen schenken. Das ist unmöglich. So etwas kann man sich nur erarbeiten. Doch ich gebe dir und auch diesen Liar eine Chance." Ich wunderte mich über meine eigenen Worte. Wie konnte ich bloß zustimmen? Doch es wurde mir schnell bewusst, warum. Das Mädchen interessierte mich. Ein Lächeln bildete sich auf dem Gesicht der jungen Frau. Dann erwiderte sie: "Kann ich dich bei deinen "echten Namen" nennen?" Ich sah sie verwirrt an und meinte: "Nur wenn ich deinen erfahren darf." Sie kam langsam auf mich zu. Mein Herz fing an schneller zu schlagen. Sie blieb neben mir stehen und flüsterte mir zu: "Man nennt mich "Flower". Mein echter Name ist Sakura Haruno. Du kannst mich Sakura nennen." Ich sah zu ihr, dann blickte ich auf den Boden und schloss die Augen, meine Hände in den Hosentaschen: "Dann nenne du mich doch bitte auch beim Vornamen, Sakura. Du wirst den sicher kennen, wenn du schon hier einbrechen konntest." Ich hörte wie Sakura, die Tür öffnete. Wie ein Flüstern im Wind, vernahm ich noch ihre letzten Worte, bevor sie verschwand: "Wir sehen uns wieder, Uzumaki Naruto..." Kapitel 1 Ende Kapitel 2: City of Lights - Lichterstadt ---------------------------------------- Kapitel 2: City of Lights - Lichterstadt "Man weiß erst, dass man ist, wenn man sich in anderen wiederfindet. Johann Wolfgang von Goethe 12.02.2022 - 19:22 Uhr - Tokyo - Shibuya - Harayuku - Yoyogi-Park Wie kann man unsere Welt wohl am ehesten beschreiben? Kompliziert, ungerecht und besonders eins nervtötend. Aber jetzt mal in Ernst. Unsere Welt ist an Komplexität eigentlich nicht zu überbieten. Auf der anderen Seiten besitzt sie aber wiederum dermaßen einfache Gesetze, dass man denken könnte, die Welt ist eigentlich recht einfach. In der Natur gibt es zum einen das Gesetz der Schwerkraft. Der Schwerkraft kann so gut wie kein Lebewesen auf der Welt trotzen. Selbst Vögel die dies versuchen, erreichen irgendwann ihre Grenze und müssen sich ausruhen. Sie geben sich ihr schließlich geschlagen. Ein weiteres Gesetz ist das sogenannte "Recht des Stärkeren". Viele verbinden damit immer etwas negatives, allerdings ist dieses Gesetz weder positiv noch negativ auszulegen. Es sagt lediglich aus, wie unsere Welt funktioniert. Das Gesetz ist so banal, das selbst ein kleines Kind versteht, was es bedeutet. Ein grobes Beispiel: Das Kind macht etwas, was es nicht tun soll. Die Eltern bestrafen es. Sie sind die Stärkeren. Das Kind weiß, dass es auf die Eltern hören soll. Ob nun bewusst oder unbewusst ist hierbei gar nicht mal so wichtig. Es erkennt, dass es scheinbar einen Fehler gemacht hat und lernt daraus. Das Wesen des Menschen baut darauf aus Fehlern zu lernen. Ob es die eigenen Fehler sind oder die, die ein anderer gemacht haben soll, ist ebenso nicht wichtig. Entscheidend ist, es nimmt es diese Fehler wahr, da gewisse Autoritäten, die Stärkeren, es einen weismachen wollen, dass dies offensichtlich Fehler sind. Doch das "Recht des Stärkeren" baut auf viele Dingen auf. Der Mensch ist das bestimmende Lebewesen auf diesen Planeten. Seine Stärke hat er durch sein durch Jahrhunderte gesammeltes Wissen und die Erfindungen, die er entwickelte, erhalten. Dies ist ein unbestreitbarer Fakt. Der Mensch mag die Naturgewalten nicht kontrollieren können, aber auch dies ist lediglich nur ein weiteres Zeichen vom Gesetz, dass sich das "Recht des Stärkeren nennt. Wieso sonst würde man die Natur als eine Gewalt bezeichnen? Und das macht unsere Welt einerseits ungerecht und andererseits so kompliziert. Die Komplexität kommt zu dem Zeitpunkt, wenn sich viele Faktoren zu einem vereinen. Und unsere Welt ist letztlich ein Ergebnis von vielen Faktoren. Doch der Mensch sticht in dieser Welt durch eine Fähigkeit heraus, wodurch sie manchmal gar nicht mehr ungerecht erscheinen kann. Und das ist genau das, worauf ich hinaus will und warum ich die Welt als nervtötend zu Beginn bezeichnet habe. Der menschliche Wille oder wie es einige auch nennen, die Fähigkeit zu entscheiden. Im Gegensatz zu Tieren sind wir in der Lage unterschiedliche Schlüsse aus unseren Erfahrungen zu ziehen und damit auch unterschiedliche Entscheidungen zu treffen. Hierbei ist erneut irrelevant, ob diese für uns von Vorteil oder Nachteil sind. Hier kommen wir auch zum nervenden Punkt für mich. Die schier unendliche Dummheit des Menschen. Sie geht vor allem aus dem Egoismus jedes Individuum hervor. Das eigene Leben ist für einen mehr wert als ein anderes. Ausnahme erscheint für Einige hierbei, das Leben von einige wenigen engen Vertrauten. Unter anderem kann man so das Leben eines nahen Verwandten zum Beispiel als wertvoller empfinden, als das Eigene oder dass eines jeden anderen Menschen. Doch warum sollte sich der eigentlich von der Geburt aus egoistische Mensch für andere aufopfern wollen? Ist es vielleicht der Glaube an gewisse Prinzipien oder der Glaube etwas bewirken und verändern zu können? So etwas wie einen Beschützer-Instinkt gibt es natürlich auch in der Tierwelt. Ob nun Eltern ihr Junges schützen oder ob wir uns opfern, um jemanden zu retten, erscheint im ersten Moment recht gleich. Aber der Unterschied ist hierbei, dass das Tier nicht weiß, dass es in den Tod rennt. Menschen können sich dafür entscheiden, dass ihr Leben mehr wert ist und ihr Kind auch bedenkenlos in diesen Beispiel opfern oder zurücklassen. Der ein oder andere mag dies vielleicht als grausam empfinden. Dennoch wird vielmehr der Unterschied mit dem Tier in diesen Beispiel klarer. Das Tier handelt instinktiv, während der Mensch zwar durchaus instinktiv handeln kann, sich aber auch dagegen entscheiden kann. Menschen neigen so auch oftmals zu Selbstmord. Kombiniert mit der eben genannten unendlichen Dummheit des Menschen haben wir somit das gefährlichste Lebewesen auf diesen Planeten erschaffen. Es führt widersprüchliche und vollkommen egoistische Kriege. Es stellt allgemeine Prinzipien für diese Welt auf. Und maßt sich anschließend an zu wissen, was gut und was schlecht ist. Was man auch davon halten mag, so funktioniert der Mensch. Er