Vampireheart von Tsuki_no_Hime (SessKago) ================================================================================ Kapitel 1: A Dream? ------------------- Der Volksmund sprach von Untoten, die das Blut Lebender zu sich nahmen, um sich zu nähren. Er berichtete von schönen Frauen, die Männer verführten und sie in die Nacht verschleppten. Es gab Gerüchte. Auch in Musashi, dem Dorf der alten Priesterin Kaede, in welchem gerade die Gruppe von Inuyasha rastete, wurde viel gemunkelt, doch niemand wusste etwas Genaueres. Vampire? Wohlmöglich. Kagome lächelte bei diesem Gedanken. Als ob es wirklich Vampire geben würde. Na gut, an Dämonen hatte sie erst auch nicht geglaubt, galten sie in ihrer Zeit doch bereits als ausgestorben. Es war also nicht gänzlich auszuschließen. Dennoch hatte sie noch nie mit einem Kontakt gehabt, obwohl sie doch bereits seit drei Jahren zwischen den Epochen pendelte. „Worüber denkst du so angestrengt nach?“ Sango war unmerklich neben sie gerutscht und sah sie neugierig an. Auch Inuyashas Aufmerksamkeit richtete sich nun auf die beiden Frauen, während Miroku und Shippo bereits im Reich der Träume verweilten. „Mir kamen nur gerade die Worte der Dorfbewohner in den Sinn. Findet ihr es nicht auch merkwürdig, dass wir in letzter Zeit immer wieder auf Gerüchte über Untote stoßen? Gerade jetzt, wo Naraku vernichtete wurden und auch die Anzahl der Dämonenangriffe erheblich abgenommen hat.“ Nachdenklich nickte Sango ihr zu. Kagome hatte Recht, dennoch waren es bisweilen nur Gerüchte. Es gab keine Indizien, die wirklich dafür sprachen, was die Einheimischen sich erzählten. Alles nur Spekulationen. „Meint ihr, wir sollten dem nachgehen?“ Inuyasha wandte seinen Blick ab und schaute hoch in den Himmel, wo dutzende Sterne die Nacht erhellten. Kagome war diese Reaktion Antwort genug. Sie seufzte. Warum musste Inuyasha auch immer so ein Dickschädel sein. Sango indes schüttelte nur mit dem Kopf und betete sich nun ebenfalls zur Ruhe. Sie wollte keineswegs zwischen die Fronten geraten, wusste sie doch von Kagomes hitzigem Temperament und Inuyashas Sturheit. Eine wahrlich explosive Mischung, wie schon oftmals bewiesen wurde. Dennoch hatte Kagome nicht vor Benzin ins Feuer zu schütten. Wenn er ihr nicht helfen wollte und ihre Freundin scheinbar auch nicht gewillt war ihr beizustehen, dann musste sie sich eben alleine mal kundig machen. Warum sollte sie ihre Freunde auch anbetteln ihr zu helfen? Soweit kam es noch… Verärgert stand sie auf und stapfte davon, ohne Inuyasha auch nur eines Blickes zu würdigen. Genervt sah er ihr nun hinterher. Das dieses Weib auch immer ihren Willen durchsetzen musste. Sollte sie halt machen und sehen, wo sie blieb. Er würde ihr garantiert nicht zur Hilfe eilen, wenn sie sich mal wieder in Lebensgefahr begab. Nein, ganz bestimmt nicht! Entschieden schüttelte er den Kopf. Mal sehen, wie lange es dauern würde, bis sie wieder zur Besinnung kam. Er gab ihr höchstens eine Nacht. Damit schloss er seine Augen und lehnte sich etwas zurück. Auch er brauchte hin und wieder etwas Schlaf, war er doch schließlich nur ein Halbdämon. Genervt sah Kagome sich um. Bäume, Gräser und Büsche. Alles sah gleich aus, so dass sie ihre Orientierung nun gänzlich verloren hatte. Sie wusste nicht mehr, welchen Weg sie gekommen war. Weshalb musste sie auch so überstürzt das Lager verlassen? Gedanklich schlug sie ihren Kopf mehrmals an eine imaginäre Wand. Sie war doch wirklich seltendämlich. Gestresst fuhr sie sich mit der Hand durch die langen, schwarzen Haare und entschied einfach weiter gerade aus zu gehen. Irgendwann musste dieser Wald ja irgendwo enden. „Jetzt könnte ich echt gut eine Taschenlampe gebrauchen.“ Niedergeschlagen dachte sie an ihren Rucksack, der noch immer im Lager stand. „Sieh an, welch hübsches Täubchen sich um solch eine Zeit in den dunklen Wald verwirrt hat.“ Ruckartig blieb Kagome stehen und sah sich nach allen Seiten um, bis es plötzlich hinter ihr knackte und eine junge, wunderschöne Frau anmutig auf sie zuschritt. „Wer seid Ihr?“ Ein Lächeln schlich sich auf ihre blutroten Lippen, während ihre ebenfalls roten Augen sie teils belustigt, teils einschüchternd anblitzten. „Mein Name ist Nereza und ich mag es gar nicht, wenn man unaufgefordert in mein Gebiet eindringt.“ Ihr Gebiet? Aber das war doch der Wald, der den heiligen Baum beherbergte. Sie hatte ihn schon dutzend Mal betreten, doch nie zuvor war sie dieser Frau begegnet. „Nun sprich, was willst du hier?“ Kagome spürte, wie sie in die Knie ging. Es war, als würde eine unsichtbare Macht sie förmlich dazu zwingen, der Unbekannten Respekt zu zollen. Nun spürte sie auch die Aura, die von ihr auszugehen schien. Sie war stark und kalt. Ein eisiger Schauer jagte ihr über den Rücken. Er war keine gute Idee von ihr gewesen alleine los zu ziehen. Ob Inuyasha sich bereits sorgte und nach ihr suchte? Sie hoffte es. „Verzeiht, ich wusste nicht, dass dies Euer Gebiet ist. Wenn Ihr mir sagt, wie ich zurückfinde, so werde ich Euch nicht weiter belästigen.“ Ein spöttisches Lächeln legte sich auf Nerezas Lippen. Dachte dieses Menschenweib wirklich, dass sie für diese Frechheit ungeschoren davon kommen würde? Dann war sie wahrlich dümmer, als sie anfangs angenommen hatte. Und doch sagte ihr etwas, dass es nicht richtig wäre, sie einfach zu töten. Nicht, dass sie Mitleid empfinden würde. Keineswegs. Jedoch ging eine starke Kraft von der auf dem Boden knienden Frau aus. Zuletzt hatte sie so eine Kraft an einer Miko wahrgenommen. Dies war nun schon gut 50 Jahre her. Wenn sie sich Recht entsinne war ihr Name Kikyo. Eigentlich hatte Nereza damals vor, ihr die Unendlichkeit zu schenken, die sie mit diesem jämmerlichen Halbblut verbringen durfte, wenn sie dafür nur ihr Blut kosten durfte. Schade, dass es nicht dazu kam. Naraku… Dieser Name hinterließ noch immer einen schalen Nachgeschmack. Aufmerksam musterte sie ihr Opfer und stellte fest, dass sie eine spirituelle Ähnlichkeit zu der toten Miko besaß. Es war also wahr, was man sich erzählte. Sie musste Kikyos Reinkarnation sein. Die, die einst das Juwel wieder in diese Welt brachte und für sein zerbersten verantwortlich gewesen war. Nun war sie also mit einer zweiten Chance gesegnet, sich das reine Blut einer Miko einzuverleiben. „Steh auf und tritt näher.“ Ohne Umschweife kam Kagome dem deutlichen Befehl nach. Sie konnte sich nicht dagegen wehren. Ihr Körper reagierte automatisch. Sanft umschloss Nereza mit der Hand ihr Kind und studierte sorgfältig die angespannten Gesichtszüge, bis sie wieder von ihr abließ. Erleichtert atmete Kagome aus. „Du riecht nach Enttäuschung und unerwiderter Liebe.“ Nereza schmunzelte. Menschen und ihre einfältigen Gefühle. In den ganzen 750 Jahren, die sie bereits auf Erden wandelte, hatte sie diese noch nicht verstanden. Was verbanden die Menschen nur mit all den Gefühlen? Kaum merklich schüttelte sie den Kopf und roch nebenbei auch leicht den Geruch von Hund. Diese Frau beschritt also den gleichen Weg wie Kikyo zuvor. Sie hatte gänzlich ihren Platz eingenommen. Wie amüsant. „Wie ist dein Name?“ „Kagome.