Last Desire 12 von Sky- ================================================================================ Kapitel 1: Beziehungskrise -------------------------- „Wir sind alle bloß winzige Fragmente der Ewigkeit. Aus diesem Grund sind wir unvollkommen, weil wir nämlich unvollständig sind. Durch den Tod werden wir ein Ganzes und damit eins mit der Ewigkeit. Die Sefirot, die Entitäten und die Seraphim vereinen beides in sich: Leben und Tod. Ewigkeit und Vergänglichkeit. Das macht sie zu Kindern der Ewigkeit. Was sind wir einfachen Menschen denn schon? Nichts Weiteres als ein winziges Staubkörnchen in einem uns unendlich weit erscheinenden Universum, welches wir niemals ganz erfassen und verstehen werden. Kleine erbärmliche Insekten mit einem dummen und bedeutungslosen Leben, das niemals Einfluss auf den Kreislauf des Universums ausüben wird. Was ist denn schon unser Leben im Vergleich zu dem, was weit hinter den Grenzen unseres Begreifens liegt? Gar nichts… Wir sind unbedeutend, klein und vergänglich. Selbst wenn wir nicht mehr existieren sollten, wird sich die Welt weiterdrehen, als wäre es nie anders gewesen. Also wäre es doch nicht länger von Bedeutung, wenn wir leben würden oder nicht. Wir sind nichts Göttliches oder Allmächtiges, nein! Wir sind nur vergängliche dumme Kreaturen, die niemals das wahre Göttliche verstehen werden. Was also ist dann unsere Existenzberechtigung in dieser Welt? Ganz einfach: es gibt sie nicht. Wir sind nicht dazu bestimmt, noch weiter zu existieren. Es ist unser unvermeidliches Schicksal, zugrunde zu gehen und zu sterben. Und mit uns wird unsere Zivilisation, die wir uns in all den Jahren, Jahrhunderten und Jahrtausenden aufgebaut haben, für immer zerfallen und zu Staub werden, als hätte sie nie existiert. Wie konnten wir uns auch jemals anmaßen zu glauben, wir seien Götter? Wir sind es nicht und wir werden es auch nie sein. Wir werden für immer die Goldfische im Glas bleiben, die in ihrer kleinen beschränkten Welt leben und die Welt außerhalb dieses Glases niemals erreichen werden. Im Großen und Ganzen ist unser Leben also eine reine Sinnlosigkeit und deshalb gibt es keinen Grund mehr für uns, noch einen Tag weiterzuleben.“ Nachdenklich hatte L die Notiz gelesen, die Beyond in der Tasche der toten Samsara gefunden hatte und die an einer Schreibmaschine geschrieben worden war. Zeilen der Verzweiflung und Hilflosigkeit. Da sie nicht zulassen wollten, dass der Körper der Toten für Experimente weitergenutzt wurde, hatten sie ihn daraufhin in einem Krematorium verbrannt, nachdem Beyond einiges regeln konnte und ein paar Leute bestochen hatte. Sie einfach zu vergraben war ausgeschlossen und in Säure aufzulösen, so wie es der Serienmörder anfangs vorgeschlagen hatte, war ein wenig pietätlos. Immerhin war Samsara ja auch nur ein Opfer gewesen und hatte das alles nicht gewollt. Bevor ihre sterblichen Überreste verbrannt wurden, nahm Nastasja ihren Rosenkranz und sprach ein Gebet für die Verstorbene und bat um Erlösung für diese gequälte Seele und selbst Simrah schloss sie in ihr Gebet mit ein. Sie war die Einzige, die betete, denn keiner von den anderen besaß den Glauben dafür. Schließlich, als Samsara verbrannt und ihre Asche bestattet worden war, waren sie nach Hause zurückgekehrt und hatten viel miteinander gesprochen. Die Stimmung war ein wenig gedämpft und während Ezra nicht von Elions Seite wich, der immer noch nicht bei Bewusstsein war, kümmerte sich Frederica um Liam, der so langsam wieder aufwachte und selbst nicht so wirklich glauben konnte, dass