mag es gerne einfach. Von Gleichberechtigung zu reden, während am anderen Ende der Welt, reihenweise Menschen verhungern. Von Toleranz zu reden und andererseits wenn es ihm passt, andere Meinungen einfach als falsch oder unlogisch zu bezeichnen. Dies trifft natürlich nicht auf jeden Menschen zu. Doch ist es natürlich auch verständlich, da der Mensch von Natur aus es lieber einfach haben will und nur einen beschränkten Horizont wahrnehmen möchte. Die wenigen Menschen, die sich gegen diese Natur stellen, sind damit auch wohl die größten Egoisten. Allerdings glaube ich, wenn man einmal die Welt aus dieser Sicht gesehen hat, dass man gar nicht anders kann, als zu so Art Egoist zu werden. Vielleicht liege ich auch falsch und die wahren Egoisten sind dann doch eher die, die selbst wenn sie die Wahrheit wissen, trotzdem weiter still vor sich hin leben. Ich öffnete meine Augen. Ich lag auf einer Bank des Yoyogi-Parks. Die Sonne ging gerade unter. Ich setzte mich auf. Wie lang war ich schon hier? Eine Stunde? Oder 2? Ich sollte langsam gehen. Morgen habe ich wieder zu tun. Ich muss mein neues Programm bei so einer Firma vorstellen. Ich bin selbstständig. Es mag anfangs schwierig gewesen sein und meine Eltern waren auch dagegen gewesen. Sie meinten, ich könnte mit meinen Fähigkeiten doch bei einer großen Firma arbeiten. Immer die gleichen Aussagen. Letztlich lief es zwar auf etwas durchaus ähnliches hinaus, was mich ziemlich nervte. Aber wenigsten konnte ich mir meine Arbeitszeiten selbst aussuchen und entscheiden, was ich machen will und was nicht. Ich erhalte nämlich momentan Aufträge von diversen Firmen. Bei dem was morgen ansteht, sieht es zurzeit so aus. Eine Firma wollte, dass ich für sie eine bestimmte Software entwickel. Sie haben mir zwei Monate Zeit gegeben. Ich war schon nach einer Woche fertig. Mit den Aufträgen finanziere ich mir ein recht gutes Leben. Ich besitze eine Wohnung direkt hier in Shibuya dem Technik Bezirk Tokyos schlechthin. Man nennt insbesondere das Gebiet südwestlich des Bahnhof schon "Shibuya Bit Valley". Und meine Eltern sind auch zufrieden und nerven mich nicht mehr. Ohne dass ich es groß bemerkte, hatte ich den Park schon verlassen. Die Sonne war untergegangen und es war dunkel. Mein Weg führte mich in die Innenstadt. Schließlich stand ich an der Kreuzung vor dem Bahnhof von Shibuya. Diese Kreuzung ist weltbekannt. Hier mag sie mittlerweile etwas vollkommen normales sein. Im Ausland erscheint sie dafür umso ungewöhnlicher. Man nennt sie auch "Diagonalquere". Menschen können hier sowohl geradeaus als auch diagonal über die Straße gehen. Wie erwartet, ist sie auch dieses Mal überfüllt. Die Kreuzung steht für mich fast sinnbildlich für diese Welt. Die Menschen laufen hier kreuz und quer über die Straße. Alle haben sie ein Ziel. Und sie alle sind einzelne Zahnräder, die diese Welt hier am laufen halten. Wenn die Welt ein Ergebnis aus zahlreichen einzelnen Produkten ist, dann ist der Mensch in dieser Welt ein kleines Licht. Alleine kann er nicht viel schaffen, verbindet er sich aber mit allen Anderen, wird er stark. Diese Stadt ist damit wohl wirklich durch und durch eine Stadt der Lichter. Gerade will ich mich den Lichtern anschließen und über die Kreuzung gehen, als mein Handy in meiner Hosentasche vibriert. Ich hole es raus und möchte wissen, was los ist. Als ich auf das Display meines Smart-Phones schaue, erkenne ich, dass ich eine neue E-Mail bekommen habe. Der Betreff lautet: "Erkenne die Wahrheit". Unweigerlich muss ich schmunzeln und schüttelte meinen Kopf. Was für ein Schwachsinn. Ich möchte einen Schritt nach vorne gehen, doch dann erinnere ich mich daran, über was ich im Park eigentlich gegrübelt hatte. Jeder Schritt, jede Handlung führt unweigerlich zu einer Konsequenz, welche unabänderlich ist. Der Mensch besitzt die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen. Als Nara Shikamaru, zu diesen Zeitpunkt 24 Jahre alt, die Entscheidung traf diese E-Mail zu lesen, wusste er nicht in Entferntesten, was er dadurch auslösen würde. "Ich denke, ich nehme doch den Umweg." Ich drehte mich um und entfernte mich von der Kreuzung, nicht wissend, wohin mich mein Weg führen würde... Kapitel 2 Ende Kapitel 3: Better Life - Besseres Leben --------------------------------------- Kapitel 3: Better Life - Besseres Leben "Wie leben in einer beschissenen Welt, aber ich könnte mir keine bessere vorstellen." von Andreas Reissnauer 12.02.2022 - 20:34 Uhr - Tokyo - Shibuya - "Bit Valley" "Ich bin dann jetzt fertig!" Nachdem ich dies gesagt hatten, stand ich vom Stuhl auf und schaute in die Runde. Unterschiedliche Gesichter erblickten mich. Darunter der Chef der Abteilung, welcher auf mich zukam. Ein anerkennendes Lächeln zierte seine Lippen. Stundenlang hatte ich ein neues Sicherheitssystem in die Server dieser Firma integriert, getestet und noch verbessert. Das war mein Auftrag. Heute morgen hatte man mich kontaktiert und gemeint, man hätte einen Job für mich, der vielleicht etwas zu anspruchsvoll für nur eine Person wäre. Ich sollte sämtlichen Servern ein Sicherheitsupdate verpassen. Dieser Job kam für mich wie gerufen. Seit Wochen hatte ich keinen Auftrag mehr. Ich war tatsächlich sogar kurz davor alles an den Nagel zu hängen. Zu gut wusste ich aber auch, dass ich mir eine Veränderung in meinen Leben am Ende sowieso nicht getraut hätte. "Äußerst beeindruckend! Das was Sie hier geleistet haben, hätte ich wirklich nicht für möglich gehalten!", sprach der Abteilungsleiter weiter lächelnd. Ich entgegnete: "Nachdem ich nun persönlich jeden Server hier selbst getestet habe, kann ich sagen, sie sind sicher." Der nach wie vor begeistert lächelnde Mann zeigte mit seiner linken Hand auf seine Bürotür und meinte: "Kommen Sie erst einmal mit. Wir regeln dann mal die formellen Dinge." Ich folgte ihm langsam. Erst jetzt spürte ich die ganze Müdigkeit. Meine Arme und Beine wurden schwer und meine Augen wollten jetzt einfach nur noch eines: Sich schließen, um danach für eine lange Zeit sich nicht mehr