Mittelerde für Anfänger von Katherine_Pierce (oder Ein Zwerg kommt selten allein) ================================================================================ Kapitel 4: Unterwegs -------------------- Alsbald wurde das Abendessen serviert. Nun ja, mehr oder weniger. Im Prinzip bediente sich einfach jeder aus dem großen Kessel, in dem Bombur einen Eintopf gezaubert hatte. In Ermangelung von Essgeschirr erwies Bilbo sich als so freundlich Conny das seine zu überlassen. Zur Sicherheit hatte er ein zweites eingepackt. Man musste bei so einer Abenteuergeschichte schließlich auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Bilbo konnte man ja viel vorwerfen, nicht jedoch, dass er nicht gut organisiert gewesen wäre. Abgesehen davon, dass er sein Taschentuch vergessen hatte. Übrigens nahm der Hobbit es den Zwergen noch immer übel, dass sie nicht umgekehrt waren, um sein Taschentuch zu holen. Er hatte sich seitdem anderweitig behelfen müssen und schließlich war er in seiner Verzweiflung sogar so weit gegangen ein Stück Stoff aus einem seiner Wechselkleidungsstücke zu schneiden und dieses als Ersatz zu benutzen. Was die Zwerge ein Taschentuch nannten konnte man sich beileibe ja nicht an die Nase halten. Allein die Erinnerung an den schmierigen Fetzen, den Bofur ihm zugeworfen hatte, ließ Bilbo schaudern. Inzwischen hatte der Hobbit sich etwas an die befremdlichen Manieren der Zwerge gewöhnt. Er fragte sich allerdings, wie Conny wohl damit zurecht kommen würde. Die Blondine löffelte schweigend ihren Eintopf, wirkte mittlerweile aber schon wieder relativ fidel. Óin hatte ihr außerdem etwas gegen die Kopfschmerzen versprochen, jedoch darauf bestanden, dass sie zuerst etwas in den Magen bekam. Vernünftig, Conny wusste aus Erfahrung, dass Arzneimittel gern auf den Verdauungstrakt schlugen, wenn man diesen nicht gut genug gefüttert hatte. So manches Mal war ihr von einer Schmerztablette schon regelrecht schlecht geworden, weil sie sie auf nüchternen Magen genommen hatte. Eigentlich hätte sie daraus lernen müssen. Ja, eigentlich. Aber das mit dem Klug werden aus Schaden war so eine Sache. Nach dem Abendessen bereitete Óin tatsächlich einen Tee aus Weidenrinde zu und lieferte den Becher bei Conny ab. Dabei ermahnte er sie, dass sie alles trinken musste, damit es wirkte. Folgsam nickte die Blondine. Beim ersten Schluck verzog sie jedoch bereits das Gesicht. Pfui, schmeckte das grauenhaft! Einige der Zwerge hatten das mitbekommen und lachten nun darüber. Selbst Bilbo konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Medizin muss nicht gut schmecken, sie muss ihren Zweck tun!“, wurde Conny prompt von Óin belehrt. Er warf ihr einen mahnenden Blick zu, so dass sie es nicht wagte, das Trinken des Tees auf später zu verschieben. Zumal er kalt sicher noch widerlich schmecken würde als in heißem Zustand. Darauf bedacht sich zu allem Überfluss nicht auch die Zunge zu verbrennen, nippte Conny nur an dem Gebräu. Es war so schon schlimm genug. Schließlich aber hatte sie es geschafft, den Becher gänzlich zu leeren. Brav lieferte sie ihn bei Óin ab. So langsam ergriff Müdigkeit von ihr Besitz. Die Sonne war längst untergegangen. Ein munteres Feuer brannte und die Zwerge saßen darum herum. Alle hatten ihre Nachtlager ausgebreitet. Einige machten Anstalten, sich schlafen zu legen, während wiederum andere sich leise miteinander unterhielten. Da Conny keinen Schlafsack oder etwas Vergleichbares bei sich hatte, würde es wohl eine kalte, unbequeme Nacht werden. Keine Aussicht, die sie sonderlich begeisterte. Doch es ging nun einmal nicht anders. Seufzend suchte sie sich einen Platz am Feuer, so dass sie wenigstens so etwas Wärme abbekommen würde. Dabei achtete sie darauf, möglichst viel Abstand zwischen Thorin, Dwalin und sich zu haben. Die beiden Zwerge waren nach wie vor nicht gerade begeistert davon, dass sie ein Teil der Gesellschaft war. Zwar nur auf Zeit, doch das reichte schon, um ihnen die Laune zu verderben. Conny hatte Thorin seit dem ersten Hobbitfilm für eine Diva gehalten. Da machte er beinahe Thranduil Konkurrenz. Übrigens ein Gedanke, den sie wohl besser für sich behalten sollte, wenn sie nicht wollte, dass Thorin sie in Streifen