er noch derselbe war. Dennoch war er noch ein klein wenig angeschlagen nach der ganzen Aktion. Eva hingegen gab kein einziges Lebenszeichen von sich und daraufhin hatte Nastasja sie untersucht und festgestellt, dass sie im Koma lag. Wahrscheinlich hatte ihre Seele so gravierende Schäden erlitten, dass es wohl noch eine ganze Weile dauern würde, bis sie wieder aufwachte. Und bislang konnte auch niemand sagen, wann das sein würde. Sie hatten daraufhin Rücksprache mit Nabi gehalten, der schließlich vorschlug, dass Eva solange bei ihm und Samajim bleiben könnte, solange sich ihr Zustand nicht gebessert hatte. So konnten sie sich allesamt auf ihr eigentliches Ziel konzentrieren und wurden nicht unnötig dadurch abgelenkt, dass sich jemand um sie kümmern musste. Samajim selbst war leider noch nicht zurück, was aber auch daran lag, weil in anderen Welten die Zeit anders verging und es deshalb auch mal etwas länger dauern konnte, bis er zurück war. Und so konnten sie im Moment nicht viel tun. Während Nastasja meist diejenige war, die sich entweder mit Dathan beschäftigte, oder nach Elion sah, saß L meist da und war in ein nachdenkliches und grübelndes Schweigen versunken. Beyond gesellte sich zu ihm und legte schließlich seinen Kopf auf die Schulter des Detektivs, der Samsaras Brief immer und immer wieder durchlas. Inzwischen betrachtete er es als eine Art persönlichen Abschiedsbrief, wobei es aber auch sein konnte, dass der Brief von jemand anderem geschrieben worden war, weil er keine persönliche Unterschrift trug. Warum Samsara ihn bei sich getragen hatte, konnte er nicht sagen. Jedenfalls klangen diese Zeilen deutlich nach jemanden, der sich selbst und die ganze Welt schon vor langer Zeit endgültig aufgegeben hatte. Und da fragte sich L schon, wie hoffnungslos und verzweifelt ein Mensch sein musste, um so etwas zu schreiben. „Na L“, sagte Beyond und rutschte näher zu ihm heran. Schließlich faltete L den Brief wieder zusammen und legte ihn stumm auf den Tisch. „Was beschäftigt dich denn?“ „Alles…“, antwortete er und kaute nachdenklich an seinem Daumennagel herum. „Wir haben so viele Puzzleteile, die nach und nach zusammenpassen, aber irgendwie fehlt da noch irgendein roter Faden, den ich einfach übersehe.“ „Du findest ihn schon noch, da bin ich mir sicher. Bis jetzt hat unser großer Meisterdetektiv doch jedes Rätsel knacken können. Sogar meine Mordserie, von der ich eigentlich dachte, sie wäre perfekt.“ „War sie nicht. Du warst zum Ende hin nur ziemlich stümperhaft.“ „Oh, anscheinend sind wir heute echt gut gelaunt. Sag schon: hast du irgendwie Frust oder so?“ Er wusste, dass er ins Schwarze getroffen hatte und ebenso wusste er auch, wieso L so frustriert war: er kam einfach nicht auf des Rätsels Lösung, obwohl sie zum greifen nahe war und immer noch gab es kein Lebenszeichen von Jeremiel. Sie waren nicht viel weiter gekommen, stattdessen gab es nur noch mehr Rätsel, die es zu klären galt. Rätsel wie zum Beispiel, was mit Elion passiert war und ob Beyonds Theorie wirklich zutraf und er einen Teil von Elohim in sich trug. Das Schlimmste aber war, dass sie immer noch keine Spur vom Alpha-Proxy hatten, weil Eva ja Simrah getötet hatte und Samsara sich in Dathans Schwert gestürzt hatte, um sich umzubringen. Samajim war nicht da und den einzigen Hinweis, den sie erhalten hatten, war der von Samsara, die ihnen angeraten hatte, Elion und Lacie unter allen Umständen zu beschützen. Aber sie hatten keine Spur von dieser Lacie und es war auch noch nicht ganz klar, was sie mit der ganzen