zu öffnen und ihre wohlverdiente Ruhe zu erhalten. Doch wie der Abteilungsleiter gesagt hatte, zuerst kommen die Formalitäten. Ich bekam meine Bezahlung. In meiner Branche, wenn man sie denn so nennen darf, ist es nicht unüblich einen Check zu bekommen oder auch direkt bar ausgezahlt zu werden. Ich bin ein sogenannter freischaffender IT - Spezialist. Ich bin damit selbstständig. Wir befanden uns jetzt im Büro. Der Abteilungsleiter hieß Nishimura Yuuto. Sein Aussehen wirkte bereits wie das eines typischen Abteilungsleiters. Mitte 50, graue-schwarze Haare, einen altmodischen Anzug und eine Brille zum Gesamtpaket. Er muss wahrscheinlich jahrelang einfache Arbeiten erledigt haben. Mit etwas Glück und auch durch seine jahrelange Erfahrung wurde er dann befördert. Lange Zeit wollte ich genauso werden wie er. Nach meinen Studium bei einer IT-Firma starten. Wenn ich 30 Jahre alt sein würde, würde ich dann eine Familie gründen. Zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen und auch eine Frau, die weder sonderlich hübsch noch hässlich sein sollte, mir aber treu blieb und mich unterstützte. Dann ein Haus kaufen und ein Auto, welches nicht zu viel Sprit verbrauchte. Irgendwann dann befördert werden und eine Gehaltserhöhung bekommen. Mit dieser könnte ich dann das Studium meiner Kinder finanzieren. Als alter Mann aus dem Dienst ehrenvoll ausscheiden. Meine Abschiedsfeier würde nicht so pompös ausfallen. Doch in meiner Rede würde ich allen Menschen danken, die mich begleitet haben. Und dann würden meine Kinder schließlich heiraten und selber Kinder bekommen. Ich würde, während ich mit meiner Frau mich um meine Enkelkinder kümmere, mit ihr gemeinsam über die Regierung klagen und meinen Unmut zum Ausdruck bringen. Irgendwann kommt dann die Zeit in der nichts für uns beide los wäre und wir zur Ruhe kommen würden. Seite an Seite würden wir unsere letzten Tage miteinander verbringen. Und zurückschauen. Zurückschauen auf das gemeinsame Leben und was wir auf dieser Welt hinterlassen hatten. Nicht alles war schön, nicht alles war gut, doch wir hatten unseren Weg gemeinsam bestritten. Das Geld für unsere Beerdigung hätte ich schon angespart. Es würde ein Teil des Vermächtnis werden, welches ich meinen Kindern gebe. Meiner Tochter würde ich das Haus vermachen. Sie soll ein herzensguter Mensch werden und sich wenn es notwendig ist, um ihren Bruder kümmern. Meinen Sohn würde ich das Auto und alle anderen Gegenstände vermachen, die ich besaß. Früh hätte ich ihn auch für die Informatik begeistert. Das wäre einer meiner Träume gewesen. Doch genau wie ich würde er naiv sein und das Glück brauchen, eine Frau zu bekommen, so wie ich sie hatte. Und schließlich würde ich friedlich von dieser Welt gehen. Kein schlechter Traum. Ganz und gar nicht. Doch ich hatte auch einen anderen Traum. Nach der Universität nahm ich mir vor selbstständig zu werden. Vielleicht sogar meine eigene Firma gründen. Ich wollte groß raus kommen. Etwas vollbringen von dem die Welt noch einige Jahre sprechen würde. Die ersten Jahren waren schwer. Ich lebte größtenteils mit den Geld meiner Eltern. Als ich meinen ersten Auftrag bekam, war ich echt erleichtert gewesen. Oftmals hatte ich den Gedanken gehabt eine feste Stelle zu suchen. Doch die Wirtschaftskrise hatte das Land in schwere Depression gestürzt. Der Arbeitsmarkt war nicht sehr vielversprechend. Informatiker gab es mittlerweile wie Sand am Meer. Man braucht eine menge Glück, um bei einer großen Firma zu landen. Die kleineren Betriebe starben aus. Sie gingen in ihren Krediten unter und so gut wie keine Einziger schaffte den Durchbruch. Kredite, sie sind es, die einen alles nehmen. Irgendwann konnten meine Eltern mir kein Geld mehr schicken. Mein Vater hatte einen Schlaganfall bekommen. Er ging in Frührente und bekam gerade genug, um über die Runden zu kommen. Meine Mutter hatte jahrelang als Krankenschwester gearbeitet. Doch dann schloss man das Krankenhaus, indem sie arbeitete. Der Staat konnte es sich nicht mehr leisten. Und sie fand auch keine neue Stelle mehr. Das Geld, das sie bekam, war auch nicht sonderlich viel. Und ich wollte meine Eltern auch nicht länger belasten. Ich log sie an und meinte, dass ich eine Stelle bekommen hätte und sie sich keine Sorgen machen sollten. Und der Kredit von der Bank wuchs immer weiter an. Ich setzte mich hin. Erwartungsvoll wartete ich auf meinen Verdienst. Der Abteilungsleiter schrieb etwas auf einen Zettel. Es war ein Check, den ich also bekommen sollte. Dem Mann vor mir konnte man seine Müdigkeit erkennen. Zahlreiche Falten zierten sein Gesicht. Der Stress der letzten Jahre hatte ihn deutlich zugesetzt. Doch flößte seine ruhige und bedachte Stimme mir enormen Respekt ein. Er erhob seinen Kopf und reichte mir das Stück Papier. Ich versuchte zu lächeln, doch sein Lächeln war gänzlich verschwunden. Er wartete, dass ich mir den Zettel genauer ansah. Ohne etwas auch nur zu ahnen, nahm ich den Zettel entgegen und begutachtete ihn. Als ich sah, was darauf stand, weiteten sich meine Augen. "Das war nicht die Summe, die wir vereinbart hatten!", schoss es aus mir heraus. Der eben noch freundliche Mann sah mir kalt in die Augen und entgegnete: "Ich habe mit meinen Boss geredet und versucht ihn umzustimmen, doch ich konnte nicht mehr aus ihm herausholen. Die Betriebsausgaben sind äußerst hoch und deshalb können wir uns es nicht leisten Ihnen die anfangs genannte Summe auszuzahlen." Ich sah ihn ungläubig an und stammelte: "A-Aber...das können Sie...nicht machen.." Das Gesicht des Abteilungsleiters veränderte sich. Er war wütend. Er stand auf und schlug auf den Tisch und schrie mich an: "Ich habe sehr lange mit meinen Chef diskutiert, damit ich Ihnen, so viel es geht, geben kann! Und jetzt sind Sie auch noch unzufrieden?! Haben Sie denn keinen Anstand!?" Ich flüsterte fast nur: "Da-Das ist a-a-ber....nicht mal die Hälfte der vorherigen Summe.." Er schlug wieder auf den Tisch, voller Wut sah er mich an und meinte: "Wenn Sie das Geld nicht wollen, dann können Sie es