Über Erzengel von tenshi_vl ================================================================================ Kapitel 5: Das Schnabeltier --------------------------- Der mittlerweile sechsjährige Gabriel sass schmollend neben seinen drei älteren Brüdern. Sie alle waren vollkommen in ihre Arbeit vertieft und ignorierten den Jüngsten. Nachdem er ein paar Mal laut gestöhnt hatte ohne Aufmerksamkeit zu erregen, stand Gabriel auf und schlendert zu seinem grossen Bruder. Er begann damit, an Luzifers Robe zu zupfen, während er motzte: „Luci, Luci, Luuci, Luu~uuci! Ich bin gelangweilt, mach was.” Nach ein paar Minuten und mindestens zweihundertmaligem Zupfen, seufzt Luzifer und warf seinem Bruder einem wütenden Blick zu. Sobald er in die grossen, goldenen Augen sah, seufzt er resigniert und fragte: „Ja, um Himmels Willen, was willst?” „Ich bin gelangweilt. Was machst du da?“ „Wir erschaffen neue Spezien für die Erde, Gabriel“, erklärte Michael ohne von seiner Arbeit aufzusehen. Gabriel konnte nicht erkennen, an was er gerade herumbastelte. „An was arbeitest du denn, Luci?“ Der kleine Erzengel war immer fasziniert von der Arbeit seines grossen Bruders. Luzifer lächelte ein wenig, als er seinen kleinen Bruder ansah. „Wieso siehst du es dir nicht einfach selber an“, schlug der ältere vor. Er beugte sich hinab und zeigte dem kleinen Engel, woran er arbeitete. In seinen Händen lag eine kleine Ente. Gabriel war geradezu verzückt. Er hatte noch nie etwas Derartiges gesehen. „Es sieht nicht wirklich lebendig aus“, bemerkte Gabriel nach einer Weile. Luzifer lachte: „Natürlich sieht es nicht lebendig aus, das ist es ja auch nicht. Es ist nur ein Prototyp.“ Gabriel dachte für einen Moment nach und nickte dann langsam. Er stand schweigend da für ein paar Minuten und liess Luzifer wieder zu seiner Arbeit zurückkehren. Angestrengt dachte er für ein paar Momente nach. Nach fünf Minuten begann er wieder damit, an der Robe seines grossen Bruders zu zupfen. Luzifer brummte genervt, sah ihn noch einmal an und zischte: „Ja, was?“ Der junge Erzengel lächelte und fragte: „Ähm, kann ich auch eines machen?“ „Was? Nein, du bist ein Kind. Du kannst doch nicht einfach eine neue Spezies erschaffen“, verneinte Luzifer. „Wieso nicht? Ich kann das auch machen. Bitte?“ „Nein, du-“ Luzifer seufzte. Wann immer sein Bruder ihn mit seinen grossen Kulleraugen ansah, konnte er einfach nicht anders, als ihm seinen Wunsch zu erfüllen. Er gab nach: „Na schön, da hast du. Nimm den Lehm und tobt dich aus.“ „Juhu! Danke Luci!“, zwitscherte der Kleine, nahm den Lehm, den sein Bruder ihm reichte, an und rannte davon. ***** Ein paar Stunden später hatte Luzifer seinen neuen Tierprototypen fertig, als Michael sich zu ihm umwandte und beiläufig bemerkte: “Glaubst du nicht, dass es etwas leise ist? Wo ist dein kleines Anhängsel hin verschwunden?” Luzifer sprang sofort auf. Er hatte ihn völlig vergessen. „Mist, Mist, Mist, MIST! Ich habe ihn total vergessen. Wo ist er hingegangen?! Gabriel?!“, rief Luzifer, der langsam hysterisch wurde. Raphael musste sein Grinsen verstecken, während Michael den anderen besorgt mutierte. Luzifer flog los, während er den Namen des anderen immer wieder laut rief. Es dauerte nicht mehr als zwei Minuten um den Kleinen zu finden. Gabriel sass unter einem Baum, mit Erden bedeckt und hielt etwas Unförmiges in den kleinen Händen. Er schien völlig in seinen Gedanken versunken zu sein. „Gabriel, da bist du ja“, erklärte der ältere Erzengel erleichtert. Gabriels Kopf schoss hoch. Luci!“, zwitscherte der Kleine, als er seinen Bruder erkannte. „Schau mal, was ich gemacht habe!“ Stolz streckte er seine Arme aus um die Lehmfigur darin zu offenbaren. Es schien den Körper und Schwanz eines Bibers zu haben, doch sein Schnabel war der einer Ente. Luzifer kratzt sich etwas am Nacken und versuchte zu lächeln, als er sich erkundigte: „Gabe, was ist das?“ „Es Ähm… Naja, ich hab nicht keinen Namen. Aber es ist die Spezies, die ich erschaffen habe! Ich habe sie ganz alleine gemacht. Naja, deines hat mich auf die Idee gebracht“, gab er zu. Sein stolzes Lächeln verschwand langsam und er sah traurig zu seinem Bruder auf. „Du magst es nicht, oder?