“ Zufrieden nickte Nereza ihr zu. ’Verbindung zweier Welten’. Durchaus passend. „Nun denn, Kagome. Beantworte mir eine Frage. Bist du zufrieden mit deinem bisherigen Leben? Bist du glücklich?“ Kagome stutzte. Warum wurde sie so etwas gefragt? Nachdenklich biss sie sich auf die Unterlippe. War sie glücklich? Sie dachte an Inuyasha, dachte daran, wie er sich noch mehr von ihr abgesondert hatte, seit Kikyo endgültig in das Totenreich eingefahren war. Dachte daran, wie die Gruppe langsam immer mehr entzweibrach. Und sie dachte an ihre Familie, die sie nun nie wieder sehen würde, seit der Brunnen bei dem Kampf gegen Naraku zerstört wurde. Anschließend schüttelte sie den Kopf. „Nein.“ Nerezas Schmunzeln wandte sich in ein Grinsen, welches ihre spitzen Eckzähne entblößte. Diese Antwort hatte sie fast schon erwartet. „Ich würde dir gerne einen Vorschlag unterbreiten.“ Aufmerksam lauschte Kagome ihren Worten. Was für einen Vorschlag könnte sie nur meinen? „Lass mich dein Blut kosten und zur Belohnung erfülle ich dir deinen sehnlichsten Wunsch.“ Ihr sehnlichster Wunsch? Inuyashas Liebe? Nein, sie hatte sich längst schon damit zufrieden gegeben, dass seine Liebe nicht ihr galt. Die Rückkehr in ihre Zeit? Auch nicht. Sie vermisste ihre Familie zwar, doch Tokio war für sie nie eine Heimat gewesen. Was war ihr sehnlichster Wunsch? War er so verborgen in ihr, dass sie nicht einmal wagte an ihn zu denken? Oder schlummerte er noch tief in ihr und wartete auf sein Erwachen? „Wie hast du dich entschieden?“ Kagome studierte Nerezas neutrale Gesichtszüge. Konnte sie ihr trauen? Hatte sie denn überhaupt noch etwas zu verlieren, wenn sie sich darauf einließ? Angespannt kniff sie die Augen zusammen und legte den Kopf schief, sodass Nereza einen guten Blick auf ihren freigelegten Nacken hatte. Die Versuchung war einfach zu groß, als das Kagome ihr hätte widerstehen können. Menschen waren so leicht zu ködern. Belustigt zuckten Nerezas Mundwinkel, bevor sie sich vorfreudig über die Lippen leckte. Innerhalb eines Augenaufschlages hatte sie Kagome zu sich gezogen und ihre Lippen auf die Halsschlagader gepresst. Verspielt fuhr sie mit der Zunge über diese, nahm deutlich das gleichmäßige Pochen war und das pulsieren des Blutes. Mit den Fangzähnen kratzte sie über die weiche Haut, ritzte diese dabei leicht auf und leckte mit der Zunge über die Wunde. Der süßliche Geruch und metallische Geschmack des Blutes vernebelte ihr die Sinne. Dazu kam noch der süße Beigeschmack Kagomes Jungfräulichkeit und ihrer Reinheit. Nie zuvor hatte sie solch edles Blut genießen dürfen. Sie konnte sich kaum noch halten, als sie kurz von Kagome abließ, um ihr wenig später die Fangzähne in den Hals zu rammen. Gequält keuchte Kagome auf. Diese Schmerzen waren kaum erträglich. Es brannte wie Säure, die ihre Haut verätzte, brannte wie Feuer, welches ihren ganzen Körper verbrannte. Hätte Nereza sie nicht gehalten, so wäre sie schon langst zu Boden gegangen. Mit aller Kraft kämpfte sie gegen die drohende Ohmacht an und verlor. Sie bekam nicht mehr mit, wie Nereza wenig später von ihr abließ, bekam nicht mehr mit, wie sie ihr einige Tropfen ihres Blutes in den Mund träufelte und bekam nicht mehr mit, wie sie bedächtig ins Moos gebetete wurde. Die Dunkelheit hielt sie gänzlich gefangen und nur der Mond war Zeuge des eben geschehenen. Als Kagome zu sich kam, fühlte sie sich wie neu geboren. Sie rappelte sich auf, streckte sich genüsslich und sah sich dann orientierungslos um, bis ihre Erinnerungen zurück kehrten. Vorsorglich tastete sie mit den Fingerspitzen ihren Hals ab. Keine offene Wunde, kein Blut, keine Narbe. Hatte sie das alles vielleicht nur geträumt? Stirn runzelnd blickte sie auf ihre Hand und tastete ihren Körper ab. Alles so wie immer. Dabei hatte es sich so real angefühlt. Schulter zuckend erhob sie sich von ihrem Nachtlager und streckte sich erneut. Sie fühlte sich so ausgeruht, wie als hätte sie hundert Jahre geschlafen. Sie hätte Bäume ausreisen können. Allerdings würde sie das auf später verschieben. Vorerst galt es einen Weg zurück zum Dorf zu finden. Und da sie den Orientierungssinn einer Walnuss hatte, war dies ein langwieriges Unterfangen. „Hier steckst du. Wir haben dich schon überall gesucht.“ Erschrocken drehte Kagome sich um, schaute direkt in das besorgte Gesicht von Sango. Der Anflug eines schlechten Gewissens machte sie in ihr breit. Sie hätte echt nicht ohne weiteres abhauen sollen. „Es tut mir leid.“ Liebevoll nahm Sango sie in die Arme und streichelte ihr beruhigend über den Rücken. „Schon okay. Hautsachte dir ist nichts passiert.“ Zusammen schlugen sie schweigend den Rückweg ein. Sie hatten sich schon seit längerer Zeit nicht mehr viel zu berichten. Es würde wohl nicht mehr lange dauern, bis jeder einen anderen Weg einschlagen würde und die Gruppe somit endgültig auseinander brach. Woran das lag, konnte Kagome nicht sagen. Es wusste wohl keiner von ihnen, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollten. Naraku war vernichtete, der Juwel komplett. Es gab nichts mehr, was sie noch verband. Im Dorf angekommen, durfte sie sich erst einmal eine Standpauke von Inuyasha anhören, welche sie geflissentlich ignorierte. Es interessierte sie nicht, was Inuyasha zu sagen hatte. Hätte er sich wirklich Sorgen gemacht, wer er ihr gefolgt, wusste er doch über ihre unbedachten Handlungen Bescheid. Sie interessierte ihn nicht mehr. Die Wahrheit war hart und tat weh, doch sie hatte mittlerweile gelernt damit umzugehen. Was brachte es, wenn sie weiterhin in einer Traumwelt lebte und überall nur Gutes sah? Das Leben war nun mal kein Ponyhof. Seufzend folgte sie den Anderen, die bereits den Weg aus dem Dorf eingeschlagen hatten. Wohin würde ihr Weg sie wohl führen? Kapitel 2: The demon in her --------------------------- Kagome kam nicht dazu sich weitere Gedanken über diese Frage zu machen, denn sie spürte ein schnell näher kommendes Youki, welches ihr ziemlich bekannt vorkam. Auch Inuyasha blieb stehen und verharrte still in seiner Position, die Hand an sein Schwert gelegt. Kurz darauf erschien jemand vor ihnen, den sie alle wohl nicht erwartete hatten. Sesshomaru. Inuyasha knurrte. Es war wie immer kein Vergnügen seinem Bruder zu begegnen. Wenn er in der Nähe war, bedeutete dies meist Ärger. „Was willst du hier?“ Sesshomarus Mine blieb neutral, als er seinen Halbbruder ansah. Eine Reaktion die den Hanyou nur noch mehr in Rage zu versetzen schien. Das dieser Typ auch immer so emotionslos sein konnte. Was stimmte denn nicht mit dem? „Das geht dich gar nichts an.