auch zurückgeben!" Ich sagte daraufhin kein Wort und drehte mich um. Schweren Schrittes verließ ich das Büro. Wut hatte sich in mir aufgestaut. Doch mit ihr war es auch Verzweiflung. Mit dem Geld könnte ich nicht einmal die bald anstehenden Raten bezahlen. Und ich musste mich auch noch um die Miete meiner Wohnung kümmern. Ich stand schon 2 Monate in Verzug. Ich brauchte das Geld. Und eine Klage einreichen? Ich wusste zu gut, wie aussichtslos das war. So ein Prozess zog sich lange hin und kostete ungeheuer viel Geld. Geld, dass ich nicht besaß. Ohne es groß zu bemerken stand ich schon an der Kreuzung. Viele Menschen gingen über die Straße. Jeder besaß ein Ziel und jeder von ihnen strebte schlichtweg nach einem: Einen besseren Leben. Ich bin bedeutungslos. In dieser Masse gehe ich unter. Was will ich mit alldem erreichen? Ich sah selbst keine Zukunft in meiner Selbstständigkeit. Ich bin nicht dazu bestimmt der eine zu sein, der das Glück erhält und den Durchbruch schafft. Als jemand bedeutungsloses werde ich in die Geschichte eingehen. Nun so schwer war das auch gar nicht. Ich überquerte die Kreuzung. Die Kreuzung auf der alle durcheinander in alle Richtungen gingen. Jemand rempelte mich an. Nein, es waren zwei. Dann wurden es drei. Die Menschen achteten nicht auf ihre Umgebung. Einige telefonierten oder sahen einfach auf ihr Smartphone. Andere lachten und gingen zusammen mit jemand Anderen irgendwohin. Doch jeder hier lebte für sich selbst. Nun vielleicht noch für seine Familie und Freunde. Was hatte er? Einmal im Jahr schrieben mir meine Eltern eine Neujahrskarte. Sie hatten mir einiges an Geld mit der letzten Karte geschickt. Trotz dessen dass ich sie bat, mir nichts mehr zu schicken. Das Geld hatte ich längst verbraucht. Dann telefonierte ich alle paar Monate mit meiner Mutter. Ich hatte beide seit 2 Jahren nicht mehr gesehen. Ich kam am Bahnhof an. Dort stand schon die Chūō-Hauptlinie. In die musste ich einsteigen. Ich rannte und schaffte es geradeso herein. In meiner rechten Hand war meine Laptop-Tasche. Fast wäre diese noch in der Tür steckengeblieben. Ich atmete schwer. Körperlich gesehen war ich nicht die sportlichste Person. So ein kurzer Sprint konnte mir ganz schön zusetzen. Ich bin schon erbärmlich, nicht wahr? Meine Wohnung liegt in Nakano. Ich muss deshalb drei Haltestellen mit der Linie fahren. Doch ich möchte jetzt nicht nach Hause gehen. Ich werde erst einmal etwas essen. Und zu Hause in meiner kalten Wohnung hatte ich zurzeit wirklich keine Lust etwas zu essen. Ich ging deshalb in einen meiner Lieblingsläden. "Pizza Hut". Der Laden war in einen typischen japanischen Stile aufgebaut. Man ging durch einen Gang und setzte sich dann anschließend in eine der Kabinen. Die Privatsphäre wurde hier sehr geachtet. Das Beste an diesen Laden hier war aber, neben dem Essen und der Einrichtung, der kostenlose WLAN-Zugang für Kunden. Ich packte meinen Laptop raus und schaltete ihn erst einmal ein. Dann kam die Kellnerin und fragte, was ich denn gerne haben würde. Sie war sehr freundlich und ich war froh jetzt ein Lächeln zu sehen. Sie kannte mich. Ich war sehr oft hier. Manchmal fragte ich mich, ob ich sie ansprechen sollte. Doch ich traute mich nicht. Zu groß war die Angst vor Ablehnung. Und zu groß war auch die Angst nicht mehr als ein Stammeln herauszubekommen. Deswegen tat ich das, was ich immer tat. Ich hielt die Speisekarte vor mein Gesicht und bestellte unsicher etwas. Ich hörte sie kichern. Als ich aufsah, blickte ich ihr direkt ins Gesicht. Mein Herz schien kurz auszusetzen und ich bekam leichte Bauchschmerzen. Doch sie taten keineswegs weh. Dann meinte sie munter: "Komm sofort der Herr!" Es war ein ehrliches und aufrichtiges Lächeln, das sie mir gab. Ich atmete dennoch erleichtert aus, als sie ging. Das Ganze war mir äußerst unangenehm. Was sie wohl von mir dachte? Ich musste ganz schön bescheuert für sie herüberkommen. Dann allerdings blickte ich auf meinen Laptop. Ich ging auf unterschiedliche Seiten. Ich las einen Artikel über die PS5, die vor kurzem auf den Markt erschienen war. Ich selber konnte sie mir nicht leisten. Doch das war nicht mal so tragisch für mich. Mein Laptop reichte mir. Danach holte ich meine Kopfhörer heraus und sah mir einen Trailer eines kommenden Filmes an. Als das Video vorbei war, kam die Kellnerin wieder. Ich schaute nicht von meinem Laptop auf und tat so, als wäre ich beschäftigt. Sie legte das Tablett auf den Tisch und sagte: "Hier bitte sehr!" Ich mochte ihre Stimme. Sie war sanft, nicht unhöflich und doch zeugte sie von einer gewissen Stärke. Ich warf ihr einen schnellen Blick zu, nickte und flüsterte ein leises Danke. Sie hatte es wohl aber gehört und meinte: "Kein Problem!". Dann verschwand sie wieder. Als nächstes ging ich auf meine E-Mail. Zunächst fiel mir auf, dass mir niemand zurückgeschrieben hatte. Ich schrieb immer viele Bewerbungen, ob nun schriftlich oder auch per E-Mail. Doch nur einer von zehn antwortete. Und von denen sagte bisher niemals einer zu. Ich bekam nur sinnlose Werbung oder irgendwelche News von Seiten, die ich irgendwann mal abonniert hatte. Solche Dinge bereue ich am allermeisten. Meine E-Mail wurde nicht selten von nutzlosen Zeug zugemüllt. Doch was blieb mir jetzt anderes übrig, als all diese Sachen jetzt zu löschen? Ich las den jeweiligen Betreff der einzelnen Mails um sicher zugehen, dass ich keine wichtige Nachricht löschte. Dann nahm ich mir ein Stück der Peperoni-Pizza, die ich bestellt hatte und biss ein Stück ab. Dazu hatte ich ein einfaches Glas Wasser geholt. Ich beobachtete kurz die Eiswürfel im Wasser, ehe ich mir einen Schluck genehmigte. Nebenbei sah ich mir die Mails weiter durch. Ich wurde aufmerksam auf eine mit dem Betreff: "Möchtest du ein besseres Leben?" Deprimiert sah ich mir die E-Mail an. Typische Werbung. Irgendwelche Leute werden gezeigt, die über Nacht reich geworden sein sollen. Es wird darüber geschrieben, was man alles erreichen könnte und wie leicht das Leben eigentlich ist. Doch das Leben ist