Last Desire: Devious Desire von Sky- ================================================================================ Kapitel 4: Kleine (ungesunde) Marotten -------------------------------------- Das Erste, was Nabi spürte, als er wieder aufwachte, war Erschöpfung. Ihm war schwindelig und sein Kopf schmerzte ein wenig. Na super, dachte er und setzte sich auf. So blöd kann ich doch nicht wirklich sein, dass ich vom Dach falle und nicht mal den Sturz abbremse. Daran ist auch nur Samajim Schuld. Dieser blöde alte Mann… Nur wegen ihm bin ich so aus der Konzentration geraten. „Hey Nabi, wieder unter den Lebenden?“ Er blickte in zwei tiefblaue Augen, deren linke Iris von einem goldenen Ring eingerahmt war. Augen, die so blau wie das Meer waren und etwas Warmherziges und Verträumtes in sich bargen. Evas Augen. Als er sich umsah, erkannte er, dass er in seinem Bett lag und wieder im Pfarrhaus war. Dann musste Eva ihn also gefunden und seine Verletzungen zurückgesetzt haben. Na zum Glück war es nicht Samajim gewesen… Das wäre zu peinlich geworden. „Ja, alles in Ordnung. Sorry, wenn ich dir einen Schreck eingejagt habe. Ich bin etwas unachtsam gewesen, als ich das Dach repariert habe.“ Doch Eva ahnte schon etwas und sah ihn prüfend an. Etwas Aufgewecktes lag in ihren Augen und erinnerte sehr an den von Frederica. Seit die Finsternis aus ihrem Herzen verschwunden war, war auch diese Traurigkeit in ihrem Blick verschwunden. Stattdessen war dieses Warmherzige und Liebevolle wieder in ihre Augen zurückgekehrt. Sie legte eine Hand auf seine und sah ihn fest an. „Nabi, so ein Unfall ist doch untypisch für dich. Normalerweise passiert dir so etwas nicht. Irgendetwas beschäftigt dich doch, oder? Ich meine, du bist normalerweise nicht so ungeschickt. Außerdem sehe ich dir doch an, dass dir was auf dem Herzen liegt.“ Nabi stand auf und ging in die Küche. Bevor er nämlich zu erzählen begann, was los war, wollte er wenigstens einen Kaffee vorbereiten. Immerhin war Eva ja Gast. Als er sie fragte, winkte sie nur lächelnd ab und erklärte „Mach dir wegen mir keine Umstände“, aber er bestand darauf, woraufhin sie schließlich doch nachgab. Sie setzten sich ins Wohnzimmer und nachdem Nabi ihr den Kaffee serviert hatte, setzte er sich zu ihr und Eva wiederholte ihre Frage. „Also erzähl schon, Nabi. Was ist los mit dir?“ „Ach es ist nur so, dass…“ Er zögerte unsicher, aber Eva ermutigte ihn und so sprach der Sefira mit der androgynen Erscheinung weiter. „Du weißt ja, wie ich für Meister Samajim fühle. Und irgendwie hab ich das Gefühl, nicht mehr weiterzuwissen. Ich bin völlig verunsichert.“ „Und wieso bist du verunsichert?“ „Er hat mir angeboten, mich mit einer dieser Menschenfrauen zu verkuppeln, die in mich verliebt ist. Und irgendwie lässt mir das keine Ruhe. Vielleicht sind es ja nur seine üblichen Scherze und Sticheleien, aber vielleicht hat er ja was gemerkt, weil ich eventuell etwas ausgeplaudert habe, als ich betrunken war. Ich hab Angst, dass er weiß, dass ich in ihn verliebt bin.“ Eva nickte verständnisvoll und gab etwas Milch und Zucker in ihren Kaffee. Sie wusste, dass Samajim sein Spielchen mit Nabi trieb, allerdings hatte sie keine Ahnung, was sich ihr alter Freund und Mentor dabei dachte und wozu er das alles machte. Aber sie ahnte, dass er ein bestimmtes Ziel verfolgte. Sonst würde er das alles ja kaum machen. „Und wenn du einfach mal mit ihm redest und ihm deine Gefühle gestehst? Samajim wird dir doch nicht den Kopf abreißen. Für deine Gefühle kannst du ja nichts.