“ Kagome seufzte. Warum mussten die beiden ungleichen Brüder sich nur immer wieder streiten, sobald sich ihre Wege kreuzten? Sie verstand es einfach nicht. Plötzlich fiel Sesshomarus Blick auf sie. Wie in Zeitlupe nahm sie war, dass er die Nase kräuselte und sich seine Augen blutrot verfärbten. Dies geschah im Bruchteil einer Sekunde und sie war sich nicht sicher, ob die anderen überhaupt etwas davon mitbekommen hatten. Es sah nicht so aus. Sie schluckte schwer. Was sollte das? In Gedanken versunken, nahm sie nur am Rande war, wie Inuyasha sein Schwert zog und auf Sesshomaru zu stürmte, welcher den Angriff natürlich spielend leicht parierte, doch nicht die Absicht zu hegen schien, nun einen ernsthaften Kampf auszufechten. Irgendwas war definitiv anders mit Sesshomaru und vor allem mit ihr selber. Dieser unnötige Hahnenkampf, wie Kagome es gedanklich nannte, dauerte nicht lange und endete abrupt, als Sesshomaru seinen verhassten Halbbruder an der Kehle packte und ihn einige Meter weit wegschleuderte, sodass er direkt in einen Baum krachte. Kagome sah, wie Inuyasha sein Bewusstsein verlor und regungslos liegen blieb. Sie schüttelte den Kopf. Es war nicht das erste Mal, dass eine Auseinandersetzung der Brüder so endete. Mit Sesshomaru war wahrlich nicht gut Kirschen essen. Wieder spürte sie, wie Sesshomarus Blick auf ihr lastete. Sie verstand nicht, was er von ihr wollte? Sonst interessierte er sich doch auch nicht für die Menschen in seinem Unfeld und sie war nun einmal definitiv ein Mensch! „Kagome…“ Sie schüttelte abwesend den Kopf und sah Sango vielsagend an. „Kümmert euch um Inuyasha.“ Sie merkte, wie Miroku widersprechen wollte, doch ihr Blick ließ keine Widerworte zu und so fügten sie sich und ließen sie mit dem DaiYoukai alleine. Kagome würde schon wissen was sie tat. Hoffentlich. Kaum das ihre Freunde außer Hörweite waren, strafte sie ihre Körperhaltung und blickte Sesshomaru fest entgegen. „Was willst du von mir?“ Er konnte nicht leugnen, dass er durchaus erstaunt war von ihrem Entgegentreten. Nicht jeder nahm sich in seiner Gegenwart so viel Respektlosigkeit heraus. Entweder sie war sehr mutig, oder sehr dumm. Äußerlich regte er keine Mine. „Dein Geruch hat sich verändert.“ Verwundert runzelte Kagome die Stirn. Seine Worte ergaben überhaupt keinen Sinn. Ihr Geruch hatte sich verändert. Machte er sich etwa über sie lustig, oder war das eine Ermahnung, dass sie bald wieder baden müsste? „Was genau willst du mir damit sagen?“ Nur mit Mühe konnte er den aufkommenden Seufzer unterdrücken. Das Menschen auch immer so begriffsstutzig sein mussten. Wobei es auch in vielerlei Richtungen seltene Ausnahmen gab. Wortlos machte er Kehrt und beschloss nicht näher auf ihre Frage einzugehen. Was ging ihn auch dieses Weib an? Sie würde es schon noch früh genug herausfinden und er hatte nicht vor dann in unmittelbarer Nähe zu sein. Nicht, wenn sich seine Vermutung bestätigte. „Erst Andeutungen machen und dann den Schwanz einziehen…“ Ihre gemurmelten Worte ließen ihn inne halten. Das hatte sie gerade nicht wirklich gesagt, oder? Knurrend fuhr er herum. Was nahm sie sich eigentlich heraus? Niemand – absolut Niemand! – wagte es so mit ihm zu sprechen. Und schon gar kein Menschenweib, welches in Begleitung dieses dreckigen Hanyous reiste! Innerhalb eines Augenaufschlages war er bei ihr und hob sie mit der Hand an der Kehle hoch, so wie er es vor kurzem noch bei Inuyasha getan hatte. Mal sehen, ob sie nun auch noch so gesprächig war. Sango, die das mitbekommen hatte, riss geschockt die Augen auf und rief laut den Namen ihrer Freundin, die einige Zentimeter in der Luft hing und sich nicht rührte. Ihre Mine war ausdruckslos und doch glomm ein auffordernder Ausdruck in ihren Augen. Sie brachte sich irgendwann in Teufels Küche. „Hat es dir die Sprache verschlagen?“ Amüsement klang in Sesshomarus Stimme mit. Doch wenn er gedacht hatte Kagome somit einschüchtern zu können, so hatte er sich geschnitten. Gequält verzogen sich ihre Lippen zu einem angedeutet Lächeln, was ihn dazu veranlasste, verwundert eine Augenbraue hoch zu ziehen. Was gab es da zu grinsen? Diese Frau war ihm ein Mysterium. „Du hast ja doch so etwas wie Gefühle.“ Sofort ließ er von ihr ab, wie als hätte er sich verbrannt, sodass Kagome unsanft auf der Erde ankam. Machte sie sich gerade über ihn lustig? Ein grollendes Knurren entrann seiner Kehle. Am liebsten hätte er sie nun zur Rechenschaft gezogen, doch irgendetwas hielt ihn davon ab. Nur was? Lag es vielleicht an… Er schüttelte den Kopf, um wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Das war ganz und gar abwegig. Unmöglich. Ohne ihr noch eines Blickes zu würdigen, drehte er sich um und setzte seinen Weg fort. Rin und Jaken erwarteten ihn sicherlich bereits. Es dämmerte schon. Verdutzt schaute Kagome ihm nach. Was sollte dass den nun schon wieder? Seufzend rappelte sie sich auf und ging zu ihren Freunden. Inuyasha hatte mittlerweile sein Bewusstsein wieder erlangt und wurde hartnäckig von Miroku davon abgehalten aufzustehen und Sesshomaru zu folgen, um sich an diesem zu rächen. Inuyasha bekam wohl nie genug. Ein weiterer Seufzer entrann Kagomes Kehle. „Mach Platz.“ Das sollte den Hanyou erstmal ruhig stellen. Wenn auch nicht langfristig. Mittlerweile hatte die Nacht sich über das Land gelegt und holte die meisten Tiere des Waldes aus ihren Verstecken, um auf Nahrungssuche zu gehen. Doch nicht nur Tiere bevorzugten diese Zeit des Tages für ihre Streifzüge. Auch Banditen und Dämonen trieben stets ihr Unwesen im Schatten der Dunkelheit, der sie vor den wachsamen Augen ihrer Opfer schützte. Wenn man nicht gerade ebenfalls dämonischer Natur war, oder eine Miko, die dank ihrer Kräfte das Youki der Dämonen spüren konnte. Doch vor Banditen schützten diese sie keineswegs. Kagome hatte bei ihrer Weihung geschworen, die Menschen zu schützen und ihnen kein Leid anzutun. Doch waren Räuber und Mörder nicht ebenfalls menschlich? Sie kauerte sich hinter dem dicken Stamm einer hoch gewachsenen Buche zusammen und machte sich so klein, wie es ihr möglich war. Es war ein Zufall, dass sie sich erneut in den nächtlichen Wald verirrt hatte. Der Hunger trieb sie zu dieser Tat. Ihre ganzen Vorräte waren bereits verbraucht. „Sucht sie, Männer. Die Kleine muss hier doch noch irgendwo sein.“ Fest biss Kagome sich auf die Unterlippe, um jeglichen Laut zu unterdrücken. Warum geriet sie nur immer wieder in solch heikle Situationen? „Hast du Angst?“ Erschrocken ruckte ihr Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kam. War sie es? Die Frau, aus ihrem Traum? „Ich sehe, du erinnerst dich an mich. Wie erfreulich. Nun steh auf und zeig mir, dass du meines Geschenkes würdig bist.“ Was meinte sie? Welches Geschenk? Langsam stand sie auf und klopfte sich den Dreck von ihren Sachen. „Da ist sie.“ „Sie ist nicht allein.“ „Gleich zwei auf einen Schlag. Da wird sich der Boss aber freuen.“ Die Stimmen drangen nur verzerrt zu ihr hinüber. „Töte sie. Labe dich an ihnen und lass ihr Blut dein Lebensnährstoff sein.