hart. Vergeblich suche ich nach Hoffnung und ich bin jemand, der eigentlich auch jeden Strohhalm ergreift, egal wie dünn er ist. Das hat sich heute wieder bestätigt. Der Auftrag war eigentlich unmöglich für eine einzige Person machbar. Ich nahm ihn trotzdem an, da ich nichts anderes hatte. Und meine Hoffnung wurde sogleich wieder enttäuscht. Das Geld, welches ich bekommen hätte, wäre genug gewesen, die Finanzhaie von der Bank eine Weile lang loszuwerden und auch die überfällige Miete zu bezahlen. Jetzt stehe ich vor dem nichts. Ich löschte die E-Mail, ohne einmal hineinzusehen. Ich hatte genug von leeren Versprechungen. Manchmal wünschte ich mir sogar den Tod. Doch ich bin feige, das weiß ich. Ich könnte nicht einfach alles hinschmeißen. Meine Eltern so sehr sogar nach meinen Tod zu belasten, das könnte ich nicht. Ich will nicht noch alles schlimmer machen, als es eh schon ist. Ein Schrei holte mich aus meinen Gedanken heraus. Die Kellnerin. Ich schaute um die Ecke. Das was ich sah, ließ eine enorme Wut in mir aufkommen. Ein alter Mann hielt sie an ihren Handgelenk fest und zerrte sie zu sich. Sie meinte verzweifelt: "Lassen Sie mich los!" Doch der Mann war scheinbar betrunken. Er hörte nicht auf sie und sagte mit einer widerlichen Stimme: "Nun hab dich doch nicht so! Du willst es doch auch!" Ich wollte aufstehen. Doch ich traute mich nicht. Mein Herz schrie danach, nicht länger zuzusehen und der Kellnerin zu helfen. Ich hasste mich für meine Feigheit. Sie sah zu mir rüber. Und ich sah ihre verzweifelten Augen und eine Träne, welche ihr übers Gesicht lief. Ich stand auf und ging schnellen Schrittes auf sie zu. Es war eine komische plötzliche Kraft in mir, die aufstieg, die all die Verzweiflung in mir hinfort fegte. Und ich packte mit aller Kraft das Handgelenk des Mannes. Er grunzte, sah zu mir hoch und fragte: "Was willste, eh?" Mit ruhiger Stimme sagte ich: "Lassen Sie sie los." Der Mann sah mich fragend an und hakte nach: "Was hast du gesagt?" Angst kam wieder in mir auf. Was tat ich hier eigentlich? Ich bin kein Held. Der Mann fragte erneut: "Ich hab gefragt, was hast du gesagt?" Ich zitterte und sagte dann: "Lassen..Sie sie los." Dann passierte etwas, was ich so nicht erwartet hatte. Er ließ tatsächlich los. Hatte er mich verstanden? War meine Stimme etwa zu ihm durchgedrungen? Ich schloss meine Augen kurz und atmete erleichtert aus. Als ich meine Augen allerdings wieder öffnete, bemerkte ich, dass der Mann aufgestanden war. Er überragte mich um einen Kopf. Sein Gesicht war mit Hass erfüllt. Ich sah nur noch, wie er ausholte und wie eine Faust mir immer näher kam. Ich schlug hart auf den Boden auf. Der Schmerz hatte mich betäubt. Meine ganze Welt drehte sich. Verschwommen nahm ich wahr, wie jemand mich durchschüttelte. Jemand saß mit den Knien auf den Boden. Die Person hatte sich über mich gebeugt. Langsam wurde mein Blick wieder klar. Es war die Kellnerin. Sie sah besorgt auf mich und fragte: "Ist alles in Ordnung mit ihnen? Können sie mich hören?" Ich richtete mich auf und sah ihr in die Augen. Dann sah ich mich um. Hinter ihr stand ein anderer Mann als eben. Ich saß auf den Boden des Ladens. Der Betrunkene war weg. Sie bemerkte offenbar, was in mir los war und erklärte: "Nachdem er Sie geschlagen hatte, ist er einfach gegangen." Der Mann hinter ihr reichte mir seine Hand. Ich nahm sie entgegen. Dann zog er mich auf die Beine und stellte sich vor: "Ich bin der Manager des Ladens. Sayoko hat mir erzählt, was passiert ist. Geht es Ihnen gut? Es tut mir wirklich leid, was hier geschehen ist." Ich war immer noch überrascht und sah den Mann verwundert an. Dann meldete sich die Kellnerin, die offensichtlich Sayoko ist hieß, wieder und verbeugte sich: "Danke sehr, Sie haben mir geholfen und wurden dann meinetwegen verletzt. Es tut mir wirklich sehr leid." Ich wusste nicht so richtig, was ich sagen sollte und stammelte wirres Zeug vor mich hin. Die beiden sahen mich ratlos an. Dann meinte ich mit etwas sicherer Stimme: "Das ist doch kein Problem. Solange es Ihnen gut geht." Der Manager schien erleichtert zu sein und meinte freundlich: "Das Essen geht aufs Haus. Ich werde die Polizei rufen, sollte der Mann wieder hierher kommen. Entschuldigen Sie nochmal für die Unannehmlichkeiten. Genießen Sie doch bitte Ihren restlichen Aufenthalt hier." Als ich wieder an meinem Tisch war, schaute ich zurück zu der Stelle, wo ich eben noch lag. Meine linke Wange schmerzte. Ich schmeckte Blut. Meine Zähne waren noch ganz. Ich trank etwas Wasser. Mein Laptop lag noch wie eben da. Ganz schön rücksichtslos meinen Laptop einfach so unbewacht hier liegen zu lassen. Doch das Adrenalin hatte mich wohl alles vergessen lassen. Ich musste schmunzeln. Wie lang war es her, dass mich jemand so kräftig geschlagen hatte? Ich dachte wieder an die Kellnerin. Sayoko, sie hatte einen schönen Namen. Sie war besorgt gewesen, als ich da auf den Boden lag. Sie war besorgt um jemanden wie mich. Ich konnte es selbst nicht glauben. Dann blickte ich wieder auf meinen Laptop. Wo war ich gewesen? Ich hatte meine E-Mails überprüft. Ich löschte noch die restlichen unbrauchbaren Mails. Dann ging ich auf das Verzeichnis "gelöschte E-Mails", um sie endgültig loszuwerden. Erneut sprang mir die E-Mail von vorhin ins Auge: "Möchtest du ein besseres Leben?" Meine Hand schien sich selbstständig zu machen. Ich drückte auf die E-Mail. Doch statt wie erwartet massenhaft Werbung zu sehen oder statt das sich mein Antiviren-Programm meldet, um mir zu sagen, dass sich ein Trojaner in meinen PC eingeschlichen hätte, erblicke ich eine scheinbar vollkommen normale E-Mail. Ich las mir den Inhalt durch. Was ich las, widersprach so vielen, an was ich bisher geglaubt hatte. Doch war es möglich? Ich las sie mir nochmal einmal durch. Sogar noch ein drittes Mal. "Liar" Ein neues Licht schien am Ende eines langes Tunnels. Hoffnung. Ohne groß zu überlegen schrieb Akimichi Choji seine Antwort auf diese Mail. Es mag schwer sein, einen Menschen der am Boden liegt, wieder Hoffnung