Sache zu tun hatte. Fakt war jedenfalls, dass sie einiges wusste und so manches verschwieg. Momentan mussten sie eine Zwangspause einlegen, solange Elion noch nicht wieder bei Bewusstsein war. Und da er eine enorme Kraft freigesetzt hatte, würde das wohl noch etwas dauern. Als sie schließlich alleine waren, da sich die anderen müde und erschöpft zurückgezogen hatten, da rückte Beyond näher an L heran und nahm seine Hand. „Vielleicht brauchst du auch mal einen Moment lang Abstand von alledem. Ich meine, du machst seit Tagen nichts anderes mehr und da kann es vorkommen, dass du den Wald vor lauter Bäumen nicht siehst. Du bist gerade im Moment so sehr darin gefangen, dass du den Blick fürs Detail verlierst und die Übersicht nicht mehr wahren kannst. Und dann bist du auch emotional involviert, weil es um deinen Bruder geht.“ Damit legte Beyond einen Arm um ihn und gab ihm schließlich einen Kuss auf die Wange. L ahnte schon, was gleich folgen würde und drückte den Serienmörder entschieden zurück, wobei er ihm einen misstrauischen Blick zuwarf. „Ich ahne schon, was du wieder vorhast und ich sage dir direkt: nein! Wir sind hier im Wohnzimmer und ich habe bestimmt keine Lust darauf, dass jemand uns sieht. Insbesondere nicht meine Mutter.“ „Nachdem du sie schon nackt mit Dathan im Bett gesehen hast.“ „Sei still oder ich schlage gleich einen ganz anderen Ton an.“ Doch da hatte Beyond ihn auch schon gepackt und hochgezerrt. Ehe sich der Detektiv versah, hatte der BB-Mörder ihn auch schon auf seine Schulter gestemmt und ging mit einem siegessicheren und auch hämischen Lächeln hoch ins Zimmer. L konnte nicht glauben, was dieser Knallkopf da schon wieder mit ihm vorhatte und rief „Hey, lass mich sofort wieder runter!“ „Nö…“ Gleich schon auf der Treppe kam ihnen Sheol entgegen, der erst mal blöd guckte, dann aber schon wusste, was ablief und dann kicherte und sich einen Kommentar natürlich nicht verkneifen konnte. „Na? Will Romeo etwa seinen Julian abschleppen?“ „Bist ja ein Blitzmerker, Kleiner.“ Immer noch versuchte L sich irgendwie zu befreien und die Flucht zu ergreifen, aber in dieser Position hatte er einfach keine Chance und er sah nur noch, wie der Rothaarige breit grinste und meinte „Der muss es aber nötig haben, wenn er nicht mal selber laufen kann.“ „Es ist nicht das, wonach es aussieht“, entgegnete L sofort und wurde nun richtig eingeschnappt. „Das grenzt ja schon fast an Kidnapping. Beyond, jetzt mal ernsthaft. Lass mich runter! Wir haben Wichtigeres zu tun als solch einen Unsinn.“ Doch der Serienmörder hörte nicht zu und als sie das Schlafzimmer betreten hatten, wurde L direkt aufs Bett gelegt. Ehe er überhaupt die Chance bekam zu reagieren, hatte Beyond seinen Pullover ausgezogen und seine Handgelenke ans Kopfende des Bettes festgebunden. „Du nennst das Unsinn?“ fragte der Serienmörder und ein seltsamer Glanz lag da nun in seinen Augen. Und seine Stimme hatte auch nicht mehr diesen schadenfrohen und neckischen Ton wie sonst, sondern er wirkte auf einmal verärgert und das wunderte L nun doch jetzt. Hatte er jetzt irgendwie was Falsches gesagt oder warum war Beyond auf einmal so eingeschnappt? „Jetzt lass mich dir mal was sagen, mein Lieber: ich habe verdammt viel Verständnis für deine jetzige Situation. Deshalb habe ich mich auch zurückgehalten und mich wirklich bemüht, dir und den anderen zu helfen. Aber es ist nun mal Fakt, dass wir kaum noch Zeit für uns haben. Die ganze Zeit arbeiten wir nur und selbst in den letzten sechs Monaten, wo rein gar nichts passiert ist, da hast du nur an diesen Fall denken können und so langsam habe ich wirklich das Gefühl, das alles ist dir wichtiger als unsere gemeinsame Beziehung.