schnitt. Obwohl nicht sonderlich weich, beschloss Conny, ihren Rucksack als Kopfkissen zu nutzen. Ihre Jacke musste eben als Decke dienen. Verhalten gähnte sie. Niemand achtete groß auf sie, trotzdem warf sie ein „Gute Nacht“ in die Runde. Dann legte sie sich hin, schloss die Augen und dämmerte nach geraumer Zeit tatsächlich ein. Am frühen Morgen fuhr sie aus dem Schlaf. Óins Tee drückte ordentlich auf ihre Blase. Unwillig murrend erhob Conny sich, schlich an den schlafenden Zwergen vorbei und zu ein paar Büschen. Dahinter verrichtete sie ihre Notdurft, um anschließend zurück in die Runde der Herren zu tappen. Es schien noch niemand wach zu sein. Auch gut. Der Tag brach ohnehin gerade erst an und sie nahm an, dass es noch mindestens eine halbe Stunde dauern würde bis sich im Lager etwas rührte. Das gab ihr Gelegenheit, über diese verrückte Situation nachzudenken. Da sie, Óin sei Dank, auch keinerlei Kopfschmerzen mehr hatte, gestaltete sich das gar nicht so schwierig. Um eine Halluzination zu sein fühlte sich alles zu real an. Auch einen Traum schloss Conny aus. Andererseits wollte sie nicht wirklich glauben, dass sie es, wie immer sie das angestellt haben mochte, in Mittelerde gelandet war. Das war schließlich fiktiv. Also musste es doch etwas mit Einbildung zu tun haben. Anders konnte es gar nicht sein. Oder doch? Frustriert, weil sie zu keinem Ergebnis kam, kickte Conny einen Stein weg. Dieser traf unglücklicherweise Dwalin am Kopf, der jedoch nicht aufwachte, sondern lediglich laut und ungehalten brummte wie ein Bär, den man in seinem Winterschlaf störte. Um die Zeit zu überbrücken bis die Herren Zwerge sich dazu herabließen aufzuwachen, holte Conny ihre Ausgabe der Kinder- und Hausmärchen der Gebrüder Grimm hervor. Nach kurzem Durchforsten des Inhaltsverzeichnisses entschied sie sich für Schneeweißchen und Rosenrot. Neben Marienkind war es ihr liebstes Märchen. Kaum hatte sie angefangen zu lesen, tauchte sie schon vollkommen ab in die vertraute Geschichte. So kam es, dass sie kaum mitbekam wie endlich Leben in die Zwerge, Bilbo und Gandalf kam. Erst als der Lärmpegel stetig zunahm wurde Conny sich der Anwesenheit der Anderen bewusst. Mehrere merkwürdige Blicke wurden ihr zugeworfen. Ori allerdings wirkte eher neugierig als befremdet. Bücher hatte er sehr gern, er war schließlich auch Chronist und arbeitete gewissenhaft an einem Bericht über die Unternehmung. Doch war er ebenfalls schüchtern, so dass er sich nicht traute, Conny zu fragen, was sie da las. Bofur allerdings kannte keine solche Scheu. „Buch weg, es gibt Frühstück.“, informierte er sie lautstark, so dass die Blondine zusammenzuckte, schreckhaft, wie sie nun einmal war. Hastig klappte sie das Buch zu und verstaute es wieder in ihrem Eastpak. „Komme schon.“, gab sie zurück. Damit erhob sie sich, sammelte das Essgeschirr auf, welches sie von Bilbo am Vorabend bekommen hatte und gesellte sich zu Bombur, der das Frühstück austeilte. Alsbald waren alle versorgt. Gefrässiges Schweigen herrschte. Nun ja, abgesehen von den Geräuschen, die essende Zwerge nun einmal von sich gaben. Conny verzog leicht das Gesicht, befand dann aber, dass es wohl am Klügsten wäre, das einfach auszublenden so gut sie es eben vermochte. Allzu lange hielten sie sich sowieso nicht damit auf. Immerhin hatten sie nicht ewig Zeit und konnten nicht herum trödeln wie es ihnen beliebte. Bisher wussten sie zwar noch nicht, dass sie den Berg bis zum Durinstag erreicht haben mussten, doch sie würden sicher bald dahinter kommen. Kaum dass der letzte mit dem Frühstück fertig war forderte Thorin sie bereits zum Aufbruch auf. In Ermangelung eines Nachtlagers oder sonstigem Krams war Conny als Erste fertig. Sie musste ja auch nur ihren Rucksack schleppen. Das genügte ihr aber schon. Früher oder später würde er ihr sicher zu schwer werden. Sie kannte sich doch. Wanderungen waren einfach nicht ihr Ding. Die Ponys schienen den Zwergen übrigens schon abhanden gekommen zu sein. Eigentlich bedauerlich. Als Kind hatte Conny Reitstunden genommen, so dass sie sich also im Sattel halten konnte. Gern hätte sie wieder einmal auf einem Pferderücken gesessen. So wie es aussah würde sie sich bis zu Beorns Hütte gedulden müssen. Falls