“ Nerezas Worte versetzten sie in eine Art Trance. Ihr Blut geriet in Wallung. Alles wurde unwichtig und rückte immer mehr in den Hintergrund. All ihr Denken stellte sich ab. Intuition war alles, was sie noch vorantrieb. Ihr Instinkt übernahm die Führung, ihr Hunger war ihr Antrieb. Die Schreie der Männer gingen in einem Röcheln unter. Leblos fielen die Körper zu Boden. Begierig ausgesaugt bis zum letzten Tropfen. Blutleer. Bleich. Schreckverzerrte Gesichter. Lachend wandte Nereza sich ab. Ihre Tochter lernte schnell. Kagome war wahrlich eine Bereicherung für sie. Vielleicht würde sie sogar Dank ihr endlich ihre lang ersehnte Rache bekommen. Die kleine Miko würde ihr definitiv noch nützlich werden. Allmählich kam Kagome wieder zu sich und sah sich erschrocken um. Was war nur geschehen. Diese Männer… Und sie mitten drin… War sie das etwa gewesen? Nein, daran wollte sie nicht glauben. Sie wäre dazu niemals im Stande gewesen. Schnell rappelte sie sich auf und verließ diesen Ort. Warum konnte sie sich nicht mehr erinnern? Nereza… Es gab sie wirklich. Hatte sie vielleicht sogar etwas damit zu tun? Wer war diese Frau nur? Gedankenverloren kam sie am Lager an. Inuyasha erwartete sie bereits. Als sie näher trat rümpfte er angeekelt die Nase, schaute sie jedoch gleichzeitig besorgt an. „Kagome, was ist passiert? Du stinkst nach Blut und Tod.“ Sie schwieg, wusste nicht, was sie ihm sagen sollte. „Kagome.“ Er trat näher, doch sie wich ihm aus. Dieser sorgenvolle Blick. Sie konnte ihm nicht länger Stand halten. Schnell wandte sie sich ab und eilte davon. In der Nähe war ein Fluss, in dem sie sich waschen konnte. Doch das Blut würde sie wohl nie von ihren Händen bekommen. Es würde auf ewig an ihr kleben bleiben. Sie fühlte es, dass sie für diese schreckliche Tat verantwortlich war. Dennoch empfand sie keine Schuldgefühle, keine Reue. Ein melancholisches Lächeln umspielte Kagomes Mundwinkel, als sie sich an das Ufer des Flusses kniete und sich an dessen spiegelnder Oberfläche betrachtete. Ihr ebenmäßiges Gesicht war umrahmt von blauschwarzem Haar, welches an den nächtlichen Himmel erinnerte, ihre braunen Augen wirkten tief und geheimnisvoll und ihre rosigen Lippen und die kleine Stupsnase rundeten das Bild einer schönen, jungen Frau geradezu ab. Sie war hübsch, keine Frage. Doch war sie nicht ebenso ein Monster? War sie nicht mindestens genauso schlimm, wie all die Dämonen, die den Menschen nach ihrem Leben trachteten, um sich an deren Leid zu ergötzen? Mit einer unwirschen Handbewegung brachte sie das Wasser in Aufruhe und verwischte somit ihr Bild. Sie konnte ihren eigenen Anblick nicht mehr ertragen. Was war nur aus ihr geworden? „Kagome?“ Inuyasha trat langsam auf die auf dem Boden kniende Frau zu. Es versetzte ihm einen Stich Kagome so leiden zu sehen. Doch, wie sollte er ihr helfen, wenn sie ihm nicht sagte, was sie so aus der Fassung brachte? „Geh weg.“ Gekonnt ignorierte er ihre flüsternden Worte und ließ sich stattdessen neben ihr nieder. Sein sorgenvoller Blick schien sie zu erdrücken. „Sag mir, was geschehen ist.“ Betrübt schüttelte sie den Kopf. Er würde es nicht verstehen. Sie verstand es selber nicht einmal. Wie würde er wohl reagieren, würde er von Nereza und den Banditen erfahren? Kagome wollte ihn da keinesfalls mit reinziehen. Und auch Sango und Miroku nicht. Shippo… Sie alle steckten in Gefahr, wenn sie weiterhin bei ihnen verweilte. „Ich werde die Gruppe verlassen.“ Kapitel 3: Sesshomarus Story ---------------------------- Sie war alleine, streifte schon seit Tagen einsam durch die umliegenden Dörfer. Inuyasha wollte sie aufhalten, doch sie weiß ihn ab. Es tat ihr leid, aber es war besser so. Sie wollte ihre Freunde keiner unnötigen Gefahr aussetzen. Betrübt sah sie hoch zu dem runden Vollmond, der die Nacht mit seinem Schein erhellte. Was ihre Freunde wohl gerade taten? Es fiel Kagome schwer nicht an sie zu denken. Die Einsamkeit machte ihr ziemlich zu schaffen. Außerdem hatte sie Hunger. Doch nichts, was sie zu sich nahm, schaffte es ihren Appetit zu stillen. Seufzend wandte sie ihren Blick geradeaus. „Sesshomaru…“ Sie hatte seine Anwesenheit schon längere Zeit gespürt. „Warum reist du alleine?“ Sie lächelte gequält. Seit wann interessierte er sich für die Angelegenheiten der Menschen? „Ich möchte Euch keineswegs mit meinen Problemen belästigen, Sesshomaru-sama.“ Ihre Worte klangen wie Hohn in seinen Ohren. Knurrend trat er näher auf das zusammengesunkene Bündel zu, welches er stets als starke Miko in Erinnerung hatte. „Sprich, Weib.“ Er wollte Gewissheit. Der Geruch, den er kürzlich wahrgenommen hatte, war nun noch intensiver. Blut und Tod. Und doch sauber, wie der Regen. Nicht zu vergleichen mit dem Duft nach Kirschen und Frühling, der sie damals umgab. „Ich verließ meine Freunde, um sie zu schützen.“ Verwundert hob er eine Augenbraue. Was meinte sie damit? „Schützen, wovor?“ Betrübt wandte sie den Blick gen Boden. „Vor mir.“ Nur geflüstert drangen diese Worte über ihre Lippen, dennoch hatte er keine Probleme damit sie zu verstehen, doch eine Bedeutung konnte er ihnen nicht zumessen. Sie wollte ihre Freunde vor sich selber schützen? „Du sprichst wirr.“ Kagome schüttelte den Kopf und erhob sich träge aus ihrer mittlerweile ungemütlichen Position, sodass sie Sesshomaru nun genau gegenüberstand. Ein letzter Blick in seine bernsteinfarbenen Augen, bevor sie sich umwandte und eilig davon schritt. „Nereza…“ Der Name lies sie ruckartig inne halten. Sesshomaru Augen blitzten verärgert auf. Er hatte also doch Recht. „Was versprach sie dir? Ewiges Leben? Liebe? Du bist eine Närrin, wenn du ihren Worten Glauben geschenkt hast.“ Erschüttert zuckte Kagome zusammen. Seine Stimme war schroff, der Tonfall war kalt und verlor sich in seinem grollenden Knurren. Er hatte wohl Recht. Sie war eine Närrin. Wie konnte sie auch nur einer Wildfremden vertrauen? Eingeschüchtert drehte sie sich wieder um, hielt den Blick gesenkt. „Woher kennt Ihr sie?“ Sein anklagender Blick lastete auf ihr und drohte sie innerlich zu zerreisen. „Sie war meine Verlobte.“ Kagomes Augen weiteten sich. Sesshomarus Verlobte? Aber sie dachte… Ja, was eigentlich? Das Sesshomaru enthaltsam lebte? Fast hätte sie über ihre Gedankengänge geschmunzelt, doch wäre dies wohl im Moment eher unangebracht gewesen. „Was ist geschehen?“ Seufzend bedeutete er Kagome ihm zu folgen. Das Menschen auch immer so neugierig sein mussten. Warum hatte er überhaupt den Drang es ihr zu erzählen? Er beschloss sich später mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Vorerst galt es einige andere Ungereimtheiten aus dem Weg zu schaffen und dann würde er wohl einen Trip in die Vergangenheit wagen müssen. Nun war Nereza eindeutig zu weit gegangen. Kagome staunte, als sie sah, wohin Sesshomaru sie geführt hatte. Es war eine Art Friedhof, der auf einer kleinen Lichtung angelegt wurde. Überall ragten aus Holz geschnitzte Kreuze aus dem Boden herauf. Fragend schaute sie zu dem DaiYoukai, der vor einem der Kreuze Halt gemacht hatte. „Unsere beiden Väter hatten unsere Übereinkunft arrangiert. Weder kannten, noch liebten wir uns. Es ging nur um Macht, darum den nördlichen und den westlichen Inu-Clan zu vereinen.“ Kagome schüttelte den Kopf, verstand nicht, wie man den eigenen Kindern so etwas antun konnte. Eine Ehe ohne Liebe. Völlig unverständlich für sie. „Ich war noch jung, empfand das alles nur als ein lästiges Spiel. Nereza hingegen begann ernsthafte Gefühle für mich zu hegen.“ Ein entsetztes Keuchen drang aus Kagomes Kehle. Sie glaubte zu wissen, worauf er hinaus wollte. „Ihr habt sie hintergangen?“ Knapp nickte er ihr zu. Warum sollte er auch lügen? Es gab keinen Grund dazu. „Sie wurde eifersüchtig und töte vor meinen Augen die Frau, deren Reinheit ich gestohlen hatte. Doch damit nicht genug. Nereza war blind vor Wut und griff letztendlich auch mich an.