zu geben. Doch manchmal reicht eine Hand, die ihm aufhilft und ein besorgter Blick, um diesen Menschen wieder an etwas glauben zu lassen... Kapitel 3 Ende Kapitel 4: Meeting - Treffen ---------------------------- Kapitel 4: Meeting - Treffen "Die größten Ereignisse – das sind nicht unsre lautesten, sondern unsere stillsten Stunden." von Friedrich Nietzsche 20.02.2022 - 19:22 Uhr - Tokyo Aus der Sicht von Fox: Ich stand in einen schwach beleuchteten Raum. Das Licht kam um genau zu sein von den PCs die hier rumstanden. Vor mir saßen 2 Typen, ungefähr in meinen Alter. Der eine war etwas breiter gebaut und hatte langes wuscheliges braunes Haar. Der Andere hatte schwarze Haare, die er zu einen Zopf nach hinten gebunden hatte. Der Blick des Letzteren hatte etwas kaltes und berechnendes an sich. Wollte er einen Eindruck von mir bekommen? Zumindest schien er sehr misstrauisch. Sakura, die die ganze Zeit neben mir stand, legte ihre Hand auf meine Schulter und sah mich an. Dann drehte sie sich zu den Anderen: "Also, das ist "Fox", wie ihr euch sicherlich schon gedacht habt! Er war das Letzte, der noch fehlte." Sakura wandte sich dann wieder zu mir und stellte mir die anderen vor, während sie jeweils auf die Person zeigte: "Der Braunhaarige mit der Chipstüte in der Hand ist "Chip". Er ist ein IT-Experte und wird hauptsächlich für unsere Sicherheit zuständig sein." "Chip" hob zum Gruß seine Hand und lächelte leicht. Sakura fuhr fort: "Der Andere ist "Hikari", er wird auf gewisse Weise unsere Datenbank. Seine Aufgabe ist es alle möglichen Informationen zu sammeln die Relevanten für uns zu filtern." Hikari sah mich argwöhnisch an und fragte Sakura: "Flower, nachdem wir uns nun ja einander vorgestellt haben, will ich dich doch ganz gerne etwas fragen. Du bist eine professionelle Trickbetrügerin und Einbrecherin. Wir sind offensichtlich alle Personen, die von Liar ausgewählt wurden. Liar hat für jeden von uns eine feste Aufgabe vorgesehen. Und du warst es, die uns letztlich hier her gebracht hat. Soweit richtig?" Sakura nickte zur Bestätigung. Hikari fokussierte Sakura eindringlich und setzte nach: "Doch wo ist unser Gastgeber, wo ist LIAR?" Dieser Hikari war auf jeden Fall wortgewandt. Er nannte Sakura mit ihren Decknamen, Flower. Ob er ihren echten Namen gar nicht kannte? Kennt Sakura überhaupt jeden Namen von uns? Ich weiß nicht, ob sie auch zu den Anderen gegangen ist, um sie von Liar zu überzeugen. Liar ist nicht da. Wo steckte ER? Oder SIE? Ob Sakura Liar schon mal begegnet ist? Meine Gedanken waren ein Strudel aus Fragen. Sakura antwortete Hikari: "Liar kann leider nicht persönlich kommen." Hikari stand auf. Er sah in die Runde und sagte: "Flower, als du mich hier her gebracht hast, sagtest du, dass Liar dich geschickt habe. Wie ich den Gesichtern der Anderen hier entnehmen kann, war es bei denen ähnlich. Du enthältst und Informationen vor. Ich bin nicht hier her gekommen, weil ich mich entschieden habe mit euch zu arbeiten, sondern weil mich die Neugierde wie auch bei den Anderen hierher brachte. Ich will hören, was Liar zu sagen hat. Ich glaube kaum, dass ernsthaft hier jemand hergekommen ist, in den Glauben er trifft hier Leute, mit denen er die Welt verändert. Flower, du schweigst. Willst du nichts dazu sagen? Kann es sein, dass du Liar bereits begegnet bist und ihn kennst?" Stille. Man hörte nur die leichten Geräusche, die von den PCs kamen. Hikari hatte wohl genau das ausgesprochen, was auch Chip und ich gedacht haben. Chip blickte gegen Boden. Wollte er nichts sagen? "Du hast recht, ich bin ihn schon einmal begegnet." Ich schaute überrascht zu Sakura. Hikari setzte sich wieder hin. Er wartete offensichtlich darauf, dass sie weiter redete: "Doch ich kenne ihn nicht. Ich bin ihn bisher nur einmal begegnet und das war auch das eine Mal, wo er mich von seiner Idee überzeugt hat. Er hat mir aufgetragen euch an diesen Tag hierher zu bringen. Ich habe keinen Kontakt zu ihm oder so etwas in der Art. Ich weiß nicht, wo er ist. Hikari seufzte: "Das heißt keiner von uns, weiß wo er ist oder ob er überhaupt hierher kommt. Das ist doch lächerlich." Auf einmal blitzte der Monitor von einen großes Bildschirm in der Ecke auf. Wir drehten uns alle überrascht dahin. Was passierte hier? Das Bild wurde langsam scharf und man sah eine Person. Sie war komplett schwarz gekleidet und trug eine Kapuze über dem Kopf, wodurch man das Gesicht nicht sehen konnte. Selbst an den Händen trug sie schwarze Handschuhe. Diese Person saß auf einen Stuhl. Vor ihr befand sich ein Tisch, auf welchen sie sich abstützte. "Ich bin Liar“, stellte sich der Vermummte vor. Hikari: "Was soll diese Show?" Liar: "Dies ist keineswegs eine Show. Ich werde mich euch noch früh genug persönlich zeigen, doch zuvor ziehe ich es vor, auf diese Weise mit euch zu reden." Liars Stimme klang verzehrt. Man konnte nicht sagen, ob es eine Frau oder ein Mann war. Ich sagte dann schließlich: "Wenn du uns nicht vertraust, weshalb dann das Ganze überhaupt?" Chip rührte sich nicht vom Fleck. Er war wie versteinert. Warum sagte er nichts? Liar: "Ich vertraue euch sehr wohl. Ich denke, ich kann eure Zweifel sehr wohl aus der Welt schaffen. Zunächst aber solltet ihr wissen, dass keiner von euch die wahre Identität des anderen kennt." Was hatte er gesagt? Doch Sakura wusste meinen Namen doch. Und sie hatte mir ihren auch verraten. War das bei den anderen nicht so? Wussten sie nichts davon? Hatte Liar dies bewusst gesagt, um uns beiden zu sagen, dass wir uns keine Sorgen machen müssen? Er will unsere Zweifel aus der Welt schaffen. Heißt das etwa...?! Liar: "Noch heute werdet ihr mich treffen. Ich habe diesen Ort nur gewählt um eure Entschlossenheit zu testen. Die Entschlossenheit an diesen Projekt mitzuarbeiten." Hikari: "Moment, ich habe noch nicht gesagt, dass ich mit dir, noch mit jemand anderen hier zusammenarbeite. Du hast uns nicht einmal gesagt, was du vorhast." Liar: "Genau deswegen werde ich euch meinen Plan jetzt erläutern. Hikari sagte daraufhin nichts. "Hikari", das