“ Doch Nabi schüttelte nur den Kopf und senkte niedergeschlagen den Blick. „Ich kann das nicht und ich hab dir doch schon erklärt, wieso ich das nicht kann. Ich bin nur ein Diener, ein untergeordneter Sefira, der vom schlimmsten Feind der großen Alten erschaffen wurde. Meister Samajim hat mir das Leben gerettet und behandelt mich trotz unserer Zankereien gut und gibt mir das Gefühl, dass ich nicht irgendein austauschbarer Fußabtreter bin, so wie man es vielleicht von Miswa oder Rakshasa gewohnt ist. So wie ich erfahren habe, überleben deren Diener ja ohnehin nicht lang. Ich hab echtes Glück, dass Meister Samajim sich so gut um mich kümmert, da bin ich einfach nicht in der Position, um solche Gefühle für ihn zu hegen. Er lässt sich ja einiges von mir gefallen, aber… ich… ich habe Angst, dass ich endgültig die Grenze überschreite, wenn er von meinen Gefühlen erfährt und sich an unserem guten Verhältnis etwas ändern könnte. Wir reden sehr offen miteinander und wenn er erfährt, dass ich ihn liebe und er nicht dasselbe für mich fühlt, dann wird es noch in einer einzigen Katastrophe enden und das will ich auch nicht. Scheiße, warum nur musste ich mich ausgerechnet in ihn verlieben? Aber damals hab ich ja noch nicht gewusst, dass ich später zu seinem Diener werde.“ Eva nickte verständnisvoll und begann nun zu überlegen, was sie denn tun könnte. Für sie stand fest, dass Nabi definitiv Hilfe brauchte. „Nabi, so kann das doch nicht weitergehen. Ich kann doch auch nicht mit ansehen, wie du unter der Situation leidest. Wie wäre es, wenn ich mal mit Samajim spreche? Ich verspreche dir, dass ich dein Geheimnis für mich behalte und nichts sage. Ich werde ihn ganz unverfänglich fragen und klären, wieso er sich so merkwürdig verhält. Vielleicht kann ich da etwas mehr Klarheit in die Angelegenheit bringen.“ Nabi zögerte noch und war sich nicht sicher, ob das wirklich so eine gute Idee war. Schließlich aber gab er sich geschlagen und nickte. „Okay. Aber bitte sag Meister Samajim nichts von meinen Gefühlen, ja?“ „Das werde ich schon nicht“, konnte ihn die Weißhaarige beruhigen. „Keine Bange. Ich weiß schon, wie ich das mache.“ „Danke, Eva. Aber sag mal, wie geht es dir und den anderen eigentlich? Seit ihr alle abgereist seid, haben wir ja nicht mehr sonderlich viel von euch gehört.“ Bei dieser Frage konnte sich Eva ein amüsiertes Schmunzeln nicht verkneifen. Sie erzählte von Liams und Jeremiels gemeinsame Reise nach Japan und wie sie in einer mehr als ungünstigen Situation von L und Beyond erwischt wurden, die dieselbe heiße Quelle besucht hatten. Auch Nabi konnte sich das Lachen nicht verkneifen und wollte natürlich sofort wissen, was dann passiert war. „Naja, so wie ich erfahren habe, bleiben sie dennoch im selben Hotel. Allerdings gehen sie sich erst mal aus dem Weg. Nun, ansonsten gibt es nicht viel Neues. Dathan und Nastasja wollen sich wohl auch demnächst verloben und bei Jeremiel und Liam steht ja auch schon das Thema Hochzeit im Raum. Du glaubst nicht, wie überglücklich mein Bruder war, als Jeremiel ihn gefragt hat, ob sie heiraten wollen. Normalerweise ist Liam ja überhaupt nicht der emotionale Typ, aber da hatte er richtig Tränen in den Augen gehabt.“ Hier versuchte sich Nabi vorzustellen, wie Liam wohl in dem Zustand aussah. Aber das wollte ihm beim besten Willen nicht gelingen. Liam vergoss niemals Tränen, nicht mal beim Zwiebelschneiden. Da würde eher der Fall eintreten, dass Liam noch die Zwiebel zum Heulen bringt. Aber andererseits… Es war ja kein Geheimnis, dass Liam absolut fixiert auf Jeremiel war und ihn abgöttisch liebte. „Ich kann mir vorstellen, dass Delta die Hochzeit planen will, oder?“ „Das auf jeden Fall. Er ist mit vollem Eifer dabei und kann an nichts anderes mehr denken. Er ist ja der absolute leidenschaftliche Romantiker.“ „Stehst du mit deiner Familie eigentlich schon im Kontakt?