“ Kagome erzitterte bei dem Unterton, der in Sesshomarus Stimme mitschwang und warf einen kurzen Blick auf das vor ihm befindliche Grab. „Ich habe sie getötet. In ihren letzten Atemzügen schwor sie Rache für mein Vergehen.“ Rache dafür, dass er sie nicht liebte? In ihrer Zeit nannte man so eine Frau wohl eine Psychopathin. Wobei das hier auch ganz gut zutraf. „Sie konnte sich bisweilen nur von Menschen ernähren. Ihr Blut hat sie am Leben gehalten. Doch nun, wo sie sich dein Blut einverleibt hat, besitzt sie auch deren reinigende Kräfte und kann demnach auch Dämonen gefährlich werden.“ Geschockt weiteten sich erneut Kagomes Augen. Das konnte doch alles nur ein Alptraum sein. Zumindest hoffte sie das. Sie wusste nicht was sie dazu sagen sollte. Ihre Gedanken überschlugen sich. „Habt Ihr sie denn gar nicht geliebt?“ „Nein.“ Seine Antwort kam schnell, die Tonlage war kalt wie Eis. Empfand er denn keinerlei Gefühle? „Nach all dem, was Ihr mir eben erzähltet, wie kann es dann sein, das Nereza noch immer auf Erden wandelt?“ Sesshomaru war ehrlich erstaunt, auch wenn er sich davon nichts anmerken ließ. Solch eine Frage hatte er Kagome nicht zugetraut. „In ihrer Verzweiflung wandte sich Nerezas Mutter an die Hexe Urasue, die auch, soweit ich Recht informiert bin, die Miko Kikyo aus ihrem Grab auferstehen lassen hat.“ Kagome schauderte bei der Erinnerung. Auch ihr wurde bereits die zweifelhafte Ehre zuteil Urasues Bekanntschaft zu schließen. Ein Vergnügen auf welches sie gerne verzichtet hätte. „Doch im Gegensatz zu Kikyo war Nereza ein vollwertiger Dämon und ihre Seele war bereits in das Totenreich eingefahren, sodass es weitaus schwieriger war, dem toten Körper Leben einzuhauchen. Also sammelte Urasue die Seelen niederer Dämonen und vereinte diese in dem aus Friedhofserde und Lehm geformten Gefäß.“ Schwer schluckend sah Kagome in das regungslose Gesicht Sesshomarus. Das klang fast wie eine Schauergeschichte, die man sich am Lagerfeuer erzählte, um die Jüngeren zu erschrecken. Sie wünschte sich fast schon, dass sich Sesshomaru die Taschenlampe unters Gesicht hielt und laut ’Buh!’ rief. Ein wahrlich suspekter Gedanke. „Was habt Ihr nun vor, Sesshomaru-sama?“ Er warf ihr einen kalten Blick zu, welcher sie erschaudern ließ. „Lass das –sama weg. Diese gespielte Höflichkeit passt nicht zu dir.“ Verstehend und zugleich erleichtert nickte sie ihm zu. Sie hasste es sich so überhöflich geben zu müssen. „Du solltest dich von Menschen fernhalten und bald wieder Nahrung zu dir nehmen. Ich werde dafür sorgen, das dieses Weibsstück nun endlich dahin kommt, wo sie hingehört – unter die Erde.“ Kagome öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch kein Ton drang aus ihrer Kehle. Wollte er sie etwa zurücklassen? Schnell eilte er ihm hinterher und bekam den Ärmel seines Haori zu fassen, was ihr erneut einen kalten Blick von Sesshomaru einbrachte. „Bitte, lass mich nicht allein.“ Monoton schaute er auf sie herab, las Verzweiflung und Angst in ihren Augen. Seufzend gab er nach. „Wir sollten dir etwas zu Essen besorgen.“ Er wusste, was sie zu sich nehmen musste, um ihren Hunger zu stillen und verzog kurz bei diesem Gedanken angeekelt seine Mundwinkel. Vampire waren in seinen Augen fast noch verabscheuungswürdiger als Menschen. Warum beugte er sich auch ihrer Bitte? Er verstand es selber nicht. „Danke.“ Erleichtert lächelte sie ihn ab, was er mit einem knappen Nicken abtat. Was hatte dieses Mädchen nur an sich, das er zuwider seines eigentlichen Charakters handelte? Damals hätte er Kagome für ihre Unverfrorenheit schon längst eine Lektion erteilt. Rin schien ihn wohl echt schwach gemacht zu haben, so wie Jaken es die ganze Zeit über behauptete. Es war mittlerweile tiefdunkle Nacht, als Sesshomaru zugunsten Kagomes entschied eine Pause zu machen, damit diese sich stärken konnte. Ob sie wohl wusste, welche Ernährung dem Lebensstil entsprach, den Nereza ihr zuteil werden ließ? Ein kurzes Schmunzeln huschte über seine Mundwinkel. Sie würde es bald herausfinden. „Warte hier.“ Bevor Kagome etwas sagen konnte, war er bereits aus ihrem Blickfeld verschwunden. Nun, wo sie alleine war, überschlugen sich erneut ihre Gedanken. Es kam ihr alles so irreal vor, wie als wäre dies alles nur ein Traum. Sie hatte ihre Freunde verlassen und reiste nun mit Inuyashas älterem Halbbruder. Nie hätte sie gedacht, das es je so kommen würde. Nachdenklich glitt ihr Blick in die Ferne. Ob das wohl ihr Schicksal war? Nein. Kagome schüttelte entschieden den Kopf. An so etwas wie Schicksal glaubte sie nicht. Jeder war doch für seinen Lebensweg selbst verantwortlich. Bevor sie sich weitere unnötige Gedanken darüber machen konnte, tauchte Sesshomaru wieder vor ihr auf und schmiss ihr ein totes Kaninchen vor die Füße. Skeptisch blickte sie erst auf das Tier und dann zu dem InuYoukai. „Trink.“ Sie sollte trinken, aber… Ihre Augen weiteten sich. Nein. Auf keinen Fall konnte er das meinen, was sie dachte, das er meinte. Völlig unmöglich. Oder? Aber ihre verschwommenen Erinnerungen bewiesen ihr das Gegenteil. Langsam ging Kagome in die Knie und nahm das tote Tier an sich. Der Körper war noch immer warm und als sie sich stärker konzentrierte, nahm sie den einzigartigen Geruch des Lebens wahr. Metallisch und Süß. Blut. Ihre Kehle war plötzlich staubtrocken und begann unangenehm zu brennen, wie als hätte sie monatelang keine Flüssigkeit mehr zu sich genommen. Nur Sesshomaru nahm war, wie ihre braunen Augen auf einmal einen rötlichen Schimmer bekamen und ihr somit einen gefährlichen Ausdruck verliehen. Auch Kagomes Eckzähne verformten sich, wurden spitzer. Ein hungriger Ausdruck spiegelte sich in ihrem Gesicht wieder, bevor Kagome ihre Fänge auch schon in dem Kadaver versenkte und genüsslich das warme Blut in sich aufnahm. Angewidert rümpfte Sesshomaru die Nase. Hoffentlich war es noch nicht zu spät die Verwandlung der Miko rückgängig zu machen. Auch wenn er es nicht zugab und sich auch innerlich dagegen sträubte diesen Gedanken zuzulassen, so vermisste er die alte Kagome. Ihren lieblichen Duft, ihre Sturheit und allem voran der stolze, unnachgiebige Ausdruck, der stets in ihren Augen zu erkennen war. Nun war da nur noch Unterwürfigkeit, Verzweiflung und Hilflosigkeit. Sesshomaru schüttelte über sich selbst den Kopf. Er sollte sich nicht so viele Gedanken über dieses Weib machen. Sobald er Nereza endgültig in die Unterwelt verbannt hatte, würde Kagome sich wieder ihren Freunden anschließen und er wäre sie ein für alle Mal los. Wie er den Tag doch herbei sehnte… Ich wünsche allen Lesern, die sich hier her verirrt haben ein schönes Weihnachtsfest, ruhige Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr. ___________________§ __________________§_§ _________________§___§ _________________§___§ ____________§§§§§_____§§§§§ ____________§_____________§ _____________§___________§ ______________§_________§ ______________§_________§ _____________§___________§ _____________§_____§_____§ _____________§___§§_§§___§ ______________§§§§___§§§§ ________________§_____§ _______________§§_____§§ ______________§§_______§§ _____________§___________§ ____________§_____________§ ___________§_______________§ __________§_________________§ _________§___________________§ ____§§§§§_____________________§§§§§ ___§_______________________________§ ___§_______________________________§ ____§§§§§§§_________________§§§§§§§ __________§_________________§ _________§___________________§ ________§_____________________§ _______§_______________________§ ____§§§_________________________§§§§ ___§________________________________§ ___§________________________________§ ____§§§§§_____________________§§§§§§ _______§_______________________§ ______§_________________________§ _____§___________________________§ _§§§§_____________________________§§§§ §_____________________________________§ §_____________________________________§ _§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ ________________§§§§§§§ ________________§§§§§§§ ________________§§§§§§§ ________________§§§§§§§ ________________§§§§§§§ _________§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ _________§___________________§ _________§____§____§_____§___§ _________§____§____§_____§___§ _________§§__§_§__§_§___§_§__§ _________§_§§___§§___§§§___§§§ _________§___________________§ _________§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ Kapitel 4: Missing ------------------ Die Tage zogen nur so dahin, seit Kagome mit Sesshomaru reiste. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit. Sie machte sich noch immer viele Gedanken, die hauptsächlich ihren Freunden galten. Wobei… Würden sie noch immer Freunde sein, wenn sie sich gegenüberstünden? Würden sie denken, Kagome habe sie verraten? Betrübt schaute sie zu Boden und wäre dabei fast gegen einen Baum gelaufen, hätte sie Sesshomaru nicht dafür bewahrt. Tadelnd blickte er auf ihre schmächtige Gestalt hinab. „Du solltest dich auf den Weg konzentrieren und nicht in der Vergangenheit leben. Das Geschehene kann man nicht rückgängig machen. Das bleibt selbst den stärksten Dämonen verwehrt.“ Er hatte Recht. Kagome seufzte. „Ich…“ Sie schüttelte den Kopf, um sich selber davon abzuhalten ihre Gedanken und Gefühle laut auszusprechen, doch Sesshomaru las die Angst in ihren Augen. Das Braun ihrer Iris glich einem endlosen Abgrund, in dem sie versuchte jegliche Belange ihres Menschseins zu verschließen, doch für ihn war es ein Leichtes hinter die Fassade zu blicken. „Wovor fürchtest du dich?“ Erstaunt sah Kagome ihn an. War sie so leicht zu durchschauen? „Vor der Zukunft. Vor dem, was noch alles geschehen wird. Ich fürchte mich davor, dem nicht gemessen zu sein.“ Warum sie sich ihm öffnete war ihr unklar und auch Sesshomaru erstaunte ihre Ehrlichkeit. Sie hatte scheinbar keinerlei Scheu sich ihm so ungeschützt auszuliefern und schien auch keine Bedenken zu haben, dass er sie für schwach halten könnte. Doch, und das war ihm mehr als suspekt, erkannte er ihr keine Schwäche an. Nein, ganz im Gegenteil. Sie war stark, auch wenn sie es selber nicht erkannte. Kagome war stärker, als alle Menschen denen er vorher begegnet war. Darunter zählte nicht nur ihre körperliche Stärke. Ihr Hauptmerk lag dabei eher auf ihrer seelischen Verfassung und ihrer Willenskraft. „Du solltest dir nicht zu viele Gedanken machen. Alles kommt so, wie es kommen muss.“ Nachdenklich biss sich Kagome auf die Unterlippe. Eine Angewohnheit, die sich einfach nicht ablegen konnte. Sesshomarus Worte ergaben einen unergründlichen Sinn und doch schafften sie es nicht ihr die Sorgen zu nehmen. Es war ein merkwürdiges Gefühl, wie sehen, aber nicht gesehen werden. Die zwei Blickwinkel eines Geschehens, die im Standpunkt einer unterschiedlichen Auffassungsgabe betrachtet werden können. Ein weiterer tonloser Seufzer entrann ihrer trockenen Kehle. Sie sollte bald wieder Flüssigkeit zu sich nehmen. Ihr Hals begann unangenehm zu kratzen. „Sesshomaru?“ Ein kurzer Blick bedeutete Kagome weiterzusprechen. Er würde ihr zuhören, auch wenn er nichts dergleichen verlauten ließ. Er mochte es ihre Stimme zu hören. Ein Gedanke, den er nur mit sich selbst teilte. „Warum tust du das alles?“ Fragend hob er eine Augenbraue, verstand nicht ganz worauf sich ihre Frage spezifizierte. Da musste sie schon genauer sein. Kagome schien ihren Fehler zu verstehen und schlug sich innerlich gegen die Stirn. Er konnte ja nicht ihre Gedanken lesen. Zum Glück. „Warum hast du mir deine Geschichte erzählt? Warum kümmerst du dich um mich? Warum bist du so anders zu mir, im Gegensatz zu den vorherigen Treffen? Ich dachte, du verabscheust Menschen…“ Und wieder wurde er mit jenen Fragen konfrontiert, auf die er selber keine Antworten kannte. Doch konnte er sich dieser Schwäche bekennen. Ein Blick in Kagomes Augen genügte um wenigstens diese Frage zu bejahen. „Ich weiß es nicht.“ Verstehend nickte Kagome ihm zu, zog es aber vor zu schweigen. Sesshomarus Geduld war nicht gerade lang gespannt und sie wollte diesen Faden nicht zum zerreisen bringen, auch wenn sie noch so viele offene Fragen hatte, die sie ihm gerne gestellt hätte. Er schien ihren inneren Disput zu erkennen. Ein kaum sichtbares Schmunzeln legte sich auf seine Lippen, bevor er sein Augenmerk dem sich verdunkelnden Himmel zukommen ließ. „Wir sollten einen Unterschlupf suchen. Ein Gewitter zieht auf.“ Nicht, dass ihn Regen und Sturm hindern würden, seinen Weg fortzusetzen, doch Kagome war noch immer menschlicher Natur, wenn auch nur zum Teil. Er wollte es einfach nicht verantworten, dass sie erkrankte und somit unfähig sein würde weiter zu reisen. Die Angelegenheit um Nereza duldete keinen größeren Aufschub, denn umso länger sie Kagomes Blut in sich vereinte, umso größer wurde ihr Kraft. Sie musste nur lernen es zu kontrollieren und es mit ihrer dämonischen Seite zu verbinden. Ein Unterfangen, welches ihr vorerst wohl alles abverlangen würde. Noch war sie verwundbar. Diese Zeit galt es zu nutzen und zu ihrem Vorteil auszulegen. Besorgt wandte er sich wieder Kagome zu. Noch klebte nicht das Blut Unschuldiger an ihren Händen. Nur dieses vermochte es, sie endgültig in jene Killermaschine zu verwandeln, wie auch Nereza eine war. Seine Aufgabe war es dafür zu sorgen, dass es nie so weit kommen würde. Doch er merkte, wie langsam ihre Instinkte Überhand ergriffen und ihre innere Bestie nach Blut verlangte. Es wurde Zeit ihr bald wieder Nahrung zu suchen. Sie selbst jagen zu lassen, kam ihm nicht in den Sinn. Nicht, solange Menschen in der näheren Umgebung ihre Behausungen bezogen. Als die dunkle Wolkenfront gänzlich die Sonne verdeckte und somit den Tag zur Nacht machte, erwachte in Kagome wieder dieses Gefühl, welches sie in letzter Zeit bereits des Öfteren gespürt hatte. Es war eine Mischung zwischen Sehnsucht und Begierde. Sie konnte es nicht so recht beschrieben und doch brachte es sie beinahe um den Verstand. Ihre andere, dämonische Hälfte wollte wohl die Oberhand ergreifen und sie führen, doch Kagome kämpfte mit all ihrer Kraft dagegen an. Ja, sie war ein Monster. Doch sie würde niemals zulassen, dass dieser Zustand ihr ganzes Sein vereinnahmen würde. Lieber