Warum bist du es, der mein Herz berührt? von BloodyRubin ================================================================================ Kapitel 12: Nichts als Lügen ---------------------------- Bleiches Mondlicht durchflutete den Flur. Yukiteru ging trotzdem vorsichtig und achtete auf jede mögliche Bewegung. In einer Hand trug er eine Taschenlampe, die er in der Küche gefunden hatte. Immer, wenn er an einer Tür vorbeikam, öffnete er sie kurz und leuchtete in das entsprechende Zimmer. Die meisten waren so gut wie leer. Nur ab und an fanden sich ein paar Möbel. Der Braunhaarige zitterte wegen dem kühlen Wind, der ihm entgegenkam. Immer noch fragte er sich, was er hier zu finden hoffte. Falls es überhaupt etwas zum Finden gab. „Was für eine dämliche Idee.“ schimpfte er und verschränkte die Arme fest über der Brust, um sich etwas aufzuwärmen. Schließlich fand er eine Tür vor, die versperrt war. Neugierig geworden, rüttelte er leicht an der Klinke. Sie gab nicht nach. Probeweise versuchte er sein Glück bei der nächsten Tür, die sich mühelos öffnen ließ. Ein mulmiges Gefühl überkam ihn. Warum sollte Yuno nur diese eine Tür verriegeln? Ob sie dahinter etwas Wichtiges aufbewahrte? Es musste eine Möglichkeit geben, das Schloss zu öffnen. Bestimmt war der Schlüssel irgendwo in der Nähe. Lautlos huschte er wieder zum Schlafzimmer. In der Nähe der Wand befand sich ein Nachttisch, den er sofort untersuchte. In einer der Schubladen fand er tatsächlich ein Holzkästchen, in dem sich der Schlüssel befand. „Volltreffer.“ flüsterte er triumphierend und wollte gerade wieder in den Flur, als er auf eine lose Bodendiele trat, die sofort ein protestierendes Quietschen von sich gab. Der Braunhaarige zuckte zusammen und drehte den Kopf in Richtung Yuno. Sie lag immer noch da, mit dem Rücken zu ihm und atmete weiterhin ruhig und gleichmäßig. Anscheinend hatte sie ihn nicht gehört. Er atmete erleichtert auf und lief aus dem Schlafzimmer zurück zur verschlossenen Tür. Das mulmige Gefühl verstärkte sich und er zögerte. Sollte er das wirklich tun? Yuno würde ihm bestimmt nicht so einfach verzeihen, wenn sie herausfand, dass er in ihrem Haus herumgeschnüffelt hatte. Allerdings war er jetzt schon zu weit gegangen und die Tür hatte eine Art hypnotische Wirkung auf ihn. Mit einem Ruck rammte er den Schlüssel ins Schloss und hielt den Atem an, als er ein Klicken vernahm. Die Tür schwang nach innen auf. Dahinter war es stockdunkel und still. Yukiteru betrat den Raum und schloss die Tür. Mit der Taschenlampe leuchtete er in das Zimmer. Als das Licht auf die Wand fiel, erstarrte der Braunhaarige. „Das ist doch nicht wahr...das kann nicht wahr sein...“ hauchte er, als er seine Stimme wiedergefunden hatte. Die ganze Wand war voll mit Bildern in Form eines riesigen Herzens. Er trat näher und wurde blass. Jedes einzelne Foto zeigte ihn. Yuno musste ihn verfolgt haben. Aber wieso? Dann fiel ihm noch etwas auf. Nicht nur er, sondern auch Aru war auf einigen Bildern zu sehen. Jemand hatte ihm mit einer Schere das Gesicht herausgeschnitten. Unwillkürlich musste er an die Worte des Weißhaarigen denken. `Irgendetwas stört mich an ihr...Bitte sei vorsichtig...´ Hatte er doch Recht gehabt? War Yuno wirklich schuld an Arus Verschwinden? Nein, das konnte nicht sein. Es gab bestimmt eine Erklärung dafür. Yukiteru nahm eines der Fotos von der Wand und kehrte in den Flur zurück. Er verschloss die Tür und versuchte das Zittern, das jetzt nicht mehr vom Wind kam, zu unterdrücken. Lange blieb er einfach dort stehen, bis er merkte, dass die Dunkelheit begann, zu verblassen. Er musste den Schlüssel an seinen Platz bringen, bevor Yuno aufwachte. Das tat er auch, wobei er gleich überprüfte, ob Yuno immer noch schlief. Glücklicherweise hatte sie von seiner Erkundungstour nichts mitbekommen. Da an Schlaf nicht mehr zu denken war, zog Yukiteru sich an und verstaute das Bild in seiner Hosentasche. Als er damit fertig war, stellte er sich an das Fenster und beobachtete, wie allmählich die Sonne aufging. Erst zwei Arme, die sich von hinten um seinen Hals legten, rissen ihn aus seiner Starre. „Guten Morgen, Yukki. Du bist ja schon auf.