wird bestimmt auch ein Deckname sein, genau so wie "Chip", wer heißt bitte denn so? Sakura hatte mich auch als "Fox" den anderen vorgestellt. So wie es aussieht, hat Liar tatsächlich darauf geachtet, dass unsere wahren Identitäten nicht heraus kommen. Doch was wusste ich schon über die anderen? Ich war ein bekannter Hacker. Sakura, wenn man es so nimmt, ist ebenfalls kriminell. Keiner von uns beiden würde die Identität des anderen verraten. Zumindest in der Annahme das Sakura mir ihren richtigen Namen verraten hat. Doch ich glaube, es ist ihr richtiger. Sie mag eine Trickbetrügerin sein, jedoch konnte ich mir aus irgendeinen Grund nicht vorstellen, weshalb sie mir einen falschen Namen gesagt hatte. Liar musste ihren Namen kennen. Er hatte sie geschickt, um mich von der ganzen Sache zu überzeugen. Es gab jedoch keinen ersichtlichen Grund mir ihren Namen zu verraten. Oder wollte sie damit etwa mein Vertrauen gewinnen? Ich hätte zumindest in Falle dessen sie würde meine Identität verraten, etwas gegen sie in der Hand. Liar stand von seinen Stuhl auf: "Ich kenne euch alle recht gut, besser als ihr euch selbst kennt. Ihr alle habt gegen diese ungerechte Welt resigniert und seht keinen Hoffnungsschimmer, wie man die Welt verändern könnte. Auch ich bin am verzweifeln. Ich bin kein Träumer. Doch ich habe eine Vision. Jeder von euch besitzt erstaunliche Fähigkeiten. Und ich bin davon überzeugt, dass ich mit eurer Hilfe...NEIN, das wir zusammen etwas bewegen können." Er machte eine Pause. "Wir leben in einer Zeit, in der die Angst vor Terror allgegenwärtig ist. In der Krieg, Hunger und Armut vollkommen normal geworden sind. Sicher wir Menschen in den "wohlhabenden" Ländern sind vom Krieg der in der Welt überall tobt zu großen Teilen verschont geblieben. Doch auch hier leben wir in unseren Leben in Lüge." War das Wut in Liars Stimme? "Während Politiker uns Lügen erzählen und dankend das Geld von den schmierigen Laufburschen großer Firmen annehmen. Und eben jede Firmen die Bevölkerung ausbluten lassen, sucht die Bevölkerung verzweifelt nach einer Perspektive. Die reichsten 1% der Weltbevölkerung verfügen über mehr als die restlichen 99% zusammen. Jedoch wird in Schulen und Universitäten entweder von unseren moralischen Werten geredet oder wie wir am besten das Wirtschaftswachstum erhöhen. Unsere Welt steuert auf einen Abgrund zu und jeder sieht es, verschließt aber lieber die Augen und hofft lediglich auf ein zufriedenes Leben für sich selbst!" Hikari erhob das Wort: "Und was erhoffst du dir durch uns? Alles was du sagst stimmt, doch wie gedenkst du diese Welt zu verändern. Die Sieger haben stets die Geschichte geschrieben und es waren auch stets die Sieger, die "gerecht" waren. Willst du einen Krieg gegen alle Mächte dieser Welt führen? Glaubst du, du kannst gewinnen? Ich frage dich nochmal, was erhoffst du dir mit alldem?" Es war ruhig. Ich zitterte. Das alles erschien mir plötzlich viel größer zu sein, als ich es mir jemals hätte vorstellen können. Wer war dieser Liar? In seinen Worten steckte eine so ungeheuerliche Stärke. Doch in dieser Stärke steckte etwas sehr gefährliches. Es war Hass. Chip blickte mit leicht geöffneten Mund zu Liar, Hikari merkte man auch die Anspannung an und selbst Sakura, die bis eben voller Selbstvertrauen strotzte, war leicht angespannt. Liar legte seine Hände auf den Tisch und beugte sich etwas vor. Er lächelte, man sah seine Zähne in der Dunkelheit seiner Kapuze. Ich hörte auf zu atmen und konnte erst wieder ausatmen, nachdem Liar zwei Worte flüsterte, welche maßgeblich entscheidend, für den Verlauf unseres weiteren Lebens waren. Sie rissen uns aus dem Traum und der LÜGE, in der wir lebten: "Die Wahrheit." Kapitel 4 Ende Kapitel 5: Impressions - Eindrücke ---------------------------------- Kapitel 5: Impressions - Eindrücke "Man muss nicht darauf sehen, woher die Dinge kommen, sondern wohin sie gehen." von Seneca 21.02.2022 - 02:16 Uhr - Tokyo Aus der Sicht von Flower: Ich fühlte mich müde. Seit 2 Tagen hatte ich schon nicht mehr geschlafen. Den Anderen sagte ich nur, dass ich kurz frische Luft schnappen müsste. Doch die Wahrheit war, ich wollte einfach nicht einschlafen. Liar, ich hab getan, du von mir verlangt hast. Der Rest lag an dir. Bisher hat er mich nicht enttäuscht. Doch es wird sich zeigen, ob es die richtige Entscheidung war ihn zu folgen. Ich denke, das was Liar besitzt, nennt man am ehesten Charisma. Seine Worte hatten vorhin eine unglaubliche Stärke. Seine Worte können die Menschen mitreißen. Eine Bewegung entsteht. Er hatte sie überzeugt und nun waren wir seinen; unseren gemeinsamen Ziel wieder etwas näher gekommen. Wir sind 5 Leute. Und bald sollten wir schon die Hoffnungspfeiler dieser Welt werden. Zumindest, wenn man Liars Worten Glauben schenken wollte. Die Balkontür hinter mir öffnete sich. Es war Fox. Nein, er hieß Naruto. Weshalb macht er mit? Seine Fähigkeiten sprechen klar für sich, aber wo wie ich das sehe, scheint er doch hierbei nicht aus wirklichen Eigenantrieb mitzumachen. Ging es um Geld? Er wirkte nicht so, als sei ihn so etwas wichtig. Fox: "Geht es dir wieder besser?" Ich sah ihn fragend an: "Ich hab doch gar nicht gesagt, dass es mir schlecht ginge." Er kam auf mich zu und stellte sich dann neben mich ans Geländer. Mit seinen Armen stützte er sich dann auf dieses ab: "Man sieht es dir an." Was war das? Dieses kurze Stechen in meiner Magengegend. Ein starker Wind kam auf. Narutos schwarze Jacke fing an leicht zu flattern. Unsere Haare wurden durch den Wind aufgewühlt. Seine Augen hatte er entspannt geschlossen. Wir sagten nichts. Wir genossen einfach den Moment. Nach einer Weile legte sich der Wind. Naruto streckte sich kurz und drehte sich dann zu mir: "Was ist? Sollen wir wieder reingehen?" Ich nickte ihn langsam zu. Aus der Sicht von Hikari: Wie konnte ich mich nur so leicht überreden lassen? Obwohl...so ganz stimmt das nicht. Ich hatte immer noch Misstrauen. Zweifel. Wenn das aber Erfolg hatte, was Liar plante, würde das schon bald die