“ „Sag mal, hörst du dich eigentlich selbst reden?“ rief L, als er das hörte und versuchte sich irgendwie von seinen Fesseln zu befreien, was aber keinen Erfolg brachte. Beyond wusste, wie er sein Lieblingsopfer am besten fesseln konnte. „So etwas kannst du doch nicht vergleichen. Es geht hier unter anderem um meinen Bruder und um unser Leben.“ „Das weiß ich, aber du vergisst offenbar, dass es uns beide auch noch gibt. Du bist schon wieder dabei, komplett in deine Rolle als 24-Stunden-Meisterdetektiv zurückzufallen und so langsam habe ich auch genug. Wenn du es direkt hören willst: du vernachlässigst mich.“ L blickte noch nicht so ganz durch, was denn plötzlich in Beyond gefahren war und wieso er jetzt mit so etwas kam. Ich soll ihn vernachlässigt haben? Nun, vielleicht war ich ja ziemlich beschäftigt gewesen, aber es geht immerhin um ein ganz gewaltiges Problem, nämlich um den Alpha-Proxy und nun auch um die Entführung meines Bruders. Da kann man doch erwarten, dass Beyond auch etwas mehr Verständnis dafür hat. „Mensch, eigentlich bin ich nur deshalb mit dir nach London gekommen, weil ich ursprünglich gehofft hatte, wir könnten uns eine Auszeit gönnen und uns wieder etwas näher kommen. Aber selbst das hat nicht funktioniert und wir sind so langsam aber sicher dabei, uns auseinanderzuleben.“ „So ein Unsinn“, wandte L ein und schüttelte den Kopf. „Wir hocken den ganzen Tag aufeinander und schlafen auch im selben Bett. Was willst du denn noch?“ „Das ist nicht das Gleiche“, erklärte Beyond und man sah ihm an, dass dieses Thema ihn schon eine ganze Weile beschäftigte. „Im Grunde leben wir seit Monaten nur noch nebeneinander her wie ein altes Ehepaar, dessen Beziehung längst zur Routine geworden ist. Mag ja sein, dass es nicht mehr so ganz ist wie vor knapp eineinhalb Jahren, wo wir noch am Anfang unserer Beziehung standen. Eben weil wir den ganzen Tag aufeinanderhocken, ist es unvermeidlich, dass vieles zur Routine wird. Aber jetzt mal im Ernst: seit die Proxys aufgetaucht sind, läuft doch kaum noch was bei uns. Immerzu heißt es kombinieren, recherchieren und ermitteln. Du weißt, ich bin der Letzte, der dir da im Weg steht und wenn ich helfen kann, dann helfe ich dir auch. Aber es ist leider auch so, dass ich eben auch unzufrieden bin mit der momentanen Situation und so langsam frage ich mich auch ernsthaft, wie wichtig dir unsere Beziehung eigentlich noch ist. Dass wir beide keine Romantiker sind, ist mir klar und ich erwarte auch nicht allzu viel von dir. Aber immer bin ich derjenige, der die Initiative ergreift, während von dir eigentlich gar nichts mehr kommt. Und jetzt will ich ehrlich von dir wissen, ob du es überhaupt noch ernst mit dir meinst, oder ob ich für dich nur ein netter Zeitvertreib bin.“ Diese harten Worte trafen L sehr und obwohl er sich nichts anmerken ließ, erschütterte es ihn zutiefst, dass Beyond so etwas von ihm dachte. Eigentlich muss er mich doch besser kennen, wieso denkt er denn so etwas nur? „Beyond, so ist es doch nicht. Natürlich liebe ich dich. Was glaubst du wohl, warum ich wollte, dass du hier bleibst? Ich hatte Angst, dich zu verlieren.