fuhr sie in die Hölle ein. Standhaft glitt ihr Blick raus aus der Hölle und hinein in den strömenden Regenguss, den das Land bitternötig hatte. Es war nicht gut bestellt um die Ernten dieses Jahr. Der Sommer brachte die Dürre mit sich und ließ alle gezüchteten Pflanzen verdorren und auch die Viehbestände gingen ein. Hungersnöte und Krieg waren die Resultate dessen. In ihrer Ära kannte sie so etwas gar nicht. Natürlich waren auch dort die Sommer oftmals sehr heiß, doch hatten sie Supermärkte und fortschrittliche Technik, die meist auch den Tieren zugute kam. Manchmal vermisste sie ihre Zeit, ihre Freunde und allem voran ihre Familie. An anderen Tagen jedoch wünschte sie sich nichts sehnlicher als ihr Leben unbefristet im Mittelalter zu verbringen. Dies war nun ihre Heimat. Ihre Mutter schien es zu wissen, denn so wie diese sie immer bei ihren Abschieden anblickte, wirkte es, als ob sie sich nie wieder sehen würden, als ob ihre Mutter die Hoffnung auf ein Wiedersehen fast schon gänzlich begraben hätte. Und doch gönnte sie Kagome ihr Glück, sprach sie nicht einmal darauf an. Ob sie selber wohl selber auch so stark sein könnte, wenn es sich um ihre Tochter handeln würde? Kagome wusste es nicht. „Worüber denkst du so angestrengt nach?“ Erschrocken zuckte sie zusammen, als plötzlich Sesshomarus sonore Stimme an ihr Gehör drang. Er schien wirklich interessiert. „Ich dachte nur gerade über meine Heimat nach.“ Knapp nickte er ihr zu. Nur das regelmäßige Prasseln des Regens vermochte die wieder einkehrende Stille zu durchbrechen. Kagome mochte die Stille nicht, auch wenn diese ihr mehr als gelegen kam um ihre Gedanken zu ordnen. Doch sie wollte nicht über das früher und heute denken, hieß es doch, dass sie gleichzeitig auch ihre Freunde mit einbezog. Der Schmerz saß tief und Reue überkam sie. *Ich vermisse euch.* Äußerlich versuchte sie stark zu sein. Innerlich war sie noch immer das kleine Mädchen, welches zu ihrem fünfzehnten Geburtstag in den Brunnen gefallen war. Der Sturm nahm zu und grelle Blitze zischten wie scharfkantige Klingen auf die Erde herab. Das Naturschauspiel erinnerte Kagome an Hiten und Manten. Die Donnerbrüder. Es war noch ganz am Anfang ihrer Reise. An jenem Tag lernte sie Shippo kennen, für den sie mittlerweile zu so etwas wie ein Mutterersatz geworden war. Ein melancholisches Lächeln huschte über ihre Mundwinkel, welches Sesshomaru keineswegs verborgen blieb. Er beobachtete sie schon eine Zeit lang aus dem Augenwinkel und erkannte ihren Schmerz an. Er verstand die Menschen einfach nicht. Sie waren so widersprüchlich, ließen sich jedoch gleichzeitig von ihren Gefühlen leiten. Ob es wohl daran lag, dass ihre Lebensdauer begrenzt war, sodass sie ihre Liebe, ihren Kummer und all den Schmerz in ein paar Jahre verpacken mussten? Er verstand es nicht und das war es, was ihn rasend machte. Zitternd umschlang Kagome ihre angewinkelten Beine mit den Armen, versuchte sich so klein wie möglich zu machen, um der beißenden Kälte keine Angriffsfläche zu bieten. Das Zähneklappern konnte sie nur mit großer Mühe unterdrücken. Sesshomaru seufzte lautlos und schüttelte innerlich den Kopf, um den aufkommenden Gedanken niederzukämpfen. Es half nichts. Er verlor den Kampf. „Komm her.“ Erstaunt sah Kagome auf, schaute in seine goldenen Augen, welche die aufflammenden Blitze wie zwei Spiegel reflektierten. Zaghaft erhob sie sich und ging langsam auf ihn zu, ohne ihren Blick abzuwenden. Dicht vor ihm blieb sie stehen und fand sich innerhalb eines Augenaufschlags auf seinem Schoß wieder, angelehnt an seinem warmen, harten Oberkörper. Eine zarte Röte überzog ihre hitzigen Wangen. Warum tat er das nur? Sie wagte es nicht ihn danach zu fragen, aus Angst, der Zauber verflog, welcher Sesshomaru höchstwahrscheinlich in einem Bann gefangen hielt. Oder war in seinem eisigen Herzen vielleicht doch ein Funken Wärme erglommen? Kagome lächelte seelisch bei diesem Gedanken. Sie wünschte es sich. Warum? Eine Antwort blieb ihr verwehrt. Doch war diese so wichtig? Nein, gewiss nicht. Wichtig waren nur die Empfindungen, die sie verspürte, als sie einen Blick in seine goldenen Opale wagte. Wichtig war nur ihr Herz, welches laut und unruhig in ihrer Brust flatterte. Wichtig war nur, dass er bei ihr war. Kaum merklich schüttelte sie den Kopf und schloss die Augen. Verwirrung übermannte sie. War sie etwa kurz davor sich in Sesshomaru zu verlieben? Das durfte unter keinen Umständen passieren! Der Sturm klang erst in den späten Abendstunden ab, sodass sich Sesshomaru dazu entschloss weiter zu ziehen. Sie hatten noch einen langen Weg vor sich. Seine Entscheidung geriet jedoch ins Wanken, als er einen Blick auf Kagome warf, die friedlich an seine Brust gelehnt schlief. Das Lächeln war noch immer nicht von ihren rosigen Lippen verschwunden. Wovon sie wohl träumte? Langsam streckte er seine Hand zu ihrem Gesicht, stoppte jedoch bevor er sein Ziel erreichte. Was gedachte er eigentlich zu tun? Über sich selbst verärgert ließ er die Hand wieder sinken und schaute zum Eingang der Höhle, wo dutzende Glühwürmchen wie Elfen durch die Luft tanzten. „Sesshomaru?“ Kagome regte sich leicht und öffnete anschließend die Augen, bevor sie sich gänzlich aufsetzte ohne den engeren Körperkontakt abzubrechen. „Schlaf weiter.“ Träge schüttelte sie den Kopf und rieb sich gleichzeitig die Müdigkeit aus den Augen. Sie hatte nicht lange geschlafen, eine Stunde höchstens zwei, demzufolge war sie noch immer ziemlich ausgelaugt. Nichtsdestotrotz empfand die keine Notwendigkeit die Rast fortzusetzen und weiterhin Zeit zu vertrödeln. Zeit, die sie nicht hatten. Schwermütig stand sie nun gänzlich auf und brachte somit wieder etwas Abstand zwischen sie. „Wir sollten weiter gehen.“ Auch wenn er es nicht zeigte, so war er dennoch erstaunt über ihre Entschlossenheit und so erhob er sich ebenfalls und ließ gefolgt von Kagome das Lager hinter sich. Kapitel 5: Bloodline -------------------- Betrübt blickte Sango hinauf in den nächtlichen Himmel. Nur das Funkeln der Sterne und der Schein des Sichelmondes vermochte es die Düsternis zu durchbrechen. Ihr Blick glitt weiter in die Krone eines hochgewachsenen Baumes, welcher für Inuyasha als Ruhestätte galt. Seine Augen hatten all ihren Glanz verloren und zeugten nur noch von tiefer Trauer, seit Kagome die Gruppe verlassen hatte. Sie alle vermissten das quirlige Mädchen. Shippo schlief nur noch unter Tränen ein. Miroku hatte aufgehört den Frauen hinterher zu jagen. Sie selbst fühlte sich leer und müde. Ein wichtiger Teil fehlte. Ihre Freundin und Schwester. Doch Inuyasha hatte es wohl am schlimmsten erwischt. Er gab es nicht zu, doch sie alle sahen seine Pein. Wieder hatte ihn seine Liebe verlassen. Anfang glaubte er nach Kikyo nie wieder solch ein Gefühl empfinden zu können, doch Kagome hatte es geschafft, seinen stahlharten Panzer, welchen er sich um sein Herz gelegt hatte, zu zerbrechen. Nun war sie fort. Würde es je ein Wiedersehen geben? Inuyasha hatte die Hoffnung bereits aufgegeben. Sango jedoch flehte täglich nach einem Zeichen. Wenn sie doch nur wüsste, ob es Kagome gut ginge. Das alleine würde ihr schon reichen, um wieder frohen Mutes zu sein. Nur ein Zeichen. Wieder blickte sie hoch in den Himmel, sah das lächelnde Gesicht der jungen Frau, die sie liebte, wie einen Teil der Familie. Nur ein Illusion und doch reichte es ihr aus, um zufrieden die Augen zu schließen. *Ich hoffe, es geht dir gut, wo auch immer du bist.