“ „Ja. Ich komm ab und zu mal die anderen besuchen und leiste auch Frederica Gesellschaft, die ja momentan recht alleine ist, solange L und Beyond noch auf Reisen sind. Momentan unterstütze ich Rumiko zusammen mit Frederica mit den Kindern, aber ehrlich gesagt suche ich immer noch so ein bisschen. Ich hab irgendwie das Gefühl, als müsse ich noch nach dem Ort suchen, wo ich wirklich hingehöre und das ist nicht gerade einfach. Außerdem ist die Umgewöhnung an die neue Situation schwer für mich. Immerhin haben Liam und ich uns endlich ausgesprochen und ich muss keine Angst mehr um seine Sicherheit haben. Nachdem auch die Verschwörung restlos aufgeklärt wurde und die Drahtzieher allesamt verurteilt worden sind, wird es auch viele Begnadigungen geben. So wie es aussieht, wird auch mein Bruder begnadigt und Samajim muss ihn nicht mehr bewachen. Und auch die Asylanten werden bald nach Hause zurückkehren.“ „Naja, ein paar wollen noch bleiben. Nakash zum Beispiel.“ Eva stellte nun ihre Tasse ab, nachdem sie ihren Kaffee ausgetrunken hatte und mit einem prüfenden Blick betrachtete sie Nabi, so als versuche sie zu erkennen, was wohl in seinem Kopf vor sich ging. Und schließlich stellte sie auch die Frage, von er schon fast befürchtet hatte, dass sie sie stellen würde. „Und du? Würdest du auch gerne wieder nach Hause zurückkehren und frei sein?“ Unsicher zuckte er mit den Achseln und erklärte schließlich „Mein Zuhause ist bei Meister Samajim. Ich meine… ich hab sonst keinen Ort, wo ich hingehen kann. Ich war nie wirklich alleine, weil ich zuerst meinem alten Meister gedient habe und dann bin ich in Meister Samajims Diene getreten. Aber ich finde das nicht schlimm. Ich fühl mich wohl mit diesem Leben, aber irgendwie versteht das niemand, weil alle Asylanten sich nach der absoluten Freiheit sehnen.“ „Also ich kann dich gut verstehen, Nabi. Die einen fühlen sich wohl, wenn sie frei und unabhängig sind, die anderen fühlen sich wohl, wenn sie jemanden haben, der ihnen die Richtung vorgibt. So ungewöhnlich ist das nicht. Es zählt doch nur, dass du glücklich bist, aber… das scheint ja momentan nicht ganz der Fall zu sein, da du ja mit Samajim deine Schwierigkeiten hast. Sag mal, wo ist er denn eigentlich? Schläft er?“ „Nein, er ist in der Grundschule, um den Kindern was beizubringen. Aber… wenn ich so auf die Uhr sehe… dann ist er eigentlich bald wieder zurück. Am besten beeile ich mich schon mal mit dem Mittagessen, danach wasche ich die Wäsche und…“ Doch da unterbrach Eva ihn auch sogleich, indem sie eine Hand hob. „Warum teilen wir uns nicht die Arbeit? Dann geht es schneller. Du machst eben die Wäsche und ich koche was. Und wag es ja nicht, dieses Angebot abzulehnen. Immerhin schulde ich euch beiden so einiges für das, was ihr für mich und meine Familie getan habt.“ Da Eva in solchen Sachen eindeutig den längeren Atem hatte, willigte Nabi ein und ging mit dem Korb Schmutzwäsche nach unten. Als er nach dem Sortieren der Wäsche die erste Fuhre in die Maschine befördern wollte, hielt er eines von Samajims Hemden in den Händen. Tief sog er den Geruch ein, der an dem Stoff haftete. Der Geruch der Zigaretten, die Samajim ständig rauchte und des Aftershaves, das er benutzte. Wieder hörte er im Hinterkopf die Worte seines Freundes Nakash, als er ihm eher versehentlich hiervon erzählt hatte und wie dieser wie schon so oft gesagt hatte „Ach Nabi, das ist doch wirklich langsam traurig, was du da machst. Findest du nicht?