“ „Ja schön“, sagte Beyond verärgert und schien wohl immer noch nicht ganz zufrieden zu sein. „Davon habe ich aber in der letzten Zeit überhaupt nichts mehr gemerkt. Nun gut, wir sitzen manchmal zusammen da, aber nur weil ich immer derjenige bin, der den ersten Schritt macht. Von dir kommt doch überhaupt nichts und da habe ich doch wohl das Recht dazu, mich zu fragen, ob es dir mit uns beiden wirklich noch so ernst ist, oder ob dir dein Leben als L der Meisterdetektiv wichtiger ist. Denn wenn ich ganz ehrlich bin, glaube ich so langsam, dass dir dieses Leben deutlich wichtiger ist, auch wenn du es nicht zugeben willst. Mag sein, dass du mich liebst und du mich auch beschützen willst, ebenso wie die anderen. Aber mir fehlt einfach der Beweis dafür, dass dir unsere Beziehung wichtig ist und du auch gewillt bist, um sie zu kämpfen. Ich selbst habe mehr als oft nachgedacht, ob das mit uns beiden auf lange Sicht gesehen wirklich noch einen Sinn macht…“ „Mensch Beyond, du musst dich doch nicht so reinsteigern. Sobald dieser Fall vorbei ist, haben wir genug Zeit für uns. Wir sind schon so nah dran, da wird es auch nicht mehr lange dauern.“ „Ich glaube, du verstehst nicht, worum es mir eigentlich geht.“ Beyond beugte sich nun über ihn und seine dämonisch funkelnden Shinigami-Augen ruhten auf L und es waren so viele Emotionen in ihnen abzulesen. Enttäuschung, Traurigkeit, Zweifel… Diesen Blick zu sehen, tat L schon im Herzen weh und er hätte Beyond am liebsten diese Zweifel genommen, doch er wusste nicht wie. „Was ist, wenn es danach wieder einen Fall geben wird, der so viel Arbeit erfordert wie dieser? Wirst du dann auch wieder sagen, dass wir alles nachholen werden, wenn es vorbei ist? Und danach wird dann noch ein Fall kommen. Verstehst du mich da so langsam, L? Ich nehme mich schon zurück für dich, aber… irgendwann ist auch genug. Ich gebe mir wirklich Mühe, aber wenn von deiner Seite aus nichts kommt, dann würde ich fast sagen, dass es besser wäre, wir machen eine Auszeit.“ Auszeit? Was… was wollte Beyond denn jetzt damit sagen? Etwa, dass es zwischen ihnen nicht mehr viel Sinn machte und er sich von ihm trennen wollte? L erinnerte sich an das letzte Mal, als Beyond so etwas mal zur Sprache gebracht hatte. Das war, als sie in Japan gelebt hatten und er dachte, Beyond und Rumiko hätten eine Affäre und sie wäre schwanger von ihm. Er hatte ihm hinterherspioniert und dann hatte Beyond angedroht, sich von ihm zu trennen. Und ein Mal hatte er die Beziehung beendet, als er nach Clear gesucht hat, weil er ihn beschützen wollte. Doch bis jetzt hatten sie alles klären können. Denn das erste Mal war ja nur deshalb gewesen, weil Beyond Angst hatte, Clear könnte gefährlich werden und beim zweiten Mal hatte er es mehr oder weniger im Affekt gesagt. In beiden Fällen war es nicht ernst gemeint oder zumindest nicht ganz so ernst. Doch nun war es Beyonds voller Ernst und das konnte man ihm ansehen. Er dachte wirklich darüber nach, ob es überhaupt noch Sinn machte, diese Beziehung weiterzuführen, weil er eben absolut vernachlässigt wurde und zwischen ihnen beiden eigentlich kaum noch was lief. So langsam erkannte L, was Beyond so beschäftigte und er sah ein, dass er wohl einiges falsch gemacht hatte. Er hatte sich so in Arbeit gestürzt, dass er sich keine Gedanken um ihre Beziehung gemacht hatte. „Es tut mir leid“, sagte er schließlich und senkte den Blick. „Ich gebe zu, dass ich mir nicht genug Gedanken gemacht habe. Ich dachte, das alles wäre okay für dich, weil du nie etwas gesagt hast.