“ Luzifer Magen zog sich zusammen. Er lächelte zu seinem kleinen Bruder hinab. „Natürlich mag ich es! Es ist das erste, was du selber gemacht hast. Ich bin mir sicher, dass Vater es auch auf der Erde erlauben wird.“ Bei diesen Worten strahlte Gabriel vor Stolz. „Glaubst du das wirklich?“ „Natürlich.” Luzifer strubelte durch die Haare seines kleinen Bruders. „Aber es braucht noch einen Namen.“ Hm… Ich mag den Sch-Laut, also irgendwas mit Sch… Vielleicht Schnabeltier, schliesslich hat es ja einen Schnabel!“ Der kleine Erzengel kicherte amüsiert. Er hatte wirklich Freude an seiner eigenen Schöpfung und hörte nicht auf dessen Namen wieder und wieder zu sagen. „Schnabeltier”, seufzt Luzifer, “Klar, das passt zu dem Ding. Komm, wir zeigen es Vater.“ Gabriel kletterte in Luzifers Arme, wobei er immer noch sein Schnabeltier festhielt und Luzifer flog los. Es dauerte nicht mehr als zehn Minuten bis sie bei ihrem Vater ankamen. „Luzifer liess seinen kleinen Bruder runter und wollte eintreten, als ihm auffiel, dass sein Bruder ihm nicht folgte. Luzifer wandte sich um und fragte sich, was mit seinem Bruder jetzt nicht stimmen könnte. „Gabe, was ist denn los?“ “E- Es ist nur…”, stammelte der Kleine unsicher. „Du wirst bei mir bleiben, nicht? Du wirst mich nicht allein lassen, oder?“ Luzifer lächelte sanft und kniete sich zu seinem kleinen Bruder hin. Er sah in Gabriels Augen und beruhigte ihn: “Nein, keine Angst, ich werde mitkommen. Aber du hast doch nicht etwa Angst vor Vater, oder?“ “Nein… Vielleicht ein bisschen? Was, wenn er mich auslacht? Oder wenn er mein Schnabeltier nicht mag?“ “Hey, du weisst doch genau, wie nett Vater ist. Er würde dich nie auslachen. „Ich bin sicher, dass er dein Schnabeltier lieben wird“, versuchte Luzifer Gabriel aufzubauen. Der kleine Erzengel schluckte einmal, nahm die Hand seines grossen Bruders und betrat dann seines Vaters Raum. Gott sah auf um die angenehme Überraschung zu bemerken. „Luzifer, und auch der kleine Gabriel! Meine geliebten Söhne, kommt herein. Was habe ich diesen Zwischenfall zu verdanken?” Luzifer blickte zu seinem Bruder hinab und lächelte ihn Aufmunterung an. Langsam aber stetig ging Gabriel auf seinen Vater zu. Er zeigte ihm sein Schnabeltier unsicher. Gotts ah hinab und lächelte. „Nana, was haben wir denn da?” „Gabriel hat es selbst gemacht“, erklärte Luzifer, als sein kleiner Bruder nicht selbstständig sprach. “Wirklich? Du hast ganz alleine eine eigene Spezies geschaffen? Du bist doch erst sechs, Gabriel. Das ist wirklich unglaublich. Ich bin stolz auf dich.“ Gabriel strahlte stolz bei den Worten seines Vaters und sein Lächeln wuchs übers ganze Gesicht, als sein Vater durch die goldenen Locken seines Sohnes strich. „Also, was ist es?“, wollte Gott dann wissen. “Schnabeltier”, quiekte Gabriel ohne wirklich darüber nachzudenken. „Können wir es behalten?” Er sah seinen Vater mit seinen riesigen, goldenen Augen an. Luzifer betrachtete seinen Vater sorgfältig, unsicher ob er nun das kleine Herz seines Schützlings brechen würde oder nicht. Gott allerdings lächelte nur, hob das Schnabeltier hoch und belebte es, während er verkündete: „Ja, natürlich werden wir es behalten. Es ist ein Meisterwerk, mein Sohn. Wir werden es einfach nach Australien legen, genauso wie die anderen –Ähm- Dinge.“ Gabriel kicherte vergnügt und kuschelte sich an die grossen Beine seines Vaters. Luzifer ging zu ihnen hinüber und hob seinen kleinen Bruder hoch. Gott streichelte über Kopf und Flügel des kleinen Erzengels, bevor er die beiden verabschiedete: „Kommt und besucht mich, wann immer ihr wollt. Ihr seid immer willkommen, meine Söhne.” Er sah kurz zu Luzifer, der seinen grossherzigen Vater dankbar anlächelte, ehe er mit seinem kleinen Bruder davonflog. “Also, Vater ist immer nett und er will mein Schnabeltier behalten! Juhu!”, zwitscherte der Kleine fröhlich, als sie in Richtung ihres Nests flogen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)