“ Natürlich ist das traurig und vor allem erbärmlich. Ich mutier hier langsam zu einer hemdenschnüffelnden Obernanny, die sich morgens in der Dusche einen runterholt, weil sie weiß der Henker nach dem wievielten Sextraum mit einer Morgenlatte aufwachen musste. Super, mein Leben hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Jippieh… als wäre es nicht schon beschissen genug. Nabi wusste, dass das hier eigentlich doch echt erbärmlich war. Aber er konnte auch nicht anders. Sein Wunsch, Samajim nah zu sein und ihm zu zeigen, wie sehr er ihn liebte, würde für immer in unerreichbarer Ferne bleiben, so sah die Realität nun mal aus. Stattdessen würde es so weiterlaufen wie bisher und er konnte den letzten Rest seiner Selbstachtung endgültig begraben, die er sich noch hatte bewahren können. Eigentlich war es ein Wunder, dass er sich noch selbst im Spiegel ansehen konnte. Plötzlich riss ihn ein Klingeln in seiner Hosentasche aus seinen Gedanken. Anscheinend bekam er einen Anruf auf seinem Handy und als er auf das Display sah, erkannte er, dass es Nakash war. Was wollte der denn? Sofort ging Nabi ran. „Hey, was gibt’s?“ „Ich wollte mal hören, ob bei dir alles in Ordnung ist. Sag mal, was machst du gerade?“ „Na was wohl? Die Wäsche eben.“ „Oh, ich sehe schon was los ist… Nabi, jetzt mal im Ernst. Wie lange willst du diesen Unsinn noch machen? Wohin soll das noch ausarten? Als nächstes benutzt du noch heimlich seine Zahnbürste.“ Ein kurzes Schweigen herrschte und obwohl Nabi wusste, dass Nakash ihn übers Telefon nicht sehen konnte, senkte er dennoch beschämt den Blick und seufzte niedergeschlagen. „Ich weiß, ich bin das Letzte“, jammerte er und stellte die Waschmaschine an. „Und ich weiß doch selbst, dass das so nicht weitergehen kann.“ „Nicht weitergehen ist gut, Mann. Was willst du denn noch machen? Anfangen, seine Sachen zu horten, nur damit du wenigstens etwas von ihm für dich hast? Nabi, du sollest dir wenigstens ein kleines bisschen deiner Selbstachtung bewahren und mit diesem Blödsinn endlich aufhören. Hey, wieso kommst du nicht heute Abend wieder in der Bar vorbei und wir reden mal vernünftig miteinander? Vielleicht finden wir ja eine gemeinsame Lösung für dein Problem.“ „Das ist nett. Ich schau mal, wie viel ich heute noch zu tun kriege. Immerhin ist Eva auch noch zu Besuch. Ist sonst noch etwas, oder rufst du einfach nur so an?“ „Ich war nur besorgt. Auf einmal hatte ich da so ein Gefühl, als wäre was passiert und da hab ich mir Sorgen um dich gemacht.“ „Ach, das ist nichts Ernstes gewesen. Nur ein kleiner Unfall während der Dachreparatur.“ „Hat die alte Kalkleiste etwas schon wieder versucht, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen? Ernsthaft, so langsam hab ich das Gefühl, der Alte hat den Schuss nicht gehört…“ Nabi versprach, wieder in der Bar vorbeizuschauen und legte auf. Dass Nakash sich Sorgen machte, war ja schön und gut und dass das mit der Dusche oder dem Hemd eigentlich echt traurig war, wusste er. Er bekam es ja oft genug zu hören und er würde es ja auch selber gerne abstellen, aber das war nun mal nicht so einfach. Ständig hatte er Samajim um sich herum und dennoch blieb dieser einfach unerreichbar für ihn. Und solange sie aufeinanderhockten, würden auch diese ganzen Träume nicht weggehen und solange würde sein anderes Problem auch noch bestehen. Ach verdammt, dachte Nabi und hatte immer noch das Hemd in der Hand. Ich werde wohl den Rest meiner Tage damit verbringen, an seiner Wäsche zu riechen, mir gut jeden Morgen in der Dusche einen runterzuholen und dann auch noch heimlich seine Zahnbürste auszutauschen und dann an seiner alten herumzukauen. Mal ernsthaft. Wenn ich nicht sein Diener wäre und sowieso schon bei ihm wohnen würde, dann wäre ich mit Sicherheit ein durchgeknallter Stalker geworden. Inzwischen hatten Nabis Marotten ja ein Maß angenommen, welches man