“ „Weil ich dir eben keine Belastung sein wollte. Ich weiß doch, wie viel dir deine Aufgabe bedeutet und dass es dein Lebenswerk ist. Da kann ich doch wohl schlecht von dir verlangen, all das aufzugeben, nur weil ich jetzt da bin. Was glaubst du wohl, warum ich jetzt zusammen mit dir Detektiv spiele? Ganz sicher nicht, weil ich ein Verfechter der Gerechtigkeit bin, denn meinen Glauben an die Gerechtigkeit habe ich schon vor langer Zeit verloren. Nein, ich habe es gemacht, weil ich bei dir sein wollte und weil ich dir auf diese Weise näher sein kann. Ich wollte, dass wir uns diese Lebensaufgabe als Partner teilen, weil ich weiß, wie viel dir das bedeutet.“ Er hat das alles nur für mich getan? L war sprachlos, als er das hörte, denn er hatte eigentlich gedacht, dass es hauptsächlich daran lag, weil Beyond deutlich sozialer geworden war als vorher, aber da schien er wohl falsch gelegen zu haben. Beyonds Motivation war es nicht gewesen, mehr Menschen in sein Leben zu lassen. Nein, er wollte sein altes Image als menschenhassender Serienmörder aufgeben, weil er dem Menschen somit näher sein konnte, den er liebte. Und Beyond hatte wirklich viel für ihn getan. Er hatte sich immer um ihn gekümmert, wenn er angeschlagen oder sogar krank war. Er riskierte sein Leben für ihn und unterstützte ihn bei seiner Arbeit. Ja, er tut eigentlich alles für mich und irgendwie danke ich es ihm anscheinend nicht wirklich. Ich habe nie wirklich wahrgenommen, was er alles für mich tut und bin ihm nie entgegengekommen. Da ist es doch kein Wunder, wenn er so enttäuscht ist und unsere Beziehung hinterfragt. Oh Mann… obwohl ich einen hohen IQ habe und so viele scheinbar unlösbare Fälle bereits lösen konnte, scheine ich wohl der größte Vollidiot in Sachen Beziehung zu sein. Er seufzte und ärgerte sich in dem Moment selbst, dass er so blind gewesen war und nicht gesehen hatte, was da eigentlich los war. „Beyond, es tut mir wirklich leid. Ich gebe zu, dass ich mich ziemlich hab einspannen lassen und dass ich nicht wirklich einen Blick dafür gehabt habe, was da zwischen uns im Argen liegt. Du hast ja Recht. Ich habe zu wenig für uns beide getan, weil ich immer dachte, es wäre schon nicht so schlimm. Immerhin hast du doch nie etwas gesagt und deshalb bin ich davon ausgegangen, dass es keine Probleme zwischen uns gibt und alles in Ordnung ist.“ „Deshalb rede ich ja jetzt mal Klartext mit dir. Ich erwarte ja nicht von dir, dass du zum absoluten Casanova wirst, der noch einen auf Rosenkavalier macht. Ehrlich gesagt will ich dich auch nie in diesem Zustand sehen, denn das wärst einfach nicht du. Mir würde es einfach reichen, wenn du mal von selbst die Initiative ergreifst. Und wenn es nur ein oder zwei Stunden am Tag sind, die wir dann ganz allein nur für uns haben. Mehr verlange ich ja nicht.“ Und dabei verlangt er ja eigentlich noch recht wenig, wenn man bedenkt, was andere von ihren Partnern erwarten würden… Eigentlich habe ich ja wirklich Glück, ihn zu haben, weil er sehr viel Verständnis dafür aufbringt, dass ich in gewisser Hinsicht ein Workaholic bin, der zu den verschiedensten Zeiten arbeitet und der überhaupt keine Erfahrung in romantischen Sachen hat. Geschlagen seufzte der Detektiv und lächelte. „Na gut, ich werde mich bemühen, mehr für uns beide zu tun. Versprochen. Wärst du jetzt also so nett und bindest mich wieder los?“ „Nö“, sagte Beyond kurzerhand und küsste ihn. Ein unheilvolles Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab und so langsam dämmerte L, dass er nicht so leicht wieder aus dieser Geschichte herauskam. „So einfach kommst du mir nicht davon, mein Lieber. Du hast nämlich so einiges wieder gut zu machen.“ Damit stand Beyond auf, ging zur Tür und schloss diese ab. Tja, da saß L jetzt gehörig in der Falle. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)