ihre Halluzination, ihr Traum oder was immer es war so lange anhielt. Das konnte lustig werden. Natürlich hatte Conny kein gescheites Schuhwerk an. Mit Chucks durch Mittelerde. Sie konnte froh sein, wenn die Schuhe nicht in zwei Wochen komplett durchgelatscht waren. Dafür, dass Chucks so teuer waren, gingen sie erstaunlich schnell kaputt. Eigentlich eine ziemliche Frechheit, wie Conny fand. Das änderte an den Goldmarktpreisen für die Marke allerdings auch herzlich wenig. Während des Marsches hielt Conny sich mittig in der Gruppe auf. Kili, Fili, Bofur und Bilbo zeigten sich am zutraulichsten. Mit ihnen bestritt sie einen Großteil ihrer Unterhaltungen. Zwischendurch gesellte sich auch mal Balin dazu, der ein paar Fragen zu ihrer Heimat hatte und gern mehr wissen wollte. Das Problem war nur, dass Conny ihm irgendwie verklickern musste, dass es nicht nur ein großes Land mit mehreren Gebieten gab, sondern gleich fünf Kontinente. Dass die Erde ein Ball war und in einem Planetensystem ihren Platz hatte behielt sie vorerst für sich. Von Astronomie verstand die Blondine nicht besonders viel. Ihre Steckenpferde waren eben Literatur, Kultur, Kunst, Cineastik und dergleichen mehr. Außerdem hatte sie eine ungeheure Vorliebe für sämtliche Pokémon-Spiele, die für den Game Boy Advance SP oder den Nintendo DS konzipiert waren. Noch so ein Thema über das sie mit den Zwergen wohl kaum sprechen konnte. Obwohl sie zugeben musste, dass sie sich Kili und Fili gut als Zocker vorstellen konnte. Andererseits wirkten die beiden Tunichtgute sowieso so als würden sie so gut wie alles mal ausprobieren. Sie hatten schon etwas von Fred und George aus dem Harry Potter-Universum. Und ein paar Parallelen zu Merry und Pippin waren auch vorhanden. Bloß waren Kili und Fili Brüder und keine Vettern. Irgendwann kam das Gespräch auf ihre Familien zu sprechen. Dabei quetschten die Zwerge vor allem Conny über deren Verhältnisse aus. Schmunzelnd, aber auch etwas wehmütig erstattete sie Bericht. Erzählte von ihren Eltern, die inzwischen 25 Jahre miteinander verheiratet waren. Von der jüngeren Schwester und dem jüngeren Bruder. Die eine 22 und aktuell in Australien, wo sie Work and Travel machte, der andere 16 Jahre alt und im letzten Schuljahr mit einer anschließenden Lehre zum Klempner. Die es in Mittelerde natürlich nicht gab, weswegen Conny das Detail frecherweise unterschlug. Auch darüber, was sie den lieben, langen Tag so trieb wurde sie ausgefragt. Und so gab sie freimütig Auskunft über ihr Studium, beantwortete die neugierigen Fragen, denn Einiges war den Herren doch sehr unbekannt. Insgesamt musste Conny zugeben, dass es gar nicht so übel war, mit Thorin und Co unterwegs zu sein. Zumindest solange sie sich von Thorin und Dwalin fern hielt. Die beiden hatten sich wohl dazu verschworen, ihr zu misstrauen und sie scheiße zu finden. Das war zwar nicht gerade ideal, aber Conny hatte nicht wirklich mit etwas Anderem gerechnet. Immerhin brauchte Thorin auch ewig, um mit Bilbo warm zu werden. Und der hatte von Anfang an bei diesem Abenteuer dabei sein sollen wohingegen ihre Anwesenheit absolut ungeplant war und Thorin tierisch stinken musste. In Anbetracht dieser Tatsache kam sie vermutlich sogar noch glimpflich davon. Solange sie sich eben von ihm fern hielt. Was Dwalin anging, der war einfach generell bärbeißig. Vermutlich musste sie eine Million Orks abschlachten, um sich in seinen Augen als würdig zu erweisen. Was zum nächsten Problem führte: Conny konnte nicht kämpfen. Zugegeben, sie hatte mit 17 ein paar Monate lang Kampfsport betrieben, aber man konnte wohl kaum mit Tae-kwon-do gegen Orks antreten. Außer man war lebensmüde. Und das, das war sie definitiv nicht. Da sie sich nun mal in Mittelerde befand, ahnte sie, dass es nicht lange dauern würde bis sie zum ersten Mal auf Orks traf. Trotzdem hoffte sie, dass es nicht allzu bald war, damit sie sich zum einen nicht bis auf die Knochen blamierte und zum anderen nicht das Zeitliche segnete. Doch das Leben war kein Wunschkonzert. Eine Tatsache, derer Conny sich durchaus bewusst war, die sie dennoch gern mal verdrängte. In Mittelerde eine unglaublich miese Idee. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)