noch unmöglich als gesund bezeichnen konnte. Manchmal hob er sogar die Handtücher auf, die Samajim nach dem Duschen benutzt hatte und wenn sich nicht endlich etwas tat, dann würde es nicht mehr lange dauern, bis er sogar noch Samajims benutztes Besteck aufbewahrte. Wenn das nicht krank war, dann gute Nacht. Gut, dass Nakash solche Sachen für sich behielt, sonst würden sich die anderen Asylanten noch über ihn lustig machen. Immerhin besaßen die Sefirot und Seraphim genug Stolz und Würde, um nicht einmal an so etwas zu denken. Aber Nabi hatte das auch nicht abhalten können. Oh Mann, dachte er und seufzte. Ich muss echt Notstand haben, wenn ich hier solch abartige Dinge tue. Bei mir ist das ja schon fast zwanghaft, könnte man meinen. Offenbar hatte Nakash Recht: ich bin wie ein kleines Hündchen und selbst die haben mehr Selbstachtung… Die Liebe ist manchmal echt eine Bitch, da haben die Menschen mal ausnahmsweise Recht. „Hey Nabi, was machst du da?“ Als er Samajims Stimme hörte, erschrak er fast und bemerkte mit Entsetzen, dass er immer noch das Hemd in der Hand hielt. Scheiße, hoffentlich hat er mich jetzt nicht dabei erwischt, wie ich an seinen Hemden herumschnüffle. Da kann ich mir gleich das nächste Erdloch suchen, in das ich mich verkriechen kann. Doch zum Glück konnte er sich zusammenreißen und erklärte „Ich mach gerade die Wäsche. Wenn Eure Hemden fertig sind, hänge ich sie auf. Ähm… die Löcher im Dach sind auch repariert und Eva ist auch schon da. Sie hat sich die Freiheit genommen, etwas zu kochen. Und wie war es bei den Kindern?“ „Ach hör mir mit denen auf. Es ist mir ein Rätsel, wie Menschen nur so etwas freiwillig in die Welt setzen. Sie schreien, sie machen Chaos und ich wette mir dir, dass drei von denen nicht mal stubenrein waren. Die ganze Zeit haben sie mich mit Fragen genervt und ich durfte noch nicht mal rauchen. Furchtbar…“ Damit zündete sich Samajim sogleich eine Zigarette an, aber so wie Nabi ihn kannte, hatte er schon kurz davor bereits eine gehabt. Der androgyne Schwarzhaarige legte das Hemd weg und ging zusammen mit Samajim wieder hoch nach oben und sogleich hatte der Pfarrer auch schon einen Auftrag für ihn. „Sei so nett und bring das mal eben zur Post für mich. Das hab ich völlig vergessen.“ Damit drückte er ihm einen Umschlag in die Hand und sogleich machte sich Nabi auf den Weg. Samajim seinerseits ging in die Küche und begrüßte Eva mit einer freundschaftlichen Umarmung. „Du siehst gut aus, Eva. Das blühende Leben im Gegensatz zu vorher“, bemerkte er, als er sie so musterte. „Dankeschön. Mir geht es auch wirklich wunderbar und meiner Familie könnte es auch kaum besser gehen. Und wie steht es bei dir und Nabi?“ „Nun, ich bin immer noch mit meinem kleinen Spielchen dran, aber es wird wohl noch etwas dauern, bis ich ihn endlich soweit habe. Das Kerlchen ist hartnäckiger als gedacht.“ Eva schüttelte den Kopf, als sie das hörte und hatte nicht sonderlich viel Verständnis für Samajims Spielchen. Naja, für ihn war es auch ein Mittel, um die Langeweile zu vertreiben, die das Leben in der Menschenwelt so manchmal mit sich brachte. „Hast du überhaupt eine Ahnung, wie es Nabi momentan geht? Sag mal, was sollte das denn eigentlich mit deinem Vorschlag, dass du ihn mit einem dieser Mädchen verkuppeln willst? War das wieder nur eine deiner Sticheleien, oder willst du ihn unbedingt loswerden?“ „Er hat dir also sein Herz ausgeschüttet“, stellte Samajim fest und blies den Nikotinqualm aus. Ein listiges Lächeln spielte sich auf seine Lippen und wieder war sie zurück, diese erhabene und geheimnisvolle Aura, die Weisheit und Überlegenheit ausstrahlte. „Nun, ich wollte ihn ein wenig provozieren, aber so wie es scheint, muss ich mir vielleicht etwas Neues einfallen lassen, um ihn weichzukochen.