“ „Ja, ich konnte nicht mehr schlafen.“ erwiderte Yukiteru schnell. „Ich gehe kurz duschen. Lauf mir ja nicht weg, es gibt bald Frühstück.“ Es konnte an dem liegen, was er gestern Nacht gesehen hatte, doch irgendwie hatten ihre Worte etwas Unheimliches. Vielleicht sollte er sie doch auf die Fotos ansprechen, doch etwas sagte ihm, dass das eine schlechte Idee war. Schließlich hatte er keine Ahnung, wie Yuno reagieren würde. Und es graute ihm jetzt schon davor, mit Kosaka und den anderen zu reden. Garantiert würden sie das Mädchen jetzt erst recht als Schuldige anprangern. Jedoch – so wirklich würde er es ihnen nicht verübeln können. Immerhin schien es, als hätte sie ihn getäuscht. Das verletzte ihn mehr, als er geahnt hatte. „Yukki? Yukki!“ Die Stimme ließ ihn zusammenzucken. Yuno stand vor ihm und lächelte auf ihre süße Weise, die ihn nie wirklich berührt hatte. Nun kam es ihm falsch und gespielt vor. Sie trug einen hellgrünen Kimono und hielt zwei Teller in den Händen. „Warum träumst du vor ich hin? Es gibt Essen.“ „Tut mir leid. Ich bin wohl doch nicht so wach, wie ich dachte.“ Um sie nicht auf falsche Gedanken zu bringen, lächelte er zurück und folgte ihr in die Küche. Nach dem Essen stand Yuno auf und fing an, abzuwaschen, als ein Klingeln die Stille durchbrach. Mit verwirrtem Blick zog das Mädchen ihr Handy aus der Tasche. „Ja, hallo? Ja...ja...ich bin unterwegs...ja, bis gleich.“ Ihr Gesicht bekam einen bedauernden Ausdruck. „Es tut mir leid, Yukki. Das war eine Freundin von mir, die gerade unter Liebeskummer leidet. Sie braucht jemanden zum Reden. Wärst du sehr böse auf mich, wenn ich zu ihr gehe?“ „Nein, ist schon in Ordnung. Danke für die Gastfreundschaft.“ Yuno errötete leicht, was unter anderen Umständen wunderschön ausgesehen hätte. „Du machst mich ganz verlegen. Das war doch kein Problem.“ Zusammen traten sie vor das Haus und Yuno beugte sich vor, um ihn zu küssen. Eine seltsame Panik überkam Yukiteru und er drehte leicht den Kopf, sodass sie statt dem Mund seine Wange erwischte. „Na los, geh schon. Du willst deine Freundin doch nicht warten lassen, oder?“ „Du hast Recht. Also dann, bis bald.“ „Bis bald.“ Er sah ihr nach, bis sie verschwunden war und beschloss dann, einen Spaziergang zu machen, um seine aufgewühlten Gefühle zu beruhigen. Leider funktionierte das nicht. Als es Zeit wurde, sich mit Kosaka und den anderen zu treffen, fühlte er sich kein bisschen besser. Mao, Hinata und Kosaka waren schon da, alle mit ernsten Mienen. „Da ist ja unser Schwerenöter.“ begrüßte Kosaka ihn grinsend, als er sich der Gruppe näherte. „Hör auf, ihn zu ärgern.“ sagte Mao, bevor Yukiteru antworten konnte. Mit sorgenvollem Blick musterte sie den Braunhaarigen. „Du siehst blass aus. Geht es dir gut?“ „Nicht wirklich. Habt ihr etwas herausgefunden?“ „Diese Schlägertypen haben die Nacht in der Spielhalle verbracht. Erst am frühen Morgen sind sie raus gekommen und mit dem Bus weggefahren. Wir haben sie dabei aus den Augen verloren.“ „Ich habe meinen Onkel besucht. Laut seinen Worten gibt es noch keine Hinweise auf Akises Aufenthaltsort. Sie wollen mehrere Suchtrupps zusammenstellen. Dann ist der Hauptkommissar aufgetaucht und hat mich aus dem Gebäude geworfen.“ „Ich war bei Yuno.“ begann Yukiteru zögernd, als Kosaka geendet hatte und zog das Bild, das er aus dem seltsamen Zimmer hatte, aus der Tasche. Die anderen sahen es an und ihre Mienen wurden noch ernster. „Woher hast du das?“ „Aus einem abgeschlossenen Raum. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.“ Er streckte die Hand aus, um das Foto wieder an sich zu nehmen. „Yukiteru, was hast du mit deiner Hand gemacht?“ fragte Hinata plötzlich. Verwirrt zog er die Hand zurück und nun fiel auch ihm die blaue Farbe auf seiner Haut auf. „Was ist das denn?“ „Hattest du das gestern auch?“ „Nein, das wäre mir aufgefallen. Das kann eigentlich nur...“ Er stockte und wieder stieg diese Panik in ihm auf. „Das kann eigentlich nur passiert sein, als ich gestern den Schlüssel genommen habe, um den Raum zu öffnen. Und das bedeutet...“ Erneut stockte er, diesmal länger. „Yuno weiß, dass ich die Bilder gesehen habe.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)