* Inuyasha waren Sangos Blicke keineswegs entgangen und auch ihre Gedanken waren für ihn leicht zu durchschauen. Ein reumütiger Ausdruck huschte über sein Gesicht. Er hätte Kagome aufhalten sollen, doch ihre letzten Worte jagten ihm einen Dolch in sein Herz. „Ich gehöre nicht hier her, Inuyasha. Es ist so viel geschehen, seit wir uns begegnet sind und schon oft habe ich dem Tod getrotzt, sodass ich fast gar keine Angst mehr verspüre ihm ins Angesicht zu sehen. Das ist falsch. Man sollte nie aufhören den Tod zu fürchten. Und genau deswegen werde ich einen Weg finden, in meine Zeit zurück zukehren. Ich kann diesen täglichen Kampf ums Überleben einfach nicht länger ertragen.“ Er wollte etwas sagen, doch kein Ton drang über seine Lippen. Fest umklammerte seine Hand den erloschenen Juwel, welche Kagome ihm als Abschiedsgeschenk übergeben hatte. Dann war sie weg und er war nicht im Stande etwas dagegen zu tun. *Hat dir das zwischen uns denn gar nichts bedeutet?* Er wollte diesen Gedanken nicht zulassen, doch immer wieder schlich er sich in seinen Kopf und wollte nicht mehr verschwinden. War das alles nur eine Lüge? Sein Herz schrie nein, doch sein Verstand war lauter. Wieder dasselbe Spiel. Wusste Kagome eigentlich, wie ähnlich sie Kikyo in all dieser Zeit geworden war? Wäre Kagome nun bei ihm, hätte sie ihn für diesen Vergleich sicherlich wieder auf den Boden gejagt. Ein melancholisches Lächeln glitt über seine Lippen. Es hätte ihm nicht mal etwas ausgemacht. Er vermisste es sogar, flehte es regelrecht herbei. Nur noch einmal ’Mach Platz’ aus ihrem Munde hören. Was würde er nur alles dafür geben… Traurig blickte Kagome zum Mond, der hoch über ihr den Himmel bestrahlte und die Sterne, wie tausende Diamanten funkeln ließ. Ihr Herz fühlte sich mit einem mal so schwer an, wie als wenn sich ein großer Kieselstein um dieses geschlossen hätte. Miroku sagte ihr eins: „Wenn dein Herz schwer ist und schmerzt, dann ist dies meist ein Zeichen dafür, dass irgendwo da draußen Menschen sind, die an dich denken und dich schrecklich vermissen, weil sie dich sehen, wie du wirklich bist.“ Trotz das er so ein Schürzenjäger war, hatte er doch immer weise und aufbauende Worte parat, mit denen er es jedes Mal aufs Neue geschafft hatte Sange zu bezirzen. Kichernd blickte sie wieder vor sich auf den Weg, der durch die anhaltende Dunkelheit nur schwer zu erkennen war. Sesshomaru war ihr da leider auch keine große Hilfe. „Wo hält sie sich derzeit auf?“ Verdutzt blieb Kagome stehen und legte den Kopf leicht schief. Woher sollte sie das denn wissen? Sesshomaru lief doch schließlich schon seit Stunden permanent in dieselbe Richtung, wie als hätte er ein klares Ziel vor Augen. „Ihr seid durch dasselbe Blut miteinander verbunden, als müsstest du sie auch ausfindig machen können.“ Seine Tonlage klang genervt, was er wahrscheinlich auch war. Den Grund dafür kannte wohl nur er selber und Kagome wusste nicht, ob sie diesen auch erfahren wollte. Lag es vielleicht sogar an ihr? Betrübt blickte sie zu Boden. Woran sonst? Sie war eben doch nur ein Mensch und hielt ihn dazu auch noch unnötig auf. Ohne sie wäre er viel schneller. „Ich kann sie nich-“ Ein Gefühl beschlich sie plötzlich, so ähnlich, wie die Annäherung eines Juwelensplitters. So intensiv und überwältigend. Fest kniff sie die Augen zusammen, versuchte sich mehr auf dieses Gefühl zu konzentrieren und gleichzeitig einen Standpunkt auszumachen, bis es plötzlich gänzlich verschwand und nur noch einen schwachen Hauch in ihrem Geist zurückließ. „Norden.“ Anerkennend nickte Sesshomaru ihr zu. Er hätte nicht gedacht, dass sie wirklich dazu im Stande wäre, Nereza aufzuspüren. Manchmal half es eben, wenn man den Hunden einen Stock vorwarf. Ob sie sich auf dieses Spiel einließen, war dann ihnen überlassen. Und wieder legte sich die Stille wie ein bleierner Schleier über sie. Kagome stieß einen tonlosen Seufzer aus und schaute angestrengt nach vorn. Umso weiter sie in das immer dichter werdende Dickicht des Waldes vordrangen, umso beschwerlicher wurde es für sie, Sesshomarus Fährte nicht zu verlieren. Sie wusste, das er Rücksicht auf sie nahm, in dem er langsamer als gewöhnlich lief und manchmal absichtlich auf einen Ast trat, um ihr aufzuzeigen, dass er noch immer da war, dass sie sich keine Sorgen machen sollte, dass er auf sie aufpassen würde. Eine kleine Geste und doch so viele Bedeutungen… Sie war ihm dankbar, doch ihr Gewissen sprach ihr schreckliche Schuldgefühle zu. Ohne sie wäre er besser dran. Sie war doch nur ein Ballast. Ganz so, wie am Anfang, als sie Inuyasha kennen lernte. Und plötzlich fühlte sie sich wieder klein und hilflos. Schutzlos ausgeliefert in der großen, weiten Welt. Plötzlich spürte sie den kalten, harten Boden unter sich und zwei starke und Wärme spendende Arme um ihren Oberkörper, die ihr jenen Halt gaben, den sie wohl in diesem Moment an dringendsten benötigte. „Warum weinst du?“ Sie weinte. Fassungslos führte sie ihre Hand an ihr Gesicht, streifte die Tränen ab, die endlos ihre Wangen hinab perlten. Tatsächlich. „Ich halte dich auf.“ Verwundert blickte Sesshomaru auf das zusammengesunkene Bündel in seinen Armen hinab. Meinte sie das ernst? War das wirklich der Grund für ihre Tränen? Langsam erhob er sich wieder, zog sie gleich mit sich, ließ aber noch nicht gänzlich von ihr ab, schaute ihr stattdessen prüfend ins Gesicht, bis er die Gewissheit hatte, das ihre kurzzeitige Melancholie wieder abgeklungen war. „Lass uns weiter gehen.“ Drei rotglühende Augen beobachteten das Geschehen, bis die Krähe sich krächzend in die Lüfte erhob… „Was hast du mir zu berichten?“ Ein fast schon sanftes Lächeln lag auf Nerezas Lippen, als sie über das Gefieder der Krähe strich, welche seelenruhig auf ihrem ausgestreckten Arm saß. Ein weiterer Krächzer des Tieres diente ihr als Antwort, woraufhin sich ihre Mundwinkel zu einem bösartigen Grinsen verzogen. So war das also. Ihre Tochter führte ihn direkt zu ihr. Was für ein braves Kind sie doch war. Dafür müsste sie belohnt werden und Nereza wusste auch schon wie. Sie hob ihren Arm ein Stück weiter an. „Flieg. Sei meine Augen und Ohren.“ Und der Todesvogel beugte sich ihrem Befehl. Sie blieb alleine inmitten vieler Gräber zurück, die auf einer Lichtung gebettet lagen, und schaute ihrem Späher kurz hinterher, bis sie sich wieder dem Grab zuwandte, welches als einziges kein Kreuz besaß. Es war das Grab ihrer Mutter. „Die Miko erweißt gute Dienst, so wie du es vorhergesagt hast. Bedauerlich, dass du nicht miterleben kannst, wie sich der Inu-Clan des Nordens wieder zu voller Größe erheben wird.“ Nach diesen Worten machte sie Kehrt und ließ diesen Ort hinter sich. Es galt noch einige Vorbereitungen für ihre Gäste zu treffen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)