“ Nun wandte sich Eva ihm zu und verschränkte die Arme. „Ist dir eigentlich klar, dass er so durcheinander ist, dass er bei der Dachreparatur hinuntergestürzt ist und es nicht einmal geschafft hat, seinen Sturz abzubremsen? Ich hab ihn bewusstlos und schwer verletzt auf dem Boden liegend vorgefunden und ich weiß ja nicht, was du dir da in deinem Kopf zusammenspinnst. Aber du solltest mal überdenken, ob das wirklich so in Ordnung ist, was du da machst. Wenn du andere als deine Spielfiguren benutzt, um deine Pläne auszuführen, dann bitte. Da stehe ich dir auch nicht im Weg. Aber dass du mit den Gefühlen anderer spielst, das geht zu weit.“ „Glaubst du etwa, ich weiß nicht schon längst, was ihm durch den Kopf geht und was er für Gefühle für mich hegt? Eva, inzwischen müsstest du mich gut genug kennen um zu wissen, dass ich so etwas recht schnell merke.“ „Wenn du weißt, dass er dich liebt, warum machst du diesen Blödsinn überhaupt? Erklär mir das mal. Wenn es etwas gibt, was ich überhaupt nicht leiden kann, dann ist es, wenn man mit der Liebe anderer spielt. Du weißt, dass ich da sehr empfindlich darauf reagiere und wenn du meinst, du könntest Nabis Gefühle dazu benutzen, um deine Langeweile zu vertreiben, dann werde ich ihm das auch sagen. Du weißt, ich halte als Freundin zu dir und vertraue dir auch, aber es gibt auch bei mir klare Grenzen.“ Eva wurde schon fast sauer deswegen, doch Samajim blieb wie immer die Ruhe selbst und schien sich nicht sonderlich um ihre Worte zu sorgen. Stattdessen behielt er sein überlegenes Lächeln und erklärte schließlich „Ziel meines Spiels ist es, Nabi dazu zu bringen, dass er mir seine Liebe gesteht.“ „Was?“ Nun war die weißhaarige Sefira erst mal sprachlos und konnte nicht so wirklich glauben, was ihr alter Freund und Mentor da sagte. Er wollte Nabi dazu bringen, ihm seine Gefühle zu gestehen? Dazu war diese ganze Scharade und diese ganzen Sticheleien da? Oh Mann, dachte Eva und schüttelte den Kopf. So etwas ist doch mal wieder typisch für Samajim. So etwas würde aber auch nur ihm einfallen. „Warum ist dir das so wichtig?“ „Na weil ich auch mal will, dass er über sich hinauswächst und über seinen Schatten springt. Und ich schupse ihn ein bisschen in die richtige Richtung. Es war nie mein Ziel gewesen, ihn mit einer dieser Menschenfrauen zu verkuppeln. Ich wollte ihn nur provozieren.“ „Das hast du ja toll hingekriegt. Stattdessen ist er jetzt so verunsichert, dass er gar nicht mehr weiß, was er noch tun soll.“ „Nun, dass er sich ernsthaft verletzt, war gewiss nicht von mir beabsichtigt. Aber ich wollte ihn ein bisschen provozieren, damit er endlich mal die Initiative ergreift, sich ein Herz fasst und mir seine Gefühle gesteht. Ich warte schon viel zu lange darauf.“ Eva beschloss für sich, lieber nicht weiter nachzufragen oder überhaupt zu verstehen, was sich Samajim davon versprach und wieso er unbedingt von Nabi ein Liebesgeständnis haben wollte. Aber wenn sie sich so anhörte, was ihr alter Mentor sagte, da begann sie nachdenklich zu werden. „Soll das heißen, du liebst ihn?“ „Ist das denn nicht offensichtlich?“ stellte Samajim sogleich als Gegenfrage und setzte sich an den Tisch, während Eva sich wieder auf die Arbeit am Herd konzentrierte. „Aber du sagst Nabi kein Wort von dem, was wir besprochen haben. Das bleibt unter uns.“ „Wie du meinst“, seufzte die Weißhaarige geschlagen und stellte nun die Töpfe auf den Tisch ab. „Aber hab ein bisschen mehr Rücksicht auf ihn. Und vielleicht solltest du mal deine Strategie ernsthaft überdenken.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)