ganze Welt umfassen. Ein Sturm wird aufkommen. Wir warteten immer noch auf Liar. Er wollte persönlich herkommen. Wir würden danach zu einen anderen Ort gehen. Chip saß Gegenüber von mir. Er las ein Buch. Ich konnte nicht genau erkennen, was auf den Einband stand. Fox und Flower waren auf den Balkon gegangen. Zuerst ging Flower, die wohl frische Luft schnappen wollte. Fox ist ihr nach einiger Zeit mit ähnlichen Worten nachgegangen. Flower ist eine Einbrecher- und Trickbetrügerin. Sie erschien mir ein sehr geheimnisvoller Mensch zu sein. Chip ist wohl ein sehr zurückgezogener Mensch. Er redet wenig. Was war er noch gleich? "Ein IT-Experte". Ob er auch ein Hacker war wie Fox und Liar? Fox. Er wirkt mir sehr undurchschaubar. Wie gesagt, er war ein Hacker und dass ich schon einige Male von ihm mitbekommen habe, soll durchaus was heißen. Sowie ich das sehe, ist er viel gefährlicher als er zunächst vielleicht den Anschein macht. Gerissenheit, Vorsicht und Maskerade sind die Schlüssel für sicheren Erfolg. Schon als er hereinkam, erschien er mir seltsam. Er analysiert die Menschen in seiner Umgebung. Seine Beobachtungsgabe war seine wirkliche Waffe, nicht seine IT-Kenntnisse. Er war mir sehr ähnlich. Doch die Frage, die ich mir am meisten gerade stellte, war, wer war Liar? Was war er für eine Person? Die Wohnungstür öffnete sich. "Es ist also soweit", flüsterte ich mich mehr zu mir selbst, doch noch laut genug das Chip mich verstand. Im gleichen Moment kamen Fox und Flower zurück. Wir alle schauten auf den Neuankömmling. Er/Sie war genau so gekleidet wie vorhin, als wir ihn über Monitor sahen. Einigen wir uns zunächst auf er. Was er für ein Geschlecht hatte, spielte schließlich keine Rolle. Als er anfing zu sprechen, stellte sich bei mir alle Haare auf. Mit verzehrter Stimme meinte Liar: "Tut mit Leid, dass ich euch warten ließ, doch es war alles andere als leicht, alle Vorkehrungen zu treffen." Aus der Sicht von Fox: Das war er also. Seine Statur wirkte sehr unscheinbar. Es war schwierig eine Einschätzung zu geben. Und da er einerseits mit einen Stimmverzehrer sprach und andererseits sich vollkommen verhüllt hatte, sodass man sein Gesicht nicht sehen konnte, fiel das umso schwerer. Nachdem wir uns kurz begrüßt hatten, waren wir ihn gefolgt. Wir stiegen in einen schwarzen Kleinlaster. Er würde uns zum Zielort hinfahren. Hikari hatte ihn gefragt, ob er das mache, damit wir nicht wüssten, wohin wir hinfahren. Seine Antwort war allerdings: "Keineswegs, ihr werdet die Adresse, zu der wir hinfahren, nach unseren Weg über eine Mail bekommen. Wie gesagt, ich vertraue euch." Danach war es eine ganze Zeit still. Irgendwann versuchte Chip dann ein Gespräch. Er fragte zuerst Sakura: "Gibt es eigentlich eigentlich einen speziellen Grund, warum du dich Flower genannt hast?" Sie antwortete schlichtweg: "Das ist eine lange Geschichte." Damit war das Thema wohl für sie gegessen. Ich musste unweigerlich schmunzeln. So etwas wie Vertrauen entsteht eben nicht so schnell. Chip fragte danach mich. Ich antwortete ihm: "Ich glaube, das hat keinen tieferen Sinn. Seit ich ein kleines Kind war, mochte ich Füchse schon immer. So hat sich das eben mehr oder weniger ergeben." Danach sah ich zu Hikari: "Wie sieht es mit dir aus?" Warum spiele ich nicht etwas mit? Hikari schien kurz zu überlegen, was er sagen sollte. Bis er dann leicht sarkastisch meinte: "Ich mag eben Licht." Er drehte sich dann zu Chip: "Lass mich raten. Du heißt Chip , weil du Kartoffelchips magst. Bei der Menge, die du vorhin verdrückt hast...und dann noch weil der Begriff "Chip" auch Technik bezogen eine nette Referenz besitzt. Also?" Chip fing an verschmitzt zu lächeln und kratzte sich am Hinterkopf: "Du hast den Nagel wohl auf den Kopf getroffen. Hehe..." Hikari seufzte angestrengt. Flower meinte dann leise: "Spannendes Thema, Leute..." Ich musste leicht lachen. Ich wusste zu diesen Zeitpunkt nicht im Ansatz, wohin mich dieser Weg führen würde, aber die 3 erschienen mir schon damals sehr sympathisch. Aus der Sicht von Liar: Ich fuhr die Einfahrt rein. Wir waren am Ziel. Langsam hielt ich den Wagen. Ich hatte die kleinen Gespräche mitbekommen. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Man sagt zwar immer, der erste Eindruck ist. Doch ich finde, dass der erste Eindruck häufig trübt. Wir alle sind nur Menschen. Wir leben mit Vorurteilen, ob wir dabei unbewusst mit ihnen leben oder nicht, ist nicht entscheidend. Wichtig ist es allerdings offen auf seine Mitmenschen zuzugehen. Jedes noch so kleine Gespräch schafft eine Basis für spätere Interaktionen. Vertrauen ist eigentlich ein Fantasie-Konstrukt, wenn man so will. Aber es ist das, was uns menschlich macht. Wir sehnen uns nach Nähe. Wir sehnen uns nach Vertrauen. Ja, wir wollen nicht allein sein. Rationales Denken ermöglicht uns eine Logik hinter unseren Handeln und den Dingen in der Welt zu sehen. Aber die menschliche Psyche lässt sich nicht anhand von einige chemischen Reaktionen erklären. Sie ist einerseits viel komplexer, als wir denken, aber andererseits verfolgt sie ein einfaches Muster. Ich stieg aus den Wagen aus. Langsamen Schrittes ging ich hinter den Kleinlaster. Im Schutze der Dunkelheit würde niemand etwas mitbekommen. Als ich den hinteren Teil des Lasters öffnete, blickte ich in 4 müde Gesichter. Nein, das waren nur ihre Körper. Ihr Blick zeugte von etwas, das sich am ehesten mit dem Begriff "Verbissenheit" umschreiben ließ. Sie wollten wissen, wohin unser Weg führen würde. Es war eine komische Mischung an Gefühlen. Ein Blick der Entschlossenheit. Ein Blick des Misstrauens. Ein Blick der Vorfreude. Und ein Blick innerer Gelassenheit. Und bald wird sich zeigen, ob dieses Projekt Früchte tragen wird. Werden all unsere Bemühungen umsonst sein? Oder werden wir es schaffen, dass Rad der Welt zu drehen? Alles ist nur eine Frage der Zeit, so sagt man zumindest. Werden wir die Zeit nutzen können oder wird sie uns brechen? Wir werden sehen... Kapitel 5 Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)